BISMILLAHIR-RAHMANIR-RAHIM Mit dem Namen ALLAHs, Des Allgnade Erweisenden, Des Allgnädigen slamische eligionsgemeinschaft essen E-mail: Internet: [email protected] www.irh-info.de KUNDGEBUNG „FRIEDEN und GERECHTIGKEIT in GAZA und NAHOST“ Samstag, 26. Juli 2014 FRANKFURTER RÖMER Römerberg 23, 60313 Frankfurt am Main Bismil-lahir-rahmanir-rahim Mit dem Namen Allahs, des Allgnade Erweisenden, des Allgnädigen „Für jeden von euch haben WIR eine Gebotenlehre und eine Lebensweise bestimmt. Und wenn ALLAH gewollt hätte, hätte ER euch doch zu einer einzigen Gemeinde gemacht; jedoch ER prüft euch in alledem, was ER euch gegeben hat. So wetteifert um die guten Taten! Zu ALLAH werdet ihr allesamt zurückkehren; dann wird ER euch darüber kundgeben, worin ihr uneins zu sein pflegtet.“ (Sura: 5, Vers: 48) „Wer von euch etwas zu Verabscheuendes sieht, soll es mit seiner Hand verändern, und er dies nicht vermag, so soll er es mit seiner Zunge verändern, und wenn er (selbst) das nicht vermag, dann mit seinem Herzen, und dies ist das Mindeste am Glauben.“ (Muhammed,s.a.s.) Verehrte Hessinnen und Hessen, verehrte Frankfurterinnen und Frankfurter, liebe Geschwister und Freunde! Im Qur’an wird das Leben eines einzigen unschuldigen Menschen genauso wertvoll wie das Leben der gesamten Menschheit bezeichnet (Siehe Quran 5, 32). In der Sura 6, dem Vers 164 lautet weiterhin: „Keine verfehlende Seele trägt die Verfehlung einer anderen“ oder mit anderen Worten „Kein Mensch trägt die Last des anderen.“ Diese Grundsätze sind auch biblische Grundsätze. Nach diesem islamischen, auch dem jüdischen und christlichen Grundsatz, der auch universal gelten soll, darf kein Mensch wegen Verfehlungen, Taten und sogar Verbrechen der anderen Menschen, nicht mal seiner eigenen Familienangehörigen, bestraft und getötet werden. Wer das Leben von massenhaft unschuldigen Menschen durch Kriege, aber auch durch Terroranschläge und Selbstmordattentate verachtet und vernichtet, darf sich auf keinen Fall auf irgendeine religiöse oder ethische Grundlage berufen. Es gibt keinen „gerechten Krieg“, denn kein Grund und kein Zweck dürfen einen Krieg legitimieren, in dem Massenvernichtungswaffen, Bomben und Kampfflugzeuge eingesetzt werden und somit auch unschuldige und wehrlose Menschen, Zivilbevölkerung, Kinder, Frauen oder Alte massenhaft oder gezielt getötet werden. Auch „Kollateralschaden“ darf dies nicht rechtfertigen. 1/4 Und während wir als Muslime hier unseren Fastenmonat Ramadan – Gott sei Dank - in Frieden begehen, leiden Menschen in Gaza, Syrien, Irak, Ukraine und vielen weiteren Ländern der Welt auch während des Ramadans unter Gewalt, Krieg, Bomben und Raketen. Die Gewalt trifft alle, kennt keinen Unterschied zwischen Zivilisten und Kämpfern. Die israelische Regierung hat für die Entführung und Ermordung von drei israelischen Jugendlichen die Hamas verantwortlich gemacht und mit dieser Begründung eine unverhältnismäßige militärische Operation, erst Luftangriffe und dann Bodenoffensive, gegen Palästinenser gestartet. An dieser Stelle frage ich Sie, meine Damen und Herren: Was würde und sollte ein normaler demokratischer Rechtstaat in einem solchen Fall tun und wie sollte er darauf reagieren? Ein normaler demokratischer Rechtstaat hätte rechtstaatlich gehandelt: Er hätte die Täter ermittelt und vor Gericht gestellt. Dieser rechtstaatliche Grundsatz gilt aber für Israel heute wie seit Jahrzehnten nicht! Statt rechtstaatlich zu handeln verübt Israel Vergeltungs- und Racheaktionen gegen ein ganzes Volk. Und die „zivilisierte“ Menschheit schweigt! Wo bleiben denn unsere rechtstaatlichen Werte, für die wir von Europa aus in der übrigen Welt mit Stolz werben? Seit mehr als zwei Wochen bombardiert die israelische Armee ununterbrochen und ohne Rücksicht auf das Leben der Zivilbevölkerung den Gazastreifen. Nur zum richtigen Vergleich der Tatsachen: Seit dem Beginn der Vergeltungsoperation wurden auf der Seite der Palästinenser über 800 Menschen getötet und über 5000 Menschen verletzt; sowohl unter den Toten als auch unter den Verletzten sind zum überwiegenden Teil Kinder und Zivilisten. Dagegen sind auf der israelischen Seite ca. 35 israelische Soldaten, darunter 2-3 Zivilisten ums Leben gekommen. Die israelische Armee zerstört die Infrastrukturen und verwüstet viele Wohngebiete, Schulen, Moscheen, Krankenhäuser, sogar UNOEinrichtungen im Gazastreifen. Seit Beginn der Operation sind bisher von den israelischen Raketenangriffen laut UNO allein 75 Schulgebäude des Palästinenserhilfswerks der UNO (UNRWA) getroffen worden. Zuletzt wurde vorgestern eine dieser Schulen getroffen. Viele Menschen hatten in dem Gebäude Zuflucht vor den Angriffen aus Israel gesucht. Bei diesem Angriff wurden nun mindestens fünfzehn von diesen Menschen getötet und mehrere Menschen verletzt. Unter den Toten sind auch UNO-Mitarbeiter. Und wie reagiert die UNO darauf? Der UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon sei entsetzt, teilte ein Sprecher mit. Das war’s!!! Wofür wurde diese UNO nach dem II. Weltkrieg gegründet? Um internationalen Frieden und globale Sicherheit zu garantieren!? Um Kriege zu verhindern!? Um die Einhaltung des internationalen Völkerrecht zu sichern!? Was macht die UNO jetzt bei diesem Krieg? Sie beschuldigt und verurteilt ständig nur die palästinensische Seite. Sie verurteilt aber die israelische Regierung wegen ihrer eindeutigen Verletzung des Völkerrechts nicht. Wie begründet die israelische Regierung ihre Militäroperation? Mit „Selbstverteidigungsrecht!?“. Das Völkerrecht ist aber ganz klar: Das Recht auf Selbstverteidigung gibt keinem Land die unbeschränkte Freiheit, Zivilisten zu töten und einem anderen Volk eine kollektive Bestrafung aufzuerlegen. Israel verletzt und missachtet mit Anwendung unverhältnismäßig großer Gewalt und Tötung von Zivilisten eindeutig alle internationalen Rechte. Israel tritt das Völkerrecht mit Füßen! Wir sind es von Israel altgewohnt! Und was macht aber die „zivilisierte!“ Menschheit? Sie schweigt! Wenn sie spricht, dann bekundet sie nur ihre Solidarität mit Israel! Vor allem gilt meine Kritik hier für die US-Regierung und die Regierungen der EU-Länder einschließlich der Bundesregierung. Sie verurteilen nur die Raketenangriffe der Hamas auf Israel und bezeichnen aber die Vergeltungsangriffe und den Völkerrechtsbruch Israels als Selbstverteidigungsrecht. Keine einzige Kritik an den unverhältnismäßigen Vergeltungsangriffen der israelischen Armee. Nach diesen Tatsachen frage ich hier die US-Regierung, die EU-Regierungen und auch unsere Bundesregierung: Was für ein Verständnis zur Gerechtigkeit und zum Selbstverteidigungsrecht vertreten Sie? Vertreten Sie nur „das Recht des Stärkeren“? Nur zur Klarheit sage ich in aller Deutlichkeit: Das Recht des Stärkeren ist das größte Unrecht! Und dieses Unrecht darf nicht als Selbstverteidigungsrecht genannt werden! 2/4 Liebe Geschwister und Freunde, für mich und die Islamische Religionsgemeinschaft Hessen gilt der Gerechtigkeitsansatz des Qur’ans: Das Leben eines einzigen friedfertigen, wehrlosen und unschuldigen Menschen, unabhängig von seiner Herkunft oder seiner Religion, ob Palästinenser oder Israeli, ist genauso wertvoll wie das Leben der gesamten Menschheit. „Kein Mensch trägt die Last des anderen.“ Deshalb rufen wir als IRH hier, anders als die US-Regierung, die EU-Regierungen und unsere Bundesregierung sowohl die israelische Regierung als auch die Hamas auf, die Gewalt unverzüglich zu beenden. Wir rufen Israel auf, mit ihrer Gewaltpolitik aufzuhören. Wir rufen zugleich die Hamas auf, mit ihrem Raketenbeschuss auf israelische Städte aufzuhören. Auch die Hamas verletzt damit das Völkerrecht. Wir rufen die Israelis und Palästinenser auf, zum Verhandlungstisch zurückzukehren und endlich mal einen aufrichtigen Friedensprozess mit einer gerechten Lösung im Interesse von beiden Völkern, zu beginnen. Dieser Hass, diese Feindschaft, diese Gewalt und das ständige Töten müssen sofort ein Ende haben! Wie lange noch wollen und können die Israelis und Palästinenser unter diesen unmenschlichen Verhältnissen leben? Das ist doch kein Leben! Das kann doch nicht so weiter gehen! Deshalb rufen wir vor allem unsere Bundesregierung auf, sich ohne Parteinahme und ohne Einseitigkeit für einen gerechten Friedensprozess auf beiden Seiten, in der EU und UNO einzusetzen. Heute und hier will ich erneut unsere Grundsatzposition zur Grenze zwischen sachlicher Kritik an israelischer Politik und dem Antisemitismus klarstellen. Muslime leben erst nach dem II. Weltkrieg in relevanter Zahl in Deutschland. Gleichwohl teilen wir gemeinsam mit der überwiegenden Mehrheit der Muslime und ihrer Organisationen in Deutschland, die historische Verantwortung der deutschen Gesellschaft gegenüber Juden und dem Judentum in Deutschland und darüber hinaus. Muslime müssen diese historisch begründete und berechtigte Sensibilität in Deutschland anerkennen und verinnerlichen. In diesem Bereich gibt es nicht nur in den Reihen der Muslime ein defizitäres Verständnis. Dieses mangelnde Verständnis bei vielen Muslimen ist unseres Erachtens darin begründet, dass sie erst nach dem Holocaust nach Deutschland eingewandert sind. Jedoch müssen auch wir als neue Bürgerinnen und Bürger die gesellschaftlichen Gegebenheiten und Verantwortungen Deutschlands verstehen, achten und dementsprechend handeln. Muslime haben jedoch eine eigene Sensibilität und Verantwortung aufgrund ihrer religiösen, ethnischen, kulturellen oder historischen Verbundenheit mit Palästina und Jerusalem. Aufgrund der seit Jahren anhaltenden Besatzungs- und Besiedlungspolitik des Staates Israel und seiner völkerrechtswidrigen Angriffe auf Gaza gibt es neben der sachlich und berechtigten Kritik an israelischer Politik, auch eine große Empörung und emotional beladene Haltung vieler Muslime gegenüber dem Staat Israel. Diese Sensibilität der Muslime muss auch von der Mehrheitsgesellschaft angemessen wahrgenommen werden. Es gilt nun die schwierige Balance und die große Herausforderung dieser verschiedenen Sensibilitäten zu finden und die Grenze zwischen berechtigter und sachlicher Kritik an israelischer Politik und antisemitischen Tendenzen abzustecken. Der Antisemitismus ist ein Produkt der deutsch – europäischen Geschichte. Für den Islam und die islamische Geschichte ist der „Antisemitismus“ ein fremder Begriff. Sollte es unter Muslimen den Antisemitismus geben, so sollte es heißen, dass sie sich selber hassen, denn Juden und Araber gehören zu semitischen Völkern und Sprachfamilien. Sie haben den gleichen Stammvater „Abraham“, Friede sei mit ihm, und er ist für alle Muslime ein Vorbild im Glauben. Historisch ist es nachweisbar, dass Juden unter muslimischer Herrschaft die größte Freiheit und Entfaltung in Religion, Recht, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft und die Sicherheit in ihrem Leben, Eigentum und ihrer Würde genossen haben. Jerusalem in der Zeit des zweiten Kalifen Omar und des muslimischen Führers Salahaddin Ayyubi, Spanien unter muslimischer Herrschaft, das Osmanische Reich und viele andere auch in der Gegenwart sind Beispiele dafür. Die grausamen Folgen für Juden nach den muslimischen Herrschaften in den jeweiligen Gebieten sind aller Welt bekannt. Es waren wieder muslimische Länder, die sich in diesen grausamen Zeiten verfolgte Juden aufgenommen haben. Es ist unsachgemäß und ungerecht, Muslimen infolge der israelisch – palästinensischen Spannungen 3/4 leichtfertig Antisemitismus zu unterstellen. Muslime können und sollen trotz dieser Spannung und Belastung mit der jüdischen Gemeinschaft differenziert umgehen. Sonst würden sie dem Geist des Qur‘ans, der Sunna und der islamischen Geschichte widersprechen. „Sie sind nicht alle gleich. Unter den Leuten der Schrift (Juden und Christen) gibt es speziell unter frommen Juden eine Gemeinschaft, die andächtig im Gebet steht, zu gewissen Zeiten der Nacht die Verse Gottes verlesen und sich dabei niederwerfen. Sie glauben an Gott und den Jüngsten Tag, gebieten, was recht ist, verbieten, was verwerflich ist und wetteifern im Streben nach den guten Dingen. Diese gehören zu den Rechtschaffenen. Für das, was sie an Gutem tun, werden sie einst nicht Undank ernten. Und Gott weiß Bescheid über die, die Ihn fürchten.“ (Sura 3, Verse 113-115) „Oh, die ihr bereits den Glauben verinnerlicht habt, bleibt standhaft auf Allahs Weg und seid Zeugen für die Gerechtigkeit. Und die Abneigung gegen irgendeine Personengruppe soll euch nicht dazu verleiten, ungerecht zu handeln. Handelt gerecht, das ist der Gottesfurcht näher.“ (Sura 5, Vers 8) Die unbestreitbar historische Verantwortung gegenüber den Juden und dem Judentum darf die deutsche Gesellschaft und Politik nicht dazu verleiten, Israels unverhältnismäßige Gewaltpolitik zu ignorieren oder gar zu befürworten. In den letzten Tagen bekunden fast alle Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker sowie manche gesellschaftlichen Kreise ihre Solidarität mit Israel. Ich frage hier alle: Womit denn solidarisieren? Mit der unverhältnismäßigen Gewalt Israels? Mit Ermordung von Kindern und Zivilisten? Eine solche Solidarität ist eine Verunglimpfung von den getöteten Kindern und Zivilisten. Mit einer solchen Solidarität geben die Politiker bewusst oder nicht bewusst, gewollt oder nicht gewollt einen gefährlichen Appell an die Adresse der israelischen Regierung: „Weiter so!“ Seit Tagen verurteilen diese Politiker einerseits die gewalttätigen Ausschreitungen mancher chaotischen jungen Muslime nach der Pro-Palästina-Demonstration letzte Woche in Frankfurt. Zu recht! Aber andererseits erklären sie ihre Solidarität mit Gewaltpolitik eines Staates, nämlich Israels. Es ist doch paradox! Somit verlieren diese Politiker ihre Glaubwürdigkeit. Diese gewalttätigen Ausschreitungen dieser Chaoten dürfen eigentlich mit der tötenden Gewalt Israels nicht mal verglichen werden. Selbstverständlich müssen wir alle zusammen diese gewalttätigen Ausschreitungen nach der ProPalästina-Kundgebung in Frankfurt aufs Schärfste und eindeutig verurteilen. Wir können und dürfen die Gewalt auf unseren Straßen nicht tolerieren. Umso mehr und deutlicher müssen wir alle zusammen, meine Damen und Herren, zugleich die Gewaltpolitik der israelischen Regierung verurteilen können. Das erwarte ich von unseren Politikern. Sonst können wir weder hier in unserem Land noch in der Welt glaubwürdig und ehrlich wirken. Diese Parteinahme der deutschen Politiker für die israelische Gewaltpolitik dient nicht dem Frieden in unserem Land. Vielmehr kann eine solche Parteinahme insbesondere junge Muslime in unserem Land provozieren. Diese doppelmoralische Haltung dieser Politiker wird von den meisten Muslimen so wahrgenommen, als wäre das Leben von Palästinensern weniger wert. Deshalb rufe ich diese Politiker auf ihre Haltung zu überdenken. Eines muss ich hier anmerken: Wir als Muslime müssen an einer den hiesigen Verhältnissen und Sensibilitäten entsprechenden Demonstrationskultur weiter arbeiten. Diese gewalttätige Ausschreitung zeigt eindeutig die Notwendigkeit einer besseren Demonstrationskultur. Deshalb wollen wir als Islamische Religionsgemeinschaft Hessen und Palästinensische Gemeinde in Hessen mit euch und Ihnen allen zusammen hier auf dem Frankfurter Römer ein gutes Beispiel für eine friedliche Demonstrationskultur präsentieren. Dafür danken wir euch und Ihnen allen recht herzlich. Liebe Geschwister und Freunde! Morgen ist der letzte Tag des Fastenmonats Ramadan. Der Montag ist der erste Tag des Ramadanfestes. Während wir als Muslime hier unseren Fastenmonat Ramadan – Gott sei Dank - in Frieden begangen haben, haben Menschen im Nahen Osten auch während des Ramadans unter Gewalt, Krieg, Bomben und Raketen gelitten. Ich bete zu Allah/Gott dafür, dass diese Gewalt sofort endet, damit unsere Geschwister da ihr Ramadanfest endlich mal ohne Angst vor Bomben begehen können. Vor allem bete ich für Frieden, Versöhnung und Gerechtigkeit im Nahen Osten und der ganzen Welt. In diesem Sinne wünsche ich euch, meine muslimischen Geschwister, hier ein gesegnetes Ramadanfest. 4/4