Univ.-Prof. N. Leitgeb: Elektrische und magnetische Felder im Alltag Leben basiert auf Elektrizität Schon Goethes Dr. Faust hat danach gesucht, „was die Welt im Innersten zusammenhält“. Heute wissen wir: Es sind vor allem elektrische und magnetische Kräfte. Sie halten nicht nur Atome und Materie zusammen, auch das Leben beruht auf elektrischen Vorgängen. Unsere Körperzellen sind wie kleine elektrische Batterien. Wir denken, atmen und fühlen mit Hilfe elektrischer Nervenimpulse, auch Muskel werden durch elektrische Nervenimpulse gesteuert und erzeugen ihrerseits elektrische Signale. Unser Körper ist daher erfüllt von Elektrizität und von elektrischen und magnetischen Feldern. Ärzte können die bioelektrischen Körpersignale sogar an der Oberfläche messen und so Diagnosen erstellen, z. B. über das Herz (EKG), das Gehirn (EEG), die Muskeln (EMG) oder die Augen (EOG). Biologischer Störschutz Unser Körper ist erfüllt von Elektrizität. Das Gewirr der elektrischen Signale in unserem Körper ist jedoch groß. Überdies sind die Nervenleitungen in unserem Gehirn und Rückenmark dicht gepackt. Elektrische Nervenimpulse würden sich daher gegenseitig stören, hätte die Natur nicht einen Trick parat. Als Schutz vor Störungen reagieren nämlich unsere Körperzellen auf ininnere und äußere Reize erst dann, wenn sie groß genug sind, um den körpereigenen Schutzschirm - die „Reizschwelle“ - zu überwinden. Alles, was kleiner ist, wird hingegen ignoriert. Mit diesem Trick, dem „Alles-oder-Nichts“-Gesetz, schützt sich der Körper aber nicht nur vor den eigenen Störsignalen, sondern auch vor äußeren elektrischen und magnetischen Feldern: Auch sie Zur Stimulation muss die „Allesbleiben wirkungslos, wenn sie die oder-Nichts“-Schutzschwelle überschritten werden. Reizschwelle nicht überschreiten. -2- Univ.-Prof. N. Leitgeb: Elektrische und magnetische Felder im Alltag Was sind elektrische Felder? Elektrische Felder werden von elektrischen Ladungen erzeugt. Es gibt davon zwei Arten, „positive“ und „negative“. Ihre Beziehung zu einander wird durch das Gesetz von „Liebe und Hass“ dominiert: Ungleiche Ladungen wollen sich vereinen, gleiche stoßen einander ab. Das Ausmaß dieser „Leidenschaften“, das elektrische Kraftfeld der Anziehung und Abstoßung, wird als „elektrische Feldstärke“ angegeben. Wir erfahren sie täglich. So werden z.B. un- Elektrische Felder werden sere Haare beim Frisieren durch Rei- von der Spannung erzeugt. bung des Kammes elektrisch aufgeladen. Die gegenseitige Abstoßung der Ladungen bewirkt dann, dass sich die Haare aufrichten. Auch an den beiden Kontakten von Steckdosen befinden sich (mit der Frequenz 50Hz, also 50mal pro Sekunde hin und her schwingende) Ladungen. Sie wurden im Kraftwerk mühsam getrennt und müssen seither durch die elektrische Isolation daran gehindert werden, sich vorzeitig wieder zu vereinen. Die Anziehungskräfte der elektrischen Wechsel- Felder sind daher immer vorhanden, auch wenn kein Strom verbraucht wird. Was sind magnetische Felder? Wenn sich elektrische Ladungen bewegen, wenn also elektrischer Strom fließt, bekommen sie plötzlich wie durch Zauberei eine völlig neue Eigenschaft: Es entsteht um sie ein weiteres „Kraftfeld“ das Magnetfeld. Werden elektrische Felder durch „Liebe“ und „Hass“ bestimmt, so lassen sich Magnetfelder durch die „Eifersucht“ charakterisieren: Sie versuchen nämlich, vereinte Ladungen wieder auseinander zu zwängen. Magnetfelder können daher im Körper elektrische Magnetfelder werden vom elektriStröme erzeugen. schen Strom erzeugt. Da jedoch Magnetfelder ihrerseits vom Strom erzeugt werden, verschwinden sie sofort, wenn dieser abgeschaltet wird. Weil der Stromverbrauch ständig schwankt, tun dies auch die Magnetfelder und sind daher in der Nacht am kleinsten. -3- Univ.-Prof. N. Leitgeb: Elektrische und magnetische Felder im Alltag Wie wirken die Felder? Die physikalische Natur und biologische Wirkungsweise elektrischer und magnetischer Wechselfelder sind gut bekannt. Beide Felder sind viel zu energiearm, um Moleküle (z.B. Gene) direkt schädigen zu können. Sie haben aber noch etwas gemeinsam: Beide können im Körperinneren elektrische Ströme erzeugen. Deren Wirkungen und Nebenwirkungen kennt man heute sehr genau: Sie werden nämlich bereits seit über 100 JahWirkung von ren in der Medizin erfolgreich angewendet, Die Strom ist gut bekannt. z.B. zur Reizstromtherapie. Ströme können Nerven stimulieren und Muskeln anspannen - aber nur, wenn sie genügend stark sind, um die Reizschwelle zu überschreiten. Gibt es Langzeitwirkungen? Bereits seit vielen Jahrzehnten wird diese Frage untersucht. Dies geschieht durch verschiedene wissenschaftliche Ansätze: Durch theoretische Arbeiten, chemische Studien, Experimenten an einzelnen Körperzellen, Geweben und Tieren, die gegenüber elektrischen und magnetischen Feldern exponiert werden. Keiner dieser Untersuchungsansätze belegte, dass sich im Lauf der Zeit Wirkungen aufsummieren könnten. Selbst durch lebenslange und sogar über mehrere Generationen andauernde Expositionen, z.B. von Mäusen, Selbst lebenslange konnten keine Krebserkrankungen – auch Exposition ergab keinen Beleg für Langnicht Leukämie – ausgelöst werden. Univ.-Prof. N. Leitgeb: Elektrische und magnetische Felder im Alltag te auf dem Land grundsätzlich höher ist als in Städten. Auch das signifikant höhere Einkommen von Männern mit Glatze ist kein Beweis dafür, dass deren Gehirn leistungsfähiger ist, weil die Nährstoffe nicht für das Wachstum der Haare verbraucht werden müssen. Nicht die fehlenden Haare, sondern das damit verbundene Alter sind die Ursache für das höhere Einkommen. Epidemiologische Studien können daher aus methodischen Gründen einen ursächlichen Zusammenhang nicht beweisen. Die muss mit anderen wissenschaftlichen Ansätzen geschehen. Es gibt bereits viele epidemiologische Studien über den Zusammenhang mit Krebserkrankungen und z.B. der Nähe zu Hochspannungsleitungen, Trafos und Stromkabeln und der Verwendung von Elektrogeräten. Sie wurden in Wohnungen und am Arbeitsplatz, an Erwachsenen und Kindern durchgeführt. Insgesamt ergaben die Studien weder bei Erwachsenen noch bei Kindern einen Zusammenhang von Krebserkrankungen mit elektrischen und magnetischen Feldern. Epidemiologische StuNur bei Kindern, nicht aber bei Erwachse- dien ergaben Entwarnen und nur bei der seltenen Erkrankung nung und ein Rätsel. Leukämie wurde ein statistisch signifikantes Zusammentreffen mit Magnetfeld- Expositionen berichtet, die weit unterhalb der Grenzwerte und mehr als 10.000fach unter der Reizschwelle lagen. Was folgt aus epidemiologischen Studien? An Menschen sind Langzeituntersuchungen unter Laborbedingungen ethisch nicht vertretbar. Man kann lediglich epidemiologische Studien durchführen, indem der Gesundheitszustand einer Gruppe von Exponierten mit jenem einer Kontrollgruppe verglichen wird. Die Gruppen dürfen sich jedoch in keinem anderen gesundheitsrelevanten Aspekt unterscheiden (z.B. Alter, Geschlecht, Einkommen, Ausbildung, Lebensgewohnheiten wie Rauchen, Essen, Trinken, Umweltfaktoren, etc.). Ergibt der Gruppenvergleich statistisch signifikante Unterschiede, belegt dies jedoch nur die Gleichzeitigkeit von Exposition und Erkrankung und nicht den ursächlichen Zussammenhang. Daher ist die signifikant höhere Geburtenrate in Gebieten mit höherer Storchendichte kein Beweis, dass Störche Kinder bringen. Der Grund liegt vielmehr darin, dass die Geburtenra- Die signifikanten epidemiologischen Ergebnisse beschränken sich auf die Kinderleukämie. Sie stehen isoliert da. Dass ein ursächlicher Zusammenhang besteht, konnte weder theoretisch noch durch experimentelle Untersuchungen bestätigt werden. Er wird auch durch den Zeitverlauf der Krebsstatistik nicht plausibler: Trotz des seit Jahrzehnten steigenden Stromverbrauchs gibt es nämlich keinen analogen Anstieg der Leukämiefälle. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) stuft deshalb magnetische Wechselfelder grundsätzlich, unabhängig davon, ob sie von der Energieversorgung oder von Elektrogeräten stammen, als möglicher Weise karzinogen ein, ebenso wie z.B. Kaffee, eingelegtes Gemüse, Nickel oder Dieselabgase. Internationale Organisationen wie die WHO und ICNIRP oder nationale Behörden halten die epidemiologischen Ergebnisse übereinstimmend als für zu wenig überzeugend, um daraus Schutz- oder Grenzwertempfehlungen abzuleiten. Sie sehen in methodischen Untersuchungsproblemen (Bias) eine plausiblere Erklärung für das epidemiologische Ergebnis. -4- -5- zeitwirkungen. Univ.-Prof. N. Leitgeb: Elektrische und magnetische Felder im Alltag Grenzwerte Univ.-Prof. N. Leitgeb: Elektrische und magnetische Felder im Alltag Elektrische Felder im Alltag Elektrische und magnetische Felder können unerwünschte Wirkungen hervorrufen, wenn sie genügend stark sind. Es besteht daher Einigkeit darüber, dass Grenzwerte erforderlich sind. Wer macht die Grenzwerte? Grenzwerte sind keine Entscheidung, die eine einzelne Person aufgrund subjektiver Überzeugungen trifft, sondern das Ergebnis intensiver Beratungen und Abwägungen, in denen Experten verschiedener Fachrichtungen mitwirken. Es ist eine gesellschaftspolitische Entscheidung, welches Schutzziel angestrebt und wie es erreicht wird. International hat die Weltgesundheitsorganisation bzw. die Internationale Kommission zum Schutz vor Nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) Grenzwertempfehlungen erarbeitet. Der Europäische Rat hat sie den Mitgliedsländern der EU zur Übernahme empfohlen. In Österreich sind die Grenzwerte in der Norm ÖVE/ÖNORM E8850 festgelegt und definieren den „Stand der Technik“. Da das Elektrotechnikgesetz fordert, elektrische Geräte und Anlagen nach dem Stand der Technik zu errichten und zu betreiben, besteht die gesetzliche Verpflichtung, die Grenzwerte einzuhalten. Haushalt In der Wohnung entstehen elektrische 50Hz-Wechselfelder durch Elektroinstallation, Elektroheizung und elektrische Geräte. Der Mittelwert im Raum ist meist ge100V/m E 50V/m ring. Er liegt etwa 500-fach 20V/m unter dem zulässigen Refe10V/m renzwert. Elektrogeräte kön5V/m nen jedoch hohe elektrische Feldstärken bis zur 11fachen 1kV/m 1V/m Überschreitung des Referenzwertes verursachen. Dies ist nur deshalb zulässig, weil der Körper nicht voll- Elektrische Felder in einer Küche. Der Körper ist durch seine Leitfähigkeit vor ständig exponiert wird. ihnen geschützt, die Mauern schirmen. Hochspannungsfreileitungen und -kabel Das Schutzziel beschränkt sich nicht darauf, negative Auswirkungen lediglich zu minimieren, sondern vielmehr, bekannte gesundheitsrelevante Wirkungen (Erregung von Nerven- und Muskelzellen) sicher auszuschließen. Dies wird er- lgB lgE reicht, indem ein 50-facher SiStimulation B cherheitsabstand zur körpereigenen „Alles- oder- Nichts“zs Schutzschwelle eingehalten wird. ch we E Dazu wird die Wirkung im Körll e perinneren durch einen „Basisgrenzwert“ begrenzt. Um die Grenzwert Einhaltung überprüfen zu können, werden zusätzlich messbare Expositionsbedingungen (Referenzwerte) berechnet, die im Zulässige Werte für elektrische (E) Körperinneren den Basisgrenz- und magnetische Wechselfelder (B) wert verursachen. Bei 50Hz liegen weit unter der Reizschwelle. sind die Referenzwerte 5kV/m (elektrisches Feld) und 100µT (magnetisches Feld). Verbesserte Berechnungsverfahren zeigten allerdings, dass dies zu konservativ war. Aktuell wird von ICNIRP ein Referenzwert von 200µT für die Allgemeinbevölkerung empfohlen. Die elektrische Spannung einer Hochspannungsfreileitung verursacht ein elektrisches Feld. Es ist unter den Leiterseilen in der Mitte zwischen den Masten am höchsten. Direkt unter 380 kV- Freileitungen kann es dem Referenzwert nahe kommen. Es nimmt aber mit seitlichem Abstand sehr rasch ab. Hochspannungskabel erzeugen keine elektrischen Felder; sie werden nämlich von einem Metallschirm umhüllt, der die Felder Elektrische Felder sind in der Mitte zwischen Masten am höchsten. vollständig abschirmt. Elektrische Felder haben eine wichtige Eigenschaft: Sie lassen sich leicht und gut abschirmen. Bereits ein kahler Baum reicht aus, um im weiten Umkreis elektrische Felder zu verringern („BlitzableiterEffekt“). Sehr gut schirmen auch Mauerwerk und Hausdächer. Elektrische Felder von Freileitungen können daher fast nicht in Wohnungen eindringen. Deshalb sind sie dort kleiner als die Felder, die die 10m 8 4 2 0 4 6 8 10m 6 2 hauseigene Elektroinstallation Ein Baum schirmt elektrische Felder bis weit außerhalb der Baumkrone ab. erzeugt. -6- -7- Wie wird geschützt? i Re 50m 40 30 20 10 0 10 20 30 40 Univ.-Prof. N. Leitgeb: Elektrische und magnetische Felder im Alltag Univ.-Prof. N. Leitgeb: Elektrische und magnetische Felder im Alltag Magnetische Felder im Alltag Hochspannungsfreileitungen und -kabel Magnetfelder entstehen nur dann, wenn Strom verbraucht wird. Sie schwanken daher ständig. In Wohnungen ist der Mittelwert meist klein. Er liegt bei etwa einem Tausendstel des zulässigen Refe1µT renzwertes. In der Nä0,3µT he von Elektrogeräten 10µT können Magnetfelder 1µT jedoch lokal sehr hoch werden und den Refe3µT renzwert bis zu 8010µT fach überschreiten. Dies ist nur deshalb Magnetfelder in einer Küche mit Fußbodenzulässig, weil sie den heizung. Körper und Mauern schirmen nicht. Körper nicht vollständig erfassen. (Die stärksten Magnetfelder erzeugen Geräte mit Elektromotoren, z. B. Küchengeräte und Elektrowerkzeuge). Bei 380 kV Hochspannungsfreileitungen sind die Leiterseile viele Meter weit vom Boden entfernt. Daher erreicht das Magnetfeld auch an der ungünstigsten Stelle (beim größten Durchhang) und selbst bei maximal zulässiger Stromstärke nur etwa 35 % des zulässigen Referenzwertes. Da die Leitungen in Mastnähe vom Boden noch weiter entfernt sind, sind dort die Magnetfelder kleiner. Mit der seitlichen Entfernung nimmt das Magnetfeld sehr rasch ab. Bereits ab etwa 70 m Abstand ist es unter 1 % des Referenzwertes (unter 1 µT) abgesunken. Haushalt Magnetfelder haben eine wichtige Eigenschaft: Mauern sind für sie wie Luft: sie können sie nicht abschirmen. Hauseigene Magnetfelder erstrecken sich daher auch in die Nachbarräume. Felder von Hochspannungsleitungen reichen und Kabel in Wohnungen hinein. B So wie im Elektroherd verursacht elektrischer Strom auch in Leitungen (Verlust-)Wärme. Wenn er zu hoch wird, würden die heißen Leiterseile zu weich und nachgiebig und die Leitung gefährdet werden. Er darf daher eine konstruktive Obergrenze (thermischer Grenzstrom) nicht überschreiten. Um die Stromversorgung auch in Störfällen zu gewährleisten und auch um vorübergehende Verbrauchsspitzen zulassen zu können, muss der maximale mittlere Betriebsstrom im Leiterseil jedoch kleiner sein. Im Normalbetrieb wird er daher um 40 % unter dem konstruktiven Grenzwert gehalten. Bei Hochspannungskabeln sind die Leiter viel näher an der Erdoberfläche. Direkt über leistungsgleichen Kabeln sind die Magnetfelder daher wesentlich größer als bei Freileitungen, werden jedoch in seitlicher Entfernung rascher deutlich kleiner. Schon nach etwa 20 m sind sie unter 1 µT abgesunken (Bild). B 60 µT Kabel 50 Ganzkörper-Grenzwert 40 30 im Durchhang 20 Hintergrundpegel d 1cm 10 d 100m 1µT 80 60 1µT am Mast 40 20 0 20 40 60 80 d 100 m Elektrogeräte erzeugen wesentlich stärkere aber nicht so weit reichende Magnetfelder (B) wie Hochspannungsfreileitungen (doppeltlogarithmische Darstellung: Von Kästchen zu Kästchen erhöht sich der Wert um das 10fache; Symbole deuten die Größenverhältnisse an). Magnetfelder leistungsgleicher 380kV-Hochspannungskabel (in 1m Bodenabstand) sind zunächst größer, in seitlicher Entfernung rasch kleiner als bei Hochspannungsfreileitungen (der obere Bänderrand entspricht dem konstruktiven Strom-Grenzwert, der untere dem mittleren Betriebsstrom). -8- -9- Univ.-Prof.N.N.Leitgeb: Leitgeb:Elektrische Elektrischeund undmagnetische magnetischeFelder FelderimimAlltag Alltag Univ.-Prof. Univ.-Prof. N. Leitgeb: Elektrische und magnetische Felder im Alltag Mythen Mythen Mythos 1: Der Mensch hat sich den natürlichen elektrischen und magnetischen (Gleich-)Feldern angepasst. Die technischen Wechselfelder gibt es jedoch erst kurz, daher sind sie schädlich. Falsch! Eine Anpassung erfolgt nur, wenn sie (der Gattung, nicht dem Einzelnen) einen Überlebensvorteil bringt. Diesen haben z.B. Zugvögel, wenn sie auch das Erdmagnetfeld zur Orientierung nutzen können und so ihre Ziele sicherer erreichen. Menschen haben sich den Feldern nie angepasst, weil dies keinen Überlebensvorteil ergibt. Mythos 7: Die Grenzwerte schützen nur vor akuten Effekten, nicht vor Langzeitwirkungen. Falsch! Die Regelung ist so streng, dass die Grenzwerte sogar jederzeit und nicht erst bei längeren Expositionen eingehalten werden müssen. Alle bekannten gesundheitsrelevanten Wirkungen werden mit großem Sicherheitsabstand ausgeschlossen. Mythos 2: Unser Körper ist vor Elektrosmog nicht geschützt, daher ist dieser grundsätzlich schädlich. Falsch! Unser Körper ist vor „Elektrosmog“ geschützt, nämlich durch das „Alles-oder-Nichts“- Gesetz der Zellerregung. Dies ist zum Schutz vor den körpereigenen bioelektrischen Störfeldern (z.B. EKG) wichtig. Es schützt aber auch vor Elektrosmog von außen. Mythos 3: Die starken Felder von Elektrogeräten sind unbedenklich, wir sind ihnen ja nur kurz ausgesetzt. Kritisch ist nur die dauernde Einwirkung, auch wenn sie schwach ist. Falsch! Kurzzeitige starke Einwirkungen (z.B. mit Stärken jenseits der Reizschwelle) sind grundsätzlich wirksamer als schwache Langzeit- Einwirkungen (z. B. unterhalb der Reizschwelle). Mythos 4: Wenn Elektrosmog sogar elektrische Geräte stören kann, muss er für unsere Gesundheit erst recht bedenklich sein! Falsch! Störempfindliche Elektrogeräte enthalten elektrische Verstärker. Diese machen sie auch für kleine Störsignale empfindlich. Wir haben solche Verstärker nicht. Überdies sind wir durch das „Alles-oder-Nichts“- Gesetz vor Elektrosmog geschützt. Mythos 5: Auch wenn Elektrogeräte ausgeschaltet sind, geben sie noch weiter Elektrosmog ab. Falsch! Magnetfelder verschwinden beim Ausschalten sofort. Elektrische Felder verschwinden ebenfalls sofort, wenn allpolig ausgeschaltet wird. Mythos 6: Die Mobilfunkstrahlung verstärkt die Wirkung der Magnetfelder. Falsch! Mobilfunkstrahlung mit den Millionenfach höheren Frequenzen wirken grundsätzlich auf völlig verschiedene Weise wie niederfrequente Magnetfelder: Mobilfunkstrahlung durch Erwärmung, Magnetfelder (bei ausreichender Stärke) durch Zellerregung. Sie können daher einander nicht verstärken. TU Graz University of Technology - 10 - Mythos 8: Mauern und Wände speichern Elektrosmog. Falsch! Eine Speicherung von Elektrosmog ist nicht möglich. Mauern und Wände schirmen elektrische Felder sehr gut ab. Für magnetische Wechselfelder sind sie jedoch wie Luft. Mythos 9: Wären Grenzwerte niedriger, müssten Hochspannungsleitungen verkabelt werden. Falsch! Innerhalb der Trasse erzeugen (leistungsgleiche) Kabel sogar höhere Magnetfelder als Hochspannungsleitungen. Eine empfindliche Absenkung der Grenzwerte hätte vor allem Auswirkungen für den Gebrauch von Elektrogeräten und die Benützung der Eisenbahn. Mythos 10: Hohe Magnetfelder werden vor allem durch Hochspannungsfreileitungen erzeugt. Falsch! Wie Studien gezeigt haben, sind fast in drei Viertel der Wohnungen, in denen relativ höhere Magnetfelder gemessen wurden, andere Verursacher als Hochspannungsleitungen dafür verantwortlich. Mythos 11: Vorsicht kann nicht schaden. Das Geld für den Schutz vor Elektrosmog ist gut angelegt. Falsch! Es werden hier Geschäfte mit der Angst gemacht und verschiedenste dubiose Produkte gegen Elektrosmog angeboten, mit denen Leuten das Geld aus der Tasche gezogen wird - von Pillen, Hautcremes, Amuletten, Anstrichen, Aufklebern, Steinen, Pyramiden, Abschirmmatten bis hin zu „Entstörgeräten“. Vor dem Kauf ist dringend abzuraten. Mythos 12: Abschirmmatten schützen vor Elektrosmog von Stromleitungen. Falsch! „Abschirmmatten“ schützen nicht. Magnetfelder können sie gar nicht abschirmen. Elektrische Felder werden sogar verstärkt. Mythos 13: Abschirmmatten saugen Elektrosmog auf. Falsch! Abschirmmatten können Elektrosmog weder aufsaugen noch speichern. Hinweise, man solle sie erden oder z.B. wöchentlich „zur Entladung“ in Wasser legen, dienen der Täuschung: Sie sollen lediglich den Glauben an die (nicht vorhandene) Wirkung stärken. TU Graz University of Technology - 11 -