Seite 1 von 5 I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l v o m 3 1 . 0 1 . 2 0 1 3 Herzrhythmusstörungen Unser Herz schlägt bis zu 100.000 Mal am Tag. Eine wahre Mammutaufgabe. Dabei kommt es hin und wieder aus dem Takt. Das ist bei körperlicher Anstrengung oder emotionaler Belastung durchaus normal. Es gibt jedoch Rhythmusstörungen, die dringend behandelt werden müssen. Herzrhythmusstörungen kann man mit der Fehlzündung eines Motors vergleichen. Die Reizleitung im Herzen ist gestört oder unterbrochen. Häufige Ursachen dafür sind Erkrankungen des Herzens wie ein vorangegangener Herzinfarkt, Klappenfehler oder eine Herzmuskelentzündung. Zudem sind Bluthochdruck, das Alter, Übergewicht, eine Schilddrüsenüberfunktion, Diabetes, Alkohol oder Medikamente Risikofaktoren für eine Herzrhythmusstörung. Man unterscheidet zwischen Bradykardie, dem zu langsamen Herzschlag und Tachykardie, dem zu schnellen Herzschlag. Bradykardie Bei einem Pulsschlag von unter 50 Schlägen pro Minute spricht man von einer Bradykardie. Das muss nicht zwangsläufig gefährlich sein. Ein gut trainiertes Sportlerherz schlägt langsamer als das eines Durchschnittsmenschen, weil es mehr Blut pumpen kann. Eine krankhafte Verlangsamung des Herzschlags dagegen führt zu Erschöpfung, Schwindel und kann Ohnmachten verursachen. Die Behandlung erfolgt durch einen Herzschrittmacher, der gezielt bestimmte Teile des Herzens antreibt. Tachykardie Herzrasen ohne äußeren Anlass kann gefährlich sein. Mit dem schnelleren Herzschlag sinkt die Pumpleistung. Das kann so weit gehen, dass eine oder beide Herzkammern nur noch rasend schnell vibrieren, dabei aber gar kein Blut mehr pumpen, was man als Kammerflimmern bezeichnet. Es droht der plötzliche Herztod. Kammerflimmern kann durch einen Defibrillator gestoppt werden. Auch beim Vorhofflimmern ist der Herzschlag zu schnell. Es ist nicht akut lebensbedrohlich, erhöht jedoch das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, weil sich durch das Flimmern Blutgerinnsel bilden können. Es wird mit Medikamenten oder einem Eingriff mit einem Herzkatheter behandelt. Gutartiges Herzjagen Herzrhythmusstörungen können glücklicherweise auch harmlos sein. Auch bei gesunden Menschen treten häufig Extraschläge außerhalb des normalen Herzrhythmus auf. Sie werden als Fehlzündung eines normalen Herzens angesehen. In vielen Fällen hilft dann schnelles Trinken eines Glases kalten Wasser und tiefes Ein- und Ausatmen. Zuvor ist jedoch eine gründliche Abklärung in jedem Fall notwendig. Ein Ruhe-, Belastungs- oder Langzeit-EKG gibt Aufschluss über die konkrete Ursache der Rhythmusstörungen. 1 Seite 2 von 5 Wie misst man seine Herzfrequenz richtig? Zunächst bleibt man fünf Minuten ruhig sitzen. Dann sucht man mit dem Zeigeund dem Mittelfinger an der Innenseite des Unterarms die Unterarmarterie. Der Puls wird 30 Sekunden lang gezählt. Anschließend wird das Ergebnis verdoppelt. Normal sind Werte zwischen 60 bis 100 Schlägen pro Minute. Stellen Sie Unregelmäßigkeiten fest, sollten Sie einen Arzt konsultieren. Expertentipps: Medikamentenwirkung und Naturheilmittel Apotheker Friedemann Schmidt: Auch Medikamente können das Herz aus dem Takt bringen Arzneimittel können als Nebenwirkung die Funktion des Herzens beeinflussen und den Herzrhythmus verändern. Da der Herzrhythmus von unserem vegetativen, also unwillkürlichen Nervensystem gesteuert wird, haben alle Arzneimittel darauf Einfluss, die eben dieses Nervensystem beeinflussen. In diesem vegetativen Nervensystem finden sich die körpereigenen Substanzen Noradrenalin und Acetylcholin als Neurotransmitter, also Stoffe, die Reize in diesem System übertragen und dadurch die Funktionen von Organen wie Herz, Lunge und Darm beeinflussen. Nun gibt es Arzneimittel, die als Verstärker oder als Hemmer dieser körpereigenen Substanzen eingesetzt werden. Diese sollen beispielsweise die Funktion von Bronchien und Lunge verbessern (Mittel gegen Asthma und chronische Bronchitis) oder sie werden zur Behandlung wie Morbus Parkinson eingesetzt. Zwar werden moderne Wirkstoffe auch daraufhin entwickelt, tatsächlich nur am Zielorgan zu wirken, aber durch die vielen Zusammenhänge im vegetativen Nervensystem kann es trotzdem dazu kommen, dass es Nebenwirkungen auf den Herzrhythmus gibt. Da die Reizleitung in unserem Nervensystem und eben auch am Herzen sehr stark von der Konzentration bestimmter Mineralien (Natrium, Kalium, Kalzium, Magnesium) abhängt, haben natürlich auch alle jene Wirkstoffe, die Veränderungen an diesen sogenannten "Elektrolyten" hervorrufen, mögliche Nebenwirkungen auf das Herz. Das können beispielsweise bestimmte Diuretika sein. Manchmal liegt die Ursache auch in der allgemein zellschädigenden Wirkung der Arzneistoffe, etwa bei Krebsmedikamenten, die den Herzrhythmus durcheinander bringen können. In vielen Fällen ist der Mechanismus der Nebenwirkung auf das Herz aber auch völlig ungeklärt, so zum Beispiel bei Medikamenten gegen Depressionen und Epilepsie. Lesen Sie genau den Beipackzettel, wenn Sie solche Zusammenhänge vermuten und sprechen Sie Ihren Arzt darauf an. Glücklicherweise klingen durch Medikamente hervorgerufene Herzrhythmusstörungen nach Absetzen meist schnell wieder ab. Naturärztin Dr. Anke Görgner: Lavendelauflage beruhigt das Herz Herzrhythmusstörungen gehören immer zunächst einmal in die Hand eines Arztes. Sind organische Ursachen ausgeschlossen, kann der gezielte Einsatz von naturheilkundlichen Methoden die Beschwerden lindern. Zur Entspannung und Kräftigung des HerzKreislauf-Systems hat sich eine Lavendelauflage bewährt. Sie wirkt beruhigend auf das Zentralnervensystem und ist zur Behandlung von Herzkrankheiten geeignet, deren Ursache oft in einer Überlastung und in mangelnder Erholung liegt. Hauptwirkstoff der Lavendelblüten ist deren stark duftendes ätherisches Öl. Da es durch das reine Öl zu Hautreizungen kommen kann, sollte eine Mischung mit Jojoba oder Mandelöl verwendet werden. Das Öl dafür im Verhältnis 1:10, also beispielsweise 100 ml Mandelöl 2 Seite 3 von 5 und 10 ml Lavendelöl mischen. Darin ein Mullkompresse tränken und auf die Herzgegend legen. Die Kompresse sollte etwa eine Stunde auf dem Körper verbleiben. Am besten ist es, sie während der Mittagsschlafzeit oder vor dem Einschlafen aufzulegen. Taktgeber Kalium und Magnesium Kalium und Magnesium sind wichtige Mineralien für das Herz. Sie sind für die Bildung der elektrischen Impulse und deren Weiterleitung von Zelle zu Zelle von Bedeutung. Ein Mangel an den beiden Mineralstoffen kann die Neigung zu Herzrhythmusstörungen erhöhen. Menschen mit Nierenstörungen und Durchfallerkrankungen, sowie Patienten, die Entwässerungsmittel oder ACE-Hemmer einnehmen, sind anfälliger für einen Kalium- und Magnesiummangel. Es ist sinnvoll, bei einer Herzrhythmusstörung seine Kalium- und Magnesiumwerte bestimmen zu lassen. Von der vorbeugenden Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ohne vorherige Bestimmung der Werte ist abzuraten. Gegen eine kalium- und magnesiumreiche Ernährung spricht allerdings nichts. Gute Kaliumlieferanten sind Bananen, Trockenobst, Kartoffeln und Fenchel. Viel Magnesium ist in Hülsenfrüchten, Getreide und Nüssen enthalten. Selten: Tumor im Herzen Ein Tumor im Herzen? Gerhard S. konnte nicht glauben, was die Ärzte ihm da sagten. Dabei wollte er doch nur mal so das Angebot einer Vorsorgeuntersuchung zum Tag der offenen Tür in der Helios Klinik Schkeuditz nutzen. Bei der Ultraschalluntersuchung fanden die Ärzte einen vier Zentimeter großen Tumor im Herzen. Schon eine Woche später wurde er im Herzzentrum Leipzig operiert. Tumore im Herzen sind sehr selten, aber sie kommen vor. Sie haben ihren Ursprung im Herzgewebe und beginnen aus unbekannter Ursache zu wuchern. Der Großteil der Tumore im Herzen ist gutartig. Dennoch müssen die so genannten Myxome entfernt werden, da sie schwammartig wachsen und zu Herzrhythmusstörungen, Klappenverengungen, bis hin zum Schlaganfall und plötzlichen Herztod führen können. Entdeckt werden diese Tumore meist, wie bei Gerhard S., bei der HerzUltraschall-Untersuchung. Wieder genesen schrieb der Colditzer einen Brief an "Hauptsache gesund": "Ich möchte allen Menschen raten, die angebotenen Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen. Dadurch wurde mir quasi das Leben gerettet und ich bin dem Klinikum Schkeuditz ewig dankbar." Behandlungsmethoden Der Einsatz von Medikamenten Die beste Strategie gegen Herzrhythmusstörungen ist zunächst die Ausschaltung von Faktoren, die Herzrhythmusstörungen begünstigen, also die Behandlung der Grundkrankheit, die die Herzrhythmusstörung verursacht. Zudem hängt die Behandlung davon ab, um welche Art von Herzrhythmusstörung es sich handelt. Medikamente sorgen dafür, dass die Herzrhythmusstörungen seltener auftreten bzw. ganz unterdrückt werden. Dafür stehen viele verschiedene Mittel zur Verfügung. Das eine kann bei dem einen Patienten wunderbar funktionieren, bei dem anderen aber genau das Gegenteil hervorrufen. Mitunter erfordert es etwas Geduld, das optimale Medikament und die optimale Dosierung für den einzelnen Patienten zu finden. Zudem haben einige Rhythmusmedikamente den Nachteil, dass sie selbst Rhythmusprobleme verursa3 Seite 4 von 5 chen. Sprechen Sie mit ihrem Arzt darüber, es gibt heute zahlreiche Alternativen. Bei der Behandlung von Vorhofflimmern sind in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt worden. Ein solcher ist beispielsweise die "Pill in the pocket"-Therapie, was in etwa heißt: "die Notfalltablette in der Tasche". Sie kommt in Frage für Patienten, bei denen das Vorhofflimmern weniger als drei Mal im Monat auftritt und keine schwerwiegenden Herzerkrankungen bestehen. Der Vorteil: Dem Patienten bleibt die Einnahme über viele Monate, in denen er das Medikament nicht benötigt, erspart. Dadurch müssen erheblich weniger Tabletten eingenommen werden, was die Nebenwirkungen deutlich reduziert. Im Fall des Falles wird dann einmalig eine höhere Tablettenanzahl eingenommen. Dies sollte jedoch zunächst unter Aufsicht eines Kardiologen getestet werden. Mit der Einnahme der Rhythmuspille lässt sich der normale, regelmäßige Rhythmus meist innerhalb von ein bis zwei Stunden wiederherstellen. Hilfe bei zu schnellem Herzschlag: Die Katheterablation Herzrhythmusstörungen, bei denen das Herz zu schnell schlägt, wie beim Vorhofflimmern, lassen sich durch einen operativen Eingriff dauerhaft beseitigen. Dabei wird Herzgewebe verödet. Da eine mögliche Ursache für Unregelmäßigkeiten des Herzschlages sozusagen ein Kurzschluss im elektrischen Leitungssystem des Herzens ist, lassen sie sich beheben, indem man diese Leitung kappt. Dazu wird über die Leiste ein Katheter zum Herzen geschoben. Je nach Form der Herzrhythmusstörungen wird der Katheder an ganz unterschiedlichen Positionen platziert - im rechten oder linken Vorhof, in der rechten oder linken Herzkammer. Nach dem Auffinden des Ursprungs der Rhythmusstörungen schließt sich die Verschorfungsbehandlung an. Mit Hochfrequenzstrom werden dann Punkt für Punkt Herzmuskelzellen verödet, so dass eine Isolationslinie entsteht. Diese unterbricht die Ausbreitung von störenden elektrischen Impulsen. Das Vorhofflimmern wird dauerhaft beseitigt. Eine Katheterablation sollte immer dann in Betracht kommen, wenn trotz medikamentöser Behandlung nach wie vor ein Vorhofflimmern auftritt, das auch zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität führt. Man sollte sich in ein spezialisiertes Herzzentrum begeben, da die Behandlung viel Erfahrung voraussetzt. Zum Teil ist auch eine Wiederholung der Katheterablation nötig. Der Eingriff dauert etwa zwei bis drei Stunden. Es ist ein Krankenhausaufenthalt von drei bis fünf Tagen nötig. Hilfe bei zu langsamen Herzschlag: Herzschrittmacher Wenn das Herz zu langsam schlägt oder gefährlich lange Pausen auftreten, muss bei Herzrhythmusstörungen über das Einsetzen eines Schrittmachers nachgedacht werden. Nach Angaben des Bundesverbandes Medizintechnologie erhalten jedes Jahr rund 100.000 Deutsche einen Schrittmacher. Das Gerät wird unterhalb des Schlüsselbeins unter die Haut eingepflanzt. Das Schrittmachersystem besteht aus einem Aggregat und einer oder mehreren Sonden. Die Elektrode an der Sondenspitze hat die Aufgabe die elektrischen Impulse von dem Aggregat zum Herzen zu leiten. Zugleich nimmt die Sonde die elektrischen Signale vom Herzen auf und leitet sie an das Aggregat weiter. Ein Schrittmacher gibt nur einen Impuls ab, wenn es wirklich nötig ist, also wenn das Herz zu langsam schlägt. Der Arzt kann den Schrittmacher von außen programmie4 Seite 5 von 5 ren und genau auf die Bedürfnisse des Patienten einstellen. Moderne Schrittmacher haben zudem diagnostische Speicher, mit denen sie den Herzrhythmus aufzeichnen können. Das Einsetzen eines Herzschrittmachers ist heute eine Routineoperation, die etwa eine Stunde dauert. Moderne Systeme haben eine Laufzeit von etwa sieben bis zehn Jahren. Das war vor 55 Jahren noch ganz anders. 1958 wurde dem 43-jährigen Schweden Arne Larsson der erste Schrittmacher überhaupt eingepflanzt. Er musste schon nach wenigen Stunden ausgetauscht werden. Einige elektronische Bauteile für Schaltung und Batterie waren in Kunstharz eingegossen worden, wofür eine leere Schuhcremdose als Form diente. Was anfangs als Notlösung für einen schwer kranken Patienten gedacht war, hat sich seitdem als weltweiter Lebensretter entwickelt. Davon profitierte auch Arne Larsson. Er bekam in seinem Leben noch 23 weitere Herzschrittmacher eingesetzt und starb im hohen Alter von 86 Jahren. Störungen ausgerechnet dort vermehrt auftreten. Für die Familien bedeutet es neben der persönlichen Tragödie meist auch den Verlust des Familienoberhauptes und Verdieners. Der Verein "Herzschrittmacher für Ostafrika e.V." ist eine Privatinitiative und ein gemeinnütziger Verein mit dem Ziel, genau solchen herzkranken Menschen in Afrika zu helfen. Geleitet wird die Initiative unter anderem von Dr. Sergio Richter, Oberarzt am Herzzentrum Leipzig. Er ist gerade von einer Arbeitsreise aus Kenia zurück gekehrt. "Ärzte vor Ort haben schon das ganze Jahr über nach geeigneten Patienten für unser Projekt gesucht. Wir haben in drei Teams operiert, konnten rund 60 Schrittmacher einsetzen." Insgesamt wurde durch die Initiative bereits bei rund 150 Menschen das Herz wieder in den richtigen Rhythmus gebracht. Die Patienten wären sonst an langsam zunehmender Luftnot gestorben. Wer nach weiteren Informationen sucht oder das Projekt unterstützen möchte, findet mehr dazu im Internet unter www.herzschrittmacher-fuerostafrika.de. Herzschrittmacher und Defibrillator: Wo liegt der Unterschied? Beide Geräte sind Stimulatoren, die dem Patienten in die Brust implantiert werden. Sie dienen jedoch unterschiedlichen Zwecken. Ein Herzschrittmacher gibt Impulse ab, wenn das Herz eines Patienten zu langsam schlägt. Der Defibrillator macht genau das Gegenteil. Er unterbricht durch die Abgabe eines Stromstoßes zu schnellen Herzschlag. Herzschrittmacher für Afrika Das Einsetzen eines Herzschrittmachers ist hierzulande eine Routineoperation. Ganz anders in Kenia: Ärzte, die Herz-Operationen durchführen können, sind in dort knapp. Material und technische Ausrüstung erst recht. Dazu kommt, dass Herzrhythmus5