Essen und Trinken - Deutsche Rentenversicherung

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Volker Pudel & Dagmar Müller
Essen und Trinken
Seminareinheit
188
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
Essen und Trinken – Sachtext
1 Einleitung: Aspekte von Essen und Trinken .................................................................... 189
1.1 Funktionen der Nahrungsaufnahme............................................................................... 190
1.1.1 Biologische Funktionen ....................................................................................................... 190
1.1.2 Soziale und psychische Funktionen.................................................................................... 190
1.2 Nahrungswahl und Eßverhalten ..................................................................................... 191
1.2.1 Eßbedürfnisse und Nährstoffbedarf .................................................................................... 191
1.2.2 Eßverhalten als Lernprozeß................................................................................................ 191
1.2.3 Evolutionspsychologische Aspekte.................................................................................... 193
1.2.4 Grenzen der kognitiven Einflußnahme................................................................................ 194
2 Grundlagen gesunder Ernährung ..................................................................................... 195
2.1 Energiebedarf des Menschen ........................................................................................ 196
2.2 Körpergewicht ................................................................................................................ 198
2.3 Wichtige Bestandteile der Ernährung............................................................................. 201
3 Ernährungssituation in Deutschland ................................................................................ 205
3.1 Versorgung mit Nährstoffen ........................................................................................... 205
3.1.1 Makronährstoffe .................................................................................................................. 205
3.1.2 Mikronährstoffe.................................................................................................................... 205
3.1.3 Flüssigkeit ........................................................................................................................... 207
3.2 Einstellung der Bevölkerung zur Ernährung................................................................... 207
3.2.1 Ernährungsaufklärung und Eßverhalten ............................................................................. 207
3.2.2 Eßverhalten - eine individuelle Entscheidung? ................................................................... 209
3.2.3 Motive für die Lebensmittelauswahl .................................................................................... 209
3.3 Schlankheitsdiäten ......................................................................................................... 212
4 Figurprobleme - Adipositas - Essstörungen .................................................................... 213
4.1 Figurprobleme ................................................................................................................ 213
4.2 Adipositas....................................................................................................................... 214
4.2.1 Flexible Kontrolle................................................................................................................. 215
4.2.2 Körperliche Aktivität............................................................................................................. 217
4.3 Essstörungen ................................................................................................................. 217
4.3.1 Anorexia nervosa ................................................................................................................ 217
4.3.2 Bulimia Nervosa .................................................................................................................. 218
4.3.3 Binge eating ........................................................................................................................ 219
5 Konsequenzen für die Gesundheitsbildung..................................................................... 220
5.1 Allgemeine Zielsetzungen .............................................................................................. 220
5.2 Gesundheitsbildung im Rahmen der Rehabilitation ....................................................... 221
Essen und Trinken – Sachtext
189
6 Literatur................................................................................................................................ 222
6.1 Im Sachtext zitierte Literatur........................................................................................... 223
6.2 Weiterführende Literatur für die Referent(inn)en............................................................ 223
6.3 Literaturhinweise für die Teilnehmer(innen) ................................................................... 224
1 Einleitung: Aspekte von Essen
und Trinken
Der uralte Menschheitstraum von „einem Land, in
dem Milch und Honig fließen“ hat sich erfüllt.
Zumindest in den westlichen Industrienationen
gibt es heute Nahrung aller Art im Überfluß, immer preisgünstiger und von guter Qualität, nahezu unabhängig von der Saison und von der Distanz zur Produktionsstelle. Doch der paradiesische Zustand des Schlaraffenlandes entpuppte
sich schon bald als sozialmedizinischer Alptraum.
1994 wurden die direkten und indirekten Kosten
für ernährungsabhängige Erkrankungen auf 113
Milliarden Mark1 pro Jahr geschätzt (Bundesministerium für Gesundheit 1994). Über 50% der
Deutschen empfinden „Figurprobleme“, 50% der
Frauen und 25% der Männer haben mindestens
eine Schlankheitsdiät hinter sich. 90% der Bevölkerung kritisieren die Ernährungsinformation als
widersprüchlich und unverständlich (Westenhöfer
& Pudel 1990). Außenseiterdiäten und wissenschaftlich unhaltbare Empfehlungen werden in
den Medien publiziert oder besetzen als Ratgeberbücher die Bestsellerlisten. Schadstoffe, Umweltkontaminanten und Zusatzstoffe in der Nahrung sowie gentechnische Einflüsse werden von
den Verbrauchern als bedrohliche Ernährungsrisiken angesehen, während die Wissenschaft die
hauptsächlichen Ernährungsrisiken eher durch
das Ernährungsverhalten sowie durch mikrobiologische und hygienische Bedingungen bei der
Nahrungszubereitung definiert. Seit Mitte der
60er Jahre haben Essstörungen wie z.B. die Bulimie (Eß-Brechsucht) epidemisch zugenommen
und machten die Errichtung von Spezialkliniken
1 Da es nicht möglich ist, den konkreten Anteil zu bestimmen,
der bei ernährungsabhängigen Krankheiten tatsächlich auf
den Faktor Ernährung entfällt, wurden die Gesamtkosten für
alle Krankheiten, die als ernährungsabhängig gelten, berechnet, auch wenn sie zum Teil durch andere Bedingungen verursacht oder mitverursacht werden.
notwendig (Deutsche Gesellschaft für Ernährung
1992). In den Rehabilitationseinrichtungen kommt
der allgemeinen Gesundheitsbildung, die auch
über die Rehabilitationsmaßnahme hinaus verhaltensprägend sein soll, eine wesentliche Funktion zu. Einen wichtigen Teilbereich dieser
Gesundheitsbildung umfassen alle Fragen, die
mit einer gesundheitsgerechten Ernährung
zusammenhängen.
In
den
Rehabilitationseinrichtungen
können
dabei
verschiedene Zielgruppen unterschieden werden:
• Patient(inn)en in ihrer Rolle als Verbraucher/
„Esser“:
− Sie sind für die besondere Ernährungssituation (Überfluß) und die Entstehungszusammenhänge für das individuelle Eßverhalten
zu sensibilisieren sowie
− zu einem gesundheitsgerechten Essen und
Trinken zu motivieren (z.B. „Augenmaß
beim Fett“);
• Normalgewichtige Rehabilitand(inn)en, die ihr
Gewicht jedoch als zu hoch empfinden und
deshalb ihr Gewicht reduzieren wollen (siehe
Vertiefungsangebot „Figurprobleme“);
• Übergewichtige Rehabilitand(inn)en, die aus
medizinischer Sicht zur Vermeidung von Folgekrankheiten oder Besserung bereits bestehender gewichtsabhängiger Risikofaktoren ihr
Gewicht reduzieren sollten (siehe Vertiefungsangebot „Gewichtsabnahme“).
Rehabilitand(inn)en, die aufgrund bestimmter Erkrankungen eine spezielle Diät benötigen (wie
z.B. glutenfreie Kost bei Zöliakie, Nierenerkrankungen, Lebensmittelunverträglichkeiten u.a.m.)
sollten neben dem allgemeinen und ggf. vertiefenden Teil (vgl. hierzu die Vertiefungen „Figurprobleme“ und „Gewichtsabnahme“) eine individuelle, indikationsspezifische Schulung durch
eine Diätassistentin erhalten. Darüber hinaus ist
bei ausgeprägten Essstörungen, wie z.B. Anore-
190
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
xie oder Bulimie, eine spezielle Therapie erforderlich.
Die Gesundheitsbildung zum Thema „Essen und
Trinken“ stellt ein Angebot der Einrichtung an die
Rehabilitand(inn)en dar,
• ihr eigenes Eß- und Trinkverhalten zu reflektieren,
• ihre Kompetenzen für ein eigenverantwortliches Handeln zu erhöhen,
• Möglichkeiten und Alternativen aufzuzeigen,
um die individuelle Einstellung zum Essen und
Trinken zu verändern,
• Spaß und Wohlbefinden durch eine gesunde
Ernährungsweise zu erleben und zu erfahren.
Im Vordergrund steht die Förderung der Einsicht
des/der Rehabilitand(in) in sein/ihr Tun bzw. in
den Zusammenhang zwischen der individuellen
Ernährungsweise und den gesundheitsfördernden/-schädigenden Faktoren. Diese Zielsetzung
kann jedoch nur überzeugend sein, wenn in der
Reha-Einrichtung eine entsprechende, bedarfsgerechte Kost nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung angeboten wird
und für die Rehabilitand(inn)en Möglichkeiten
eröffnet werden, Erfahrungen und Erkenntnisse
bereits während der Rehabilitation praktisch umzusetzen (z.B. Zusammenstellung von Frühstück
und Abendessen am Buffet).
1.1 Funktionen der Nahrungsaufnahme
1.1.1 Biologische Funktionen
Die Nahrungsaufnahme hat beim Menschen wie
bei allen anderen Lebewesen primär drei wichtige
biologische Funktionen:
• Energie für Wärmeproduktion und Muskelarbeit bereitzustellen,
• Inhaltsstoffe zum Ersatz von Körpersubstanz
zu liefern und
• spezielle Wirkstoffe, die zum Ablauf biochemischer Prozesse notwendig sind, zur Verfügung
zu stellen.
Die Nahrung ist somit eine sehr wichtige energetische und stoffliche Grundlage für alle Lebens-
vorgänge. Die biologisch wirksamen Substanzen
in der Nahrung werden als Nährstoffe bezeichnet, die als energieliefernde Makronährstoffe in
Form von Kohlenhydraten, Fett und Eiweiß und
als Mikronährstoffe in Form von Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenwirkstoffen
vorliegen. Unverzichtbar neben der Zufuhr von
Makro- und Mikronährstoffen sind eine tägliche
Flüssigkeitsaufnahme von zwei Litern und der
Verzehr von Ballaststoffen. Alkohol liefert dem
Organismus ebenfalls verwertbare Energie, wird
aber nicht als „Nährstoff“ bezeichnet.
Neben der Atmung ist die Nahrungsaufnahme
der intensivste Umweltkontakt. Im Leben ißt und
trinkt ein Mensch ca. 70 Tonnen, also etwa das
Tausendfache seines eigenen Gewichts. Zu Gesundheitsstörungen kommt es auf lange Sicht,
wenn die Energiemenge (Folgen: Unter-, Übergewicht) oder auch die Dosierung der mehr als
50 unterschiedlichen Wirksubstanzen (Folgen:
Leistungsschwäche, Müdigkeit, Abwehrschwäche, Anämie) dem physiologischen Bedarf nicht
angepaßt sind. Die notwendigen Mengen an
Nährstoffen für die Bedarfsdeckung des Menschen werden in Kapitel 2.3 dargestellt.
1.1.2 Soziale und psychische Funktionen
Die Begriffe Essen und Trinken umfassen, im
Gegensatz zur Nahrungsaufnahme, auch soziale und psychologische Aspekte, die mit dem Ernährungsverhalten verknüpft sind. Zweifellos ist
das subjektiv als angenehm empfundene Geschmackserlebnis ein bestimmendes Motiv zur
Speisenauswahl. Das Bedürfnis, angenehme Geschmackserlebnisse zu wiederholen, trägt zur
Sicherung der Nahrungsaufnahme bei. Zahllose
soziale Situationen sind eng mit dem gemeinsamen Essen und Trinken verbunden. Sie können
sich mitunter im Sinne einer funktionellen Autonomie verselbständigen und – wie bei einem
großen Festmahl – die Nahrungsaufnahme weit
über die biologische Notwendigkeit hinaus stimulieren. Die biologische Regulation der Nahrungsaufnahme macht sich im Bewußtsein des Menschen durch Empfindungen wie Appetit, Hunger
und Sättigung bemerkbar. Diese Körpersignale
steuern zu einem großen Teil den quantitativen
Aspekt des menschlichen Eßverhaltens, wenn
Essen und Trinken – Sachtext
gleich der Mensch in der Lage ist, sein Eßverhalten auch relativ unabhängig von diesen Signalen
zu bestimmen (Pudel & Westenhöfer 1991).
Studien konnten belegen, daß die Nahrungszusammensetzung durchaus Rückwirkungen auf
das psychische Befinden hat. So kommt es nach
kohlenhydratreicher Nahrung zu einer eher ausgeglichenen Befindlichkeit, während proteinreiche
Kost das Aktivitätsniveau anhebt. Nahrungsrestriktionen in Form energiereduzierter Diäten
können zu Verhaltensstörungen führen, die sich
in Heiß- und Süßhungerattacken, Störungen der
Befindlichkeit und der Sexualität sowie Einschränkungen der Leistungsfähigkeit niederschlagen (Keys et al. 1950). Das Forschungsgebiet zum Thema „Ernährung und Verhalten“ ist
sehr umfangreich. Weiterer Forschungsbedarf
besteht insbesondere zur Wechselwirkung von
Nahrungsinhaltsstoffen und deren Auswirkung
auf psychische Funktionen.
1.2 Nahrungswahl und Eßverhalten
191
an Lebensmitteln ist das jahrhundertelang trainierte Suchverhalten eher nachteilig.
Bedarf des Organismus
ernährungsphysiologische
Parameter
↑ ↓
Bedürfnisse des Menschen
Motive zur Speisenauswahl
Der Mensch wird gezwungen, sein Eßverhalten
als permanentes Entscheidungsverhalten für
oder gegen Lebensmittel zu trainieren. Dem Eßverhalten des modernen Menschen geht zunächst also eine Entscheidung voraus, und es
stellt sich die Frage, von welchen Bedingungen
diese Entscheidungen abhängen (Pudel &
Westenhöfer 1991). Dieser „Konflikt im Schlaraffenland“ läßt sich in einem Satz beschreiben:
1.2.1 Eßbedürfnisse und Nährstoffbedarf
Während die biologische Steuerung der Nahrungsaufnahme auf die Bedarfsdeckung abzielt,
unterliegt die psychologische Steuerung des Eßverhaltens einer Fülle unterschiedlichster Eßbedürfnisse. So kann es unter den Überflußbedingungen der westlichen Industrienationen zu einem Konflikt zwischen dem Bedarf des Organismus und den Bedürfnissen des essenden
Menschen kommen.
In Zeiten knapper Versorgungslage, die seit jeher
die Menschheit begleiteten, war das Ernährungsverhalten im Grunde immer ein Suchverhalten.
Die Menschen mußten täglich die mindestens
gerade ausreichende Energiemenge in ihrer Nahrung finden, um überleben zu können. Die Verhaltensstrategien waren ebenfalls diesem Ziel
untergeordnet. „Essen, was auf den Tisch
kommt“ oder „Teller leer essen“ sind nur zwei
Beispiele für eine Mangelorientierung des Eßverhaltens, die unter diesen Bedingungen ebenso
zweckvoll waren wie eine intensive Vorratshaltung. Bei der gegenwärtig vorherrschenden Fülle
„Der Mensch ißt anders,
als er sich ernähren sollte“.
Das Eßverhalten des Menschen wird offensichtlich durch mehr und auch andere Bedingungen
und Einflüsse gesteuert als allein durch die Energie- und Nährstoffanforderungen des Organismus. Die Entscheidungskriterien, die das Eßverhalten beeinflussen, sind nur mehr oder weniger an den ernährungsphysiologischen Notwendigkeiten orientiert, weitere Einflußgrößen sind
psychologischer, emotionaler oder sozialer Art
(vgl. dazu Kap. 3.2.2 und 3.2.3).
1.2.2 Eßverhalten als Lernprozeß
Wenn das Eßverhalten von Menschen in einem
interkulturellen Vergleich betrachtet wird, dann
zeigt sich eine überraschend große Verschiedenartigkeit. Was in einer Kultur als Nahrung akzeptiert wird, erregt in einer anderen Kultur nur Ekel.
Ethnologen berichten, daß z.B. in über 100
192
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
menschlichen Gesellschaften dieser Welt Ratten
verzehrt werden. Das in Europa als angenehm
empfundene Glas kühle Kuhmilch widert die
Menschen in China an. Manche lieben einen
Krabbencocktail, andere bevorzugen einen Insektencocktail (Harris 1995).
Bereits diese kurze Beschreibung macht deutlich,
daß nicht von angeborenen Geschmackspräferenzen auszugehen ist, mit denen ein neugeborener Mensch ausgestattet ist. Studien belegen
eindeutig, daß Babies die unterschiedlichen Geschmacksqualitäten nach süß, sauer, bitter und
salzig klar differenzieren können, wobei kulturunabhängig nur die süße Geschmacksrichtung als
angenehm empfunden wird. Das erst im Sozialisationsprozeß stattfindende Training auf den
„kulturellen
Geschmack“
profiliert
die
Geschmackspräferenzen eines Individuums, so
daß die Geschmacksvorlieben und -abneigungen
eines erwachsenen Menschen als Ergebnis eines
sozio-kulturellen Lernprozesses anzusehen sind.
Dieses Training ist vergleichbar mit dem Prozeß,
die Muttersprache zu erlernen. Die grundsätzliche Kompetenz des Spracherwerbs ist dem Menschen gegeben, doch in welcher Sprache er lernt,
sich zu artikulieren, das allein hängt vom Standort
seiner Wiege ab (Pudel 1993).
Inzwischen liegen viele Studien vor, die diesen
Lernprozeß für das Eßverhalten näher untersucht
haben (Logue 1995). Eine zentrale Bedeutung
kommt dabei den Aussagen der Ethnologen zu.
Sie können belegen, daß Menschen nicht etwa
eine Speise auswählen, weil sie diese mögen,
auch wenn sich im subjektiven Bewußtsein des
Menschen diese Aussage als zutreffend darstellt.
Die psychologisch korrekte Formulierung indes
muß lauten:
Menschen mögen eine Speise,
weil sie sie essen.
Mit dem Begriff „mere exposure effect“ bezeichnen amerikanische Forscher eine Art „erfahrungsbedingtes Gewohnheitstraining“, durch das
sich Geschmackspräferenzen bilden. Diesem
Lernen durch Erfahrungsbildung, das dazu führt,
bekannte Speisen immer wieder zu verlangen,
steht die spezifisch-sensorische Sättigung
entgegen. Darunter wird die Tendenz verstanden,
bekannte Speisen nach ihrem Verzehr langfristig noch intensiver zu mögen, sie aber kurzfristig zunächst zu meiden (Logue 1995). Ein Prinzip, das jeder Erwachsene mit seinem Leibgericht
berücksichtigt, in dem er es knapp hält, um es
weiterhin zu mögen. Diese sensorische Sättigung
braucht eine gewisse Zeit, um sich zu entwickeln.
Aus der Praxis
Ein Kind möchte (natürlich!) Spaghetti, weil es drei
Tage schon Spaghetti bekommen hat. Am vierten
Tag verweigert die Mutter diesen Wunsch, weil sie
(vernünftig!) meint, ihr Kind müsse, um gesund zu
bleiben, auch andere Speisen essen. Sie greift sozusagen der spezifisch-sensorischen Sättigung vor
und verhilft (ohne es zu ahnen!) den Spaghetti
durch Verknappung zu einer stabilen Geschmackspräferenz bei ihrem Kind (Pudel 1995).
Noch nach Wochen haben Kinder, denen im Kindergarten jeweils geschmacklich gleichartig aromatisierte Tofu-Speisen angeboten wurden, bei
einem Buffet mit sehr unterschiedlichen Geschmacksrichtungen spontan ihr gewohntes Aroma gewählt („mere exposure effect“). Auch die
berühmte Studie von Clara Davis (1928) mit drei
Neugeborenen, die sich nach dem Abstillen über
ein Jahr lang ihre Nahrung aus einer bereitgestellten Auswahl an Speisen selbst aussuchen
mußten, belegt diese Prinzipien. Die Babies blieben tagelang bei einem Lebensmittel, um dann
plötzlich ein anderes Lebensmittel zu bevorzugen. Im Monatsdurchschnitt wählten sie aber eine
ausgewogene Kost.
Essen lernen Kinder vornehmlich am Modell, d.h.
sie imitieren die Eßvorlieben von Mutter und/oder
Vater. Sie lernen auch, den „sozialen Wert“ der
Speisen zu begreifen, wie Videoexperimente
belegen. Die Filmhelden in diesen Videos aßen
bestimmte Speisen, die den zuschauenden Kindern später in einer Buffetauswahl geboten wurden. Sie suchten sich bevorzugt solche Speisen
aus, die von den „Siegern“, nicht aber von den
„Verlierern“ bevorzugt gewählt wurden.
Essen und Trinken – Sachtext
193
Tabelle 1: Zuordnung von Funktionen zu bestimmten Lebensmitteln (nach: DGE 1988)
Gruppe 1
Gruppe 2
Gruppe 3
Gruppe 4
wenig dickmachend;
macht stark;
gesund;
nicht beliebt
nicht dickmachend;
macht sehr stark;
sehr gesund;
beliebt
wenig dickmachend;
macht stark;
gesund;
beliebt
sehr dickmachend;
macht nicht stark;
nicht gesund;
sehr beliebt
Vollkornbrot
Nudelsuppe
Kartoffeln
Graubrot
Wurst
Tomate
Käse
Kotelett
Kakao
Vollmilch
Möhren
Erbsen
Banane
Ei
Salat
Orange
Birne
Apfel
Nußnougatcreme
Currywurst
Fischstäbchen
Hähnchen
Spaghetti
Brötchen
Pudding
Bonbons
Hamburger
Cola
Schokoriegel
Konfitüre
Salzgebäck
Schokolade
Eine repräsentative Untersuchung in 2.900 deutschen Familien mit Kindern zeigte, daß über alle
Altersgruppen hinweg eine fast völlig übereinstimmende Zuordnung von bestimmten Eigenschaften zu Lebensmitteln vorgenommen wird
(Deutsche Gesellschaft für Ernährung 1988, siehe Tabelle 2). Eine Clusteranalyse2 führt die Lebensmittel zusammen, die nach den Angaben der
Kinder übereinstimmende Attributierungen besitzen. Diese Studie läßt aber auch erkennen, daß
die gelernten, kognitiven Funktionszuweisungen
(z.B. „macht dick“) wenig Verhaltenswirkung zeigen („sehr beliebt“).
Es sollte daran gedacht werden, daß der oft restriktive Umgang mit Süßigkeiten, Colagetränken,
Hamburgern und anderen Produkten, die sich bei
Eltern keines „gesunden“ Images erfreuen, geradezu die kindlichen Präferenzen stabilisiert, über
die Eltern klagen und denen sie dann machtlos
gegenüberstehen. Die vermeintlich „gesunden“
Lebensmittel werden verbal gefördert und mit
abstrakten Vorteilen („ist gesund“, „braucht der
Körper“) ausgestattet, die ein Kind nicht nacherleben kann. Einfacher und vor allem wirksamer
2
Eine Clusteranalyse ist ein Rechenverfahren, bei dem alle
Objekte (z.B. Nahrungsmittel) mit ähnlichen Eigenschaften
zu einer Gruppe zusammengefaßt werden. Das wichtige
dabei ist, die Gruppen so zu bilden, daß sich die Objekte
einer bestimmten Gruppe wenig, die Gruppen aber untereinander deutlich unterscheiden.
wäre, die Eltern essen selbst Gemüse oder Vollkornbrot, anstatt darüber zu reden.
Lernen am Modell, erfahrungsbedingte Gewohnheiten und sensorische Sättigung gelten als die
wesentlichen Bedingungen, die den Trainingsprozeß der Lebensmittelvorlieben prägen.
Hinzu kommen „individuelle Lerngeschichten“,
die das persönliche Präferenzprofil beeinflussen
können, wenn z.B. der Verzehr einer bestimmten
Speise mit einer emotional positiven Situation
verkoppelt wurde (Geschmack als Erinnerung)
oder wenn sich nach Verzehr einer Speise Übelkeit einstellt („Sauce Bèarnaise Syndrom“) und
zur - mitunter lebenslangen - Geschmacksabneigung führt.
1.2.3 Evolutionspsychologische
Aspekte
In jüngster Zeit werden diese Überlegungen
durch evolutionspsychologische Aspekte ergänzt,
die auch eine mögliche genetische Disposition für
eine mehr kollektive Präferenzneigung in die
Diskussion gebracht haben. Die genetisch disponierte Süßpräferenz der Neugeborenen war dafür
bereits ein Beispiel (Rozin 1987). Genetiker, wie
Bouchard & Perusse (1988), die die Grundlagen
der Adipositas erforschen, sprechen der Vorliebe
übergewichtiger Menschen für fetthaltige Nahrung eine möglicherweise genetische Grundlage
194
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
zu. Ethnologen, wie Marvin Harris (1995), halten
ebenfalls die Milchpräferenz der Europäer für ein
Ergebnis der evolutionären Anpassung. Danach
wäre die mit Hinweis auf die Knochengesundheit
der Asiaten formulierte Empfehlung an deutsche
Verbraucher, keine Milch zu trinken und keine
Milchprodukte zu verzehren, eine nicht verantwortbare Information, die zu gesundheitlichen
Beeinträchtigungen führen kann. Zunächst bleibt
jedoch abzuwarten, in welchem Ausmaß das
menschliche Eßverhalten tatsächlich durch kollektiv-genetische Dispositionen eingeengt ist,
wenngleich erste Befunde eindrucksvoll demonstrieren, daß auch an eine solche Möglichkeit gedacht werden muß.
Es wird spekuliert, ob sich in den Prinzipien des
„mere exposure effect“ und der spezifischsensorischen Sättigung nicht auch evolutionsbiologische Mechanismen ausdrücken: Die Tendenz, bekannte Speisen zu präferieren, nutzt den
Geschmackseindruck auch als Sicherheitssignal,
da er mit der Erfahrung verknüpft wurde, daß
diese Speise bekömmlich war. So sieht Rozin
(1987) in der angeborenen Süßpräferenz einen
„Sicherheitsgeschmack der Evolution“, da es auf
der Welt nichts für den Menschen riskant Eßbares gäbe, das süß schmecke. Die spezifischsensorische Sättigung dagegen bewirkt, daß die
Ernährung abwechslungsreicher und damit auch
nährstoffreicher gestaltet wird.
Lust auf Milch, genetisch disponiert?
Menschen in Mitteleuropa verfügten vor 10.000
Jahren über die ersten melkbaren Kühe. Wer - mit
dem Enzym Laktase ausgestattet - die Kuhmilch
vertragen konnte, erschloß sich eine wichtige Kalziumquelle, um seine Knochenfestigkeit zu erhöhen. Dieser Überlebensvorteil kann - so die Genetiker - in ca. 5000 Jahren dazu führen, daß nahezu
die gesamte Population den Milchzucker verträgt.
Asiaten dagegen standen durch die erhöhte Sonneneinstrahlung und die damit verbundene Synthese von Vitamin D, welches das Kalzium aus
Blattgemüse bioverfügbar macht, nicht unter der
„evolutionären Notwendigkeit“, das Enzym Laktase
zu entwickeln, um die Laktose in der Kuhmilch vertragen zu können (Harris 1995).
1.2.4 Grenzen der kognitiven Einflußnahme
Das menschliche Eßverhalten unterliegt also biopsycho-sozialen Determinanten, und es ist heute
kaum möglich, den Einfluß dieser unterschiedlichen Faktoren und Bedingungen zu quantifizieren. Unbestritten ist jedoch, daß trotz aller denkbaren Einflüsse von evolutionsbiologischen Dispositionen den Umweltfaktoren eine entscheidende Funktion zukommt. Letztendlich bestimmt
die Wechselwirkung zwischen Erbanlagen und
Umwelt über das konkrete Eßverhalten eines
Menschen. So gab es bei verknappter Nahrung in
der Nachkriegszeit kein Übergewichtsproblem,
trotz gleicher Erbanlagen, und heute bleiben
manche Menschen, auch wenn sie viel essen,
normalgewichtig.
Kognitive Prozesse:
Information, Wissen,
Einstellung
Eßverhalten
Abb. 1: Traditionelles Modell zur Steuerung des
Eßverhaltens
Doch diese Überlegungen müssen zu einer Erweiterung des traditionellen Modells führen, in
dem die Steuerung des Eßverhaltens eindeutig
nur den kognitiven Prozessen zugeordnet war
(Abb. 1). Der große subjektive Freiheitsgrad, den
Menschen in ihrem Eßverhalten erleben, stellt
sich bei genauerer Betrachtung als zumindest
eingeschränkt heraus (Abb. 2). Damit wird in
gewisser Weise auch verständlich, warum es nur
schwer gelingt, durch kognitive Ansprache auf
das Eßverhalten eines Menschen einzuwirken.
Einige Beispiele mögen dies veranschaulichen:
• Wenn Menschen unter identischen Bedingungen einer experimentellen Überernährung
sehr unterschiedlich an Gewicht zunehmen,
sind daran biologische Mechanismen beteiligt,
die über das Eßverhalten hinausreichen (Bouchard et al. 1990).
Essen und Trinken – Sachtext
195
Biologische
Mechanismen, genetische Disposition
Kognitive Prozesse:
Information, Wissen,
Einstellung
Eßverhalten
Lernprozesse,
Konditionierung,
Reiz-Reaktions-Bildung
Emotionale
Dispositionen
z.B. Streß-Essen
Abb. 2: Faktoren, die auf das Eßverhalten des Menschen einwirken
• Wenn Versuchspersonen die durch Süßstoff
eingesparten Kalorien unbemerkt bei der nächsten Mahlzeit wieder kompensieren, so ist dies
auch kein Ergebnis kognitiver Einstellungen
(Rogers & Blundell 1989; Westenhöfer et al.
1993).
• Der durchschnittliche Fettverzehr liegt in der
Bundesrepublik bei 40% der zugeführten Nahrungsenergie. In diesem Resultat spiegeln sich
eher kollektive Präferenzen oder der Fettgehalt
des Lebensmittelsortiments wieder als individuelle Entscheidungen (Pudel & Ellrott 1995).
• Süßhunger nach eiweißreichen Mahlzeiten ist
zutreffender als ein biologisch regulierter „Kohlenhydrat-Hunger“ zu verstehen und nicht so
sehr als psychische Trostfunktion durch essen
(Wurtman & Wurtman 1984)
• Die Schwierigkeiten, eine kalorienreduzierte
Mischkost einzuhalten, liegt weniger in einer
unterstellten Willensschwäche, sondern eher in
den jahrelang etablierten Reiz-Reaktionsverkettungen im gewohnten Eßverhalten. Vergleichsweise einfach können dagegen völlig
einseitige Kostformen („Eier-Diät“) realisiert
werden, weil diese vom üblichen Eßverhalten
sehr stark abweichen. Je mehr ein neues Essverhalten von den gewohnten Mustern abweicht, umso leichter fällt es, weil man nicht
permanent gegen die alten Reiz-Reaktionsverkopplungen gegensteuern muss (Pudel 1993).
2 Grundlagen gesunder Ernährung
Die Grundlagen einer „gesunden Ernährung“3
können heute als weitgehend erforscht gelten.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (1991)
veröffentlicht regelmäßig in überarbeiteten Auflagen die „Empfehlungen für die Nährstoffzufuhr“,
die – übrigens in guter Übereinstimmung mit den
Empfehlungen der Ernährungsgesellschaften
anderer Nationen – darlegen, in welchem Umfang und in welchem Verhältnis Makro- und Mikronährstoffe mit der Nahrung aufgenommen werden sollten. Die Grundelemente einer bedarfsgerechten Ernährung, die häufig auch als eine
„vollwertige Ernährung“ bezeichnet wird, sind
damit seit Jahren bekannt. Ebenso werden für
spezielle Zielgruppen, wie Kinder, Jugendliche,
Schwangere und ältere Menschen, Empfehlungen gegeben, die auf die besondere Situation
dieser Personen abgestellt sind. Die Ernährungsmedizin stellt Diätrichtlinien für bestimmte
Erkrankungen auf, die als Vorbeugung oder Therapie wirken.
Darüber hinaus bemüht sich die Ernährungswis-
3 Unter „gesunder Ernährung“ wird eine Ernährung verstanden, die optimal zur Gesundheit des Menschen beiträgt. Im
eigentlichen Wortsinn kann eine Ernährung oder auch ein
einzelnes Lebensmittel natürlich nicht „gesund“ sein. Das
Adjektiv „gesund“ bezeichnet eine Eigenschaft, die einem
Menschen zukommt.
196
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
senschaft weiterhin um die Klärung aktueller und
häufig auch kontrovers diskutierter Hypothesen,
die aber zumeist über die normale Wirkung der
Ernährung hinausgehen, z.B. hochdosierte Vitamine, die nicht mehr ernährungsphysiologisch,
sondern bereits pharmakologisch wirken. Dazu
zählt u.a. ein möglicher Zellschutz (Krebsprophylaxe) durch antioxidativ wirkende Substanzen
(Vitamin C, E, Betakarotin, Selen), deren wirksame Dosierung möglicherweise in Größenbereichen liegt, die mit der Nahrung nicht aufzunehmen sind. Auch die Frage der sekundären Pflanzenwirkstoffe4 und ihre mögliche Schutzwirkung
für die Entstehung von Krankheiten (z.B. Arteriosklerose) ist Gegenstand aktueller Forschungsbemühungen. Festzuhalten bleibt jedoch, daß ein
nachhaltiger Erfolg für die Gesundheit der deutschen Bevölkerung erreicht werden könnte, wenn
die bereits gesicherten Basiserkenntnisse der
Ernährungswissenschaft/-medizin im Eßverhalten
realisiert werden könnten (vgl. dazu auch Kap. 3).
2.1 Energiebedarf des Menschen
Ein Leben ohne den ständigen Verbrauch von
Energie ist nicht möglich. Der Organismus benötigt Energie, um mechanische, osmotische und
chemische Funktionen ablaufen zu lassen. Die
Muskelarbeit, der Muskeltonus, Herzschlag und
Atmungstätigkeit sind Beispiele für die mechanische Arbeit. Chemische Arbeit wird geleistet,
wenn z.B. in einer Biosynthese einfache Inhaltsstoffe der Nahrung zu chemisch komplizierteren
Stoffen umgebaut werden (z.B. Aufspaltung von
Nahrungseiweiß zum Aufbau von körpereigenem
Eiweiß; Zitronensäurezyklus). Osmotische Arbeit
schließlich bezeichnet die Aufgabe des Organismus, den Stofftransport durch Darmwand und
Zellmembranen gegen ein Konzentrationsgefälle
durchzuführen (Menden 1990).
Die Energie für diese Aufgaben gewinnt der Körper aus der Nahrung, insbesondere aus den Kohlenhydraten und Fetten. Bei der Verbrennung
4 Unter sekundären Pflanzenwirkstoffen werden Substanzen
verstanden, die weder den Vitaminen noch den Mineralstoffen zuzurechnen sind, wie etwa Phytoöstrogene, Flavonoide, etc. Auch das „Französische Paradoxon“ (geringere Infarktquote bei Rotweintrinkern um Bordeaux) wird mit speziellen Inhaltsstoffen des Rotweins in Verbindung gebracht.
(Oxidation) dieser Makronährstoffe wird zudem
Wärme frei, die für eine Stabilisierung der Körpertemperatur bei 37°C verwendet wird. Da der Faktor „Wärme“ im Energiehaushalt des Körpers die
entscheidende Rolle spielt, ist es üblich, die dem
Körper zugeführte Nahrungsenergie (Brennwert),
aber auch den Energieverbrauch des Organismus, in Wärmeeinheiten anzugeben. Die bekannteste Einheit ist die Kilokalorie5, abgekürzt kcal.
In der Umgangssprache hält sich nach wie vor
hartnäckig der einfache Begriff „Kalorie“, z.B. eine
1.000-Kalorien-Diät, obschon hier von einer
1.000-Kilokalorien-Diät gesprochen werden müßte. Offiziell, z.B. im amtlichen Verkehr, ist die
frühere Bezeichnung Kilokalorie nicht mehr
zulässig, obwohl sie in der Ernährungsberatung
oder der Umgangssprache weiterhin verwendet
wird. Die offizielle Einheit ist inzwischen Kilojoule, abgekürzt kJ. Der Umrechnungsfaktor ist
konstant und beträgt 4,2, so daß 1 kcal = 4,2 kJ
entspricht. Die bekannte 1.000-Kilokalorien-Diät
wäre nach offizieller Bezeichnung somit eine
4.200-Kilojoule-Diät. Für die Praxis überwiegen
die Vorteile, bei der Bezeichnung „Kalorie“ zu
bleiben. Sie hat einen hohen Verständlichkeitsgrad – wenngleich sie fachlich inkorrekt verwendet wird.
Die Energie in der Nahrung wird tatsächlich durch
Verbrennung in sogenannten „Kalorimeterbomben“ gemessen. Die Makronährstoffe liefern nach
solchen Messungen, die noch nach ihrer physiologischen Verfügbarkeit etwas korrigiert werden,
folgende Energie pro Gramm:
Fett
Kohlenhydrate
Eiweiß
Alkohol
9,3 kcal ≅ 39 kJ
4,1 kcal ≅ 17 kJ
4,1 kcal ≅ 17 kJ
7,1 kcal ≅ 30 kJ
Nach diesen Zahlen, die allgemein bei der Berechnung des Energiegehaltes von Speiseplänen
verwendet werden, wird grundsätzlich von einer
vergleichbaren Wirkung der „Kalorien“ ausgegangen, unabhängig davon, ob sie als Kohlen-
5 Physikalisch ist eine Kilokalorie durch jene Energie defio
niert, die nötig ist, ein Liter Wasser um 1 C zu erwärmen.
Essen und Trinken – Sachtext
hydrate oder Fett, Protein oder Alkohol aufgenommen werden. Daß an diesem Sachverhalt
inzwischen Zweifel aufgekommen sind, wird in
Kap. 2.2 näher beleuchtet (Prentice 1995). Die
Energiebilanz beschreibt auf der einen Seite die
Zufuhr, auf der anderen Seite den Verbrauch an
Energie. Wenn sich Energiezufuhr und Energieverbrauch im Gleichgewicht befinden, besteht
eine ausgeglichene Energiebilanz, die sich u.a. in
einem stabilen Körpergewicht niederschlägt. Allgemein gilt, daß bei negativer Energiebilanz
(Verbrauch übersteigt Zufuhr) das Gewicht sinkt
und bei positiver Energiebilanz ansteigt. Doch zu
diesem wichtigen Punkt liegen neue Erkenntnisse
vor, die die grundsätzliche Gültigkeit der Beziehung zwischen Energiebilanz und Körpergewicht
genauer differenzieren (vgl. dazu Kap. 2.2).
Der lebende Organismus verbraucht auch Energie, wenn er sich in absoluter Ruhe, z.B. im
Schlaf, befindet. Dieser Energieverbrauch wird
als Grundumsatz, präzise als Ruhe-NüchternUmsatz, bezeichnet. Er beträgt bei Erwachsenen
ungefähr 1 kcal pro kg Körpergewicht und Stunde, liegt also bei einem 70 kg schweren Menschen etwa im Bereich von 1.700 kcal. Nach
neueren Messungen wurde festgestellt, daß der
Grundumsatz nicht so sehr vom Gewicht, sondern ausschlaggebend von der Muskelmasse
(nicht aber von der Fettmasse) abhängt und auch
Extreme Absenkung des Grundumsatzes?
Sowohl in der fachlichen wie auch öffentlichen Diskussion der letzten Jahre wurde eine drastische
Absenkung des Grundumsatzes als Anpassungsreaktion des Organismus auf eine Reduktionsdiät
für eine verlangsamte Gewichtsabnahme verantwortlich gemacht. Messungen des Grundumsatzes
können jedoch diese Vermutung nicht bestätigen.
Es kommt zwar zu einer Reduzierung in Abhängigkeit vom Abbau der fettfreien Körpermasse (Muskeln), doch diese Reduzierung des Grundumsatzes beträgt durchschnittlich ca. 200 kcal/Tag. In
Einzelfällen wurden auch höhere Werte gemessen,
doch eine Absenkung des Grundumsatzes auf weniger als 1200 kcal ist höchst unwahrscheinlich. In
der Hungerstudie von Keys et al. (1950) wurde eine Einschränkung des Grundumsatzes um 40%
nach 6 monatiger Diät mit 50% der gewohnten Energie festgestellt. Da in diesem Experiment gesunde, junge Männer beteiligt waren, unterschreitet
auch dieser extreme Wert von 40% noch nicht den
absoluten Wert von 1.200 kcal/Tag.
197
durch Geschlecht, Alter, Gesundheitszustand,
usw. beeinflußt werden kann. Eine Erhöhung der
Muskelmasse steigert den Grundumsatz, ein
Abbau von Muskeln reduziert ihn (Wirkung bei
Diäten!). Zwei vergleichbar schwere Menschen
können demnach, wenn sie unterschiedliche
Verteilungen von Fett- und Muskelmasse haben,
einen unterschiedlich hohen Grundumsatz haben
(Swinburn & Ravussin 1993).
Der Grundumsatz macht den größten Teil des
Gesamtenergieverbrauchs aus. Je nach Intensität der körperlichen Bewegung (Arbeitsbelastung) kommen etwa 40% bis 80% des Grundumsatzes als Arbeitsumsatz hinzu. Schließlich
wird unmittelbar an die Nahrungsaufnahme noch
Energie benötigt, um Verdauung und Aufnahme
der Nährstoffe zu gewährleisten. Dieser nahrungsinduzierte Energieverbrauch kann zusätzlich noch einmal zwischen 10% und 20% des
Grundumsatzes ausmachen, so daß sich schließlich für den Gesamtenergieverbrauch (=100%)
die Addition von Nüchternruheumsatz (ca. 60%)
plus Arbeitsumsatz (ca. 30%) plus nahrungsinduzierter Energieverbrauch (ca. 10%) ergibt (Menden 1990). Grundumsatz und nahrungsinduzierter Energieverbrauch sind wenig beeinflußbar
und als konstitutionelle Größen biologisch vorgegeben bzw. reguliert. Den größten Spielraum in
der Gesamtenergiebilanz bestimmt der Mensch
selbst im Bereich des Arbeitsumsatzes, aber
natürlich auch auf der Seite der Energieaufnahme. Die Verbrauchsdaten bei den verschiedenen
körperlichen Aktivitäten erscheinen zunächst
relativ gering. Wenn sportliche Betätigung aber
zu einer Vermehrung der Muskelmasse führt,
kann über diesen indirekten Weg auch der
Grundumsatz dauerhaft gesteigert werden. Allerdings wurden Begrenzungen erkannt, die die
absolute Gültigkeit des Prinzips der Energiebilanz berühren.
Eine jüngst veröffentlichte Studie von Leibel, Rosenbaum & Hirsch (1995) stellt fest, daß sowohl
eine energetische Unter- wie auch Überernährung bis auf 10% unter bzw. über das gewohnte
Körpergewicht zu Ausgleichsmechanismen bis zu
15% des Energieverbrauchs sowohl bei normalals auch bei übergewichtigen Menschen führt.
Besondere Aufmerksamkeit verdient die Feststel-
198
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
Leptin – der Sättigungsfaktor?
Mäuse, die aufgrund eines genetischen Defektes
von dieser Substanz zu wenig produzierten, nahmen extrem an Gewicht zu, verringerten aber ihr
Übergewicht, nachdem ihnen Leptin von gesunden
Mäusen eingespritzt wurde (Zangh et al. 1994; Pelleymounter et al. 1995). Erste Überprüfungen dieser Befunde beim Menschen zeigten allerdings
enttäuschende Ergebnisse, da bei adipösen Menschen offenbar kein Leptin-Mangel vorliegt. Hier
müssen weitere Forschungsarbeiten der nächsten
Jahre abgewartet werden (Ellrott & Pudel 1996).
lung, daß die Ausgleichsmechanismen im Energieumsatz weniger Veränderungen des Ruheumsatzes, sondern vor allem die „Non-RestingMetabolic-Rate" (Arbeitsumsatz) betrafen, die in
üblichen Studien mit der indirekten Kalorimetrie6
nicht zu entdecken waren. Durch diese Studie
wird erneut darauf hingewiesen, daß mögliche
Unterschiede im Energieverbrauch von Mensch
zu Mensch im Arbeitsumsatz und in der individuell unterschiedlichen Thermogenese zu suchen
sind. Der Arbeitsumsatz ist allerdings mit den
heute zur Verfügung stehenden Methoden nur
sehr schwer und nicht hinreichend genau zu
messen.
2.2 Körpergewicht
Das Körpergewicht eines Menschen ist ein leicht
meßbares und beurteilbares Kriterium, obschon
es im Grunde nicht primär um das Gewicht als
Kriterium für den Ernährungszustand und das
Gesundheitsrisiko geht, sondern um die Relation
der Fettmasse zur fettfreien Körpermasse. Epidemiologische Studien beweisen, daß eine überproportionale Fettansammlung (bei Männern
mehr als 20%, Frauen mehr als 30% vom Gesamtgewicht) ein Risikofaktor ist, der Hypertonie
oder Stoffwechselerkrankungen, wie Diabetes,
Hyperlipidämien und Hyperurikämie, fördern
kann. Zudem ist durch die ständige Belastung
auch mit Erkrankungen des Bewegungsapparates zu rechnen (Ellrott & Pudel 1996).
6 Bei der indirekten Kalorimetrie werden die Atemgase bestimmt. Über den Sauerstoffverbrauch und die Kohlendioxidabgabe kann (indirekt) auf den Energieumsatz geschlossen werden.
Weitergehende Analysen wiesen sogar nach,
daß es zudem noch auf die Fettverteilung ankommt. Es wird ein gynoider Fettverteilungstypus
mit einem geringeren Risiko von einem androiden
Typus mit einem höheren Risiko unterschieden.
Der gynoide Typus mit einer betonten Fettansammlung an Oberschenkeln und Hüften (umgangssprachlich auch als „Birnentyp“ beschrieben) betrifft zumeist übergewichtige Frauen, während der androide Typus („Apfeltyp“) mit einer
Fettakkumulation am Bauch zumeist bei übergewichtigen Männern beobachtet wird.
Bestimmung der Fettverteilung (Taille zu Hüfte
Verhältnis – Waiste to hip ratio: WHR):
Ist der Quotient aus Taillen- und Hüftumfang größer
0.85 (Frauen) bzw. 1.0 (Männer) besteht eine androide
Fettverteilung mit erhöhtem Risiko (Deutsche Gesellschaft für Adipositasforschung 1995). Liegt der Quotient unter diesen Grenzwerten, dann spricht man von
einer gynoiden Fettverteilung.
Die genaue Bestimmung des Fettanteils ist aufwendig, so daß für die Praxis nach wie vor bestimmte Formeln herangezogen werden, die aus
Körpergröße und Gewicht den Grad der Übergewichtigkeit schätzen lassen. Neuerdings setzt
sich zwar die Body-Impedanz-Analyse (BIA) etwas durch, die über eine Widerstandsmessung
eine Abschätzung der Körperzusammensetzung
nach Fettmasse, Wasser und fettfreier Körpermasse erlaubt. Aber auch diese Messung liefert,
insbesondere bei sehr schlanken und sehr überTabelle 2: Grenzwerte der Deutschen Ge
sellschaft für Adipositasforschung
(1995)
Body-Mass-Index
(BMI)
Bewertung
unter 20
Untergewicht
20 bis 25
Normalgewicht
25 bis 30
Adipositas I
mäßiges Übergewicht
über 30
Adipositas II
Übergewicht
über 40
Adipositas III
massives Übergewicht
Essen und Trinken – Sachtext
gewichtigen Personen, mitunter erhebliche Fehler. Der früher gebräuchliche BROCA-Index ist
durch Einführung des Body-Mass-Index (KörperMassen-Index) in der internationalen Forschung
abgelöst worden. Der BROCA-Index ist nach der
folgenden Formel definiert:
Körpergewicht in kg
Normalgewicht in kg
Das Normalgewicht in kg wird berechnet:
Körpergröße in cm - 100
Bei einem BROCA-Index > 1.2 (entspricht einem
Übergewicht von mehr als 20%) wurde die
Schwelle zum Übergewicht angesetzt. Da dieser
Index bei sehr kleinen oder sehr großen Menschen zu Fehleinschätzungen führt, wird heute
auch in Deutschland der Body-Mass-Index (BMI)
bevorzugt, der auch bei extremen Körpergrößen
zu einer zutreffenderen Einstufung führt.
Der Body-Mass-Index wird wie folgt berechnet:
Körpergewicht in kg
(Körpergröße in m)2
Ab BMI > 30 besteht eine klare Indikation zur
Gewichtsabnahme (siehe Tabelle 2). Bei mäßigem Übergewicht (25 < BMI < 30) wird eine Gewichtsabnahme empfohlen, wenn gewichtsabhängige Risikofaktoren bestehen oder ein ausgeprägter androider Fettverteilungstypus (WHR >
0.85 bzw. > 1.0) vorliegt. Unterschiede im Körpergewicht beruhen im Wesentlichen auf Gewichtsunterschieden in der Fettmasse. Bis in
jüngste Zeit wurde die Auffassung vertreten, daß
es sich bei der Körperfettmasse um eine unregulierte Größe handelt, die nahezu beliebig – in
Abhängigkeit der Energiebilanz – variieren könne. Neueste Ergebnisse der Genforschung legen
allerdings die Annahme nahe, daß möglicherweise im Fettgewebe Eiweißverbindungen (z.B. Leptin) produziert werden, die im Gehirn als „Sättigungsfaktor“ wirken (Ellrott & Pudel 1996). Heute
wird nicht mehr bezweifelt, daß der Gewichtsregulation auch eine genetische Komponente
zugrundeliegt. Studien belegen, daß erhebliche
Unterschiede hinsichtlich einer Gewichtsveränderung von Mensch zu Mensch bestehen, die zu
einem gewissen Grad genetisch bestimmt sind.
Stunkard et al. (1990) untersuchten über 500
199
Mastversuch mit eineiigen Zwilligen
Bouchard et al. (1990) haben 12 eineiige Zwillinge über 100 Tage (ausgenommen am Sonntag) mit jeweils 1000 kcal/Tag zusätzlich zur
gewohnten Ernährung „gemästet“. Nach dem
Prinzip der Energiebilanz kumulierte in den 86
Tagen Überernährung ein Überschuß von
86.000 kcal, die - bei einem unterstellten
Brennwert von 7.000 kcal pro Kilo Fettgewebe zu einer Gewichtszunahme von ca. 12 kg bei
jedem Studienteilnehmer hätte führen müssen.
Tatsächlich jedoch waren Gewichtszunahmen
zwischen 4,3 kg und 13,5 kg zu verzeichnen.
Die erbidentischen Zwillinge hatten zudem eine
sehr ähnliche Gewichtszunahme. Jeder Punkt in
der Abbildung steht für ein Zwillingspärchen. Er
zeigt die Gewichtszunahme der Zwillinge: senkrecht nach unten kann man die von Zwilling B
ablesen, waagerecht nach links die von Zwilling
A. Je näher die Punkte an der Diagonalen liegen, umso ähnlicher ist die Gewichtszunahme
der erbgleichen Zwillinge.
Dieses Experiment belegt, daß es „gute“ und
„schlechte Futterverwerter“ gibt, und daß dabei
Erbanlagen eine wichtige Rolle spielen. Beide
Aspekte waren von übergewichtigen Menschen
immer wieder betont, von der Wissenschaft aber
bislang nicht akzeptiert worden.
Abb. 1: Mastversuch mit 12 eineiigen Zwillingspaaren
über 100 Tage (nach: Bouchard et al. 1990)
erwachsene Personen, die jeweils als zwei- oder
eineiige Zwillinge von frühester Zeit an getrennt
oder zusammen aufgewachsen waren. Das Resultat war eindeutig: Eineiige Zwillinge waren sich
in ihrem Gewicht, auch wenn sie getrennt aufwuchsen, viel ähnlicher als zweieiige Zwillinge,
selbst wenn diese gemeinsam in einer Familie
200
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
groß geworden sind.
Trotz aller Eindeutigkeit, daß eine genetische
Grundlage für die Regulation des Körpergewichts
vorhanden ist, bleibt als Tatsache bestehen, daß
der „Umweltfaktor“ Ernährung das aktuelle Gewicht entscheidend beeinflußt. Bereits ein Vergleich der Übergewichtshäufigkeit in den Nachkriegsjahren mit heute belegt, daß selbst bei gleicher genetischer Ausstattung das Übergewichtspotiential in einer Bevölkerung in Abhängigkeit des Nahrungsangebotes erheblich variieren kann.
Relativer Fettverzehr und Body-Mass-Index
BMI
29
28,5
28
27,5
27
< 40%
< 43%
< 46%
>= 46%
Relativer Kohlenhydratverzehr u. Body-Mass-Index
Wandeln sich Kohlenhydrate im Körper zu
Fett?
Untersuchungen am Menschen zur Frage der denovo-Lipogenese aus Kohlenhydraten (Umwandlung von Kohlenhydraten in Fett) haben gezeigt,
daß bei der verminderten Enzymausstattung des
Menschen dieser Weg für Kohlenhydrate unter
üblichen Verzehrsbedingungen nicht beschritten
BMI
29
28,5
28
27,5
27
< 37%
Exkurs in die Theorie
Kontrovers wird weiter diskutiert, ob die Annahme
eines sogenannten „Set-Points“ zutreffen kann. Die
Set-Point-Theorie (Keesey & Powley 1986) geht
davon aus, daß ein bestimmtes „vorprogrammiertes“ Gewicht existiert, daß durch einen Regelkreis stabilisiert wird (Feed-Back-System wie z.B.
die Regulation der Körpertemperatur auf den SetPoint von 37°C). Diese Annahme ist in gewisser
Weise pessimistisch, da danach ein Mensch ständig gegen seinen Set-Point ankämpfen müßte. Inzwischen vertreten andere Wissenschaftler die
mehr optimistische Ansicht, daß sich das Gewicht
in einem bestimmten Gleichgewicht einpendelt,
was davon abhängig ist, wieviel Fett mit der Nahrung aufgenommen wird. Flatt (1995) kann zeigen,
daß bei Gewichtskonstanz das Verhältnis von Kohlenhydraten und Fett in der Nahrung (Food Quotient, FQ) dem Verhältnis von Kohlenhydrat- und
Fettdepots (Respiratorischer Quotient, RQ) des
Körpers entspricht. Die Körperzusammensetzung
ist danach eine Folge der Zusammensetzung der
Nahrung. Nach diesen Vorstellungen ist eine Gewichtszunahme nach pauschaler Energiebeschränkung zu erwarten, wenn anschließend
Mischkost in der Nährstoffrelation wie vor der Gewichtsabnahme aufgenommen wird. Nach den Untersuchungen von Flatt würde eine dauerhafte Gewichtsreduktion durch eine verminderte Fett- und
gesteigerte Kohlenhydrataufnahme zu erreichen
sein.
Abb. 3:
< 40%
< 45%
>= 45%
Body-Mass-Index in Abhängigkeit vom relativen
Fett- und Kohlenhydratverzehr bei 200.000 Personen nach einem 7-Tage-Ernährungsprotokoll (Pudel
& Westenhöfer 1992)
wird. Erst nach Auffüllung aller Kohlenhydratspeicher und bei extrem hoher Kohlenhydratzufuhr
von mehr als 500 g/d, die aber nur mit konzentrierten Kohlenhydraten überhaupt möglich ist,
beginnt die Lipogenese (Wandlung von Kohlenhydraten in Fett), die zudem mit ca. 25% Energieverlust durch die Konvertierung von Kohlenhydraten in Fett sehr unökonomisch ist. Für die
Vermehrung von Körperfett ist beim Menschen
also das Nahrungsfett die entscheidende Quelle,
zumal auch eine verstärkte Fettaufnahme nicht
zu einer vermehrten Fettoxidation führt, wie dies
bei Kohlenhydraten, Protein und Alkohol der Fall
ist (Acheson et al. 1988; Ellrott et al. 1995).
Astrup (1994) kommt zu der Feststellung, daß die
Manifestation der Adipositas notwendig an zwei
Voraussetzungen gebunden sei: (1) genetische
Disposition und (2) erhöhter Fettkonsum. So belegen auch verschiedene Studien an größeren
Essen und Trinken – Sachtext
Stichproben, daß der BMI nicht mit der Energieaufnahme, sondern mit der relativen Fettaufnahme korreliert ist (Pudel & Westenhöfer 1992;
Bolton-Smith & Woodward 1994; vgl. Abb. 3). 7
Konsequenterweise ergibt sich zur relativen Kohlenhydrataufnahme eine umgekehrt proportionale
Beziehung. Zudem wurde festgestellt, daß es
insbesondere der Zuckerkonsum ist, der zu dieser signifikanten Beziehung zwischen Übergewichtsgrad und Kohlenhydrataufnahme führt:
Normalgewichtige konsumierten in dieser Studie
mehr Zucker als Übergewichtige (Bolton-Smith &
Woodward 1994). Dieser Befund darf aber nicht
ursächlich gedeutet werden, denn Übergewichtige sind nicht deshalb übergewichtig, weil sie
weniger Zucker verzehren. Die Autoren dieser
Studie vermuten, daß Menschen, die wenig Fett
essen und darum normalgewichtig bleiben, einen
Teil ihrer Kohlenhydrataufnahme auch über konzentrierte Kohlenhydrate (Zucker) decken, da
ansonsten das Nahrungsvolumen zu groß wird.
Fazit: Statt Energiebilanz besser Nährstoffbilanz beachten
Nach diesen Befunden scheint es notwendig, das
klassische Konzept der Energiebilanz zugunsten
einer Betrachtung der Nährstoffbilanz zu revidieren. Die verschiedenen Energiequellen, insbesondere Kohlenhydrate und Fett, haben hinsichtlich der Gewichtsregulation eine unterschiedliche
Wirkung, wobei primär der Energiequelle Fett die
ungünstigen Konsequenzen für eine Gewichtszunahme zugerechnet werden müssen (Horton et
al. 1995; Prentice 1995; Swinburn & Ravussin
1993).
2.3 Wichtige Bestandteile der
Ernährung
In der Umgangssprache hat sich seit Jahrzehnten
eine - sicher auch durch die Ernährungsaufklä-
7 Ob eine erhöhte Aufnahme konzentrierter Kohlenhydrate in
Form zuckerhaltiger Getränke auch die Entwicklung einer
Adipositas tatsächlich begünstigt, ist noch unklar. Die kritische Dosis von 500 g Kohlenhydraten (Beginn der Lipogenese) ist jedoch z.B. mit zuckerhaltigen Limonaden bei extremem Konsum (4 bis 5 Liter/Tag) zu erreichen. Hier können durchaus Süßstoffe sinnvoll sein.
201
rung mitverursachte - „ernährungsphysiologische
Bewertung“ einzelner Lebensmittel etabliert, in
dem diese als „gesund“ bzw. „ungesund“ bezeichnet werden. Diese kategoriale Einteilung
einzelner Lebensmittel entbehrt aber jeder fachlichen Grundlage, da die Qualität der Ernährung
nicht anhand der Inhaltsstoffe eines einzelnen
Lebensmittels beurteilt werden kann. Außer Muttermilch, und diese auch nur für Babies, ist kein
Lebensmittel in dem Sinne „vollwertig“, daß es
die gesamte Palette an essentiellen Inhaltsstoffen
liefern könnte. Der Begriff „Vollwertlebensmittel“
ist daher in gewisser Weise irreführend und fördert die unzweckmäßige Beurteilung einzelner
Lebensmittel hinsichtlich ihres gesundheitlichen
Wertes.
Auf die Kombination kommt es an!
Vollkornbrot mit Ballaststoffen, aber kaum Kalzium,
Milch mit relativ viel Fett, aber einem hohem Gehalt an
Kalzium sowie Salami, die Eisen enthält, aber keine
Ballaststoffe, sind für sich isoliert betrachtet Lebensmittel, die deutliche Nährstofflücken aufweisen. In der
Kombination allerdings ergänzen sich die Nährstoffprofile, so daß tendenziell bereits eine Ausgewogenenheit
erzielt wird.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE)
betont immer wieder, daß die Bedarfsdeckung
durch die Inhaltsstoffe der Nahrung im Verlauf
einer Woche beurteilt werden sollte (1991). Daraus läßt sich auch das Prinzip begründen, daß es
möglich ist, jedes Lebensmittel zu verzehren.
Allein Dosierung und Kombination von Lebensmitteln bestimmen darüber, ob eine optimale
Bedarfsdeckung erreicht wird. Im Einzelfall ist es
allerdings problematisch zu überprüfen, ob der
Nährstoffbedarf wirklich gedeckt ist, da der individuelle Bedarf kaum zuverlässig zu ermitteln ist.
Die DGE hat daher Empfehlungen für die Nährstoffzufuhr herausgegeben, die jedoch häufig mit
Angaben zum Nährstoffbedarf verwechselt werden. Der wirkliche Bedarf an einzelnen Nährstoffen ist wissenschaftlich nicht sicher einzugrenzen. Aus klinischen Beobachtungen, Tierexperimenten und Entzugsstudien wird der wahrscheinliche Bedarf beim Menschen geschätzt. Die darauf basierenden Empfehlungen setzen dann die
mittlere Dosierung, vermehrt um einen Sicher-
202
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
heitszuschlag, mindestens so hoch an, daß der
wahrscheinliche Bedarf bei 97,5% der Bevölkerung gedeckt wird. Die Empfehlungen geben also
einen mittleren Wert an, der – wenn er vom
Durchschnitt der Bevölkerung erreicht wird –
darauf hinweist, daß eine ausreichende Versorgung in der gesamten Bevölkerung vorliegt. Diese Empfehlungen können daher auch nicht für
eine einzelne Person herangezogen werden, um
die Qualität der Ernährung festzustellen, denn die
Empfehlung repräsentiert einen Mittelwert, der
von jeweils 50% der Bevölkerung über- bzw.
unterschritten wird. Darauf wird von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ausdrücklich
hingewiesen (Deutsche Gesellschaft für Ernährung 1991). In der Praxis dienen die Empfehlungen aber dennoch als Grundlage für die Individualbeurteilung, da keine anderen Kriterien zur
Verfügung stehen. Bei der Bewertung sollte jedenfalls berücksichtigt werden, daß auch bei
Unterschreitung der Empfehlungen nicht sofort
auf einen „Nährstoffmangel“ des Individuums
geschlossen werden kann.
Vorsicht mit Energieprozent
Die Empfehlungen der Nährstoffrelation in Energieprozent sind nur sinnvoll, wenn sie auf eine
„normale“ Ernährung mit einer Gesamtenergie zwischen 2.000 und 3.000 kcal bezogen werden. Beispiel: Ein Leistungssportler konsumiert 6.000 kcal
mit „nur“ 30 Energieprozent Fett. Das sind bereits
200 Gramm Fett! Eine 1.000-Kilokalorien-Diät mit
50 Energieprozent Fett liefert in absoluten Zahlen
aber nur 55 Gramm Fett.
Makro- und Mikronährstoffe
Die energieliefernden Nährstoffe - Kohlenhydrate,
Fette, Eiweiß - sollten bei einer bedarfsgerechten
Ernährung in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen, wobei der Anteil, den sie zur
Gesamtenergieaufnahme beitragen, als Energieprozent bezeichnet wird. Die Fettaufnahme
sollte 35 Energieprozent (Weltgesundheitsorganisation/WHO) nicht überschreiten. Die DGE
empfiehlt den Bereich zwischen 30 und 35
Energieprozent. Dabei erscheint es optimal,
wenn sowohl die gesättigten als auch die
mehrfach ungesättigten Fettsäuren jeweils bis zu
einem Drittel und die einfach ungesättigten
Drittel und die einfach ungesättigten Fettsäuren
mindestens ein Drittel ausmachen.
Die Kohlenhydrate sollten 50 Energieprozent
überschreiten. Als optimal gilt eine Ernährung mit
55 oder gar 60 Energieprozent Kohlenhydraten,
wobei die komplexen Kohlenhydrate (Stärketräger) überwiegen. Konzentrierte Kohlenhydrate,
wie Haushaltszucker, sollten nicht mehr als 10%
der Gesamtenergieaufnahme ausmachen.
Aus diesen Empfehlungen resultiert schließlich
eine Eiweißzufuhr von ca. 10% bis 20% der
Gesamtenergie. In absoluten Zahlen ausgedrückt
wird für Frauen eine Eiweißaufnahme von ca. 45
Gramm und für Männer eine von ca. 55 Gramm
pro Tag empfohlen. Diese Werte werden bei einer kohlenhydratreichen, fettreduzierten Ernährung durch den hohen Anteil an pflanzlichem
Protein ohne Probleme erreicht (z.B. durch den
Verzehr von Hülsenfrüchten und Kartoffeln).
Die Ballaststoffaufnahme (unverdauliche „Pflanzenfasern“) wird bei 30 Gramm/Tag angesetzt.
Obwohl Ballaststoffe keine Nährstoffe im eigentlichen Sinne sind, erfüllen sie wichtige Funktionen.
Sie haben wahrscheinlich einen vorbeugenden
Einfluß auf Divertikulose (Ausstülpungen der
Darmschleimhaut), Dickdarmkrebs, Gallensteine,
Fettstoffwechselstörungen und Diabetes. Sie
dienen den Funktionen im Verdauungstrakt und
beugen der Obstipation (Verstopfung) vor.
Alkohol liefert Energie, die im Organismus zu
95% ausgenützt wird. Da die Alkoholoxidation die
Fettverbrennung hemmt, steht der Alkoholkonsum - was die Wirkung auf das Gewicht angeht eher dem Fettkonsum nahe (0,25 Liter Wein entspricht energetisch ca. 25 Gramm Fett). Alkohol
erhöht zudem den Bedarf an zahlreichen lebenswichtigen Mikronährstoffen.
Die Empfehlungen für einzelne wichtige Mikronährstoffe (Vitamine, Mineralstoffe) listen die
Tabellen 3a und 3b auf. Diese Zahlen sind den
Empfehlungen für die Nährstoffzufuhr der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (1991) entnommen. Bei der Bewertung von Lebensmitteln
muß jedoch bedacht werden, daß von diesen
Lebensmitteln sehr unterschiedliche Mengen als
Essen und Trinken – Sachtext
203
Tabelle 3a: Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (1991) zur Vitaminzufuhr
(m=männlich, w=weiblich)
A
mg
m/w
D
μg
E
mg
K
μg
B1
mg
m/w
B2
mg
m/w
Niacinmg
m/w
B6
mg
m/w
Folsäure
μg
B12
μg
C
mg
1-4 Jahre
0,6
5
6
15
0,7
0,8
9
0,9
120
1,0
55
4-7 Jahre
0,7
5
8
20
1,0
1,1
12
1,2
160
1,5
60
7-10 Jahre
0,8
5
9
30
1,1
1,2
13
1,4
200
1,8
65
10-13 Jahre
0,9/0,9
5
10
40/40
1,2/1,2
1,4/1,3
15/14
1,6/1,5
240
2,0
70
13-15 Jahre
1,1/0,9
5
12
50/50
1,4/1,2
1,5/1,4
17/15
1,8/1,6
300
3,0
75
15-19 Jahre
1,0/0,8
5
12
70/60
1,6/1,3
1,8/1,7
20/16
2,1/1,8
300
3,0
75
19-25 Jahre
1,0/0,8
55
12
70/60
1,4/1,2
1,7/1,5
18/16
1,8/1,6
300
3,0
75
25-51 Jahre
1,0/0,8
5
12
80/65
1,3/1,1
1,7/1,5
18/15
1,8/1,6
300
3,0
75
51-65 Jahre
1,0/0,8
5
12
80/65
1,3/1,1
1,7/1,5
18/15
1,8/1,6
300
3,0
75
über 65 Jahre
1,0/0,8
5
12
80/65
1,3/1,1
1,7/1,5
18/15
1,8/1,6
300
3,0
75
Schwangere
1,1
10
14
65
1,5
1,8
17
2,6
600
3,5
100
Stillende
1,8
10
17
65
1,7
2,3
20
2,2
450
4,0
125
verzehrsübliche Portionen gegessen werden. So
ist der hohe Nährstoffgehalt von Petersilie, die
nur in kleinsten Mengen verzehrt wird, natürlich
anders zu bewerten als der Nährstoffgehalt von
Brot, das zu den Hauptnahrungsmitteln zählt. Da
die Überernährung für weite Teile der Bevölkerung das entscheidende Ernährungsproblem ist,
wurde zur Bewertung der Lebensmittel die „Nährstoffdichte“ eingeführt. Die Nährstoffdichte bezieht den Nährstoffgehalt eines Lebensmittels auf
die Energiemenge, die das Lebensmittel einbringt. So ist ein Lebensmittel, von dem 1.000
kcal verzehrt werden müssen, um gerade 10%
der Tagesdosis an Vitamin E zu bekommen, weniger nährstoffdicht als ein Lebensmittel, das
bereits mit 500 kcal die gesamte Tagesdosis an
Vitamin E zur Verfügung stellt. Die Nährstoffdichte ist der Quotient aus Nährstoffgehalt und Energie (z.B. mg/kJ).
Ein Beispiel
100 ml Milch (65 kcal) enthalten 0,17 mg B1 und 0,04
mg B2. 100 g Schweineschnitzel (220 kcal) enthalten
0,44 mg B1 und 0,15 mg B2. Um den Tagesbedarf an
B1 zu decken, müßte man 2.145 Milch-Kalorien trinken, aber nur 650 Schnitzelkalorien essen. Schweine-
schnitzel hat also, was B1 angeht, eine fast vierfach
höhere Nährstoffdichte als Milch. Bei B2 ist es genau
umgekehrt: 660 Milchkalorien liefern die Tagesempfehlung an B2, vergleichbar 2.500 Schnitzelkalorien.
In der praktischen Arbeit der Ernährungsberatung
werden zunehmend Computer mit Nährwertberechnungsprogrammen eingesetzt. Zumeist wird
der Ratsuchende gebeten, über 7 Tage ein Ernährungstagebuch auszufüllen. Diese Angaben
werden am Bildschirm eingegeben, und in Sekundenschnelle können alle gewünschten Mikround Makronährstoffe berechnet und mit den
Empfehlungen abgeglichen werden. Wie bereits
oben beschrieben, sollte die Interpretation dieses
Abgleichs mit größter Vorsicht vorgenommen
werden, zumal Untersuchungen gerade in der
letzten Zeit immer wieder aufgedeckt haben, wie
ungenau die Angaben in Ernährungstagebüchern
sind. Zumeist stellen sie eine (erhebliche) Unterschätzung der tatsächlichen Nahrungsaufnahme
dar. Zudem wären längere Zeitperioden als nur
sieben Tage erforderlich, um eine repräsentative
Abschätzung der Nährstoffaufnahme zu erhalten
(Basiotis et al. 1987). Da jedoch keine besseren
Methoden zur Verfügung stehen, kann auf Ernäh-
204
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
Tabelle 3b: Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (1991) zur Mineralstoffaufnahme (m=männlich, w=weiblich)
Calcium
mg
Magnesium
mg
m/w
Eisen
mg
m/w
Jod
μg
Zink
mg
m/w
1-4 Jahre
600
80
8
100
7
4-7 Jahre
700
120
8
120
10
7-10 Jahre
800
170
10
140
11
10-13 Jahre
900
230/250
12/15
180
12/12
13-15 Jahre
1.000
310/310
12/15
200
15/12
15-19 Jahre
1.200
400/350
12/15
200
15/12
19-25 Jahre
1.000
350/300
10/15
200
15/12
25-51 Jahre
900
350/300
10/15
200
15/12
51-65 Jahre
800
350/300
10/10
180
15/12
über 65 Jahre
800
350/300
10/10
180
15/12
Schwangere
1.200
300
30
230
15
Stillende
1.300
375
20
260
22
rungstagebücher, unter dem Vorbehalt einer abwägenden Interpretation, nicht verzichtet werden.
Auf der anderen Seite bedarf es aber kaum der
vorgespiegelten Genauigkeit von Computern, um
die ernährungsphysiologische Qualität einer Ernährungsweise zu beurteilen. Wenn die Empfeh-
1
7
6
Fisch,
Fleisch
und
Eier
Fette
und
Öle
Getreide,
Getreideprodukte
und Kartoffeln
Milch und
Milchprodukte
5
2
Getränke
Gemüse und
Hülsenfrüchte
4
Obst
3
Abb. 4: Der Ernährungskreis der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE)
lung zur Nährstoffrelation (Energieprozent: 30%
Fett, 55% Kohlenhydrate) eingehalten wird, ist mit
großer Wahrscheinlichkeit eine bedarfsgerechte
Ernährung vorhanden. Fettreiche Produkte besitzen in aller Regel eine geringe Nährstoffdichte.
Kohlenhydratreiche Kostformen mit stärkehaltigen Lebensmitteln haben dagegen eine hohe
Nährstoffdichte und liefern zudem Ballaststoffe
(z.B. Vollkornmehl, nicht aber Weißmehl). Dieses
einfache Prinzip „Steigerung der Kohlenhydrate,
Reduktion der Fettaufnahme“ kommt daher einer
Verbesserung der Gesamternährung unter allen
Nährstoffaspekten nahe. Ausgenommen ist lediglich Jod, das in ausreichender Dosis (200 μg/Tag)
nur in damit angereicherten Lebensmitteln (jodiertes Speisesalz) aufgenommen werden kann.
Zudem müssen fettarme Milchprodukte verzehrt
werden, um genügend Kalzium (800 mg/Tag) zu
erhalten.
Dieses Prinzip ist auch von der DGE in grafischer
Form sehr anschaulich umgesetzt worden (vgl.
Abb. 4). Der Ernährungskreis unterscheidet sieben Lebensmittelgruppen und verdeutlicht durch
die Segmentgröße den Anteil, den diese Le-
Essen und Trinken – Sachtext
bensmittelgruppe in der täglichen Ernährung
haben sollte.
3 Ernährungssituation in Deutschland
Die deutsche Bevölkerung ißt anders, als sie sich
ernähren sollte. Seit 1968 dokumentiert der Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für
Ernährung im Auftrag der Bundesregierung im
Vier-Jahre-Rhythmus das bundesdeutsche Ernährungsverhalten. In der Abfolge dieser bisher
sieben Berichte läßt sich feststellen, daß sich das
Ernährungsverhalten vor allem in den 50er Jahren mit dem ausgeweiteten Angebot des Lebensmittelmarktes verändert hat.
205
oft verbundenen Risikofaktoren des HerzKreislaufsystems eine entscheidende Bedeutung
zu (Wolfram 1990), während der Zuckerverzehr
nach wie vor als Risiko für die Kariesentstehung,
nicht aber für die Entstehung des Übergewichts
(Glinsman et al. 1986) angesehen werden muß.
Die Darstellung der Lebensmittelgruppen, die für
den hohen Fetteintrag verantwortlich sind (vgl.
Abb. 5), zeigt, daß diese Lebensmittel durchaus
zur essentiellen Nährstoffversorgung beitragen.
Auch hier, insbesondere bei den „versteckten
Fetten“, kommt es lediglich auf eine relative Verminderung, nicht aber gänzlichen Verzicht an.
3.1.2 Mikronährstoffe
Vitamine
3.1 Versorgung mit Nährstoffen
3.1.1 Makronährstoffe
Während der Lebensmittelkonsum der Kriegsund Nachkriegsjahre überwiegend von Kohlenhydraten dominiert wurde, nahm der Fettkonsum
zu Lasten der Kohlenhydrataufnahme rasch zu
und stabilisierte sich seit den 60er Jahren bei ca.
40% der Gesamtenergieaufnahme, wie nach den
neuesten Daten der Deutschen Gesellschaft für
Ernährung (1994) bestätigt wird. Diese Entwicklung wurde auch in den anderen westlichen Industrienationen beobachtet (Kuczmarski et al.
1994; Prentice & Jebb 1995). Neben dem erhöhten Fettkonsum ist ein relativ hoher Anteil der
gesättigten Fettsäuren zuungunsten der mehrfach ungesättigten Fettsäuren zu verzeichnen
(Abb. 6). Träger komplexer Kohlenhydrate wurden teilweise durch zuckerhaltige Lebensmittel
ersetzt, so daß dadurch die Polysaccharid- und
Ballaststoffzufuhr stark zurückging. In den letzten
Jahren konnte nachgewiesen werden, daß insbesondere der hohe Fettverzehr als der ausschlaggebende Faktor für Gesundheitsstörungen angesehen werden muß. Eine andauernde überhöhte
Energiezufuhr kann in der Regel nur vorkommen,
wenn der Fettanteil erhöht wird. Da Kohlenhydrate zudem beim Menschen nur nach extrem hohem Konsum zur de-novo-Lipogenese (Umwandlung in Fett) führen, kommt dem Nahrungsfett für
die Entstehung des Übergewichts und den damit
Die Versorgung der Bevölkerung mit den fettlöslichen Vitaminen A und E kann nach den Daten
des Ernährungsberichtes 1992 (Deutsche Gesellschaft für Ernährung 1992) als gesichert angesehen werden. Bei der Vitamin D-Versorgung
gibt es größere saisonale Unterschiede und Raucher weisen eine deutlich ungünstigere Vitamin
D-Versorgung auf. Die Versorgung mit β-Carotin
bei den 35-44-jährigen Männern und Personen
mit hohem Alkohol- und/oder Zigarettenkonsum
ist häufig niedrig. Die ausreichende Versorgung
der Bevölkerung mit den wasserlöslichen Vitaminen B1, B2 und B6 ist weitgehend gewährleistet.
Bei diesen Vitaminen und insbesondere bei Vitamin C haben Personen mit hohem Alkoholund/oder Zigarettenkonsum niedrigere Plasmakonzentrationen. Die Bewertung der Versorgung
mit Niacin ist wegen der Meßmethode problematisch, die Versorgung kann aber als gesichert
gelten. Bei jungen Frauen ist die Versorgung mit
Vitamin B12 zu niedrig, während sie für alle anderen Bevölkerungsgruppen als ausreichend gelten
kann. Ein Folsäuremangel liegt häufig bei Schilddrüsenerkrankungen (Hyperthyreose), Veränderungen der Blutbildung (hämolytische Anämie),
aber auch bei Alkoholikern vor. Auch bei Frauen
besteht häufig ein Defizit. Deshalb sollte Folsäure
insbesondere in der Schwangerschaft zur Vorbeugung kindlicher Neuralrohrdefekte, die auf
schwerste Hirnmißbildungen hinauslaufen, ergänzend (0,4 mg Folsäure täglich) eingenommen
206
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
70% davon als Folge der
Brot/Backwaren
Jodmangelstruma.
1989
9%
wurden
knapp
90.000
VersiFleisch
Butter/Fette/Öle
11%
31%
cherte der gesetzlichen Krankenversicherung
wegen
Erkrankungen der Schilddrüse im Krankenhaus behanMilchprodukte
14%
delt. Im gleichen Jahr gab es
wegen
Krankheiten
der
Schilddrüse knapp 50.000
Wurst- und
Sonstiges
Arbeitsunfähigkeitsfälle
mit
Fleischwaren
16%
19%
insgesamt 1.464.081 Arbeitsunfähigkeitstagen (FeldAbb. 5: Lebensmittelgruppen, aus denen das Nahrungsfett stammt.
kamp & Horster 1995). Eine
(nach: Nationale Verzehrsstudie 1991)
Jodprophylaxe
kann
in
Deutschland nur auf freiwilliger Basis durchgeführt werwerden (Schneider & Sterzik 1995).
den. Die Möglichkeiten zur freiwilligen Prophylaxe
Mineralstoffe
haben sich, dank der Änderung der gesetzlichen
Die Mineralstoff- und Spurenelementversorgung
Vorgaben, seit 1989 wesentlich verbessert. Jomit Magnesium, Zink, Kupfer, Selen ist in
diertes Speisesalz darf zur industriellen HerstelDeutschland weitgehend gesichert. Die Versorlung von Lebensmitteln des allgemeinen Vergung mit Eisen kann bei Frauen vor allem in Phazehrs in der Lebensmittelindustrie und Einrichsen mit höherem Bedarf (Schwangerschaft, Stilltungen der Gemeinschaftsverpflegung verwendet
periode, Infekte usw.) defizitär werden. Nach der
werden. Seit Ende 1993 genügt bei fertig verMenopause (ab dem 55. Lebensjahr) ist die Eipackten Lebensmitteln, die mit Jodsalz hergesenversorgung weitgehend ausreichend. Männer
stellt sind, ein Hinweis im Zutatenverzeichnis. Bei
haben eine deutlich bessere Eisenversorgung
loser Ware ist eine Kenntlichmachung nicht mehr
(Deutsche Gesellschaft für Ernährung 1992).
vorgeschrieben (Bundesgesetzblatt 1993). Der
Bedarf an Jod kann durch die NahrungsaufnahJod: Die Jodversorgung der Bevölkerung ist bei
me alleine gedeckt werden, wenn alles Speiseweitem nicht ausreichend. Die Aufnahme liegt bei
salz (Haushaltssalz und industriell für die Leca. 60 μg/Tag, während die Empfehlung 200
bensmittelherstellung verwendetes Speisesalz)
μg/Tag vorsieht. In Deutschland werden etwa 2
ohne Steigerung der täglichen Salzzufuhr ausMilliarden DM für die Diagnose und Behandlung
schließlich aus jodiertem Speisesalz besteht und
von Schilddrüsenkrankheiten ausgegeben, etwa
ausreichend Seefisch verzehrt wird. Aufklärung-
Energie- 50
Prozent 40
30
20
10
0
Fett gesamt
Frauen
gesättigte
Fettsäuren
Männer
einf. unges.
Fettsäuren
mehrf. unges.
Fettsäuren
DGE-Empfehlung
Abb. 6: Fettaufnahme der deutschen Bevölkerung (aus: Pudel & Ellrott 1995)
Essen und Trinken – Sachtext
maßnahmen haben dazu geführt, daß gut die
Hälfte des verkauften Haushaltssalzes heute
Jodsalz ist. Die Verwendung von Jodsalz im
Haushalt hebt die tägliche Jodaufnahme nur um
etwa 20 μg/ Tag an (Deutsche Gesellschaft für
Ernährung 1992). Der Erfolg dieser Maßnahme
ist somit unzureichend. Damit kommt der Nutzung von jodiertem Speisesalz bei der industriellen Herstellung von Lebensmitteln eine entscheidende Bedeutung zu. Die Nahrungsmittelindustrie zeigt in vielen Regionen eine hervorragende
Kooperationsbereitschaft mit den Ernährungsberatern. So bieten Bäckereien inzwischen eine
Vielfalt von Produkten an, die mit Jodsalz hergestellt sind. Die Fleischwarenhersteller haben sich
angeschlossen, die Verwendung in der Käsefabrikation ist derzeit noch nicht beurteilbar (Scriba &
Pickardt 1995). Eine Steigerung des Verzehrs
von Seefisch durch den Verbraucher wäre zur
Verbesserung der Jodversorgung ebenfalls wünschenswert.
Calcium: Für die Calciumaufnahme ergeben die
jüngsten Daten der DGE eine durchschnittliche
tägliche Zufuhr von 691 mg für Frauen und 802,7
mg für Männer (Deutsche Gesellschaft für Ernährung 1994). Die Güte der Calciumversorgung
hängt auch von der Phosphoraufnahme zur gleichen Zeit ab. Während des Knochenwachstums
werden von der DGE 1.000 mg bis 1.200 mg
Calcium pro Tag empfohlen (Deutsche Gesellschaft für Ernährung 1991). Zur Vorbeugung der
Osteoporose ist eine ausreichende Calciumversorgung in den ersten drei Lebensdekaden von
maßgeblicher Bedeutung. Die Zufuhrempfehlungen für schwangere und stillende Frauen liegen
mit 1.200 mg und 1.300 mg pro Tag deutlich über
der durchschnittlichen Zufuhr (Deutsche Gesellschaft für Ernährung 1991). Insbesondere nehmen Personen, die wenig Milch, Milchprodukte
und Käse verzehren, zu wenig Calcium auf
(Deutsche Gesellschaft für Ernährung 1988).
3.1.3 Flüssigkeit
Den Flüssigkeitsbedarf eines Menschen in gemäßigtem Klima gibt die DGE mit zwei Litern pro
Tag an. Bei erhöhten Temperaturen, körperlicher
Arbeit oder Sport kann der tägliche Wasserbedarf
das Drei- bis Vierfache dieser Menge erreichen.
207
Wasser ist nicht nur ein wichtiger Baustoff des
Körpers, sondern ist auch Lösungs- und Transportmittel, vor allem für Nährstoffe und ihre Abbauprodukte. Darüber hinaus ist Wasser für die
Wärmeregulierung von Bedeutung. Täglich verliert der Mensch eine große Wassermenge durch
Ausscheidungen (Urin, Stuhl), Transpiration und
Ausatmung. Dieser Flüssigkeitsverlust wird ausgeglichen, indem einerseits hauptsächlich (Mineral)Wasser – ergänzt durch Milch, Obst- oder
Gemüsesaft, Tee oder Kaffee – getrunken werden (circa 1 bis 1 ½ Liter täglich). Der Flüssigkeitsbedarf wird andererseits auch durch feste
Nahrung abgedeckt, über die circa 600 bis 900
ml Flüssigkeit aufgenommen werden können:
z.B. bestehen Kartoffeln bis zu 77% aus Wasser,
Gemüse und Obst bis zu ca. 90% und Brot zu
40% bis 60%. Die in den letzten Jahren immer
beliebter
werdenden
sogenannten
„LightGetränke“ (vor allem Limonaden) sind weniger
geeignet, den Flüssigkeitsbedarf zu decken. Diese mit Süßstoff angereicherten oder mit Aromen
versetzten Getränke sind zwar kalorienreduziert,
können aber den Appetit anregen.
3.2 Einstellung der Bevölkerung zur
Ernährung
3.2.1 Ernährungsaufklärung und Eßverhalten
Die Erkenntnisse der Epidemiologie lösten breit
angelegte Maßnahmen der Ernährungsaufklärung und Ernährungsberatung aus. Die Themen
Ernährung, Gesundheit und Übergewicht sind
seit mehr als 30 Jahren kontinuierlicher Bestandteil der öffentlichen Kommunikation und der Medien. Obschon niemand abschätzen kann, wie
die aktuelle Ernährungssituation aussähe, hätte
es diese Aufklärungsmaßnahmen nicht gegeben,
so kann dennoch festgestellt werden, daß sich
dadurch kaum etwas nachhaltig an den
Verzehrgewohnheiten der Verbraucher geändert
hat. Der Ernährungsbericht 1992 stellt einen
leichten Trend zu mehr Getreideprodukten,
Gemüse und Obst fest. Der Fleischverbrauch,
insbesondere
von
Schweinefleisch,
geht
unverkennbar zurück – was in jüngster Zeit
wegen
der
Pressemeldungen
zum
„Rinderwahnsinn“
(Bovine
Spongioforme
Enzephalopathie = BSE) auch für Rindfleisch gilt.
208
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
Angesichts der klaren Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (1991) für die
Nährstoffaufnahme, des breiten Lebensmittelsortiments, das eine ausgewogene, bedarfsgerechte
Nahrungswahl erleichtert, und der nicht mehr
überblickbaren Flut an Publikumsschriften über
„gesunde Ernährung“ muß nachdrücklich die
Frage nach der Motivation der Verbraucher gestellt werden, die weiterhin so essen, daß sie die
Grundsätze der bedarfsgerechten Ernährung
offenbar nicht beachten. Ist eine Prävention ernährungsabhängiger Erkrankungen prinzipiell
unmöglich, da sich das Ernährungsverhalten
nicht ändern läßt?
80% der Deutschen stufen sich als „Genießer“
ein, was das Essen angeht. Das in früheren Untersuchungen immer wieder festzustellende Vorurteil, „gesundes Essen schmeckt nicht“ ist inzwischen nicht mehr vorhanden. Der Behauptung
„gesundes Essen schmeckt nicht“ widersprechen
inzwischen 86% der Bevölkerung und der Formulierung „schmackhaftes Essen ist eher nicht gesund“ stimmen 79% nicht zu. 91% sind dagegen
der Meinung, daß „gesundes Essen auch
schmeckt“. Eine spezielle Befragungsmethode
ließ jedoch erkennen, daß in der Deutung der
Begriffe „Essen“ und „Ernährung“ ein semantischer Wandel eingetreten ist. Eine repräsentative
Ganz offenbar hat die Bevölkerung
ein Interesse an Ernährungsfragen.
Beurteilung der Ernährungsinformationen
Vergleichbare bevölkerungsrepräsen% 80
70,6
tative Erhebungen von 1978/79, 1989
63,3
70
1978/79
1989
55,3
60
und 1995 (Pudel & Ellrott 1995) ver45,6
50
40,9
38,4
36,8
deutlichen eine Zunahme in den letz40
26,4
30
ten 15 Jahren (Tabelle 4). Frauen
20
10
bekunden zudem mehr Interesse an
0
Ernährungsfragen als Männer. Trotz
zu wenig
widersprüchlich
einseitig
schwer
verständlich
dieser starken Beachtung, die das
Thema Ernährung offenbar findet, übt
die Bevölkerung heftige Kritik an der
Abb. 7: Beurteilung von Ernährungsinformationen durch die deutQualität der ihr zugänglichen Ernähsche Bevölkerung
rungsinformation. 90% der Bevölkerung nennen mindestens einen der in
Umfrage in Deutschland erhob die Reaktionen
Abbildung 7 aufgeführten Kritikpunkte (Westender Bevölkerung auf die alternativ gestellten Frahöfer & Pudel 1990). Allein 70% sind der Meigen „Worauf legen Sie beim Essen den größten
nung, daß die Informationen zu widersprüchlich
Wert?“ bzw. „Worauf legen Sie bei der Ernähseien. Die öffentliche Kommunikation über Ernährung den größten Wert?“ Die Ergebnisse beweirungsfragen führt somit zu Desinformation und
sen, daß diese Begriffe nicht als Synonyme geVerunsicherung und gibt dem Verbraucher keine
braucht werden. „Essen“ wird mit Geschmackserklaren, konkreten und verständlichen Hinweise,
lebnis, Ambiente und Genuß verbunden. „Ernähsich bedarfsgerecht zu ernähren – vorausgesetzt
rung“ mit Aspekten wie vitaminreich, fettarm,
er wollte dies überhaupt.
Essen hat in Deutschland einen
vergleichsweise hohen Stellenwert, wenn eine Rangreihe nach
Genußwert für die verschiedensten Aktivitäten berechnet wird.
Nach Urlaub, Sex, Familie steht
das „zu Hause toll essen“ auf
Rangplatz 4 in der Genußhierarchie von insgesamt 24 abgefragten Positionen (Iglo-Forum 1991).
Tabelle 4: Interesse an Ernährungsfragen
1978/79
1989
1995
sehr interessiert
14,2%
13,6%
21%
interessiert
23,5%
27,3%
25%
unentschieden
36,7%
23,1%
42%
eher uninteressiert
13,5%
23,6%
9%
nicht interessiert
11,4%
12,4%
4%
Essen und Trinken – Sachtext
209
nicht zuviel. Essen reflektiert mehr die emotionale, Ernährung mehr die kognitive Seite der Nahrungsaufnahme, die auch in der öffentlichen Ernährungsaufklärung mehr im Vordergrund stand
(Westenhöfer & Pudel 1990).
3.2.2 Eßverhalten - eine individuelle Entscheidung?
Im Prinzip beruhen Ernährungsaufklärung und
Ernährungsberatung auf der Annahme, daß das
Eßverhalten eines Menschen durch seine eigene,
selbständige Entscheidung determiniert ist. Folgerichtig wird versucht, mit Informationen über
die gesundheitlichen Vorteile einer bedarfsgerechten Ernährung auf die individuelle Entscheidung einzuwirken. Die Resultate dieser kognitiven Beeinflussung sind offenbar gering. Daraus
kann abgeleitet werden, daß das bundesdeutsche Ernährungsverhalten nicht nur durch die
Summe individueller Entscheidungen, sondern
auch durch kollektive Normen geprägt ist (vgl.
auch Kap. 1.2.4).
(„Kartoffel ist Dickmacher“), das ihnen bis heute
noch anhängt, während die damals verknappten
Lebensmittel positiv bewertet wurden („Fleisch ist
Lebenskraft“), was ebenfalls bis in die jüngste
Zeit anhält. Die individuellen Ernährungsentscheidungen des Menschen sind durch die kollektiven Rahmenbedingungen der vorherrschenden Eßkultur und durch die Lebensmittel des
Marktes mit ihrem jeweiligen Image eingeschränkt. Der hohe Fettverzehr ist somit auch
eine Folge des vermehrten Angebotes fettreicher
Lebensmittel und des niedrigen Preises für Nahrungsfett (Pudel 1993).
3.2.3 Motive für die Lebensmittelauswahl
Die Ernährungsentscheidungen orientieren sich
unter Überflußbedingungen weniger an der primär biologischen Funktion der Nahrungsaufnahme (Energie- und Nährstoffversorgung), sondern
sie werden durch sekundäre Motive geleitet. Das
Eßverhalten im Überfluß spiegelt damit weniger
das Primärbedürfnis der Nahrungsaufnahme und
ihrer biologischen Funktion wider. Das Eßverhalten der Deutschen kann weder als unvernünftig,
Der Übergang von der kohlenhydratbetonten zur
fettreichen Ernährung in den Nachkriegsjahren läßt sich auch dadurch
%
"W o ra u f le g e n S ie in Ih re r E R N Ä H R U N G b e s o n d e re n W e rt? "
beschreiben, daß die Menschen be50
vorzugt solche Lebensmittel auswähl45
40
ten, die zuvor knapp, dann aber plötz35
lich zur Verfügung standen. Die Kar30
2 4 ,9
25
toffel war verfügbar und besaß somit
20
nicht das Image des Besonderen,
1 3 ,7
1 2 ,8
15
1 1 ,1
9 ,6
während die „gute Butter“ ihr Adjektiv
10
5
durch Verknappung erhielt. Der Um0
nicht zu dick
vitaminreich
abwechslungsreich
guter Geschmack
fettarm
schwung seinerzeit läßt sich also
werden
auch dadurch charakterisieren, daß
die gewohnte und gewöhnliche Kost
"W o rau f leg en S ie b eim E S S E N b eso n d eren W ert? "
%
durch die neue, besondere Kost er50
4 6 ,4
setzt wurde.
45
40
Es haben also nicht Millionen Verbraucher damals entschieden, den
Kartoffelverzehr
zu
verringern,
sondern sie haben sich von dem allgemeinen Motiv leiten lassen, etwas
Besonderes
mit
neuem
Geschmacksanreiz zu wählen. Zudem
litten viele damals gewöhnliche Produkte unter einem ungünstigen Image
35
30
25
20
1 1 ,6
15
1 0 ,2
9 ,3
10
8 ,3
5
0
guter Geschmack
gesund und
bekömmlich
angenehme
Atmosphäre
gutes Aussehen
Deftigkeit, daß
ich satt werde
Abb. 8: Reaktionen der Bevölkerung auf die unterschiedlichen
Begriffe „Ernährung“ und „Essen“
210
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
irrational noch als willentlich gesundheitsschädigend bezeichnet werden, wenn man es aus der
Sicht des Verbrauchers betrachtet. Der Verbraucher „hat auch die Freiheit, andere als die Gesundheitsaspekte seines Ernährungsverhaltens
nützlich zu finden und sie zur Grundlage seiner
Ernährungsentscheidungen zu machen“ (Deutsche Gesellschaft für Ernährung
1992).
In der Regel bezieht sich die Ernährungsberatung auf die gesundheitliche
Bedeutung. Diese werden jedoch nicht
verhaltenswirksam, weil das Eßverhalten durch andere Motive gesteuert
wird. Die Liste veranschaulicht die
Vielfältigkeit der Motive (Pudel &
Westenhöfer 1991).
Unter Überflußbedingungen werden
Motive zur Nahrungswahl aktiviert, die
sich aus psychologischen, emotionalen, sozialen, traditionellen, kulturellen,
ökonomischen, situativen und kognitiven Quellen speisen. Bereits an dieser
Stelle wird deutlich, daß Strategien zu
einer Veränderung des Eßverhaltens
nicht auf eine Beschreibung des ernährungs-physiologischen Bedarfs des
Organismus beschränkt sein dürfen,
weil physiologisch und kognitiv geprägte Gesundheitsmotive im Alltag
des Essers kaum zu den bestimmenden Entscheidungskriterien für die
Nahrungswahl zählen. Strategien zur
Veränderung des Eßverhaltens müssen bedürfnisorientiert (und nicht nur
bedarfsorientiert) angelegt sein.
Mit einer Clusteranalyse konnten vier Personengruppen definiert werden, die folgenden Kategorien („Typen“) zuzuordnen sind:
1. „preisbewußter Eßpraktiker“ (20% der Bevölkerung);
2. „Vollwertprofi“ (30%);
3. „moderner Gourmet“ (25%) und
Motive für die Lebensmittelwahl
⇒ Geschmacksanspruch
„Erdbeeren mit Schlagsahne sind der höchste Genuß“
⇒ Hungergefühl
„Ich habe einfach Hunger. Ich muß das jetzt essen.“
⇒ ökonomische Bedingungen
„Das ist im Sonderangebot, das kaufe ich.“
⇒ kulturelle Einflüsse
„Morgens Brötchen mit Kaffee“
⇒ traditionelle Einflüsse
„Omas Plätzchen zu Weihnachten“
⇒ Gewohnheiten
„Ich esse immer eine Suppe vor der Mahlzeit.“
⇒ emotionale Wirkung
„ ... ein Stück Kuchen in der Streßsituation“
⇒ soziale Gründe
„Bei Fondue läßt sich gut unterhalten“
⇒ soziale Statusbedingung
„Die Schulzes laden wir zu Hummer ein.“
⇒ Angebotslage
„Mensaessen wird gegessen, weil es dies gerade gibt“
⇒ Gesundheitsüberlegungen
„Soll gesund sein, also esse ich das.“
⇒ Fitnessüberlegungen
„Soll gut für's Joggen sein.“
⇒ Schönheitsansprüche
„Ich halte Diät, um schlank zu bleiben.“
⇒ Verträglichkeit
„Grünkohl esse ich nicht, vertrage ich nicht.“
⇒ Neugier
Selten bestimmt immer nur ein Motiv
die Nahrungswahl. Daher wurde anhand einer empirischen Erhebung
erforscht, welche unterschiedlichen
Motivkombinationen für Ernährungsentscheidungen in der Bevölkerung
vertreten sind. Einige wesentliche Motive (vgl. Tabelle 5) wurden in einer
bevölkerungsrepräsentativen
Studie
nach ihrer subjektiven Wichtigkeit beurteilt (Westenhöfer & Pudel 1990).
„Mal sehen, wie das schmeckt.“
⇒ Angst vor Schaden
„Esse ich nicht mehr, weil da Schadstoffe drin sind.“
⇒ pädagogische Gründe
„Wenn Du Schularbeiten machst, bekommst Du ein Bonbon.“
⇒ Krankheitserfordernisse
„Zucker darf ich nicht essen, wegen meines Diabetes.“
⇒ Magische Zuweisungen
„Sellerie esse ich für die Potenz.“
⇒ Pseudowissenschaftlich
„10 harte Eier zum Abnehmen“
Essen und Trinken – Sachtext
4. „ständig Diätbewußter“.
In Tabelle 5 ist zu erkennen, welche Gewichtung die verschiedenen
Motive für die einzelnen
„Typen“ besitzen. Der
„gesundheitliche Wert“
rangiert bei den vier
Typen auf den Rangplätzen 8, 1, 6, 2. Der
„gute Geschmack“ (siehe Zeile 1 von Tabelle
5) ist für Typ 1 und Typ
3 das wichtigste Motiv,
während die Diätbewußten (Typ 4) den „guten
Geschmack“ an neunter
Stelle plazieren.
211
Tabelle 5: Rangplätze der Entscheidungsgründe für vier Personengruppen, die durch eine Clusteranalyse gefunden wurden
Cluster (Typ)
Motiv
1
2
3
4
der insgesamt gute Geschmack
1
4
1
9
der hohe Vitamingehalt
7
3
2
1
der niedrige Fettgehalt
12
5
3
3,5
das appetitliche Aussehen
3
7,5
4
7
der süße Geschmack
10
12
11
10
die gute Haltbarkeit
4
10
8
6
der gesundheitliche Wert
8
1
6
2
der angemessene Preis
2
7,5
5
11
der niedrige Kaloriengehalt
11
6
7
3,5
die einfache Zubereitung
5
9
9,5
8
die richtige Verpackung
9
11
12
12
die frische Natürlichkeit
Am Beispiel des Motivs,
schlank und damit attraktiv (nicht gesund!) zu werden oder zu bleiben
(Typ 4), läßt sich erkennen, welchen beachtlichen
Verhaltensaufwand Menschen aktivieren, ihr
Eßverhalten zu ändern, obschon häufig unterstellt wird, daß sich Ernährungsverhalten nicht
ändern lasse (Garner et al. 1980).
6
2
9,5
5
Erste Hinweise bereits in der Minnesota-Studie von
1950:
Die Hunger-Studie von Keys et al. zeigte bereits 1950,
daß mit erheblichen psychischen Folgen und Verhaltensstörungen zu rechnen ist, wenn das gewohnte
Körpergewicht relativ schnell und längerfristig unterschritten wird. Keys beschränkte in einem Hungercamp
die Nahrungsaufnahme von 36 jungen, gesunden
Männern für 6 Monate auf 50% ihrer gewohnten Menge
(in Deutschland als FdH bezeichnet!). Eine Fülle an
Symptomen wurden beobachtet, u.a. Heißhungerattacken, nicht-mehr-satt-werden, Konzentrationsstörungen, Depression, sexuelle Schwierigkeiten, etc. Solche
Symptome sind inzwischen als typische Begleiterscheinungen bei bulimischen Patienten während der
Entwicklung ihrer Essstörungen bekannt geworden.
50% der Frauen und 25% der Männer haben
mindestens eine „Schlankheitsdiät“ durchgeführt.
Diese vor allem in den Medien propagierten Blitzund Crashkuren setzen häufig radikale Veränderungen des Eßverhaltens voraus, sind ernäh-
rungsphysiologisch meist unausgewogen und
einseitig und führen zu Wasser- und Proteinverlusten mit einem nachfolgenden Wiederanstieg
des Gewichts. Sie können zudem eine Fülle an
Verhaltensproblemen schaffen, worauf in der
Minnesota-Studie bereits vor vielen Jahren hingewiesen wurde.
Seit einigen Jahren wird untersucht, inwieweit
solche strengen Beschränkungen (Fachausdruck:
rigide Kontrollen) der Kalorienzufuhr sogar ernsthafte Essstörungen fördern können (Westenhöfer
1992). In Abbildung 9 sind die Prozentsätze von
Frauen und Männern, die subjektiv über „Schwierigkeiten im Eßverhalten“ klagen, aufgeführt. Die
Analyse zeigt, daß 82% jener, die mehr als drei
Diäten durchgeführt haben, von diesen Schwierigkeiten berichten – im Vergleich zu etwa 40%
derjenigen, die nie eine Diät gemacht haben. Auf
diesem Hintergrund wird verständlich, daß sich
seit den 60er Jahren Essstörungen fast epidemisch verbreitet haben. Sie haben ihren Ursprung in dem vorherrschenden Schlankheitsideal, dem durch extreme Ernährungsformen zu
entsprechen versucht wird (vgl. auch Kap. 4.3).
212
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
3.3 Schlankheitsdiäten
Eine vollständige Übersicht über alle Schlankheitsdiäten ist nicht möglich, da (leider immer
noch) täglich „neue“ Crash- und Blitzdiäten veröffentlicht werden. Obwohl der ursprüngliche Begriff „Diät“ eine „ärztlich empfohlene Lebensführung“ meinte, werden im heutigen Sprachgebrauch fast ausschließlich Schlankheitsdiäten
damit bezeichnet. Eine Bewertung für viele dieser
Diäten findet sich bei Oberbeil (1991). Im Prinzip
gleichen sich diese Diäten in verschiedenen Aspekten:
• Es werden physiologisch unrealistische Gewichtsabnahmen versprochen („10 Kilo in 10
Tagen“), oft sogar mit dem Hinweis, daß beliebig viel gegessen werden könne.
• Es wird eine beschränkte Auswahl an genau
bezeichneten Lebensmitteln zugelassen, die
besonders „figurfreundlich“ wirken sollen (z.B.
„Apfeldiät“, „Steakdiät“).
• Eine bestimmte, meist extreme Nährstoffrelation wird propagiert (z.B. „Atkin’s Diätrevolution
mit einem Verbot von Kohlenhydraten und
Fettverzehr „nach Belieben“).
• Es wird auf bestimmte, wissenschaftlich zumeist unhaltbare Wirkmechanismen einer bestimmten Kombination von Lebensmitteln abgehoben (z.B. Trennkost „Fit für’s Leben“ mit
einem Verbot, Kohlenhydrat- und Eiweißträger
gemeinsam zu verzehren; aber auch die Liste
mit Lebensmitteln, die angeblich „Negativkalorien“ haben).
• Es werden bizarre und extreme Formen von
Fehl- und Mangelernährung propagiert (z.B.
Ahornsirup mit Zitronensaft).
• Es werden Formula-Diäten angeboten; darunter werden Nährstoffgemische verstanden, die
nach § 14a der Diätverordnung zusammengesetzt sein müssen. Mit ca. 800 bis 1.000
kcal/Tag bieten diese Formula-Diäten, die als
Drinks oder Suppen in Milch bzw. Wasser aufgelöst werden, eine relative Sicherheit, da täglich 50 g Protein und 90 g Kohlenhydrate (und
wichtige Vitamine und Mineralstoffe) aufgenommen werden. Dennoch sollte diese Methode nur unter ärztlicher Aufsicht angewendet
werden. Gewarnt werden muß davor, daß viele
Anwender die empfohlene Dosis freiwillig re-
duzieren, um „noch schneller abzunehmen“.
Erstens wird die Gewichtsabnahme durch eine
Dosisverringerung nicht größer und zweitens
wird damit die absolut notwendige Eiweißdosis
von 50 g/Tag unterschritten, was zu klinischen
Risiken führt.
• Häufig werden zusätzliche Medikamente eingenommen, die nicht für die Gewichtsabnahme
zugelassen sind. Sie stellen ein beachtliches
Gesundheitsrisiko dar („Schlankheitspillen“ mit
Schilddrüsenhormon, zentral wirkenden Substanzen, etc.).
Darüber hinaus sind verschiedene, nicht diätetische Methoden am Markt, deren Wirksamkeit
wissenschaftlich umstritten oder widerlegt ist
(Tiefenwärme, Reiz-Strom-Methode, Saunawäsche, Schlankheitsgürtel, Hormonspritzen, Hypnose, Akupunktur, etc.). Natürlich werden immer
wieder „Erfolge“ berichtet, die allgemein darauf
zurückzuführen sind, daß nach einer solchen
Anwendung die Selbstbeobachtung und Selbstkontrolle anwächst. Das belegen auch Studien
mit Placebo, also mit Leerpräparaten, die – wenn
der Patient an ein wirksames Medikament glaubt
– durchaus ihren beschränkten Erfolg haben.
Die kurzfristige Gewichtsabnahme bei Diäten ist
eine an sich normale Körperreaktion: Zunächst
wird auf die vorhandenen Reserven zurückgegriffen. Dazu werden die Speicherkapazitäten
der Fettzellen genutzt. Gleichzeitig kommt es zu
einem Abbau körpereigenen Proteins und damit
zu einer Verringerung der Muskelmasse. Durch
die erhöhte Flüssigkeitszufuhr (vor allem Mineralwasser) während der Diät wird auch verstärkt
Körperwasser ausgeschwemmt. Das Gewicht
sinkt. Durch den Abbau der Muskelmasse sinkt
jedoch auch der Energieverbrauch bis zu 20%
(„Ökonomisierung des Stoffwechsels“). Sobald
wieder Nahrung aufgenommen wird, werden die
Fettdepots aber auch die Muskelmasse erneut
aufgefüllt. Der Abnahmeeffekt wird somit aufgehoben, und oftmals kommt es sogar zu einer
überschießenden Gewichtszunahme. Der Anwender wird sich selbst die „Schuld“ an diesem
Verlauf geben, da er erlebt hat, daß die Diät sehr
wirkungsvoll war, er selbst aber nicht durchgehalten hat. So wird er nach einer neuen Diät suchen,
die er besser meistern kann. Dieser Teufelskreis
Essen und Trinken – Sachtext
213
Die subjektive Unzufriedenheit mit dem eigenen
Körpergewicht ist in der Bundesrepublik Deutschland (insbesondere bei den Frauen) stark verbreitet und stellt die Grundlage dafür dar, daß von
einem „kollektiven Diätverhalten“ gesprochen
werden muß. Eine repräsentative Untersuchung,
die im Ernährungsbericht 1992 ausführlich dargestellt wurde, zeigt, wie sich bei Frauen und
Männern bestimmte Vorstellungen von einer „idealen Figur“ festgesetzt haben. Der Wunschfigur bei den Frauen kommt ein Body-Mass-Index
von 18 bis 19 sehr nahe, der bereits den Bereich
des Untergewichts definiert. Nicht zufällig erfüllen
auch die Top-Models der Mode genau diese
Norm. Der Ursprung dieser normativen Vorstellung kann etwa Mitte der 60er Jahre datiert werden, als sich das „Schönheitsideal“ der Gesellschaft gewandelt hat (Symbolfigur damals: Twiggy!). Unterstützt wurde dieser Wandel in gewisser
Weise auch durch Studien von amerikanischen
Lebensversicherungsgesellschaften, die seinerzeit das „Idealgewicht“ mit der (angeblich) höchsten Lebenserwartung propagierten (Normalgewicht minus 15% bei Frauen und minus 10% bei
Männern), auch wenn es dafür keinen gesicherten Beweis gab.
von Diät, kurzfristigem Gewichtsverlust, erneuter
Gewichtszunahme über das Ausgangsgewicht
hinaus und einer neuen Diät wird als sogenannter
Jo-Jo-Effekt bezeichnet. Es bleibt festzuhalten,
daß Diäten langfristig der Gesundheit mehr schaden, als ein geringes, aber permanentes Übergewicht. Wird der tagtägliche Energiebedarf
dauerhaft unterschritten, kann es zu Stoffwechselerkrankungen, Nervosität, Leistungsabfall oder
auch zu einer Schwächung des Immunsystems
kommen.
4 Figurprobleme – Adipositas –
Essstörungen
4.1 Figurprobleme
Unter „Figurproblemen“ werden subjektive Unzufriedenheit und ein persönlicher Leidensdruck
verstanden, die dadurch ausgelöst werden, daß
das eigene Gewicht nicht die Vorstellungen erfüllt, die sich ein Mensch selbst vorgibt. „Figurprobleme“ sind also mit der Meßlatte der Medizin
gemessen kein Übergewicht im Sinne eines
gesundheitlichen Risikofaktors. Objektiv betrachtet besteht demnach auch kein Grund zur Gewichtsabnahme.
bereits durchgeführter Diäten
fast immer
regelmäßig
mehr als 15
mal
9-15 mal
4-8 mal
1-3 mal
noch nie
Obschon die Ernährungsmedizin den Bereich bis
BMI = 25 als Normalgewicht definiert, besteht bei
vielen Menschen ein dringender
Abnahmewunsch. Da es sich
hierbei ganz typisch um ein subPersonen mit subjektiven Schw ierigkeiten im Eßverhalten
jektives, aber kein objektives
Frauen (n=953)
Männer (n=880)
Problem handelt, kommt der
Einstellungsveränderung
eine
% 100
90
große Bedeutung zu. Natürlich
80
spricht nichts dagegen, daß
70
Menschen mit einem BMI zwi60
schen 23 und 25 etwas an Ge50
wicht abnehmen. Wichtiger ist
40
30
dabei aber die Methode, mit der
20
sie versuchen, ihr Ziel zu errei10
chen. Rigide Kontrollen, Diäten
0
und andere extreme MaßnahAnzahl der
men sind langfristig nicht wirkDiäten:
sam und bergen zudem die Gefahr in sich, daß Essstörungen
gefördert werden. Die AufkläAbb. 9: Prozentualer Anteil an Frauen und Männern, die von Schwierigkeirung über diese negativen Mögten in ihrem Eßverhalten berichten in Abhängigkeit von der Anzahl
lichkeiten muß das vorrangige
214
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
Ziel der Gesundheitsbildung sein. Gegen eine
mäßige Gewichtsabnahme durch sinnvolle, bedarfsgerechte Ernährung, die auch langfristig
beibehalten werden kann, besteht dagegen kein
Einwand. Im Gegenteil, oft hilft die „Schlankheitsmotivation“, um die Chancen einer bedarfsgerechten Ernährung zu nutzen. Auch für eine
vermehrte aktive Bewegung läßt sich die
„Schlankheitsmotivation“ nutzen, was einer allgemeinen Verbesserung der körperlichen Kondition zu Gute kommt. Die Stabilisierung einer geringen Gewichtsabnahme ist langfristig auch nur
durch eine Steigerung der aktiven Bewegung
möglich, die den Energieumsatz erhöht und langfristig durch Aufbau von Muskelmasse den Ruheumsatz anhebt. Wichtig jedoch sind in diesen
Fällen Gespräche über Motivation und Hoffnungen, die sich mit einer Gewichtsabnahme verbinden. In der klinischen Praxis wird häufig beobachtet, daß Mißgeschicke, Mißerfolge, unerfüllte
Lebensziele, Unwohlsein oder auch soziale Probleme dem „vermeintlichen Übergewicht“ zugeschrieben werden. Die Lösung aller Probleme
wird ausschließlich in der „attraktiven Schlankheit“ gesucht, was auf eine unrealistische Sicht
hindeutet. Dann sind psychologisch kompetente
Gespräche erfolgreicher als Hinweise auf Diäten,
auch wenn solche Diätrezepte gewünscht werden.
Menschen mit „Figurproblemen“ müssen behutsam, aber eindringlich darüber aufgeklärt werden,
daß erzwungene Gewichtsabnahmen (insbesondere im Bereich des biologischen Normalgewichts) ein Schrittmacher für noch wesentlich belastendere Probleme sein können, die letztendlich in Essstörungen münden. Das sozial erwünschte Gewicht als normative, idealistische
Vorstellung steht dem biologischen Gewicht und
seiner physiologischen Regulation entgegen. Der
Mensch als biologisch-natürliches Wesen ist nicht
durch Umweltfaktoren in einer Weise normierbar
wie technische Produkte. Der (Irr-)Glaube, die
Ernährung oder gar die Kalorie sei das Werkzeug, mit der eine menschliche Figur wie ein
Werkstück auf der Drehbank gestaltet werden
kann, ist das vordringliche Thema in den Gesprächen mit solchen Menschen, die unter Figurproblemen leiden.
4.2 Adipositas
War die Therapie der Adipositas lange Zeit durch
moralische Appelle oder auch durch die „Theorie
des Nimmersatts“ gekennzeichnet (Bennett
1995), hat aufgrund der Forschungsergebnisse
der letzten 10 Jahre ein Umdenken stattgefunden. Es setzt sich immer mehr die Auffassung
durch, daß es sich bei der Adipositas um eine
chronische Erkrankung handelt, die mit Erfolg nur
sehr langfristig behandelt werden kann. Auch die
Frage nach der „Schuld“ oder die Suche nach
spezifischen Persönlichkeitsstrukturen, die das
Eßverhalten in die positive Energiebilanz führen,
haben sich erübrigt (Gries 1994). In der Situation
und in der Konstitution des Adipösen kommt eine
Wechselwirkung aus Veranlagung und Umwelt
zum Tragen, die eine Gewichtszunahme fördert.
Jedoch fehlt für die – insbesondere auch von
adipösen Rehabilitand(inn)en – immer wieder
vertretene Auffassung einer genetischen Disposition als alleinige Ursache für das Übergewicht ein
wissenschaftlicher Nachweis (vgl. auch Kap. 2.2).
Deshalb sollte im Vordergrund aller therapeutischer Bemühungen bei Adipösen eine Veränderung des Eßverhaltens und des Bewegungsmusters stehen. Als behandlungsbedürftig gelten alle
Personen, deren BMI größer als 30 ist. Bei gewichtsabhängigen Erkrankungen kann auch eine
Behandlung bei einem BMI zwischen 25 und 30
in Frage kommen ist (vgl. auch die Richtlinien der
Deutschen Adipositas-Gesellschaft, Kap. 2.2).
Insgesamt haben 15,9 Millionen Deutsche ein
behandlungsbedürftiges Übergewicht (BMI > 30).
Die Kosten werden auf jährlich ca. 30 Milliarden
DM geschätzt (Wechsler et al. 1996).
Im Rahmen der Therapie wird das bisher praktizierte Prinzip der „Kalorienkontrolle“ durch ein
Training in der Beobachtung und Verringerung
des Fettkonsums ersetzt. Die langfristige Aufnahme einer Menge von mehr als ca. 500 g Kohlenhydraten8 pro Tag, die zu einer de-novoLipogenese (Umwandlung von Kohlenhydraten in
8 Diese Grenze kann theoretisch erreicht werden, wenn
überwiegend konzentrierte Kohlenhydrate wie Zucker oder
Weißmehl verzehrt oder stark gezuckerte Getränke getrunken werden, die keine oder kaum eine Sättigungswirkung
haben. Wie häufig diese Grenze tatsächlich überschritten
wird, ist nicht geklärt.
Essen und Trinken – Sachtext
215
Fett) führen würde, ist unter den Ernährungsbedingungen der Industrienationen unwahrscheinlich (Blundell et al. 1993; Ellrott et al. 1995). Der
Verzehr der damit verbundenen großen Nahrungsmengen ist schwer möglich (Lissner et al.
1987). Eine negative Energiebilanz, die durch
eine gezielte Auswahl von Lebensmitteln mit
niedrigem Fettgehalt erreicht wird, scheint den
Appetit weniger zu fördern, als eine generelle
Beschränkung der Verzehrmenge (Kendall et al.
1992; Schlundt et al. 1993; Shah et al. 1994). Die
Sättigung ist durch kohlenhydratreiche Kost, die
durch einen hohen Anteil pflanzlicher Nahrungsmittel auch einen höheren Ballaststoffanteil hat,
im Vergleich zu fetthaltiger Kost deutlich besser
(Weststrate 1992).
wicht und anderen ernährungsabhängigen Erkrankungen zu empfehlen.
Im Prinzip ist es klar, daß durch Absenkung der
Fettaufnahme im Rahmen einer Diät das Körpergewicht gesenkt werden kann. Aber es ist noch
unklar, auf welche Menge die Fettaufnahme individuell begrenzt werden muß, um einen hinreichenden Abnahmeerfolg zu erreichen. Die Empfehlung, eine möglichst geringe Fettmenge (z.B.
20 g/d) aufzunehmen, führt zwar mit der größten
Wahrscheinlichkeit zum erwünschten Abnahmeerfolg, aber eine zu strenge Vorgabe verschlechtert möglicherweise die Bereitschaft (Compliance)
zu längerem Durchhalten.
4.2.1 Flexible Kontrolle
Ein derartiges Vorgehen hat eine bessere Langzeit-Akzeptanz als eine generelle Kalorienbeschränkung und eignet sich insbesondere zur
langfristigen Behandlung leichten bis mäßigen
Übergewichts. Bei Adipositas II. und III. Grades
kann zu Beginn eine Formula-Diät sinnvoll sein,
um in absehbarem Zeitraum das Gewicht zu reduzieren. Nach erfolgreicher Formula-Diät dient
ein Verhaltensprogramm mit Fettkontrolle, nicht
aber Kalorienkontrolle, um eine Gewichtsstabilisierung auf niedrigerem Niveau zu gewährleisten
(Wadden & Stunkard 1986). Auch für Normalgewichtige sind fettkontrollierte und kohlenhydratliberale Strategien zur Prävention von Überge-
Das Verhaltenstraining dient der Veränderung
des alten und der Stabilisierung des neuen Eßverhaltens. Es basiert auf den Prinzipien der
Lerntheorie. Konkrete Trainingskonzepte sind seit
Jahren im Einsatz (Foreyt 1977). In den letzten
Jahren wurde klar, daß diese grundsätzlichen
Strategien in der Adipositastherapie ergänzt werden müssen. Neben den kognitiven Maßnahmen
(Wissen, Information) sollten auch emotionale
Bedingungen (z.B. Essen aus Langeweile), biologische Regulationsmechanismen (z.B. Süßhunger) wie auch langjährig gelernte Verhaltensverbindungen (z.B. Essen immer vor dem Fernseher) in der Therapie berücksichtigt
werden (Pudel & Westenhöfer 1991).
50
45
Ost M
West M
Ost F
West F
40
35
30
25
20
15
10
5
0
Insgesamt
25-29 J
30-39 J
40-49 J
50-59 J
60-69 J
Abb. 10: Prozentualer Anteil der Adipösen in verschiedenen Altersgruppen in den alten und neuen Ländern (nach: Institut für
Sozialmedizin und Epidemiologie 1994)
Das Verhaltenstraining kann und darf
keine „Fortbildung in Ernährungslehre“ sein. Für Adipöse sind die Kenntnisse über Mikronährstoffe oder mögliche Umweltschadstoffe in der Nahrung nicht notwendig. Es muß primär
das Ernährungswissen vermittelt
werden, mit dem der Mensch seine
Ernährungsentscheidungen so optimieren kann, daß der Fettverzehr
tatsächlich verringert wird. Entscheidend für den langfristigen Erfolg ist
ein auf diesem Minimalwissen aufbauendes, realitätsnahes Verhaltenstraining. Im Rahmen eines solchen
Verhaltenstrainings lernen die Reha-
216
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
bilitand(inn)en über Selbstbeobachtung (Ernährungsprotokoll), ihr Eßverhalten zu bewerten („Da
ist sehr viel Fett drin.“), um eine effiziente Selbstkontrolle ausüben zu können („Ich esse lieber
das Reisgericht!“). Ein Training der bewußten
Selbstbeobachtung kann dazu dienen, daß in
Phasen erhöhter Störung des Eßverhaltens frühzeitig ein Rückfall in alte Verhaltensmuster vorhergesehen wird, so daß diesem gegengesteuert
werden kann. Langfristig sollte die zunächst bewußte Selbstkontrolle so zur gefestigten Gewohnheit werden, daß nicht immer wieder neu
entschieden werden muß. Wichtig ist die Kontrolle des Fettverzehrs und die Art des Kohlenhydratverzehrs9. Dabei erfahren die Rehabilitand(inn)en, welche Lebensmittel bei ihnen maßgeblich für den Fetteintrag verantwortlich und
welche Lebensmittel fettarm, fettfrei und in welcher Dosierung sinnvoll sind. Dadurch können
Lebensmittelmengen angepaßt oder Produkte
durch fettärmere ersetzt werden. Ungünstige und
unzutreffende Vorstellungen über kohlenhydratreiche Lebensmittel werden verändert: Kartoffeln,
Brot, Gemüse, Nudeln, Reis usw. werden als
„Fitmacher“, nicht aber als „Dickmacher“ herausgestellt. Spielerisches Zusammenstellen von
Mahlzeiten, Speisekartentraining, Verkostungen
von Lebensmitteln unterschiedlichen Fettgehaltes, das Erproben fettarmer Garmethoden sowie
ein Besuch im Lebensmittelhandel oder Restaurant üben die Vorgabe der Fettkontrolle unter
Alltagsbedingungen. Gelegentliche Überschreitungen dieser Strategie im Sinne einer flexiblen
Kontrolle sind für ihren dauerhaften Erfolg nicht
abträglich und berücksichtigen stärker individuelle Bedürfnisse und situative Aspekte (Westenhöfer 1992).
Rigide Kontrollmechanismen der Nahrungsaufnahme („Von jetzt an esse ich nie wieder Schokolade“, „Ich esse ausschließlich, was mein
Diätplan vorgibt“, „Ich meide alle cholesterinreichen Lebensmittel“) unterliegen einem ausgeprägten Alles-oderNichts-Prinzip und sind im
Umfeld des allgegenwärtigen Nahrungsangebo-
9 Stärkehaltige Lebensmittel (komplexe Kohlenhydrate)
können unbeschränkt verzehrt werden. Da Süßigkeiten, die
üblicherweise bevorzugt werden, zumeist viel Fett enthalten
(z.B. Schokolade), fallen diese bereits unter die Fettkontrolle.
tes zum Scheitern verurteilt. Unbedeutende Situationen können das gesamte Kontrollsystem
außer Kraft setzen. Der Patient gibt seine rigide
Verzehrkontrolle bei einer geringfügigen Überschreitung des absoluten Diätvorsatzes über die
verbreitete Denkschablone „Nun ist es auch egal!“ schlagartig zugunsten einer zügellosen Nahrungsaufnahme auf. Rigide Kontrolle begünstigt
die Wiederholung von Phasen strenger Diätvorschriften und zügellosen Essens. So wird die
Entstehung von Essstörungen gebahnt.
Flexible Kontrolle
Flexible Kontrollstrategien zielen darauf ab, einen
längeren Zeitraum zu definieren, innerhalb dessen
Verhaltenskorrekturen möglich sind. Flexible Verhaltensstrategien bieten folgende Vorteile:
♦ Die Wahrscheinlichkeit der Gegenregulation
wird geringer, da nicht ein einmaliges Überschreiten einer bestimmten Grenze zum Zusammenbruch der Vorgaben führt.
♦ Flexible Kontrolle läßt nicht das Gefühl aufkommen, etwas „nicht zu dürfen“. Die relative
Liberalität zwingt nicht das Denken an einen
bestimmten Verzehrwunsch auf.
♦ Durch die längeren Zeitvorgaben lassen sich
Spielräume schaffen, z.B. wenn das limitierte
Lebensmittel ein oder zwei Tage nicht verzehrt
wird, kommt ein „Sicherheitsgefühl“ für die Zukunft auf.
Demgegenüber steht die flexible Kontrolle, bei
der die entsprechenden Einstellungen und Verhaltensweisen nicht als zeitlich begrenzte Diätvorschriften, sondern als zeitlich überdauernde
Langzeitstrategien verstanden werden. Auch bei
dieser Strategie steht die Beschränkung der täglichen Nahrungsaufnahme und der Verzehr möglichst fettarmer Lebensmittel im Vordergrund.
Jedoch kann bei flexibler Kontrolle die Vielfalt
der Lebensmittel genossen werden. Zeitweise ist
eine Abweichung von der generellen Strategie
möglich: „In der nächsten Woche esse ich nur
noch insgesamt eine Tafel Schokolade, generell
etwa 2 Stückchen täglich, aber bei Feiern oder
beim Familientreffen kann ich dann auch mal 3
Riegel essen“. Die Verhaltensspielräume zur
Korrektur sind größer und zeitlich weiter gefaßt.
Der Aspekt der Flexibilität bezieht sich sowohl auf
Essen und Trinken – Sachtext
die Auswahl der zu verzehrenden Speisen wie
auch auf deren Menge. Mit dem Test „Fragebogen zum Eßverhalten“ lassen sich Kontrolle und
Störbarkeit des Eßverhaltens bestimmen (Pudel
& Westenhöfer 1989). Weniger gesundheitliche,
sondern vor allem lustbetonte (hedonistische)
Ziele, wie Eßgenuß, Wohlfühlgewicht, Wohlbefinden, aber auch Sicherheit und Vertrauen müssen
als Motivationsverstärker für die Therapie genutzt
werden.
Durch Betonung des Unterhaltungsaspektes und
der spielerischen Komponente („Edutainment“)
werden die Rehabilitand(inn)en zur Beschäftigung mit dem „Essen“ motiviert. Hinzu kommen
Filme, Ratespiele, computergestützte Trainingssysteme u.v.a. Der Spaß an der Beschäftigung
mit dem Essen und am Essen selbst sollte ein
eigenständiges Element und ein wichtiges Ziel
des Verhaltenstrainings sein.
4.2.2 Körperliche Aktivität
Körperliche Betätigung erhöht zum einen direkt
den Arbeitsumsatz, zum anderen wird durch körperliches Training die Muskelmasse vermehrt
und damit der Grundumsatz gesteigert. Die bisherigen Richtlinien empfehlen, die körperliche
Aktivität in Form von Sportarten durchzuführen,
die große Muskelgruppen beanspruchen und
relativ gelenkschonend sind (Schwimmen, Radfahren, Gymnastik). Allerdings werden nur jene
Sportarten langfristig betrieben, die von den Rehabilitand(inn)en nicht als Pflichterlebnis empfunden werden. Wenn es auch vorübergehend notwendig ist, aus medizinischen Gründen auf o.a.
Sportarten auszuweichen, so sollten schon während erfolgreicher Gewichtsabnahme verstärkt
Sportarten ausprobiert werden, die Spaß machen
und daher auch nach Erreichen des kurzfristigen
Abnahmeziels weiterhin durchgeführt werden
(Grilo et al. 1993). Spielsportarten jeglicher Art
sind in diesem Sinne sehr günstige Sportarten,
zumal sie häufig das ganze Jahr hindurch möglich sind. Selbst Sportarten mit niedrigen Intensitäten wie Spazierengehen, „Walking“ oder Golfspielen sind vorteilhafter als körperliche Inaktivität. Unabhängig von der Gewichtsreduktion profitieren die Rehabilitand(inn)en gesundheitlich von
regelmäßiger Bewegung. Wenn es zeitlich mög-
217
lich ist, scheint eine Aufteilung der täglichen körperlichen Aktivität auf mehrere kurze Intervalle
anstatt eines langen gesundheitlich von Vorteil zu
sein (Jakicic et al. 1995). In vielen Fällen hat es
sich auch als vorteilhaft erwiesen, Bewegung in
alltägliche Abläufe einzubeziehen („Aktiver Lebensstil“), die primär keinen Sport darstellen (zu
Fuß oder mit dem Rad zur Arbeitsstelle bzw. zum
Einkaufen statt mit dem Auto, Treppe statt Aufzug
benutzen u.a.).
4.3 Essstörungen
Zu den Essstörungen zählen die Anorexia nervosa und die Bulimia nervosa. Neu in den diagnostischen Katalog (DSM-IV10) aufgenommen
wurde das Syndrom des binge eating, für das
sich bisher noch keine deutsche Bezeichnung
durchgesetzt hat.
Die Prävalenz von Essstörungen, insbesondere
der Bulimia nervosa, wird auf 2,4% bezogen auf
die Gesamtbevölkerung geschätzt, wobei 1990 in
einer bevölkerungsrepräsentativen Erhebung „regelmäßige Eßanfälle mit extremer Gewichtskontrolle“ erfragt wurden (Deutsche Gesellschaft für
Ernährung 1994). Überraschenderweise konnten
keine bedeutsamen Geschlechts- und Altersunterschiede festgestellt werden. In bisherigen Untersuchungen wurde regelmäßig für Männer eine
deutlich geringere Prävalenzrate als für Frauen
angegeben. Das Vorkommen der Anorexie ist
erheblich seltener. Verläßliche Daten, die auch
über eine eventuelle Zunahme Auskunft geben
könnten, liegen nicht vor.
4.3.1 Anorexia nervosa
Merkmal der Anorexia nervosa (auch als Magersucht bezeichnet) ist eine schwere Essstörung,
insbesondere bei Frauen (Geschlechtsverhältnis
20:1). Die Patientinnen weigern sich, eine ausreichende Nahrungsmenge zu sich zu nehmen.
Dieses Eßverhalten ist extrem rigide und primär
auf die Erzielung einer sehr knappen Kalorienzufuhr ausgerichtet. Auch werden Mahlzeiten ganz
10 Diagnosekatalog der amerikanischen Psychiatriegesellschaft: Diagnostic and statistical manual of mental disorders.
218
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
ausgelassen oder beschränken sich auf geringe
Mengen „guter" und „erlaubter" Lebensmittel, die
von „schlechten" oder „fettmachenden" Lebensmitteln deutlich unterschieden werden. Zusätzlich
zu dieser starken Einschränkung der Nahrungsaufnahme versuchen viele Magersüchtige ihr
Gewicht durch Erbrechen oder durch die Einnahme von Appetitzüglern, Abführmitteln oder
Entwässerungstabletten zu kontrollieren. Gleichzeitig stellt die Anorexie aber auch immer eine
schwere Persönlichkeitsstörung (Reifungskrise)
dar.
Anorexia nervosa (Magersucht)
Die Anorexie ist durch einen absichtlich herbeigeführten oder aufrechterhaltenen Gewichtsverlust
charakterisiert. Mehr als 80% der Fälle betreffen
Frauen oder Mädchen. Die Diagnose wird gestellt,
wenn
1. das tatsächliche Körpergewicht 15% unter dem
erwarteten liegt bzw. bei einem BMI von 17,5
oder weniger,
2. der Gewichtsverlust durch Vermeidung hochkalorischer Speisen, selbst induziertes Erbrechen
oder Abführen, übertriebene sportliche Aktivitäten oder den Gebrauch von Appetitzüglern oder
Diuretika selbst herbeigeführt wird,
3. eine Körperschema-Störung vorliegt, mit der
überwertigen Idee, zu dick zu werden,
4. eine endokrine Störung, die bei Frauen zu Amenorrhoe führt, vorliegt.
Differenziert wird die Anorexie in den restriktiven
Typus ohne Freßanfälle und den Typus „BingeEating/Purging“ oder auch bulimischen Typus mit
Freßanfällen und selbst induziertem Erbrechen
oder Mißbrauch von Laxantien u.ä.
(DSM-IV 1996, S. 613-626, IDC-10 1993, S. 199205).
Das extreme Eßverhalten führt zu einem starken
Gewichtsverlust oder bewirkt, daß der natürliche
Gewichtsanstieg in der Wachstumsphase ausbleibt. Der Gewichtsverlust führt zu einer meist
offensichtlich abgemagerten Gestalt, die ein deutliches, äußerlich erkennbares Zeichen der Anorexia nervosa ist, auch wenn die Betroffenen oft
versuchen, ihren abgemagerten körperlichen
Zustand durch die Wahl entsprechender Kleidung
zu kaschieren. Trotz ihres offensichtlichen Untergewichts empfinden sich die Patientinnen als zu
dick oder zu fett (Störung der Körperwahrnehmung) und weigern sich, an Gewicht zuzuneh-
men. Diese Furcht vor einer Gewichtszunahme
kann als ein zentrales psychopathologisches
Merkmal der Anorexia nervosa betrachtet werden, da sie das gestörte Eßverhalten motiviert
und aufrechterhält. Trotz ihres bedenklichen körperlichen Zustands haben die Betroffenen oftmals kein Krankheitsbewußtsein, verleugnen ihre
Störung oder lehnen eine therapeutische Behandlung ab. Kennzeichnend ist auch eine hohe
Intelligenz sowie die – angesichts ihres Zustands
– hervorstechende Aktivität der Patientinnen, die
damit verbundene Ruhelosigkeit und der gesteigerte Bewegungsdrang. Bewegung und übermäßiges sportliches Training werden auch häufig als
Maßnahme zur Kontrolle des Körpergewichts
eingesetzt.
4.3.2 Bulimia Nervosa
Seit Ende der siebziger Jahre wird die Essstörung Bulimia nervosa (Russell 1979) bzw. Bulimarexie als eigenständiges Krankheitsbild beschrieben (umgangssprachlich als Eß-Brechsucht
bezeichnet). Bulimia leitet sich aus den griechischen Worten bous (Ochse, Stier) und limos
(Hunger) ab, und bedeutet wörtlich Ochsenhunger. Mit dieser Bezeichnung wird auf eines der
Hauptsymptome dieser Essstörung Bezug genommen: das wiederholte Auftreten von Eßepisoden, die als Eßanfall, Freßanfall oder Heißhungerattacke (engl.: binge eating) bezeichnet werden. Bei solchen Eßanfällen verschlingen die
Patientinnen zumeist hastig größere Nahrungsmengen.
Das Eßverhalten der Bulimie-Patientinnen ist
neben episodischen Eßanfällen zumeist durch
ein stark gezügeltes Eßverhalten charakterisiert:
sie essen sehr wenig oder auch gar nichts, bis
eine solche Phase gezügelten Essens durch
einen Eßanfall unterbrochen wird. Dieses Muster
der Nahrungsaufnahme wurde auch als intermittierendes Fasten charakterisiert und kann dazu
führen, daß sich bei den Patientinnen Anzeichen
für den biologischen Zustand der Mangelernährung finden lassen (Pirke et al. 1985). Während in
Phasen des gezügelten Essens häufig solche
Lebensmittel gemieden werden, die als ungesund
oder dick-machend gelten, werden diese „verbotenen" Lebensmittel bei einem Eßanfall be-
Essen und Trinken – Sachtext
sonders häufig verzehrt (Paul & Pudel 1985).
Gemeinsam ist den Patientinnen, daß sie versuchen, die Folgen der Nahrungsaufnahme durch
Maßnahmen der Gewichtskontrolle auszugleichen. Ein Großteil der Betroffenen führt nach
einem Eßanfall regelmäßig absichtliches Erbrechen herbei. Bei manchen Patientinnen finden
sich statt dessen oder zusätzlich ein Mißbrauch
an abführenden oder entwässernden Medikamenten, längere Fastenperioden zwischen den
Eßanfällen oder eine übertriebene sportliche
Betätigung.
219
Hinweis: Etwa die Hälfte aller Patientinnen mit
Anorexie zeigt eine ausgeprägte bulimische Symptomatik mit wiederholten Freßanfällen, zum Teil
verbunden mit selbstherbeigeführtem Erbrechen
oder Mißbrauch von Abführmitteln. Die anderen
Anorexie-Patientinnen erreichen ihr niedriges
Körpergewicht ausschließlich durch die extreme
Einschränkung der Nahrungsaufnahme, eventuell
verbunden mit übersteigertem sportlichem Training. Diese beiden Subgruppen werden auch als
„bulimische Anorexie“ bzw. „restriktive Anorexie“ bezeichnet.
4.3.3 Binge eating
Bulimia nervosa (Eß-Brech-Sucht)
Die Bulimie ist durch wiederholte Anfälle von Heißhunger und eine übertriebene Beschäftigung mit
der Kontrolle des Körpergewichts charakterisiert.
Das Gewicht der Betroffenen liegt meistens im
Normalbereich. Mindestens 90% der Fälle sind
weiblich. Die Diagnose wird gestellt, wenn
1. eine andauernde Beschäftigung mit Essen vorliegt und die Patientin Eßattacken hat, in denen
in sehr kurzer Zeit große Mengen an Nahrung
konsumiert werden.
2. versucht wird, den dickmachenden Effekt der
Nahrung durch selbst induziertes Erbrechen oder Abführen, durch Hungerperioden, den
Gebrauch von Appetitzüglern, Schilddrüsenpräparaten oder Diuretika zu verhindern.
3. eine krankhafte Furcht davor, dick zu werden,
vorliegt. Häufig findet sich eine Anorexie in der
Vorgeschichte.
(DSM-IV 1996, S. 613-626, IDC-10 1993, S. 199205).
Das Gewicht der Bulimiepatientinnen ist oft unauffällig und liegt im Normalbereich. Jedoch versuchen die Patientinnen häufig verzweifelt ihr
Gewicht unter einer bestimmten Obergrenze zu
halten. Die meist normalgewichtigen Bulimikerinnen schätzen sich selbst als dicker ein als dies
normalgewichtige Frauen der Bevölkerung tun,
und sie befürchten eine erhebliche Gewichtszunahme, wenn sie auf gewichtsregulierende Maßnahmen wie Erbrechen oder die Einnahme von
Abführmitteln verzichten würden. Als Folge des
intermittierenden Diätverhaltens der Patientinnen
berichtet ein Großteil über deutliche Gewichtsschwankungen in der Anamnese (Paul & Pudel
1985).
Unter dieser seit 1995 neuen diagnostischen
Kategorie wird eine bulimische Symptomatik (Eßanfälle) gefaßt, die aber in der Regel nicht mit
einem selbstinduzierten Erbrechen beendet wird.
So kommt es zu einer deutlichen Gewichtszunahme. Nach ersten Schätzungen geht man davon aus, daß innerhalb der Gruppe der Übergewichtigen ca. 20% der Patienten von dem BingeEating-Syndrom betroffen sind. Die diagnostischen Kriterien sind, bis auf das selbstherbeigeführte Erbrechen, denen für die Bulimia nervosa
vergleichbar.
Bei Essstörungen muß grundsätzlich eine psychotherapeutische Behandlung durchgeführt
werden. Eine Ernährungsberatung kann zusätzlich eine wertvolle, unterstützende Funktion bieten, reicht aber alleine in keinem Fall aus. Primäres Ziel der Therapie ist das Erlernen eines flexiblen Eßverhaltens. Darüber hinaus sind weitere
therapeutische Verfahren z.B. zur Stärkung der
Selbstkontrolle oder zur Streßbewältigung angezeigt. Selbsthilfegruppen können anfänglich eine
psychische Entlastung bieten, die Motivation für
die Therapie verstärken und in der Nachsorge
wichtige Funktionen übernehmen. Den eigentlichen Therapieprozeß jedoch können solche
Gruppen nicht leisten.
220
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
5 Konsequenzen für die Gesundheitsbildung
5.1 Allgemeine Zielsetzungen
Die Forschungsdaten zur Ernährung und zum
Eßverhalten zeichnen eine klare Vorstellung, aus
der sich unmittelbarer Handlungsbedarf ableitet:
• Veränderungen des Ernährungsverhaltens in
Deutschland, grundsätzlich zutreffender als
Eßverhalten bezeichnet, können in einem großen Ausmaß zu einer wirkungsvollen Prävention der verschiedenen Risikofaktoren und Erkrankungen beitragen. Die direkten und indirekten Kosten für ernährungsabhängige Erkrankungen werden auf über 100 Milliarden
DM pro Jahr geschätzt.
• Das Wissen um grundsätzliche Zusammenhänge zwischen der optimalen Nahrungszusammenstellung und ihrer positiven Auswirkung auf die Gesundheit ist in der Bevölkerung
unzureichend. Falsche Gewichtung vermeintlicher Ernährungsrisiken und unverständliche
bzw. widersprüchliche Informationen in den
Medien, aber auch wissenschaftlich umstrittene oder gar ungesicherte Empfehlungen von
Außenseitern mit hohem Publikationsgrad tragen zu dieser Situation bei.
• Der sich bei 40 Energieprozent stabilisierende,
deutlich überhöhte Fettkonsum stellt das Kernproblem des bundesdeutschen Eßverhaltens
dar. Umgekehrt folgt daraus eine zu geringe
Aufnahme von ballaststoffreichen Kohlenhydraten. Statistisch würde eine Verringerung des
Fettkonsums pro Kopf und Tag um 20 Gramm
die Nährstoffrelation bereits sehr nah an die
Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft
annähern. Nach vorliegenden epidemiologischen Erkenntnissen würde dies wahrscheinlich in 10 bis 15 Jahren zu einer Veränderung
unserer Morbiditätsstatistik führen. Eine Fetteinsparung um 20 g pro Tag wächst im Jahr
auf über 7 Kilogramm an, womit eine der
Grundvoraussetzungen für die Entstehung des
Übergewichts entschärft wäre. Die durch Fettreduktion entstehende Energielücke sollte
durch Kohlenhydrate zumindest teilweise geschlossen werden. Das führt zwangsläufig
durch die ernährungsphysiologische Struktur
dieser Lebensmittelgruppe zu einer Verbesserung der Vitamin- und Mineralstoffversorgung.
Gleiches gilt für die Ballaststoffaufnahme. Ein
Ersatz der durch Fett gesparten Energie durch
eiweißreiche Lebensmittel oder Süßigkeiten ist
wenig wahrscheinlich, da diese Produkte zumeist einen hohen Fettanteil haben und somit
dem Prinzip der Fettreduktion widersprechen.
• Wenig hilfreich haben die hundertfach propagierten Blitz- und Crashdiäten gewirkt, die Figurprobleme nicht dauerhaft gelöst, sondern
eher zu einer Verbreitung von Eßproblemen
und Essstörungen geführt haben. Der Weg einer rigiden Einteilung in „gesunde“ und „ungesunde“ Lebensmittel, die Beschränkung der
Nahrungsaufnahme nach Kalorienziffern sowie
die Verbote und Gebote für bestimmte Lebensmittel haben sich als Verhaltensstrategien
zur Bewältigung des Überflusses nicht bewährt
(Pudel 1994).
• Die im Durchschnitt gute Qualität der Lebensmittel, die fortwährende Verfügbarkeit und die
fast unüberschaubare Sortimentsvielfalt ließen
theoretisch eine sofortige, optimale Lösung der
Ernährungsprobleme zu, da die Alternative für
ein bedarfsgerechtes Ernährungsverhalten in
jedem Supermarkt zugänglich ist.
• Offenbar besteht das reale Problem jedoch
darin, den Verbrauchern konkrete, verständliche und umsetzbare Entscheidungskriterien zu
vermitteln, die diese bei der Zusammenstellung ihres Essens unter Einsatz eines flexiblen
Verhaltensmanagements berücksichtigen können. Das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ ist inzwischen als grundsätzlich ungeeignet erkannt
worden, da es als eine rigide Verhaltenskontrolle zur Bewältigung der Ernährungsentscheidung in Überflußsituationen eher zu Essstörungen, nicht aber zu einem angemessenem Eßverhalten führt.
• Das reale Problem besteht aber sicher auch
darin, daß eine Fülle an Lebensmitteln, die inzwischen gewohnheitsmäßig verzehrt werden,
einen hohen Fettanteil haben, so daß der erhöhte Fettkonsum nicht als gewollte Willensentscheidung des Verbrauchers, sondern eher
als gewohnheitsmäßiges Alltagsverhalten ge-
Essen und Trinken – Sachtext
wertet werden muß. Auch weite Teile des Angebotes im Außer-Haus-Bereich (Gastronomie,
Gemeinschaftsverpflegung) erfüllen bei weitem
nicht die Kriterien einer ausgewogenen Nährstoffrelation.
• Dem Verbraucher sollten Angebote im Rahmen einer allgemeinen Gesundheitsbildung
gemacht werden, die seine Sensibilität für die
besondere „Ernährungssituation im Schlaraffenland“ erhöhen und ihm die Zusammenhänge zu den evolutionsbiologischen Mechanismen erklären, die in der langen Geschichte der
Menschheit keine Anpassung an Überflußsituationen entwickeln konnten. Mit der einzigen
Botschaft „Augenmaß bei Fett“ und einem
konkreten Wissen um den Fettgehalt der gewöhnlich verzehrten Lebensmittel wird der
Verbraucher nicht überfordert. Dieses geringe,
aber dennoch außerordentlich wichtige Wissen
kann ihn in die Lage versetzen, den Weg zur
Verbesserung und Flexibilisierung seines Eßverhaltens zu beschreiten. Die Informationen
über fettarme oder auch fettreduzierte Rezepturen und Lebensmittel können hilfreiche Unterstützung bieten.
• Vor dem Hintergrund, daß Veränderungen des
Eßverhaltens nicht über eine Aktivierung des
Gesundheitsmotivs gelingen, sind in Zukunft
verstärkt solche Strategien zu berücksichtigen,
die sich an das Eßverhalten der Bevölkerung
wenden und die unterschiedlichen Motivstrukturen berücksichtigen, die das Eßverhalten
steuern. Das Eßverhalten der Bevölkerung ist entgegen immer wieder gehörten Beschwörungen - nicht resistent gegenüber Veränderungen. Zahllose Gerichte und Lebensmittel
sind in der deutschen Küche als neue Elemente hinzugekommen. Die Umstellung auf „Biokost“, der Verzicht auf Fleisch aus Angst vor
BSE, die millionenfach durchgeführten Diäten
und anderes belegen, daß Eßverhalten prinzipiell zu ändern ist.
5.2 Gesundheitsbildung im Rahmen
der Rehabilitation
Die Rehabilitation bietet dem Patienten für mehrere Wochen die Möglichkeit, außerhalb seiner
gewohnten Lebensumstände neue Erfahrungen
221
zu machen. Diese Chance kann und muß auch
hinsichtlich Essen und Trinken genutzt werden.
Es ist unverzichtbar und muß sichergestellt sein,
daß die während der Rehabilitationsmaßnahme
angebotene Ernährung sowohl sensorisch als
auch ernährungsphysiologisch ein überzeugendes Beispiel für die Umsetzbarkeit eines „gesunden und schmackhaften Essens“ abgibt. Es
sollte selbstverständlich sein, daß das Speisenangebot in den Rehabilitationseinrichtungen den
Empfehlungen der Nährstoffzufuhr der Deutschen Gesellschaft für Ernährung entspricht und
auch die Richtlinien über die Verteilung der Makronährstoffe (30 Energieprozent Fett, 55% Energieprozent Kohlenhydrate) erfüllt. Das Ernährungswissen sollte sich auf die absolut notwendigen Informationen beschränken, damit die Rehabilitand(inn)en nicht durch wichtige und unwichtige Fakten, die sie selbst als solche nicht bewerten und auch nicht unterscheiden können, verwirrt werden.
Die Aufbereitung der Wissensinhalte sollte nach
den Prinzipien des Infotainments oder Edutainments erfolgen, wobei spielerische, unterhaltsame und soziale Elemente genutzt werden, um die
Aufmerksamkeit des Patienten zu erhalten (z.B.
gemeinsames Kochen, Auswahl aus Speisenkarten, Warenkorb zusammenstellen, Quiz zum
Fettgehalt von Lebensmitteln, gemeinsames Einkaufen, Zusammenstellung von Menükomponenten als Partneraufgabe etc.).
Ein Beispiel für die Praxis in Rehabilitationseinrichtungen
Auswahlbuffets mit getrennt angebotenen Fett- und
Kohlenhydratkomponenten, die erkennbar ausgewiesen sind, lassen die Rehabilitand(inn)en eigene
Erfahrungen sammeln, die sie überzeugen, daß sie
sich satt essen können, ohne ihre Fettbilanz auf
die Spitze zu treiben. Es können Vorgaben entwickelt werden, die den Rehabilitand(inn)en – auf ihre individuellen Voraussetzungen zugeschnitten –
eine bestimmte Fettmenge vorschlagen (je nach
Abnahmeziel zwischen 30 und 60 Gramm pro
Tag). Die Bilanz des Fettkonsums sollte sich dann
auf eine Woche beziehen, so daß im Sinne einer
flexiblen Kontrolle Korrekturmöglichkeiten gegeben
sind, auch wenn die Tagesgrenze einmal überzogen wurde. Die gesamte Maßnahme kann mehr
222
Gesundheitsbildungsprogramm für die medizinische Rehabilitation
spielerisch unter dem Motto „Fettauge sei wachsam!“ eingeführt werden, so daß sich die Rehabilitand(inn)en gegenseitig bei der Einhaltung der
„Spielregeln“ unterstützen. Wenn drei Mahlzeiten
am Tag nach Vorgaben selbst zusammengestellt
werden, verfügen die Rehabilitand(inn)en nach der
Reha-Maßnahme über 60 bis 100 erfahrungsbildende Gelegenheiten, die verhaltenswirksamer
sein müssen als eine informative Unterrichtung.
Essen und Trinken – Sachtext
6 Literatur
6.1 Im Sachtext zitierte Literatur
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Essen im Schlaraffenland. Weinheim: Beltz.
Pudel, V. (1996). Pfundskur ’96. Lust auf Leben. Ostfildern: Fink, Kümmerly + Frey.
Broschüren zum Thema Ernährung sind erhältlich (teils kostenlos) bei
Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Im Vogelsgesang 40, 60488 Frankfurt am Main
oder bei Ihrer Krankenkasse.
6.3 Literaturhinweise für die Teilnehmer(innen)
Auskunft für Selbsthilfegruppen und Therapieangebote bei Essstörungen:
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.). Der
Mensch ist, was er ißt! Ein Ernährungswegweiser
und Ratgeber bei häufigen ernährungsabhängigen
Erkrankungen. Kostenlos erhältlich bei der Bundes-
ANAD e.V., Beratungsstelle für Essstörungen,
Rottmannstraße 5, RG II, 89333 München
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