Praktikum Mikrotechnik Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik o. Prof. Dr. Tim C. Lüth Version 2.5, Stand 11.05.2011 Technische Universität München • Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik (Leitung: o. Prof. Dr. Tim C. Lüth) Boltzmannstraße 15 • D-85748 Garching bei München • Tel: 089-289-15191 • Fax: 089-289-15192 • www.mimed.de Referentin: Frau Barbara Govetto, M.A. (LMU) • Sekretariat: Renate Heuser (Tel: 089-289-15190) Inhalt Praktikum Mikrotechnik Inhalt: Allgemeines: Beschreibung zum Praktikumsablauf I - II Versuche: 1. Piezoaktoren PIE 1 – PIE 14 2. Ansteuerung einer kapazitiven Last TRA 1 – TRA 18 3. Regelungstechnik mit dem Operationsverstärker OP 1 – OP 17 4. Untersuchung verschiedener Führungskonzepte FK 1 – FK 17 5. Motorkonzepte MOT 1 – MOT 24 6. Ansteuerung mit dem Mikrokontroller MIK 1 – MIK 39 Auszug aus Datenblättern ATmega32(L) 7. Mikroskopie OPT 1 – OPT 13 8. Analog–Digital-Wandlung AD 1 – AD 18 9. Projektoren FD 1 – FD 8 10. Analoge Längenmessung mit dem Photosensor LM 1 – LM 11 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Praktikumsablauf Ablauf des Mikrotechnikpraktikums Daniel Günther überarbeitet von Thomas Ottnad 1. Zum Inhalt Mikrotechnik stellt bzgl. der angewandten Messmittel eine besondere Herausforderung dar. Die Dimensionen der Funktionsstrukturen liegen in den Größenordnungen der Toleranzen von Bauteilen des allgemeinen Maschinenbaus. Diese Anforderungen schlagen sich in den besonderen Aufbauten und Messmethoden mikrotechnischer Geräte nieder. Das Praktikum „Mikrotechnik“ soll den Stoff der Vorlesungen „Mikrotechnische Sensoren und Aktoren“ sowie „Mechatronische Gerätetechnik“ (früher „Feingerätebau“) veranschaulichen und vertiefen. Dabei ist der interdisziplinäre Ansatz von besonderer Bedeutung. Nur mit Hilfe der Kombination von Mikromechanik, Elektronik und den Konstruktionsprinzipien des Feingerätebaus können echte Mikrosysteme realisiert werden. Ziel des Praktikums ist es, den Studenten Fähigkeiten zu vermitteln, welche sie direkt beim Aufbau mikrotechnischer Versuchsstände nutzen können. Die vermittelten Messmethoden sind grundlegend für den Umgang mit mikro-elektromechanischen Systemen (engl. MEMS). Das Praktikum hat dabei nicht zum Ziel, eine mikromechanische Funktionsstruktur zu realisieren. Die Studenten lernen im Verlauf des Praktikums notwendige Bauteile für ein 3DWachsdruckgerät kennen. Bei diesem 3D-Wachsdruckgerät handelt sich um einen Eindüsendruckkopf auf Basis eines piezoelektrischen Aktors. Im Laufe des Praktikums werden die piezoelektrischen Grundlagen behandelt. Die Ansteuerung eines piezoelektrischen Aktors wird in Form der Ansteuerung einer kapazitiven Last vermittelt. Der Einsatz von Operationsverstärkern für eine einfache Temperaturregelung bildet die Basis für den Betrieb eines 3D-Wachsdruckgeräts bei gewünschter Temperatur. Unterschiedliche Antriebskonzepte und Führungen sowie Motorkonzepte werden untersucht, die für eine Positionierung eines x-y-Tischs notwenig sind. Für die Echtzeitsteuerung des xy-Tisches wird ein Mikrocontroller programmiert. Ergänzende Versuche zur optischen Analyse von mikroskopischen Gegebenheiten runden das Praktikum ab. 2 Ablauf Das Praktikum umfasst insgesamt 6 Versuche. Ein Praktikumstag umfasst jeweils 3 Stunden. Damit die Versuche sinnvoll und zügig ablaufen können, sollte sich der Praktikumsteilnehmer auf den jeweiligen Versuch gut vorbereiten. Dazu ist es sinnvoll, das Skriptum mit dem Versuch durchzulesen. Besonders sollten auch die praktischen Versuche vorher durchdacht werden. Das Praktikum wird jeweils mit einer Fragerunde zum Inhalt begonnen. Die Vorbereitung wird durch den Assistenten bewertet. Zusätzlich dient diese Runde dazu, noch vorhandene Fragen zu klären. Dabei werden auch die Hausaufgaben durchgegangen und bewertet. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik I Praktikumsablauf Die Durchführung des Versuchs selbst wird ebenso bewertet. Dabei sind zielgerichtetes Vorgehen und eine sinnvolle Dokumentation der Versuchsergebnisse die Bewertungsgrundlagen. Ingesamt gliedert sich die Bewertung wie folgt: • Hausaufgabe und Fragerunde 1/3 • Durchführung 1/3 • Ausarbeitung/ Dokumentation 1/3 Ergebnis des Praktikums ist ein benoteter Schein (auf Wunsch auch unbenotet). Dieser kann zwei Wochen nach Ablauf des Praktikums beim Praktikumsbetreuer abgeholt werden. Die jeweiligen Termine sind in Form von Namenslisten und Gruppeneinteilungen im Internet und als Aushang am Lehrstuhl zu finden. Die Anmeldezeiträume sind im Internet aufgeführt. 3. Einordnung Das Praktikum kann ohne begleitende Vorlesungen besucht und absolviert werden. Das Skriptum bietet hierzu alle notwendigen Informationen. Es vertieft den Stoff der Vorlesungen: • Mechatronische Gerätetechnik (ehemals „Feingerätebau“) • Mikrotechnische Sensoren und Aktoren 4. Version Die vorliegende Ausführung ist die Version 2.5, Stand 11.05.2011 Viel Spaß und Erfolg beim Praktikum Mikrotechnik II Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 1: Piezoaktoren Beschreibung zu Versuch Nr. 1: Piezoaktoren Daniel Günther, Michele Nicoletti überarbeitet von Thomas Ottnad 1. Einordnung 1.1 Drucktechnik Die Drucktechnik ist ein wichtiger Markt für die Mikrotechnik. Deshalb sollen in diesem Praktikum grundlegende Vorgehensweisen und Verfahren der Mikrotechnik anhand eines Druckers vermittelt werden. Dieser besteht aus einem x-y- Tisch und einem Druckkopf, der in der Lage ist, heißes Wachs zu verdrucken. Mit einem solchem Aufbau können einfache 3DStrukturen realisiert werden. Im Verlauf des Praktikums sollen alle wichtigen Bestandteile des Druckers untersucht werden. Im Versuch Nr. 1 sollen die grundsätzlichen Eigenschaften von piezoelektrischen Aktoren (kurz auch Piezoaktoren) gezeigt werden. Diese sollen als Aktoren später für den Ausstoß von heißem Wachs sorgen. 1.2 Druckprinzip: Der Tropfenausstoß eines Druckers wird dadurch erreicht, dass eine Flüssigkeitsmenge durch eine kleine Düse gepresst wird. Besitzt der aus der Düse austretende Strahl eine ausreichende kinetische Energie, kann sich ein Tropfen vom Druckkopf ablösen. Dabei gibt es zwei grundsätzlich unterschiedliche Prinzipien: Das Continuous-Jet- und Drop-OnDemand- Verfahren. Das Continuous-Jet-Verfahren basiert darauf, durch statischen Überdruck einen durchgehenden Flüssigkeitsstrahl durch die Düse zu pressen. Diesem Strahl wird eine periodische Druck-Schwingung überlagert, die ihn in einzelne Tropfen zerfallen lässt. Die vereinzelten Tropfen werden im Anschluss elektrisch aufgeladen. Eine Ablenkeinheit sorgt dafür, dass nicht auf dem Papier benötigte Tropfen abgelenkt werden. Diese Flüssigkeitsmenge wird in den Tintentank zurückgeführt. Bild 1 veranschaulicht das Prinzip. Bild 1: Prinzip eines Continuous-Jet-Druckers Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik PIE 1 Versuch Nr. 1: Piezoaktoren Beim Drop-On-Demand-Verfahren herrscht in der Düse, wenn kein Tropfenausstoß stattfindet, ein geringer statischer Unterdruck. Dieser sorgt dafür, dass die Düsenöffnung immer von Flüssigkeitsresten befreit wird. Die Kapillarwirkung des Düsenkanals steht mit dem Unterdruck im Gleichgewicht und sorgt dafür, dass der Druckkopf nicht leer läuft. Wenn ein Tropfen auf dem Papier oder Druckmedium benötigt wird, wird er On-Demand durch einen Überdruckstoß erzeugt. Für dessen Erzeugung haben sich zwei Verfahren durchgesetzt: 1 3 2 4 Bild 2: Momentaufnahme eines Bubble-Jet-Druckermodells in Aktion (links). Die vier Zustände eines Druckers mit Pumpkammer (rechts): 1) Ruhe, 2) Ansaugen, 3) Kapillarisches Füllen, 4) Tropfenausstoß Beim Bubble-Jet-Verfahren wird die Flüssigkeit durch eine Dampfblase unter Druck gesetzt. Diese wird über einem kleinen elektrischen Heizwiderstand erzeugt. Die Dampfblase drückt die Flüssigkeit aus der Düse. Im Anschluss füllt sich der Kanal wieder kapillarisch. Vorraussetzung für dieses Verfahren ist eine Flüssigkeit mit ausgeprägtem Phasenwechsel. Hierfür kommen nur Wasser bzw. wasserähnliche Fluide in Frage. Diese Festlegung der Flüssigkeit schränkt das Bubble-Jet-Verfahren in seiner breiten Anwendung ein. Im Officebereich besitzt dieses Verfahren aber eine dominante Stellung. Dies wird besonders durch die gute Miniaturisierbarkeit der Heizwiderstände ermöglicht. Die konkurrierenden Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass das Volumen einer Pumpkammer durch einen Aktor verändert wird (Bild 2 rechts). Nach der Ruhelage (1) wird das Kammervolumen vergrößert. Die Flüssigkeit wird dabei zum Teil aus dem Vorratsbehälter (Kanäle nach links und rechts) und auch aus dem Düsenkanal gesogen (2). Dieser füllt sich dann wieder durch die Kapillarkräfte (3). Wird die Kammer nun wieder auf das Ausgangsvolumen verkleinert (4), kann ein Teil des Differenzvolumens als Tropfen ausgestoßen werden. Als Aktoren für die Deformation kommen zahlreiche Prinzipen in Frage. Bezüglich der möglichen Grenzfrequenz, also der Ausdruckgeschwindigkeit, zeigen allerdings Piezoaktoren die günstigsten Eigenschaften. PIE 2 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 1: Piezoaktoren Bild 3: Pumpkammerdruckkopf, wie er im Praktikum verwendet wird. Auch der im Praktikum verwendete Druckkopf wird mit einem Piezoaktor angetrieben. Der Aktor ist dabei auf die passive Membran der Pumpkammer geklebt. Zusammen wirken die beiden Materialien ähnlich wie ein Bimetall. Das Piezoelement zieht sich bei der elektrischen Ansteuerung zusammen und drückt in die Kammer. Diese Bewegung bewirkt den Tropfenausstoß. Der Zeitpunkt, an dem die Membran wieder entspannt wird, liegt am günstigsten kurz vor der nächsten Aktion. Die Flüssigkeitssäule in der Düse kann auf diese Weise „Schwung" holen. Die Tropfengeschwindigkeit und damit die Platziergenauigkeit der „Pixel" wird dadurch stark erhöht. Da die Verformungen des Piezoaktors auf dem Praktikumskopf im Bereich von wenigen Nanometern liegen, werden im Praktikum stellvertretend sog. Stapelaktoren vermessen. An ihnen wird das grundsätzliche Verhalten von Piezokeramiken untersucht. Zudem werden die sensorischen Eigenschaften der Piezos dargestellt. 2. Theorie der Piezoaktoren 2.1 Allgemeines Das Phänomen des piezoelektrischen Verhaltens von bestimmten Stoffen wurde zum ersten Mal von Jaques und Pierre Curie beschrieben. Sie konnten als erste an einem Quarzkristall feststellen, dass ein Potential entsteht, wenn man den Kristall mechanisch deformiert. Zugrunde liegt hier eine Verschiebung der Ladungszentren. Auf Bild 4 ist ein Quarzkristall dargestellt. Das Bild rechts oben und die beiden unteren Bilder zeigen zweidimensionale Schematisierungen der eigentlich räumlichen Zusammenhänge. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik PIE 3 Versuch Nr. 1: Piezoaktoren Bild 4: Quarz. Räumliche Darstellung (l. oben), Unbelastete Zelle (r. oben), Ladungsverschiebung durch verschiedene mechanische Spannungen (unten). Wirkt auf den Kristall eine Kraft, wird er deformiert. Dabei verschieben sich die einzelnen Ladungen. Stellt man sich nun die Schwerpunkte der Einzelladungen vor, sieht man dass sich ein Potential gebildet hat. Dieses Potential kann von außen als Spannung abgegriffen werden. Der Piezokristall wirkt als Kraftsensor. Vom inversen Piezoeffekt spricht man, wenn an die Keramik oder den Kristall eine Spannung angelegt wird. Dabei verschiebt sich wieder der Ladungsschwerpunkt. Damit wird der Kristall deformiert. Dieser Effekt lässt sich beim Aufbau von piezoelektrischen Aktoren nutzen. Für praktische Anwendungen hat der Piezoeffekt bei Quarz eine geringe Bedeutung. Hierzu werden speziell entwickelte Keramiken eingesetzt, die einen um Größenordungen ausgeprägteren Piezoeffekt aufweisen. Als Hauptvertreter dieser Gruppe haben sich Bariumtitanat und Blei-Zirkonat-Titanat (PZT) durchgesetzt. Die Elementarzelle eines derartigen Kristalls ist Bild 4 zu entnehmen. Das zentrale Atom der sogenannten Perovskit-Zelle ermöglicht den Effekt. Das zentrale Atom bildet nur in der Elementarzelle ein Symmetrieelement, wenn der Stoff über seine sog. Curie-Temperatur erhitzt wird (Siehe oben und analog zum Magnetfeld). Fällt die Temperatur, so bildet die Elementarzelle keine volle Symmetrie mehr aus. Das zentrale Atom kann in sechs verschiedene Raumrichtungen ausweichen. Damit ergibt sich eine zufällige Polarisation der Elementarzellen. Würde man auf eine derartige Keramik Elektroden aufbringen, würde sich kein Effekt bemerkbar machen. PIE 4 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 1: Piezoaktoren Bild 5: Blei-Zirkonat-Titanat. Die Elementarzelle wird bei Raumtemperatur durch das Zentralatom deformiert (links). Rechts: oberhalb der Curietemperatur findet das Atom wieder Platz (Zellengrößen nicht maßstäblich). Wird die Keramik aber während des Abkühlens von einem elektrischen Feld durchflutet, so bildet sich bei der Polarisation eine Vorzugsrichtung aus und die Keramik kann später als Aktor genutzt werden. Der Effekt entsteht dadurch, dass nun eine Vorzugsrichtung der einzelnen Elementarzellen entstanden ist. Wird nach diesem sogenannten Polarisieren wieder ein Feld in Polarisationsrichtung angelegt, werden sämtliche Zentralatome in eine Richtung ausgelenkt. Der Kristall dehnt sich in der Feldrichtung und verkürzt sich senkrecht dazu. Ein weiterer Effekt kann beobachtet werden, wenn die Polarisationsrichtung und die Richtung des Betriebsfeldes senkrecht zueinander stehen. Der Kristall wird dann um ein gewissen Winkel deformiert. Der Effekt wird Schereffekt genannt. Der Piezoeffekt ist aufgrund seiner Abhängigkeit von der Kristallgeometrie stark richtungsabhängig, diese Abhängigkeit wird mit den Indizes i und j beschrieben. Die so genannten Bravais- MillerIndizes stammen aus der Kristallographie und orientieren sich an ein kartesisches Koordinatensystem, in dem wie in Bild 6 (links) gezeigt definitionsgemäß die Z-Achse mit 3 die Y-Achse mit 2 und die X-Achse mit 1 bezeichnet wird. Zusätzlich werden die Rotationen um die Z-Achse mit 6, um die Y-Achse mit 5 und um die X-Achse mit 4 bezeichnet. Wie in Bild 6 (rechts) dargestellt, werden je nach Polarisations- und Translationsrichtung verschiedene Teileffekte unterschieden und durch die Indizes markiert. Dabei orientiert sich der Polarisationsvektor definitionsgemäß in Richtung der positiven Z-Achse. Wenn i die Richtung des elektrischen Feldes angibt und j die der Auslenkung, ergeben sich folgende Indizes für die verschiedenen Teileffekte: • • • 33 für den Längseffekt 31 für den Quereffekt 15 für den Schereffekt Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik PIE 5 Versuch Nr. 1: Piezoaktoren Bild 6: Darstellung der Bravais-Miller-Indizierung (links) und den dazugehörigen Auslenkungseffekten Abhängig von der Polarisationsrichtung P (rechts) Dabei werden in der Technik häufig der d33- und der d31-Effekt genutzt. Das Verhalten von angelegtem Feld und mechanischer Deformation ist nichtlinear. Dieser Umstand entsteht daraus, dass eine polykristalline Keramik unendlich viele Kristallorientierungen besitzt. Deshalb findet selbst im Betrieb immer noch eine Polarisierung statt, die den Effekt noch vergrößert. Sind aber alle Zentralatome orientiert tritt eine Sättigung auf. Der Polarisationseffekt bewirkt auch eine weitere wichtige Eigenschaft der Piezokeramiken: Das Hystereseverhalten. Ähnlich wie bei magnetischen Phänomenen (z. B. Magnetostriktion) geht bei Piezokeramik die Dehnung (oder Polarisation) nachdem eine Feldstärke kleiner der Maximalfeldstärke eingestellt wurde nicht wieder vollständig zu ihrem Ausgangspunkt zurück. Die Bild 7 zeigt die so genannte Hysterese- und die Schmetterlingskurve. Auf der Abbildung sind die wichtigsten Phasen für eine praktische Anwendung wiedergegeben. Bild 7: Hysterese- (links) und Schmetterlingskurve (rechts). PIE 6 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 1: Piezoaktoren Der erste Schritt bei der Verwendung von Piezokeramiken ist die Polarisation. Bei diesem Vorgang wird die Feldstärke bis in den Sättigungsbereich erhöht. Im Anschluss wird die Spannung auf 0 V abgesenkt (Anlieferungszustand). Im Betrieb wird dann die Feldstärke gemäß dem Anwendungsfall wieder erhöht (etwas niedriger als die Polarisationsfeldstärke). Beschränkend für die Höhe des Feldes ist jeweilige Durchbruchsfeldstärke von Luft oder Keramik. Den kleineren Kennwert in Luft kann man bei der Polarisation in einem Ölbad umgehen. Die Durchbruchsfeldstärke der Keramik begrenzt den Einsatz der Keramik rigoros. Die Nachpolarisation, die im Betriebsbereich stattfindet, ist auch für einen weiteren Effekt verantwortlich. Die Keramik weist ein deutliches Zeitverhalten auf. Das heißt, dass die Veränderung der Dehnung der Keramik nicht zu dem Zeitpunkt endet, an dem die Spannung einen konstanten Wert erreicht. Der Graph auf Bild 8 veranschaulicht diesen Prozess. Bild 8: Kriechverhalten von Piezos. Die zentralen Gleichungen, die das Verhalten einer Keramik im Kleinsignalbetrieb ( ΔE << 0,5 ⋅ E Max ) darstellen, lauten wie folgt: Der Ausdruck Δl = s1⋅2 Δ3 ⋅ Δ3 σ + d12 E l mechanischerAnteil elektrischerAnteil beschreibt die Verformung des Kristalls in guter Näherung. Der mechanische Anteil der Gleichung zeigt das Verhalten bei konstantem elektrischem Feld. Eine Änderung der mechanischen Spannung Δσ bei konstantem Feld ΔE = 0 führt zu einer dem Faktor s = 1 E (E hier für E-Modul) proportionalen Verformung des Aktors. Welches Potentialniveau am Piezo anliegt, spielt dabei keine Rolle. Der zweite Teil der Gleichung beschreibt den elektrischen Anteil der Dehnung. Auch hier ergibt sich wieder, unabhängig von der konstanten mechanischen Belastung d. h. Δσ = 0 , eine proportionale Dehnung. Der Faktor d muss zusätzlich indiziert werden: d ij . Hier steht i für die angelegte Feldrichtung. Der Index j beschreibt die Richtung der Verformung. Es treten immer mehrere Verformungen gleichzeitig auf, da der Piezoeffekt annähernd isochor ist. Diese Darstellung eignet sich besonders für Abschätzungen des Verhaltens von Aktoren. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik PIE 7 Versuch Nr. 1: Piezoaktoren Die Gleichung D= d12 ⋅ Δ3 σ mechanischerAnteil + ε12 ⋅ Δ3 E ElektrischerAnteil beschreibt die dielektrische Verschiebung. Auch gibt es wieder zwei Anteile, aus der sich die dielektrische Verschiebung zusammensetzt. Der mechanische Anteil ist hier besonders geeignet, um Berechnungen für Sensoren durchzuführen. Die Tabelle 1 gibt für die Praxis wesentliche Kennwerte unterschiedlicher Materialien wieder (Richtwerte, Quarz nur zum Vergleich). Tabelle 1: Kennwerte ausgewählter Materialien ε T 33 / ε 0 Material d33 d31 s33 s31 Einheit 10 −12 m / V 10 −12 m / V 10 −12 m 2 / N 10 −12 m 2 / N 10 −12 C / N 10 −12 C / N 190 -78 9,5 -2,9 1700 Bariumtitanat 85,6 -34,6 15,7 -5,24 168 PZT 315 -135 16,8 -6,2 1450 Quarz -2,3 (d11) 2,3 (d12) 12,77 (s11) -1,79 (s12) 4,52 (s11) Bariumtitanat polarisiert Elektrisch verhält sich eine Piezokeramik wie ein Kondensator. Das heißt, dass bei Belastung Ladungen getrennt werden und wie beim Kondensator eine abgreifbare Spannung entsteht. Die maximale Dehnung, die der Piezo als Aktor erreichen kann, ist durch die Gleichung für Δl beschrieben. Setzt man die Dehnung zu Null, gibt der Ausdruck eine Formel für die l Blockierkraft einer Piezokeramik wieder. Diese stellt für praktische Anwendungen eine weitere wichtige Kenngröße dar. 2.2 Vergrößerung des Hubs eines Piezoelements Um den geringen Hub von Piezoaktoren technisch besser nutzen zu können, gibt es verschiedene Möglichkeiten, diesen stark zu vergrößern. Die wichtigste besteht darin, ein Piezoelement nicht aus keramischen Vollmaterial aufzubauen. Ein großer Piezoaktor wird dabei aus sehr dünnen Schichten zusammengesetzt, die jeweils durch Elektroden getrennt sind. Dadurch wird die notwendige Ansteuerspannung stark herabgesetzt und erreicht technisch sinnvoll nutzbare Dimensionen. PIE 8 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 1: Piezoaktoren Bild 9: Prinzip eines Stapelaktors. Eine weitere Möglichkeit große Verformungen zu erhalten, ist der Aufbau einer sogenannten mono- oder bimorphen Struktur. Dazu werden zwei Materialien miteinander verbunden. Eine oder beide Materialen sind dabei Piezomaterial. Der Effekt verhält sich analog zu einem Bimetall. Bild 10: Bimorphe Anordnungen zweier Materialien.. Durch Hebelgetriebe können ebenfalls die Hübe vergrößert bzw. übersetzt werden. Bedingt durch die Dimensionen müssen aber in den Gelenkpunkten Festkörpergelenke eingesetzt werden. Damit können dann spielfreie Strukturen aufgebaut werden. Bild 11 zeigt eine solche Festkörperstruktur und die Anwendung als Piezohebel. Bild 11: Festkörpergelenke mit Stapelaktoren. Schema (rechts), Blechschnitt (links). Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik PIE 9 Versuch Nr. 1: Piezoaktoren 3 Ausprägungen im Versuch Im Versuch können auf Grund der geringen Dehnungen von Piezovollmaterial nur Wege von Aktoren vermessen werden, bei denen bereits Maßnahmen zur Wegvergrößerung getroffen worden sind. Hier kommt ein Stapelaktor des Typs AN0X zum Einsatz, der mit einer Feder (in Form eines Rohres) vorgespannt ist. Die Vorspannung spielt bei sehr schnellen Bewegungen eine Rolle. Sie schützt die Keramik (auf Zug empfindlich!) vor dynamisch erzeugten Zugspannungen beim Zusammenziehen des Aktors. In Bild 12 sind die Bestandteile des Piezostapels dargestellt. Bild 12: Baustufen eines Stapelaktors. Die Tabelle 2 gibt wesentliche Daten dieses Stapelaktors wieder. Tabelle 2: Kennwerte eines AN0X/8500b-Stapelaktors von EPCOS Bezeichnung AN0X/8500b EPCOS Abmessungen 30x6,8x6,8 mm³ Piezostapel Nennspannung 160 V Kapazität 2,7 µF Auslenkung bei 150V 40 µm (ohne Gegenkraft) Innenwiderstand >100 MOhm Steifigkeit 40 N/µm Zusätzlich soll im Versuch die Eignung von Piezokeramik als Sensor untersucht werden. Dazu wird Vollmaterial des Typs PIC 151 verwendet. Auf den Herstellerseiten können dazu die in Tabelle 3 dargestellten Daten gefunden werden. PIE 10 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 1: Piezoaktoren Tabelle 3: Kennwerte für das Material PIC151 4 Hausaufgaben 1. Berechnen Sie die Ausdehnung einer quaderförmigen Keramik (1-Richtung: 15 mm, 2Richtung 12 mm und 3-Richtung 3 mm) vom Typ PIC 151 (Tabelle 3) in 3-Richtung bei einer angelegten Spannung in 3-Richtung! Welche Verformung ergibt sich bei gleichem Feld (kein Zahlenwert) in 1-Richtung? Auf die Keramik soll in beiden Fällen keine mechanische Spannung wirken. 2. Erklären Sie anhand der Gleichung, warum ein Piezostapel die möglichen Dehnungen stark vergrößert (bei gleicher elektrischen Spannung im Vergleich mit Vollmaterial)! Δl = s1⋅2 Δ3 σ + d12 ⋅ Δ3 E l mechanischerAnteil elektrischerAnteil Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik PIE 11 Versuch Nr. 1: Piezoaktoren 3. Ermitteln Sie die Blockierkraft des Piezostapelaktors (Tabelle 2) bei 150 V! Fertigen Sie dazu ein Diagramm an, bei dem der Piezohub über die Kraft aufgezeichnet ist. Zeichnen sie zusätzlich Kennlinien für 75 V und 50 V ein! 4. Der Piezostapelaktor ist bei 150 V mit 500N belastet. Berechnen Sie die Längenänderung des Piezostapel, wenn die Spannung plötzlich um 50V verringert wird! 5. Die Entladung eines Kondensators über einen Widerstand (hier die Messeinrichtung mit einem Megaohm) gehorcht folgendem Gesetz: U C (t ) = U 0 ⋅ e − t R ⋅C . Berechnen Sie für die Kapazitäten C1=2,7 µF und C2=1 nF die Zeit, in der die Spannung am Kondensator auf 90 % seiner Anfangsspannung (Anfangsladung!) abgesunken ist! 5 Praktikumsaufgaben: Im diesem Versuchsteil des Praktikums sollen die Eigenschaften von Piezokeramiken gezeigt werden. Dabei wird mit unbelasteten Piezostapeln begonnen, da diese bei niedrigen Spannungen messbare Verformungen zeigen. Diese Aktoren werden im Anschluss unter Belastung untersucht. Zusätzlich werden die Sensoreigenschaften von Piezokeramiken gezeigt. Dafür werden eine Vollkeramik sowie ein Piezostapel verwendet. Den Abschluss des Versuchs bildet die Diskussion von möglichen Einsatzgebieten von Piezoaktoren unter Betrachtung von Stärken und Schwächen sowie Kompensationsmöglichkeiten. 1. Vermessen von Piezostacks Im Folgenden soll die Großsignalkennlinie des Piezoaktors mit der Bezeichnung AN0X bestimmt werden: a) PIE 12 Bringen Sie die Messuhr in Position, um den freistehenden Stapelaktor zu untersuchen und fixieren Sie sie. Schließen sie den Piezo und das Digitalmultimeter an. Nehmen Sie die Kennlinie für den Piezostapel nach folgender Anleitung auf: Drehen Sie die Spannung am Piezo auf 0 V zurück. Nach jeder Spannungsänderung muss mindestens zwanzig Sekunden gewartet werden, bis der Messwert abgelesen wird (Warum ist das nötig?) Ändern Sie die Spannung von 0 V bis 160 V in 20 V - Schritten und notieren Sie die Messwerte. Achten Sie dabei darauf, die Spannung immer nur in eine Richtung zu verändern. Drehen Sie anschließend die Spannung in 20 V - Schritten wieder herunter (ausgehend von 160 V bis 0 V) und halten Sie die Messwerte fest. Zeichnen Sie ein Diagramm, das das Hystereseverhalten wiedergibt. Benutzen Sie eine sinnvolle Skalierung. Charakterisieren Sie die Hysterese durch geeignete Kennzahlen. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 1: Piezoaktoren b) Um die Messung zu verbessern, soll nun ein Hebelgetriebe zum Einsatz kommen. Schließen Sie nun den Piezo unter dem Hebelgetriebe an das Steckbrett an. Nehmen Sie, wie oben beschrieben, die Piezoverformung für 20-V-Schritte in beiden Richtungen (Spannungsänderungen) auf. Beachten Sie dabei zusätzlich Folgendes: Die Werte müssen um die Getriebeübersetzung korrigiert werden (Rückrechnen auf die Piezoverformung) Tragen Sie die Daten in das gleiche Diagramm ein wie bei Versuch 1a). 2. Piezoaktoren unter Belastung Im Folgenden soll der Fall untersucht werden, dass sich die Belastung des Piezos bei gleichbleibendem Feld verändert a) Stellen Sie eine Spannung von 20 V am Piezo ein. Belasten Sie den Piezo mit jeweils 20, 40, 60, 80 und 100 N. Tragen Sie die Verformungen in ein Diagramm ein. Messen Sie nun in 20 N von 100 N abwärts die Verformungen und tragen sie diese Werte wieder in das Diagramm ein. Interpretieren Sie die Ergebnisse. b) Nehmen Sie nach obiger Messung auch für 40, 60, 80, 100 V die Verformungen durch die Belastungen 20, 40, 60, 80 und 100 N auf. Tragen Sie alle Daten in einem separaten Diagramm zusammen und zeichnen Sie Linien mit konstanter Spannung ein. Achten Sie dabei auf einen sinnvollen Nullpunkt für die Verformungen. Entsprechen die extrapolierten Kennwerte: Dehnung unbelastet bei 150 V und Blockierkraft Ihren Erwartungen? 3 Piezokeramik als Sensor Im folgenden Versuch soll die Eignung von Piezokeramiken als Sensoren untersucht werden. Hierzu wird der direkte Piezoeffekt genutzt. a) Stecken Sie den Piezostapelaktor aus Versuch Nr. 2 an das Steckbrett. Verbinden Sie die Klemmen mit dem Oszilloskop. Berühren Sie den Stapelaktor mit den Fingern und betrachten Sie eine Minute lang den Spannungsverlauf. Welche Erklärungen kann es für dieses Phänomen geben? Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik PIE 13 Versuch Nr. 1: Piezoaktoren b) Lassen Sie den Stapelaktor auf Raumtemperatur abkühlen! Nehmen Sie während dessen das Piezovollmaterial und stellen es unter die Belastungseinrichtung. Belasten Sie das Material und beobachten Sie den Spannungsverlauf. Führen Sie den Vorgang mehrfach durch. Welche Beobachtungen können Sie dabei machen? c) Stellen Sie nun wieder den Stapelaktor unter die Belastungseinrichtung. Belasten Sie mit 50 N. Beobachten Sie drei Minuten den Spannungsverlauf. Welche Beobachtung machen Sie und was bedeutet das für eine statische Spannungsmessung? d) Führen Sie den gleichen Versuch (3c) nun mit dem Piezovollmaterial durch. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede können Sie beobachten? Finden Sie eine Erklärung hierfür. 6 Literatur • Vorlesungsskriptum „Mikrotechnische Sensoren und Aktoren“, Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik, Prof. T. Lüth, 2006, TUM München • Vorlesungsskriptum „Feingerätebau“, Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik, Prof. T. Lüth, 2006, TUM München • Vorlesungsskriptum „Feinmesstechnik 2“, Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik, Prof. T. Lüth, 2006, TUM München • „Piezofibel“, Piezosystem Jena GmbH, www.piezojena.com • www.piceramics.de • www.efunda.com PIE 14 (Produkte & Leistungen→Download→Theorie ) Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 2: Transistoren Beschreibung zu Versuch Nr. 2: Ansteuerung einer kapazitiven Last Johannes Rucha, überarbeitet von Oliver Keßling Bitte beachten Sie 4. Hausaufgaben 1. Einordnung Der Praktikumsdruckkopf wird mit Piezokeramik angetrieben. Diese verhält sich im Wesentlichen wie ein Kondensator. Um den Druckkopf möglichst schnelle Tropfenfolgen erzeugen zu lassen, muss die Keramik schnell zwischen der Betriebsspannung und der Masse hin- und hergeschalten werden. Diese Schaltvorgänge werden mit Transistoren realisiert. Im Praktikum sollen zuerst die Grundlagen erarbeitet werden. Dazu werden wichtige Grundgrößen vermessen. In den weiterführenden Fragen des Versuchteils Nr.1 wird ein Tiefsetzsteller behandelt. Dieser stellt ein besonders häufig verwendetes Bauteil dar, da mit ihm Spannungen auf sehr verlustarme Weise reduziert werden können und damit der Aufgabe angepasst werden können. Im zweiten Versuchsteil werden dann Schaltungen untersucht die in der Lage sind den Druckkopf ausreichend schnell anzusteuern. Diese werden messtechnisch untersucht und auf die Eignung für das vorgegebene Problem geprüft. 2. Theorie Als Mechatronik bezeichnet man die integrierte Betrachtung eines Systems in Mechanik, Elektronik und Software. Diese Elektronik stellt damit das Bindeglied zwischen Steuerung und eigentlicher Maschine (Aktoren, Sensoren, „Rest“). In diesen Elektroniken stellt sich immer wieder die Aufgabe mit unter große Lasten wie etwa Motoren, Scheinwerfer oder ähnliches mit Leistung bis in den kW-Bereich durch z.B. Mikrocontroller zu steuern. Das Problem stellt sich dadurch, dass die steuernden Elemente Mikrocontroller oder Logikgatter nicht in der Lage sind, nennenswerte Ströme zu liefern. Diese belaufen sich üblicherweise auf wenige mA zugleich sind die verfügbaren Spannungen auf die Betriebsspannung der Logikschaltkreise begrenzt (typisch 3V<Vcc<15V). Die Leistungen die sich dadurch ergeben, reichen kaum um die Spule in einem Relais zu betreiben. Es sind daher unbedingt verstärkende (aktive) Elemente notwendig. Die wichtigste Bauteilgruppe innerhalb dieser „Verstärker“ stellt der Transistor dar. Die ersten Patente zum Prinzip des Transistors wurden von Julius Edgar Lilienfeld in Deutschland 1928 angemeldet. Bis zur endgültigen Fertigung eines Transistors vergingen jedoch noch einige Jahre: Die Erfindung des ersten funktionierenden Transistors wird auf Dezember 1947 in den Bell Laboratories datiert. Beteiligt an der Erfindung waren William B. Shockley, John Bardeen und Walter Brattain, die 1956 den Nobelpreis dafür erhielten. In den 1950er Jahren gab es einen Wettlauf zwischen Röhre und Transistor, in dessen Verlauf die Chancen des Transistors gelegentlich eher skeptisch beurteilt wurden. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik TRA 1 Versuch Nr. 2: Transistoren Zuerst wurden Transistoren aus Germanium hergestellt und ähnlich wie Röhren in winzige Glasröhrchen eingeschmolzen. Das Germanium wurde später durch Silizium ersetzt. Es werden auch Mischmaterialien benutzt, diese sind aber seltener vertreten. Wenn man alle Transistoren in sämtlichen bislang hergestellten Schaltkreisen (Arbeitsspeicher, Prozessoren usw.) zusammenzählt, ist der Transistor inzwischen diejenige technische Funktionseinheit, die von der Menschheit in den höchsten Gesamtstückzahlen produziert wurde. Laut Gordon Moore, dem Mitbegründer der Firma Intel, wurde allein im Jahr 2002 eine Trillion produziert. Diskrete (daher nicht in ICs integrierte) Transistoren lassen sich entsprechend ihrer Bauart und ihrer Eignung in verschiedene Gruppen und Klassen einteilen. 2.1 Wichtige Transistorbauformen Bipolartransistoren sind die „klassische“ Bauform von Transistoren. Ihr interner Aufbau ist in Abbildung 1 schematisch dargestellt. Allen Bipolartransistoren ist gemeinsam, dass ein Basisstrom Ib den Kollektorstrom Ic steuert. Im linearen Bereich folgt Ic dem Zusammenhang: I C= β ⋅ I B Der Faktor ß wird dabei als Stromverstärkung bezeichnet. Typische Werte sind: 20 < β < 500. Bild 1: Schaltzeichen und Diodenersatzschaltbilder TRA 2 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 2: Transistoren Bild 2: Aufbau eines Halbleiterplättchens mit Epitaxal-Einzeltransistor. Soll ein Verbraucher „nur“ ganz ein oder ganz aus geschaltet werden, wird in die Basis soviel Strom eingeleitet, dass IC nicht mehr durch den Transistor selbst sondern durch den Verbraucher (im allg. die externe Beschaltung) begrenzt wird. Man spricht dann vom Sättigungsbereich in dem der Transistor betrieben wird. Der hierfür notwendige Basisstrom kann wie folgt abgeschätzt werden: IB > 2⋅ 1 β ⋅ IC Die Basis wird also bildlich gesprochen mit Strom „übersättigt“. Die Spannung die dabei an der Basis gegen den Ermitter anliegen muss damit dieser Strom fließt, beträgt ca. 0,7 V bei Siliziumtransistoren. Daraus ergeben sich abhängig vom eingesetzten Transistor zum Teil erhebliche Steuerleistungen. Darlington-Transistoren („Kaskadierte Bipolartransistoren“) bieten hier gewisse Vorteile, die jedoch an anderer Stelle (höhere Sättigungsspannung) erkauft werden müssen. Feldeffekttransistoren (unipolare Transistoren) Historisch gesehen ist das Funktionsprinzip des MOSFETs wesentlich länger bekannt als das des Bipolartransistors. Die ersten Patentanmeldungen stammen aus den Jahren 1926 (von Julius Edgar Lilienfeld) und 1934 (Oskar Heil). Die ersten MOSFETs wurden allerdings erst 1960 gefertigt, als mit dem Silizium/Siliziumdioxid ein Materialsystem zur Verfügung stand, mit dem sich eine reproduzierbar gute Halbleiter-Isolator-Grenzfläche herstellen ließ. Damit verbunden war die Abkehr vom Germanium als Basismaterial und steigende Anforderungen an die Fertigungsbedingungen (Reinräume, strenge Temperaturregime). Ein großer Vorteil von FETs gegenüber Bipolartransistoren ist ihr positiver Temp. Koeffizient im Ohmschen Bereich (siehe unten) dadurch wird es möglich bei Bedarf mehrere FETs parallel zu schalten (Gate auf Gate, Source auf Source,....) um einen Transistor größerer Leistungsfähigkeit zu erhalten. Wie auch beim Bipolartransistor gibt es zwei komplementäre Bauformen: N-Kanal-MOSFET und P-Kanal-MOSFET. Diese können jeweils noch in selbstsperrende (enhancement transistor, „Anreicherungstyp“) und selbstleitende (depletion transistor, „Verarmungstyp“) Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik TRA 3 Versuch Nr. 2: Transistoren Bauformen unterschieden werden. Außerdem gibt es auch noch den sogenannten JFET (Unijunctionstransistor), bei dem ein PN- Übergang in Sperrrichtung die Isolation der Gateelektrode zum Kanal übernimmt. Der wichtigste Unterschied zwischen enhancement und depletion Typ ist das Vorzeichen der sog. Threshold Spannung (Threshold = Schwellenwert): Die Gate-Source-Spannung ab der der Transistor leitfähig wird. In diesem Praktikum soll insbesondere die Anwendung der wichtigsten Gruppe dieser Transistoren, der n-Kanal-MOSFET in seiner selbstsperrenden (= enhancement transistor, „Anreicherungstyp“) Variante dargestellt werden. Bild 3: Typen von Transistoren, sehr häufig wird der MOSFET, n-Kanal, Anreicherungstyp eingesetzt. MOSFET-Transistoren, wie der hier gezeigte n-Kanal Anreichungstyp werden mit den üblichen Halbleitertechniken wie Lithographie und verschiedenen Aufbau und Ätztechniken hergestellt. Auf Bild 4 ist der Schnitt durch einen auf einem p-Silizium Wafer aufgebrachten Transistor gezeigt. Bei Power-MOSFETs wird der Bulkanschluss (=Substrat) üblicherweise direkt im Gehäuse mit Source verbunden. TRA 4 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Häufig verwendet Versuch Nr. 2: Transistoren Bild 4: MOSFET-Transistor im Schnittbild und als Schaltsymbol Ein wichtiges Schaubild für MOSFET-Transistoren ist das Kennlinienfeld des Drainstromes über der Drain-Source-Spannung. Mit diesem Schaubild kann man erkennen ob der Transistor für die vorgegebene Aufgabe geeignet ist. Das bei Bipolartransistoren übliche Schaubild der Eingangsdiode entfällt bei MOSFET-Transistoren. Die Gateelektrode wirkt zusammen mit Source wie eine einfache Kapazität. Ohmscher Bereich Sättigungs Bereich Bild 5: Typisches Kennlinienfeld eines MOSFET-Transistors Das Übertragungsverhalten eines MOSFET lässt sich wie auch beim Bipolartransistor in 3 Bereiche aufteilen. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik TRA 5 Versuch Nr. 2: Transistoren 2.2 Betriebsbereiche • Sperrbereich: Der Sperrbereich ist der Bereich in dem der Transistor keinen Strom leitet. Bedingung für diesen Fall ist: U GS < U th . Mit Uth wird also diejenige Spannung bezeichnet, bei der der Transistor leitend wird. Bei einem N-Kanal enhancement Typ (wie in unserem Praktikum) ist diese Spannung positiv (normalerweise 1V < Uth < 5V). Bei einer Gate-Source-Spannung von UGS = 0V ist der Transistor also im Sperrbereich. Daher auch das Attribut „selbstsperrend“. (Der depletion Typ hat eine negative Thresholdspannung, ist daher bei 0V UGS schon leitfähig und wird daher als selbstleitend bezeichnet.) • Sättigungsbereich: Der Sättigungsbereich ist gegeben wenn U DS ≥ U GS − U th und U GS > U th ist. Für den Drain-Strom ergibt sich folgende quadratischen Kennlinie: 2 I D = K ⋅ (U GS − U th ) . 2 Der sog. Steilheits- oder auch Transkonduktanzkoeffizient K lässt sich zwar theoretisch aus den Halbleitermaterialparametern und der Transistorgeometrie errechnen, diese sind aber normalerweise nicht angegeben. In der Praxis wird nur die Parabel graphisch im Datenblatt abgebildet und Steigung der Kurve bei einem bestimmtem Drainstrom linearisiert angegeben und meistens mit Transkonduktanz bezeichnet. TRA 6 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 2: Transistoren Bild 6: Kennlinie zur Transkonduktanz. Die Kurve gibt vor allem an, welchen Strom der Transistor abhängig von der UGS überhaupt leiten kann. Im Kennlinienfeld entspricht dies dem Teil rechts der grauen Parabel (die waagerechten Kennlinienbereiche) • Ohmscher Bereich Der Ohmsche Bereich, auch Trioden Gebiet genannt ist im Kennlinienfeld links der grauen Parabel definiert. Der Transistor zeigt in diesem Bereich ein resistives Verhalten. Die Kennlinien (für UGS = Konst.) sind wieder Parabeln die allerdings im Bereich des Ursprungs sehr linear verlaufen. Für moderate Ströme und ausreichendes UGS kann also der DrainSource- Widerstand als ohmsch bezeichnet werden. Dabei ist zu beachten, dass er weiterhin durch die Größe von UGS gesteuert werden kann. 2.3 Wichtige Parameter zur Auswahl von MOSFETs Die wichtigsten Parameter zu einem Transistor finden sich meist direkt auf der 1. oder 2. Seite des Datenblattes. Die Datenblätter können im allg. schnell über beispielsweise „Google“ im Internet unter Eingabe des Bauteilnamens gefunden werden. • RDson Werden MOSFETs als Schalter verwendet so werden sie im Ohmschen Bereich betrieben. Mit dem RDson kann errechnet werden, welche Verlustleistung am Transistor im Betrieb abfallen wird. • UDS Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik TRA 7 Versuch Nr. 2: Transistoren Gibt die maximal zulässige Sperrspannung zwischen Drain und Source an. Diese Spannung sollte im allgemeinen mind. 50% über der vorgesehenen Betriebsspannung liegen. • UGS Spannungsfestigkeit des Gate-Source-Isolationsmaterial. Größere Spannungen zerstören diese Schicht und damit den Transistor. Wichtig für die Auslegung der Treiberschaltung. • ID In den Datenblättern werden an verschiedener Stelle Drainströme angegeben. Diese beziehen sich jeweils auf bestimmte Zusatzbedingungen (Peak pulsed, bei Temp.= 25°C, 100°C, 125°C...) Auch der Wert der als Continous ID angegeben wird setzt eine ausreichende Kühlung des Transistors voraus. Dieser Wert kann aber schon mal als grobe Orientierung bei der Auswahl dienen. • Uth Steht meist erst auf der zweiten Seite und wird meist mit minimal, typisch und maximal Wert angegeben. • Package Obwohl die Gehäuse standardisiert sind wird meist auf den letzten Seiten des Datenblattes noch eine Maßzeichnung des verwendeten Gehäuses abgedruckt. Es gibt eine große Auswahl an Gehäusen für Transistoren die für die verschiedenen Einsatzzwecke optimiert sind: kleine, große, flache,... Sie unterscheiden sich (im Bereich der Powertransistoren) vor allem in der Verlustleistung die der Transistor darin an die Umgebung abgeben kann und ob ein Kühlkörper angeschlossen werden kann. Besonders wichtig ist auch die Anschlussbelegung des einzelnen Transistors, da diese nicht einheitlich ist. So ist nicht immer das Gate am selben Anschlussbeinchen. Häufig verwendet wird für Power MOSFETs das Gehäuse TO220 das auch in unserem Praktikum zum Einsatz kommt. • Ptot: Bezieht sich wieder auf eine bestimmte Kühlung (hier: besonders gute Kühlung) und ist daher nicht besonders relevant. Wichtiger ist: • Operating Temperature: In welchem Temperaturbereich kann der FET betrieben werden. Die Angabe bezieht sich immer auf den Chip selbst. Die für unseren Versuch wichtige obere Temperatur liegt bei MOSFET’s im allgemeinen bei 125°C bis 150°C . • Thermal resistance, chip case oder chip ambiant Wärmeübergangswiderstand vom Chip zum Gehäuse außen und gegenüber der Umgebung. Der erste Wert ist für Kühlkörpermontage relevant. ϑchip = ϑumgebung + ( Rth1 + Rth 2 + ...) • Ptot ; Diese Wärmewiderstände sind extrem abhängig von der Einbaulage und anderen Einflussfaktoren. Die Berechnung der Chiptemperatur ist mit dieser einfachen Methode nicht besondere genau. Es ist daher ratsam eine entsprechend vorsichtige Auslegung zu wählen. (genauer wäre z.B. eine FEM-Simulation) TRA 8 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 2: Transistoren In verschiedenen Anwendungen kann es nötig werden, noch eine Vielzahl anderer Parameter zu überprüfen, für „normale“ einfache Schaltaufgaben reichen die hier angesprochenen Werte aus. 2.4 Vorgehen bei der Auswahl von MOSFET-Transistoren Bei der Suche nach einem Transistor geht man im allgemeinem so vor: Bestimmen der benötigten Sperrspannung Bestimmen der Stromtragfähigkeit Kataloge wälzen in denen zu jedem Typ die oben genannten Werte angegeben sind (Gehäusebauform beachten) Datenblätter der gefundenen Typen suchen und restlichen Parameter überprüfen. 3 Ausprägung im Versuch Im Praktikumsversuch werden Transistoren in verschiedenen Schaltungen betrachtet. Sie werden dazu zumeist voll durchgesteuert eingesetzt. Damit können Verluste im Vergleich zur Beschaltung mit Widerständen gesenkt werden. Tiefsetzsteller Ein Tiefsetzsteller dient dazu, die Spannung am Bauteil beziehungsweise den Strom durch ein Bauteil zu begrenzen. Klassischerweise wird eine solche Aufgabe durch einen vorgeschalteten Widerstand gelöst. Bild 7 zeigt eine solche Anordnung. Der Widerstand, der den Strom begrenzen soll, wird dabei vom gleichen Strom wie das Bauteil durchflossen. Damit ergibt sich bei großen Strömen eine erhebliche Verlustleistung, die den Gesamtwirkungsgrad der Anordnung stark herabsetzt. Bild 7: Ballastwiderstand zur Strombegrenzung in der Last Um die Verluste zu reduzieren wird folgende Methode angewandt. Mit einem Schalter wird der Strom in der Last periodisch an- und abgeschaltet. Die geschieht so, dass die über die Zeit integrierte mittlere Leistung an der Last dem gewünschten Wert entspricht. Dieser wird durch das Verhältnis der Ein- und Ausschaltzeiten bestimmt. Das Verfahren wird Pulsweitenmodulation genannt. Eine minimale Tiefsetzstellerschaltung ist in Bild 8 gezeigt: Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik TRA 9 Versuch Nr. 2: Transistoren Bild 8: Tiefsetzsteller mit Schalter Der Schalter wird in der realen Schaltung durch einen Transistor ersetzt. Mit diesem können Ströme bis weit über den MHz-Bereich unterbrochen werden. Stört die Welligkeit der Spannung an der Last kann die Spannung zusätzlich mit einem Kondensator geglättet werden. Der Transistor und der Tiefsetzsteller sind der Hauptteil des ersten Praktikumsversuchs. Diese Schaltung wird beispielsweise in den Schrittmotortreiberbausteinen die im Praktikum zum Einsatz kommen verwendet. Sie dient hier im Stromregelkreis für den Schrittmotorstrangstrom als Stellglied. In diesem wird die Strominformation über einen Messwiderstand zurückgekoppelt und der Regelkreis passt die Strangspannung mit dem Tiefsetzsteller an. Brückenschaltungen Viele Anwendungen erfordern es, dass der Verbraucher nicht nur von der Spannungsquelle getrennt wird. So ist es z. B. bei Piezoaktoren notwendig sie nach dem Aufladen wieder definiert zu entladen. Dazu muss die Klemme, die zum Beladen auf dem Potential der Betriebsspannung war, auf das Potential der zweiten Klemme des Piezos gezogen werden. Über Be- und Entladewiderstände können definierte Zeitkonstanten erzielt werden. Der obere Transistor solcher Brückenschaltungen spielt eine besondere Rolle. Bei seiner Ansteuerung wird normalerweise ein Potential von wenigen Volt benutzt die sich auf die Masse beziehen. Die Source-Spannung des Transistors ist aber je nach Zustand der Schaltung veränderlich. Damit kann mit der Standardansteuerung kein definiertes Potential gegenüber Source aufgebaut werden. Der sogenannte DC-DC-Wandler und die BootstrapSchaltung sind Möglichkeiten ein „sauberes“ Bezugpotential für den oberen Transistor bereitzustellen. Der DC-DC-Wandler in diesem Praktikumsversuch erzeugt aus einer 12V Spannung wieder eine Spannung selber Höhe, jedoch liegen die Massen der beiden Spannung nicht auf demselben Potential. Bild 9 zeigt die Idee einer Bootstrap-Schaltung: Ist der Piezo ungeladen, so liegt der SourceAnschluss von T2 auf Potential der Masse. Der Kondensator C kann sich nun über die Diode auf Vcc=12V aufladen. Ist der Piezo jedoch geladen, so liegt der Source-Anschluss nicht mehr auf Masse, sondern auf einem höheren Potential. Da der Kondensator jedoch voll geladen ist und sich nicht entladen kann (die Diode verhindert dies), liegen beim Schließen TRA 10 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 2: Transistoren des Schalters S die kompletten 12V zwischen Gate- und Source-Anschluss. Der Transistor kann voll durchgesteuert werden. Bild 9: Funktionsprinzip einer Bootstrap-Schaltung Bild 10: Drei mögliche Schaltungen zur Ladung und Entladung von Piezokeramiken Will man darüber hinausgehend den Piezo mit zwei verschiedenen Polungen aus einer Spannungsquelle versorgen, muss man eine Vollbrückenschaltung aufbauen. Hier kommen als Schalter 4 Transistoren zum Einsatz der Strom der in die Last fließt kann durch die Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik TRA 11 Versuch Nr. 2: Transistoren Ansteuerung der Transistoren umgeschaltet werden. Auch hier können die Be- und Entladezeiten durch Widerstände eingestellt werden (siehe 1). Diese Schaltung wird weniger häufig bei Piezokeramiken eingesetzt als bei elektromagnetischen Aktoren mit Spulen, wie z. B. Schrittmotoren. Bei der sogenannten bipolaren Ansteuerung von Schrittmotoren mit zwei Wicklungen kommen zwei solcher Vollbrücken zum Einsatz (Siehe Praktikumsversuch über Motoren) Bild 11: Vollbrückenschaltungen mit den jeweiligen Strömen zu den Piezos 4 Hausaufgaben Für den Versuch 1 soll ein Transistor ausgewählt werden (PLampe=100 W, U = 12V) 1. Welchen maximalen Betriebsstrom muss der Transistor tragen können? 2. Welche Sperrspannung sollte der Transistor mindestens aufweisen? 3. Wie groß darf der Drain-Source-On-Widerstand maximal sein, damit im voll durchgeschalteten Betrieb (Plampe = 100 W) die Verlustleistung am Transistor 1 W nicht übersteigt? 4. Wählen Sie einen Transistor aus dem Angebot eines Elektronikversands aus (z. B. Farnell oder Conrad)! Farnell eignet sich hierbei für die Recherche am besten, da man einzelne technische Daten in einem Suchraster eintragen kann. Der Transistor muss folgende Eigenschaften aufweisen: • Er muss den Belastungen, die in Aufgaben 1-3 errechnet wurden, standhalten. • Er muss ein Gehäuse vom Typ TO220 besitzen. • Die Anschlussbelegung muss (von oben betrachtet, von links nach rechts) Gate Drain Source lauten. TRA 12 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 2: Transistoren • Die maximale Gate-Source-Spannung muss mindestens 20 V betragen. Drucken Sie das Datenblatt aus und legen Sie es Ihrer Hausaufgabe bei. 5. Welchen Wärmewiderstand muss der Kühlkörper besitzen, damit bei Raumtemperatur und einer Verlustleistung am FET von 13 W eine Chiptemperatur von 125°C nicht überschritten wird (bezogen auf den von Ihnen ausgewählten Transistor!)? Aufgaben Teil 2: Es gelten folgende Werte: Up = 30 V R1 = R2 = 100 Ω, RDSon für T1 = T2 = 0,1 Ω, Cp = 10 nF 6. Berechnen Sie die Energie, die in R1 und T1 (siehe Prinzipschaltbild für den Schaltverstärker bei der Versuchsdurchführung) beim vollständigen Entladen des Piezos umgesetzt wird! Annahme: Der Piezo sei ein idealer Kondensator. Der Piezo wurde vollständig auf Up aufgeladen. 7. In welchem Verhältnis teilt sich die Verlustenergie auf T1 und R1 auf (Näherung)? 8. Welche Verlustleistung wird in R1 durchschnittlich umgesetzt, wenn ein Piezo mit 10 kHz geladen und entladen wird (Näherung)? 9. Wie groß ist die Verlustleistung am Widerstand R2? Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik TRA 13 Versuch Nr. 2: Transistoren 5 Praktikumsaufgaben: Im Laufe von Versuchsteil Nr. 1 soll eine bzw. zwei 50 W Halogenglühbirnen durch einen Transistor geschaltet und gedimmt werden. Die Betriebsspannung dieser Lampen beträgt 12 V. Versuchsteil 1: Tiefsetzsteller a) Stellen Sie am Leistungsnetzteil 3,3 V ein! Verbinden sie auf dem Steckbrett „Tiefsetzsteller“ die Anschlüsse und Baugruppen zu der in Bild 9 gezeigten Schaltung! Stecken Sie die Spannungsversorgung erst nach Kontrolle durch den Assistenten ein! Bild 9: Schaltung zur Vermessung der Transistorkennlinien Messung der Thresholdspannung: Als Lastwiderstand dient eine Halogenlampe. Die Gate-Source-Spannung kann mit dem Potimodul eingestellt werden. Steigern Sie langsam die Gatespannung (Poti) bis ein Stromfluss einsetzt! Aufnehmen von Kennlinien: Stellen Sie das Leistungsnetzteil auf 0 V. Stellen Sie die in der Tabelle links angegebene Gate-Source-Spannung ein! Steigern Sie die Spannung am Netzteil, sodass sich ein UDS von ca. 0,2 V einstellt! Messen Sie nun ID und UDS genau! Steigern Sie die Spannung am Leistungsnetzeil, zunächst in 0,2 V-Schritten von UDS später in größer werdenden Schritten bis 5 V. Bei dieser Messung wird der Transistor schnell warm, sie müssen daher zügig vorgehen. Zwischen den Messreihen muss der Transistor abkühlen. Übertragen Sie die untenstehende Tabelle auf Ihr Aufgabenblatt! Messen Sie die benötigten Werte für die verschiedenen Gate-Source-Spannungen! Zeichnen Sie daraus ein Kennlinienfeld! Diskutieren Sie im Anschluss kurz Ihr Ergebnis! TRA 14 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 2: Transistoren UGS=Uth+0,15V UGS=Uth+0,3V UGS=Uth+0,5V UDS ID UDS ID UDS ID b) Im Folgenden soll der für den Schalterbetrieb wichtige Kennwert RDSOn vermessen werden. Das Netzteil bleibt auf 3,3 V. Für diesen Versuch wird ein Widerstandsmodul mit 0,33 Ohm verwendet. Die Eingangsspannung des Potimoduls wird auf 12 V eingestellt. Uth + 1V UGS Uth + 2V Uth + 3V Uth + 5V Uth + 7V ID bei R=0,33 Ω UDS RDson Übertragen Sie wieder die Tabelle auf Ihr Arbeitsblatt! Zeichnen Sie diesmal ein Diagramm, bei dem Sie RDson über UGS auftragen! c) Im folgenden Versuch soll der Tiefsetzsteller untersucht werden. Dazu werden die in den Vorbereitungsfragen angesprochenen Glühbirnen betrieben. Zuerst wird eine Lampe mit 50 W eingesetzt. Schließen Sie als erstes den Spannungsmesser parallel zur Glühlampe an! Im Lauf des Versuchs soll die Lampe mit Hilfe des Transistors auf 0 %, 25 %, 50 %, 75 % 100% gedimmt werden. Der Transistor soll dabei mit verschiedenen Ansteuerschaltungen gesteuert werden. Zunächst mit einer Konstantspannung aus einem Poti (wie oben), dann mit einem pulsweitenmoduliertem Signal direkt aus einem Mikrocontroller und zuletzt mit eben diesem Signal, jedoch verstärkt durch einen sog. MOSFET Treiber. Die Qualität der Steuerung soll dabei anhand der Steuercharakteristik und der Erwärmung des Transistors bewertet werden. Stellen Sie die Gate-Source-Spannung mit dem Potentiometer so ein, dass die Spannung an der Lampe die Werte aus der Tabelle annimmt! Messen Sie den Lampenstrom. Wiederholen Sie nach ca. 15 sek. die Messung von Spannung und Strom an der Lampe! Die Spannung am Leistungsnetzteil beträgt 12V. Übertragen Sie die Tabelle wieder auf das Arbeitsblatt: Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik TRA 15 Versuch Nr. 2: Transistoren Spannung an der Lampe Gate-Source-Spannung: 3V 6V XXX 9V XXX 12V XXX Lampenstrom Leistung der Glühbirne d) Lassen Sie den Transistor abkühlen! Ersetzen Sie das Potentiometer durch das PWM-Modul. Als Last wird nun eine 50W Halogenbirne verwendet. Erstellen Sie wie für das Potentiometer obige Tabelle! Betrachten Sie zusätzlich qualitativ die GateSource-Spannung und Drain-Source-Spannung mit dem Oszilloskop! e) Stecken Sie nach Abkühlung des Transistors das Treibermodul in das Steckbrett! Wiederholen Sie obiges Vorgehen! Welche Veränderung bemerken Sie? f) Bringen Sie nun die Induktivität in Reihenschaltung zu den Lampen! Stecken Sie zusätzlich die Freilaufdiode in Parallelschaltung auf das Steckbrett! Gehen Sie für Ihre Messung wie in c) bis e) beschrieben vor! Welche Beobachtung können Sie nun am Oszilloskop machen? Probieren Sie was geschieht, wenn Sie die Freilaufdiode im Betrieb abstecken! TRA 16 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 2: Transistoren Versuchsteil 2: Ansteuerung von kapazitiven Lasten In diesem Versuchteil sollen kapazitive Lasten angesteuert werden. Auch Piezoaktoren wie die im Praktikumsdruckkopf verhalten sich annähernd wie eine kapazitive Last. Zur Ansteuerung wird eine Transistorhalbbrücke verwendet. DC DC +12V Logic in Pegelshift Prinzipschaltplan für den Schaltverstärker Stecken Sie die einzelnen Module wie auf dem Steckbrett ersichtlich zusammen! Benutzen Sie an Stelle des Piezos eine Lastkapazität von 10 nF. Der Betrieb mit periodischen Signalen, wie sie auch den Druckkopf ansteuern, erfolgt durch den Taktgenerator. a) Beobachten Sie mit dem Oszilloskop die Spannung an der Kapazität. Welche Kriterien bzgl. des Signals müsste man bei dem Betrieb eines Druckkopfes heranziehen? b) Vermessen Sie die wichtigsten Punkte der Ansteuerschaltung. Merken sie sich qualitativ die Spannungsverläufe! Ersetzen Sie die Bootstrapschaltung, die für die Potentialeinstellung des oberen MOSFET- Transistors notwendig ist, durch den DC-DC-Wandler! c) Beobachten Sie wie in b) verschiedene Punkte der Schaltung! Welche Veränderungen können Sie feststellen? Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik TRA 17 Versuch Nr. 2: Transistoren 6 Literatur [1] Schrüfer, E., 2004, Elektrische Messtechnik, 8. Auflage, Hanser, München [2] U. Tietze, Ch. Schenk, 1986, Halbleiter-Schaltungstechnik, Achte, Überarbeitete Auflage, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York. [3] Vorlesungsskriptum Feinmesstechnik 2, Prof. Heinzl, 1998, TU München TRA 18 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 3: Operationsverstärker Beschreibung zu Versuch Nr. 3: Regelungstechnik mit dem Operationsverstärker (OP) Yuichiro Honda, überarbeitet von Jakob Neuhäuser 1. Einordnung Im Rahmen dieses Praktikums soll ein 3D-Wachsdruckgerät in Betrieb genommen werden. Eine Teilaufgabe davon ist die Temperaturregelung des Druckkopfes. Um die Viskosität des Wachses einzustellen und um das Wachs durch Druckdrüsen auszuspritzen, muss der Druckkopf beheizt werden. Verschiedene Umgebungsbedingungen erfordern eine individuelle Temperaturregelung des Druckkopfes. Im Praktikum wird dazu ein Aufbau mit einem Zweipunktregler mit Rückführung verwendet. Ein Temperatursensor (Thermoelement des Typs K (TE-K) oder ein PT100-Sensor), ein Verstärker, ein Regler, eine Relais-Schaltung und ein Heizelement bilden hier den Regelkreis (Abb. 1). Der Sensor überwacht die Temperatur des Druckkopfes. Der Verstärker verstärkt das Sensorsignal auf das 1000-fache. Das verstärkte Sensorsignal wird vom Regler verarbeitet. Der Regler ist eine Schmitt-Trigger-Schaltung bestehend aus einem Operationsverstärker (OP). Im Allgemeinen können OPs keine ausreichende Energiezufuhr für ein elektrisches Heizelement gewährleisten. Daher wird eine Relais-Schaltung am Ausgang des OPs verwendet. Das elektrische Heizelement erwärmt daraufhin den Druckkopf. Druckkopf Thermosensor x1000 Regler Relais Heizelement Elektrisches Signal Thermische Kupplung Bild 1: Regelkreis der Regelung der Druckkopftemperatur 2. Theorie und Materialien Bei der Temperaturmessung muss eine passende Verbindung der Messleitungen ausgewählt werden. Da die Kontaktstelle gelötet ist, könnte das Lot während der Messung schmelzen. Bei normalen Lötkontakten sollte eine Temperaturmessung über 170°C nicht durchgeführt werden. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik OP 1 Versuch Nr. 3: Operationsverstärker 2.1. Temperatursensoren Temperatursensoren basieren auf thermischen Eigenschaften von Materialien (thermomechanisch, thermoelektrisch und thermochemisch). Im Praktikum werden ein Thermoelement vom Typ K (TE-K) und ein thermoelektrischer Widerstand PT100, verwendet. Die Ausgangsgrößen der beiden Sensoren sind unterschiedlich. Die Messgrößen des TE-Ks und des PT100 sind elektrische Spannung bzw. elektrischer Widerstand. Thermoelektrische Widerstände werden allgemein in PTC- und NTC-Typen unterteilt. PTC und NTC sind Widerstände mit positivem bzw. negativem Temperaturkoeffizienten. Beim PTC erhöht sich der Widerstand bei steigender Temperatur. Der NTC hingegen weist einen negativen Temperaturkoeffizienten auf. Deshalb wird der PTC als Kaltleiter und der NTC als Heißleiter bezeichnet. Beide Sensortypen besitzen Eigenschaften, die sie für verschiedene Anwendungen unterschiedlich gut geeignet machen. In Tabelle 1 werden Thermoelement und thermoelektrischer Widerstand verglichen [1]. Tabelle 1: Vor- und Nachteile des Thermoelementes und des thermoelektrischen Widerstand-Sensors (engl. RTD = Resistance Temperature Detector) Merkmale Thermoelement Antwortzeit Besser Maximale Temperatur Höher Unempfindlichkeit Besser Kosteneffizienz Besser RTD Genauigkeit Besser Langfristige Stabilität Besser Standardisierung Besser 2.1.1. Thermoelement Ein Thermoelement (TE) besteht aus zwei bestimmten Metall-Legierungen, die in Kontakt stehen (verlötet oder verschweißt). Das TE erzeugt dabei eine elektrische Spannung (Thermospannung), die durch den Seebeck-Effekt erzeugt wird. In Tabelle 2 werden verschiedene Typen von Thermoelementen, deren Metall-Legierungen und deren Temperaturbereiche dargestellt [2]. Im Praktikum wird das Thermoelement vom Typ K (NiCrNi) verwendet. OP 2 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 3: Operationsverstärker Typ Material Temperaturbereich in °C B Pt30%Rh - Pt6%Rh 0 ~ 1790 E NiCr – CuNi -200 ~ 900 J Fe - CuNi 0 ~ 760 K NiCr - Ni oder NiCr - NiAl -250 ~ 1260 L Fe - CuNi 0 ~760 N NiCrSi - NiSi 300 ~ 1260 R Pt13%Rh - Pt 1200 ~ 1790 S Pt10%Rh - Pt 1200 ~1768 T Cu - CuNi -270 ~ 400 U Cu - CuNi 0 ~ 370 Tabelle 2: Verschiedene Thermoelemente, Materialkombinationen und Temperaturbereiche 2.1.2. PT100 PT100 ist ein thermoelektrischer Widerstand (engl. RTD) mit einem positiven Temperaturkoeffizienten. Die Widerstandsänderung beruht auf der Materialeigenschaft der Platinlegierung. Das Verhältnis zwischen Temperatur und Widerstand ist nahezu linear für einen kleinen Temperaturbereich. Der Widerstandswert wird mit Hilfe einer Umwandlungsschaltung als elektrische Spannung oder als elektrischer Strom gemessen. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Wärmeentwicklung aus dem Messstrom die Messung nicht beeinflusst. Es gibt Zwei-, Drei- und Vier-Draht Systeme von PT100 Sensoren. Bei 4-Draht-Systemen bestehen die 4 Leitungen aus zwei Spannungsmessleitungen und zwei Stromzuführleitungen. IEC751 definiert die Farbcodierung für die Sensorkabel des Platin-Widerstand-Thermometers (Rot/WeißMarkierung) wie folgt (Abb. 2) [3]. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik OP 3 Versuch Nr. 3: Operationsverstärker Bild 2: Die Farbcodierung des Platin-Widerstand-Thermometers Der PT100-Sensor ist entsprechend der Messgenauigkeit klassifiziert (Tab. 3). Im Praktikum wird ein 2-Draht-System der Klasse B verwendet. Tabelle 3: Norm IEC 60751: Sensor-Klassen für PT100 Norm IEC 60751 Genauigkeit bei 0 °C Klasse AA ± 0,10°C Klasse A ± 0,15°C Klasse B ± 0,30°C Klasse C ± 0,60°C 2.2. Operationsverstärker Operationsverstärker (OP) sind elektrische Analogbauteile, die in der Regel als integrierte Schaltungen (10 bis 50 Transistoren und etliche Widerstände auf einem Quadratmillimeter großen Chip) ausgeführt sind. Im Gegensatz zur Digitaltechnik, bei der nur zwei Zustände (z. B.: 0 V=Low, 5 V=High) existieren, liegt die Information in der Analogtechnik in den kontinuierlichen Spannungs- bzw. Stromwerten vor. Mit OPs lassen sich mit geringem, zusätzlichem Hardwareaufwand Schaltungen mit den unterschiedlichsten Funktionen (Verstärker, Analogrechenelemente, Oszillatoren, Filter) realisieren. Für spezielle Einsatzbereiche von OPs (DMS-Verstärker, HiFi-Verstärker, Videosignalverarbeitung, Biopotential-Verstärker) stehen von verschiedenen Anbietern zahlreiche Typen zur Verfügung. Außerdem macht die Weiterentwicklung der Herstellungstechnik (J-FET-, Bipolar- und CMOS-OPs) die Operationsverstärker zunehmend anwenderfreundlich. Die richtige Auswahl eines OPs ist sehr wichtig, um die jeweiligen Spezifikationen zu erfüllen. Es gibt keinen idealen OP für alle Zwecke! Operationsverstärker besitzen mindestens fünf Anschlusspins: Zwei Eingänge, einen Ausgang und zwei Pins für die Betriebsspannung (siehe Abb. 3). Bild 3: Anschlusspins eines Operationsverstärkers OP 4 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 3: Operationsverstärker Die Eingänge bestehen aus einem invertierenden und einem nichtinvertierenden Pin. Beim Schaltungsaufbau muss man die beiden Eingänge dem jeweiligen Zweck entsprechend verwenden. Sie sind nicht vertauschbar. Anwendungsbeispiele werden im Kapital 3.5 (Grundschaltungen mit dem Operationsverstärker) dargestellt. Im Allgemeinen weicht ein OP wegen Nullpunktfehlern, Ein-/Ausgangswiderständen und Ein-/Ausgangsströmen vom idealen OP ab (Tab. 4). Durch die große Universalität und der damit verbundenen weiten Verbreitung ist eine Massenproduktion mit niedrigen Stückkosten möglich. Z. B. kostet ein typischer OP vom Typ 741 im Einzelhandel ca. 15 Cent. Neben Einzeloperationsverstärkern sind auch Mehrfach-OPs erhältlich, wobei zwei bzw. vier OPs in einem 8- bzw. 14-poligen Gehäuse vereint sind. Tabelle 4: Parametervergleich zwischen dem idealen OP, TL082 (J-FET) und µA741C (bipolar) Größe ideal TL082 µA741C Eingangswiderstand in Ω ∞ 1012 2x106 Eingangsstrom in pA 0 20 80x103 Ausgangswiderstand in Ω 0 40 75 Maximaler Ausgangsstrom in mA ∞ 40 25 2.3. Relais Ein Relais wird häufig als Schnittstelle zwischen einem Regelungs-/Steuerungssignal (einer Regelungs-/Steuerungsschaltung) und dem Treiber eines elektrischen Aktors (einer Starkstromschaltung) eingesetzt. Beim konventionellen Relais wird durch einen mechanischen Kippmechanismus die Ein-/Ausschaltung realisiert. Bei jedem Kippen der Kontaktstelle des Relais werden allerdings mechanische Schwingungen erzeugt. Dadurch entstehen bei einem Schaltzustandwechsel mehrmalige Kontakte in kurzer Zeit (ca. 50 ms). Ein neuer Typ von Relais ist ein Solidstate-Relais. Dieses Relais verzichtet auf den mechanischen, beweglichen Teil. Somit entsteht keine Schwingung beim Schaltzustandwechsel. Die Lebensdauer des Solidstate-Relais ist länger als die eines mechanischen Relais. Im Praktikum wird ein mechanisches Relais verwendet. 2.4. Elektrische Heizelemente Elektrische Heizelemente entwickeln Wärme aus elektrischer Energie. Beispiele für ein solches Heizelement sind ein Widerstand (eine Heizwendel, eine Glühwendel) und ein Peltier-Element. Im Praktikum werden normale Widerstände als Heizelemente verwendet. Sie werden seriell gelötet und in den Druckkopf eingesetzt. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik OP 5 Versuch Nr. 3: Operationsverstärker 2.5. Druckkopf Der Druckkopf wurde speziell für das Praktikum aus einer Aluminium-Legierung hergestellt. Er besteht aus den Temperatursensoren, dem Heizelement, einer Wachskammer und einer Wachsspritzdüse. 3 Ausprägungen im Versuch 3.1. Thermoelement vom Typ K Abbildung 4 zeigt die Kennlinie des Thermoelementes Typ K [2]. Die Linie kann man mit der Gleichung Thermospannung [mV] = 0,0407 [mV/°C] ⋅ Temperatur [°C] + 0,0094 [mV] proportional annähren. Bild 4: Kennlinie der Thermoelement Typ K, Temperatur gegen Thermospannung 3.2. PT100 Ein PT100 besitzt die Widerstandwerte 100 Ω bei 0°C und 138,4 Ω bei 100°C. Es gibt ein festes Verhältnis zwischen dem Widerstand und der Temperatur. Dies wurde durch den OP 6 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 3: Operationsverstärker „International Temperature Standard 90“ (IST-90) sowie durch die IEC751 definiert (Gleichung 2). R t = R 0 ⋅ (1 + A ⋅ t + B ⋅ t 2 + C ⋅ ( t − 100 ) ⋅ t 3 ) (2) t : gegebene Temperatur Rt : Widerstand bei t R0 : Nennwiderstand bei 0 °C (100 Ω) 1 °C −3 A = 3,9083 ⋅10 −7 B = − 5,775 ⋅10 −12 C = − 4,183 ⋅10 C= 0 1 °C 4 1 °C 2 1 °C 4 (t < 0 °C), (t >= 0 °C). Bild 5: Kennlinie des PT100, Temperatur gegen Widerstand Die Widerstandswerte ändern sich nahezu linear über den Temperaturbereich von 0 bis 100°C. Damit ändert sich der Widerstandwert um 0,384 Ω je 1°C Temperaturänderung. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik OP 7 Versuch Nr. 3: Operationsverstärker Wenn man die Kurve im Temperaturbereich von 0ºC bis 100ºC linear annährt (Gleichung 3), ergibt sich beispielsweise ein Fehler von ca. 0,4ºC bei 50ºC. R t = R 0 ⋅ (1+A' ⋅ t) A' = 3,85 ⋅ 10−3 (3) 1 °C Lässt man durch einen Widerstand von 100 Ω einen Strom von 100 mA fließen, so wird eine Wärmeenergie von 100 µW erzeugt. Ein Teil der Wärmeenergie erwärmt den Sensor. Zur Vermeidung oder zur Verringerung des Messfehlers sollte ein guter Wärmekontakt zwischen dem Messobjekt und dem Sensor bestehen. 3.3. Operationsverstärker Der OP TL082 ist ein typisches Beispiel für einen Baustein mit J-FET-Eingängen (1012 Ω) mit fünf Anschlusspins. Im Praktikum werden zwei Operationsverstärker (in einem Gehäuse) als nichtinvertierender Verstärker und als Schmitt-Trigger verschaltet. Der Verstärkungsfaktor des Verstärkers ist ca. 1000. Mit der Schmitt-Trigger-Schaltung kann man die gewünschten Kippspannungen einstellen. Sie sind beide an die ±15 V Versorgungsspannung angeschlossen. Teilnehmer am Praktikum können eine oder mehrere Schaltungen mit selber ausgewähltem Operationsverstärker auf einer Steckplatine aufbauen (Siehe Kapitel 5.2, Vorbereitung). 3.4. Heizelement Das Heizelement besteht aus vier Widerständen (jeweils 33 Ω). Sie sind seriell verbunden und an die ±15 V Versorgungsspannung angeschlossen. In den Widerständen wird die elektrische Energie in Wärmeenergie umgewandelt. Die Leistung (P) wird aus dem elektrischen Strom (I) und dem Widerstand (R) mit der Gleichung 4 beschrieben. P = I2R (4) 3.5 Grundschaltungen mit dem Operationsverstärker Üblicherweise werden OPs immer mit einer äußeren Beschaltung betrieben, die dann für das Verhalten der Schaltung ausschlaggebend ist. Die folgenden Schaltungen sind Grundschaltungen mit Operationsverstärkern. Die Anwendung von Operationsverstärkern ist vielseitig. Genauere Informationen zu verschiedenen Reglern, sowie der internen Funktionsweise von OPs werden in der Literatur [4], [5] gezeigt. Zum besseren Verständnis der Funktion einer Schaltung mit einem OP, gilt es, eine wichtige Regel zu beachten: Die Spannung zwischen dem invertierenden und nichtinvertierenden Eingang ist immer NULL. Zwischen beiden Eingängen besteht aber kein Kurzschluss (Virtuell Short). OP 8 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 3: Operationsverstärker Ein idealer OP besitzt einen unbegrenzt hohen Eingangswiderstand, reagiert am Ausgang ohne Zeitverzögerung und kann unbegrenzte Ströme am Ausgang liefern. Tabelle 5: Grundschaltungen von Operationsverstärkern Invertierender Verstärker UA = UE −R 0 R1 Nichtinvertierender Verstärker *Diese einen Schaltung sehr kann • hohen Eingangswiderstand besitzen! ⎛ R ⎞ U A = U E ⎜1 + 0 ⎟ ⎝ R1 ⎠ Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik OP 9 Versuch Nr. 3: Operationsverstärker Additionsverstärker UA = −R 0 −R 0 −R 0 U E1 + U E2 + U E3 R1 R2 R1 Subtraktionsverstärker U A = U E2 (R 0 + R1 )R 3 − U R 0 (R 2 + R 3 )R1 E1 R1 Wenn R0=R1=R2=R3, U A = U E2 − U E1 Spannungs-Strom-Wandler ⎛1 R 22 1⎞ I a = U e⎜ + ⎟ mit R 3 = R1 + R 2 ⎝ R1 R 2 ⎠ OP 10 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 3: Operationsverstärker Strom-Spannungs-Wandler U A = −I e ⋅ R 0 Integrator U A (t ) = U A (t = 0) − 1 τ t1 ∫ U (t)dt E t0 mit der Zeitkonstante: τ = R1 ⋅ C Differenzierer U A (t ) = −τ dU E (t ) dt mit der Zeitkonstante: τ = R 0 ⋅ C Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik OP 11 Versuch Nr. 3: Operationsverstärker Invertierter Schmitt-Trigger Einschaltpegel: U E + = U R R 0 + U A+ R 1 R1 + R 0 Mit Ausgangspegel: UA+ = max. Ausgangsspannung Ausschaltpegel: U E - = U R R 0 + U A− R 1 R1 + R 0 Mit Ausgangspegel: UA- = min. Ausgangsspannung Schalthysterese: ΔU E = U H = R1 (U A + − U A- ) = R 1 2U A R1 + R 0 R1 + R 0 Referenzspannung: UR = U A (U E + + U E- ) 2U A − U E + + U E- 4 Hausaufgaben Der Signalfluss des Regelkreises wird in Abbildung 1 dargestellt. Dieser soll durch eine elektrische Schaltung realisiert werden. Eine mögliche Versuchsschaltung dieses Regelkreises zeigt Bild 6. 4.1. Erklärung der Versuchsschaltung Der Operationsverstärker (TL082) wird mit einer 12-V-Spannung versorgt. Die Kondensatoren C2 und C3 dienen der Versorgungsspannungsstabilisierung des Operationsverstärkers. Der Verstärker besteht aus einem Operationsverstärker (IC3B), zwei Eingängen (X1) und zwei Widerständen (R1, R2). Sie bilden einen nichtinvertierenden Verstärker. Das Eingangssignal wird gemäß den Widerständen auf ca. 1000-fache Verstärkung eingestellt. Dadurch wird bei der Messung des TE-Ks die Messspannung vom „mV“ Bereich auf den „V“ Bereich vergrößert. Zwei Potentiometer (R7, R8) und ein OP 12 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 3: Operationsverstärker Operationsverstärker (IC3A) bilden eine Schmitt-Trigger-Schaltung. Die Schmitt-TriggerSchaltung gibt anhand des Eingangs die maximalen Ausgangssignalpegel des Operationsverstärkers aus. Der Widerstand R7 stellt die Größe der Hysterese ein. Mit dem Widerstand R8 wird die mittlere Spannung der Hysterese eingestellt. Das Regelungssignal wird durch die Schaltung-1 an den FET (Q1) weitergeleitet. Der FET (Q1) ist ein N-Kanal FET. Er wird durch ein positives Spannungssignal am Gate-Pin eingeschaltet. Der Widerstand R3 dient als Strombegrenzung. Ein Relais (K1) wird durch den FET Q1 gesteuert. Die Ein- und Ausschaltzustände des FET Q1 entsprechen jeweils den Ein- und Ausschaltzuständen des Relais K1. Der Widerstand R4 ist das Heizelement. Wenn das Relais K1 eingeschaltet ist, wird R4 erwärmt. Dadurch wird der Druckkopf beheizt. Die Temperatur des Druckkopfes wird durch die Temperatursensoren (TE-K oder PT100) gemessen. Die Ausgangssignale der Sensoren werden durch die Anschlüsse (X1-1, X1-2) zum Verstärker geleitet. Somit ist der Regelkreis für die Temperatur des Druckkopfes geschlossen. Bild 6: Versuchsschaltung: Verstärker (R1, R2, IC3B), Schmitt-Trigger-Schaltung (R7, R8, IC3A), Relais-Schaltung (Q1, R3, K1), Heizelement (R4) 4.2. Vorbereitung (Hausaufgabe) 1. Für den Versuch im Praktikum stehen folgende Operationsverstärkertypen zur Verfügung: LF356N, UA74 und LF412. Recherchieren Sie im Internet nach den Datenblättern für diese Typen und suchen Sie das für die gestellte Aufgabe geeignetste Modell heraus! Bringen Sie das Datenblatt zum Praktikum mit! Versuchen Sie Ihre Auswahl anhand der Kenndaten zu begründen! Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik OP 13 Versuch Nr. 3: Operationsverstärker 2. Die Verstärkereinheit der Versuchsschaltung hat als Ausgangsgröße die elektrische Spannung. Bei einer Messung mit dem Thermoelement kann man die Thermospannung also direkt verstärken. Wie kann man die Messgröße des PT100 in eine elektrische Spannung mit dem passenden Bereich für den Verstärker umwandeln? Bitte skizzieren Sie die Messschaltung bei der Messung mit einem PT100! Auf was muss hierbei geachtet werden (Spannungen und Ströme abschätzen!)? Experimentieren Sie mit der bereitgestellten Steckplatine! 3. Schätzen Sie vor dem Praktikum Ihre Ergebnisse ab, wenn Sie den Operationsverstärker TL082 mit dem von Ihnen ausgewählten Operationsverstärker tauschen: 1) den Verstärkungsfaktor, 2) die Offset-Spannung, 3) das Kippverhalten an der Schmittschaltung und 4) die Temperaturstabilität der Heizung bei der Messung. 4. Was für eine Funktion wird an der Stelle „Schaltung-1“ in der Versuchsschaltung (Bild 6) sinnvoll eingesetzt? Aus welchem Grund wird diese Funktion benötigt? 5. Bestimmen Sie die theoretischen Einstellwerte der Potentiometer R7 und R8, um die Temperatur des Druckkopfes zwischen 70 ºC und 80 ºC zu regeln! Annahmen hierfür sind: 1) TE-K wird als Thermosensor verwendet, 2) die Verstärkereinheit weist eine 1000-fache Verstärkung auf, 3) R7 besteht aus 2 Widerständen die mit dem OP den Schmitt-Trigger bilden, R8 ist ein Spannungsteiler um eine asymmetrische Hysterese (UR) zu erhalten 4) R8 = 100kΩ, R7 = 10kΩ Bild 7: Vereinfachte Darstellung der Schmitt-Trigger-Schaltung (R7, R8, IC3A) OP 14 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 3: Operationsverstärker 5 Praktikumsaufgaben: 5.1 Grundschemata der Experimente Jedes Experiment besteht aus folgenden fünf Schritten: 1) Messung der Funktionseinheiten, 2) Einstellung des Regelkreises, 3) Beschaltung des Regelkreises, 4) Beobachtung und 5) Verbesserung. • Messung der Funktionseinheiten Zuerst bauen Sie die Versuchsschaltung ohne Verbindungen zwischen Ein/Ausgängen der Funktionseinheiten auf, um die einzelnen Eigenschaften der Funktionseinheiten kennen zu lernen. Messen Sie das Ausgangssignal des TE-Ks mit verschiedenen Temperaturen! • Einstellung des Regelkreises Stellen Sie die beiden Potentiometer R7 und R8 so ein, dass der Druckkopf auf einem bestimmten Temperaturbereich geregelt wird! Die Zieltemperatur des Druckkopfes ist 75 ± 5 ºC. Die Einstellwiderstände der Potentiometer können mit Hilfe der Kennlinien berechnet werden! • Beschaltung des Regelkreises Verbinden Sie den Ausgang der Verstärkereinheit und den Eingang der Schmitt-TriggerSchaltung. Schließen Sie direkt den Ausgang der Schmitt-Trigger-Schaltung mit dem Eingang des FETs zusammen! Schließen Sie die von Ihnen zusammengesteckte Schaltung an! • Beobachtung Beobachten Sie das Verhalten der Schaltung! Die elektrischen Bauteile werden mit bestimmter Toleranz gebaut. Dadurch stimmen der theoretische Wert und das Messergebnis nicht vollständig überein. Jeder Zweck erfordert unterschiedliche Optimierung der Schaltung. Ist z. B. der Verstärkungsfaktor der Verstärkereinheit mit einem Wert von exakt 1000 in diesem Praktikum notwendig? • Verbesserung Die Einstellung aus der theoretischen Berechnung und das tatsächliche Verhalten der Schaltung sind wegen der Toleranzen der Bauelemente nicht übereinstimmend. Dieser Fehler kann durch die Beobachtung nachjustiert werden. 5.2. Aufgaben Aufgabe 1: Kennlinien der Sensoren und der Verstärkereinheiten Um das Heizelement auf eine bestimmte Temperatur zu regeln, sollten die Eigenschaften des Sensors und der Verstärkereinheit bekannt sein. Nehmen Sie die Kennlinien des TE-Ks bzgl. der Temperatur auf! Verwenden Sie als Messgröße den Ausgang des Verstärkers (die beiden Sensoren zeigen fast lineare Eigenschaften der Messgrößen gegenüber der Temperatur)! Schließen Sie zuerst beide Eingänge des Verstärkers kurz und messen Sie dann den Nullpunktfehler! Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik OP 15 Versuch Nr. 3: Operationsverstärker Aufgabe 2: Graphische Darstellung der Kennlinien Zeichnen Sie die Kennlinien des TE-Ks gegenüber der Temperatur graphisch! Lesen Sie den Sollwert (die elektrische Spannung) des Druckkopfes aus den Kennlinien ab! Aufgabe 3: Einstellung der Regelkreise Stellen Sie die beiden Potentiometer R7 und R8 so ein, dass der Druckkopf auf einen bestimmten Temperaturbereich geregelt wird. Die Zieltemperatur des Druckkopfes ist 75 ± 5 ºC. Die Einstellwiderstände der Potentiometer können mit Hilfe der Kennlinien berechnet werden. Aufgabe 4: Leistung des Heizelements Berechnen Sie die Leistung des Heizelements! Aufgabe 5: Beobachtung der Regelkreise Beobachten Sie die Regelkreise der beiden Sensoren! Beschreiben Sie, wie die Regelkreise funktionieren! Bei welchen Bedingungen wird das Heizelement ein- oder ausgeschaltet? Was für ein Störsignal könnte diese Regelkreise beeinflussen? Aufgabe 6: Einfluss von thermischen Störungen Erzeugen Sie thermische Störungen (Abkühlung und Erhitzung) und beobachten Sie die Reaktion des Regelkreises. Sie können mit einem Kältespray bzw. Luftspray den Druckkopf abkühlen. Zum Erhitzen können Sie einen Fön verwenden. Aufgabe 7: Analyse der Regelkreise Beschreiben Sie das Verhalten der Regelkreise und nennen Sie Verbesserungsmöglichkeiten am Regelkreis, um die Temperatur konstanter zu halten! 6 Literatur [1] Maxim IC, 2005.,’Positive Analog Feedback Compensates PT100 Transducer’, [Online], Application Note. Available from: <http://www.maximic.com/appnotes.cfm/appnote_number/3450> [16. 12. 2005]. [2] NN ‚Grundlagen Thermoelemente’, 2002, [Online], Temp-Web.DE. Available from: <http://www.tempweb.de/modules.php?name=Content&pa=showpage&pid=36>[10.03.06]. OP 16 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 3: Operationsverstärker [3] NN ‚RTDs’, [Online], Capgo Pty Ltd. Available from: <http://www.capgo.com/Resources/Temperature/RTDs/RTD.html> [17. 4. 2006]. [4] Mann, H., Schiffelgen, H. & Froriep, R. 2003, Einführung in die Regelungstechnik, 9. Auflage, Hanser, München. [5] Schrüfer, E., 2004, Elektrische Messtechnik, 8. Auflage, Hanser, München [6] U. Tietze, Ch. Schenk, 1986, Halbleiter-Schaltungstechnik, Achte, Überarbeitete Auflage, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik OP 17 Versuch Nr. 4: Antriebskonzepte Beschreibung zu Versuch Nr. 4: Untersuchung verschiedener Führungskonzepte Jan Harnisch, überarbeitet von Sebastian Gepp 1. Einordnung Die Auflösung eines Druckgerätes wird im Wesentlichen durch zwei Faktoren bestimmt. Zum einen ist die Größe der mit dem Druckkopf erzeugbaren Tropfen wichtig, zum anderen die Genauigkeit der Druckkopfpositionierung. Diese Größe stellt besondere Anforderungen an den Druckkopf. Hierin sind die Herausforderungen für mikromechanische Fertigungsmethoden und Aufbauten gegeben. Je nach Druckverfahren ist auch die Steifigkeit der Mechanik von Bedeutung. Für ein einwandfreies Funktionieren sind folgende Konzepte von Bedeutung: Spielfreiheit oder Einstellbarkeit von Führungen, Vorspannung von Gewindespindeln und Zahnrädern/Zahnriemen. Bei hohen Anforderungen an die Dynamik werden meist Direktantriebe eingesetzt, wobei als Führungen auch Luftlager oder Magnetlager denkbar sind. Beispiele für derartige Drucksysteme sind Anlagen, die für das Drucken von LED-Bildschirmen (siehe Bild 1) verwendet werden oder mit denen durch Verwendung leitfähiger Tinte feinste Leiterbahnen auf flexible Substrate (Folienleiter) gedruckt werden können. Bild 1: OLED- Produktionsprozess bei Phillips (l.), Mikroskop-Bild eines OLED-Displays (r.) (OLED = Organische Leuchtdiode) Auch für die 3D-Druckverfahren ist die Mechanik des Gerätes von entscheidender Bedeutung. Wie in einer Werkzeugmaschine müssen alle Achsen beweglich ausgeführt werden. Ein Transport des Papiers, wie im Officedrucker, ist hier nicht möglich. Zusätzlich muss hier eine Bewegung in Z-Richtung stattfinden. Diese Verfahrmöglichkeit wird meist mit hohen Lasten beaufschlagt und muss trotzdem hohen Anforderungen an Präzision genügen. Dieser Praktikumsversuch soll einen möglichst breiten Überblick über gängige Konzepte von Führungen bieten. Aus diesem Grund werden hier auch Konstruktionen behandelt, die üblicherweise nur in Werkzeugmaschinen oder in der Feinwerk- und Mikrotechnik angewendet werden, aber in anderen Bereichen, wie zum Beispiel bei Druckern, je nach Problemstellung durchaus eine adäquate oder bessere Wahl darstellen können. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik FK 1 Versuch Nr. 4: Antriebskonzepte 2. Theorie Die Theorie von Bewegungskinematiken basiert auf den mechanischen Grundlagen, die im Fachbereich „Maschinenelemente“ gelehrt werden. Dazu wird die Grüblergleichung zur Analyse herangezogen. Hierzu wird der Begriff der Sonderabmessungen anschaulich erläutert. Ein weiteres Thema sind die Begriffe Selbsthemmung und Steifigkeit, die großen Einfluss auf die Präzision eines Systems haben. Durch eine mechanische Schwingungsanregung die wiederum durch den Stick-Slip-Effekt hervorgerufen wird, wird die Präzision weiter beeinflusst. Des Weiteren sollen die Grundlagen der Umsetzung von Rotationsbewegungen in Linearbewegungen gezeigt werden. Statische Bestimmtheit anhand der Grübler-Gleichung Die meisten Führungen fixieren 5 der 6 im Raum vorhandenen Freiheitsgrade (3 rotatorische, 3 translatorische). Seltener werden Führungen mit mehr als einem Freiheitsgrad eingesetzt (Beispiel: Führung der Bohrspindel einer Tischbohrmaschine; 1 rot. + 1 transl. Freiheitsgrad). Der Freiheitsgrad einer Führung und die Anforderungen an deren Herstellung lassen sich mit der Grübler-Gleichung bestimmen. Dafür wird die Führung in Teilelemente zerlegt, deren Freiheitsgrad bekannt ist. Die allgemeine Grübler-Gleichung lautet: F = B ⋅ (n − 1 − g ) + ∑ bi + ∑ si Dabei bedeuten die einzelnen Zeichen: F: Freiheitsgrad B: Bewegungstyp (ebene/sphärische Anordnung: B=3, räumliche Anordnung: B=6) FK 2 g: Anzahl der Gelenke (od. Gelenkflächen) bi: Beweglichkeit des Gelenks i si: eingehaltene Sonderabmessungen n: Anzahl der Elemente Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 4: Antriebskonzepte Bild 2: Freiheitsgrade von räumlichen Gelenken Wenn man keine besonderen Anforderungen an die Fertigungsgenauigkeit stellen will, verwendet man beispielsweise eine Linearführung aus zwei Zylinder/ZylinderElementargelenken (1 x Flächenberührung, 1 x Punktberührung): Bild 3: Statisch bestimmte Führung; F=6(2-1-2)+2+5=1 Es fällt auf, dass für F=1 die Summe der Gelenkbeweglichkeiten ungerade sein muss. Daher ist es nicht ohne weiteres möglich, eine Führung mit F=1 aus zwei identischen Elementargelenken aufzubauen. Das hindert jedoch viele Konstrukteure nicht daran, es trotzdem zu tun (oft sogar aus guten Gründen). Eine solche in der Praxis gebräuchliche Art der Führung ist in Bild 4 dargestellt: Bild 4: Führung aus zwei Schiebehülsen Die Berechnung des Freiheitsgrades ergibt hier zunächst F=6(2-1-2)+4 = -2, d. h. die Führung dürfte sich überhaupt nicht bewegen lassen. Um zu F=1 zu kommen, sind deshalb noch drei sogenannte Sonderabmessungen zu erfüllen: - die Stangen müssen zueinander parallel sein - die Hülsen müssen zueinander parallel sein - der Abstand der Stangen im Gestell muss dem Abstand der Hülsen im Schlitten entsprechen. Diese Bedingungen müssen entweder bei der Konstruktion (Selbsteinstellung/Vorsehen von federnden Elementen), bei der Fertigung (Anpassen/Einhaltung einer entsprechenden Genauigkeit) oder bei der Montage (Justieren/verspannungsfreier Zusammenbau in der Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik FK 3 Versuch Nr. 4: Antriebskonzepte richtigen Position) erfüllt werden. Für den Betrieb einer solcherart überbestimmten Führung ergeben sich eventuell Einschränkungen z. B. durch Verspannung in Folge von Wärmedehnungen. Reibung und Selbsthemmung Bild 5 zeigt einen Körper, der von einer Kraft F auf eine Unterlage gedrückt wird. Diese teilt sich in eine Normalkomponente Fn und eine Tangentialkomponente Ft auf. Ist das Verhältnis von Normal- zu Tangentialkraft ausreichend groß, so befindet sich der Kraftvektor innerhalb des sogenannten Reibungskegels und der Körper bleibt in Ruhe, d. h. es tritt Selbsthemmung auf. Der Öffnungswinkel des Reibungskegels wird durch das Verhältnis von Tangential- zu Normalkraft bestimmt, bei dem sich der Körper in Bewegung setzt. Dieses Verhältnis heißt Haftreibwert µ0. Bild 5: Haftung und Gleitreibung Wird der Körper bewegt, so liegt der aus Normal- und Reibungskraft zusammengesetzte Kraftvektor genau auf dem Reibungskegel. Es ist zu beachten, dass der Öffnungswinkel des Reibungskegels je nach Geschwindigkeit unterschiedlich sein kann. Er wird definiert durch den Reibwert µ=Fr/Fn. Sämtliche Lagerungen weisen bei endlicher Relativgeschwindigkeit Reibung auf. Je nach Führungsart gibt es meist einen charakteristischen Zusammenhang zwischen Reibwert und Relativgeschwindigkeit, z. B.: • bei Wälzlagerungen ist µ nahezu unabhängig von der Geschwindigkeit. Der Reibwert kann aber z. B. durch reichhaltige Schmierung bei hoher Geschwindigkeit nennenswert ansteigen (Strömungs-/Planschverluste). • Luftlagerungen und hydrostatische Lagerungen haben im Stillstand µ0=0; bei zunehmender Verschiebegeschwindigkeit ergibt sich durch die Zähigkeit der Luft bzw. des Öls ein Reibungswiderstand. Zumindest bei Luftlagern ist dieser meist vernachlässigbar. • Gleitlager benötigen im Stillstand zur Überwindung der Haftreibung meist eine Losbrechkraft, die größer als die Verschiebekraft ist: der Haftreibwert µ0 ist größer als der Gleitreibwert µ. FK 4 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 4: Antriebskonzepte In Bild 5 ist ein gleitgelagerter Schlitten mit außermittigem Antrieb gezeigt. Aus den Kräfteund Momentengleichgewichten ergibt sich: ∑F ∑F x : FN 1 = FN 2 ; Y : F = FR1 + FR 2 ; ∑M Z b :F (e + ) = FN 2 ⋅ l + FR 2 ⋅ b 2 Bild 6: Schlitten mit außermittigem Antrieb Es ist zu sehen, dass dieses Gleichungssystem noch nicht eindeutig lösbar ist. Jedoch können beide Kontaktpunkte jeweils maximal eine Reibkraft FR=µ⋅FN übertragen. Da die Normalkräfte FN1 und FN2 gleich groß sind, ist die maximal übertragbare Reibkraft FRges=2⋅µ0⋅⋅FN. Wird F größer als diese Kraft, tritt Gleiten auf. Die Grenzbedingungen lauten somit: F = 2 ⋅ μ 0 ⋅ FN b F (e + ) = FN ⋅ l + μ 0 ⋅ FN ⋅ b 2 und es ergibt sich: l = 2 ⋅ μ0 ⋅ e . Beim Bau eines exzentrisch angetriebenen Schlittens ist deshalb darauf zu achten, die Schlittenlänge l nicht zu kurz zu wählen. Um den Verschleiß zu vermindern, wird man in der Praxis l üblicherweise wesentlich länger wählen als nach obiger Formel berechnet. Weiterhin fällt auf, dass die Selbsthemmung unabhängig von der Breite der Führung ist. Jeder wird aus eigener Erfahrung bestätigen können, dass sich eine schlecht gebaute Schublade verklemmen kann, obwohl der Griff in der Mitte ist. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik FK 5 Versuch Nr. 4: Antriebskonzepte Stick-Slip, Steifigkeit Durch die besondere Reibcharakteristik von Gleitlagern (µ0 > µ) kann es unter ungünstigen Bedingungen zum sog. Stick-Slip-Effekt kommen: Um einen gleitgelagerten Schlitten in Bewegung zu setzen, arbeitet der (endlich steife) Vorschubantrieb zunächst gegen die Haftreibung und verformt sich dabei, bis die Losbrechkraft erreicht ist. Durch die nun frei werdende mechanische Spannung des Vorschubantriebs wird der Schlitten beschleunigt. Wenn dabei die Kraft aus dem Vorschubantrieb zu weit zusammenbricht, kommt der Schlitten wieder vollständig zur Ruhe und der Vorgang wiederholt sich. Dieser Effekt kann zu unerwünschten Schwingungen und nennenswerter Geräuschentwicklung führen. Ein einfaches Beispiel für Stick-Slip sind quietschende Türen. Die hohe Steifigkeit der auf Torsion beanspruchten Komponenten (Scharniere) führt zur hohen Frequenz dieser Anregung. Bild 7: Reibung und Stick-Slip-Effekt Stick-Slip lässt sich verringern durch: • geringeren Reibwertabfall im Mischreibungsgebiet (Bereich des Übergangs von Haftzu Gleitreibung, wenn noch kein vollständiger Schmierfilm aufgebaut ist), z. B. durch ein zäheres Schmiermittel • höhere statische Steifigkeit des Vorschubantriebs • geringere Massen 3 Ausprägungen im Versuch Im folgenden Abschnitt werden Führungen gezeigt, wie sie in der Praxis des Maschinenbaus ausgeführt werden, bzw. solche, die als Systembauteile käuflich erhältlich sind. Dabei werden ihre Vor- und Nachteil angesprochen. In einem weiteren Teil werden rotatorische Bewegungen, die der elektrische Motor des Druckers erzeugt, in lineare Bewegungen umsetzen. Mit den Komponenten Linearführung und Antrieb kann ein x-y-Tisch aufgebaut werden. Diese Bewegungsform eignet sich besonders für Drucker, die Matrixbilder erzeugen sollen. FK 6 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 4: Antriebskonzepte Führungen in der Praxis Je nach Einsatzfall ergeben sich unterschiedlichste Anforderungen an Präzision, Steifigkeit, mögliche Verfahrgeschwindigkeiten, Bauraum, etc., denen durch eine entsprechende Gestaltung Rechnung getragen werden muss. Nachfolgend findet sich eine Aufstellung einiger praktischer Anforderungen und eine Liste gängiger Führungskonzepte. Die Darstellung beschränkt sich dabei, soweit nicht anders angegeben, auf Führungen für lineare Bewegungen; die meisten Kriterien gelten aber analog auch für rotatorische Führungen. Kriterien an ein Führungssystem: • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Tragkraft Bauraum Steifigkeit Dämpfung Präzision Spielfreiheit/Einstellbarkeit Klemmbarkeit Verfahrgeschwindigkeit max. Verfahrweg Stick-Slip-Anfälligkeit Selbsthemmung Leichtgängigkeit/µ-v-Verhalten Verschleiß/Langzeitverhalten/Störanfälligkeit Auswechselbarkeit Eignung für hochdynamische Anwendungen (Oszillation) Schmutzanfälligkeit Schmutzerzeugung/Kontamination der Umgebung Schmiermittelbedarf Kosten Schlupf Umkehrspiel Rückwirkungen auf die Führungsgenauigkeit: Die meisten Antriebe für axiale Bewegungen verursachen auch unerwünschte laterale Kräfte, die von den Führungen aufgefangen werden müssen. Beispielsweise haben viele Schraubstöcke eine leicht verbogene Gewindespindel, was dazu führt, dass die bewegliche Schraubstockbacke bei Drehung der Spindel sichtbar wackelt. Bei ausreichend hohen Anforderungen an die Genauigkeit kann zusätzlicher konstruktiver Aufwand nötig werden, um die Übertragung derartiger unerwünschter Seitenbewegungen auf die Führungen auszuschließen. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik FK 7 Versuch Nr. 4: Antriebskonzepte Wichtige Typen von Führungen: • Gleitführungen/hydrodynamische Lager Verschiedenste Bauformen, z. B.: Schwalbenschwänze, Prismen, Rundführungen Teilweise mit eingesetzten Gleitelementen (Bronze oder Kunststoffe) Teilweise selbsttätige Nachstellung bei Verschleiß (Prismenführung) Übliche Betriebsgeschwindigkeiten kleiner als bei Wälzführungen Hohe Dämpfung und Genauigkeit Bild 8: Einige Bauformen von Gleitführungen • Wälzführungen Bauformen z. B.: Kugelbüchsen, Kugel-/Rollenumlaufführung Niedrige Reibwerte (µ=0,001...0,004), kaum Stick-Slip Niedrige Dämpfung Bild 9: Wälzführungen: Kugelbüchsen (a: ohne, b: mit Kugelrückführung), Flachführungen, Rollenumlaufschuhe FK 8 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 4: Antriebskonzepte • Aerostatische Lager (Luftlager) Bild 10: Aerostatische Lager. Links: Planlager, rechts: Schlitten aus vier flächigen Lagerelementen • Magnetlager Bild 11: Magnetlager für Wellen • Festkörpergelenke für translatorische Bewegungen (hier: x-y-Tisch) Bild 12: Am Lehrstuhl hergestellter x-y-Tisch für Bewegungen im Submikrometerbereich. Die einzelnen Teilbewegungen können z. B. mit Piezoelementen erzeugt werden. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik FK 9 Versuch Nr. 4: Antriebskonzepte • • Gewindespindel (Normale Schrauben, Trapezgewindespindeln) Kugelumlaufspindel Bild 13: Schnitt durch eine - auf Grund von Vorspannung - spielfreie Kugelumlaufspindel • • Rollenumlaufspindel Rollringgetriebe (Erfinder: Fa. Uhing) Bild 14: Prinzip (links) und technische Ausführung (rechts) eines Rollringgetriebes • • • • • • • • • • FK 10 Flach-/Keilriemen Zahnriemen Zahnstange Direktantrieb-Linearmotor/Schraubengewinde-Reluktanzmotor Pneumatikzylinder Hydraulikzylinder Piezostriktiver Aktor Thermostriktiver Aktor Elektrostriktiver Aktor Magnetostriktiver Aktor Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 4: Antriebskonzepte Spielfreiheit, Festkörpergelenke Um trotz Fertigungstoleranzen eine leichtgängige Bewegung zu gewährleisten, haben die meisten Führungs- und Antriebselemente etwas Spiel. Durch den Spalt zwischen den einzelnen Bauteilen kann sich Schmiermittel verteilen und die Bewegung wird von kleinen Schmutzpartikeln weniger beeinträchtigt. Unter Genauigkeitsaspekten ist dieses Spiel meistens störend und muss mit geeigneten Maßnahmen vermieden werden. Wie schon im Abschnitt „Statische Bestimmtheit“ angesprochen, bestehen hierfür die Möglichkeiten • Anpassen • Justieren • Selbsteinstellung Um dem nach einer gewissen Betriebszeit anfallenden Verschleiß entgegenwirken zu können, sind vor allem die beiden letzteren Möglichkeiten geeignet. Beispiele für die spielfreie Lagerung einer Welle zeigt das Bild 15. Bild 15: Spielfreie Lagerung einer Welle Bei wälzgelagerten Führungselementen für Präzisionsanwendungen (Rollenumlaufführung, Kugelumlaufspindel etc.) wird die Spielfreiheit meist durch Anpassen erreicht. Die genau gefertigten Bauteile sind nach dem Zusammenbau um einige Mikrometer gegeneinander vorgespannt. Durch den im Vergleich zu Gleitführungen wesentlich geringeren Verschleiß bleibt die Vorspannung über eine lange Betriebsdauer erhalten. Führungen auf der Basis von Festkörpergelenken (s. Bild 12) weisen prinzipbedingt kein Spiel auf. Das Gelenk kann entweder (wie im Bild gezeigt) zusammen mit der restlichen Mechanik aus einem Stück gefertigt werden, oder es werden federnde Bleche o. ä. verwendet. Führungen aus Festkörpergelenken sind nicht nur spielfrei, sondern auch Stick-slip-frei und bei geeigneter Gestaltung in den anderen Koordinatenrichtungen sehr steif. Weitere Vorteile sind die geringe Masse, die Schmutzunempfindlichkeit und die einfache Herstellbarkeit. Nachteilig sind die geringe Dämpfung und die eingeschränkten Verschiebewege. Speziell im Bereich der Mikrotechnik werden häufig elektromechanische Komponenten aus Silizium Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik FK 11 Versuch Nr. 4: Antriebskonzepte hergestellt (z. B. Spiegelarrays für DLP-Videoprojektoren). Da Silizium als Einkristall keine Gitterfehler aufweist, tritt hier auch keine Materialermüdung auf und die Lebensdauer solcher Bauteile ist praktisch unbegrenzt. In Fällen, in denen die Rückstellkräfte von Festkörperlagern unerwünscht sind und nur Druckkräfte übertragen werden müssen, kommen häufig Schneidenlager zum Einsatz. Als sehr reibungsarme Lager werden sie z. B. in Präzisionswaagen eingesetzt. Linearführungen auf der Basis von Schneidenlagern sind aufgrund der nur einseitigen Kraftübertragung wenig gebräuchlich. Prüfung von Führungen Die nachfolgenden Bilder geben einen Überblick über gängige Prüfmethoden für die Genauigkeit von Führungen. Bild 16: Prüfmethoden für Geradheit: Lineal, Spanndraht in Verbindung mit einem Messmikroskop, Fluchtungsfernrohr und Interferometer FK 12 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 4: Antriebskonzepte Bild 17: Prüfmethoden für Geradheit mittels Winkelmessung (schrittweises Abtasten der Messfläche im Abstand der Auflagepunkte): Neigungsmessgerät, Autokollimator, Interferometer Bild 18: Prüfmethoden für Rechtwinkligkeit anhand eines Prüfzylinders, einer Drehachse oder eines Winkels Eine umfassendere Zusammenstellung findet sich in der DIN/ISO 230-1 (Abnahmebedingungen für Werkzeugmaschinen). Es werden vor allem mechanische (Lineale, Messtaster, etc.) und optische Messverfahren behandelt. Ein hochgenaues Messverfahren, das einfach nachvollzogen werden kann, ist die Interferometrie. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik FK 13 Versuch Nr. 4: Antriebskonzepte 4 Hausaufgaben 1. In von Hand bedienten Maschinen (z. B. Werkzeugfräsmaschinen, etc.) werden zum Antrieb der Schlitten meist normale Gewindespindeln (keine Kugelumlaufspindeln) eingesetzt. Ändert man die Drehrichtung der Spindel, so lässt sich diese durch das Spiel zwischen Spindel und Mutter ein kurzes Stück frei drehen, bevor sie den Schlitten wieder mitnimmt (Umkehrspiel, sogenannter „toter Gang“). Skizzieren Sie eine Konstruktion, wie ein solcher Gewindeantrieb spielfrei gestaltet werden könnte, so dass kein Umkehrspiel mehr auftritt. 2. Bei manuellen Drehmaschinen werden wegen der guten Dämpfung und Steifigkeit meist Gleitführungen eingesetzt. Können Sie sich denken, wieso die Führung des Z-Schlittens als Prismen- und nicht als Schwalbenschwanzführung realisiert wird? 3. Die meisten aktuellen CNC-Werkzeugmaschinen besitzen keine Gleitführungen, sondern Kugel- oder Rollenumlaufführungen. Was könnten die Gründe sein? 4. Sie haben eine Gewindespindel (normales metrisches Spitzgewinde) und eine Trapezgewindespindel mit gleichem Durchmesser, gleicher Steigung und aus gleichem Material. Die Gewindespindel ist gerade noch selbsthemmend. Ist die Trapezgewindespindel auch selbsthemmend oder nicht? Warum? 5. Gegeben ist eine Festkörpergelenkführung nach folgender Skizze: Bild 19: Schema der Festkörperführung Alle Elemente der Führung bestehen aus dem gleichen Material. Die federnden Elemente sind 0,3 mm dick, 5 mm hoch und 20 mm tief (senkrecht zur Papierebene). Die beiden senkrechten Elemente haben einen Querschnitt von 10 mmx20 mm und sind 95 mm hoch. Der Abstand der Gelenkpunkte am Querbalken beträgt 100 mm; die tiefe des Querbalkens 20 mm. Wie dick muss der Querbalken sein, damit er bei mittigem Kraftangriff und mittiger Messung die gleiche Steifigkeit hat wie die Verbindung des Balkens zum Fundament (die senkrechten Elemente aus je zwei Festkörpergelenken und einem Druckstab)? Verwenden Sie die Gleichungen für Druckstäbe bzw. für den Biegebalken die Gleichung für einen statisch bestimmt gelagerten Balken (Formelsammlung)! FK 14 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 4: Antriebskonzepte 5 Praktikumsaufgaben: Um Aussagen über die Eignung des x-y-Tisches im Praktikum für einen Drucker zu bestimmen, sollen im Folgenden wichtige Kenngrößen der Führungen messtechnisch erfasst werden. Dazu werden der Tisch und sein Antrieb vermessen. 1. x-y-Tisch: Der Praktikumstisch verfügt über runde Führungen (Silberstahl) mit Kugelbüchsen, um die Reibungskräfte zu senken. Die Antriebskraft der Schrittmotoren wird über einen Zahnriemen (Breite 9 mm) auf den Tisch übertragen. Der Durchmesser der Führungsstäbe beträgt 10 mm. Vermessen Sie die Führungssteifigkeit: a) Die Belastungseinrichtung überträgt eine Zugkraft mittig auf den Tisch. Für deren quantitative Messung steht eine Waage zur Verfügung. Bringen Sie die Messuhr in einer sinnvollen Position am Tisch an! Überlegen Sie, welche Messfehler durch eine falsche Positionierung entstehen könnten! b) Belasten Sie nun den Tisch mit Kräften bis zu 100 N in 5-N-Schritten, indem Sie die Schraube der Belastungseinrichtung verstellen! Lesen Sie jeweils den Messwert an der Messuhr ab (Vergessen Sie nicht, die Messuhr zu Beginn der Messung zu nullen)! Tragen Sie alle Messwerte in eine Tabelle und ein Diagramm mit geeigneten Achsskalierungen ein! c) Interpretieren Sie Ihr Diagramm! Welche Kenngrößen können Sie daraus entnehmen? Betrachten Sie dazu sorgfältig die Konstruktion des Tisches! Vermessung der Rechtwinkligkeit: d) Montieren Sie den Messwinkel auf der Grundplatte! Befestigen Sie die Messuhr in der Halterung für die x-Achse! Justieren Sie den Winkel so, dass die Messuhr beim Verfahren der x-Achse möglichst wenige Ausschläge zeigt! Der Messwinkel ist jetzt zum Tisch exakt positioniert. Benutzen Sie nun die Messuhr in der Halterung für die y-Achse! Ermitteln Sie durch definiertes Verschieben des Tisches den Winkel zwischen beiden Achsen! Antriebssteifigkeit: e) Blockieren Sie den Motor mit der dafür vorgesehenen Klemmvorrichtung! Klappen Sie dazu die Belastungseinrichtung um! Bringen Sie die Messuhr in Position! Vermessen Sie wie in b) die Steifigkeit! Belasten Sie mit bis zu 100 N in 10-N-Schritten! Zeichnen Sie ebenso eine Tabelle und ein Diagramm! Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik FK 15 Versuch Nr. 4: Antriebskonzepte f) Lassen Sie die Blockade im Motor! Klappen Sie die Belastungseinrichtung um 180° um! Messen Sie Steifigkeit des Tisches nun in der anderen Richtung (Kurve in das vorhandene Diagramm eintragen)! Interpretieren Sie Ihre Ergebnisse! 6 Literatur • • • Dubbel, „Taschenbuch für den Maschinenbau“, 20. Auflage, W. Beitz und K.–H. Grote, Springer 2001 DIN-ISO 230-1 und ggf. 230-2, Vorlesungsskriptum „Feingerätebau“, Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik, Prof. T. Lüth, 2006, TUM München • Vorlesungsskriptum „Mikrotechnische Sensoren und Aktoren“, Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik, Prof. T. Lüth, 2006, TUM München 7 Ergänzende Informationen Der folgende Abschnitt fasst kurz einige weitere Erkenntnisse zusammen, die während der Durchführung des Praktikumsversuchs gewonnen werden können. Er ist für die Vorbereitung auf das Praktikum nicht relevant. Längenmessungen allgemein: Um Fehler durch Winkelabweichungen möglichst klein zu halten, ist darauf zu achten, dass der Prüfling (die zu messende Länge) zur Maßverkörperung fluchtet (Abbe’sches Komparatorprinzip), siehe Bild 22. Bild 22: Abbe’sches Komparatorprinzip Messung von Führungs- und Lagerspiel: Der Schlitten bzw. die Spindel wird durch ein Gewicht (oft reicht das Eigengewicht) oder eine weiche Feder vorgespannt. Wie bei der Steifigkeitsmessung wird die Verformung gemessen, die durch eine in entgegengesetzter FK 16 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 4: Antriebskonzepte Richtung wirkende Kraft verursacht wird. Bei einer bestimmten Kraft ergibt sich ein Sprung in der Federkennlinie, der dem Lagerspiel entspricht. Dabei ist u. a. auf Folgendes zu achten: - Kraft- und Messrichtung sollten in einer Mittelebene durch die Führung/das Lager liegen. - Wenn das Spiel einer Führung/eines Lagers im eingebauten Zustand gemessen werden soll, dürfen sich durch die anderen Führungen/Lager des Schlittens bzw. der Spindel keine Verspannungen ergeben, die das Messergebnis verfälschen. Bild 23: Messung des Führungsspiels Konstruktion steifer Schraubverbindungen: Für die Steifigkeit (besonders die Kippsteifigkeit) einer Schraubverbindung ist nicht primär die Größe der Kontaktflächen bedeutsam, sondern die richtige Lage zum Kraftfluss. Statt einer großen Fläche (die aufgrund von Formabweichungen oder Verschmutzung die Kräfte über unvorhersehbar verteilte Berührpunkte überträgt) sind definierte Kontaktflächen im Bereich der Verbindungsschrauben vorzuziehen. Verstelleinrichtungen im Sub-µm-Bereich: Auch mit einem üblichen „groben“ Gewinde lassen sich hochgenaue Wegverstellungen realisieren. Dabei wird der größte Teil des Schraubenweges im Schaft und in den Kontaktstellen der Schraube in elastische Verformung umgesetzt. Die Schraube spannt sich gegen einen steif gelagerten Körper, der die eigentliche Verstellbewegung ausführt. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik FK 17 Versuch Nr. 5: Motoren Beschreibung zu Versuch Nr. 5: Motorkonzepte Michael Scheuenpflug, überarbeitet von Markus Kagerer 1. Einordnung Im vorangegangenen Versuch wurden unterschiedliche Führungen und Antriebskinematiken für den Praktikumsdrucker untersucht und ausgewählt. Um eine gezielte Ansteuerung der Bewegung des Druckers zu ermöglichen, soll in folgendem Praktikumstermin ein Antriebskonzept für die Bewegung des Druckkopfes untersucht und ausgewählt werden. Der Druckkopf in einem herkömmlichen Tintendrucker wird entlang seiner Führung auf einer Geraden über das zu druckende Papier bewegt. Die Bewegung des Vorschubs wird über die Transportwalze des Papiers ermöglicht. Im Falle des zu bauenden Wachsdruckers ist diese Trennung der Zustellbewegung in x- und y-Richtung nicht möglich. Der Druckkopf muss in zwei Dimensionen auf der Druckebene platziert werden können. Für den Antrieb der bereits ausgewählten Kinematik ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten, welche nach verschiedenen Kriterien eingeteilt werden können: Neben einer Bewegungseinteilung in linear bzw. rotatorisch wirkenden Stellgliedern können auch unterschiedliche physikalische Antriebskonzepte zum Einsatz kommen. Bei der Antriebsauswahl müssen die Umweltbedingungen sowie die Anforderungen (Hub, Leistung etc.) an den Aktor berücksichtigt werden. Entscheidend für ein gutes Druckbild, sowohl bei kommerziellen Tintendruckern, als auch bei Sonderformen wie dem Wachsdrucker, ist eine hohe Auflösung. Hierzu sind die Erzeugung kleiner Tropfen sowie eine möglichst hohe Positioniergenauigkeit (auch Wiederholgenauigkeit) des Druckkopfs notwendig. Dabei tragen Eigenschaften wie eine hohe Steifigkeit der gesamten Anordnung ebenso zu einer exakten Positionierung bei, wie auch andere Eigenschaften, wie z. B. auftretender Schlupf in der Antriebskinematik. Auch Leistungsdefizite des Antriebsmotors verschlechtern das Druckergebnis. Neben aller geforderter Präzision und Genauigkeit darf aber auch die maximale Geschwindigkeit der Verfahrachsen nicht signifikant beeinträchtigt werden. Gerade im Hinblick auf die dynamischen Eigenschaften gibt es zwei unterschiedliche Prinzipien der Positionsbestimmung und Überwachung der Verfahrachsen. Die externe Längenmesstechnik bringt den Vorteil einer sehr genauen und unverfälschten Messung, jedoch auch eine aufwendige Auswertung, zusätzliche Bauteile und stark erhöhte Kosten mit sich. Antriebskonzepte mit einer integrierten Lagebestimmung (z. B. über Drehratensensoren am Motor) hingegen zeigen sich anfälliger bei Störungen. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MOT 1 Versuch Nr. 5: Motoren 2. Theorie Der Antrieb der Bewegungskinematik für den Wachsdrucker muss über einen Motor erfolgen. Da es sich hierbei nicht um einen Standardantrieb wie den Elektromotor handeln muss und eine Vielzahl unterschiedlicher Antriebsmöglichkeiten kommerziell verfügbar sind, ist die Bezeichnung Aktor für eine uneingeschränkte Auswahl an Antriebsmöglichkeiten besser geeignet. Ein Antriebskonzept setzt sich in den meisten Fällen aus zwei funktionalen Gruppen zusammen; der Steuerung und dem oder den Aktoren. Bild 1: Blockschaltbild eines Aktors Vergleicht man die Steuerung mit dem Gehirn eines Geräts, so sind die Aktoren die Muskeln. Die Vielfalt an realisierten Aktoren ist riesig. Es gibt standardisierte Baugruppen mit konventionellem Wandlerkonzept, z. B. für einfache Rotations- oder Translationsbewegungen bei Rechnerendgeräten, in der Handhabungstechnik oder im Kfz-Bereich ebenso wie Spezialentwicklungen, z. B. als Tropfenerzeuger in Tintendruckern, als hochgenaue Antriebseinheiten zur Ausrichtung tonnenschwerer Teleskope oder als SpiegelPositioniereinheit zur Strahlablenkung in der Laserlithographie. Bereits im allgemeinen Geräteschema ist zu erkennen: Der Aktor erhält eingangsseitig nur Information von der Steuerung, ausgangsseitig leistet er Arbeit und muss Energie abgeben. Hierzu muss er zusätzlich mit Energie versorgt werden. Hinter dem Aktor verbirgt sich also in jedem Fall mehr als nur der elektromechanische Wandler. Für eine Bewegungsaufgabe könnte es so aussehen: Ein oder mehrere Regelkreise, die Leistungselektronik, der eigentliche elektromechanische Wandler und die Mechanik zur Anpassung der Bewegung an die entsprechende Aufgabe im Prozess. Aus Information und Hilfsenergie wird damit elektrische Energie, die in mechanische Energie gewandelt und angepasst wird. Ein typisches Aktorprinzip, das in der Mikrotechnik häufigen Einsatz findet, ist der Piezoaktor. Die charakteristischen Eigenschaften von Piezokeramik und die möglichen Bauformen von Aktoren aus Piezokeramik wurden in einem vorangegangenen Versuch 1 bereits untersucht. Piezoaktoren zeichnen sich durch sehr kleine Verstellbewegungen bei hohen Kräften, besonders in der Bauform als Stapelaktor, aus. Diesen Effekt macht man sich bei der Anwendung des Piezoaktors z. B. in einem Inchworm-Linearantrieb zu Nutze. Über MOT 2 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 5: Motoren abwechselnde Klemm- und Schubbewegungen der Piezoaktoren wird eine Schubstange in linearer Richtung weiterbewegt. Das quantitativ am häufigsten verwendete Aktorprinzip ist der oben bereits genannte Elektromotor. Dabei lassen sich mehrere Motortypen unterscheiden: Eine erste Unterscheidungsmöglichkeit bietet die Art der Energieversorgung (Wechsel- sowie Gleichstrommotoren). 2.1 Gleichstrommaschine Unter einer Gleichstrommaschine versteht man einen Elektromotor, der mit Gleichstrom betrieben wird, oder einen Generator, der umgekehrt mechanische Energie in Gleichstrom wandelt. In einigen Anwendungsfällen kann ein Gerät auch beide Funktionen erfüllen. Die Gleichstrommaschine besteht aus einem unbeweglichen Teil, dem Stator, und einem drehbar gelagerten Teil, dem Rotor. Die meisten Gleichstrommotoren sind als Innenläufer ausgeführt: der Rotor ist der innere Teil, der Stator der äußere. Beim Außenläufer ist es umgekehrt. Bei konventionellen Gleichstrommaschinen besteht der Stator aus einem Elektromagneten oder bei kleineren Maschinen einem Permanentmagneten. Der Rotor wird bei konventionellen Maschinen Anker genannt. Zu den Vorteilen der Gleichstrommaschinen gehören ein gutes Anlaufverhalten und eine gute Regelbarkeit. Abbildung 2: Schematische Darstellung einer Gleichstrommaschine Die Wicklung des Ankers wird über den Kommutator angeschlossen. Die Kontakte („Bürsten“) des Kommutators sind so aufgebaut, dass sie während der Drehung ständig die Polung der Ankerwicklung wechseln. Sie sind aus einem Material gefertigt, welches gut elektrisch leitet, sich im Betrieb ein wenig abreibt und sich somit selber „schmiert“ (meistens enthalten sie Graphit- und Kupferstaub). Somit ist beim Gleichstrommotor die Drehbewegung Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MOT 3 Versuch Nr. 5: Motoren gewährleistet. Beim Generator wird durch die Funktion des Kommutators aus dem Wechselstrom des Rotors Gleichstrom. 2.2 Typen von Gleichstrommotoren Nach der Art der Schaltung von Rotor und Statorwicklung unterscheidet man: • Die Reihenschlussmaschine Abbildung 3: Reihenschlussmaschine Die Reihenschlussmaschine ist eine Abwandlung des Gleichstrommotors zur Nutzung von Wechselstrom. Hier sind Erregerwicklung und Ankerwicklung in Reihe geschaltet. Dadurch wechseln Erregerfeld und Ankerstrom ihre Richtung synchron, so dass eine Speisung mit Wechselstrom möglich wird. Solche Maschinen werden als Bahnantriebe in Wechselstromnetzen eingesetzt. Unter dem Begriff Universalmotor oder Allstrommotor werden die Antriebe von Haushaltsmaschinen, Bohrmaschinen etc. zusammengefasst. Die Drehzahl von Reihenschlussmotoren ist stark lastabhängig. Sinkt das abgegebene Drehmoment, so steigt wegen des geringeren Stroms und der damit einhergehenden Feldschwächung die Drehzahl des Ankers. Das kann so weit führen, dass der Motor „durchgeht“, was bedeutet, dass sich der Motor wegen der auftretenden Fliehkräfte selbst zerstört. Deshalb sollten Reihenschlussmotoren mit einer Grundlast (Motorlüfter, Getriebe etc.) betrieben werden. MOT 4 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 5: Motoren • Die Nebenschlussmaschine. Abbildung 4: Nebenschlussmaschine Bei der Nebenschlussmaschine sind Erreger- und Ankerwicklung parallel geschaltet. Ein Wechselspannungsbetrieb ist nicht üblich, da hierfür Erreger- und Ankerstrom in Phase sein müssten, d. h. Anker- und Erregerwicklung gleiche Induktivität (und Widerstand) haben müssen. Oft wird nicht zwischen Nebenschluss- und fremderregter Maschine unterschieden und dabei übersehen, dass eine Verringerung der Ankerspannung zu einer Feldschwächung führt. Nebenschlussmotoren können bei Unterbrechung des Erregerkreises durchgehen. • Glockenanker-Maschinen. Abbildung 5: Vorderansicht eines Rotors einer Glockenanker-Maschine der Firma „Maxon motor AG“ Kleine Maschinen bis etwa 100 Watt mit Permanentmagnet können auch mit einem hohlen Rotor gebaut werden. Der Rotor ist eisenlos selbsttragend gewickelt und kunstharzgetränkt. So wird das Trägheitsmoment des Rotors verringert und der Motor kann schneller beschleunigen. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MOT 5 Versuch Nr. 5: Motoren Der Stator, ein Permanentmagnet, liegt in diesem Fall innerhalb des Rotors. Das außen liegende Motorgehäuse aus Eisen bildet den notwendigen Rückschluss für den magnetischen Fluss des Stators. Der elektrische Aufbau entspricht der ersten Illustration. Durch den eisenlosen Aufbau des Rotors bildet der Motor kein Rastmoment aus, er lässt sich vollkommen frei drehen. Da im Gegensatz zu allen anderen Motoren im Betrieb keine Eisenteile ummagnetisiert werden müssen, ist dieser Motor frei von Eisenverlusten und erreicht dadurch höhere Wirkungsgrade. Der Scheibenläufermotor ist ähnlich aufgebaut, allerdings ist die Wicklung nicht in Form eines Zylinders sondern als Scheibe ausgeführt. 2.3 Phänomene beim Gleichstrommotor • Ankerrückwirkung Da der Anker stromdurchflossen ist, bildet sich auch um diesen ein magnetisches Feld. Dieses verstärkt das Hauptfeld auf der einen Seite des Leiters und schwächt es auf der anderen. Insgesamt führt dies dazu, dass sich der neutrale Bereich, in dem die Polung des Stromes umgeschaltet werden muss, etwas verspätet, d. h. er verschiebt sich in Drehrichtung. Da sich jedoch der Kommutator nicht anpasst (also stets senkrecht zu den Hauptfeldlinien umschaltet und nicht senkrecht zu den „effektiven“ Feldlinien), liegt zu dem Zeitpunkt des Umschaltens noch eine Induktionsspannung an den Kohlebürsten an und es kommt zur Funkenbildung, dem Bürstenfeuer. • Gegenspannung Der Rotor dreht sich im Motor innerhalb des Statorfeldes. Nach dem Generatorprinzip wird so in der Spule eine Spannung induziert. Diese induzierte Spannung wirkt der angelegten Netzbetriebsspannung und somit auch dem Rotorstrom entgegen, daher der Name Gegenspannung. Rotorstrom = (Betriebsspannung - Gegenspannung) / Rotorwiderstand Die Gegenspannung ist abhängig von der Drehzahl des Rotors. Bei Motorstillstand gibt es also keine Gegenspannung. Deshalb liegt an der Rotorspule die volle Betriebsspannung. Der Widerstand der Rotorspulen ist sehr klein und somit der Strom im Moment des Einschaltens sehr groß, ohne Begrenzung des Anlaufstromes würde also die Rotorspule zerstört werden. Drehzahl = Null; Gegenspannung = Null; Betriebsspannung = Spannung an der Rotorspule; Strom der Rotorspule sehr hoch. Der Anlaufwiderstand wird in Reihe zur Rotorspule geschaltet. Nach dem Hochlaufen wird dann der Anlaufwiderstand bis auf Null reduziert. MOT 6 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 5: Motoren 2.4 Wechselstrommaschinen Wechselstrommaschinen unterscheiden sich in Synchron- und Asynchronmaschinen. Eine Drehstrom-Asynchronmaschine, auch Induktionsmaschine, Asynchronmotor oder Kurzschlussläufer (engl. Squirrel Cage Motor) genannt, ist ein häufig verwendeter Elektromotor, der mit Drehstrom betrieben wird. Bei der Asynchronmaschine ist die Drehzahl des Läufers im Motorbetrieb geringer als die Drehzahl des antreibenden elektromagnetischen Drehfeldes, d. h. der Läufer rotiert asynchron zum Drehfeld. Im Generatorbetrieb rotiert der Läufer schneller als das Magnetfeld und speist so Energie in das Netz ein. Asynchronmotor: Aufbau und Funktionsweise Der Ständer oder Stator besteht aus dem Gehäuse, dem Ständerblechpaket und der darin eingelegten Ständerwicklung. Die für die Spannungsinduktion bzw. den Läuferstrom erforderliche Magnetflussänderung wird vom Ständer durch ein umlaufendes Drehfeld erzeugt. Elektrisch gesehen ist eine Asynchronmaschine ein kurzgeschlossener Drehstrom-Transformator mit Luftspalt, dessen Sekundärwicklung (der Rotor) drehbar gelagert ist. Die Rotordrehzahl ist um die Schlupfdrehzahl gegenüber dem netzsynchronen Statordrehfeld verringert; dies ist bei Belastung erforderlich, um den Rotorstrom und dessen Feld zu erhalten, sodass mechanische Leistung abgegeben werden kann. Bei Motorleerlauf ist die Schlupfdrehzahl sehr niedrig. Sie muss nur zur Deckung der Lagerreibungsverluste, des wegen der sehr niedrigen Frequenz (etwa 1 % der Netzfrequenz) geringen Käfigwicklungs-Stromes und der ebenfalls sehr geringen Verluste im Rotorblechpaket (sehr niedrige Magnetisierung und niedrige Frequenz) ausreichen. Der Läufer kann immer nur eine kleinere Drehzahl annehmen, als die Synchrondrehzahl des Netzes vorgibt (bei Motorbetrieb, als Generator: Läuferdrehzahl größer als Netzdrehzahl), darum auch der Name Asynchronmaschine. Dadurch, dass bei der Asynchronmaschine der Rotorstrom durch Induktion erzeugt wird und nicht wie bei der Synchronmaschine durch die Erregerwicklung oder einen Permanentmagneten, wird sie gelegentlich auch Induktionsmaschine genannt. Die Drehmomenten- über Drehzahlkennlinie ist im Anlaufbereich bei diesem Motorprinzip sehr ungünstig. Der Motor ist nicht in der Lage, unter vollem Lastmoment anzulaufen. Er muss mit geringer Last auf etwa 90 % der Nenndrehzahl hochfahren, ehe er ein nennenswertes Drehmoment abgeben kann. Dieser Nachteil führte zunächst zur Entwicklung des Schleifringläufers, bei dem an extra angebrachten Rotorschleifringen zusätzliche Widerstände von außen an die gewickelte Rotorwicklung zwischen die drei Außenleiterspannungen geschaltet werden, um so das maximale Drehmoment auch schon bei der Drehzahl 0 zu erreichen. Die Widerstände werden nur als Anlaufhilfe benötigt, sie werden nach dem Erreichen der Nenndrehzahl durch Kurzschluss der Schleifringe ausgeschaltet. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MOT 7 Versuch Nr. 5: Motoren Später wurde dann der Kurzschlussläufermotor entwickelt, dessen Rotor aus einem geblechten Eisenkernläufer besteht, der seine „Wicklung“ mittels Aluminium-Druckguss in vorhandenen Bohrungen erhält. Die Kurzschlusswicklung ähnelt einem Hamsterlaufrad (englisch „squirrel cage motor“), daher die Bezeichnung Käfigläufermotor. Bei großen Leistungen wird die Käfigwicklung aus Kupfer- oder Bronzestäben aufgebaut, die stirnseitig in Kurzschlussringen verlötet werden. Synchronmotor: Eine Drehstrom-Synchronmaschine ist ein Elektromotor, der mit Drehstrom betrieben wird, oder ein Generator, der Drehstrom erzeugt. Sie kann aber auch zur Blindleistungskompensation verwendet werden. Die Maschine besitzt eine Außenwicklung (Statorwicklung), die ein magnetisches Drehfeld erzeugt bzw. in welcher elektrischer Strom erzeugt wird. Der Rotor (Polrad) trägt zur Felderzeugung entweder Permanentmagnete oder eine Erregerwicklung. Im zweiten Fall werden zwar Schleifkontakte notwendig, über die jedoch nur ein vergleichsweise kleiner Strom fließt und im Gegensatz zur Gleichstrommaschine nicht kommutiert wird, so dass das Bürstenfeuer mit all seinen Konsequenzen für die Lebensdauer entfällt. Bei schnelllaufenden großen Turbogeneratoren u. a. in Dampfkraftwerken sind auch schleifringlose Erregungen über Außenpol-Synchrongeneratoren und mitrotierende Gleichrichter (sog. RG-Sätze) Stand der Technik. Synchronmotoren sind permanent- oder gleichstromerregte Drehfeldmaschinen, bei denen die Drehzahl gleich der Wechselspannungsfrequenz, geteilt durch die halbe Polzahl des Rotors, ist. Über die Frequenz des zugeführten Wechselstroms ist die Drehzahl des Synchronmotors exakt und winkelgenau regelbar. Ein Winkelgeber überprüft ständig die tatsächliche Motorstellung und somit die tatsächliche Drehfrequenz. Bei starker Belastung hängt der Motor dem Soll-Phasenwinkel geringfügig hinterher. Um einen Synchronmotor stufenlos in der Drehzahl regeln zu können, muss ein Frequenzumrichter verwendet werden. Die Synchronmaschine hat im Unterschied zur Drehstrom-Asynchronmaschine keinen Schlupf. Bei der Synchronmaschine ist die Drehzahl des Läufers gleich der Drehzahl des elektromagnetischen Drehfeldes, das heißt, der Läufer rotiert synchron zum Drehfeld. Deshalb wird im Rotor keine Spannung induziert. Schrittmotor: Schrittmotoren als weiteres Elektromotormodell können als eine Sonderform der Synchronmaschine betrachtet werden. Die auf dem Markt befindlichen Schrittmotoren lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Die eine Gruppe bilden die permanentmagnetisch erregten Motoren, welche durch einen Permanentmagneten im Rotor gekennzeichnet sind. Die andere Gruppe sind die Reluktanzmotoren, die ohne Permanentmagneten auskommen. MOT 8 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 5: Motoren Das Prinzip und die wichtigsten Eigenschaften beider Gruppen werden im Folgenden kurz beschrieben. Eine umfangreichere Darstellung findet sich in der zahlreichen Literatur über Schrittmotoren. Der Reluktanzmotor Abbildung 6: Reluktanzschrittmotor Das Reluktanzprinzip ist das älteste beim Bau von Schrittmotoren eingesetzte Prinzip. Obwohl das Prinzipmuster solcher Motoren bereits Anfang des letzten Jahrhunderts entwickelt wurden, kamen Reluktanzmotoren, als erste Schrittmotoren, erst Ende der 50er Jahre, mit der steigenden Bedeutung der Digitaltechnik, auf den Markt. Das Prinzip des Reluktanzmotors ist sehr einfach. Der Rotor besteht aus weichmagnetischem Material (z. B. Weicheisen). Der Stator hat wenigstens drei Wicklungen deren Polschuhe sich gegenüberstehen. Abbildung 6 zeigt einen Radialschnitt. Wird eine Phase bestromt, so wird das Eisen von den Polen des Elektromagneten angezogen und richtet sich nach den magnetischen Feldlinien aus. In dieser Stellung ist dann der Widerstand des magnetischen Kreises, die Rekluntanz, am geringsten. Werden die Wicklungen in den bezeichneten Abfolgen bestromt, so führt der Rotor eine kontinuierliche Drehbewegung aus. Charakteristisch für den Reluktanzmotor ist, dass die Richtung der Bestromung nicht geändert werden muss, und der Motor deshalb mit einer einfachen Ansteuerelektronik auskommt. Beim Reluktanzprinzip können auf einfachem Wege sehr kleine Schrittwinkel erreicht werden. Ihr Wirkungsgrad ist aber schlechter als bei permanentmagnetisch erregten Motoren. Dies liegt daran, dass der Rotor erst durch das Statorfeld magnetisiert wird. Die Magnetisierungsenergie für den Rotor muss daher zusätzlich von außen zugeführt werden. Trotz seines niedrigen Preises und der einfachen Ansteuerung ist infolge dieses Nachteils der Marktanteil des Reluktanzmotors am abnehmen. Er wird deshalb im Praktikum nicht untersucht. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MOT 9 Versuch Nr. 5: Motoren Der heteropolar permanentmagnetisch erregte Schrittmotor Der Rotor eines solchen Motors besteht aus einem hartmagnetischen Material (z. B. Ferrit). Entlang des Umfangs wechseln magnetische Nord- und Südpole einander ab. Der Stator wird wieder durch die Polschuhe der von den Wicklungen gebildeten Elektromagneten und durch den magnetischen Rückschluss gebildet. Der Schnitt in Abbildung 7 zeigt schematisch einen solchen Motor mit einem Polpaar am Rotor. Um den Motor in Drehung zu versetzen werden die beiden Phasen zunächst nacheinander in einer Richtung bestromt. Das gleiche folgt dann mit der umgekehrten Stromrichtung. Der zweiphasige Motor kennt also vier elektromagnetisch unterscheidbare Zustände. Abbildung 7: heteropolar permanentmagnetischer Schrittmotor Um den Schrittwinkel eines solchen Motors zu verkleinern, muss die Anzahl der Polpaare am Rotorumfang erhöht werden. Die Tatsache, dass dabei die Mitten der Pole immer weiter zusammenrücken führt bei der Herstellung des Magneten bald zu Magnetisierungsproblemen. Schrittmotoren dieser Bauart haben deshalb kaum Schrittwinkel unter 5 °. Großer Verbreitung erfreut sich der nach diesem Prinzip arbeitende Klauenpolschrittmotor. Dies ist eine Folge seiner fertigungs- und montagefreundlichen Konstruktion, die einen besonders niedrigen Preis ermöglicht. Der aus massivem Blech gefertigte Stator bedingt jedoch große Hysterese- und vor allem Wirbelstromverluste, die den Einsatz bei hohen Schrittfrequenzen unmöglich machen. Der homopolar permanentmagnetisch erregte Schrittmotor Dieser Motor ist aus der Idee heraus entstanden, den Wirkungsgrad und den zweiphasigen Aufbau, der durch den Einsatz des Permanentmagneten möglich wird, mit dem geringen Schrittwinkel des Reluktanzmotors zu verbinden. Da dieser Motor beide, permanentmagnetisches und Reluktanzprinzip, vereinigt, wird er oft auch als Hybridmotor bezeichnet. MOT 10 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 5: Motoren Der Rotor dieses Motortyps besteht aus zwei genuteten ferromagnetischen Scheiben, die zusammen mit einem dazwischen befindlichen, in axialer Richtung magnetisierten ringförmigen Permanentmagneten auf eine Welle aufgepresst werden. Dadurch entstehen zwischen Stator und Rotor zwei Luftspaltbereiche mit homopolarer Erregung. Abbildung 8 und Abbildung 9 zeigt schematisch den mechanischen Aufbau. Die hintere Rotorscheibe ist dabei gegen die vordere um eine halbe Teilung versetzt. Ist nun die erste Spule (Index 1) vorwärts bestromt, so stellen sich am Stator die magnetischen Pole wie gezeichnet ein. Der Rotor stellt sich nun so ein, dass die Zähne der Nordscheibe den Stator Südpolen, und die Zähne der Südscheibe den Stator Nordpolen gegenüberstehen. Wird nun die zweite Spule vorwärts bestromt, so stellt sich derselbe Zustand für die mit zwei indizierten Statorpole ein. Der Rotor rückt also einen Schritt weiter. Kehrt man den Strom nun zunächst in Phase eins und dann in Phase zwei um, so rückt der Rotor weitere zwei Schritte fort. Die Abfolge der Bestromung und deren Richtung unterscheiden sich also in keiner Weise vom heteropolaren Motor. Die Ansteuerung ist also völlig gleich. Schrittmotoren nach dem Hybridprinzip werden heute für Schrittwinkel bis herunter zu 0,9 ° gebaut. Da sie durch ihre geblechte Ausführung des Eisenkreises relativ geringe Wirbelstromverluste aufweisen, sind sie, besonders im Bereich mittlerer und höherer Schrittfrequenzen, sehr häufig anzutreffen. Ihr Wirkungsgrad ist wesentlich besser als der des Reluktanzmotors, erreicht aber nicht den des heteropolar permanentmagnetischen Motors. Abbildung 8: Der homopolare permanentmagnetische Schrittmotor Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MOT 11 Versuch Nr. 5: Motoren Abbildung 9: homopolarer permanentmagnetischer Schrittmotor im Schnitt 3 Ausprägung im Versuch Abbildung 10: Blockschaltbild einer Schrittmotorsteuerung Im Rahmen dieses Versuchs wird ein Schrittantrieb mit einem zweiphasigen Hybridmotor im gesteuerten Betrieb untersucht. Das bedeutet, dass die elektrischen Größen an den Motorwicklungen von einer Steuerung nach einem starren zeitlichen Raster vorgegeben werden. Die Alternative dazu ist eine Regelung, bei der die zeitliche Abfolge durch die Bewegung des Motors selbst gesteuert wird (Selbststeuerung). Die Aufgabe einer Steuerelektronik für Schrittmotoren besteht darin, die Schritte in einer für die Positionieraufgabe geeigneten Zeitfolge vorzugeben, und über Leistungsverstärker die Motorwicklungen zu bestromen. Abbildung 10 zeigt ein Blockschaltbild einer solchen Steuerung. MOT 12 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 5: Motoren 3.1 Signalelektronik Zur Signalelektronik gehören der Indexer und der Translator. Der Indexer gibt abhängig von einem Positionierbefehl (z. B. „Drehe schnellstmöglich 100 Schritte nach rechts“) an seinem Eingang die nötigen Schrittimpulse und ein Richtungssignal am Ausgang aus. Der Translator übersetzt diese in Signale, die die Bestromungsrichtung der Motorwicklungen festlegen. Diese werden dem Leistungsteil zugeführt. Während Indexer und Translator bei den ersten Schrittmotoren in hybrider Technik ausgeführt waren, werden heute für beide Aufgaben fast nur noch Mikroprozessoren eingesetzt. Man muss sich dabei vor Augen halten, dass ein einziges Mikroprozessorsystem, dessen Bauteilpreis den Preis eines Schrittmotors kaum übersteigt, die Signale für mehrere Schrittmotoren gleichzeitig erzeugen kann. Sämtliche Antriebe eines Gerätes werden dann von einem Prozessor gesteuert. 3.2 Leistungselektronik Die Leistungselektronik hat die Aufgabe auf ein Signal des Translators (TTL-Logik) den Strom in einer Wicklung in der gewünschten Richtung ein- bzw. auszuschalten. Es gibt hierbei zwei wesentliche Methoden um Schrittmotorspulen zu bestromen: Unipolare Ansteuerung: Hierfür sind nur Motoren mit sechs oder acht Drähten geeignet. Die Leistungselektronik kann auf vier Transistoren im Schalterbetrieb beschränkt bleiben. Die Mittelabgriffe der Spulen werden mit der Masse verbunden. Die Transistoren schalten abwechselnd jeweils die andere Spulenhälfte an die Betriebsspannung (siehe Abbildung 11, Nr. 2 und Nr. 4). Dadurch können die notwendigen unterschiedlichen Polungen einer Spule erreicht werden. Unipolare Motoren sind verhältnismäßig teuer. Bipolare Ansteuerung: Mit einer solchen Schaltung können alle Schrittmotortypen betrieben werden. Sie ermöglicht es, die Spule in beiden Richtungen zu bestromen. Hierfür sind jedoch zwei TransistorVollbrücken mit jeweils vier Transistoren notwendig. Die Logik für die Ansteuerung ändert sich im Wesentlichen nicht. Die Transistorvollbrücke erfordert aber einen wesentlich höheren Schaltungsaufwand. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MOT 13 Versuch Nr. 5: Motoren Abbildung 11: Uni- und bipolare Anbindung von Schrittmotoren Wird über den Transistor eine elektrische Spannung an die Wicklung gelegt, so fließt in ihr bekanntlich nicht sofort der maximale Strom, sondern er steigt gemäß der folgenden Gleichung an: R ( − ⋅t ) U I (t ) = ⋅ (1 − e L ) R Die Anstiegszeit TAnstieg = L/R liegt bei Schrittmotoren im Bereich von 1 ms. Bei vielen Antriebsaufgaben wird die Feldrichtung aber in wesentlich kürzeren Zeitabständen umgeschaltet. Hier muss die endliche Anstiegszeit berücksichtigt werden. Die Anstiegszeit kann beispielsweise durch einen vor die Wicklung geschalteten Widerstand (R) verringert werden. Dies führt aber zu einer Verringerung des Wirkungsgrads. In größeren Schrittmotorantrieben werden deshalb sogenannte Chopper-Treiber eingesetzt. 3.3 Synchronismus und Schrittverlust Schaltet man das Feld im Schrittmotor langsam Schritt für Schritt weiter, so wird der Rotor ruckartige Bewegungen machen. Steigert man die Frequenz langsam, so wird durch die integrierende Wirkung der vorhandenen Trägheitsmomente die schrittweise Bewegung in eine kontinuierliche Drehbewegung übergehen. Die Zeit Ts bezeichnet dabei die Dauer eines Schrittes. Ihr reziproker Wert fs = 1/Ts wird als Schrittfrequenz bezeichnet. Wenn nun die mittlere Geschwindigkeit des Rotors genau so groß ist, dass er sich in der Zeit Ts um einen Schrittwinkel αS dreht, so spricht man von Synchronismus. Die synchrone Winkelgeschwindigkeit ergibt sich zu: MOT 14 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 5: Motoren ΩS = α S ⋅ fS Neben der Winkelgeschwindigkeit im Synchronismus ist noch die absolute Winkelposition des Rotors von wesentlicher Bedeutung. Sie bestimmt, wie im Fall eines statischen Statorfeldes, das abgegebene Drehmoment. Um bei der Beschreibung der Zusammenhänge von der Größe des Schrittwinkels unabhängig zu werden, bezieht man sich auf den Phasenwinkel des elektrischen Wechselstroms. Man spricht dann vom „elektrischen Winkel“ αE. Er hängt mit dem mechanischen Drehwinkel αM beim zweiphasigen Motor in folgender Weise zusammen: αE =π / 2⋅ αM αS Mit Einführung des el. Winkels erhält man die statische Drehmomentkennlinie in formelmäßiger Darstellung: M = −i ⋅ K ⋅ sin(α E ) Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MOT 15 Versuch Nr. 5: Motoren M α M c α Abbildung 12: Drehmomententwicklung beim Schrittmotor Hier ist der Nullpunkt des Winkels die magnetische Raststellung. Diese wandert nun mit der Schrittfrequenz um je einen Schritt weiter. Entsprechend wandert die statische DrehmomentKennlinie auf der Ortsachse weiter. In Abbildung 12 deuten die gestrichelten Linien die statische Kennlinie an aufeinander folgenden Orten der magnetischen Raststellung an. Bewegt sich der Rotor, so läuft das abgegebene Drehmoment auf einer dieser Kennlinien. Sobald er einen Schritt weiter geschaltet wird, springt er auf eine andere. Je nachdem, ob MOT 16 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 5: Motoren der Rotor der magnetischen Raststellung nacheilt (oben) oder voreilt (unten), wird ein antreibendes oder bremsendes Moment abgegeben. Im statischen Fall kann nur ein begrenztes Drehmoment abgegeben werden. Wird dieses durch statische oder dynamische Lastmomente am Motor überschritten, so kann der Motor dem elektrischen Feld nicht mehr folgen. Er kommt außer Tritt. Man spricht auch von einem Schrittverlust. Bei Positionieraufgaben ist ein Schrittverlust unbedingt zu vermeiden, denn beim Betrieb ohne Rückmeldung der Rotorstellung (Open-Loop-Betrieb) kann man die aktuelle Rotorstellung nur durch Mitzählen der ausgegebenen Schritte bestimmen. Man muss also davon ausgehen, dass der Rotor dem elektrischen Feld gefolgt ist. Die Notwendigkeit, Schrittverlust zu vermeiden, führt zu wesentlichen Restriktionen in der dynamischen Betriebsweise des Motors. 3.4 Die Dynamische Drehmomentkennlinie Um nun den Schrittantrieb so auslegen zu können, dass kein Schrittverlust auftritt, ist es erforderlich, das maximale Drehmoment zu kennen, welches der Motor abgeben kann. Dieses ist von der Schrittfrequenz abhängig. Obwohl die statische Drehmomentkennlinie, von der das maximale dynamische Drehmoment abgeleitet wird, auch bei hohen Frequenzen ihre sinusförmige Gestalt beibehält, wird ihre Amplitude geringer. Diese ist dem Strom proportional. Infolge der endlichen Anstiegszeit kann aber bei höheren Frequenzen der Strom nicht mehr bis zu seinem Maximalwert ansteigen. Die Wicklung wird nun unabhängig von der Frequenz mit einer konstanten Spannung angesteuert. Die Frequenzabhängigkeit des Stromes kann nun mit den Ergebnissen der Wechselstromlehre gefunden werden. Bekanntlich ist die Impedanz (Wechselstromwiderstand) einer Reihenschaltung eines ohmschen Widerstands und einer Induktivität gegeben durch: Z= (R 2 + (ω • L ) 2 ) Die Kreisfrequenz der Spannung hängt nun mit der Schrittfrequenz in folgender Weise zusammen: ω = 2π • fs Damit hat man für die Frequenzabhängigkeit des Moments wegen der Proportionalität des Stromes: M = M0 1 + π 2 4 • ( f s • L R) 2 Dadurch erhält man die dynamische Drehmomentkennlinie. Versuche mit Schrittmotoren zeigen, dass in der Realität nicht alle Betriebspunkte unter der Kennlinie zu einem stabilen Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MOT 17 Versuch Nr. 5: Motoren Lauf des Schrittmotors führen. Dies ist beispielsweise auf eine Schwingungsanregung des Rotors durch das schrittweise Fortschalten des Feldes zu erklären. Außerdem ist hier der Einfluss der im Motor induzierten Gegenspannung vernachlässigt. Diese bewirkt bei höheren Frequenzen eine zusätzliche Verminderung des Drehmoments. Deshalb werden die dynamischen Kennlinien des Motors vom Hersteller messtechnisch bestimmt und im Datenblatt angegeben. 3.5 Start-Stopp-Frequenz Bei den meisten Antriebsaufgaben lässt sich sicherstellen, dass das statische Lastmoment das maximale Moment nicht überschreitet. Wesentlich kritischer sind die dynamischen Belastungen. Solche treten besonders bei der sprungförmigen Änderung der synchronen Geschwindigkeit auf. Ein besonders einfaches Steuerkonzept besteht nun darin, bei stillstehendem Motor eine Wechselspannung fester Frequenz aufzuschalten; und mit dieser Frequenz, die dem gewünschten Drehwinkel entsprechende Anzahl von Schrittimpulsen auszugeben und die Impulsreihe dann zu stoppen. Dies wird als Start-Stopp-Betrieb bezeichnet. Die erforderliche Beschleunigung und damit die dynamische Belastung des Motors werden nun umso größer sein, je höher die Frequenz dieser Schrittimpulse ist. Die höchste Frequenz, bei der dieser Betrieb möglich ist, ohne dass der Motor außer Tritt fällt, wird als maximale Start-Stopp-Frequenz bezeichnet. Sie ist, außer von den Motordaten, von der Ansteuerung und der Last abhängig. Ihre exakte Berechnung ist nur numerisch möglich. Es sind verschiedene analytische Näherungslösungen bekannt. Ein Verfahren zur groben Abschätzung dieser Frequenz wird im Folgenden angegeben. Die Belastung des Motors lässt sich im Allgemeinen durch die dominierende dynamische Belastung infolge eines Trägheitsmoments J, das sich aus dem Trägheitsmoment des Rotors JMot und dem der Last JL zusammensetzt, darstellen. Die statische Last ist im Allgemeinen wesentlich geringer und soll vernachlässigt werden. Es werden nun die dynamischen Belastungen beim Anlauf in Abhängigkeit der Frequenz näherungsweise berechnet. Die maximale Start-Stopp-Frequenz ergibt sich dann durch Schnitt dieser Kennlinie mit der dynamischen Drehmoment Kennlinie. Man nimmt an, die magnetische Raststellung würde sich mit einer Konstanten, der synchronen Drehzahl bewegen. Der Rotor ist durch magnetische Kräfte wie durch eine Drehfeder an die umlaufende magnetische Raststellung gekoppelt. Im Bezugssystem der magnetischen Raststellung hat der Rotor also zum Zeitpunkt des Loslaufens eine Geschwindigkeit, die betragsmäßig der synchronen Geschwindigkeit entspricht. Es beginnt eine Drehschwingung die anfänglich folgende Energie enthält: 2 E Swing = 1 • J • Ω S 2 MOT 18 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 5: Motoren Am nächsten Amplitudenmaximum gilt dann: E Swing 〉 1 • M Swing • α Swing 2 Dann gilt für das höchstens auftretende dynamische Moment: M Max = J • ΩS 2 αS Um die maximale Start-Stopp-Frequenz für ein gegebenes Trägheitsmoment zu ermitteln, geht man nun folgendermaßen vor: Man trägt die Parabel gemäß Gleichung (MMax) in die dynamische Drehmomentkennlinie ein. Die Abszisse des Schnittpunktes ergibt dann die gesuchte Frequenz. 3.6 Hochlauf- und Bremsprogramme Für viele Anwendungen wird die synchrone Drehzahl bei der maximalen Start-StoppFrequenz zu niedrig sein. Die Schrittfrequenz kann nun nach einem Frequenz-Zeit-Profil bis zur gewünschten Maximalfrequenz gesteigert werden. Entsprechend muss die Frequenz beim Abbremsen wieder langsam gesenkt werden. Dieses Profil ist von den äußeren Belastungsverhältnissen abhängig. Um ein solches Frequenz-Zeit-Profil zu realisieren, ist eine bestimmte zeitliche Abfolge von Schrittfortschaltungen erforderlich. Die zeitliche Abfolge wird durch das Programm des steuernden Mikroprozessors festgelegt. Man spricht deshalb von einem Hochlauf- und Bremsprogramm. Ob der Schrittmotor in der Lage ist, einem vorgegebenen Frequenz-Zeit-Profil ohne Schrittverlust zu folgen, kann überschlägig ermittelt werden, indem man es in ein DrehzahlZeit-Profil übersetzt und damit die auftretenden dynamischen und statischen Belastungen berechnet. Durch Vergleich mit der dynamischen Drehmomentkennlinie ermittelt man, ob eine Überlastung eintritt. Das ermittelte kontinuierliche Frequenz-Zeit-Profil muss dann in eine zeitliche Folge von Schrittfortschaltungen umgesetzt werden. Hier geht man folgendermaßen vor: Zur Einleitung des Hochlaufs wird eine Schrittfortschaltung ausgegeben. Der Zeitpunkt für die Auslösung des nächsten Schrittes ergibt sich nach der Formel: 1 (t i +1 − t ) = f S (t i +1 ) 3.7 Geräte für die Versuchsdurchführung Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MOT 19 Versuch Nr. 5: Motoren Der zu vermessende Motor weist folgende Kenndaten auf: Schrittwinkel 1.8° Phasenanzahl 2 Wicklungswiderstand 37,5 Ω Wicklungsinduktivität L 45 mH Rotorträgheitsmoment 16 gcm2 Nennspannung 12 V Motortreiberbaustein ST Elektronik GS D-200 1A 4 Hausaufgaben 1. Welche Funktion haben Permanentmagneten in Schrittmotoren? 2. Was bedeutet das für den Wirkungsgrad? 3. Was versteht man unter Open-Loop-Betrieb? 4. Welche Alternative ist denkbar (Vorteile, Nachteile)? 5. Wie groß ist der minimale Winkelfehler bei einem Schrittverlust? 6. Was ist der Vorteil der Sechs-Leiter-Technik? 7. Wie ändert sich das Drehmoment mit der Motorspannung? 8. Bei welcher Schrittfrequenz sinkt das Drehmoment infolge der Wicklungsinduktivität um den Faktor 2 gegenüber M0? 9. Welche Ursache hat der schnellere Abfall bei der gemessenen Kennlinie? MOT 20 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 5: Motoren 5 Praktikumsaufgaben: In diesem Teil des Praktikums sollen die in der Vorbereitung untersuchten Eigenschaften eines Schrittmotors praktisch nachvollzogen werden. Die Unterschiede zwischen Gleich-, Wechselstrommaschinen und Schrittmotoren wurden bereits in den Grundlagen ausführlich erklärt. Zwei grundsätzliche Unterschiede spiegeln sich auch in den Auslegungskennzahlen für Schrittmotoren wieder. Im Gegensatz zur Auslegung eines Gleichstrommotors, bei dem das maximale Motordrehmoment in Betrieb verwendet wird, ist bei Schrittmotoren das maximale Haltemoment ausschlaggebend. Haltemoment In diesem Abschnitt soll das maximale Haltemoment des Schrittmotors des Praktikums ermittelt werden. Ergebnis ist ein Graph, in dem das Motordrehmoment über dem Laststrom des Motors aufgetragen wird. Zur Ermittlung der Wertepaare stehen folgende Hilfsmittel zur Verfügung: • Hebelarm • div. Gewichte • Strommessgerät Der Schrittmotor muss mit einer Hebelstange bestückt werden. Diese wird mit einer Madenschraube direkt auf die Motorwelle geklemmt. Stecken Sie anschließend das Amperemeter an den entsprechenden Buchsen am Teststand an. Nachdem die Versorgungsspannung des Motors eingeschaltet wurde, stellen Sie den maximalen Motorstrom ein und belasten den Hebel mit Gewichten solange, bis das maximale Haltemoment überschritten wurde. Der Motor verliert mindestens einen Schritt und der Hebel fällt auf den Anschlag. Aus dem aufgelegten Gewicht und dem Hebelweg können Sie das Drehmoment berechnen. Da das Motordrehmoment stark von dem Betriebsstrom abhängt, werden weitere Werte durch das Verringern des Motorstroms ermittelt und in ein Diagramm eingetragen. Steuerprogramm für einen Schrittmotor Zur Ansteuerung des Schrittmotors wird ein Treiberbaustein benutzt, der über TTL-Signale angesteuert werden kann. Für die Steuerung des Motors im Praktikum müssen nicht alle Funktionen des Treiberbausteins genutzt werden. Die benötigten Anschlüsse können aus dem Anschlussplan entnommen werden. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MOT 21 Versuch Nr. 5: Motoren Abbildung 13: Anschlüsse des Motortreiberbausteins Pin Funktion Beschreibung 1 GND1 Masse 6 stepclk Taktsignal für den Motor 7 CW/CCW Richtungsvorgabe für den Motor. Belegung mit high oder unverbunden ergibt Drehung im Uhrzeigersinn 11 Enable Hauptschalter für die Bestromung des Motors 12 Vss 5-V-Logikspannung 13 GND2 Masse 14 D Ausgang zum Motor 15 C Ausgang zum Motor 16 B Ausgang zum Motor 17 A Ausgang zum Motor 18 Vs Spannungsversorgung des Schrittmotors Für die Steuerung des Motors müssen drei Signale gesetzt werden. Nachdem der Eingang an Pin 11 auf high gesetzt wurde kann ein TTL-Taktsignal an Pin 6 die Anzahl und Frequenz der Schritte bestimmen. Die Rotationsrichtung wird über Pin 7 vorgegeben. Alle Steuersignale arbeiten mit 5 V Logikspannung. MOT 22 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 5: Motoren Start-Stopp-Fequenz Der große Vorteil eines Schrittmotors besteht in der sensorlosen Positionserkennung. Dies funktioniert aber nur unter der Annahme, dass der Motor der von der Steuerung vorgegebenen Schrittfrequenz folgen kann. Sind die Frequenzsprünge in der Ansteuerung zu hoch, führt dies zu Schrittverlusten. Diese bleiben durch den Open-Loop-Betrieb in der Steuerung unbemerkt und heben die Vorteile der Lageerkennung des Schrittmotors auf. Bei der Auslegung eines Antriebs für eine Bewegungsaufgabe muss das maximale Drehmoment des Motors beachtet werden, um Schrittverluste zu vermeiden. In diesem Versuch soll die maximale Startfrequenz mit unterschiedlichen Belastungszuständen ermittelt werden. Montieren Sie den Zeiger mit Hilfe der Madenschraube auf die Ausgangswelle des Motors! Bestromen Sie den Motor durch Einschalten des Motorhauptschalters! Justieren Sie die Zeigerspitze auf einem Teilstrich der darunter liegenden Skala! Steuern Sie den Schrittmotor so an, dass er immer eine gesamte Umdrehung ausführt! Erhöhen Sie die Ansteuerfrequenz schrittweise so lange, bis der Motor keine volle Umdrehung mehr erreicht! Deuten Sie diese Erscheinung! Erhöhen Sie den Phasenstrom und wiederholen Sie die Messung! Welche Unterschiede sind erkennbar? Im Anschluss an die Versuche montieren Sie die Zusatzmasse auf dem zweiten Wellenende des Schrittmotors! Wiederholen Sie obigen Versuch mit gleichen Phasenströmen! Was können Sie feststellen? Sie wollen eine Schrittfrequenz von 1,5 kHz erreichen. Wie können Sie dies mit dem gegebenem Versuchsstand realisieren? 6 Literatur • Vorlesungsskriptum „Mikrotechnische Sensoren und Aktoren“, Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik, Prof. T. Lüth, 2006, TUM München • www.wikipedia.de • R.Haeslich: Positioniersystem mit Permanentmagnet Schrittmotoren; Antriebstechnik (1988) 3 S.26-27 • R. Weinke, G. Treffer: Moderne Positionierantriebe in der Bürogerätetechnik; Feinwerk & Messtechnik 97 (1989)3 S.75-77 • H.P.Kreuth: Schrittmotoren; Oldenburg, 1988 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MOT 23 Versuch Nr. 5: Motoren • G. Heine: Kleine PM-Schrittmotoren in der Datentechnik; Feinwerk & Messtechnik 87 (1979) 4 S.146-151 • H. Eissfeldt: Konzepte zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit von Schrittantrieben durch Ausnutzung der sensorischen Eigenschaften des Motors; ETG-Fachbericht 27 (1989) S.17-26 • H. Sax: Schrittmotorsteuerung mit monolithisch integrierten Bausteinen; Elektronik (1980) 23 S.67-71 • P. Dittrich: Näherungsweise Berechnung der zulässigen Steuerfrequenzen in Start-Stop Betrieb von Schrittantrieben; Feingerätetechnik 30 (1981) 9 S. 401405 MOT 24 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller Beschreibung zu Versuch Nr. 6: Ansteuerung mit dem Mikrocontroller Tobias Kraus, überarbeitet von Marcus Fischer 1. Einordnung Beim Tintendrucker wird üblicherweise der Druckkopf mit konstanter Geschwindigkeit quer über das zu bedruckende Papier bewegt, welches mit einer Walze in Längsrichtung geschoben wird. Geht man von einer maximalen Tropfenerzeugungsfrequenz einer Düse des Druckkopfes von 5 kHz aus, so wird maximal alle 200 µs ein Tropfen ausgestoßen. Wird diese Zeit nicht exakt eingehalten, trifft der Tropfen nicht auf seine Sollposition. Dies macht sich in einer Verschiebung einzelner Punkte des Druckes gegenüber den anderen bemerkbar, was eine Minderung der Druckqualität darstellt. Aus diesem Grund hat die Ansteuerung der Druckerachsen und der Düsen zeitlich aufeinander abgestimmt stattzufinden. Dazu ist ein echtzeitfähiges System notwendig. Dies bedeutet, dass es auf ein Ereignis innerhalb einer garantierten Zeit reagiert. Hier bedeutet dies beispielsweise, dass der elektrische Impuls für den Tropfen spätestens 20 µs nach dem Erreichten der Sollposition (Ereignis) gestartet werden muss. Ein handelsüblicher PC ist für diese Aufgabe ungeeignet, da er für diese Aufgabe nicht ausgelegt ist. Die üblichen Betriebssysteme (Windows, Linux) stellen keine Funktionen bereit, die für die zeitkritische Prozesskontrolle notwendig sind. Ein schneller Hauptprozessor ist kein Garant für die rechtzeitige Bearbeitung von Prozesssignalen. Hierzu muss die Software auch entsprechend gestaltet sein. Um Echtzeitfähigkeit zu erreichen wird in diesem Versuch eine Ansteuerung für den Praktikumsdrucker mit einem Mikrocontroller programmiert1. Mikrocontroller sind vollständige Rechner in einem (oder wenigen) Chip. Sie enthalten neben der arithmetischen-logischen Einheit (ALU – arithmetic-logic unit), welche die eigentliche Datenverarbeitung durchführt, auch die Adress-, Daten- und Steuerbusse sowie Programm- und Datenspeicher, Register als Befehlsoperanden und zur Variablenspeicherung, Ein-/Ausgabeeinheiten (digitale Ein/Ausgabeports, Analog-Digital-Wandler, Schnittstellen zur digitalen Kommunikation (RS232, I²C, USB, …)). Das Programm dieses Kleinstrechners wird in einem nichtflüchtigen Speicher (z. B. EEPROM, Flash) abgelegt. Wird die Betriebsspannung an den Rechner angelegt, beginnt die Programmabarbeitung an einer festgelegten Speicheradresse. 2. Theorie zu Mikrocontrollern Mikrocontroller sind heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Sie sind enthalten in industrieller Steuerungstechnik (Fertigungsüberwachung, Robotersteuerungen, …), in medizinischen Geräten (bildgebende medizinische Geräte, medizinischer Navigation, Geräte zur Überwachung der Lebensfunktionen, …), Telekommunikation (Telefone, TK-Anlagen, 1 Weitere echtzeitfähige Alternativen sind beispielsweise anwendungsspezifische integrierte Schaltkreise (Application Specific Integrated Circuit, ASIC), freiprogrammierbare Schaltkreise (Field Programmable Gate Array, FPGA), digitale Signalprozessoren (Digital Signal Processor, DSP) Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 1 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller Mobiltelefone, …), Unterhaltungselektronik (CD/DVD-Spieler, Fernseher, Spielekonsolen, …), in der Fahrzeugtechnik (Einspritzregelung, elektronische Wegfahrsperre, Navigationssystem, …) und noch vielen anderen Bereichen. In diesem Praktikumsversuch soll ein besonderes Augenmerk auf die Steuerungstechnik von elektromechanischen Systemen mit Hilfe von Mikrocontrollern geworfen werden. 2.1 Logischer Aufbau einer µC-Schaltung (Blockschaltbild) Wird eine Steuerungsaufgabe von einem Mikrocontroller erfüllt, so sind immer mindestens folgende Bestandteile enthalten: CPU E/A-Werk Steuerwerk Speicherwerk Programmspeicher Datenbus Adressbus Steuerbus Rechenwerk Umwelt Digitale Eingänge Taster, Schalter, digitale A äh Digitale Ausgänge Lampe, Schrittmotor, Ventil, Relais, … Analoge Eingänge Potentiometer, Dehnmessstreifen, Analoge Ausgänge Digitale Schnittstellen Servomotor, RS232, I2C, SPI, CANBus, USB, Ethernet, Variablenspeicher Bild 1: Hauptbestandteile einer µC-Schaltung • • • • eine Zentraleinheit oder CPU bestehend aus Rechenwerk und Steuerwerk ein Speicherwerk mit mindestens einem nichtflüchtigen Programmspeicher, meistens zusätzlich auch ein flüchtiger Speicher ein E/A-Werk, welches die Verbindung zwischen der CPU und der Umwelt herstellt und die Umwelt in Form von elektrischen Sensoren und Aktoren im weitesten Sinne (darunter fallen auch Bedien- und Anzeigeelemente für die Mensch-MaschineSchnittstelle wie Taster, Schalter, Potentiometer, Lampen, Alphanummerische Anzeigen, …) Das Rechenwerk wiederum setzt sich zusammen aus der Arithmetisch-Logischen-Einheit (Arithmetic Logical Unit – ALU), welche die arithmetischen, logischen, binären und sonstigen Funktionen berechnet, und aus einem Satz an Registern (Universal-, Adress-, Flag-), welche zur Datenspeicherung dienen. Das Speicherwerk enthält alle notwendigen Bestandteile zum Ansprechen von Speicherzellen in den verschiedenen Speicherteilen. Es muss mindestens ein nichtflüchtiger2 2 Speicherinhalt bleibt auch bei abgeschalteter Versorgungsspannung erhalten MIK 2 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller Programmspeicher vorhanden sein. Schlagen Sie im Glossar die kurze Charakterisierung der Speichertypen ROM, PROM, EPROM, EEPROM und Flash-EEPROM nach. Meistens ist auch ein flüchtiger Speicher auf Basis von SRAM oder DRAM Technologie vorhanden, um Daten während der Programmabarbeitung zwischenspeichern zu können. Ein zusätzlicher EEPROM-Speicher kann zur dauerhaften Speicherung von Einstellungen (z. B. Betriebsparameter) vorhanden sein. Das E/A-Werk stellt Ein- und Ausgabeschnittstellen zur Verbindung von Sensoren, Aktoren und der Mensch-Maschine-Schnittstelle zur Verfügung. Hierbei unterscheidet man zwischen digitalen und analogen Anschlüssen. Digitale Eingänge werden Beispielsweise durch Taster, Schalter, (digitale) Annäherungssensoren, usw. bedient. Digitale Ausgänge können Lampen, Schrittmotoren, Ventile, Relais und viele weiter Komponenten ansteuern. Analoge Signale (Strom-, Spannung-) liefern zum Beispiel Potentiometer, Dehnmessstreifen oder lichtabhängige Widerstände. Für die Drehzahlregelung von Gleichstrommotoren ist ein analoger Ausgang notwendig. Digitale Schnittstellen dienen zur Kommunikation mit anderen „intelligenten“ Geräten wie PCs, Sensoren, Aktoren oder Anzeigeeinheiten. Diese Teile können in unterschiedlicher Technologie und Integrationsdichte vorhanden sein. Dies reicht von einem hochintegrierten IC, der (ausgenommen der Umwelt, also Sensoren und Aktoren) alle notwendigen Bestandteile enthält bis hin zu einem System, welches aus Einzelteilen zusammengestellt wird: die CPU in Form eines Mikroprozessors, FlashEEPROM-Baustein(e) als nichtflüchtiger Programmspeicher, SRAM-ICs als flüchtiger Datenspeicher, EEPROMs als nichtflüchtiger Datenspeicher und externen E/AErweiterungen, welche die Verbindung mit „intelligenten“3 Sensoren und Aktoren über ein Bussystem herstellen. Ein Beispiel für solch ein System stellt ein handelsüblicher PC dar: die CPU ist beispielsweise ein Intel Pentium 4 oder AMD Athlon Prozessor. Dieser wird über den Frontside-Bus (Daten-/Adressbus) mit der Northbridge (E/A-Werk und Teile des Speicherwerks) verbunden. Diese bindet die Speicher an den Prozessor an: den (flüchtigen) Hauptspeicher in Form von DRAM-Technologie und das (nichtflüchtige) Flash-EEPROM das den BIOS-Code enthält, der die Hardware initialisiert und das Betriebssystem lädt. Weitere Beispiele für diese zusammengesetzten Mikrocontroller-Anwendungen stellt die Fertigungsautomatisierung mittels SPS4 und Feldbussystemen (Profibus, …) oder die vernetzten mikrocontrollerbasierten Steuergeräte in modernen PKWs dar. Das Gegenteil dazu ist der vollständig integrierte Mikrocontroller mit wenigen zusätzlichen Bauteilen: ein Mikrocontroller lässt eine Leuchtdiode mit einer Frequenz von 1 Hz blinken wenn ein Taster gedrückt gehalten wird (siehe weiter unten als Beispielprojekt). 2.2 Die AVR-Mikrocontroller-Reihe von Atmel An einem einfachen Beispiel sollen verschiedene Aspekte von Mikrocontrollern betrachtet werden. Wird ein Taster gedrückt, soll eine Leuchtdiode mit einer Frequenz von 1 Hz blinken. Dazu wird ein Atmel AVR ATtiny125 verwendet. Diese einfache Aufgabe muss dem Mikrocontroller erst mit Hilfe des Maschinencodes beigebracht werden. 3 d. h. mit einem eigenen Mikrocontroller und Software ausgestattet, welcher eigenständig Informationsverarbeitung durchführt 4 SPS: Speicherprogrammierbare Steuerung 5 dies ist eine kleinere Variante des im Versuch verwendeten Mikrocontrollers Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 3 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller Ein Maschinenbefehl enthält die Informationen über die auszuführende Operation (z. B. Addition, Vergleich, …) und deren Operanden. Bekanntlich will man so kein Programm schreiben. Deshalb gibt es Compiler, welche Maschinencode erzeugen basierend auf einem für den Menschen leichter verständlichen und vor allem übersichtlicheren Text, der Programmiersprache. Wie für den PC gibt es auch für die AVR-Controller Compiler für verschiedene Programmiersprachen, z. B. Pascal, C und natürlich Assembler. Dieses einfache Beispiel ist in Assembler geschrieben, um einen kleinen Eindruck über die Arbeitsweise eines Mikrocontrollers zu vermitteln. Assembler ist die dem Maschinencode ähnlichste Programmiersprache. Tatsächlich wird jeder Assembler-Befehl eins zu eins in Maschinencode überführt. Der Compiler hilft dem Programmierer, indem die Befehle ein wenig für sich sprechen, oder können Sie sich etwas unter „0b0000 1111 0000 0001“6 vorstellen? Der Befehl „Add R16,R17“7 könnte zumindest etwas mit Addition zu tun haben. Die Verwendung von selbstsprechenden Variablennamen im Gegensatz zu Speicheradressen oder Registernamen wie R16 erhöht die Lesbarkeit des Programmquelltextes. Außerdem nimmt er die Berechnung von Speicheradressen ab, so dass sie nicht mit jedem eingefügten Befehl neu berechnet werden müssen. Im Anschluss ist das Assembler-Programm für obige Aufgabe zweimal abgedruckt. Zuerst ausführlich kommentiert (eingeleitet durch ein „;“) zur Erklärung was die einzelnen Befehle bewirken und im Anschluss ohne Kommentare um eine Übersicht über die relevanten Zeilen zu haben und um das Programm nachvollziehen zu können. ; ; ; ; ; Controller: ATtiny12 PB3: Taster PB4: LED Die Leuchtdiode blinkt mit einer Frequenz von 1Hz wenn der Taster PB3 gedrueckt ist. ; Definitionsdatei fuer ATtiny12 einbinden .INCLUDE "tn12def.inc" ; sprechende Variablennamen verwenden .DEF temp = R16 ; Register 16 .DEF temp2 = R17 .DEF zaehler = R18 .EQU led = .EQU taster = PB4 PB3 ; Der erste Befehl der nach dem Anlegen der Betriebsspannung bzw. nach einem ; Reset ausgefuehrt wird steht in der Speicherzelle mit der Adresse 0x00: .ORG 0x00 ; rjmp (relative jump): bedingungsloser Sprung zu einer bestimmten ; Programmadresse, hier: main rjmp main ; zum Hauptprogramm springen ; wird ein Interrupt ausgeloest, veranlasst der Interupt Controller den ; Controller, an einen bestimmten Speicherbereich zu springen und den an dieser ; stelle stehenden Befehl auszufuehren. .ORG INT0addr ;External Interrupt0 Vector Address ; reti (return from interupt): bildet den Abschluss einer ISR (siehe Glossar) 6 Die Vorsilbe „0b“ zeigt an, dass der auf sie folgende Wert eine Binärdarstellung ist. Eine weitere Vorsilbe stellt „0x“ dar, welcher eine Zahl in Hexadezimaldarstellung folgt. 7 „0b0000 1111 0000 0001“ ist tatsächlich der Maschinenbefehl für „Add R16,R17“! MIK 4 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller reti .ORG PCINTaddr reti .ORG OVF0addr rjmp OVF0isr .ORG ERDYaddr reti .ORG ACIaddr reti ;Pin change Interrupt Vector Address ;Overflow0 Interrupt Vector Address ;EEPROM Interrupt Vector Address ;Analog Comparator Interrupt Vector Address ; "<name>:" veranlasst den Compiler, die aktuelle Speicheradresse in der ; Konstante <name> zu speichern (sog. Label). main: ; Der ATtiny 12 hat 5 frei verwendbare digitale Ein-/Ausgänge, die alle im ; Port B enthalten sind. ; Die logischen Bezeichnungen fuer die einzelnen Pins (Bits oder ; Ein-/Ausgaenge) haben folgende Namen: PB0...PB4 ; Dabei korrespondiert PB0 mit dem Bit 0 in den entsprechenden Registern ; und PB4 mit Bit 4 (Nummerierung der Bits erfolgt aufsteigend von ; rechts nach links mit den Werten 0 bis 7). ; "P" steht fuer Port und "B" für den Port B. In groesseren Mikrocontrollern ; wie den ATmega32 gibt es neben dem Port B auch A, C und D. ; Dementsprechend auch PA0..PA7, PB0..PB7, PC0..PC7 und PD0..PD7 ; Die Namen gestalten den Assembler-Code lesbarer. ; ; Register DDRB mit 0b00000000 initialisieren ; DDRB: Data Direction Register port B ; Das Data Direction Register legt fest, welche Pins als Ausgang ; (entsprechendes Bit = 1) und welche als Eingang (entsprechendes ; Bit = 0) dienen. ; ; zunaechst alle Pins als Eingang definieren ;ldi (load immediate): Register mit einem festen Wert laden ;out (Out Port): Registerinhalt in einen Port laden ldi temp, 0 ; Register temp mit 0 laden out DDRB, temp ; Registerinhalt von temp dem DDRB zuweisen ; Die Funktion der Bitwerte im Port-Register ist abhaengig, ob der ; entsprechende Pin als Ein- oder Ausgang definiert ist. ; Ist er als Ausgang definiert, gibt das PORT-Register den Zustand am ; Beinchen des ICs an: 0 = 0V; 1 = 5V ; Ist der Pin als Eingang definiert, gibt er an ob der im Mikrocontroller ; eingebaute Pull-Up-Widerstand aktiviert ist oder nicht ; ; alle Pull-Up-Widerstaende einschalten (siehe Glossar) ldi temp, 0b11111 out PORTB, temp ; PB3, an den der Taster angschlossen ist, ist bereits richtig konfiguriert. ; Jetzt muss nur noch PB4 als Ausgang geschalten werden. ;cbi (clear bit in I/O register): ein einzelnes Bit in einem E/A-Register löschen cbi PORTB, led ; und jetzt erst als Ausgang schalten. ;sbi (set bit in I/O register): ein einzelnes Bit in einem E/A-Register setzen sbi DDRB, led ; ; ; ; ; Starten/konfigurieren des Timer/Counter 0 (kurz: TC0) Mit jedem Taktsignal erhoeht der TC0 den Wert im TCNT0 (Timer/Counter0)-Register. Tritt ein Ueberlauf ein (siehe Glossar) wird ein Timer/Counter 0 Overflow Interrupt ausgeloest Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 5 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller ; Der Timer/Counter bezieht seinen Zaehltakt von einem sog. Prescaler. ; Dieser bezieht seine Taktfrequenz vom Mikrocontroller und kann sie ; durch feste Werte teilen (1, 8, 64, 256, 1024). ; In diesem Fall wird ein Divisor von 64 gewaehlt (siehe Datenblatt S. 34) ldi temp, 0b011 ; Clk/64 ; TCCR0: Timer/Counter 0 control Register; konfiguriert/startet den TC0 out TCCR0, temp ; ; ; ; ; ; ; TC0 Overflow Interrupt aktivieren ; TIMSK: Timer/counter Interrupt Mask register ; TOIE0: Timer/counter 0 Overflow Interrupt Enable << : Shift Left Operator: der Wert, der links davon steht (1) wird um so viele Bit-Stellen nach links verschoben wie der rechte Operator angibt. ldi temp, (1<<TOIE0) out TIMSK, temp ; Interrupts einschalten: sei (Set Interrupt Flag): setzt das "Global Interrupt Enable" Flag im Statusregister SREG. Dadurch werden Interrupts erlaubt. Ist es geloescht, werden keine Interrupts ausgefuehrt. sei ; noch Variablen initialisieren ldi zaehler, 0 ; Endlosschleife, eigentliche Aufgabe wird in der ISR von TC0 Overflow Interrupt ; durchgefuhrt. Zum Stromsparen kann hier ein passender Sleep-Modus eingestellt ; werden. loop: rjmp loop OVF0isr: ; ISR des Timer/Counter 0 Overflow interrupts ; Diese ISR wird mit ca. 73 Hz aufgerufen: 1.2MHz/64/256= 73Hz ; 1.2MHz: Systemtakt ; 64: TC0 Prescaler-Teiler ; 256: Die Zaehlvariable TCNT0 wird solange hochgezaehlt bis ein ; Ueberlauf stattfindet. Dann wird der Interrupt ausgeloest ; Um auf die Blinkfrequenz von 1 Hz zu kommen, muss der Takt noch durch ; 37 geteilt werden. Dies wird von Hand durchgefuehrt ;inc (INCrement): Register um 1 erhoehen inc zaehler ;cpi (ComPare Immediate): Ein Register mit einem festen Wert vergleichen cpi zaehler, 37 ;brlo (BRanch if LOwer): Befehl verzweigt zu einer Speicheradresse wenn beim ; vorhergehenden Vergleich der linke Operand kleiner ; war als der rechte. brlo ende_isr ldi zaehler, 0 ; in (In Port): Gegenstueck von out, Laedt Inhalt des E/A-Port in das Register ; PINB: enthaelt die Eingangswerte von PortB in temp, PINB ldi temp2, (1<<taster) ; nur das zu betrachtende Bit soll auf 1 gesetzt sein koennen, deshalb werden ; die uebrigen ueber ein binaeres UND ausgeblendet ;and (binaeres AND): and R1,R2: R1 = R1 AND R2 and temp, temp2 cpi temp, 0 ; an das Ende der ISR springen wenn der Taster nicht gedrueckt ist ; Taster zieht Eingang auf GND -> Taster gedrueckt <-> PINB3 = 0 MIK 6 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller ;brne (BRanch if Not Equal): Verzweigen wenn beim vorhergehenden Vergleich der ; linke und rechte Operaator nicht gleich gross waren brne ende_isr ; Taster gedrueckt -> LED umschalten in temp, PORTB ldi temp2, (1<<led) ; LED umschalten mittels XOR ; eor (Exclusives OR): eor R1,R2: R1 = R1 XOR R2 eor temp, temp2 out PORTB, temp ende_isr: reti .INCLUDE "tn12def.inc" out TCCR0, temp .DEF temp = .DEF temp2 = .DEF zaehler = ldi temp, (1<<TOIE0) out TIMSK, temp sei R16 R17 R18 .EQU led = PB4 .EQU taster = PB3 .ORG 0x00 rjmp main .ORG INT0addr reti .ORG PCINTaddr reti .ORG OVF0addr rjmp OVF0isr .ORG ERDYaddr reti .ORG ACIaddr reti main: ldi temp, 0 out DDRB, temp ldi temp, 0b11111 out PORTB, temp cbi PORTB, led sbi DDRB, led ldi temp, 0b011 ldi zaehler, 0 loop: rjmp loop OVF0isr: inc zaehler cpi zaehler, 37 brlo ende_isr ldi zaehler, 0 in temp, PINB ldi temp2, (1<<taster) and temp, temp2 cpi temp, 0 brne ende_isr in temp, PORTB ldi temp2, (1<<led) eor temp, temp2 out PORTB, temp ende_isr: reti Im Unterschied zum PC, bei dem der eben erstellte Maschinencode direkt ausgeführt werden kann, muss er dem Mikrocontroller noch zugänglich gemacht werden. Besteht der Programmspeicher aus diskreten (Flash- oder (E)EP-)ROM Bausteinen, so kann er mit einem für den jeweiligen Speichertyp geeigneten Programmieradapter direkt in den IC geschrieben werden. Ist der Speicher, wie in diesem Fall, im Mikrocontroller selbst enthalten, benötigt man ein Programmiergerät für den Mikrocontroller. Die AVR-Serie ist für die „InSystem“-Programmierung geeignet. Dabei kann der Mikrocontroller in der elektrischen Schaltung verbleiben und das Programm kann durch Anstecken des Programmieradapters übertragen werden. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 7 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller In diesem Beispiel soll eine Leuchtdiode mit einer Frequenz von 1 Hz blinken, d.h. sich im Abstand von 0,5 s ein- und ausschalten. Dazu muss der Mikrocontroller die vergangene Zeit seit dem letzten Umschalten kennen. Dies erfolgt mittels der Zählung von elektrischen Impulsen mit fester Frequenz durch den eingebauten Timer. Das Taktsignal wird in diesem Beispiel (und auch im Praktikumsversuch) von dem eingebauten RC Schwingkreis erzeugt. Dies hat den Vorteil, dass diskrete Bauteile eingespart werden, aber den Nachteil, dass die Frequenz von der Temperatur und der Versorgungsspannung abhängt. Für zeitunkritische Anwendungen stellt dies kein Problem dar. Es gibt weitere Frequenzgeneratoren welche die nominelle Frequenz zu höheren Bauteilkosten besser einhalten: Keramik-Resonatoren, Quarze und Oszillatoren. Zu diesem Thema sei hier nur soviel gesagt, dass die (primäre) Taktfrequenz bei allen drei auf einer mechanischen Resonanz beruht. Die Oszillatoren haben zusätzliche Teile, welche die Frequenzstabilität im Vergleich zu den Quarzen erhöht. Die genaue Verwendung ist in einschlägiger Literatur zu finden. Diese Impulse sind es auch, die den Takt (clkCPU) für die Befehlsabarbeitung vorgeben. Im ersten Takt sendet das Steuerwerk die Adresse des nächsten auszuführenden Befehls an das Speicherwerk und dieses antwortet mit dem Befehlswort. Das Steuerwerk stellt dieses dann der ALU bereit, die es dann im darauf folgenden Takt verarbeitet und das Ergebnis in einem Register abgelegt. Ein Maschinenbefehl ist aus zwei Teilen aufgebaut: • Operationscode oder Opcode enthält den eigentlichen Befehl und impliziert Informationen über die • Operanden die zu verarbeitenden Daten bzw. deren Speicheradresse oder das Ziel eines Sprungbefehls. Bild 2: Arbeitsdiagramm einer CPU Der Befehlssatz eines Prozessors kann in verschiedene Gruppen eingeteilt werden: • Arithmetische Befehle führen mathematische Berechnungen durch • Logische und Bitmanipulationen logische Verknüpfung von Daten, setzen, löschen, invertieren, abfragen einzelner Bits sowie deren Verschiebung und Rotation von Bitstellen • Transportbefehle Datenübertragung zwischen Registern, Speicher und E/ASchnittstellen • Programmsteuerbefehle ändern die lineare Abarbeitung der Programmverarbeitung, z. B. Sprungbefehle, Aufruf und Beendigung von Unterprogrammen MIK 8 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller • Prozessorsteuerbefehle ändern die Arbeitsweise des Prozessors, z. B. in Stromsparmodus wechseln oder gezielte Veränderung von Flags wie des Interrupt-Flags: ein- bzw. ausschalten von Interrupts Neben den „normalen“ Speichern – Flash-EEPROM und SRAM – haben die AVR-Controller noch einige Bits welche nicht für die Maschinenbefehle erreichbar sind – die FUSE-Bits. Diese können nur von dem Programmieradapter geändert werden und dienen zur Konfiguration des Mikrocontrollers. Beispielsweise wird die Taktfrequenz-Quelle (Schwingquarz, RC-Schwingkreis, …) und deren Frequenzbereich oder die Ansprechspannung des eingebauten Brown-Out-Detektors8 2.3 Auswahl des „richtigen“ Mikrocontrollers Mikrocontroller gibt es in einer riesigen Variantenvielfalt. Aus dieser muss man den für die Anwendung geeignetsten finden. Jedes Projekt hat eine Vielzahl von Randbedingungen welche die Auswahl einschränken. Darunter fallen: • Datenbus-Breite: 4, 8, 16, 32, … Bit. Die Datenbus-Breite beschreibt, wie viele Leitungen der Datenbus aufweist, d. h. wie viele Datenbits gleichzeitig übertragen werden können. Dies ist eine charakteristische Größe für Mikrocontroller. Sie gibt die Genauigkeit an, mit der der Controller rechnen kann. Bei acht Bit kann jede Variable 28=256 unterschiedliche Werte annehmen (wird eine größere Genauigkeit benötigt, muss dies mit mehreren einzelnen AssemblerBefehlen erreicht werden). • Adressraum: z. B. 2 kByte … 8 Mbyte. Der Adressraum gibt an, wie viel „Speicher“ der Mikrocontroller ansprechen kann. Hierunter fällt neben dem Programm- und Datenspeicher auch die Peripherie. Diese Größe ist abhängig von der Adress- und der Datenbusbreite. Der erwartete Programm- und Datenumfang stellt die Vorgabe dar. • Anbindung des Speichers Ist der Speicher im Mikrocontroller integriert, kann er extern erweitert werden oder ist er vollständig extern. Welche Speichertypen werden verwendet: Nur-Lese-Speicher: ROM/PROM/EPROM/EEPROM/Flash-EEPROM Schreib-Lese-Speicher: SRAM/DRAM • Organisationsform: Harvard, von Neumann, … von Neumann: wird in PCs verwendet. Aufgebaut aus Rechenwerk, Steuerwerk, E/AWerk und Speicherwerk. Der Programm- und Datenspeicher sind in einer Einheit zusammengefasst – Programm und Daten können sich vermischen. Harvard: hier ist der Programm- und der Datenspeicher voneinander getrennt und festen Speicherbereichen zugeordnet • Rechenleistung u. a. abhängig von der möglichen Taktfrequenz (100 kHz … hunderte MHz), 8 Brown-out bezeichnet das langsame Sinken der Versorgungsspannung. Der Brown-Out-Detektor erkennt dies und führt einen Reset des Mikrocontrollers durch, wenn die Versorgungsspannung unter einen festgesetzten Wert sinkt und verhindert so Fehlberechnungen Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 9 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller • • • • • Befehlsabarbeitungsgeschwindigkeit (wie viele Taktzyklen benötigt ein Prozessorbefehl bis er vollständig abgearbeitet ist), Parallelisierung von Befehlsabarbeitung (holen des nächsten Befehls während der aktuelle Befehl abgearbeitet wird) • Komplexität der Prozessorbefehle RISC: Reduced Instruction Set Computing Der Befehlssatz des Mikrocontrollers besteht aus einfachen, schnell auszuführenden Befehle (meist ein oder wenige Prozessortakte, z. B. Addition, Subtraktion, Vergleiche, …). Aufwendige Berechnungen müssen durch mehrere einzelne Befehle durchgeführt werden. CISC: Complex Instruction Set ComputingNeben den elementaren Befehlen wie bei den RISC-Prozessoren verfügen diese über zusätzliche Befehle welche aufwendige Aufgaben durchführen. Der Maschinencode wird kürzer, benötigt aber mehr oder größere Befehlsworte. Mit dieser Komplexität steigt auch der Preis des Mikrocontrollers. Oft benötigen auch die elementaren Maschinenbefehle mehr Taktzyklen zur Abarbeitung als bei RISC-Prozessoren. • Welche Zusatzeinheiten sind auf dem Mikrocontroller vorhanden: • digitale Ein-/Ausgabeschnittstellen: Taster gedrückt/Lampe leuchtet • Timer: Zähler zur Zeitablaufsteuerung • serielle Datenschnittstellen (U(S)ART, I2C, CAN-Bus, …) • Analog-Digital-Wandler • Pulsweitenmodulatoren (einfacher Digital-Analog-Wandler) • JTAG – Schnittstelle zum Auslesen von Speicher- und Registerinhalten u. a. zu Debugging-Zwecken • Stromsparmodi – Verminderung der Stromaufnahme bei niedriger Rechenauslastung • ISP-fähig: kann der Controller im Zielsystem programmiert werden Preis Stückzahlen Verfügbarkeit Hier ist nicht nur die Verfügbarkeit in den geforderten Stückzahlen wichtig, sondern auch die Verfügbarkeit während der gesamten Produktionsdauer des Endproduktes, so dass keine Anpassungsentwicklung stattfinden muss. Verfügbare Entwicklungswerkzeuge: • Compiler (welche Sprachen: Assembler, C, Pascal, BASIC, …) • Emulatoren (in Software auf dem PC), Simulatoren (der Mikrocontroller wird im Zielsystem emuliert, jedoch mit vollem Zugriff auf die Speicherstellen) • Debugging Kenntnisse/Erfahrungen/Vorlieben des Entwicklers sowie vorhandene Entwicklungswerkzeuge Die Einarbeitung in eine neue Mikrocontrollerfamilie ist mit erheblichen Kosten und Zeitaufwand verbunden. Wenn möglich sollen Erfahrungen aus vorhergehenden Projekten genutzt werden. Auch Entwicklungswerkzeuge schlagen nicht unerheblich zu Buche. Bei Umstieg auf eine neue Controllerfamilie ist dann neben neuer Software auch teure Hardware (Simulatoren, Programmiergeräte, etc.) anzuschaffen. MIK 10 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller Beispiele für Mikrocontrollerfamilien (Hersteller in Klammern): 8 Bit: • AVR (Atmel) • COP8 (National Semiconductors) • C500 (Infineon) • 8051 (Intel, u.a.) • PIC (Microchip) • … 16 Bit: • H8/300 (Hitachi) • 68HC12/16 (Motorola) • C166 (Infineon) • ST9/ST10 (SGS Thomson) • µPD78k (NEC) • MCS96 (Intel) Für den Praktikumsversuch wird der ATmega32 von Atmel verwendet. Atmel stellt kostenlos die Entwicklungs-, Simulations- und Programmierumgebung „AVRStudio“ zur Programmierung der Mikrocontroller der ATmega und ATtiny-Reihe in Assembler zur Verfügung. Diese kann mit der kostenlosen Distribution WinAVR des AVR-GCC Crosscompilers um die Programmiersprache C ergänzt werden. 3 Ausprägungen im Versuch 3.1 Der Atmel ATmega32 Der ATmega32 von Atmel ist ein Acht-Bit-RISC-Mikrocontroller mit einem 32 kByte großen Programmspeicher9 aus Flash-EEPROM-Technologie ausgestattet, programmierbar über einen In-System-Programmieradapter. Weiterhin enthält er 2 kByte SRAM für Programmvariablen und 1 kByte EEPROM10 zur dauerhaften Datenspeicherung. 32 Mehrzweckregister in acht Bit Breite sind zur freien Verwendung vorhanden. Durch den eingebauten 1-MHz-RC-Schwingkreis kann man in nicht zeitkritischen Anwendungsfällen auf einen externen Oszillator verzichten. Der eingebaute Interrupt-Controller kann auf bis zu 21 verschiedene äußere (z. B. Taster gedrückt) oder innere (das Datum wurde vollständig über die RS232-Schnittstelle ausgegeben) reagieren (siehe auch Glossar und weiter unten). Wie bei der ATmega-Reihe üblich, kann der Programmspeicher auch geschützt werden, so dass ein Auslesen verhindert wird (zum Schutz des geistigen Eigentums). Die JTAG-Schnittstelle ermöglicht mit einer entsprechenden Hard- und Software das Auslesen von Speicherinhalten während der Programmausführung und erleichtert so das Auffinden von Programmfehlern. 9 Entspricht ca. 16000 Maschinenbefehlen Wird in diesem Versuch nicht verwendet 10 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 11 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller Vier digitale E/A-Schnittstellen („Ports“) mit jeweils 8 Bit Breite ermöglichen den Anschluss von Tastern, Schaltern, Leuchtdioden und andere digitale Ein-/Ausgänge. Jedes einzelne Bit einer Schnittstelle kann unabhängig als Ein- oder Ausgang betrieben werden. Als Eingang kann ein Pull-Up-Widerstand (siehe Glossar) hinzugeschalten werden, so dass dieser nicht in der elektrischen Schaltung vorgesehen werden muss. Der Ausgang kann direkt bis zu 20 mA sowohl als Senke als auch als Quelle treiben. Damit können Leuchtdioden ohne Treiberbaustein (z. B. Transistor) angeschlossen werden. Jeder dieser 32 digitalen Ein-/Ausgänge kann alternativ als eine oder mehrere der Zusatzfunktionen des Mikrocontrollers geschalten werden (in diesem Skript wird nur auf die für den Versuch notwendigen Funktionen genauer eingegangen, die vollständige Belegung ist im Datenblatt des Mikrocontrollers zu finden). Mehrere Zeitzähler (Timer/Counter) in 8 und 16 Bit Auflösung ermöglichen Zeitmessung von Vorgängen, zum Beispiel zur Frequenzmessung von Eingangssignalen oder auch das Aufrufen einer Funktion in festen Zeitabständen. Vier Pulsweitenmodulatoren (ergänzt mit einem elektrischen Tiefpassfilter) ermöglichen die Erzeugung eines Analogsignals. Unterstützung von drei verschiedenen seriellen Schnittstellen zur Kommunikation mit anderen Komponenten: USART, SPI, TWI. Da sie in diesem Praktikum nicht benötigt werden, werden sie hier nicht weiter ausgeführt. Eine kurze Charakterisierung der Schnittstellen ist im Glossar zu finden. Ein Analog-Komparator ermöglicht das Feststellen, ob eine analoge Spannung unterhalb oder oberhalb einer Referenzspannung liegt. 3.2 Programmierumgebung AVR Studio und AVR GCC (WinAVR) Als Programmierumgebung kommt das AVR Studio zum Einsatz, welches Atmel im Internet kostenlos zur Verfügung stellt. Dies ist eine Entwicklungsumgebung zur Erstellung, Fehlersuche und zum Hinaufladen von Programmen auf AVR-Mikrocontroller. Die Programmverwaltung erfolgt projektbezogen, d. h. es wird zuerst ein neues Projekt erstellt, Quelldateien erzeugt oder hinzugefügt, der Mikrocontroller entsprechend konfiguriert usw. Die gesamten Einstellungen werden in einer Projektdatei gespeichert, so dass sich unabhängige Projekte nicht untereinander beeinflussen. AVR Studio enthält einen Quellcode Editor, eine Simulationsumgebung des projektierten Mikrocontrollers zum Auffinden von Softwarefehlern, Programmiersoftware zum hinaufladen des Maschinencodes auf den Controller und eine Umgebung um den Programmablauf auf dem Controller mittels eines JTAG-Adapters verfolgen zu können (wird hier nicht verwendet). Von sich aus können mit dem AVR Studio nur Assembler-Programme compiliert werden. Ist zum Installationszeitpunkt von AVR Studio bereits die WinAVR-Distribution installiert, unterstützt das AVR Studio auch das Erstellen von und die Fehlersuche in Maschinencode basierend auf C/C++-Quellcode. Der Mikrocontroller wird in C programmiert. MIK 12 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller Als Einstieg in die AVR-Studio-Programmierumgebung mit C-Unterstützung dient das Assembler-Beispiel aus dem vorhergehenden Kapitel11. Nach dem Start des AVR Studios erscheint ein Dialogfeld Anlegen bzw. Öffnen von Projekten. Mit der Schaltfläche „New Project“ wird ein neues Projekt angelegt: Bild 3: Ein neues Projekt anlegen Über die „Next >>“-Schaltfläche kommt man zur Auswahl des Projekttyps. Es stehen die Projekttypen „Atmel AVR Assembler“ und „AVR GCC“ zur Verfügung. Letzteres erzeugt ein C/C++-Projekt. Weiterhin muss ein Projektname angegeben werden. Bild 4: Projekttyp auswählen Mit „Next >>“ weiter zur Mikrocontrollerauswahl. „Debug platform“ muss auf der Standardeinstellung „AVR Simulator“ verbleiben, unter „Device“ den Mikrocontroller angeben, für den das Programm entwickelt wird, hier „ATtiny2313“. Diese Auswahl hat Auswirkungen sowohl auf den Compiler der den exakten Controllertyp kennen muss damit er nur solche Maschinenbefehle verwendet die das Zielsystem auch kennt12, sowie auch auf die Debugger-Umgebung, die die Maschinenbefehle controllerspezifisch interpretieren muss. Bild 5: Prozessortyp wählen 11 Im Gegensatz zum Assembler-Beispiel wird hier der ATtiny2313 verwendet. Die meisten ATtinys haben kein SRAM und werden deshalb für die Programmierung in C nicht unterstützt. 12 Nicht alle AVR-Mikrocontroller haben den vollen Maschinenbefehlssatz implementiert Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 13 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller Nach der Eingabebestätigung mit „Next >>“ wird das Projekt erstellt und es erscheint die Entwicklungsumgebung. Diese ist aus einer Reihe von Ansichten aufgebaut. Im Editorfenster c wird der Quellcode erstellt. Syntaxhervorhebung erhöht die Übersichtlichkeit. Im Ausgabefenster d werden verschiedene Informationen dargestellt: Build: Ausgaben des Compilers (bzw. Assemblers) Messages: Ausgaben verschiedener Komponenten von AVR Studio Find in Files: Ergebnis der Suchfunktion Breakpoints: Liste von Breakpunkten Die Arbeitsbereich-Reiter e enthalten Informationen zum leichteren Auffinden von Programmfehlern: Projektansicht: Liste der Dateien, welche im Projekt verwendet werden, bei AVR GCC aufgeteilt nach „Source Files“ (alle Dateien mit Quellcode), „Header Files“ (Header-Dateien, welche die Köpfe der in den Quelldateien definierten Funktionen, Makros („#define“), globale Variablen usw. enthalten können. Detaillierte Informationen zu Header-Dateien sind in der einschlägigen Literatur zu finden.), „External Dependencies“ (Dateien, welche in der WinAVR-Distribution oder anderen Quellen enthalten sind und dem Projekt eingebunden sind; können wichtige Informationsquelle sein!), sowie „Other Files“ (z. B. Textdateien mit Informationen zum Programm) I/O View: Zeigt während der Simulation (Debugging) die aktuellen Werte an Register: Werte der Universalregister Processor: Prozessorregister wie Befehls- und Stackzeiger I/O Register: Werte der E/A-Einheiten Info: Allgemeine Informationen zum ausgewählten Prozessor wie Interrupttabelle und Konfigurationsregister Wird das Programm simuliert, stehen noch weitere Fenster zur Verfügung: im „Watch“Fenster f werden die Variablenwerte angezeigt, das „Memory“-Fenster g enthält die Speicherinhalte sämtlicher verfügbarer Speicherbereiche (Programm-, Register-, SRAM-, EEPROM-) und das „Register“-Fenster h enthält noch einmal die Werte der Universalregister, wie auch in e. Zuletzt gibt es noch ein Fenster zum Hinaufladen i des Maschinencodes auf den Mikrocontroller. MIK 14 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller e e c f g g h f i h d Bild 6: Die Entwicklungsumgebung des AVR Studio 3.3 Grundlagen der Mikrocontroller-Programmierung in C Werden in diesem Versuch auch grundlegende Kenntnisse in der C-Programmierung aus dem Grundstudium als bekannt vorausgesetzt, wird hier kurz auf die Programmiersprache und vor allem auf die Besonderheiten der hardwarenahen Programmierung von Mikrocontrollern eingegangen. Im Anhang befindet sich eine kurze Übersicht über wichtige C- und AVR-libc13-Befehle. Das Beispielprogramm ist in der nachfolgenden Abbildung zu finden: 13 avr-libc ist eine Bibliothek mit Funktionen für AVR-Mikrocontroller, welche die ANSI-C-Befehle ergänzt. Darunter fallen z. B. die Definition von Variablen (uint8_t als 8-Bit-vorzeichenlose-Ganzzahl) über mikrocontrollerspezifische Funktionen (Stromsparmodi, Timer-Funktionen, zeitdauerbasierte Wartefunktionen, Verwendung des TWI, EEPROM-Zugriff, …) bis hin zu mathematische Funktionen (sin, cos, …) Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 15 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller Bild 7: Screenshot mit Quellcode Ein C-Programm ist nach folgendem Schema aufgebaut: Direktiven für den Präprozessor Globale Deklarationen Typ funktion_1( . . . ) . . . Typ funktion_n( . . . ) int main( . . . ) { lokale Deklarationen Anweisungsfolge } Typ funktion_1( . . . ) { lokale Deklarationen Anweisungsfolge } . . . Typ funktion_n( . . . ) { lokale Deklarationen Anweisungsfolge } Nach dem Erzeugen des Quelltextes erfolgt dessen Umwandlung in Maschinensprache in zwei Schritten: MIK 16 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller 1. Übersetzen: Dieses ist wiederum in vier Einzelschritte aufgeteilt: • Verarbeitung durch den Präprozessor in diesem Vorverarbeitungsschritt werden u. a. externe Dateien zu den Quelldateien dazugebunden (#include) oder Makros (#define) ausgewertet, d. h. wo immer das Makro vorkommt durch dessen Definition im #define ersetzt, u.v.a. • Compilieren Umwandlung des vorverarbeiteten Quelltexts in Assembler • Assemblieren Umwandlung des entstandenen Assembler-Quelltextes in Maschinensprache 2. Binden (Linken) Aus jeder Quelltextdatei (*.c) entsteht ein eigenes Maschinenbefehlsfragment. Diese Einzelteile werden in diesem Schritt zu einem großen Ganzen zusammengefügt. Außerdem werden Bibliotheksfunktionen, die bereits in Maschinencode vorliegen, auch in das Gesamtprogramm eingebunden. Die Programmierung in C und auch einige wenige Besonderheiten der Mikrocontrollerprogrammierung sollen an dem kommentierten Beispiel dargestellt werden. Dieses erfüllt die gleiche Aufgabe wie das Assembler-Beispiel, ist jedoch für den ATtiny2313 implementiert, da der ATtiny12 nicht mit C programmiert werden kann. // Eine Leuchtdiode soll mit 1Hz blinken wenn ein Taster gedrueckt wird // (siehe auch Assembler-Beispiel) // stellt verschiedene Integer-Variablentypen, u.a. uint8_t zur Verfügung #include <inttypes.h> // definiert grundlegende Makros fuer die Ein-/Ausgabe, u.a. PORTA, DDRB, etc. #include <avr/io.h> // stellt die Interrupt-Behandlung zur Verfuegung (SIGNAL()) #include <avr/interrupt.h> // wo ist der Taster und die LED angeschlossen #define Taster PB3 #define LED PB4 // Makros zum Setzen, Löschen, Umschalten eines Bits in einem Port // sind auch im Praktikumsversuch so vorhanden // _BV(n) berechnet 2^n; faktisch setzt es das n-te Bit auf 1 // |: binaeres ODER // &: binaeres UND // ^: binaeres EXKLUSIVES ODER (1^0=1; 0^1=1; 0^0=0; 1^1=0) #define set_bit(port, bit) ( port |= _BV(bit) ) #define clear_bit(port, bit) ( port &= (unsigned char)~_BV(bit) ) #define toggle_bit(port, bit) ( port ^= _BV(bit) ) // // // // // Definition der globalen Variable zaehler (nicht innerhalb einer Funktin) kann in main() und SIGNAL(SIG_OVERFLOW0) gelesen und veraendert werden! In der Regel werden globale Variablen in C nicht verwendet, da dann nicht mehr gewaehrleistet ist dass nur Funktionen, die diese Variable aendern muessen diese auch nur aendern koennen. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 17 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller // Hier ist es notwendig, da die Variable nicht an eine Unterfunktion // uebergeben werden kann - SIGNAL(SIG_OVERFLOW0) wird nicht in von einer // Funktion aufgerufen, sondern bei einer Interruptanforderung direkt // angesprungen. uint8_t zaehler; // ISR (Interrupt Service Routine - Behandlungsfunktion fuer einen Interrupt) // fuer den Timer-Ueberlauf (siehe Assembler-Beispiel und Glossar) wird diese // Funktion aufgerufen. SIGNAL (SIG_OVERFLOW0) { // lokale Variable temp definieren. Kann nur innerhalb der ISR gelesen // und geaendert werden. uint8_t temp; // Post-Increment einer Variable: // Nach der Auswertung eines Ausdrucks wird die Variable um 1 erhoeht zaehler++; // Wenn-Dann-Bedingung if (zaehler >= 37) { // zaehler zuruecksetzen zaehler = 0; // Eingangspins auslesen temp = PINB; // Wenn der Taster gedrueckt ist (siehe Assembler-Beispiel) ... if ( (temp&(1<<Taster)) == 0 ) { // ... soll die LED blinken (umgeschalten werden) toggle_bit(PORTB, LED); } } } // Hauptprogramm wird nach einem Reset angesprungen. // Muss immer so (int main(void)) deklariert werden int main (void) { // Ports initialisieren: Eingang + PullUps (siehe Assembler-Beispiel) PORTA = 0b111; PORTB = 0xFF; PORTD = 0b1111111; DDRA = 0; DDRB = 0; DDRD = 0; // LED konfigurieren: es wird jeweils nur ein Bit geaendert clear_bit( PORTB, LED ); set_bit( DDRB, LED ); // Timer/Counter 0 konfigurieren: Prescaler auf Clk/64 setzen // (siehe Assembler-Beispiel) TCCR0B = 0b011; // Overflow-Interrupt fuer TC0 einschalten set_bit( TIMSK, TOIE0); // Zaehler-Variable initialisieren zaehler = 0; // Interrupts global einschalten sei(); MIK 18 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller // Endlosschleife for(;;); } #include <inttypes.h> #include <avr/io.h> #include <avr/interrupt.h> #define Taster #define LED PB3 PB4 #define set_bit(port, bit) ( port |= _BV(bit) ) #define clear_bit(port, bit) ( port &= (unsigned char)~_BV(bit) ) #define toggle_bit(port, bit) ( port ^= _BV(bit) ) uint8_t zaehler; SIGNAL (SIG_OVERFLOW0) { uint8_t temp; zaehler++; if (zaehler >= 37) { zaehler = 0; temp = PINB; if ( (temp&(1<<Taster)) == 0 ) { toggle_bit(PORTB, LED); } } } int main (void) { PORTA = 0b111; PORTB = 0xFF; PORTD = 0b1111111; DDRA = 0; DDRB = 0; DDRD = 0; clear_bit( PORTB, LED ); set_bit( DDRB, LED ); TCCR0B = 0b011; set_bit( TIMSK, TOIE0); zaehler = 0; sei(); for(;;); } Nachdem der Quelltext in das Editorfenster c eingegeben wurde14, Maschinencode erzeugt werden. Dies erfolgt mit der Build-Schaltfläche kann der oder der F7- 14 Es ist empfehlenswert, nach relativ kurzen Programmierabschnitten das Programm zu kompilieren um Syntaxfehler möglichst früh zu erkennen. Dies beschleunigt die Fehlersuche erheblich. Auch die Suche von Fehlern im Algorithmus sollte aus selben Grund früh erfolgen. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 19 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller Taste. War der Vorgang erfolgreich, steht in der letzten Zeile des Ausgabefensters d: „Build succeeded with 0 Warnings...“ Bild 8: Erzeugen des Programms 3.4 Programmfehlerbereinigung Die Schwierigkeit bei der Fehlersuche und deren Bereinigung (Debugging) in Mikrocontrollerprogrammen besteht darin, dass an einem Mikrocontroller in der Regel kein Monitor und keine Tastatur angeschlossen sind. Dies erschwert das Auffinden eines Programmfehlers erheblich, da die Speicherinhalte nicht direkt beobachtet werden können. Um diesem Problem zu begegnen, gibt es mehrere Möglichkeiten: • Es wird eine Schnittstelle zu einem Eingabe- und Anzeigegerät verwendet, über die eine gewisse Interaktion mit dem Controller möglich ist, z. B. eine RS232-Verbindung mit einem PC. Dies erfordert Ergänzungen des Programms, welche die Interaktion zulassen. Dabei werden nur solche Werte übertragen, die vom Programmierer vorgesehen sind. • Verfügt ein Controller über eine JTAG-Schnittstelle kann in der Regel der gesamte Speicherinhalt ausgelesen werden, Breakpoints gesetzt werden, usw. • Ein Emulator ersetzt den Mikrocontroller in der elektronischen Schaltung. Der Befehlssatz und die Ausstattung des Emulators ist identisch mit der des Mikrocontrollers und der PC hat mittels einer Schnittstellenkarte Vollzugriff auf den MIK 20 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller • gesamten Speicher des Emulators. Das Mikrocontrollerprogramm läuft unverändert auf dem Emulator. Mit einem Simulator kann das Programm auf einem PC ausgeführt und der Speicher des simulierten Controllers vollständig beobachtet werden. Dies ist normalerweise der erste Schritt der Fehlersuche, da die Elektronik für den Mikrocontroller noch nicht vorhanden sein muss. Dies hat aber den Nachteil, dass Fehler, welche auf zeitlicher Abhängigkeit beruhen (Synchronität von Prozessen) nicht gefunden werden können, da das Programm auf keinen Fall mit identischer Geschwindigkeit ausgeführt wird, wie auf dem Mikrocontroller (dazu wäre zumindest ein Echtzeitbetriebssystem für den Simulator erforderlich!). Außerdem gibt es Einschränkungen im Hinblick auf die E/A-Schnittstellen. So ist es beispielsweise (abhängig vom Simulator) nicht möglich, serielle Schnittstellen zu simulieren oder analoge Eingangswerte einzugeben. Nachdem der Maschinencode wie im vorherigen Abschnitt beschrieben mit „Build“ erfolgreich erstellt wurde, kann der Simulator mit „Start Debugging“ (Strg+Alt+Umschalt+F5) gestartet werden. Alternativ kann auch mit „Build and Run“ (Strg+F7) der Debugger automatisch gestartet werden, nachdem der Erstellungsprozess des Maschinencodes erfolgreich abgeschlossen wurde. Anschließend sieht das AVR Studio folgendermaßen aus: Bit=1 DebugSymbolleiste Bit=0 Status der E/AEinheiten Breakpoint Aktueller Zählerwert von TC0 (Hex und binär) Nächster auszuführender Befehl Watch: Wert der Variable „zaehler“ Bild 9: Der Debugger Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 21 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller Die Debug-Symbolleiste bzw. deren Funktionen: Strg+Umschalt+Alt+F5 Start Debugging Simulation beginnen Strg+Umschalt+F5 Stop Debugging Simulation beenden F5 Run Ausführen (Variablen nicht aktualisieren!) Strg+F5 Break Ausführen pausieren Umschalt+F5 Reset Simulator zurücksetzen Alt+(Zehnertastatur) Show Next Statement Anzeige des nächsten auszuführenden Befehls F11 Step Into In Funktion hineinspringen F10 Step Over Funktion als einen Schritt auführen Umschalt+F11 Step Out Aus Funktion herausspringen Strg+F10 Run To Cursor Bis zum Textcursor ausführen Alt+F5 Auto Step Ausführen (Variablen aktualisieren!) F9 Toggle Breakpoint Breakpoint ein-/ausschalten Remove All Breakpoints Alle Breakpoints entfernen Umschalt+F9 Quickwatch Schnelle Watch-Ansicht Mit diesen Funktionen ist es damit möglich, das Programm gezielt auszuführen und die Veränderung der Variablen zu beobachten. Außerdem können die Inhalte der Variablen im „Watch“-Fenster durch Doppelklicken auf deren Wert gezielt verändert werden. Ebenso ist dies auch mit den Registerinhalten im „I/O View“-Fenster möglich: einzelne Bits können durch Klicken auf die Quadrate, welche den Zustand des Bits darstellen, umgeschalten werden oder per Doppelklick auf den Hexadezimalwert kann dem Register ein bestimmter Wert zugewiesen werden. 3.5 Hinaufladen des Maschinencodes auf den Mikrocontroller Nachdem der Quellcode soweit erstellt und auf Fehler überprüft worden ist, muss der resultierende Maschinencode auf den Mikrocontroller hinaufgeladen werden. Dazu wird der AVRISP von Atmel verwendet. Bild 10: Der ISP-Programmer Schließen Sie das ISP-Kabel (sechspoliges Flachbandkabel) an die „In System Programmer“-Buchse des Mikrocontroller-Einschubes an und schalten, falls noch nicht geschehen, den Netzschalter hinten rechts am 19“-Gehäuse ein. Nun sollte die Leuchtdiode in der Nähe des ISP-Kabels grün leuchten. Diese zeigt folgende Zustände des AVRISP an: MIK 22 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller LED-Farbe gelb rot grün Beschreibung Programmierung läuft Programmierung ist fehlgeschlagen Bereit Durch Drücken der „Connect“-Schaltfläche öffnet sich folgendes Dialogfeld: Bild 11: Einstellungen für den Programmer Wählen Sie, wie hier zu sehen, als Plattform den „STK500 or AVRISP“ als Port Auto aus und drücken Sie „Connect…“. Konnte sich die Programmiersoftware mit dem AVRISP verbinden, erscheint folgendes Dialogfeld: Bild 12: Programmier Optionen Unter „Device“ muss ATmega32 ausgewählt sein, bei „Flash“ wählen Sie „C:\Praktikum\Kreuztisch\default\Kreuztisch.hex“ aus. Der EEPROM-Speicher wird hier nicht verwendet. Im Dialogfeld-Reiter „Fuses“ sind die für den ATmega32 (bzw. für den in „Device“ ausgewählten Controller) verfügbaren Konfigurationsoptionen aufgeführt. Bitte ändern Sie nichts in der „Fuses“-Ansicht, da der Mikrocontroller dann möglicherweise nicht mehr funktioniert! Im „LockBits“-Reiter kann man Optionen setzen, um die Speicherbereiche des Mikrocontrollers zu schützen. Damit kann z. B. verhindert werden, dass der Flash-Speicher nicht mehr lesbar ist (Schutz des geistigen Eigentums!) bevor er vollständig gelöscht wurde. Jeder Mikrocontroller der AVR-Reihe hat sogenannte „Signature Bytes“ gespeichert. Mit diesen kann der Controllertyp (z. B. ATmega32) erkannt werden. Die Programmiersoftware verwendet diese Signature Bytes zum Erkennen, ob der gleiche Mikrocontroller ausgewählt ist wie der mit dem ISP-Adapter verbundene. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 23 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller Bild 13: Signature Bits Gibt es beim Programmieren des Controllers Probleme obwohl die Status-LED grün leuchtet, überprüfen Sie bitte die „ISP Freq“ im „Board“-Reiter. Diese muss kleiner als ¼ der Taktfrequenz des ATmega32 sein, welcher mit 1 MHz betrieben wird. Bild 14:Einstellen physikalischer Daten Wählen Sie bitte im „Auto“-Reiter folgende Optionen: • Erase Device • Check signature • Program FLASH • Verify FLASH und minimieren das Fenster (nicht mit X schließen!). Anschließend könne Sie nach dem Kompilieren des Projektes den Mikrocontroller aus dem AVR Studio heraus mit der „Auto“Schaltfläche programmieren. Dann werden die oben eingestellten Schritte nacheinander ausgeführt. Sollen Änderungen an den Programmiereinstellungen vorgenommen werden verwenden Sie die „AVR“-Schaltfläche und nicht die „Connect“-Schaltfläche . Dann öffnet sich direkt die AVRISP-mkII-Programmieroberfläche mit den vorher vorgenommenen Einstellungen. MIK 24 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller minimieren Bild 15: Zu bearbeitende Prozesse 3.6 Beschreibung der Praktikums-Elektronik Entprellung Bedienfeld Schutzbeschaltung Mikrocontroller Vcc Pause Programmstart Die Elektronische Schaltung für diesen Versuch ist in drei Hauptkomponenten aufgeteilt. Die Schrittmotoren sind für die eigentliche Bewegung verantwortlich, die von dem Mikrocontroller gesteuert wird. Das Verbindungsglied zwischen beiden sind die Motortreiber, welche die Anpassung zwischen den Logik-Signalen des Mikrocontrollers und der notwendigen Ausgangsleistung für die Motoren durchführen. Zusätzlich ist noch eine Schutzschaltung vorhanden, die für die Achseninitialisierung und die Endabschaltung zuständig ist. Das Bedienfeld stellt die Verbindung zum Benutzer her. CLKx Motortreiber X DIRx Schrittmotor X CLKy Motortreiber Y DIRy Schrittmotor Y Entprellung End-/ HomeTaster Bild 16: Die Elektronik zur Schrittmotorsteuerung Wurde Versuch 5 noch nicht bearbeitet, lesen Sie bitte die grundlegende Funktionsweise des Schrittmotors nach. Das Verständnis über dessen grundlegende Theorie ist notwendig für diesen Versuch! Der Mikrocontroller muss für jede Achse zwei Signale erzeugen, um sie zu bewegen. Einmal ist dies das Richtungssignal (Drehung im oder entgegen dem Uhrzeigersinn bzw. Bewegung in positiver oder negativer Achsenrichtung) und ein Taktsignal. Mit jedem Impuls wird der Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 25 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller Motor um einen Schritt in die ausgewählte Richtung bewegt. Beide Achsen müssen aufeinander abgestimmt werden, damit der Tisch die gewünschte Form abfährt. Die Motortreiber setzten diese beiden leistungsfreien Signale in die leistungsbehaftete Bestromung der jeweils zwei Motorwicklungen um. Der Kreuztisch ist je Achse mit zwei End- und einem Hometaster, sowie weitere Taster als Benutzerschnittstelle am Bedienfeld. Mechanische Taster prellen, d. h. der Kontakt wird nicht mit einem Mal geschlossen, sondern wird mehrmals hintereinander geschlossen und wieder geöffnet. Dies kann dazu führen, dass der Mikrocontroller mehr als einen Tastendruck registriert. Aus diesem Grund müssen alle Taster entprellt werden. Dies kann durch Software im Mikrocontroller geschehen, indem ein Tastendruck erst als solcher angenommen wird wenn der Kontakt für eine vorgegebene Dauer geschlossen ist. Alternativ können sie auch hardwaretechnisch entprellt werden. Hierbei wird ein Kondensator über Widerstände aufgeladen und dessen Spannung mittels eines Schmitt-Triggers15 in ein Rechtecksignal umgewandelt. Wird die Aufladung des Kondensators für kurze Zeit durch Prellen unterbrochen, vergrößert sich nur die Verzögerung zum Schalten des SchmittTriggerausganges, es gibt aber ein definiertes, prellfreies Signal. Die Endtaster sind als Öffner geschalten. Somit wird im normalen Betrieb immer Strom fließen. Sollte ein Kabelbruch oder ähnliches stattfinden, wird fälschlicherweise ein Tastendruck erkannt und der Kreuztisch in einen sicheren Zustand versetzt: der Antrieb wird ausgeschalten. Wären die Taster als Schließer angeschlossen, würde ein Endtastzustand bei Kabelbruch nicht erkannt werden und ein Hardwareschaden wäre nicht ausgeschlossen. 3.7 Allgemeine Informationen Nach dem Einschalten der Betriebsspannung initialisiert der Hilfsmikrocontroller den Kreuztisch und fährt ihn in die Ausgangsposition. Ist diese erreicht, kann der Mikrocontroller mittels der Freigabe-Taste auf dem Bedienfeld freigegeben werden. Erreicht eine Achse einen der beiden Endtaster, werden beide Achsen sofort angehalten und der Mikrocontroller von den Motortreibern getrennt. Mittels der Initialisieren-Taste wird der Tisch neu initialisiert und ist danach wieder einsatzbereit. Sollte die Gefahr eines Zusammenstoßes bestehen, kann das System durch Drücken des Notaustasters angehalten werden. Zum Beenden des Notauszustandes den Taster wieder herausziehen und den Tisch mit Initialisieren wieder initialisieren. Entsprechende Leuchtdioden zeigen den Zustand des Systems an. Der von Ihnen zu programmierende Mikrocontroller hat zwei Tasten zur Programmsteuerung vorgesehen: Programmstart und Pause. Es ist Ihre Aufgabe, den Tastern ihre Aufgabe zu geben. 3.8 Ziel des Versuchs In diesem Versuch soll eine Ansteuerung programmiert werden, welche den Kreuztisch die Kontur des „M“ des MiMed-Schriftzuges abfährt. Der Druckkopf muss so angesteuert werden, dass eben dieses auf einem Papier sichtbar wird. Ihre Aufgabe ist es, eine Funktion linie() zu schreiben, die den Tisch Linien mit beliebigen Längen und Winkeln bewegen lassen 15 Übersteigt der Eingang des Schmitt-Triggers eine obere Schwellspannung, wird der Ausgang auf High geschalten, sinkt die Spannung untere Schwellspannung (die niedriger ist als die obere Schwellspannung – Hysterese) fällt der Ausgang wieder auf Low ab. MIK 26 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller kann. Diese wird von der vorhandenen Funktion kreisbogen() genutzt, um Kreisbögen zeichnen zu können. Weiterhin ist es Ihre Aufgabe, den Ansteuerimpuls für den Druckkopf zu erzeugen. Das Zeichnen der Schriftzuges wird durch Drücken der Taste Programmstart eingeleitet und kann vorübergehend mit Pause angehalten werden. Eine Leuchtdiode zeigt diesen Zustand an. Die Hausaufgabe und die Teilversuche leiten Sie bis zum fertigen Programm. 3.9 Beschreibung des Programm-Grundgerüstes Grundlage für Ihre Entwicklung ist ein Programmgerüst, welches Sie ergänzen müssen. Die Hauptdatei ist Praktikum.c. Darin befindet sich die Hauptfunktion main(), reset() sowie die Interrupt Service Routinen (ISR). main() wird nach einem Reset des Controllers angesprungen. Diese ruft reset() auf, in der grundlegende Einstellungen vorgenommen werden, welche für die korrekte Arbeitsweise des Programms in Zusammenarbeit mit der Hardware notwendig sind, z. B. Einrichtung der E/A-Ports oder der Interruptfunktionen. Vorhandene Einträge in dieser Funktion bitte nicht löschen oder ändern, ansonsten ist eine korrekte Arbeitsweise des Programms nicht gewährleistet. Ergänzungen können an geeigneter Stelle vorgenommen werden! In der Hauptfunktion zwischen reset(); und return(0); fügen Sie Ihre Funktionsaufrufe ein, welche den Kreuztisch (linie() und kreisbogen()), die Druckausgabe, etc. steuern. Die Datei Praktikum.c enthält zwei projektspezifische #include-Anweisungen: #include "globals.h" #include "ports.h" In globals.h sind einige globale Definitionen zu finden. Hierunter fallen insbesondere die Makros set_bit(), clear_bit() und toggle_bit(), welche bereits bei dem C-Beispielprogramm beschrieben sind. Weiterhin sind die Definitionen von TRUE und FALSE nützlich. ANSI-C stellt keine boolsche Variablen (welche die Werte Wahr und Falsch annehmen können) bereit. Mit diesen beiden Definitionen kann man eine Variable vom Typ uint8_t (und auch andere Typen) verwenden, um einen Wahrheitswert zu speichern16. Durch Verwendung von TRUE und FALSE statt 1 und 0 wird der Quellcode einfacher lesbar (damit sind Fehler auch leichter erkennbar!). In der Datei ports.h sind Namen für die E/A-Ports definiert, an die die Peripherie (Taster, LED, Motortreiber und Druckkopf) angeschlossen sind: #ifndef _PORTS_H #define _PORTS_H #define A_Pause_PORT #define A_Pause PORTD PD0 #define E_Programmstart_PIN PIND 16 Dies ist aus Speichersicht eine sehr ineffiziente Vorgehensweise. Der Variablentyp uint8_t hat 8 Bit Breite und könnte somit acht boolsche Variablen speichern. Da Speicher bei Mikrocontrollern eine begrenzte Resource ist, gibt es sparsamere Möglichkeiten, die hier nicht betrachtet werden. Der geneigte Praktikant sei auf einschlägige Literatur verwiesen. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 27 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller #define E_Programmstart #define E_Pause_PIN #define E_Pause PD1 PIND PD2 #define #define #define #define A_DIRx_PORT A_DIRx A_STEPCLKx_PORT A_STEPCLKx PORTC PC0 PORTC PC1 #define #define #define #define A_DIRy_PORT A_DIRy A_STEPCLKy_PORT A_STEPCLKy PORTC PC2 PORTC PC3 #define A_PenDown_PORT #define A_PenDown #endif PORTD PD7 Dabei wird folgende Konvention eingehalten: der erste Buchstabe (E bzw. A) gibt die Signalrichtung an (Ein- bzw. Ausgang bezogen auf den Mikrocontroller). Der folgende Name (z. B. Pause, DIRx, …) gibt die Funktion an. Wird der so entstandene Name noch mit _PIN bzw. _PORT handelt es sich um die entsprechenden Register zum Zugriff auf die E/A-Ports (siehe oben17). Ohne diese Erweiterung ist das eigentliche Bit gemeint (z. B. PD0 = Bit 0 des E/A-Ports D). Somit sind beispielsweise folgende Befehle möglich: clear_bit(A_PenDown_PORT, A_PenDown); Ohne diese Definitionen würde der gleiche Befehl lauten: PORTD &= (unsigned char)~_BV(PD7);. Beide Schreibweisen sind auf Grund der getroffenen Definitionen identisch. Entscheiden Sie selber, welche Schreibweise Sie bevorzugen! Weiterhin ist die Datei linie.c vorhanden. In diese Datei (in die Funktion void linie(int16_t Xschritte, int16_t Yschritte){};) fügen Sie Ihren Code zum Fahren einer Linie ein. In der Datei kreisbogen.c ist die Funktion kreisbogen() definiert. 3.10 Begriffsglossar Das Begriffsglossar soll zum Nachschlagen von Fachbegriffen dienen. Eine detaillierte Kenntnis der Begriffe ist für den Versuch nicht notwendig. • • Adressbus Bus, über den die Adresse des zu lesenden oder schreibenden Datenwortes übertragen wird Arithmetic Logical Unit (ALU) Die ALU ist ein Schaltnetz, welches arithmetische (z.B. Addition, Subtraktion) und logische (UND, ODER, NICHT, Vergleich, …), bitweise Verschiebungen/Rotationen, Bitoperationen, usw. ausführt. Sogenannte Flags im Statusregister (Teil des Rechenwerks, in dem auch die ALU beheimatet ist) charakterisieren das Rechenergebnis: - Carry-Flag: ein Übertrag hat stattgefunden - Overflow: ein Bereichsüberlauf ist aufgetreten - Zero: das Ergebnis war null -… 17 Zur Erinnerung: das PORT-Register legt den Ausgangspegel fest, oder ob der Pull-Up-Widerstand (als Eingang geschalten) verwendet wird. Das PIN-Register enthält die Pegel der Eingänge. MIK 28 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller • • • • • • • • • • • • • Application Specific Integrated Circuit (ASIC) Anwendungsspezifische integrierte Schaltkreise sind ICs welche für einen bestimmten Anwendungsfall entwickelt und hergestellt werden. Diese sind in der Regel nur in einem ganz bestimmten Produkt oder Produktreihe verwendbar. Die Herstellung erfolgt über maskenorientierte Prozesse. AVR Markenname für die Acht-Bit-Mikrocontroller von Atmel AVR GCC Crosscompiler (d. h. das Programm wird auf einem anderen Rechnersystem entwickelt und compiliert (hier: PC) als es später ausgeführt wird/werden kann (hier: AVR-Mikrocontroller) für C/C++-Programmen für AVR-Mikrocontroller basierend auf der GNU-Compiler-Collection (GCC), lizenziert unter der GPL, d. h. der Quellcode und das das ausführbare Programm ist kostenlos erhältlich AVR libc avr-libc ist eine Bibliothek mit Funktionen für AVR-Mikrocontroller, welche die ANSI-C-Befehle ergänzt. Darunter fallen z. B. die Definition von Variablen (uint8_t als 8 Bit vorzeichenlose Ganzzahl) über mikrocontrollerspezifische Funktionen (Stromsparmodi, Timer-Funktionen, zeitdauerbasierte Wartefunktionen, Verwendung des TWI, EEPROM-Zugriff, …) bis hin zu mathematische Funktionen (sin, cos, …). Breakpoint Markierung einer Quelltextzeile bzw. Maschinencodeadresse welche den Simulator oder Prozessor anweist, den Programmablauf an dieser Stelle zu unterbrechen Brown-Out-Detektor Brown-Out bezeichnet das langsame Sinken der Versorgungsspannung. Der brown-out Detektor erkennt dies und führt einen Reset des Mikrocontrollers durch wenn diese unter einen festgesetzten Wert sinkt und verhindert so Fehlberechnungen durch zu niedrige Versorgungsspannung Bus Datenverbindung, an der mehr als zwei Teilnehmer angeschlossen sind Busbreite Anzahl der Bit die gleichzeitig über einen Bus übertragen werden („parallele Leitungen“) CISC (Complex Instruction Set Computing) Neben den elementaren Befehlen wie bei den RISC-Prozessoren verfügen diese über zusätzliche Befehle welche aufwendige Aufgaben durchführen. Der Maschinencode wird kürzer, benötigt aber mehr oder größere Befehlsworte. Mit dieser Komplexität steigt auch der Preis des Mikrocontrollers. Oft benötigen auch die elementaren Maschinenbefehle mehr Taktzyklen zur Abarbeitung als bei RISC-Prozessoren. CPU (Central Processing Unit) besteht aus Rechenwerk und Steuerwerk Datenbus Bus, über den Daten, also Speicher-, Register oder Peripherieportinhalte übertragen werden (Daten-)wort Zusammenfassung mehrerer Bits zu einer logischen Einheit, z. B. 8 (Byte), 16, 32, … Bit. In der Regel kann immer nur auf ein ganzes Datenwort zugegriffen werden. Sollen nur einzelne Bits verändert werden muss dies über Bitoperationen (AND, OR, XOR, …) erfolgen. Debuggen Suche von Softwarefehlern und deren Beseitigung Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 29 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller • • • • • • • • • • DRAM (Dynamic Random Access Memory) flüchtiger, dynamischer Speicher mit wahlfreiem Zugriff RAM verliert im Gegensatz zu ROM-Speichern den Speicherzelleninhalt wenn die Versorgungsspannung abgeschaltet wird. Im Gegensatz zum SRAM verliert DRAM mit der Zeit seinen Speicherinhalt durch Kriechströme. Ebenso beim Auslesen einer Speicherzelle. Deshalb ist ein eigener DRAM-Controller notwendig, welcher in regelmäßigen Abständen den Speicher ausliest und wieder neu beschreibt (auffrischt). Bei großen Speichergrößen ist dies trotzdem noch wesentlich billiger als die Verwendung von SRAM, da die Speicherzelle wesentlich einfacher aufgebaut ist. E/A-Werk (Ein-/Ausgabe-Werk) Das E/A-Werk enthält die Ein-/Ausgaberegister, welche die Schnittstelle zwischen der CPU und den eigentlichen Ein-/Ausgabeeinheiten (z. B. Transistoren zum Treiben eines leistungsbehafteten Stromes oder dem Analog-Digital-Wandler) EEPROM (Electrically Eraseable Programmable Read-Only Memory) nichtflüchtiger elektrisch löschbarer programmierbarer Nur-Lese-Speicher, Speicherinhalte können mit einem Programmiergerät oder z. T. auch mit dem Mikrocontroller selber gelöscht und wieder beschrieben werden. Dient bei Mikrocontrollern oft zur dauerhaften Speicherung von Einstellungsdaten die aber auch wieder geändert werden können müssen. EPROM (Eraseable Programmable Read-Only Memory) nichtflüchtiger löschbarer programmierbarer Nur-Lese-Speicher, kann durch UV-Licht gelöscht und mit Programmiergeräten wieder beschrieben werden. Flash-EEPROM wie gewöhnliches EEPROM ein nichtflüchtiger elektrisch löschbarer programmierbarer Nur-LeseSpeicher, wobei in der Regeln nicht einzelne Datenworte gelöscht werden können sondern nur größere Blöcke Field Programmable Gate Array (FPGA) In freiprogrammierbaren Logikschaltkreisen können Logikoperationen wie AND, OR, NOT, XOR beliebig miteinander verknüpft werden. Da FPGAs in der Regel mehrfach programmierbar sind, können Programmfehler und -erweiterung auch während der laufenden Herstellung des Endprodukts eingebracht werden. Die Aufgaben können bei entsprechender Programmstruktur stark parallelisiert abgearbeitet werden. IC (Integrated Circuit) Integrierter Schaltkreis – ein Schaltkreis auf einem Bauteil, bestehend aus einigen wenigen funktionalen Einheiten (Widerstand, Kondensator, Transistor, …) (Logikgatter: AND, OR, …) bis hinauf zu vielen Millionen (Pentium 4: 42 Millionen) Interrupt Es wird ein Zustand erreicht, der dazu führt, dass der Mikrocontroller die Abarbeitung des Programms anhält und vorübergehend eine Unterfunktion (Interrupt Service Routine, ISR) bearbeitet. Ist deren Abarbeitung abgeschlossen, wird das Programm an der Stelle fortgesetzt, an der es unterbrochen wurde. Die Ursache für einen Interrupt kann innerhalb (z. B. der Zähler eines Timer/Counters erreicht einen bestimmten Wert) oder außerhalb (z. B. es wurde ein Taster gedrückt) des Mikrocontrollers liegen. Interrupt Service Routine, ISR Wird ein Interrupt ausgelöst, hält der Mikrocontroller die Bearbeitung des Programms an und führt vorübergehend eine Unterfunktion, die Interrupt Service Routine, aus. Nach deren Beendigung wird das Programm an der Stelle fortgesetzt, an der es unterbrochen wurde. ISP (In System Programmable) Schreiben des Programmcodes auf den Mikrocontroller wenn er bereits auf der Platine verbaut ist MIK 30 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller • • • • • • – Ermöglicht auch das Aufspielen von fehlerkorrigierten oder funktionsergänzter Software beim Kunden. ISR siehe Interrupt Service Routine JTAG (Joint Test Action Group, IEEE-Standard 1149.1) Schnittstelle u. a. zum Debuggen von Mikrocontroller-Software Overflow siehe Überlauf Peripherie Teile des Mikrocontrollers, die eine Verbindung mit der Umwelt herstellen, z. B. digitale E/ASchnittstellen, PWM, ADC, serielle Schnittstellen PROM (Programmable Read-Only Memory) nichtflüchtiger programmierbarer Nur-Lese-Speicher, der Speicherinhalt kann exakt einmal mit einem speziellen Schreibgerät definiert werden. Pull-up-/Pull-down-Widerstände Digitale Eingänge von Mikrocontrollern oder auch Logik-Gatter brauchen stets ein eindeutiges Eingangspotential. Ist dies nicht gegeben (obere Zeile in der Abbildung bei geöffnetem Schalter) kann der Eingang durch äußere Störstrahlung (Mikrocontroller werden im MHz-Bereich betrieben!) hochfrequent schwingen. Dies wird durch Pull-up- bzw. Pull-down-Widerstände vermieden, die den Eingang bei geöffnetem Schalter auf ein eindeutiges Potential, Betriebsspannung Vcc bzw. Masse GND, legen. Vcc DigitalEingang Vcc DigitalEingang Rpulldown • • • • • Rechenwerk Das Rechenwerk besteht aus der ALU sowie Hilfs- und Statusregistern. Register sind kleine Speicherbereiche, welche meist im Prozessor enthalten sind. Der Prozessor kann extrem schnell auf deren Inhalt zugreifen, im Gegensatz zum vergleichsweise langsamen Cacheoder Hauptspeicher. RISC (Reduced Instruction Set Computing) Der Befehlssatz des Mikrocontrollers besteht aus einfachen, schnell auszuführenden (meist ein oder wenige Prozessortakte) Befehle (z. B. Addition, Subtraktion, Vergleiche, …). Aufwendige Berechnungen müssen durch mehrere einzelne Befehle durchgeführt werden. ROM (Read-Only Memory) nichtflüchtiger Nur-Lese-Speicher, Speicherinhalt wird bei der Herstellung definiert („Maskenprogrammiert“) Schaltnetz Ein Schaltnetz ist eine Gruppe von logischen Gattern (AND, OR, XOR), welches Eingangswerte miteinander verknüpft und daraus Ausgangswerte ableitet. Ein Schaltnetz besitzt im Gegensatz Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 31 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller • • • • • • • • • zum Schaltwerk keinen Speicher, somit sind die Ergebnisse unabhängig von der Vorgeschichte des Schaltnetzes. Schaltwerk Ein Schaltwerk ist eine Kombination aus einem Schaltnetz und Speicher. Das Ergebnis des Schaltnetzes ist abhängig von den Eingangswerten, aber auch von der Vorgeschichte, welche im Speicher abgelegt ist. Speicherwerk enthält die Programm- und Datenspeicher sowie Speicherregister. Das Auswahlregister enthält die Speicherzelle auf die zugegriffen wird, das Speicherregister ist die Datenquelle bei Schreibzugriff bzw. Datensenke bei Lesezugriff auf die ausgewählte Speicherzelle. SRAM (Static Random Access Memory) flüchtiger, statischer Speicher mit wahlfreiem Zugriff RAM verliert im Gegensatz zu ROM-Speichern den Speicherzelleninhalt wenn die Versorgungsspannung abgeschaltet wird. Da SRAM im Gegensatz zu DRAM keinerlei Auffrischung benötigt ist der Zugriff schneller. Der aufwendigere Aufbau macht ihn jedoch um ein vielfaches teurer. Steuerbus Über ihn werden die Busanforderung, Interrupts, das Handshaking usw. zwischen der CPU, den Hardware-Komponenten und Peripheriegeräten gesteuert. Steuerwerk Das Steuerwerk (auch Leitwerk) ist der Kern des Mikroprozessors. Im Steuerwerk befinden sich Befehlsregister und Befehlsdecoder. Seine Aufgabe ist die Abarbeitung des Programms, d. h. Befehl für Befehl eines Programmes werden durch das Steuerwerk des Mikroprozessors ausgeführt. Taktfrequenz periodisches Signal welches dem Prozessor oder andere Verarbeitungseinheiten dazu veranlasst, den nächsten Schritt auszuführen (bei einer seriellen Datenübertragung wird beispielsweise veranlasst, dass das nächste Bit übertragen wird) Überlauf Wird einem Register ein größerer Wert zugewiesen als es auf Grund seiner Bitbreite speichern kann, tritt ein Überlauf auf. Nur die niederwertigen Bits, die der Registerbreite entsprechen, werden übernommen und die höherwertigen werden verworfen (Datenverlust!). Enthält beispielsweise ein 8-Bit Register seinen Maximalwert von 255 (28-1) und wird es um 1 erhöht, benötigt der neue Wert 256 (0b1 0000 0000) 9 Bitstellen. Das Ergebnis der Operation ist dann „0“ (sic!) bei Auftritt eines Überlaufs. WinAVR ist eine Zusammenstellung von Programmen von quelloffenen Programmen zur Programmierung von AVR Mikrocontrollern unter Microsoft-Windows-Betriebssystemen. Enthält auch den AVR GCC C/C++ Crosscompiler Zielsystem elektronische Schaltung, in der der Mikrocontroller betrieben wird MIK 32 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller 3.11 Glossar C-Programmierung Unter einem Ausdruck versteht man die Verknüpfung von Operanden (Werte, z. B. Variable, Konstante) mittels Operatoren zu einem neuen Wert. Operatoren Konventionelle arithmetische Operatoren + Addition - Subtraktion * Multiplikation / Division (Ganzzahl- und Gleitkomma-) % Modulo (Divisionsrest) = Zuweisung Inkrement-/Dekrement-Operatoren ++ Inkrement (+1) -- Dekrement (-1) Beide Operatoren können als Pre- und als Postfix verwendet werden. Prefix sind der Variable vorangestellt, diese wird vor dem lesen um eins erhöht bzw. erniedrigt. Als Postfix sind sie der Variable nachgestellt und diese wird nach dem Lesen um eins erhöht/erniedrigt. x=++n; entspricht n=n+1; x=n; x=n--; entspricht x=n; n=n-1; Vergleichsoperatoren > Größer >= Größer gleich < Kleiner >= Kleiner gleich == Gleich != ungleich Logische Operatoren && Und ((x==1) && (y==2)) Æ x muss 1 sein und y muss 2 sein || Oder ((x==1) || (y==2)) Æ x muss 1 sein oder y muss 2 sein ! Negierung (vorangestellt) (!(x==1) && (y==2)) Æ x darf nicht 1 sein und y muss 2 sein Logische Ausdrücke mit && und || werden von links nach rechts ausgewertet bis das Ergebnis feststeht Bitmanipulation Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 33 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller & Bitweises UND (1001 & 1010 = 1000) | Bitweises ODER (1001 | 1010 = 1011) ^ Bitweises exklusives ODER (XOR; EOR) (1001 ^ 1010 = 0011) ~ Bitweise Negation (1-Komplement) (~1001 = 0110) Schiebeoperatoren << Linksschieben ( 0110 << 2 = 011000 (entspricht Multiplikation mit 4)) >> Rechtsschieben ( 0110 >> 2 = 01 (entspricht Division durch 4)) Anweisungen while( Ausdruck ) { Anweisung } Abweisende Schleife – Überprüfung des Ausdrucks vor Ausführen der Anweisung. Diese wird so oft ausgeführt bis Ausdruck wahr wird. Ist dieser bereits vor dem whileAufruf wahr, wird Anweisung nicht ausgeführt. i=1; while (i<10) { i++; } do { Anweisung } while ( Ausdruck ); Nichtabweisende Schleife (siehe while) Anweisung wird so lange ausgeführt wie Ausdruck wahr ist, mindestens jedoch 1x. i=1; do { i++, } while ( i<100 ); if( Ausdruck ) { Anweisung1 } <else { Anweisung2 }> Auswahl einer Alternative. Wenn Ausdruck wahr ist wird Anweisung1 ausgeführt ansonsten Anweisung2 (optional). i=1; if (i==2) { PORTB=0x7f } else { PORTB=0x6f } switch ( Ausdruck ) { case konst.Ausdruck1: Anweisungen1; break; case konst.Ausdruck2: Anweisungen2; break; default: Anweisungen3;} Realisierung der Auswahl zwischen mehr als zwei Möglichkeiten Der hinter switch stehende Ausdruck (Verzweigungsausdruck) muss ein ganzzahliges Ergebnis liefern (int oder char). Der jeweils hinter "case" stehende Ausdruck darf nur konstante Operanden enthalten (konstanter Ausdruck) und muss ebenfalls ein ganzzahliges Ergebnis (Fallwert) liefern. Alle Fallwerte müssen unterschiedlich sein, ihre Reihenfolge ist beliebig. Auch die Stellung der Default-Marke ist beliebig. Der Verzweigungsausdruck wird ausgewertet und mit allen Fallwerten verglichen. Bei Übereinstimmung wird das Programm mit der hinter dem entsprechenden Fallwert stehenden Anweisung fortgesetzt. --> Die Fallwerte dienen als Marken für die MIK 34 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller Programmfortsetzung. Stimmt der Wert des Verzweigungsausdrucks mit keinem Fallwert überein, ist aber die Default-Marke vorhanden, wird das Programm mit der hinter dieser Marke stehenden Anweisung fortgesetzt. Ist die Default-Marke nicht vorhanden, mit der auf die SwitchAnweisung folgenden Anweisung fortgesetzt. Eine echte Mehrfachauswahl wird durch die Switch-Anweisung erst zusammen mit der Break-Anweisung realisiert. for ( Ausdruck1; Ausdruck2; Ausdruck3 ) { Anweisung } Ausdruck1: Anfangsausdruck wird einmal zu Beginn der for-Schleife ausgeführt Ausdruck2: Bedingungsausdruck wird auf Wahrheit überprüft vor jedem Ausführen von Anweisung Ausdruck3: Veränderungsausdruck wird nach Überprüfung des Bedingungsausdrucks ausgeführt. for (i=1; i<100; i++) {PORTB = PORTB ^ 0x10} „Setze i=1; wenn i<100, dann schalte 4. Bit in PORTB um und erhöhe i um 1.“ for (;;) {PORTB = PORTB ^ 0x10} „Schalte 4. Bit in PORTB um, bis der Strom weg ist.“ 3.12 AVR libc Funktionen Die AVR libc ist eine Bibliothek mit Funktionen für AVR-Mikrocontroller. Sie stellt neben Variablentypen und controllerspezifischen Definitionen Funktionen zum Nutzen einiger der Funktionen (z. B. Interruptbehandlung, Powermanagement, EEPROM) der Mikrocontroller bereit, allgemein nützliche Funktionen (z. B. Parity-Bit-Berechnung, Warteschleifen) sowie allgemeine Funktionen wie Berechnung von sin, cos. Hier werden die für die Versuche wichtigen Teile vorgestellt. Weitergehende Informationen sind in der Dokumentation zur AVR libc zu finden. In Klammern hinter dem Gruppennamen wird die Header-Datei angegeben, welche eingebunden werden muss, um die Funktionen nutzen zu können. Variablentypen (#include <inttypes.h>) int8_t 8 Bit vorzeichenbehaftete Ganzzahl uint8_t 8 Bit vorzeichenlose Ganzzahl int16_t 16 Bit vorzeichenbehaftete Ganzzahl uint16_t 16 Bit vorzeichenlose Ganzzahl Wartefunktionen (#include <avr/delay.h>) _delay_ms(double __ms) Verzögert die Programmausführung um bis zu 260 ms Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 35 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller _delay_us(double __us) Verzögert die Programmausführung um bis zu 768 µs Interrupt-Behandlung (#include <interrupt.h>) SIGNAL(Interruptname) {} Ein Makro zur Definition von ISRs. Zusätzlich muss noch der Interrupt aktiviert werden. Siehe Datenblatt zum jeweiligen Mikrocontroller sei() Erlaubt global Interrupts cli() Verbietet global Interrupts Funktionen zur Manipulation von Registern (#include <avr/io.h>) _BV(bit) Setzt nur das Bit mit der Nummer bit. Ist definiert als „1<<bit“ bit_is_clear(sfr, bit) Überprüft, ob das Bit Nummer bit im Register sfr gelöscht (0) ist bit_is_set(sfr, bit) Überprüft, ob das Bit Nummer bit im Register sfr gesetzt (1) ist loop_until_bit_is_clear (sfr,bit) Wartet bis Bit Nummer bit im Register sfr gelöscht (0) ist loop_until_bit_is_set (sfr,bit) Wartet bis Bit Nummer bit im Register sfr gesetzt (1) ist Praktikumsspezifische Funktionen zur Bitmanipulation clear_bit(sfr, bit) Setzt (1) das Bit Nummer bit im Register sfr set_bit (sfr, bit) Löscht (0) das Bit Nummer bit im Register sfr toggle_bit(sfr, bit) Schaltet das Bit Nummer bit im Register sfr um (0 Æ 1 oder 1 Æ 0) 4 Hausaufgaben Bearbeiten Sie die Hausaufgaben sorgfältig und vollständig, da deren Ergebnisse in den Praktikumsaufgaben benötigt werden! Zum erfolgreichen Ablegen des Versuchs kommen Sie somit nicht umhin, sie gewissenhaft zu erledigen. Geschieht dies erst beim Versuch, verlängert sich dessen Dauer unnötigerweise. Die Hausaufgaben sind vollständig mit den Informationen zu bearbeiten, die Ihnen mit diesem Skript zur Verfügung gestellt werden. Arbeiten Sie aus diesem Grund auch die vorherigen Kapitel dieses Versuchs auf! Die Kommentare in den Beispielprogrammen enthalten wichtige Informationen zum Bearbeiten der Hausaufgaben und Praktikumsaufgaben! MIK 36 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller 1. Stellen Sie die Vorgehensweise zum Verfahren der X-Achse (in positiver und negativer Richtung) um n Schritte graphisch dar (z. B. Nassi-Shneidermann- oder Flussdiagramm; n sei eine ganze Zahl)! Der Schrittmotor wird über einen Schrittmotortreiber angesteuert, wie er auch in Versuch 5 verwendet wird. Dieser benötigt ein Richtungsund ein Taktsignal zum Bewegen der Achse. Verwenden Sie hierzu die in ports.h verwendeten Definitionen: A_DIRx legt die Drehrichtung fest, A_STEPCLKx ist für die Erzeugung des Taktsignals (Schrittbewegung) verantwortlich! Die Takt- bzw. Schrittfrequenz von 5 Hz soll eingestellt werden durch Einfügen einer Pause. Der Motor wird bei der steigenden Flanke (Übergang von 0 nach 1) entsprechend der gewählten Richtung weiterbewegt. 2. Zeigen Sie auf, wie dieses Struktogramm ergänzt werden muss, damit der Tisch eine Gerade fährt, welche durch n Schritte in X und m Schritte in Y-Richtung definiert ist (es ist nicht erforderlich, ein Struktogramm zu zeichnen)! 3. Machen Sie sich nun Gedanken, wie Sie das Hauptprogramm gestalten, insbesondere im Hinblick wie die Erkennung des Druckes auf die Programmstart-Taste erkannt wird (was soll der Mikrocontroller machen wenn die Taste nicht gedrückt ist? Siehe auch Befehlsglossar)! 4. Um Drucken zu können, muss der Druckkopf bzw. dessen Ansteuerung mit einem Signal mit einer Frequenz von 1 kHz versorgt werden, d. h. es soll an einem Pin des Mikrocontrollers ein symmetrisches Rechtecksignal mit 1 kHz erzeugt werden (welche Puls- und Pausedauern hat das Signal?)! Dies soll mit dem Timer/Counter2 erfolgen. Wie ist der Timer/Counter2 zu konfigurieren (im Non-PWM-Modus bzw. „Normal Operation“)? Ziehen Sie dazu den Anhang mit dem Auszug aus dem Datenblatt des Atmel ATmega32 zu Rate! 5. Schließlich ist noch dem Pause-Taster eine Funktion zu geben. Dies erfolgt mit dem externen Interrupt 0 (INT0). Schlagen Sie hierzu auch im Datenblatt unter „External Interrupts“ nach! Der Interrupt soll bei der fallenden Flanke („falling edge“ = drücken des Tasters, siehe auch „Pull-up-/Pull-down-Widerstände“ im Glossar) ausgelöst werden. 5 Praktikumsaufgaben: Für die Bearbeitung der Aufgaben wird empfohlen, neben den ANSI-C-Befehlen Funktionen der AVR libc zu verwenden. Es ist nicht notwendig, aber erlaubt, eigene Funktionen zu schreiben. Wenn Sie sich dazu entschließen, beachten Sie bitte, dass Sie dann möglicherweise mit Header-Dateien arbeiten müssen, da das Projekt auf mehrere Quelldateien aufgeteilt ist. Sind Sie nicht in der C-Programmierung versiert, kann dies zu unnötigen Schwierigkeiten führen (falls Sie sich dennoch dazu entscheiden, dürfen Sie natürlich die vorhandenen Header- und Quelldateien als Vorlage nehmen!). Die Verwendung des Simulators/Debuggers wird nicht explizit gefordert und ist in dem Sinn auch nicht Teil der Aufgaben. Seine Verwendung erleichtert aber die Fehlersuche erheblich! Die einzelnen Programmteile sollten in kleineren Teilen erstellt und simuliert werden, um so möglichst früh Programmfehler zu finden. 1. Melden Sie sich am Praktikumsrechner mit dem Benutzername Praktikum und leerem Passwort an und starten Sie das AVR Studio. Laden Sie nun das Beispielprojekt unter Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 37 Versuch Nr. 6: Mikrocontroller C:\Praktikum\Beispiel\Beispiel.aps und kompilieren es. Machen Sie sich nun mit dem Debugger vertraut indem Sie das Programm schrittweise ausführen. Beobachten Sie im „Watch“-Fenster, wie sich die Variablen verändern und „I/O View“ wie sich PORTB ändert bzw. „drücken“ Sie den Taster (PB3) indem Sie auf das vierte Quadrat von rechts in PINB klicken. Nutzen Sie dazu auch gezielt Breakpoints, Auto-Step, usw. Schließen Sie nun die Achsen des Kreuztisches an die jeweiligen Buchsen der Motortreiber und das ISP-Kabel des AVRISP an den „In System Programmer“-Anschluss des Mikrocontroller-Moduls im 19“-Gehäuse an und schalten dieses am Netzschalter rechts hinten ein. Wenn der Kreuztisch initialisiert ist, stecken Sie die Achsen wieder ab. Öffnen Sie nun mit „Open Project“ aus dem Menüpunkt „Project“ das Projekt C:\Praktikum\Kreuztisch\Kreuztisch.aps. 2. Nach Drücken des Tasters Programmstart (E_Programmstart) soll die Takt-Leuchtdiode (A_STEPCLKx) der X-Achse für eine bestimmte Anzahl mit 5 Hz blinken. Fragen Sie den Taster im Hauptprogramm zwischen reset(); und return(0); ab! Eine Endlosschleife soll ein mehrfaches Aufrufen der Funktion nacheinander ermöglichen. Implementieren Sie das Blinken in der Funktion linie()! Der Funktionsparameter Xschritte gibt die Anzahl vor, wie oft die LED blinken soll. Hinweis: Verwenden Sie eine Funktion, die eine vorzugebende Zeit wartet (siehe AVR libc)! 3. Implementieren Sie eine Interrupt Service Routine (ISR), welche aufgerufen wird, wenn der Pause-Taster (E_Pause; INT0) gedrückt wird! Konfigurieren Sie den Interrupt so, dass er bei der fallenden Flanke des Signals ausgelöst wird (siehe Hausaufgabe)! Fügen Sie die Befehle dazu in die Funktion reset(); unmittelbar vor sei(); ein! Die eigentliche ISR ist SIGNAL(SIG_INTERRUPT0){}. Schalten Sie die Pause-LED (A_Pause) mit jedem Tasterdruck um! 4. Implementieren Sie die Pause-Funktion in linie()! Fragen Sie dazu den Zustand der Pause-LED ab! Leuchtet sie, soll die Takt-LED nicht mehr blinken bis die Pause-LED ausgeschaltet ist. 5. Passen Sie die Funktion linie() so an, dass Sie die X-Achse mit einer Schrittfrequenz von 500 Hz in positiver oder negativer Richtung (A_DIRx) um eine bestimmte Schrittanzahl (Xschritte) bewegen können! Hinweis: Belassen Sie zunächst die Frequenz bei 5 Hz und testen Sie die Funktion! Denken Sie an die Pause-Funktion! 6. Ergänzen Sie linie() so, dass auch die Y-Achse angesteuert wird und so Linien mit folgenden Winkeln gefahren werden können: 45°, 135°, 225° und 315°! Stellen Sie dazu die Fahrrichtung der Achsen über die Vorzeichen der Funktionsparameter (Xschritte, Yschritte) ein und verwenden den Betrag von Xschritte als zu fahrende Schritte sowohl für die X- als auch für die Y-Achse! Beachten Sie, dass es nicht erlaubt ist, zuerst die X- und danach die Y-Achse zu verfahren! Es soll später möglich sein, den Tisch unter dem (feststehenden) Druckkopf zu bewegen und mit diesem Linien mit beliebiger Länge und beliebigen Winkel zu zeichnen. Denken Sie an die PauseFunktion! 7. Erzeugen Sie mit dem Timer/Counter2 (TC2) ein Taktsignal (A_PenDown) von 1 kHz für den Druckkopf. Fügen Sie die Befehle zum Konfigurieren des TC2 in die Funktion reset(); unmittelbar vor sei(); ein! Die eigentliche ISR ist SIGNAL(SIG_OUTPUT_COMPARE2){}. Definieren und verwenden Sie eine globale MIK 38 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 6: Mikrocontroller Variable mit der das Taktsignal ein- und ausgeschaltet werden kann! Denken Sie auch an die Pause-Funktion! 8. Testen Sie die Kreisbogenfunktion, die folgendermaßen definiert ist: void kreisbogen(int16_t Xmittelpunkt, int16_t Ymittelpunkt, double PHIra d);! Diese Funktion fährt einen Kreisbogen mit dem vorzeichenbehafteten Winkel (Bogenmaß) PHIrad um den Mittelpunkt (Xmittelpunkt, Ymittelpunkt) relativ zur aktuellen Position. 9. Setzen Sie nun aus linie(), kreisbogen() und der globalen Variable für die Druckkopfansteuerung ein Programm zusammen, das den Umriss des „M“ des MiMedLogos zeichnet! (251/419) (136/352) (366/352) 2,5rad 2,5rad (162/326) (342/326) (180/0) (0/0) (142/0) (322/0) (360/0) (502/0) 10. Machen Sie nun den Druckkopf betriebsbereit und zeichnen Sie das „M“ auf ein Papier! 6 Auszug aus dem Datenblatt des Atmel ATmega32 Zentraler Bestandteil eines AVR-Datenblattes ist die Beschreibung der Register, welche die Funktionen des Controller steuern. Vor jeder Register-Beschreibung ist das Register mit Name, Bitnamen, Zugriffsart (lesen, schreiben) dargestellt: Registername Bit-Nummer (0: niederwertigstes Bit; 7: höhöchstwertigstes Bit) Bitname (nur weiße Bitnamen werden in diesem Abschnitt betrachtet, nicht aber graue) Angabe ob das Bit gelesen, geschrieben oder beides werden darf Im Anschluss daran werden die Funktionen der einzelnen Bits in Abhängigkeit deren Wert (0, 1) erklärt. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik MIK 39 Versuch Nr. 7: Mikroskopie Beschreibung zu Versuch Nr. 7: Mikroskopie Markus Vogl 1 Einordnung In der Mikrotechnik spielt die Bauteilkontrolle eine besondere Rolle. Deshalb werden hier zahlreiche Verfahren eingesetzt, um Objekte vergrößert darzustellen. Zu diesen Verfahren zählen: Die Lichtmikroskopie, Rasterelektronmikroskopie und allgemeine Topometrieverfahren wie Weisslichtinterferometrie und Streifenlichtprojektion. Zu diesen Methoden kommen noch taktile Messverfahren, die mit Rasterabtastung 3D-Profile erzeugen. Hierzu zählen die Profilmessgeräte wie Rauheitsmessgeräte und Rasterkraft- oder Tunnelmikroskope. Für die Dimensionen der Mikrotechnik spielt die Lichtmikroskopie eine herausragende Rolle. Es können hier Strukturen bis herunter zu einem Mikrometer noch sicher aufgelöst werden. Genauere Auflösungen sind meist nicht erforderlich. Die hohe Tiefenschärfe eines Rasterelektronenmikroskops (REM) kann mit manuellen Lichtmikroskopen nicht erreicht werden. Bei der sogenannten Digitalmikroskopie werden aber durch automatische Fokusverstellung und digitale Bildverarbeitung ähnliche Bilder erzielt. Hier macht sich aber dann ein wesentlicher Vorteil von Lichtmikroskopen bemerkbar: Die Darstellung ist in Farbe und besitzt damit eine weitere Dimension mit deren Hilfe Aussagen abgeleitet werden können. Ein weiterer Vorteil von Lichtmikroskopen liegt in der einfachen Handhabung. Die Probe kann ohne weitere Vorbehandlung unter normaler Atmosphäre betrachtet werden. Dadurch können auch Verschmutzungen und Flüssigkeiten betrachtet werden. Beim REM dagegen müssen die Proben entfettet und getrocknet werden, da Rückstände in der Hochvakuumkammer verdampfen würden und das REM verschmutzen würden. Des Weiteren müssen nicht elektrisch leitende Materialien zum betrachten im REM vergoldet werden. Die Beobachtung erlaubt zudem das Arbeiten unter dem Mikroskop. Für den Praktikumsdrucker ermöglicht das Mikroskop zwei Methoden zur Beurteilung der erzeugten Ergebnisse. Zum einen können die Tropfen auf dem Papier vermessen werden. Bild 1: Druckbild eines länglich ausgebrachten Tropfens auf gestrichenem Papier Dabei kann beurteilt werden, wie der Tropfen verläuft, wie saugfähig der Untergrund ist oder ob der 3D-Aufbau mit Wachs funktioniert und wie die Parameter eingestellt werden müssen. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik OPT 1 Versuch Nr. 7: Mikroskopie Zum anderen können die Tropfen bei ihrem Flug beobachtet werden. Dazu werden sie mit einem Stroboskop beleuchtet. Die so entstehenden Bilder geben wertvolle Einblicke in die Tropfenentstehung. Dies ist eine weitere Möglichkeit die Parameter zu optimieren. Bild 2: Tropfen im Stroboskoplicht 2 Theorie 2.1 Einführung in die Optik - Strahlengang Wie gut sich Einzelheiten an einem Gegenstand erkennen lassen, hängt davon ab, unter welchem Sehwinkel α 0 sie dem Auge erscheinen. α0 Bild 3: Definition des Sehwinkels. Gegenstände werden somit primär dadurch vergrößert, dass man sie näher an das Auge heranführt. Als minimalen Abstand zwischen Auge und Gegenstand wurde a0 = 25 cm festgelegt. Unterhalb dieses Abstandes kann das Auge den Gegenstand nicht mehr entspannt und scharf betrachten. Aus diesem Grund benutzt man für eine weitere Vergrößerung von Gegenständen optische Instrumente, wie zum Beispiel Lupen oder Mikroskope. Eine weitere Möglichkeit Gegenstände fürs Auge Vergrößert darzustellen ist ein Fernrohr. Dabei wird wie beim Mikroskop der Winkel unter dem ein Objekt dem Auge erscheint vergrößert. OPT 2 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 7: Mikroskopie y’’ (virt. Bild) y αm α0 Bild 4: Sehwinkel mit einer Linse. Die Vergrößerung eines optischen Instruments ist definiert als das Verhältnis Γ= tan α m tan α 0 wobei αm der Sehwinkel mit dem optischen Instrument und α0 der Sehwinkel mit unbewaffnetem Auge ist. Optische Instrumente sind aus Linsensystemen aufgebaut. Das Brechungsgesetz erklärt die Eigenschaften von Linsen: • Für Sammellinsen (konvex) gilt: Zur Achse parallele Strahlen werden nach der Brechung im Brennpunkt F vereinigt. Umgekehrt werden Strahlen durch den Brennpunkt F nach der Brechung achsparallel. • Für Zerstreuungslinsen (konkav) gilt: Zur Achse parallele Strahlen verlaufen nach der Brechung so, als ob sie vom Brennpunkt her kämen. Bei der Abbildung mit einer Zerstreuungslinse entsteht nur ein virtuelles Bild. Eine Sammellinse dagegen kann reelle und virtuelle Bilder erzeugen. Ein reelles Bild kann auf einem Bildschirm sichtbar gemacht werden, während ein virtuelles Bild nur durch eine zusätzliche Linse (z. B. Augenlinse) scharf abgebildet werden kann. Das virtuelle Bild liegt auf der gleichen Seite der Linse wie der Gegenstand. Das reelle Bild liegt auf der anderen Seite der Linse. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik OPT 3 Versuch Nr. 7: Mikroskopie Gegenstand Linse Bild bildseitiger Brennpunkt y f’ f gegenstandsseitiger Brennpunkt a y’ a’ Bild 5: Abbildung durch eine Linse. Die Abbildung mit einer dünnen Linse lässt sich nach folgender Formel berechnen: 1 1 1 + = a a' f mit a … Gegenstandsweite a’ … Bildweite f … Brennweite (f = | f | = |f’|) Der Abbildungsmaßstab β ist das lineare Größenverhältnis zwischen dem Gegenstand und seinem Bild. Es berechnet sich aus dem Zusammenhang: β= a' y' = a y Bei der Abbildung lassen sich fünf einfache Fälle unterscheiden, deren Zusammenhang aus obiger Formel leicht ersichtlich ist: • a > 2f: Das Bild, welches die Linse entwirft, ist reell und der Gegenstand erscheint verkleinert. • a = 2f: Das Bild des Gegenstandes ist reell und gleich groß wie der Gegenstand selbst. (|y| = |y’|) • f < a < 2f: Das Bild ist reell und der Gegenstand erscheint vergrößert. • a = f: Das Bild liegt nun im Unendlichen, da die Strahlen vom Brennpunkt ausgehen und auf der Bildseite der Linse parallel verlaufen. Das menschliche Auge kann ein solches (virtuelles) Bild sehen. Auf einem Bildschirm ist keine Abbildung möglich. • a < f: Das Bild ist virtuell und erscheint vergrößert. OPT 4 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 7: Mikroskopie 2.2 Aufbau eines Mikroskops Objektiv Okular f’Ok f Ok f’Ob y f Ob y’ Aperturblende Feldblende Bild 6: Schematischer Aufbau eines Mikroskops Ein einfaches Mikroskop besteht aus zwei Linsen, dem Objektiv und dem Okular. Diese Linsen werden für den Praktikumsversuch als dünne Linsen betrachtet. Die Besonderheit des Mikroskops ist, dass vom Objektiv ein Zwischenbild y’ erzeugt wird, das größer ist als der Gegenstand y. Das Zwischenbild liegt in der gegenstandsseitigen Brennebene des Okulars und die austretenden Lichtstrahlen sind parallel. Dadurch kann das Bild mit völlig entspannten, d. h. auf unendliche Entfernung akkomodiertem Auge, betrachtet werden. Die Aperturblende liegt in der bildseitigen Brennebene des Objektivs. Von der Aperturblende hängen die Helligkeit der Abbildung, die Schärfentiefe, das Auflösungsvermögen und der Abbildungsfehler ab. Die Feldblende liegt in der gegenstandsseitigen Brennebene des Okulars. Die Feldblende begrenzt die Größe des abzubildenden Feldes. Für die Vergrößerung des Mikroskops gilt: ΓM = β Ob ⋅ ΓOk 2.3 Auflösungsvermögen Die Auflösung wird von der Beugung begrenzt. Jede Linsenfassung ebenso wie jede Begrenzung der Prismen, Spiegel, usw. stellt eine beugende Öffnung dar. Das hat zur Folge, dass unabhängig von den sonstigen optischen Eigenschaften, ein Lichtpunkt unscharf abgebildet wird. Wenn ebene Wellenfronten auf eine kreisrunde Öffnung treffen, dann überlagern sich die Elementarwellen, die von der kreisrunden Öffnung ausgehen, je nach Richtung in unterschiedliche Phasenlagen. Es tritt positive Überlagerung aber auch Auslöschung auf, je nach Betrachtungsrichtung. Bildet man die Wellenfronten in einer Bildebene ab, so entstehen um einen hellen Fleck in der Mitte dunkle und helle konzentrische Kreise. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik OPT 5 Versuch Nr. 7: Mikroskopie Bild 7: Beugungsmuster zweier Punkte, die durch eine Linse abgebildet werden Von jedem Punkt wird auf dem Schirm ein Beugungsmuster entworfen. Zwei solcher Muster sind dann noch zu unterscheiden, wenn ihre Maxima mindestens um den Radius R des ersten Maximums voneinander entfernt sind. Der Winkelabstand der beiden Lichtpunkte P1 und P2 muss mindestens so groß sein, dass das Hauptmaximum des ersten Beugungsscheibchens beim ersten Minimum des zweiten liegt. Der Winkel Δα muss nach dem Rayleigh-Kriterium die Mindestgröße Δα = 1,22 λd besitzen, wenn beide Punkte noch getrennt erkannt werden sollen. Der Kehrwert des minimalen Winkels Δα heißt Auflösevermögen. Damit der Abstand zweier erkennbarer Punkte klein genug bleibt, muss man also die begrenzende Öffnung d groß wählen. Der sichtbare Bereich des Lichts liegt in einem Farbspektrum von 380 nm < λ < 750 nm. Da im Mikroskop üblicherweise mit Weißlicht (mit einem Bandspektrum) arbeitet, nimmt man eine mittlere Wellenlänge von 550 nm an. Betrachtet man ein Objekt durch ein Mikroskop, so liegt der Gegenstand mit der Ausdehnung y annähernd in der Brennebene des Objektivs, so dass der Winkel Δα = y f gilt (Abstand Objekt – Objektiv ≈ Brennweite f). Für den Abstand y zweier noch zu trennender Punkte gilt damit: y = 1,22 f λ d und für das Auflösevermögen A: A= Hierbei ist d f d 1 = 0,82 y λf nichts anderes als die Apertur N des Objektivs, so dass man schreibt: A = 0,82 N λ Die numerische Apertur ist festgelegt durch OPT 6 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 7: Mikroskopie N = n sin u wobei n der Brechungsindex des Mediums zwischen Objekt und Objektiv und u der Aperturwinkel ist. In Luft ist n = 1 . Das Auflösungsvermögen des Mikroskops ist durch den Abstand zweier noch zu trennender Punkte definiert. Das Objektiv entwirft in der Brennebene des Okulars ein Bild, das mit dem Okular betrachtet wird. Das Okular spielt nun für die Beugung keine Rolle, da zwei Punkte, deren Beugungsmuster sich schon in der Brennebene des Objektivs überlagern, auch nicht durch das Okular entzerrt werden können. 2.4 Stoboskopische Vermessung periodischer Vorgänge Die Tropfenerzeugung bei einem Druckkopf ist ein periodischer Vorgang. Eine Analyse der Vorgänge bei der Tropfenentstehung mit einer Hochgeschwindigkeitskamera würde einen enormen technischen Aufwand bedeuten: Es müsste eine Kamera mit sehr hoher Lichtempfindlichkeit eingesetzt werden, damit eine kurze Belichtungszeit verwendet werden kann, und die zum Teil 20 m/s schnellen Tropfen nicht verschmiert wirken. Zudem wäre noch eine leistungsfähige Bildverarbeitung notwendig um eine Beobachtung und Vermessung zu ermöglichen. Um die Vorgänge trotzdem als Standbild oder verlangsamt bewegt darstellen zu können, wird im Praktikumsversuch eine stroboskopische Beleuchtung einsetzen. Eine ruckfreie Bewegung kann hier schon mit 25 Bildern pro Sekunde erreicht werden. Dazu wird das Geschehen an der Düsenplatte des Druckkopfes stroboskopisch beleuchtet und mit einem Mikroskop betrachtet. Für ein Standbild wird zwischen dem Impuls, der die Spannung für die Tropfenerzeugung am Druckkopf liefert, und dem Stoboskopimpuls ein fester Zeitversatz eingehalten. Da die Tropfen sehr gleichmäßig erzeugt werden, erscheint der Tropfen im Mikroskop als stehendes Bild. Wird diese Zeitdifferenz verändert, kann man den Tropfen zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach dem Ausstoß aus der Düse, also an unterschiedlichen Positionen beobachten. Wird die Zeitdifferenz beider Signale kontinuierlich vergrößert so wirkt der Vorgang für den Beobachter wie ein Film. Der Tropfen Wandert langsam durch das Bild. Hierbei wird die Tropfenbildung besonders anschaulich abgebildet. Auf Bild 8 ist eine zeitliche Folge von Tropfen zu sehen, die mit dem Praktikumsdruckkopf erzeugt wurden. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik OPT 7 Versuch Nr. 7: Mikroskopie 40µs 200µs 60µs 220µs 80µs 240µs 260µs 100µs 120µs 280µs 140µs 300µs 160µs 320µs 180µs 340µs Bild 8: Tropfenfolge durch stroboskopische Aufnahme mit veränderlicher Phasenlage bei 100-facher Vergrößerung. Aus der hohen Geschwindigkeit des Tropfens im Vergleich zu der geringe Größe ergibt sich eine besondere Anforderungen an das Stroboskop: Die Belichtungszeit muss extrem kurz sein. Fliegt ein Tropfen mit 50 µm Durchmesser mit ca. 10 m/s legt er in der Zeit von 1 µs bereits 10 µm (20 % seines Durchmessers) zurück. Er würde damit für den Betrachter schon leicht verschmiert wirken. Deshalb ist eine kurze Belichtungszeit, und ein schnelles Aufleuchten und erlöschen der Lichtquelle notwendig. OPT 8 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 7: Mikroskopie Bei einer Belichtungszeit von 1 µs und einer Druckfrequenz von ca. 1 kHz würden pro Sekunde 1000 Lichtblitze mit einer Dauer von 1 µs die Szene beleuchten. Daraus ergibt sich ein Verhältnis von Helligkeit zur Dunkelheit von 1/1000. Die Lampe muss also sehr lichtstark sein, damit der Tropfen ausreichend hell erscheint. Im Praktikumsversuch wird der Tropfen mit einer Frequenz von 1 kHz erzeugt und mit einer Geschwindigkeit von etwa 1 m/s ausgestoßen. 3 Ausprägung im Versuch Der Versuch im Praktikum gliedert sich in zwei Teilversuche. Zuerst werden die wichtigsten Methoden gezeigt, um Mikrostrukturen quantitativ zu vermessen. Der zweite Versuchsaufbau dient der Vermessung von Wachstropfen mit stoboskopischer Beleuchtung. 3.1 Statische Vermessung von Bauteilen Mikroskop Fokuslage Wegmessuhr x-y-Tisch Objekt Grundplatte Bild 9: Versuchsaufbau für die Strukturvermessung Das Mikroskop befindet sich über einem Objekt, das untersucht werden soll. Um den Fokus auf das Objekt richtig einzustellen, kann das Mikroskop in vertikaler Richtung verstellt werden. Zur Vermessung des horizontalen Abstands zweier Punkte auf dem Objekt wird eine Wegmessuhr angebracht. Betrachtet man einen Punkt auf dem Objekt und verfährt den x-y-Tisch zum Betrachten eines anderen Punktes, so zeigt die Wegmessuhr den Abstand in einer Achse an. Für das exakte Vermessen des Abstandes ist es somit erforderlich, den Winkel des Objekts entsprechend zur Achse einzurichten. Dazu wird die Lage ebenfalls mit dem Mikroskop kontrolliert. Die zu messende Strecke wird mit dem Tisch abgefahren. Wenn das Fadenkreuz beide Messpunkte anvisieren kann, ohne dass die zweite Achse bewegt werden muss, liegt das Messobjekt richtig. Um die Messpunkte genau erfassen zu können, wird bei dieser Messung auf die größte Vergrößerung am Objekt gestellt. Zur Vermessung des vertikalen Abstands zweier Punkte wird mit einer Wegmessuhr das Mikroskop in vertikaler Richtung angetastet. Der Fokus wird auf Höhe des ersten Punkts Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik OPT 9 Versuch Nr. 7: Mikroskopie scharf eingestellt und die Messuhr auf Null gesetzt. Anschließend wird der Fokus auf Höhe des zweiten Punkts scharf gestellt. Die Messuhr zeigt den vertikalen Abstand der beiden Punkte. Auch bei dieser Messung sollte mit der größten Vergrößerung gearbeitet werden. Die Schärfentiefe nimmt dadurch stark ab. Die Blende wird so weit wie möglich geöffnet, um die Schärfentiefe der Abbildung nochmals zu minimieren. Beachte: Messuhren verfügen meistens über ein deutliches Umkehrspiel. Man sollte deshalb bei jeder Messung immer nur in einer Richtung, d. h. ohne Richtungsumkehr, messen! 3.2 Tropfenbeobachtungsstand x,y- Tisch y Druckkopf Mikroskop z x Tropfen Stroboskop Optische Achse Bild 10: Tropfenbeobachtungsstand Das Mikroskop wird nun zur Beobachtung von Tropfen verwendet. Um den Fokus auf die Tropfen richtig einzustellen, kann das Mikroskop in Blickrichtung verstellt werden. Die Tropfen werden von einem Druckkopf senkrecht in einen Auffangbehälter ausgestoßen. Der Druckkopf kann in der Bildebene bewegt werden. Die Tropfen werden mit einem Stroboskop von hinten synchron zur Ausstoßfrequenz belichtet. Dadurch erscheint im Mikroskop ein stehender Tropfen, der durch einen einstellbaren Zeitversatz (Verzögerung zwischen OPT 10 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 7: Mikroskopie Tropfenausstoß und Belichtung), in unterschiedlicher Entfernung vom Druckkopf betrachtet werden kann. Dies ermöglicht eine qualitative Beurteilung der Tropfenentstehung und des Tropfens. Mit dem x-y-Tisch kann der unter dem Mikroskop anvisierte Tropfen scheinbar im Bild verschoben werden. Dieses Vorgehen ermöglicht quantitative Messungen. 4 Hausaufgaben 1. Zeichnen Sie die Strahlengänge zu den 5 in 2.1 genannten Fällen! (Gegeben: Gegenstandsgröße y = 2 cm, Brennweite f = 1,5 cm) Zeichnen Sie auch das virtuelle Bild für a < f ein! 2. Zur Vermessung von Objekten soll an geeigneter Stelle eine Platte mit Skala eingebaut werden. Welche Stelle eignet sich besonders zum Einbau der Skala? Welche Auswirkungen hat die Verkleinerung der Aperturblende auf die Helligkeit und Schärfentiefe? Betrachten Sie dazu den Gegenstand als einen diffusen Strahler. Begründen Sie Ihre Aussage anhand des Strahlengangs von Objekten, die axial verschoben liegen. 3. Wie groß ist der kleinste, auflösbare Punktabstand für stärkste Objektive (numerische Apertur N = 1,4)? Gehen Sie davon aus, dass die Abbildung auf einem Schirm erfolgt und ein Abstand benachbarter Punkte größer als 1 mm nicht sinnvoll ist. Wie groß ist in diesem Fall die erreichbare Vergrößerung? 4. Das Mikroskop des Praktikums hat eine numerische Apertur von 0,44. Welchen Punktabstand können Sie bestenfalls noch unterscheiden? Wie muss die Farbe (Wellenlänge) der Beleuchtung Auflösevermögen zu steigern? gewählt Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik werden, um das OPT 11 Versuch Nr. 7: Mikroskopie 5 Praktikumsaufgaben: 1 Bauteilvermessung a) Betrachten Sie unterschiedliche Objekte mit unterschiedlichen Vergrößerungen am Mikroskop. Skizzieren Sie je Person ein Objekt ihrer Wahl und tragen Sie eine Maßlinie ein. b) Skizzieren Sie eine Pumpenkammer des Druckkopfes. Stellen Sie in einer Schrägansicht den Übergang von der Pumpenkammer zum Düsenkanal so dar, dass Sie für die Tiefe t und die Breite b des Düsenkanals eine Bemaßung eintragen können. c) Erstellen Sie für die beiden folgenden Teilaufgaben jeweils eine Tabelle mit Spaltenbeschriftung und Nummerierung der Messwerte. Benötigt werden sechs Spalten für die unterschiedlichen Messungen mit Auswertungen und zehn Messwerten untereinander! d) Vermessen Sie die Tiefe des Düsenkanals am Übergang zur Pumpenkammer unter Verwendung eines Mikrometertasters bei unterschiedlichen Vergrößerungen. Ermitteln Sie jeweils 10 Messwerte für die Tiefe unter Verwendung des Objektivs mit 10-facher und 50-facher Vergrößerung. Notieren Sie die möglichen Fehlerquellen stichpunktartig. e) Vermessen Sie die Breite des Düsenkanals unter Verwendung eines Mikrometertasters bei unterschiedlichen Vergrößerungen. Ermitteln Sie jeweils 10 Messwerte für die Breite des Düsenkanals unter Verwendung des Objektivs mit 5-facher und 50-facher Vergrößerung. Notieren Sie die möglichen Fehlerquellen stichpunktartig. f) Ermitteln Sie für die Messreihen der beiden vorhergehenden Teilaufgaben den Mittelwert und die Standardabweichung. Interpretieren Sie das Ergebnis. Hinweis zur Berechnung des Mittelwertes und der Standardabweichung: g) Ermitteln Sie eine Formel zur Berechnung der wahren Größe von y aus dem abgelesenen Skalenwert im Okular. Verwenden Sie hierzu die zuvor ermittelte Breite des Düsenkanals. Runden Sie ihr Ergebnis sinnvoll. OPT 12 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 7: Mikroskopie 2 Tropfenbeobachtung a) Bringen Sie den stehenden Tropfen in das Gesichtsfeld des Mikroskops. Sorgen Sie dafür, dass das Gesichtsfeld gut ausgeleuchtet ist. Stellen Sie die Impulsbreite für die Tropfenerzeugung am Verstärker so ein, dass sie ein ähnliches Tropfenbild wie in Bild 8 erhalten. b) Vermessen Sie den größten Einzeltropfen im Bild. Geben Sie sein Volumen in Litern an. Ermitteln sie das Gewicht des Tropfens (Dichte 0,9 g/cm³). c) Ermitteln Sie die Geschwindigkeit des größten Tropfens, indem Sie den Tropfen zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten nach dem Ausstoß betrachten und den Abstand zwischen den zwei unterschiedlichen Positionen dieses Tropfens messen. Die zwei unterschiedlichen Zeitpunkte können entweder durch Einstellen einer unterschiedlichen Verzögerung (delay) zwischen Tropfenausstoß und Beleuchtung, wie in Bild 8 gezeigt, eingestellt werden oder bei beibehalten der Verzögerung durch die Beleuchtungsfrequenz festgelegt sein. d) Ermitteln Sie die kinetische Energie des Tropfens! e) Skizzieren Sie den Tropfen mit seinem Schweif und den Satelliten. Überlegen Sie sich was für ein Bild bei hoher Verfahrgeschwindigkeit des Drucktisches erfolgen würde? f) Vermessen Sie die Länge des Tropfenstrahls, kurz nachdem der Tropfen die Düse vollständig verlassen hat! Welche Länge würde er auf einem mit 1 m/s bewegten Tisch mit Wachs benetzen? 6 Literatur • • • • Schröder, „Technische Optik – Grundlagen und Anwendungen“, 9., veränd. u. erw. Aufl, Vogel, Juli 2002 Czichos, „Hütte – Die Grundlagen der Ingenieurwissenschaften“, 31. Auflage, Springer, 2002 Muth, „Ausgewählte Grundlagen des Feingerätebaus“, 1. Auflage, TU München, 2002 Heinzl, „Feingerätebau“, TU München, 2001 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik OPT 13 Versuch Nr. 8: AD Wandler Beschreibung zu Versuch Nr. 8: Analog-Digital-Wandlung Daniel Günther, überarbeitet von Christian Richter 1. Einordnung Die Verwendung von Computern in der Regelungs- und Messtechnik ermöglicht neue Methoden der Signalverarbeitung und -analyse. Beispielweise könnte die Regelung der Temperatur unseres Drucksystems auch durch eine Digitalregelung realisiert werden. Es würde sich dadurch beispielweise die Möglichkeit ergeben, mit vom Rechner vorgegebenen Viskositäten zu drucken. Dies könnte neue Möglichkeiten bzgl. der Formfreiheit des Ausdrucks mit sich bringen. Digitale Systeme erweisen sich durch Preisgünstigkeit, Genauigkeit und leichte Implementierbarkeit (Entwicklung und Anpassung nur durch Veränderung der Software) als universell einsetzbar. Der Einsatz digitaler Rechneranlagen bringt zahlreiche Vorteile mit sich. Besonders hervorzuheben ist hierbei, dass sie die Weiterverarbeitung und Speicherung von Messdaten erheblich vereinfachen. Zur Speicherung von Daten, in diesem Fall Messwerten, stehen verschiedene Prinzipien zur Verfügung. RAM, Diskette bzw. Festplatte beispielsweise können jederzeit neu beschrieben werden. Gerade im Prüffeld werden zunehmend auch Flash-Speicher in Form von Speicherkarten oder USB-Sticks eingesetzt, die einen unkomplizierten „Transport" der Daten von Messwertaufnehmern (z. B. Speicheroszilloskop) zu einem weiterverarbeitenden Rechner erlauben. Besonders in der Steuerungstechnik bieten digitale Systeme den Vorteil, dass Parameter mit hoher und dauerhafter Genauigkeit eingestellt werden können. Korrelationsmesstechnik, digitale Filter und diskrete Fourieranalyse sind Beispiele dafür, welche Analysemöglichkeiten man sich mit dem Einsatz digitaler Systeme erschließt. Um jedoch zeit- und wertkontinuierliche physikalische Größen, wie Druck, Beschleunigung oder Temperatur, digital verarbeiten zu können, müssen diese zunächst von Sensoren in elektrische Signale gewandelt und dann mit Hilfe von Analog-Digital-Wandlern in einzelne diskrete Werte umgesetzt werden. In einem zeitdiskreten System ist der kontinuierliche Verlauf eines der physikalischen Größe entsprechenden Signals durch einen Wert innerhalb eines Intervalls von der Länge des Stützstellenabstandes (Abtastintervall) vollständig beschrieben. Die Darstellung eines Wertes in einem digitalen System erfolgt mit endlicher Stellenzahl, im Allgemeinen binär codiert. Problematisch ist allerdings, dass nur zu leicht den digitalen Messergebnissen zu viel Glauben geschenkt wird. In diesem Praktikumsversuch sollen deshalb die Voraussetzungen für einen sinnvollen Einsatz von Datenwandlern aufgezeigt werden. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik AD 1 Versuch Nr. 8: AD Wandler 2. Theorie Komponenten eines Datenerfassungssystems Ein Sensor erfasst die physikalische Größe und liefert ein elektrisches Signal, das von einem Verstärker aufbereitet und anschließend zur Unterdrückung hochfrequenter Anteile einem aktiven Tiefpassfilter (Anti-Aliasing-Filter, s. u.) zugeführt wird. Das vom Abtast- und Halteglied (engl. sample and hold, S&H) abgetastete und gehaltene Signal kann sodann durch den A/D-Wandler in digitale Form umgesetzt werden. Die so entstandenen digitalen Werte werden auf den Datenbus geführt und stehen so dem digitalen System zur Weiterverarbeitung zur Verfügung. Bild 1: Komponenten zur digitalen Erfassung analoger Größen Umgekehrt wird jedes digitale Wort durch einen D/A-Wandler in einen entsprechenden Analogwert umgesetzt. Die analoge Ausgangsspannung wird durch einen Tiefpassfilter geglättet und dann verstärkt. Von digitaler Seite kann auf die Umgebung Einfluss genommen werden, wenn das Ausgangssignal beispielsweise durch einen Lautsprecher, einen Motor oder ein Piezoelement in eine physikalische Größe umgeformt wird. Bild 2: Komponenten zur analogen Ausgabe digitaler Daten Tabelle 1 zeigt die verschiedenen Analogspannungen, die im Wandlungsprozess bei idealen Bedingungen auftreten: a) Das ursprüngliche, zu digitalisierende Signal; b) Die äquidistanten Abtastimpulse, die dem S&H-Glied den Zeitpunkt der Abtastung angeben; c) Das Signal nach dem S&H-Glied; d) Das durch Rückwandlung und Glättung rekonstruierte Signal. AD 2 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 8: AD Wandler a) Signal b) Äquidistante Abtastimpulse c) Abgetastetes und gehaltenes Signal d) Rekonstruiertes Signal Tabelle 1: Analoge Spannungen im Wandlungsprozess Quantisierung Der gesamte Aussteuerungsbereich wird bei der Diskretisierung in n Quantisierungsstufen unterteilt. Zur Kodierung von n Stufen sind N = Id(n) (N ganzzahlig) Binärstellen notwendig. Das niederwertigste Bit (meist Bit 0) wird, entsprechend der englischen Übersetzung "least significant bit", als „LSB" bezeichnet. Der Spannungsunterschied zwischen zwei Stufen ULSB errechnet sich aus Aussteuerungsbereich Umax (FSR: full scale range) und Quantisierungsstufenzahl n bzw. Binärstellenzahl N wie folgt: U LSB = U MAX U MAX FSR = N = N n 2 2 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik AD 3 Versuch Nr. 8: AD Wandler Bild 3: Der Quantisierungsfehler als Differenz zwischen Ausgangs- und Eingangssignal eines idealen Wandlungssystems Tabelle 1 veranschaulicht den Zusammenhang zwischen Ausgangs- und Eingangssignal eines Datenwandlungssystems. Mit rampenförmigen Eingangssignalen lässt sich auf die dargestellte Weise der Quantisierungsfehler eines realen Wandlungssystems messtechnisch erfassen. Die sägezahnförmige Differenzspannung ist eine Folge der gestuften Übertragungskennlinie (s. Bild 3). Die Differenz zwischen Ausgangs- und Eingangssignal bei einem beliebigen Eingangssignal ist ein statistisches Signal, der Quantisierungsfehler wird deshalb auch als Quantisierungsrauschen bezeichnet. Der Effektivwert UReff dieses Rauschsignals errechnet sich aus: U Re ff = U LSB . 12 Um ein nichtlineares System zu beurteilen, wird in der Nachrichtentechnik oft der SignalRausch-Abstand (signal-to-noise-ratio) herangezogen [DAT]. Bei einem idealen AD-Umsetzer mit 12 Bit Auflösung beträgt er SNR = 20 dB ⋅ log U Seff U Re ff = 1,8 dB + N ⋅ 6 dB ≈ N ⋅ 6 dB = 72 dB wobei USeff der Effektivwert eines Sinus-Signals bei Ausnutzung des vollen Aussteuerungsbereichs ist: U Seff = 1 2 2 ⋅ 2 N ⋅ U LSB Die Übertragung eines Signals durch ein digitales System verursacht also, bedingt durch die Quantisierung, einen Fehler, der durch Erhöhen der Bitzahl verringert, jedoch nicht vermieden werden kann. AD 4 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 8: AD Wandler Codierung Bild 4 zeigt die Übertragungskennlinie eines idealen A/D-Wandlers. Einem Intervall der Breite ULSB wird ein Binärcode zugeordnet. Für Datenwandler sind verschiedene Arten der Codierung verbreitet, die entsprechend der Applikation ausgewählt werden. Nachstehende Tabelle beschreibt die gängigsten Codierungsarten für Unipolar- und Bipolarbetrieb. Bild 4: Übertragungskennlinie eines idealen A/D-Wandlers Tabelle 2: Codierungsarten für Unipolar- und Bipolarbetrieb Unipolar Bipolar 2er- Offset-Binär Vorz. + Be- Komplement trag FS-1LSB 111...111 +FS-1LSB 011...111 111...111 011...111 FS-2LSB 111...110 +FS-2LSB 011...110 111...110 011...110 +1LSB 000...001 100...001 000...001 0 000...000 100...000 (1/0)00...00 0 -1LSB 111...111 011...111 100...001 1LSB 000...001 -FS+1LSB 100...001 000...001 111...110 0 000...000 -FS 100...000 000...000 111...111 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik AD 5 Versuch Nr. 8: AD Wandler Auflösung und Genauigkeit Ein realer A/D-Wandler liefert zwar die angegebene Anzahl an Binärstellen, die Frage ist jedoch, ob auch die niederwertigsten Bits (LSBs) korrekt sind. Einfluss darauf haben sowohl statische als auch dynamische Fehler, von denen hier einige betrachtet werden sollen. Nach der Darstellung der Übertragungskennlinie eines idealen A/D-Wandlers gemäß Bild 4 ergibt die Verbindung der Stufenmitten eine Winkelhalbierende. Bei unterschiedlicher Breite der Quantisierungsstufen ist diese Verbindung keine Gerade, hier spricht man deshalb von einem Nichtlinearitätsfehler oder von differentieller Nichtlinearität (DNL) [SS]. Eine Verschiebung der Kennlinie nach oben oder unten wird als Offsetfehler bezeichnet. Dieser Fehler kann durch Kalibrierung beseitigt werden. Genauso kann eine verfälschte „Steilheit" der Übertragungskennlinie (Verstärkungsfehler) durch entsprechende Skalierung korrigiert werden. Offset und Skalierung werden üblicherweise am Wandler und im Verstärkungsteil durch Abgleich eingestellt, können aber auch auf der Digitalseite berücksichtigt werden. Verringert sich bei Erhöhung der Eingangsspannung der Wert des Binärcodes oder umgekehrt, so ist das monotone Verhalten der Kennlinie und somit die eindeutige Zuordnung von Eingangs- und Ausgangswert nicht mehr möglich. Monotoniefehler lassen daher ein Wandlungssystem praktisch unbrauchbar werden. Für die Wahl der Auflösung ist entscheidend, mit welcher Genauigkeit die physikalische Größe gemessen werden kann. Eine höhere Auflösung des A/D-Wandlers kann die Messgenauigkeit nicht erhöhen, sondern verleitet dazu, dem digitalisierten Wert zuviel Glauben zu schenken. Die relative Genauigkeit eines als ideal angenommenen A/D-Wandlers beträgt r= 1 2N Kann eine physikalische Größe auf 1 % genau gemessen werden, ist ein 7-Bit-Wandler vollkommen ausreichend. Da die relative Genauigkeit des Wandlers mit 1/(27) = 0,024 % größer ist als die der Messgröße, „wackelt" das niederwertigste Bit, nur die oberen 6 Bit liefern zuverlässige Ergebnisse. Abtastung Zunächst sollen der Vorgang des Abtastens und die daraus resultierenden Probleme an einem physikalischen Analogon veranschaulicht werden. Betrachtet man ein schwingendes Pendel, so ist zu jedem Zeitpunkt die momentane Auslenkung erkennbar. Die Pendelbewegung soll nun aber nicht mehr kontinuierlich belichtet, sondern mit einem Stroboskop-Blitz „abgetastet" werden. Es ist einleuchtend, dass durch diese AD 6 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 8: AD Wandler Abtastung Information verloren geht. Bei ausreichend hoher Blitzfrequenz lässt sich diese Information wiedergewinnen, indem man zwischen den Positionspunkten interpoliert (das menschliche Sehsystem Auge/Sehzentrum macht dies aufgrund seiner eingeschränkten zeitlichen Auflösung: bei einer Blitzfrequenz ab ca. 50 Hz erscheint uns die Bewegung kontinuierlich). Bei dieser Interpolation ist jedoch nicht sichergestellt, ob genügend oft belichtet wurde. Man weiß nicht, ob das Pendel zwischen den Belichtungspositionen nicht ein- oder mehrmals gewendet hat. Bild 5 beschreibt graphisch die Rekonstruktion einer unterabgetasteten Pendelschwingung. Welche Beziehung bei der Abtastung von Signalen im Allgemeinen gelten müssen, um Unterabtastung zu vermeiden, wird im Folgenden behandelt. Aliasing/Abtasttheorem Will man das ursprüngliche Signal aus dem abgetasteten Signal rekonstruieren, so ist die Erfüllung des Abtasttheorems fS ≤ 1 ⋅ f abt 2 notwendig, d. h. die Frequenz der periodischen Schwingung darf maximal die Hälfte der Abtastfrequenz betragen bzw. in jeder Periode der Schwingung müssen mindestens zwei Messwerte vorliegen. Ist diese Bedingung verletzt, kommt es zum AIiasing-Effekt. Die abgetasteten Werte entsprechen bei der Rekonstruktion einer Schwingung mit niederer Frequenz, man erhält also ein Signal, das nicht mit dem ursprünglichen Signal übereinstimmt. Bild 5: Aliasing durch zu hohe Eingangs- bzw. zu niedrige Abtastfrequenz Aliasing kann in manchen Bereichen auch beabsichtigt sein. Will man einen schnellen, periodischen Vorgang sichtbar machen, bedient man sich eines Stroboskopblitzes. Bei geeigneter Wahl der Blitzfrequenz (= „Abtastfrequenz") erscheint der Vorgang deutlich langsamer. Dieses Vorgehen wird hier im Praktikum beim Versuch Mikroskop gewählt. Hier werden beispielweise die Tropfen eines Druckkopfes als Standbild dargestellt (Extremfall!). Bei der Fernsehübertragung wird nicht nur zeitlich, sondern auch zweidimensional örtlich abgetastet, wodurch Aliasing auftreten kann. So erscheint beispielsweise bei der Übertragung eines feinen Nadelstreifenanzugs ein Flimmern am Bildschirm, also (örtliche) Aliasfrequenzen, die im ursprünglichen Bildsignal (dem realen Anzug) nicht enthalten waren. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik AD 7 Versuch Nr. 8: AD Wandler Anti-AIiasing-FiIter Bei der bisherigen Betrachtung haben wir uns auf sinusförmige Signale beschränkt. Dies ist zulässig und vorteilhaft, da ein beliebig geformtes analoges Signal nach der Idee der FourierAnalyse als die Summe (Superposition) einzelner Sinusschwingungen mit verschiedener Amplitude und Frequenz/Phase aufgefasst werden kann. Man muss also bei einem beliebig geformten Signal Frequenzen berücksichtigen, die weit oberhalb der Grundschwingung liegen. Bei einem realen, messtechnisch erhaltenen Signal sind immer hochfrequente Anteile vorhanden, wenn auch ihre Amplituden gegenüber der des Nutzsignals meist relativ gering sind. Die Frequenzanteile, die über der halben Abtastfrequenz liegen, werden nach der Abtastung als Signalanteile niederer Frequenz fehlinterpretiert. Um dieses AIiasing und den daraus resultierenden Messfehler zu unterbinden, müssen alle Frequenzen über der halben Abtastfrequenz ausgefiltert werden. Dazu ist ein Tiefpass notwendig (Anti-Aliasing-Filter). Bild 6: Übertragungsfunktion eines idealen und eines realen Tiefpassfilters Im Idealfall soll ein solcher Tiefpass die niedrigen Frequenzanteile ungehindert passieren lassen und alles über der halben Abtastfrequenz herausfiltern. Ein idealer Tiefpass (Küpfmüller-TP) ist jedoch nicht zu realisieren. Ein realer Tiefpass dämpft zum einen auch Frequenzen im Durchlassbereich, zum anderen unterdrückt er unerwünschte Anteile nicht vollständig (Bild 6). Die Auswirkung des Aliasing lässt sich mit einem realen TP zwar vermindern, aber nicht völlig ausschalten. Mit steigender Ordnung des Filters nähert sich seine Filtercharakteristik der des idealen Tiefpasses, jedoch machen sich dann auch negative Eigenschaften (Überschwingen, Phasenverschiebung, Gruppenlaufzeit) bemerkbar, wodurch sich wieder neue Verfälschungen ergeben können. Außerdem vergrößert sich der Aufwand des Filteraufbaus erheblich. Deshalb ist es notwendig, immer im Hinblick auf die spezifische Anwendung Abtastfrequenz und Filter- AD 8 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 8: AD Wandler auswahl aufeinander abzustimmen und die Messergebnisse käuflicher A/D-Wandler-Karten kritisch zu betrachten. Sample-and-Hold-Verstärker Die Bandbreite des Wandlungssystems wird durch die Tatsache beschränkt, dass sich das Eingangssignal während des Umsetzungsvorgangs nur innerhalb bestimmter Grenzen ändern darf, um die Ungenauigkeit innerhalb des Auflösungsvermögens zu belassen. Dieses Problem kann man umgehen, indem man einen S&H-Verstärker als analogen Informationsspeicher einsetzt. Der S&H-Schaltkreis übernimmt die Abtastung des Signals und speichert den Wert für die Dauer einer Abtastperiode. Bild 8 zeigt das Prinzipschaltbild eines gebräuchlichen S&H-Schaltkreises. Ist der Schalter S geschlossen, liegt am Kondensator C die Eingangsspannung an. Zum Abtastzeitpunkt öffnet die Samplesteuerung den Schalter, der Spannungswert bleibt am Kondensator erhalten und steht somit am Ausgang weiterhin zur Verfügung. Nach Beendigung der Wandlung kann der Schalter wieder geschlossen werden, um den nächsten Spannungswert aufzunehmen. Bild 7: Prinzipschaltbild eines gebräuchlichen S&H- Schaltkreises Multiplexing Um mehrere Analog-Kanäle an ein digitales System anzukoppeln, gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten: Bild 8: Anschluss mehrerer Kanäle durch Analog- Multiplexing Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik AD 9 Versuch Nr. 8: AD Wandler 1) An einen AD- Wandler werden mehrere Analog-Kanäle angeschlossen. Dabei wählt der µ-Prozessor über adresscodierte Analogschalter jeweils einen Kanal aus. Zu einem bestimmten Zeitpunkt kann also nur einer der Analog-Kanäle abgetastet werden. Vorteil: Niedrige Kosten durch Verwendung von lediglich einem ADC. Es gibt fertig integrierte Multiplexing-ADCs, die alle benötigten Baugruppen enthalten und zusätzlich zu den Anschlüssen des ADCs die Adressleitungen zum Auswahl des Kanals herausgeführt haben. Nachteil: Messung mehrerer Größen ist bei dieser Art des Multiplexings nur für langsame Vorgänge geeignet. Ein Beispiel dafür wäre eine Raumtemperaturmessung an verschiedenen Stellen. Müssen die Werte aller Kanäle zum gleichen Zeitpunkt (synchron) gemessen werden, so wird für jeden Kanal eine separate S&H-Stufe benötigt. Alle Schalter werden zum Abtastzeitpunkt geöffnet, die Spannungen an den Kapazitäten werden dann nacheinander über den Multiplexschalter an den A/D-Wandler geführt. 2) Für jeden Kanal steht ein A/D-Wandler zur Verfügung. Die digitalisierten Werte der einzelnen Kanäle werden zwischengespeichert (D-Latch, RAM) und anschließend vom µProzessor nacheinander ausgelesen. Bild 9: Parallele Erfassung mehrerer Kanäle durch digitales Multiplexing Nachteil: Sehr kostenintensiv, da für jeden Kanal ein Wandler benötigt wird. Vorteil: Die Analog-Kanäle können gleichzeitig erfasst werden, wobei die volle Geschwindigkeit der Wandler erhalten bleibt, was insbesondere bei schnellen Prozessen von Bedeutung ist. AD 10 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 8: AD Wandler Außerdem bietet sich die Möglichkeit, die Wandler direkt an den Messplätzen zu platzieren, wodurch Störeinflüsse, die sich auf das Analog-Signal stärker auswirken als auf das digitalisierte Signal, vermieden werden. Auf dem Markt gibt es bereits eine Reihe von A/D-Wandlern mit sehr geringen Ausmaßen (8-pol. SMD-Gehäuse) und serieller Übertragung der Digitalwerte. 3 Ausprägung im Versuch Beschreibung des Hardware-Aufbaus Als A/D-Wandler findet der Baustein ADS574 von Burr-Brown Verwendung. Dieser Wandler hat eine integrierte Sample-&-Hold-Stufe und besitzt eine Auflösung von 12 Bit. Im Versuch wird er im Bipolar-Modus betrieben. Die zwölf Ausgangs-Datenleitungen sind „Offset-Binär" codiert. Der Aufbau der Versuchsschaltung ist auf zwei Platinen im Europa-Format aufgeteilt. 1) AD-Wandler-Karte Zur Pufferung des Eingangssignals dient ein Operationsverstärker, der als Spannungsfolger mit Verstärkungsfaktor 1 beschaltet ist. Die Amplitude kann am Potentiometer P reduziert werden. Das so aufbereitete Signal wird zwei Tiefpassfiltern zugeführt. Über einen Umschalter kann man nun auswählen, ob das Signal mit einem Tiefpass zweiter Ordnung, einem Tiefpass vierter Ordnung oder ungefiltert an den Eingang des A/DUmsetzers gelangt. Analog In P LF350 + - Bild 10: Der Eingangsverstärker Der Tiefpass vierter Ordnung ist aus zwei hintereinandergeschalteten Tiefpassfiltern zweiter Ordnung aufgebaut. Die Grenzfrequenz dieser aktiven Filter wird bestimmt durch die Werte der Widerstände und Kondensatoren, welche anhand der Koeffizienten, die entsprechend der gewünschten Filtercharakteristik einer Filtertabelle ([TS]) zu entnehmen sind, dimensioniert werden. Im Versuch werden Butterworth-Filter zweiter bzw. vierter Ordnung verwendet. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik AD 11 Versuch Nr. 8: AD Wandler Bild 11: Tiefpass 2. Ordnung Die A/D-Umsetzung wird durch die steigende Flanke des vom Taktgenerator gelieferten Clock-Signals gestartet. Die Beendigung des Wandlungsvorgangs und die Gültigkeit der Daten am Digitalausgang zeigt der A/D-Umsetzer mit dem Signal READY an. Mit der steigenden Flanke dieses Signals wird das Datenwort in die Daten-Register IC2I/C3 übernommen. Durch die Zwischenspeicherung der Daten erreicht man, dass das Datenwort am Ausgang immer gültig ist. Mit Hilfe des Schalter JP1 werden die niederwertigen vier Bits zum Vergleich verschiedener Auflösungen ausgeblendet. Bild 12: Taktgenerator Zusätzlich steuern die Datenpuffer zwölf Leuchtdioden an, an denen man im Versuch das Datenwort ablesen kann. Am 40-poligen Pfostenstecker ST1 schließlich wird das Datenwort an die D/A-Wandler-Karte weitergegeben. Bild 13: Der A/D-Umsetzer ADS574 mit externer Beschaltung und paralleler Schnittstelle AD 12 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 8: AD Wandler Weiter sei noch auf die getrennte analoge und digitale Spannungsversorgung hingewiesen. Digitale Schaltungen mit hohen Taktfrequenzen „verunreinigen“ die Versorgungsspannungen, außerdem ist eine getrennte Masseführung aus elektrischer Sicht notwendig. Die analoge Masse AGND und die digitale Masse werden so nahe wie möglich am A/D-Umsetzer zusammengeführt. Gerade bei höheren Taktfrequenzen sind diese elektrischen Maßnahmen notwendig, um die im Datenblatt des A/D-Umsetzers zugesicherten Werte bei der Realisierung erreichen zu können. 2) D/A-Wandler-Karte Über die Steckerleiste ST1 werden die Versorgungsspannungen und die Datenleitungen D0.D11 eingespeist. Beide letztgenannten werden nicht benötigt, da der D/A-Wandler DAC 813 bei dieser Methode der Beschaltung stetig das anliegende Datenwort in den äquivalenten Analogwert Vout umsetzt und auf keinen Startimpuls wartet. Bild 14: Der DA-Umsetzer mit externer Beschaltung Über den Schalter SW1 kann man auswählen, ob das Analogsignal Vout nur verstärkt oder zusätzlich mit einem Butterworth-Filter 4. Ordnung geglättet wird. Die Ausgangsspannung ist über eine BNC-Buchse herausgeführt. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik AD 13 Versuch Nr. 8: AD Wandler Bild 15: Das Ausgangssignal lässt sich wahlweise mit einem Tiefpass 4. Ordnung (Grenzfrequenz 20 kHz) glätten AD 14 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 8: AD Wandler 4 Hausaufgaben 1. a) Wie groß ist die Auflösung ULSB eines 4-Bit-A/D-Wandlers im Bipolarbetrieb, wenn er auf eine maximale positive Spannung von Umax = +FSR = +5 V ausgelegt ist? b) Bestimmen Sie für „Binär-Offset"- Codierung alle binär-codierten Werte (N=4) und ihre entsprechenden Analogwerte. 2. Der im Praktikum verwendete 12-bit-A/D-Wandler ADS574 ist auf einen Aussteuerungsbereich von: +-5 V eingestellt. Berechnen Sie ULSB und vervollständigen Sie die Codierungstabelle. Binär-Offset 1111 1111 1111 1000 0000 0000 0111 1111 1111 Analogwert Binär-Offset 0010 1000 0001 0000 0000 0001 0000 0000 0000 Analogwert 3. Ein A/D-Wandler arbeitet mit einer Auflösung von 12 Bit und einer Taktfrequenz von 1 kHz, jedoch ohne S&H-Baustein. Wie hoch darf die Frequenz eines voll ausgesteuerten Sinussignals maximal sein, wenn der Fehler bei der Wandlung unter 1 LSB bleiben soll? 4. Ein Audio-Signal besitzt eine Bandbreite von ca. 20 kHz. Berechnen sie die minimale Abtastrate. 5. Ein A/D-Wandler benötigt zur vollständigen Wandlung 100 µs. Mit diesem Wandler sollen nacheinander sechs Kanäle erfasst werden. Die Übertragung jedes Messwerts dauert 5 µs. Wie hoch ist die maximal erreichbare Abtastrate pro Kanal? 6. Über ein Thermoelement und einen nachgeschalteten Messverstärker lässt sich die Temperatur zwischen 20°C und 70°C auf 0,2 K genau messen. Welchen A/D-Wandler wählen Sie aus? Was ist über den Informationsgehalt des niederwertigsten Bits zu sagen? 7. Welche Verbesserung erreicht man mit dem Einsatz eines Wandlers, dessen Auflösung besser ist als die absolute Messgenauigkeit? Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik AD 15 Versuch Nr. 8: AD Wandler 5 Praktikumsaufgaben Das Eingangssignal der A/D-Karte wird von einem Funktionsgenerator erzeugt und ist am Kanal A (Ch1) eines Oszilloskops angeschlossen. A/D-Karte und D/A-Karte sind miteinander über ein 40-poliges Flachbandkabel verbunden. Der Ausgang der D/A-Karte ist auf Kanal B (Ch2) des Oszilloskops geführt. Nehmen Sie vor jedem Versuch die zu Beginn jeder Aufgabe angegebenen Einstellungen an Oszilloskop (OSZ) und Funktionsgenerator (FG) vor. Diese Grundeinsteilungen sollen Ihnen helfen, die einzelnen Effekte beobachten zu können. 1. Quantisierung: 1. FG: Dreieck, f=300 Hz OSZ: 2 V/div (DC) (beide Kanäle); Zeitbasis 1 ms/div Zunächst soll bei einer Auflösung von 12 Bit die Eingangsspannung an die Eingangsempfindlichkeit der AD-Wandler-Karte angepasst werden. Schließen Sie dazu den Eingang des Verstärkers kurz, indem Sie das Amplitudenpotentiometer auf Linksanschlag drehen! a) Welchem Binärwert entspricht die Spannung 0 V? Drehen Sie das Einganspotentiometer auf Vollausschlag und regeln Sie Offset und Amplitude des Signals („DC-OFFSET“ und „AMP“ am Funktionsgenerator) so aus, dass der gesamte Aussteuerungsbereich ausgenutzt wird! Beobachten Sie dazu das Ausgangssignal des D/A-Wandlers. b) Wie lassen sich die Grenzen der Aussteuerbarkeit erkennen? c) Bestimmen Sie Uss und berechnen sie daraus ULSB, 12bit und ULSB,.8bit! 2. Beobachten Sie die Leuchtdioden bei einer Frequenz von 0,1 Hz (Dreieck)! Beschreiben Sie den Verlauf des Binärwerts bei Wandlung einer Dreieckspannung! 3. Schließen Sie an den Eingang eine Gleichspannungsquelle an! a) Berechnen Sie den Gleichspannungswert anhand des LED-Anzeigewerts! b) Versuchen sie, die LED zum Bit 0 gezielt mit Potentiometer zum Leuchten zu bringen. 4. AD 16 FG: Dreieck,. f=300 Hz, Amplitude auf Minimum (-300 mVss) OSZ: 50 mV/div (DC) (beide Kanäle), Zeitbasis 50 µs/div Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 8: AD Wandler Es soll nun der Unterschied zwischen 8 Bit und 12 Bit Auflösung beobachtet werden. a) Bestimmen Sie anhand des Oszillogramms ULSB,12bit und ULSB,8bit und vergleichen Sie diese mit den berechnetem Wert! b) Erhöhen Sie nun Amplitude und Frequenz! Die Interpolationswirkung des Ausgangsfilters auf der D/A-Wandler-Karte kann nun durch Zuschalten des Filters bei verschiedenen Amplituden und verschiedenen Auflösungen (8/12 Bit) beobachtet werden. 5. Messung des Quantisierungsrauschens. FG: Sinus, f=300 Hz, Amplitude auf Minimum (-300 mV ) OSZ: 50 mV/div (AC), „ADD" (beide Kanäle addieren), Kanal A (CH1) invertiert, Zeitbasis 1 ms/div a) Vergleichen Sie das Quantisierungsrauschen bei 8 Bit bzw. 12 Bit Auflösung! b) Messen Sie das Quantisierungsrauschen bei einer Dreiecks-Eingangskurve! 2. Aliasing: 1. FG: Sinus, f:>=10 kHz, Amplitude auf max. Aussteuerung (s. V1.1.) OSZ: 2 V/div (AC) (beide Kanäle), Zeitbasis 50 µs/div Schalten Sie die Filter auf beiden Wandlerkarten aus! Beobachten Sie das Ausgangssignal, während Sie die Frequenz erhöhen (Verstärkung und Zeitbasis am Oszilloskop nachstellen)! a) Wie erklären Sie sich dieses Frequenzverhalten? b) Was kann man anhand des Oszillogramms über die Frequenz des ungefilterten Eingangssignals aussagen? c) Mit welcher Abtastfrequenz arbeitet das System? d) Wählen Sie den Anti-Aliasing-Filter zweiter bzw. vierter Ordnung aus, bestimmen Sie die Amplitude des Ausgangssignals bei folgenden Frequenzen und übertragen Sie diese Werte in ein f-V-Diagramm! f/kHz 1 5 10 12 14 15 17 18 20 2. Ordnung 4. Ordnung Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik AD 17 Versuch Nr. 8: AD Wandler 1 Uss/Umax 0,75 0,5 0,25 0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 f/kHz Erhöhen Sie nun die Frequenz über die Grenzfrequenz hinaus. e) Sind die Aliasing-Erscheinungen nun verschwunden? Vergleichen Sie die Wirkung der Filter 2./4. Ordnung! 6 Literatur • • • • AD 18 [TS]: Tietze/Schenk: Halbleiter-Schaltungstechnik, Springer-Verlag [SS]: Schrüfer: Signalverarbeitung, Hansa-Verlag [SM]: Schrüfer: Elektrische Meßtechnik, Hansa-Verlag [DAT]: DATEL: Handbuch der Datenwandlung Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik 20 Versuch Nr. 9: Optik Beschreibung zu Versuch Nr. 9: Projektoren Daniel Günther, Helmar Liess, überarbeitet von Marcus Fischer 1. Einordnung Die im vorliegenden Versuch behandelten Grundlagen der Optik spielen in zahlreichen technischen Anwendungen eine wichtige Rolle. Eine, aus dem Bereich der Mikrotechnik stammende Anwendung stellen Videoprojektoren mit DLP („Digital Light Processing“) dar. Diese sind aus so genannten DMD-Elementen („Digital Micromirror Devices“) aufgebaut. Durch diese mikroskopisch kleinen Spiegel wird die Helligkeit der Lichtquelle nach dem bereits in Versuch 3 genannten Prinzip der Pulsweitenmodulation für jedes Pixel des sichtbaren Bildes verstellt. Eine weitere Anwendung ist die Streifenlichtprojektion. Hier wird durch Verwendung von Kondensoren (Linsen- oder Spiegelanordnung) aus einer Punktförmigen Lichtquelle ein streifenförmiges Beleuchtungsmuster auf ein Messobjekt projiziert. Dieses Muster wird dann von einer Kamera unter einem bestimmten Winkel zum Projektor aufgenommen. Die Verzerrung der Streifen unter diesem Winkel gibt die Topologie des Messobjektes wieder. Die Kameraaufnahme kann dann mit einem Rechner ausgewertet werden, um 3D-Bilder zu erhalten. Bild 1 zeigt einen in einem industriellen Messgerät eingesetzten Projektor. Bild 1: Streifenlichtprojektor des ABIS-Systems der Firma Steinbichler Optotechnik Für die Beleuchtungstechnik ist es, nicht zuletzt aufgrund der mit steigender Leistung der Lichtquelle steigenden Abwärme (Verlustleistung Glühbirne: ca. 95%) notwendig, die Leuchtstärke der Lichtquelle möglichst vollständig auszunutzen. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik FD 1 Versuch Nr. 9: Optik In Versuch 7 dieses Skriptes wurde eine Möglichkeit aufgezeigt, Tropfen mit Hilfe eines Mikroskops zu vermessen. Hierbei spielt auf Grund der kurzen Belichtungszeiten die Stärke der Beleuchtung eine entscheidende Rolle, weshalb eine besondere Optik zum Einsatz kommt. Im vorliegenden Versuch 9 werden mit Hilfe eines Konsdensor sowie Linsensystems die Grundlagen für die Projektion untersucht. 2. Theorie zu Beleuchtungsmethoden bei Film- und Diaprojektoren 2.1 Messung grundlegender Parameter a) Lichtstärke I Einheit: Candela (cd), auch Neukerze (NK), (früher Hefnerkerze) Ein Candela ist die Lichtstärke, die ein schwarzer Körper bei der Temperatur von schmelzendem Platin mit einer Oberfläche von 1/60 cm² senkrecht zu dieser Oberfläche F besitzt. I = B ⋅F = dφ ; dϕ r 1cd = 1/ m 1sterad b) Lichtstrom φ Einheit: Lumen (lm) Ein Lumen ist der Lichtstrom φ , den eine Lichtquelle von der Lichtstärke I = 1 cd in den Raumwinkel ϕ r = 1 sterad (4 π ) strahlt (Lumen ist eine Leistungseinheit). φ = I ⋅ ϕr ; 1 = 1cd ⋅ 1sterad m c) Beleuchtungsstärke E Einheit: Lux (lx) Eine Fläche FP wird mit der Beleuchtungsstärke E = 1lx beleuchtet, wenn der Lichtstrom φ = 1lm bei gleichmäßiger Verteilung auf 1 m² der Fläche senkrecht auftrifft. E= I ⋅ dϕ r dφ I 1lm 1cd = = 2 ; 1lx = 2 = 2 dFP dFP r m m Aus obiger Umformung folgt eine andere Definition: Eine Lichtquelle der Lichtstärke I = 1cd hat im Abstand r = 1m die Beleuchtungsstärke E = 1lx . FD 2 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 9: Optik d) Leuchtdichte B a. einer Lichtquelle Einheit: Stilb (sb) Eine Lichtquelle hat die Leuchtdichte B = 1sb , wenn jeder cm² der leuchtenden Fläche die Lichtstärke I = 1cd hat. B= 1cd dI ; 1 sb = dF cm2 Leuchtdichte einiger Lichtquellen: Mond 1 HK Glühlampe (100 W) 0,3 sb 0,7 sb 250 sb Beck-Licht 10-100 ⋅ 10³ sb Sonne 180 ⋅ 10³ sb b. Leuchtdichte B einer angestrahlten Fläche Einheit: Apostilb (asb) Wird eine Fläche mit der Albedo (Weißheit) a = 1 mit der Beleuchtungsstärke E = 1lx beleuchtet, so weist sie eine Leuchtdichte B = 1 asb auf. B = E ⋅ a ; 1asb = 1cd m2 ⋅ π Es gilt außerdem: 1sb = 10 4 ⋅ π asb = 31415 asb Albedo a einiger angestrahlter Flächen: Titanweiß Weißes, gutes Schwarze Tusche Schwarzer Körper Schreibpapier 0,99 0,70 0,015 0,001 e) Mechanisches Lichtäquivalent Die Strahlung von Lichtquellen besteht zu einem großen Teil in Abhängigkeit von der Wellenlänge λ aus nicht sichtbarer Wärmestrahlung. Das Verhältnis von ausgesandter energetischer Strahlung zu umgesetzter Lichtempfindung bezeichnet man als mechanisches Lichtäquivalent M. Im Gelb-Grün-Bereich des Lichtspektrums ( λ = 0,555 µm) ist das Verhältnis am günstigsten. W lm M λ =0,555 = 0,016 ; bzw. 1/ M = 625 lm W Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik FD 3 Versuch Nr. 9: Optik 3 Ausprägungen im Versuch 3.1 Durchlicht-Projektoren Bild 2: Abbildung großer Flächen: Dia-Projektor. Bild 3: Abbildung kleiner Flächen: Kino-Projektion 3.2 Wirkungsweise von Kondensor und Spiegel Kondensor und Spiegel vergrößern den Lichtstrom φ durch Bündelung des Lichts. Hierbei wird das Licht eines großen Raumwinkels ϕ r um die Lampe zusammengefasst und auf einen kleineren Raumwinkel nach dem Kondensor/Spiegel projiziert. Hierdurch wird die Leuchtdichte B der Lampe erhöht. Bild 4: Abbildung kleiner Flächen: Kino-Projektion FD 4 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 9: Optik Lichtstrom ohne Kondensor: Φ = B ⋅ F ⋅ Φ = B ⋅F ⋅ Lichtstrom mit Kondensor: Abbildungsgesetz: F ⎛g⎞ = FW ⎜⎝ b ⎟⎠ FW (g + b) π D2 ⋅ 4 g 2 2 B ⋅F ⋅ =B⋅ π 4 Fw für g b b2 ⋅ D2 ⋅ Fw b2 2 Durch den Kondensor wird die Leuchtfläche von F auf D 2 ⋅ Erhöhung der Lichtstärke von BF auf BD 2 ⋅ π 4 π 4 vergrößert. Daraus folgt eine . 4 Hausaufgaben 1. Welche Bedingungen muss der Schirm erfüllen, wenn man ein Bildobjekt, das nicht parallel zur Linsenebene liegt scharf abbilden möchte? Siehe dazu auch Versuch Nr. 7! 2. Ein Objekt mit regelmäßigen Streifen wird wie in 1. beschrieben abgebildet. Welche Auswirkungen ergeben sich auf das Streifenmotiv? 3. Warum schädigt die extreme Leuchtstärke der LED mit Kondensorlinse aus dem Versuch 7 das Auge nicht? 4. Der Filmprojektor in alten Kinos verursacht oft ein lautes ratterndes Geräusch. Welchen technischen Grund könnte es dafür geben? 5. Welche messtechnische Besonderheit weist das Fotoelement zur Messung der Lichtstärke auf? Was muss also im Messinstrument geschehen? 6. Sie wollen Tropfen aus einem Druckkopf mit dem Computer automatisch erfassen (siehe Versuch 7). Welche Kennwerte des Grauwertbildes könnten für diese Automatisierung genutzt werden? Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik FD 5 Versuch Nr. 9: Optik 5 Praktikumsaufgaben: a) Man ermittle die Größe des Lichtstromes φ der Lampe bei U = 12,6 V durch Messung der mittleren Beleuchtungsstärke in 1 m Entfernung. b) Ordnen Sie auf der optischen Bank eine Lampe, Spiegel, Kondensor und Objektiv so an, dass im Prinzip ein Kleinbildprojektor mit optimaler Lichtausnutzung entsteht. Wie groß ist der Wirkungsgrad η der Lichtausbeute? c) Ermitteln Sie quantitativ den Einfluss von Kondensor und Spiegel! Wie groß ist der Wirkungsgrad η ohne Spiegel bzw. ohne Kondensor? Bild 5: Versuchsanordnung. 1 Hohlspiegel 2 Projektionslampe mit Höhenund Seitenverstellung 3 Kondensorlinse 4 Fenster für Bildbegrenzung 5 Objektiv 6 Photoelement mit Verdunklungsrohr 7 Projektionsschirm 8 Messinstrument (lx) 9 Optische Bank Anmerkungen zur Praktikumsbearbeitung: 1. Berechnung der mittleren Beleuchtungsstärke und des Lichtstroms der Lampe: Hierzu wird ohne den Spiegel (1), den Kondensor (3) sowie das Fenster (4) und das Objektiv (5) mit dem Photoelement (6) die Beleuchtungsstärke gemessen. Dies soll in 1 m Entfernung (Lampe zu Sensor) zunächst senkrecht zur Wendel sowie nach einer Drehung der Lampe (2) 90° geschehen. Die Lampenspannung UL,max soll dabei 12,6 V betragen (Hinweis: während des Versuchs nicht in die Lampe schauen!). Welche Werte ergeben sich für die Beleuchtungsstärke senkrecht zur Wendel E1 (lx) sowie in Richtung der Wendel E2 (lx)? FD 6 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 9: Optik Welchen Wert nimmt die mittlere Beleuchtungsstärke an? 2E1 + E2 Em ≈ (lx) 3 Wie hoch ist der Lichtstrom der Lampe φ (lm)? 2. Berechnung der Beleuchtungsstärke, des Lichtstroms etc. Zunächst muss hierzu Spiegel (1) so hinter die Lampe gestellt werden, dass das Bild der Wendel direkt unter oder über der Wendel erscheint. Dazu wird zunächst die Lampe schwach erleuchtet (UL = 4 bis 6 V) und die Wendel mit dem Objektiv (5) auf dem Projektionsschirm (7) abgebildet. Sodann wird mit Hilfe der Kondensorlinse ein Bild der Wendel sowie dessen Spiegelbildes erzeugt, welches gerade groß genug sein soll, um das Fenster (4) gut auszuleuchten. Das Fenster (4) wird daraufhin durch das Objektiv (5) auf dem Projektionsschirm abgebildet. Mit Hilfe des Beleuchtungsstärke- Messgerätes (6,8) soll die Beleuchtungsstärke E in der Mitte der beleuchteten Fläche auf dem Projektionsschirm gemessen werden. Hieraus soll, unter der Annahme einer über die gesamte Fläche Fp konstanten Beleuchtungsstärke der auffallende Lichtstrom berechnet werden. 3. Nach Entfernen des Spiegels (1), des Kondensors (3), bzw. beider Bauteile wird ebenfalls die Beleuchtungsstärke E gemessen und der Lichtstrom ermittelt. Tragen Sie die ermittelten Werte in nachfolgende Tabelle ein. E (lx) Projektor FP (m2 ) φ (lm) η (%) Komplett mit Spiegel und Kondensor Ohne Spiegel Ohne Kondensor Ohne Spiegel und Kondensor Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik FD 7 Versuch Nr. 9: Optik 6 Literatur • Vorlesungsskriptum „Mikrotechnische Sensoren und Aktoren“, Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik, Prof. T. Lüth, 2006, TUM München • Vorlesungsskriptum „Feingerätebau“, Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik, Prof. T. Lüth, 2006, TUM München • Vorlesungsskriptum „Feinmesstechnik 2“, Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik, Prof. T. Lüth, 2006, TUM München FD 8 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 10: Längenmessung Beschreibung zu Versuch Nr. 10: Analoge Längenmessung mit Fotosensor überarbeitet von Daniel Günther, Helmar Liess, Marcus Fischer 1. Einordnung Messungen mit Interferometern erreichen hohe Auflösungen und sind für Kalibrier-, Einrichtaufga-ben und Qualitätskontrolle gut geeignet. Die Abhängigkeit von den Umgebungsbedingung bzw. der hohe Apparateaufwand für eine stabile Laser-Wellenlänge (Laser: Light Amplification by Stimulated Emmision of Radiation) sind jedoch für den Einsatz in Alltagsprodukten hinderlich. Für das Drucksystem wäre eine solche Messmethode wenig praktikabel, wenn eine geregelte Bewegung der Schlitten für hohe Genauigkeit und Dynamik angestrebt würde. Hier eignen sich besonders Glasmaßstäbe oder Streifen aus transparentem Kunststoff (Officedrucker!), auf welche die eine kodierte Weginformation aufgebracht ist. Diese Systeme sind auch im Werkzeugmaschinenbau weit verbreitet. Das Verfahren basiert darauf, dass eine Lampe mit einer Blende eine strukturierte (z. B. ein Gitter) Beleuchtung auf den Maßstab wirft. Dieses weist das gleiche Muster über seine gesamte Länge auf. Hinter dem Maßstab ist ein fotoempfindliche Diode angeordnet. Trifft ein heller Streifen aus der Lampe einen Spalt im Gitter des Maßstabes wird die Diode beleuchtet. Das Auftreffen der Photonen verursacht eine Diffussionsspannung zwischen den entgegen gesetzt dotierten Zonen der Diode. Der hierdurch verursachte Stromfluss kann daraufhin als Messgröße ausgewertet werden. Bild 1: Schema eines Glasmaßstabes Hier im Praktikumsversuch sollen die Grundlagen der in diesen Systemen verwendeten Messmethode gezeigt werden. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik LM 1 Versuch Nr. 10: Längenmessung 2. Theorie zur analogen Längenmessung mit einem Fotosensor Allgemeines Fotodioden sind fotoelektrische Halbleiter mit einer lichtempfindlichen Sperrschicht: Der Betrieb des pn-Übergangs erfolgt bei fast allen Anwendungen in Sperrrichtung: Bild 2: K = Kathode, A = Anode. Darstellung des fotoelektrischen Halbleiters mit lichtempfindlicher Sperrschicht. *Die Aufgabe des Lastwiderstandes ist einerseits die Vermeidung großer Ströme, wenn der Widerstand der Diode sehr klein wird, andererseits dient diese Schaltung als Spannungsteiler. Ohne Beleuchtung zeigt die Fotodiode normale Diodensperrcharakteristik. In diesem Zustand fließt ein, wenn auch sehr geringer Sperrstrom. Wird die Beleuchtungsintensität erhöht, so steigt der Sperrstrom proportional. Daraus ergeben sich zwei Hauptanwendungsfälle: Fall 1 Fall 2 Bild 3: Darstellung der zwei Hauptanwendungsfälle 1 und 2. Im Fall 1 wird stets die ganze lichtempfindliche Fläche der Diode mittels einer Lampe beleuchtet, deren Leuchtintensität z. B. durch die Spannung US ( t ) variiert wird. An der Fotodiode kann die Spannung UD ( t ) gemessen werden, wobei U D (t ) ~ U S (t ) ist. Hauptanwendung: Nachrichtentechnik, Empfang modulierter Signale. LM 2 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 10: Längenmessung Im Fall 2 wird die Sendeleistung konstant gehalten. Der Fotodiodenstrom wird dadurch variiert, dass die lichtempfindliche Diodenfläche durch eine verschiebliche Blende teilweise oder ganz abgedeckt wird. Der (durch den Lichteinfall) abfallenden Spannung UD ( x ) kann jeweils einer bestimmten Verschiebung der Blende zugeordnet werden. Hierdurch können unterschiedliche Verschiebungen von zwei Objekten zueinander gemessen werden. Diese Zuordnung ist Grundlage der folgenden Versuche: Bild 4: Schaltbild 1 - Brückenschaltung mit Differenzverstärker. Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik LM 3 Versuch Nr. 10: Längenmessung 3. Ausprägung im Versuch Die Infrarotdiode OP 130 dient als Beleuchtung (Fotodioden sind stark IR-lichtempfindlich). Ihr Strom wird durch die Widerstände R4 und R5 begrenzt. Der Widerstand R5 kann durch den Schalter S kurz geschlossen werden: hierdurch erhöht sich der Stromfluss und somit die Leuchtstärke der Diode. Die Infrarotstrahlen gelangen auf den Empfänger, die Fotodiode BPX 48. Diese Diode besteht aus zwei lichtempfindlichen Flächen, deren geometrischer Aufbau aus der Skizze hervorgeht. Bild 5: Versuchsanordnung. Der physikalische Aufbau der BPX 48 setzt sich aus zwei Anoden, aber nur einer gemeinsamen Kathode zusammen. Die Einsatzmöglichkeiten entsprechen denen von zwei getrennten Fotodioden, jedoch besitzt die BPX 48 zusätzliche Vorteile: Durch die Herstellung auf einem Chip unterscheidet sich die Lichtempfindlichkeit der Dioden nur wenig. Die lichtempfindlichen Flächen sind durch einen gleichmäßigen Steg von nur 0,086 mm Breite getrennt. Dies erweist sich beim Einsatz in Brückenschaltungen von Vorteil. Den Empfängerdioden wird ein Operationsverstärker nachgeschaltet. Die externe Beschaltung lässt sich auf den Experimentiertafeln gemäß den Anforderungen realisieren. Genaueres über Operationsverstärker kann Versuch Nr. 3 (OP) entnommen werden. Hier sind auch die Formeln für die Verstärkung als Differenz- und Summationsverstärker zu entnehmen. Im Schaltbild ist der OP als Differenzverstärker ausgelegt. Seine Ausgangsspannung wird am Anzeigegerät (Digitalvoltmeter) gemessen. LM 4 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 10: Längenmessung Ist am vorhandenen Wegmesssystem keine Blende im Strahlengang, so werden beide Fotodiodenflächen gleich bestrahlt (Blendenanordnung siehe Bild 6). Dadurch fließt durch die Dioden und ihre Lastwiderstände R1, R2 annähernd gleicher Strom: I1 ≈ I2. Auch für die Spannungsabfälle an R1 und R2 gilt in diesem Fall U1 ≈ U2. Die Ausgangsspannung am Differenzverstärker beträgt somit UA ≈ 0 V. Bild 6: Blenden (Maßstab 1:1). Dieses Brückengleichgewicht wird gestört, sobald das Verhältnis der bestrahlten Flächen ≠ 1 wird. Wie anfangs erwähnt, kann dies durch Ausblenden von Lichtstrahlen bewirkt werden. Die hierzu verwendete Blendenanordnung und Verstellung ist aus der Zeichnung des elektromechanischen Aufbaues (Bild 8) ersichtlich! Entsprechend gilt I1 ≠ I2 und damit auch UA ≠ 0. Genaueres über die Brückenschaltung ist in Versuch Nr. 2 (TRA) nachzulesen. Bild 7: Elektromechanische Versuchsanordnung (Maßstab verkleinert). Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik LM 5 Versuch Nr. 10: Längenmessung Bild 8: Blockdarstellung des Versuchsaufbaues. LM 6 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 10: Längenmessung 4. Hausaufgaben 1. Wie sieht die Anordnung der Diode, der Blenden und der Lampe in einem Glasmaßstab aus? 2. Wie könnte bei einem Glasmaßstab eine Vorwärts- und Rückwärtserkennung der Bewegungsrichtung realisiert werden? 3. Was könnte der Ausdruck inkrementeller Maßstab bedeuten? Welche Alternative ist prinzipiell vorstellbar? 4. Die Diode mit dem Lastwiderstand stellt einen Spannungsteiler dar. Leiten sie die Gleichung her, die die Spannung zwischen den Bauelementen beschreibt, wenn die Schaltung mit der Batteriespannung UB betrieben wird! 5. Welche Folgen hat die folgende Störung der Messanordnung? Der Sensor ist gegenüber der Blende verdreht. 6. Berechnen Sie unter Zuhilfenahme der Formeln aus Versuch Nr. 3 den Verstärkungsfaktor der Differenzverstärkerschaltung in Schaltbild 1 (Bild 4)! Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik LM 7 Versuch Nr. 10: Längenmessung 5. Praktikumsaufgaben: 1. Aufbau der Schaltung Stecken Sie die Schaltung unter Zuhilfenahme der Blockdarstellung des Versuchsaufbaues und des Schaltbildes. Um Fehlschaltungen zu vermeiden, wurde die Zwei-Stufenschaltung der Beleuchtung in der Frontplatte des Netzgerätes untergebracht. Der elektromechanische Messaufbau geht über Diodenstecker ebenfalls in die Frontplatte. Alle Verbindungen von der Frontplatte zu den Experimentiersteckplatten erfolgen über Laborkabel. Wichtig! Das Netzgerät erst dann einschalten, wenn die Schaltung durch den zuständigen Betreuer geprüft wurde! 2. Abnahme der Empfängerhalterung Nehmen Sie vorsichtig die Empfängerhalterung vom Gestell (Lösen von zwei Rändelschrauben). Durch die freie Bohrung können Sie die Blenden erkennen. Verschieben Sie den Schlitten, bis der durchsichtige Bereich „E“ über der Sendediode liegt. Halten Sie den Infrarot-Wandlerschirm möglichst nah darüber. Sie können ein schwaches Leuchten feststellen (Die Intensität nimmt mit Stufe II der Beleuchtung zu). 3. Zusammenbau der Empfängerhalterung Passen Sie die Empfängerhalterung wieder ein! Drehen Sie die Halterung langsam um 360° und ermitteln Sie hierbei den Höchst- sowie den Tiefstwert von U A : U A,max , U A,min ! Welche Aussagekraft hat diese Messung? 4. Symetrieren Klemmen Sie die Empfängerhalterung, wobei die Markierungen an der Halterung und am Gestell übereinstimmen müssen (Fotodiodenspalt parallel zu Blendenkanten)! 4.1 Drehen Sie die Mikrometerschraube (abnehmender Wert), so dass Blende 5 in den Strahlengang gelangt! Erstellen Sie ein Diagramm U A ( x ) in der Umgebung der Symmetrielage der Blende für beide Beleuchtungsstufen! Maßstäbe: x 0,01 mm UA 0,1 V entspr. entspr. 1 mm (Abszisse) 50 mm (Ordinate) Empfohlenes Messintervall ≈ 0,05 mm 4.2 Drehen Sie die Mikrometerschraube (abnehmender Wert), so dass Spalt C in den Strahlengang gelangt! Erstellen Sie wieder Diagramme für U A ( x ) , entsprechend Aufgabe 4.1! 4.3 Bringen Sie den Spalt C in die Symmetrielage U A = 0 ! LM 8 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 10: Längenmessung Lösen Sie die Klemmung der Empfängerhalterung. Drehen Sie die Empfängerhalterung durch! Messen Sie U A,min und U A,max ! Warum weichen diese Werte nur wenig von 0 V ab? 4.4 Bestimmen Sie den Abstand CB durch Symmetrisieren der Spalte! 5. Analoge Längenmessung Hierbei wird der Differenzverstärker (Schaltbild 1, s. Bild 4) durch einen Summationsverstärker (Schaltbild 2, siehe Bild 9) ersetzt. Es werden also die Spannungsabfälle an R1 und R2 aufsummiert. Bild 9: Schaltbild 2 - Brückenschaltung mit Summationsverstärker. 5.1 Berechnen Sie den notwendigen Wert des Widerstandes R , um eine Verstärkung von ≈ -4,55 zu erhalten! Stecken Sie diese Schaltung! 5.2 Verstellen Sie die Mikrometerschraube so, dass der Spalt E über dem Sender liegt! Drehen Sie die Empfängerhalterung um 90° (Fotodiodenspalt ≈ Blendenkanten)! Stellen Sie Diagramme U A ( x ) für beide Beleuchtungsstärken auf, indem Sie schrittweise die Diodenflächen durch die Blende 6 abdecken! Schrittweite am Mikrometer: 0,2 mm Maßstäbe: x 0,02 mm entspr. 1 mm (Abszisse) UA 0,1 V entspr. 20 mm (Ordinate) Bestimmen Sie die feinste Auflösung für beide Fälle in µm/mV. 5.3 Warum geht die Beleuchtungsstärke stark in das Messresultat ein? 5.4 Welche Einflüsse bewirken, dass die Werte für U A ( x ) nicht ganz linear verlaufen? Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik LM 9 Versuch Nr. 10: Längenmessung 5.5 Woran kann es liegen, dass das Diagramm an den Enden des analogen Messbereiches gekrümmt ist und nicht kantig einmündet? 6. Analoge Längenmessung mit Strom-Spannungsumsetzer Während beim Summationsverstärker unter Punkt 5 der Strom durch die Fotodioden in Spannungen an den Widerständen R1 und R2 umgesetzt wurde, soll nun diese Aufgabe durch den Operationsverstärker direkt vorgenommen werden. Bild 10: Prinzipschaltbild. Sieht man von den Strömen ab, die in den Verstärker fließen, gilt: I1 + I0 = 0 ; I1 = −I0 U A = I ⋅ R0 = −I1 ⋅ R1 Diese Anordnung hat den Vorteil, dass der Lastwiderstand entfällt (geringere Abhängigkeit von Temperaturdrift) und dass die Signalleitung niederohmig ist. Der Spannungsabfall über der Diode beträgt dann ≈ 0 V, unabhängig von der Beleuchtungsstärke (Genaueres über Strom-Spannungsumsetzer siehe Literaturliste). 6.1 Stecken Sie die Schaltung des folgenden Schaltbildes: Bild 11: Schaltbild 3 – Sensor mit Strom-Spannungsumsetzer. LM 10 Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik Versuch Nr. 10: Längenmessung Wichtig! Das Netzgerät erst dann einschalten, wenn die Schaltung durch den zuständigen Betreuer geprüft wurde! 6.2 Führen Sie den Versuch mit der Schaltung entsprechend 5.2 durch, jedoch nur mit der schwachen Beleuchtungsstufe! Maßstäbe: x 0,02 mm entspr. 1 mm (Abszisse) UA 0,1 V entspr. 20 mm (Ordinate) 6.3 Bestimmen Sie U A als Funktion von I A , R0 und R3 ! 6. Literatur • Vorlesungsskriptum „Mikrotechnische Sensoren und Aktoren“, Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik, Prof. T. Lüth, 2006, TUM München • Vorlesungsskriptum „Feingerätebau“, Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik, Prof. T. Lüth, 2006, TUM München • Vorlesungsskriptum „Feinmesstechnik 2“, Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik, Prof. T. Lüth, 2006, TUM München Praktikum Mikrotechnik 2011 Lehrstuhl für Mikrotechnik und Medizingerätetechnik LM 11