Klassifikation von Exoplaneten Planeten im Sonnensystem – eine „lokale“ Klassifikation Das Konzept eines „Planeten“ in Abgrenzung zu anderen Himmelskörpern wurde am Beispiel des Sonnensystems entwickelt kinematischer Aspekt: „Wandelsterne“ kinematischer Effekt und Größe: Planeten und Planetoiden kinematischer Aspekt, Gestalt + Auswirkung auf Umgebung: Planeten, Zwergplaneten Der kinematische Aspekt spielt in der Planetologie eine weniger große Rolle bezüglich der Klassifikation planetarer Objekte, weil hier mehr die physische Beschaffenheit interessiert: • • • • Erdartige oder terrestrische Planeten (Gesteinsplaneten) Riesen- oder jupiterartige Planeten (Gasplaneten) Groß- oder neptunartige Planeten (Gasplaneten) (Eisplaneten – nur als Monde oder Kuiperoide präsent) Nur eine sehr kleine Stichprobe möglicher planetarer Körper Klassifizierungsmerkmale, die auch Exoplaneten mit einschließen Es ist zu beachten, daß zur Klassifikation extrasolarer Planeten nur relativ wenige, durch Beobachtungen ermittelbare Parameter zur Verfügung stehen: Bahn Umlaufszeit, große Bahnhalbachse, Exzentrizität, Abstand zur Oberfläche des Muttersterns Masse aus Transit- und Dopplermessungen, Astrometrie bzw. Minimalmasse (nur aus Dopplermessungen) Größe aus Transitlichtkurven Dichte folgt aus Masse und Größe Chemische Zusammensetzung spektroskopische Transitbeobachtungen, direkte Spektroskopie von Exoplaneten Temperatur aus theoretischen Erwägungen – effektive Temperatur des Muttersterns, Bahnlage, Messung bei direkter Beobachtung, Phaseneffekt bei Transits (Albedo) Heuristisches Klassifikationsschema Dieses Klassifikationsschema orientiert sich an den Planeten des Sonnensystems und erweitert es pragmatisch auf Exoplaneten Gasplaneten, die hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium bestehen und deren Masse zwischen ~ 1 Jupitermasse und ~13 Jupitermassen liegt Jupiters • Sind sie weit von ihrem Mutterstern entfernt, dann • Sind sie sehr nah an ihrem Mutterstern, dann cold jupiters hot jupiters Gasplaneten, die hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium sowie einem kleinen Prozentsatz aus „Eis“ bestehen und deren Masse zwischen ~ 10 Erdmasse und ~1 Saturnmasse liegt Neptunes • Sind sie weit von ihrem Mutterstern entfernt, dann • Sind sie sehr nah an ihrem Mutterstern, dann cold neptunes hot neptunes Exoplaneten, deren Masse zwischen ~ 2 und 10 Erdmassen liegt (entweder „Gesteinsplanet“ oder „gas dwarf“ super earth Exoplaneten, deren Masse zwischen 0.5 und ~2 Erdmassen liegt earth-class planet Die untere Grenze wurde aus astrobiologischen Erwägungen gewählt, da man annimmt, daß Planeten mit geringerer Masse die potentielle Fähigkeit verlieren, Leben tragen zu können. Spezialgruppe: eccentric jupiters „jupiters“ auf stark exzentrischen, kometenartigen Bahnen. Man schätzt, da´~ 7% aller Sterne mit Planetensystemen einen solchen Gasriesen besitzen. Einteilung nach dem stofflichen Aufbau: Gesteins- und Gasplaneten Diese Klassifikation wird am Parameter „mittlere Dichte“ festgemacht. Sie korrespondiert bekanntlich mit den Stoffen und den Stoffgruppen, aus denen Planeten gewöhnlich aufgebaut sind: Wasserstoff und Helium Metalle und Silikate Silikate und Wassereis Gasplaneten Gesteinsplaneten Eisplaneten Einteilung von Gesteinsplaneten und Eisplaneten Je nach dem volumenmäßigen Anteil an Metallen (charakterisiert durch das Element Eisen) und an silikatischen Mineralien unterscheidet man: Dichte ~ 8000 kg/m³ : Metallplaneten / Metallosilikatplaneten Dichte ~ 3300 kg/m³: Silikatplaneten Dichte ~ 1000 kg/m³: Hydrosilikatplaneten / Eisplaneten Hypothetische Gesteinsplaneten Theoretisch kommen neben den Silikaten auch Kohlenstoff und kohlenstoffhaltige Minerale (z.B. Karbide) als Bestandteile planetarer Körper in Frage. Siliziumkarbid, Titankarbid Diamant (Pulsarplanet, ehemals Weißer Zwerg) Theoretische Durchmesser-MasseFunktion verschiedener Typen von Gesteinsplaneten Klassifikation von Gasplaneten Bei der Klassifikation von Gasplaneten spielen die jeweiligen Anteile der Stoffgruppen „Wasserstoff und Helium“, „Eis“ (Wasser, Ammoniak, Methan ...) sowie „Silikate“ eine Rolle: „Eis“- und Silikatanteil sehr gering: „Eis“-Anteil relativ hoch: Silikatanteil sehr hoch: Gasriesen (oder jupiters) Eisriesen (oder neptunes) Felsriesen Auch bei den Gasplaneten gibt es das Problem der Abgrenzung. Die aus Beobachtungen folgenden physikalischen Parameter lassen meist nur eine pragmatische Einordnung zu. Auch gibt es keine Grenzkriterien in der Art, daß man festgelegt hat, ab „diesem“ Prozentsatz an „Eis“ an der Gesamtmasse ist der Exoplanet ein neptune und ab „diesem“ Prozentsatz an Silikaten ein „Felsplanet“. Es läßt sich lediglich anhand der mittleren Dichte eine grobe Einordnung vornehmen, die nicht unbedingt Bestand haben muß. Klassifikation nach ihrem äußeren Erscheinungsbild Könnte man „Gasriesen“ aus der Nähe betrachten (so wie Jupiter und Saturn), dann ließe sich ihr Aussehen im optischen Spektralbereich als Klassifikationsmerkmal verwenden. Dieses „Aussehen“ hängt von deren Temperatur und der daraus resultierenden Wolkenbedeckung sowie dem Absorptionsverhalten ab. läßt sich z.Z. nur an Planetenmodelle (insbesondere Atmosphärenmodelle) untersuchen • Anwendung der Theorie des Strahlungstransports in Neutralgasen • Berechnung des vertikalen Temperatur- und Druckprofils für verschiedene Planetenparametrisierungen und unter Berücksichtigung des Energieintrags durch den Mutterstern • Modellierung von Wolkenbildungen / Albedo unterschiedlicher Wolken SUDARSKY-Klassifikation von Gasriesen Klasse 0: Methanwolken Die Atmosphäre der Planeten dieser Klasse besitzt eine Temperatur von ~80 K. Methandunst in der Atmosphäre absorbiert effektiv den rötlichen Anteil der Sternstrahlung, so daß die Gashülle für einen Beobachter in der Nähe bläulichgrün erscheint. Farbe und Aussehen ähnelt stark dem des Planeten Neptun in unserem Sonnensystem. Die geringen Temperaturen implizieren einen entsprechend großen Abstand vom Mutterplaneten. cold neptunes OGLE-2007-BLG-368Lb Klasse 1: Ammoniak-Wolken Der Temperaturbereich dieser Klasse liegt ungefähr zwischen 80 K und 150 K. Analog zu Jupiter und Saturn können sich in der Atmosphäre beigefarbige Wolken aus Ammoniumhydrosulfid und helle Wolken aus kristallinen Ammoniakpartikel bilden. Das erhöht im optischen Bereich die Albedo bis auf 50% jupiterähnlich HD 154345n Klasse 2: Wasserdampfwolken Im Temperaturbereich zwischen 150 K und 350 K erwartet man die Auskondensation von Wasserdampf, was aufgrund der Mie-Streuung des Sternlichts zu schneeweißen Wolken führen sollte. Derartige Planeten besitzen im optischen Bereich ein Rückstrahlungsvermögen von bis zu 80%. HD 28185 Klasse 3: durchsichtige Atmosphäre Derartige Planeten, die im Temperaturbereich zwischen 350 K und 900 K angesiedelt sind, weisen keine Wolkenbildung auf. Aufgrund der Rayleigh-Streuung erscheinen sie tief dunkelblau. Ypsilon Andromedae c ? Klasse 4: Alkaliabsorption Bei dieser Klasse von Planeten spielt die Absorption durch Alkalimetalle in der Atmosphäre eine dominierende Rolle. Diese Planeten erscheinen aus diesem Grund für einen Beobachter in ihrer Nähe dunkelbraun bis fast schwarz, d.h. die Albedo beträgt gerade einmal 3%. Die Temperatur liegt zwischen 900 K und 1500 K. Die sogenannten hot jupiters gehören dieser Klasse an. HD 209458 b „Osiris“ Klasse 5: Silizium-Wolken Auf diesen Planeten bilden insbesondere Silizum-, aber auch andere Metalldämpfe weiße Wolken aus, die sich deutlich von dem dunklen, tiefer liegenden Alkali-Untergrund abheben. Man schätzt, daß diese Planeten bis zu 55% des Lichtes ihres Muttersterns zurückwerfen können. Ihre Temperatur liegt bei mehr als 1500 K, was eine entsprechend intensive Infrarotstrahlung zur Folge hat. hot jupiter 51 Pegasi b „Bellerophon“ Wie stellt man sich Exoplaneten vor? Im Internet und in der Presse erscheinen oft Bilder von Exoplaneten. Es wird aber nur selten darauf hingewiesen, daß es sich dabei um „Gemälde“ mit einer gewissen künstlerischen Freiheit handelt. 51 Pegasi b Bellerophon 51 Pegasi b Bellerophon HD 189733 Nächstes Mal: Planetologie der Gasplaneten