Geisteswissenschaft Matti Ostrowski Der Gottesbeweis der Bewegung des Thomas von Aquin Thomas´ erster von fünf Gottesbeweisen Studienarbeit Inhaltsangabe 1. Einleitung…………………………………………………………………………. 1 2. Einwände gegen den ontologischen Gottesbeweis des Anselm von Canterbury… 1 2.1. Notwendigkeit eines Gottesbeweises…………………………………………….. 2 2.2. Die induktive Beweisführung…………………………………………………….. 3 3. Der Gottesbeweis der Bewegung bei Thomas von Aquin 3.1. Die Grundstruktur des Beweises…………………………………………………. 4 3.2. Die Beweise der kritischen Sätze………………………………………………… 6 3.2.1. Beweis des Kausalsatzes „Alles Bewegte, ist von einem anderen bewegt“……… 6 3.2.2. Beweis des Satzes „In Bewegenden und Bewegten kann man nicht ins Unendliche fortschreiten“………………………………………………………… 10 4. Kritik und Erwiderung………………………………………………………….... 11 5. Zusammenfassung………………………………………………………………... 15 Literaturangaben………………………………………………………………………….. 16 1. Einleitung Gibt es Gott? Und wenn ja, wie können wir uns dessen sicher sein? Kann man die Existenz Gottes beweisen? Diese Fragen hat sich wohl ein jeder von uns mit Sicherheit schon einmal gestellt. Eine Antwort darauf fällt nicht leicht – ist Gott doch oft nur ein Begriff, über dessen Vorstellung, Deutung und Interpretation die Meinungen schon seit Jahrtausenden auseinander gehen. Bereits in der Antike gab es Versuche (so zum Beispiel durch Aristoteles) die Existenz eines ersten Bewegers nachzuweisen, die sich im Mittelalter zu Versuchen eines ontologischen Gottesbeweises ausweiteten (Anselm von Canterbury). Diesen Beweisen steht die Haltung der Kirche entgegen, die einen Beweis Gottes für nicht nötig hält, da dieser bereits an sich evident sei. Der mittelalterliche Philosoph und Theologe Thomas von Aquin (1225-1274) hat sich mit den bis dato vorhandenen Versuchen der Beweis Gottes´ Existenz genauso wenig zufrieden gegeben wie mit jener offiziellen Haltung der Kirche. Anhand seiner fünf Wege (quinque viae) hat er versucht die Existenz Gottes zu beweisen, ohne dessen Existenz von vornherein anzunehmen. Dabei spielt sein erster Beweis, nämlich der Beweis Gottes Existenz durch die Bewegung (kinesiologischer Gottesbeweis) eine tragende Rolle. Bei all seinen in der Summa contra gentiles1 folgenden Ausführungen über das Vorhandensein Gottes beruft er sich auf jene Ausführungen und - in seinen Augen - Beweise, die er im Zuge des ersten Weges erbringt. Da diese nicht immer auf den ersten Blick logisch und nachvollziehbar erscheinen, soll aus diesem Grund in dieser Arbeit der Beweisgang des ersten Weges auf seine logische Grundstruktur und Schlüssigkeit hin untersucht werden. Dabei soll sowohl auf die einzelnen Sätze, Annahmen und Ausführungen eingegangen werden, als auch auf mögliche Einwände und Kritik. 2. Einwände gegen den ontologischen Gottesbeweis des Anselm von Canterbury Bereits vor Thomas von Aquin haben Philosophen und Theologen verschiedene Anstrengungen unternommen, um die Existenz Gottes zu belegen. Thomas kritisiert die meisten dieser Gottesbeweise und versucht sie mit seinen Einwänden zu relativieren oder zu widerlegen. So zum Beispiel auch den des Anselm von Canterbury (1033-1109). Dieser stützt sich vor allem auf die Argumentation, (1.) dass ein Wesen von dem man denken kann, dass es nicht existiert, kleiner ist als ein Wesen von dem man das nicht denken kann. Da die Nichtexistenz Gottes undenkbar ist 1 Aquino, Th. v., Summa contra gentiles, übers. v. Albert, K. (u.a.), 4 Bde., Bd. 1: Summa contra gentiles/Bd. 1. Buch I, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2001. 1 (Evidenz Gottes), muss er existieren. Weiterhin, so eine andere Prämisse Anselms, ist Gott (2.) per Definition das Wesen, über das hinausgehend man nichts Größeres denken kann2. Da auch das größte Wesen in unserem Verstand kleiner sein muss, als das größte Wesen, das sowohl im Verstand, als auch in der Wirklichkeit existiert, muss demnach auch Gott in Wirklichkeit existieren. Thomas wendet sich gegen diese Beweisführung, da sie seiner Meinung nach nicht schlüssig ist. Aufgrund unseres in dieser Hinsicht beschränkten Verstandes sei es nämlich möglich und zunächst nicht offenkundig widersprüchlich, Gott als nicht existent zu denken. Die von Anselm hervorgebrachte Behauptung, Gottes Existenz sei evident (1.) und somit nicht begründungspflichtig sei, so Thomas, daher zumindest für uns falsch3. Hierdurch würde eine von Anselms Hauptprämissen wegfallen und gemäß der Logik auch die Schlussfolgerung, die hieraus gezogen wurde. Ähnlich sei es möglich Gott nicht als das größte gedachte Wesen zu denken, was für das (2.) Argument problematisch werden kann. Und auch wenn man die Definition anerkennt, so besage sie lediglich, dass Gott dasjenige Wesen sei, im Vergleich dessen der Verstand nichts Größeres denken kann. Über die Existenz Gottes in der Wirklichkeit sei dadurch allerdings noch kein Beweis erbracht, da man den begrifflichen Gehalt eines Wortes und die Sache auf derselben Ebene ansetzen müsste4. 2.1. Notwendigkeit eines Gottesbeweises Als Theologe lehnt er daher derartige deduktive Gottesbeweise ab. Dennoch hält er einen philosophischen Gottesbeweis für nötig und dies hauptsächlich aus zwei Gründen. Zum einen um der Haltung, dass ein Gottesbeweis grundsätzlich nicht nötig ist, da Gott an sich evident ist (was die Haltung der Kirche zu diesem Thema bis heute widerspiegelt) entgegenzutreten. Einen Heiden, so Thomas Einstellung, würde diese Argumentation wohl kaum überzeugen. Und zum anderen um der Vorstellung zu widersprechen, dass die Menschen unfähig seien einen Beweis für die Existenz Gottes zu erbringen, da man letztlich immer in irgendeiner Hinsicht unzulänglich bleiben würde5. Daher legt er in Kapitel 13 der summa contra gentiles einen eigenen Gottesbeweis vor. Nicht weil er etwa selbst zweifelt, dass es einen Gott gibt, sondern zum einen um die genannten Bedenken aus dem Weg zu räumen und zum anderen um Zweifler mit einer lückenlosen Beweisführung, die eben nicht voraussetzt, dass es einen Gott gibt, zu überzeugen. Der Name seines Werkes „Summe gegen die Heiden“ ist hier gewissermaßen Programm. 2 Diese Definition anerkennt Thomas von Aquin, ist aber der Meinung, dass die von Anselm daraufhin aufgestellten Prämissen und gezogenen Folgerungen unschlüssig bleiben. 3 Denn es ist nicht für jeden sofort und unmittelbar einleuchtend, dass Gott „ist“, vgl. Schönberger, R., Thomas von Aquins >Summa contra gentiles<, Darmstadt 2001, S.30f. 4 Zur ausführlichen Widerlegung des Gottesbeweises des Anselm von Canterbury: Siehe ScG I 10f. 5 Schönberger, Thomas von Aquins >Summa contra gentiles<, S.29. 2