1.2 Mengenlehre Grundlagen der Mathematik 1 1.2 Mengenlehre Definition: Menge, Element, Variablenraum Eine Menge A ist die Zusammenfassung gleichartiger Elemente zu einer Gesamtheit. Eine Menge kann definiert werden durch a.) Aufzählung der Elemente der Menge : A = { a, b, c, ... Dabei ist die Reihenfolge der Elemente ohne Bedeutung }, b.) Definition durch eine Aussageform p(x) : A = { x ∈ V | p(x) } Alle Lösungen x der Aussageform p(x) definieren die Menge A. Als Variablenraum V bezeichnet man die Menge der zulässigen Variablen x. Schreibweise: Mengen werden mit großen lateinischen Buchstaben bezeichnet, die Elemente mit kleinen Buchstaben. Elementbeziehung: a∈A bedeutet : "a ist Element der Menge A" a∉A bedeutet : "a ist kein Element der Menge A" Beispiele für Mengen: 1.) A = { 1, 2, 3, 4, 5, 6 } 2.) Menge der natürlichen Zahlen ℕ = {1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, .....} 3.) Menge der ganzen Zahlen 4.) B = { x ∈ ℕ | x enthält die Ziffer 3 } 5.) F = { x ∈ S | x ist eine Straße in Osnabrück } ℤ = { 0, +1, +2, +3, +4, +5, +6, +7, +8, +9, +10, ... } Dabei ist S die Menge aller Straßen in Deutschland 1.2 Mengenlehre Grundlagen der Mathematik 2 Definition : Untermenge/Teilmenge, Echte Untermenge/Teilmenge, Gleichheit von Mengen, Obermenge, Echte Obermenge, Leere Menge, Disjunkte Mengen Seien A und B zwei Mengen. A heißt Untermenge/Teilmenge von B, in Zeichen A ⊆ B, wenn jedes Element von A auch in B enthalten ist. B heißt dann auch Obermenge von A. A heißt echte Untermenge/Teilmenge von B, in Zeichen A ⊂ B, wenn jedes Element von A auch in B enthalten ist, aber mindestens ein Element von B nicht Element von A ist. B heißt dann auch echte Obermenge von A. Die Gleichheit der Mengen A und B, in Zeichen A = B, bedeutet, dass jedes Element von A auch Element von B ist und umgekehrt. Es gilt: (A ⊆ B) ∧ (B ⊆ A) Eine leere Menge, in Zeichen {} oder ∅, ist eine Menge, die keine Elemente besitzt. Die Mengen A und B heißen disjunkt, wenn sie keine gemeinsamen Elemente besitzen. Schreibweise mit log. Aussageformen: A ⊆ B ⇔ ∀ x ( x ∈ A ⇒ x ∈ B ) ⇔ ∀ x ( p(x) ⇒ q(x) ) A = B ⇔ ∀ x ( x ∈ A ⇔ x ∈ B ) ⇔ ∀ x ( p(x) ⇔ q(x) ) Venn'sche Diagramme leisten die Darstellung von Mengenmodellen in grafischer Form A B Mögliche Lagen von zwei Mengen A und B zueinander: 1.) A und B haben keine gemeinsame Elemente, d. h. sie sind disjunkt 2.) A und B besitzen gemeinsame Elemente 3.) A ist in B enthalten bzw. B ist in A enthalten 4.) A und B sind gleich 1.2 Mengenlehre Grundlagen der Mathematik Definition : Vereinigungsmenge, Durchschnittsmenge, Restmenge, Komplementmenge Seien A und B zwei Mengen mit dem gemeinsamen Variablenraum V. Dann definiert man die folgenden Mengen Vereinigungsmenge A∪B ={x∈V |x∈A∨ x∈B} Durchschnittsmenge A∩B ={x∈V |x∈A ∧x∈B} Restmenge A \ B ={x∈V |x∈A ∧x∉B} Komplementmenge A ={x∈V |x∉A} Rechenregeln für Mengenoperationen Für beliebige Mengen A, B und C gelten die folgenden Gesetze 1.) Assoziationsgesetze (A∪B)∪C = A∪(B∪C)= A∪B∪C (A∩B)∩C = A∩(B∩C)=A∩ B∩C 2.) Distributivgesetze A∩(B∪C)= (A∩B)∪ (A∩C) A∪(B∩C)= (A∪B)∩ (A∪C) 3.) Gesetze von de Morgan A∪B = A ∩ B A∩B = A∪ B 4.) Darstellung der Restmenge A \ B = A ∩B B \ A = B ∩A 3 1.2 Mengenlehre Grundlagen der Mathematik 4 Darstellung einer Menge durch disjunkte Teilmengen Bei der Lage mehrerer Mengen A1, A2, A3, A4, …, An zueinander entstehen 2n disjunkte Teilmengen bezüglich der Lage von Elementen zu diesen n Teilmengen. Für 3 Mengen A, B und C existiert z. B. eine Zerlegung in 8 disjunkte Teilmengen bzgl. der 3 Aussageformen p(x) ⇔ x ∈ A, q(x) ⇔ x ∈ B und r(x) ⇔ x ∈ C. Die 8 möglichen disjunkten Teilmengen sind dann A∩ B∩C , A∩ B∩C , A∩ B∩C , A∩ B∩C , A∩ B∩C , A∩ B∩C , A∩ B∩C , A∩ B∩C Aus diesen Teilmengen lassen sich alle Teilmengen, die aus A, B und C durch Mengenoperationen entstehen, durch Vereinigung zusammensetzen. Beispiele für Mengenoperationen Seien die Mengen A, B und C definiert durch A = { x ∈ ℕ | x ist eine Primzahl } = { 2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19, 23, ... } B = { x ∈ ℕ | x ≥ 5 ∧ x ≤ 70 } = { 5, 6, 7, 8, 9, .... , 68, 69, 70 } C = { x ∈ ℕ | x = 2n mit n ∈ ℕ } = { 2, 4, 8, 16, 32, 64, 128, 256, ..... } Dann ergeben sich die folgenden Mengen aus Mengenoperationen 1.) ( A ∩ B ) \ C = { 5, 7, 11, ... , 61, 67 } 2.) B ∪ C = { 2, 4, 5, 6, 7, 8, 9 , .... , 68, 69, 70, 128, 256, 512, 1024, 2048, 4096, ...... } 3.) A ⋂ C = { 2 } 4.) ( A \ B ) ⋂ C = { 2 } 1.2 Mengenlehre Grundlagen der Mathematik 5 Definition : Mächtigkeit von Mengen Für Mengen mit endlich vielen Elementen bezeichnet man die Anzahl ihrer Elemente als Mächtigkeit der Menge, in Zeichen | A | = n. Für Mengen mit einer nicht endlichen Anzahl von Elementen wird ihre Mächtigkeit als unendlich definiert, in Zeichen | A | = ∞ . Beispiele : 1.) Die Menge W = { 1, 2, 3, 4, 5, 6 } besitzt die Mächtigkeit 6 , 2.) Die Menge C = { a, b, f, g, k, p, u, q } besitzt die Mächtigkeit 8, in Zeichen | C | = 8. 3.) Die Mengen ℕ und ℤ besitzen unendliche Mächtigkeit. Definition : Kartesisches Mengenprodukt Seien A und B zwei Mengen. Als kartesisches Produkt A x B bezeichnet man die Menge aller geordneten Elementepaare ( a ; b ) mit a ∈ A und b ∈ B AxB = { (a;b) | a∈A ∧ b∈B} Sind n Mengen A1, A2, ..., An gegeben, so ist das mehrfache kartesische Produkt definiert durch A1 x A2 x .... x An = { ( a1, a2, …, an ) | a1 ∈ A1 ∧ a2 ∈ A2 ∧ ....∧ an ∈ An } Beispiele : 1.) Die Menge W = { 1, 2, 3, 4, 5, 6 } und die Menge F = { r, g, b } besitzen das kartesische Produkt W x F = { (1 ; r), (2 ; r), (3 ; r), ... ,(6 ; r), (1 ; g) , (2 ; g), (3 ; g), ... ,(6 ; g), (1 ; b) , (2 ; b), (3 ; b), ... ,(6 ; b) } mit der Mächtigkeit 18 in Zeichen | W x F | = 18 2.) Die Menge ℝ der reellen Zahlen besitzt die kartesischen Produkte ℝ 2 = ℝ xℝ = { (x;y) | x∈ℝ ∧ y∈ℝ } ℝ 3 = ℝ xℝ xℝ = { (x;y;z) | x∈ℝ ∧ y∈ℝ ∧ z∈ℝ } 1.2 Mengenlehre Grundlagen der Mathematik 6 Definition : Potenzmenge Die Potenzmenge P(A) einer Menge A ist die Menge aller Teilmengen von A. Sie enthält auch die leere Menge und die Menge A als Elemente. Beispiele : 1.) Die Menge L = { 0, 1 } besitzt die Potenzmenge P(L) = { {}, {0}, {1}, {0,1} } mit der Mächtigkeit 4. 2.) Die Menge X = { 'A' , 'E' , 'I' , 'O' , 'U' } aller Vokale besitzt als Potenzmenge P(X) = { {} , {'A'},{'E'} ,{'I'} ,{'O'}, {'U'}, {'A','E'},{'A','I'}, {'A','O'},{'A','U'},......,{'O','U'}, {'A','E','I'}, {'A','E','O'},{'A','E','U'},....,{'I','O','U'}, {'A','E','I','O'},{'A','E','I','U'},{'A','E','O','U'},{'A','I','O','U'},{'E','I','O','U'}, {'A','E','I','O','U'} } Es gibt 5 Mengen mit 1 bzw. 4 Elementen und10 Mengen mit 2 bzw. 3 Elementen. Somit besitzt die Potenzmenge P(X) die Mächtigkeit 32 3.) Die Menge ℝ der reellen Zahlen besitzt eine Potenzmenge P(ℝ ) unendlicher Mächtigkeit: Darin sind Mengen enthalten, die aus einem oder mehreren Punkten der Zahlengeraden bestehen, darüber hinaus alle Intervalle und deren Vereinigungen und Durchschnitte, etc.