Beiträge zur Berliner Wetterkarte Herausgegeben vom Verein BERLINER WETTERKARTE e.V. zur Förderung der meteorologischen Wissenschaft c/o Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin C.-H.-Becker-Weg 6-10165 Berlin 14/13 http://www.Berliner-Wetterkarte.de ISSN 0177-3984 SO 05/13 5.3.2013 Klimawandel in Deutschland und Sonnenaktivität seit 1761 Horst Malberg, Univ.Prof. (A.D.) für Meteorologie und Klimatologie „Semper idem“ hätte man im alten Rom gesagt. Aber bei der Suche nach langen, aussagekräftigen Klimareihen bin ich im Internet bei Wikipedia auf die „Zeitreihe der Lufttemperatur in Deutschland“ (ab 1761) gestoßen. Dort heißt es wörtlich: „Die Zeitreihe der Lufttemperatur basiert auf unterschiedlichen Datensätzen, die zu einer langen Zeitreihe kombiniert wurden. Für den Zeitraum von 1761 bis heute wurden nur zuvor homogenisierte Zeitreihen der einzelnen Stationen als Datenquelle verwendet.“ Weiter heißt es:“ Im ersten Schritt wurden für jede dieser Wetterstationen monatliche Mittelwerte gebildet und dann auf der Grundlage eines äquidistanten 0,25°×0,25°-Gitterpunktsystems interpoliert.“ Über die Bildung von Gebietsmitteln entstand die Temperaturreihe von Deutschland. Wörtlich heißt es: „Dies stellt derzeit die genaueste Temperaturreihe für Deutschland dar.“ Mit der „Zeitreihe der Lufttemperatur in Deutschland“ ergibt sich eine weitere Möglichkeit, meine bisherigen Aussagen zum Klimawandel einer weiteren Überprüfung zu unterziehen. Dabei wird wiederum der solare Einfluss auf die Temperaturentwicklung bis zum Ende der 1990er Jahre im Zusammenhang mit den vollständigen Sonnenfleckenzyklen analysiert. Ergänzend wird das Temperaturverhalten in Deutschland seit 1998, also seit dem Ende der globalen Erwärmung, näher betrachtet. Abb.1 10-jährige Mitteltemperaturen von Deutschland 1761-2000 9,0 8,5 °C 8,0 7,5 7,0 17 61 17 -70 71 17 -80 17 8191 90 -1 18 800 01 18 -10 11 18 -20 21 18 -30 31 18 -40 41 18 -50 51 18 -60 61 18 -70 71 18 -80 18 8191 90 -1 19 900 01 19 -10 11 19 -20 21 19 -30 31 19 -40 41 19 -50 51 19 -60 61 19 -70 71 19 -80 19 8191 90 -2 00 0 6,5 Abb. 1 zeigt die dekadischen Mitteltemperaturen von Deutschland seit 1761. Am Ende des 18.Jahrhunderts erkennt man den Höhepunkt der ersten Erwärmung nach der Kleinen Eiszeit des 17. Jahrhunderts. Im 19.Jahrhundert erlebte Deutschland eine anhaltende Kälteperiode mit Missernten, Hungersnöten, Seuchen und als Konsequenz die große Auswanderungswelle in 1 die USA. Ende des 19. Jahrhunderts setzte dann die Erwärmung des 20. Jahrhunderts ein. Diese vollzog sich synchron zum globalen Temperaturanstieg, d.h. über die allgemeine atmosphärische und ozeanische Zirkulation ist Deutschland in alle wesentlichen globalen/ nordhemisphärischen Klimaveränderungen eingebunden. Klimawandel und Sonnenaktivität Gemäß der Definition der Weltorganisation für Meteorologie ist Klima das langfristige, nachhaltige Wetter-/Witterungsverhalten und in Klimaperioden von mindestens 30 Jahren zu betrachten. Dieser Zeitraum entspricht der mittleren Sonnenaktivität von 3 Sonnenfleckenzyklen (im Mittel 33 Jahre). Wie in den früheren Untersuchungen werden gleitende Mittelwerte betrachtet, da der Einfluss des solaren Antriebs auf das Klimasystem kontinuierlich erfolgt. Abb.2 Mitteltemperaturen von Deutschland für Klimaperioden von 3 SF-Zyklen 1761-1999 8,5 8,3 8,1 7,9 °C 7,7 7,5 7,3 7,1 6,9 6,7 17 61 17 178 69 6 17 180 78 3 17 181 87 5 18 182 04 9 18 183 16 6 18 184 30 7 18 185 37 9 18 186 48 9 18 188 60 2 18 189 70 2 18 190 83 4 18 191 93 6 19 192 05 7 19 193 17 6 19 194 28 6 19 195 37 6 19 196 47 7 19 197 57 8 19 198 68 8 -1 99 9 6,5 Abb.3 Mittlere Sonnenfleckenzahl für Klimaperioden von 3 SF-Zyklen 1750/61-1999 90,0 80,0 70,0 50,0 40,0 30,0 20,0 10,0 0,0 17 50 17 177 61 7 17 178 69 6 17 180 78 3 17 181 87 5 18 182 04 9 18 183 16 6 18 184 30 7 18 185 37 9 18 186 48 9 18 188 60 2 18 189 70 2 18 190 83 4 18 191 93 6 19 192 05 7 19 193 17 6 19 194 28 6 19 195 37 6 19 196 47 7 19 197 57 8 19 198 68 8 -1 99 9 SF 60,0 2 Vergleicht man den langfristigen Verlauf von Temperatur in Deutschland und von solarer Aktivität, so ist das übereinstimmende Schwingungsverhalten unverkennbar. Dem solaren Maximum um 1800 entspricht der zeitgleiche Wärmehöhepunkt. Ihm folgen der Rückgang der Sonnenaktivität (Dalton-Minimum) und die Abkühlung/Kälteperiode des 19. Jahrhunderts. Die Klimaerwärmung des 20.Jahrhunderts vollzieht sich synchron zur Zunahme der solaren Aktivität. Das bedeutet: In Zeiten einer „ruhigen Sonne“ wird es in Deutschland kälter, in Perioden mit einer zunehmend „aktiven Sonne“ wird es wärmer. Die lineare Korrelation zwischen mittlerem zeitlichen Verlauf von Temperatur und Sonnenfleckenzahl gibt Aufschluss über ihren quantitativen Zusammenhang. Je näher der Korrelationskoeffizient am maximal möglichen Wert von +1,0 liegt, um so mehr vermag der integrale (direkte und indirekte) solare Effekt das Klimaverhalten zu erklären. Die zeitlichen/ räumlichen Änderungen des solaren Effekts bestimmen seit alters nicht nur den Wechsel der Jahreszeiten sowie die Klimazonen zwischen Pol und Tropen, sondern auch den Klimawandel. Abb.4 Korrelation von mittlerer Deutschland-Temperatur und Sonnenfleckenzahl für Klimaperioden von 3 SF-Zyklen 1,00 Korr.koeff. 0,80 0,60 0,40 0,20 0,00 1761-1803 1787-1836 1870-1999 1883-1999 In Abb.4 sind die Korrelationskoeffizienten für die drei Klimaepochen mit quasi-linearem Verlauf von mittlerer Temperatur und Sonnenfleckenzahl wiedergegeben. Für die durch die Daten erfasste Endphase der Erwärmung des 18.Jahrhunderts sowie die rapide Abkühlung Anfang des 19.Jahrhunderts berechnen sich hohe Korrelationen. Allerdings ist die Zahl der Klimaperioden von 3 Sonnenfleckenzyklen gering. Gestützt werden die Werte jedoch durch die Korrelation von Mitteltemperatur und mittlerer Sonnenfleckenzahl je Sonnenfleckenzyklus, die bei doppelter Fallzahl zu gleich hohen, gesicherten Korrelationskoeffizienten führt. Für die langfristige Erwärmung im Industriezeitalter berechnen sich Korrelationskoeffizienten von +0,89 (ab 1870) bzw. +0,90 (ab 1883). Damit ist der dominierende solare Einfluss auf die Erwärmung in Deutschland im 20.Jahrhundert mit einer Sicherheit von 99,9% statistisch signifikant nachgewiesen. Der solare Klimaeffekt vermag rund 80% der Varianz des Temperaturverhaltens von Deutschland zu erklären. Damit bestätigt sich auch anhand der Wikipedia-Temperaturreihe die Dominanz des solaren Einflusses auf den Klimawandel im allgemeinen und auf die Erwärmung im 20. Jahrhundert im besonderen. Dem anthropogenen Treibhaus-/CO2-Effekt auf den Klimawandel kommt nur eine untergeordnete Rolle zu. Die Temperaturentwicklung seit 1998 In welchem Ausmaße der CO2-Einfluss auf das Klimaverhalten überschätzt wird, zeigt die aktuelle Temperaturentwicklung global wie regional. In den 15 Jahren seit 1998 ist der CO23 Gehalt der Luft um 30 ppm von 366 ppm auf 396 ppm gestiegen. Dieses ist der stärkste CO2Anstieg seit dem Beginn des Industriezeitalters Mitte des 19.Jahrhunderts. Legt man die Behauptung der Katastrophenanhänger zugrunde, der starke Temperaturanstieg der 1980er/1990er Jahre sei eine Folge der weltweit gestiegenen CO2-Emissionen, so müsste sich der Temperaturanstieg (Abb.1) nach 1998 weiter beschleunigt haben. Die Realität sieht allerdings anders aus. In Abb.5 ist global (CRU-Daten) wie für Deutschland (Wikipedia-Daten) die Temperaturentwicklung seit 1998 wiedergegeben. In beiden Temperaturverläufen wird das Ende der Erwärmung dokumentiert. Global wird ein Trend zur Abkühlung seit 1998 sichtbar. In Deutschland ist der Abkühlungstrend ab 2000 deutlich ausgeprägt. Gleichzeitig ist die Sonnenaktivität in eine ruhige Phase übergegangen. Mit dem voraussichtlichen weiteren Rückgang der solaren Aktivität ist analog dem Temperaturverhalten zur Zeit des Dalton-Minimums der Sonnenaktivität zu erwarten, dass sich in den kommenden Sonnenfleckenzyklen der allgemeine Abkühlungstrend grundsätzlich fortsetzen wird (s. BWK-Beitrag SO 01/13). Das Abknicken im Temperaturverlauf von Erwärmung zu Abkühlung ab 1998 ist von keinem Klimamodell vorhergesagt worden. Wie könnte es auch, wenn der CO2-Einfluss auf das Klimasystem weit überschätzt und der integrale solare Einfluss in den Klimamodellen weit unterschätzt wird. Der Britische Wetterdienst hat aus der aktuellen Klimaentwicklung eine erste Konsequenz gezogen und erwartet auch für die nächsten Jahre keinen globalen Temperaturanstieg. Selbst der Chef des IPCC („Weltklimarat“) bestätigt das derzeitige Erwärmungsende. In Deutschland lebt die breite Öffentlichkeit hingegen im medialen Tal der Ahnungslosen. Abb.5 Temperaturentwicklung global und in Deutchland 1998-2012 15,0 14,0 13,0 °C 12,0 T-D Tglo Linear ( T-D) 11,0 10,0 9,0 8,0 1 12 *2 0 9 8 7 6 5 4 3 2 1 10 20 1 *2 0 20 0 20 0 20 0 20 0 20 0 20 0 20 0 20 0 9 00 20 0 *2 0 19 9 *1 9 98 7,0 Schlussbemerkungen Die vorliegenden Ausführungen sind als Nachtrag zum BWK-Beitrag SO 0113 zu verstehen, in dem der dominierende solare Einfluss auf den Klimawandel in Europa seit 1672 nachgewiesen werden konnte. Die Klimaanalyse auf der Basis der Wikipedia-Temperaturdaten von Deutschland bestätigt die bisherigen Ergebnisse über die primäre solare Ursache des nachhaltigen globalen wie regionalen Klimawandels in vollem Umfang. Die im BWK-Beitrag SO 01/13 gemachten Schlussbetrachtungen gelten nach dieser Untersuchung uneingeschränkt weiter. Mein abschließender Dank gilt den Autoren der „Zeitreihe der Lufttemperatur in Deutschland“. Daten und Literatur s. BWK-Beitrag SO 01/13 4