80158_091_136.fm Seite 91 Montag, 16. Juli 2001 9:58 09 3 Das Planetensystem DAS PLANETENSYSTEM 3 80158_091_136.fm Seite 92 Montag, 16. Juli 2001 9:58 09 92 Das Planetensystem 3.1 Die Begriffe Planetensystem und Sonnensystem werden oft im gleichen Sinn verwandt. Streng betrachtet ist dies nicht richtig. Das Planetensystem ist ein Teil des Sonnensystems und besteht aus allen Himmelsobjekten, welche die Sonne umgeben. Im Planetensystem gibt es 19 Monde mit kugelförmiger Gestalt. Die Planetenringe bestehen hauptsächlich aus kleinen Partikeln. Insgesamt kennt man mehr als 90 Monde im Sonnensystem. Pluto befindet sich im Kuiper-Gürtel. Er ist vielleicht nur das größte Objekt in diesem Gürtel. Benannt ist dieser Gürtel nach dem holländischamerikanischen Astronomen G.P. KUIPER (1905–1973). Die oortsche Wolke ist nach dem Holländer J.H. OORT (1900–1992) benannt. Das Planetensystem im Überblick 3.1.1 Der Bau des Planetensystems und die Größenverhältnisse Im Zentrum des Planetensystems befindet sich unser Stern, die Sonne. Die 9 Planeten (zS. 97) bewegen sich auf – kreisähnlichen Bahnen (mit Ausnahme von Merkur und Pluto) – im gleichen Drehsinn, – nahezu in einer Ebene um die Sonne. Das Planetensystem besitzt also eine flache Grundstruktur. Die Massen der Planeten weichen zwar stark voneinander ab, sind aber stets groß genug, um allen Planeten mithilfe der Schwerkraft eine Kugelform zu verleihen. Auch die meisten Monde umkreisen die Planeten im gleichen Umlaufsinn wie die Planeten die Sonne. An die inneren Planeten Merkur und Venus schließen sich Erde, Mars und der Planetoidengürtel an. Planetoiden finden sich aber auch außerhalb dieses Gürtels. Sie drehen sich im gleichen Sinn wie die Planeten um die Sonne. Die inneren Planeten besitzen keinen Mond. Die Erde wird vom Erdmond umkreist. Mars besitz zwei kosmische Begleiter. In noch größerer Sonnenentfernung als der Planetoidengürtel umkreisen die Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun unser Zentralgestirn. Alle Gasplaneten besitzen ein eigenes Ring- und Mondsystem. Am weitesten von der Sonne entfernt ist die Eiswelt des Planeten Pluto. Plutos Bahn weicht so stark von der Kreisgestalt ab, dass er zu gewissen Zeiten sogar näher als Neptun an der Sonne steht. Dies war erst von 1979 bis 1999 Fall, so dass Pluto nun für viele Jahre tatsächlich der sonnenfernste Planet sein wird. Er besitzt einen Mond. Jenseits der Bahnen der äußeren Planeten existieren zwei Ansammlungen von Kometenkernen; der flache Kuiper-Gürtel und die oortsche Wolke. Die kugelförmige oortsche Kometenwolke reicht vermutlich bis zu 100 000 AE in den Raum hinaus. Aus beiden Kometenreservoirs gelangen immer wieder Objekte in das innere Sonnensystem. Gelegentlich werden diese Himmelskörper durch massereiche Planeten abgelenkt und auf lang gestreckte periodische Bahnen mit unterschiedlichen Neigungen zur Hauptebene des Sonnensystems gezwungen. Zwischen den Planeten verteilt finden sich der interplanetare Staub und Meteoroide in unterschiedlicher Größe. 80158_091_136.fm Seite 93 Montag, 16. Juli 2001 9:58 09 Das Planetensystem im Überblick Neben den Himmelskörpern ist der Raum des Planetensystems mit der Teilchenstrahlung der Sonne – dem so genannten Sonnenwind – und elektrischen sowie magnetischen Feldern erfüllt. Bezieht man die oortsche Kometenwolke in die Größenangabe des Sonnensystems ein, dann erstreckt es sich etwa 100 000-mal weiter als der Radius der Erdbahn in den Raum. Deshalb ist es unmöglich, ein maßstabgetreues Bild des gesamten Sonnensystems auf ein Blatt Papier zu zeichnen. 93 Die Planetensymbole sind in der Übersicht auf S. 97 nochmals dargestellt. Merkur Sonne Venus Erde Planetoiden innere Planeten und Planetoidengürtel Mars 2 AE Planetoiden Riesenplaneten Jupiter Saturn Uranus Neptun 30 AE Pluto, KUIPER -Gürtel und oortsche Wolke Pluto sphärische oortsche Kometenwolke KUIPER -Gürtel 100 000 AE 80158_091_136.fm Seite 94 Montag, 16. Juli 2001 9:58 09 94 Das Planetensystem Objekte des Planetensystems Man kann die Körper des Planetensystems auf verschiedene Weisen klassifizieren. Nicht immer stehen bei diesen Klassifizierungen physikalische Merkmale im Vordergrund. Beispielsweise beziehen sich die auch umgangssprachlich geläufigen Bezeichnungen Planet und Mond lediglich auf das vom jeweiligen Himmelskörper umkreiste Objekt und lassen völlig außer Acht, dass einige Monde des Planetensystems physikalische Eigenschaften von Planeten besitzen (zS. 128). Planeten sind massereiche und fast kugelförmige Himmelskörper, die sich um einen Stern bewegen und dessen Licht reflektieren. Der sonnennächste Planet ist Merkur. Merkur teilt eine Reihe von Eigenschaften mit dem Erdmond. Er besitzt z.B. keine Atmosphäre. Gelegentlich verwendet man im gleichen Wortsinn wie Mond auch die Bezeichnungen Satellit oder Trabant. Eine anderes Wort für Planetoid (griech. der Planetenähnliche) ist Asteroid. Man kennt sogar einen kleinen Begleiter des Planetoiden 243Ida. Auch Planetoiden können offenbar „Monde“ besitzen. Als Mond bezeichnet man einen Himmelskörper, der sich um einen Planeten bewegt und das Licht der Sonne reflektiert. Einer der größten Monde in unserem Planetensystem ist der Saturnmond Titan. Titan besitzt eine Atmosphäre, die hauptsächlich aus Stickstoff besteht. Titan ist größer als der Planet Merkur. Planetoiden sind relativ kleine planetenartige Himmelskörper, die sich um die Sonne bewegen und deren Licht reflektieren. Nur wenige unter ihnen besitzen eine kugelförmige Gestalt. Die Raumsonde Galileo konnte den Planetoiden 243Ida fotografieren. Ida ist etwa 58 Kilometer lang. Auf der Oberfläche finden sich zahlreiche Einschlagskrater. 80158_091_136.fm Seite 95 Montag, 16. Juli 2001 9:58 09 Das Planetensystem im Überblick Als Kometen werden kleine Himmelskörper bezeichnet, die hauptsächlich aus Eis und darin eingelagerten Staub- und Gesteinsteilchen bestehen. In Sonnennähe lösen sich Gase und Staub von ihrer Oberfläche und bilden den Kometenschweif. Im Jahre 1997 war die beeindruckende Leuchterscheinung des Kometen HaleBopp am Himmelszelt zu beobachten. Meteoroide sind Kleinstkörper im Planetensystem, die in die Erdatmosphäre eindringen können und dann die als Meteor bezeichnete Leuchterscheinung in der Atmosphäre hervorrufen. Die größeren Meteoroide verdampfen beim Eintritt in die Erdatmosphäre nicht vollständig, sondern fallen bis zum Erdboden. Der größte bekannte Meteorit liegt in Namibia und besitzt eine Masse von mehr als 60 t. Als interplanetare Materie bezeichnet man die zwischen den Planeten verteilten gas- und staubförmigen Stoffe. Ihre mittlere Dichte ist extrem gering. Am Abend- und Morgenhimmel kann man in südlichen Breiten eine Leuchterscheinung wahrnehmen, die durch die Streuung des Sonnenlichtes am interplanetaren Staub hervorgerufen wird. Man nennt diese Leuchterscheinung Zodiakallicht. 95 Unter der Bezeichnung Kometen versteht man umgangssprachlich meist die prachtvolle Leuchterscheinung, die diese Himmelskörper in Sonnennähe zeigen. Fernab der Sonne erkennt man ihr wahres Aussehen. Es sind höchstens wenige 100 Kilometer große „schmutzige Schneebälle“. Die meisten Meteore dürften durch Kometenbruchstücke hervorgerufen werden. Meteoroide sind die Kleinkörper, die sich auf der Umlaufbahn um die Sonnen befinden. Meteorite nennt man die zur Erdoberfläche gelangten Reste der Meteoroide. 80158_091_136.fm Seite 96 Montag, 16. Juli 2001 9:58 09 96 Das Planetensystem Massen- und Größenverhältnisse im Sonnensystem Die Sonne vereint auf sich etwa 750-mal mehr Masse als die übrigen Bestandteile des Sonnensystems. Der Erdradius ist etwa doppelt so groß wie der Marsradius. Himmelskörper Der größte Planet des Sonnensystems ist Jupiter, dessen Durchmesser den Erddurchmesser 11fach übertrifft. Trotz dieser enormen Ausdehnung vereinigt Jupiter nur rund 1/1 000 der Sonnenmasse in sich. Der auf Jupiter folgende nächstkleinere Planet ist Saturn, dessen Abmessungen immerhin noch 9-mal größer als die der Erde sind. Weniger drastisch fällt der Vergleich zwischen Erde und Merkur, dem nach Pluto kleinsten Planeten im Sonnensystem aus. Der Erddurchmesser übersteigt den Merkurs um das 2,5fache. 18 Himmelskörper mit Merkurmasse wären erforderlich, um die Erdmasse näherungsweise aufzuwiegen. Anzahl der Objekte Gesamtmasse in Erdmassen Durchmesser in km Sonne (Stern) 1 333 000 1 392 000 Planeten 9 447 2 300 bis 142 800 Monde > 90 0,12 10 bis 5 280 Planetoiden ≈ 105 ≈ 0,1 ≈ 1 bis 1 020 Kometen ≈ 1011 ≈ 0,1 Kern 1 bis 100 Meteoroide ? ≈ 10–6 10–6 bis 1 Teilchen der Planetenringe ? ≈ 10–5 10–9 bis 0,1 Interplanetarer Staub ? ≈ 10–8 10–9 bis 10–6 Was ihre Größe anbelangt, ist der Übergang zwischen Planetoiden, Monden und Planeten fließend. Himmelskörper Planeten Monde Planetoide Meteoroide 0,001 0,1 10 1 000 Durchmesser in Kilometern 100 000 80158_091_136.fm Seite 97 Montag, 16. Juli 2001 9:58 09 Das Planetensystem im Überblick Planeten mit Symbolen Äquatorradius in km Masse in 1024 kg mittlere Dichte in g · cm–3 Merkur 2 438 0,34 5,4 Venus 6 052 4,87 5,24 Erde 6 378 5,97 5,52 Mars 3 394 0,64 3,93 Jupiter 71825 1 900 1,33 Saturn 60 335 569 0,69 Uranus 25 600 87 1,24 Neptun 24 800 103 1,65 Pluto 1 150 0,013 97 Die neun großen Planeten unseres Sonnensystems im Größenvergleich. Sonne Merkur Venus Erde Mars Jupiter 2,0 Sichtbarkeit der Planeten Mit bloßem Auge kann man die Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn beobachten. Diese Planeten sind daher auch seit dem Altertum bekannt. Um Uranus, Neptun und Pluto zu sehen, muss man sich eines Teleskops bedienen. Saturn Abgesehen von diesen durch die scheinbare Helligkeit der Planeten hervorgerufenen Beobachtungsbedingungen – hängt die Sichtbarkeit eines Planeten entscheidend davon ab, ob er die Sonne innerhalb oder außerhalb der Erdbahn umläuft. Neptun Pluto Uranus Die inneren Planeten Merkur und Venus können sich, von der Erde aus betrachtet, nicht sehr weit von der Sonne entfernen. Man kann sie daher nur in den Abend- und Morgenstunden beobachten, niemals jedoch die ganze Nacht hindurch. Befindet sich die Erde zwischen der Sonne und einem der äußeren Planeten Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun oder Pluto, dann kann man diesen Himmelskörper während der ganzen Nacht sehen. Sonne Die von der Erde aus betrachteten Stellungen von Sonne und Planeten (auch Erdmond) nennt man Konstellationen. Um die wichtigsten Konstellationen voneinander zu unterscheiden, hat man ihnen eigene Bezeichnungen gegeben. Dabei bezieht man sich auf den von der Erde aus in der Ebene der Ekliptik gemessenen Winkel a zwischen Planet und Sonne. Einen eigenständigen Namen besitzen die Planetenkonstellationen mit den Winkeln a = 0°, 60°, 90°, 120°, 180°. In der Astrologie (zS. 11) spielen die Konstellationen eine besondere Rolle. Planet a Erde 80158_091_136.fm Seite 98 Montag, 16. Juli 2001 9:58 09 98 Das Planetensystem Die wichtigsten Konstellationen von Planeten Darüber hinaus unterscheidet man noch Trigonalschein (a = 120º) und Sextilschein (a = 60º). Konstellation Beschreibung der Planetenstellung Beobachtbarkeit Opposition Die Erde steht zwischen Sonne und Planet (a = 180º). Der Planet ist die ganze Nacht hindurch zu beobachten. Quadratur Der Winkel Sonne, Erde, Planet beträgt 90º. Der Planet ist entweder in der ersten oder in der zweiten Nachthälfte zu sehen. Konjunktion Sonne und Planet stehen hintereinander (α = 0º). Der Planet ist nicht zu beobachten. Die Planetenstellungen weichen für innere und äußere Planeten ab. Beispielsweise ist die Feststellung einer Konjunktion für einen inneren Planeten noch nicht hinreichend, um seinen Ort auf der Umlaufbahn festzulegen. In diesem Fall muss man zwischen oberer und unterer Konjunktion unterscheiden. äußerer Planet innerer Planet Marsbahn Erdbahn Konjunktion Venusbahn Erdbahn obere Konjunktion Sonne Sonne untere Konjunktion Erde Die nächste Opposition des Mars ist am 28.8.2003 (Entfernung zur Erde 56 Mio. km). Opposition östliche Quadratur westliche Quadratur größte östliche Elongation Erde größte westliche Elongation Beobachtet man einen äußeren Planeten während seiner Opposition, dann ist der Abstand Erde–Planet minimal. Der Planet besitzt in dieser Zeit eine große scheinbare Helligkeit. Das im Fernrohr sichtbare „Planetenscheibchen“ erreicht einen maximalen scheinbaren Radius. Daher sind unter günstigen Umständen viele Details der Oberfläche oder der Planetenatmosphäre zu erkennen. 80158_091_136.fm Seite 99 Montag, 16. Juli 2001 9:58 09 Das Planetensystem im Überblick 99 3.1.2 Wichtige Daten der Planeten Bahndaten und physikalische Eigenschaften der Planeten im Überblick Planet mittlerer Abstand Umlaufr von der Sonne zeit TU um die Sonne in 106 in AE (siderisch) km in a mittlere Bahngeschwindigkeit v in km·s–1 numerische Exzentrizität e BahnEntfernung von neider Erde in AE gung in Grad größte kleinste Merkur Venus 57,9 108,2 0,387 0,723 0,24 0,62 47,90 35,04 0,205 6 0,006 8 7,0 3,4 1,47 1,73 0,53 0,27 Erde Mars 149,6 227,9 1,000 1,524 1,00 1,88 29,79 24,14 0,016 7 0,093 4 0,0 1,8 – 2,67 – 0,38 Jupiter Saturn 778,3 1 427 5,203 9,539 11,86 29,46 13,07 9,65 0,048 5 0,055 6 1,3 2,5 6,45 11,07 3,95 8,01 Uranus Neptun 2 870 4 496 19,287 30,057 84,02 164,79 6,81 5,44 0,047 2 0,008 6 0,8 1,8 21,07 31,33 17,29 28,80 Pluto 5 900 39,4 247,7 4,73 0,245 17,1 50,3 28,7 Planet Äquatorradius r in km Masse in 1024 kg größte scheinbare Helligkeit m in mag Anzahl der bekannten Monde Merkur Venus 2 438 6 052 Erde Mars mittlere Dichte r in g·cm–3 Rotationsdauer T (siderisch) in d Fallbeschleunigung g in m·s–2 an der Oberfläche 0,34 4,87 5,4 5,24 58,625 243,02 (rückläufig) 3,7 8,87 4,3 10,3 –0,2 –4,1 – – 6 378 3 394 5,97 0,64 5,52 3,93 0,997 1,026 9,81 3,71 11,2 5,0 – –2,0 1 2 Jupiter Saturn 71 825 60 335 1 900 569 1,33 0,69 0,41 0,445 24,88 10,44 59,5 35,6 –2,5 +0,7 28 30 Uranus 25 600 87 1,24 8,85 21,2 +5,7 21 Neptun 24 800 103 1,65 11,13 23,4 +7,7 8 Pluto * 1 150 0,013 0,6 1,1 +14,8 1 2,0 * Die Angaben zu Pluto sind unsicher. 0,72 (rückläufig) 0,67 6,4 Fluchtgeschwindigkeit vF in km·s–1 80158_091_136.fm Seite 100 Montag, 16. Juli 2001 9:58 09 100 Das Planetensystem Die Planeten im Sonnensystem (ohne Erde) Merkur Die Raumsonde Mariner 10 konnte das Caloris-Becken nur zur Hälfte fotografieren. Erscheinungsbild: Merkur besitzt ein ähnliches Aussehen wie der Erdmond. Seine Oberfläche ist mit Kratern und Einschlagsbecken verschiedener Größe übersät. Das größte Einschlagsbecken heißt Caloris-Becken. Es ist von einem unregelmäßigen Bergring umgeben. Einige Krater besitzen Zentralberge. Merkur verfügt über Hochländer und Ebenen. Eine Besonderheit der Merkuroberfläche stellen längliche Steilhänge dar, die wahrscheinlich bei der Abkühlung und der damit verbundenen Schrumpfung der einstmals heißen Planetenmasse entstanden sind. Insgesamt ist Merkur ein Himmelskörper, an dessen Oberfläche extrem unwirtliche und lebensfeindliche Bedingungen herrschen. Innerer Aufbau: Merkurs innere Struktur ist dem Bau der Erde vergleichbar. Die hohe mittlere Dichte des Planeten deutet auf einen größeren Eisenkern hin, der von einer Hülle aus Silikatgestein umgeben ist. Vermutlich ist ein Teil des Eisenkerns verflüssigt, da nur in flüssigem Material der Dynamoeffekt (zS. 130) vonstatten gehen kann, durch dessen Wirkung man die Entstehung des Magnetfeldes von Merkur erklärt. Atmosphäre: Merkurs sonnenzugewandte heiße Oberfläche bewirkt in Verbindung mit seiner geringen Masse, dass sich nur relativ schwere Gase in geringer Dichte an seiner Oberfläche ansammeln können. Eigentlich könnte man die kaum nennenswerte Merkuratmosphäre auch als Vakuum bezeichnen. Leichtere gasförmige Stoffe auf Merkur (wie Wasserstoff) stammen offenbar aus dem Sonnenwind (zS. 154). Rotationsachse Bug-Stoßfront Sonnenwind Stoßfront und Magnetschweif sind Folgen des Sonnenwindes, also der von der Sonne ausgehenden Teilchenstrahlung. Besonderheiten: Die Stärke des Magnetfeldes erreicht etwa 1% des Erdmagnetfeldes. Merkur ist daher von einer Magnetosphäre mit Stoßfront und Magnetschweif ähnlich der Erde umgeben. Wegen der geringen magnetischen Feldstärke erstreckt sich die Stoßfront des Merkurfeldes nicht so weit wie bei der Erde (zS. 122) in den Raum hinaus, Teilchen des Sonnenwindes treffen auf die Oberfläche. Die Rotations- und die Magnetfeldachse fallen näherungsweise zusammen. Magnetfeld Merkur 80158_091_136.fm Seite 101 Montag, 16. Juli 2001 9:58 09 Das Planetensystem im Überblick Bedingt durch die Sonnennähe und die fehlende Atmosphäre erreichen die Temperaturen auf der Tagseite Werte von bis zu 440 ºC. Auf der Nachtseite kühlt das Gestein auf unter –170 ºC ab. Damit ist die Oberfläche von Merkur den höchsten Temperaturschwankungen im Planetensystem ausgesetzt. Infolge der Gezeitenreibung (zS. 135) im Gravitationsfeld der Sonne hat sich die Eigendrehung von Merkur stark verlangsamt. Während Merkur sich einmal um die Sonne bewegt (88 Erdtage), dreht er sich bezüglich der Sterne lediglich 11/3-mal um seine Rotationsachse. Merkurs Bahn um die Sonne weist gleich mehrere Besonderheiten auf: Mit 7º Neigung gegenüber der Ekliptik weicht sie nach Pluto am stärksten von der Erdbahnebene ab. Außerdem besitzt sie die größte Exzentrizität aller Planetenbahnen. Aufgrund der Sonnennähe kann man an der Merkurbahn einen Effekt der allgemeinen Relativitätstheorie nachweisen, die so genannte Periheldrehung. Darunter versteht man die Wanderung des sonnennächsten Punktes der Merkurbahn mit 532´´ pro Jahrhundert um unser Zentralgestirn. Allerdings sind von diesem Zahlenwert lediglich 43´´ relativistisch bedingt, der restliche Bewegungseffekt kann mit Hilfe der newtonschen Gravitationstheorie erklärt werden. Wegen der Periheldrehung ist die Merkurbahn nicht geschlossen. Merkur im Überblick dünne Kruste ca. 600 km starker Mantel tiefste Temperatur der sonnenabgewandten Seite ca. –170 °C Eisenkern mit einem Durchmesser von ca. 3 600 km, enthält 80% der Merkurmasse Mantel aus Silikatgestein Kruste aus Silikatgestein Höchsttemperatur der sonnenzugewandten Seite ca. 440 °C 101