Die chronische Hepatitis C

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Neue Möglichkeiten für die Behandlungspraxis
Die chronische Hepatitis C
Hepatitis-C-Virus-Infektionen (HCV) betreffen rund 170 Mil­
lionen Menschen weltweit. In der Schweiz werden 70 000 Infektionen vermutet. 20% bis 25% konnten das Virus spontan
eliminieren; alle anderen haben eine chronische Hepatitis C
(CHC) entwickelt. Die meisten Fälle von CHC haben sich vor
mehr als 20 Jahren angesteckt. Bei einem Teil schreitet zurzeit die Leberfibrose voran. Höhergradige Leberzirrhosen und
Leberkarzinome werden zu erheblichen Belastungen des Gesundheitssystems und zu Todesfällen führen. Neue Medikamente erweitern die Behandlungsoptionen zurzeit in rascher
Folge. Strukturelle und gesellschaftspolitische Faktoren limitieren die erfolgreiche Kontrolle dieser Epidemie aber auch
hierzulande mehr als die bis jetzt limitierten Behandlungs­
optionen und Behandlungserfolge.
D
er Hepatitis C Virus (HCV) ist ein RNA-Virus. Der Mensch kann
von den Genotypen 1 bis 6 befallen werden; am häufigsten ist in
Europa GT1, gefolgt von GT3, GT4 und GT2. GT5 und GT6 sind hier
selten (1, 2). Infektionen geschehen durch Kontaminationen beim illegalen Injektionsdrogenkonsum (IDU) und durch Analverkehr. Bei
Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), wird in europäischen
Metropolen, aber auch in Schweizer Städten zurzeit eine regelrechte
kleine Epidemie beobachtet. Vertikale HCV-Übertragungen von infizierten Müttern auf ihre Kinder bei der Geburt, Infektionen durch
medizinische Blutprodukte oder Unfälle mit kontaminierten medizinischen Instrumenten sind hierzulande selten.
Die meisten Menschen mit chronischer Hepatitis C (CHC) sind
nicht über ihre potenziell tödliche chronische Krankheit orien­tiert und
haben bisher keine Behandlungschance erhalten (3–6). Obwohl IDU
hierzulande die häufigste Ursache einer HCV-Infektion und von CHC
darstellt, sind in dieser am schwersten betroffenen Population höchstens 7% bis 8% behandelt worden (7–10). In der Schweiz gibt es keine
offizielle Strategie gegen die drohenden Probleme bei der Entwicklung
von CHC. Die US-Gesundheitsbehörde CDC empfiehlt, alle zwischen
1945 und 1965 geborenen Personen auf HCV-Infektion zu testen .
Bei jeder Person mit Verdacht auf oder nachgewiesener CHC
muss eine vollständige Abklärung gemacht werden, welche eine Behandlungsentscheidung ermöglicht. Hierzu gehört der Nachweis
Tab. 1
Tests und ihre Bedeutung bei Hepatitis C
Test
Bedeutung
Transaminasen keine
oft normal
anti-HCV-AK
20–25% entwickeln
keine CHC
75–80%
Infektion
HCV-RNA PCR Chronizität
HCV-Genotyp
Leberbiopsie
Therapieerfolg mit pegIFN GT1<GT4<GT3<GT2
(50–85%)
Staging der Leberzirrhose
Fibroscan
Verlaufsbeobachtung der Fibroseprogression (jährlich)
Dr. med. André Seidenberg
Zürich
einer stattgehabten Infektion mittels HCV-Antikörper. Transaminasen sind kaum aussagekräftig. Das Fortbestehen und die Chronizität der Infektion zeigen sich in rund drei Vierteln der Fälle
aufgrund von positivem HCV-RNA. Die Viruslast und vor allem
die Bestimmung des HCV-Genotyps sind minimale weitere Informationen, um über die Behandlungsindikation zu entscheiden. Mit
Leberbiopsien kann das Ausmass des Leberschadens am genauesten beurteilt werden. Wenn keine Behandlung geplant wird, muss
der Beginn der exponentiell zunehmenden Fibrosierung erkannt
werden. Mit ein- bis zwei-jährlichen Fibroscanmessungen können der Verlauf der Steifheit des Lebergewebes erfasst und der Zeitpunkt der Behandlungsnotwendigkeit kaum verpasst werden.
Symptome und Verlauf
Nur 20% bis 25% der infizierten erwachsenen Menschen eliminieren
das Virus spontan im ersten halben Jahr nach der Infektion. Die grosse
Mehrheit entwickelt eine CHC. Die HCV-Infektion hinterlässt meist
lebenslang nachweisbare, HCV-Hüllprotein spezifische Antikörper.
Die chronisch fortbestehende Erkrankung CHC wird im Serum mit
PCR der HCV-spezifischen RNA nachgewiesen. Die Spontanheilungsraten der verschiedenen Genotypen sind kaum unterschiedlich.
Eine akute Hepatitis verläuft meist symptomarm oder symptomlos und bleibt unentdeckt. Wenn eine HCV-Serokonversion
beobachtet wird oder durch andere Umstände eine frische HCVInfektion vermutet wird, muss der Verlauf der Viruskonzentration
(HCV-RNA) im Monatsabstand monitorisiert werden. Falls keine
Spontanheilung erkannt wird und sich der Verdacht einer frischen
Infektion erhärtet, kann eine frühe Behandlung empfohlen werden. Die frühe Behandlung der akuten Hepatitis C mit Interferon
kann meist kürzer und einfacher durchgeführt werden als im chronischen Stadium und verhindert fast immer eine CHC.
Die chronische Hepatitis C verläuft meist jahrzehntelang symptomarm. Die Transaminasen sind oft nicht erhöht. Oft spüren Patienten eine allgemeine leichte Schwäche und ein Malaise; das HCV
befällt nicht nur Hepatozyten, sondern verursacht eine systemische
Krankheit und ist insbesondere auch neurotrop. Nicht selten sind
unspezifische trockene Hautprobleme, weniger häufig die mit einer
Purpura einhergehende, kryoglobulinämische Vasculitis und Gelenkprobleme.
20 Jahre nach der Infektion mit HCV entwickeln 10% bis 20%
eine Leberzirrhose. Die Progression der Leberkrankheit wird durch
Alkohol, Cannabiskonsum, HIV, männliches Geschlecht und höheres Alter bei der Ansteckung begünstigt. Genetische Faktoren des
menschlichen Wirtes begünstigen die Entwicklung einer CHC. Für
_ 2013 _ der informierte arzt
1811 medizin forum
IL28B-Allele (12), welche die Expression von Interferon-g steuern,
und für menschliche Leukozytenantigen-Varianten HLA-E (13)
konnte zudem ein prognostischer Wert bezüglich des Behandlungserfolges mit Interferon nachgewiesen werden.
Pegyliertes Interferon und Ribavirin
Seit Beginn des Jahrhunderts wurden zunehmend erfolgreiche
Möglichkeiten zur Heilung dieser chronischen Infektionskrankheit in die Praxis aufgenommen. Die Kombination von pegyliertem
Interferon-α (pegIFN) und Ribavirin (RBV) ist zur Standardbehandlung geworden (14,15).
Wegen unangenehmer und sogar gefährlicher Nebenwirkungen
verlangt diese Kombinationsbehandlung von Patienten und Therapeuten sehr viel. Zweimal täglich muss der Patient 2 bis 3 Tabletten RBV (Copegus®, Rebetol®) einnehmen, und pegIFN (Pegasys®,
Roferon®) muss wöchentlich subkutan gespritzt werden. Vor allem
hämatologische Nebenwirkungen machen zumindest in den ersten
Behandlungswochen wöchentliche Blutuntersuchungen notwendig.
Meistens verursachen nur die ersten wöchentlichen Interferon­
injektionen grippale Beschwerden. Vor allem bei körperlich stark
beanspruchenden Berufen kann daraus schon einmal eine länger
dauernde Arbeitsunfähigkeit erwachsen. Interferon kann nach einigen Behandlungswochen zu schwersten Depressionen führen; typischerweise sehen wir dabei aggressive Schübe. Suizide sind die
häufigste fatale Komplikation der Interferonbehandlung. Die bekannteste Nebenwirkung von Interferon ist die aplastische Panzytopenie. Wegen der nicht so seltenen Neutropenie und selten wegen
Thrombopenie muss die Wochendosis manchmal reduziert werden; Behandlungsabbrüche sind dagegen selten notwendig. RBV
verursacht meistens eine Verminderung des Hämoglobins und
kann selten eine rasch gefährliche hämolytische Anämie auslösen.
RBV-bedingte Anämien können mit Erythropoetin Injek­
tionen
(Epo) kompensiert, und zumindest beim GT1 kann die CHC erfolgreich zu Ende behandelt werden; bei anderen Genotypen ist der
Nutzen von Epo nicht eindeutig bewiesen (16). Wird die Behandlung erst bei klinisch manifester Leberzirrhose gestartet, sind Komplikationen häufiger und gelegentlich fatal.
Die Standardbehandlung mit pegIFN + RBV führt in den meisten Fällen zur Heilung. Die Genotypen 2 und 3 müssen maximal
ein halbes Jahr lang mit pegIFN+RBV behandelt werden und können in 70% bis 80% der Fälle abgeheilt werden. Genotypen 1 und
4 haben eine maximale Behandlungsdauer von einem Jahr, und
der Behandlungserfolg ist durchschnittlich deutlich geringer, aber
in den meisten Studien über 50%. Oft kann die Behandlungsdauer
aufgrund von HCV-Konzentrationsmessungen im Serum nach einem und drei Monaten verkürzt werden: bei GT3 und GT2 auf 12
Wochen bzw. bei GT1 und GT4 auf 24 Wochen. Die CHC gilt als
abgeheilt, wenn ein halbes Jahr nach Behandlungsende keine HCVRNA mit PCR mehr im Serum nachgewiesen werden kann (SVR =
sustained viral response).
Chancen und Belastungen der Behandlung
Bei einer HIV-HCV-Koinfektion progrediert die Leberkrankheit
besonders schnell und häufig. Die Behandlung mit pegIFN+RBV
dauert meist länger, das Behandlungsschema muss mit einer antiretroviralen Therapie kombiniert werden, und die Standardbehandlung ist bezüglich HCV-Elimination bei HIV-infizierten Menschen
weniger oft erfolgreich.
der informierte arzt _ 11 _ 2013
Tab. 2
Auswahl von Substanzen gegen Hepatitis C
Wirtsspezifische Wirkstoffe
Interferon-α (pegIFN, Pegasys®, Roferon®)
Myelosuppression,
Depression
Ribavirin (RBV, Copegus®, Rebetol®)
Hämolytische
Anämie
Cyclophilin A Inhibitoren
Cyclosporin A,
Alisporivir
Immunsuppression,
Pankreatitis
micro-RNA
Miravirsen (miR122)
Phase II
Mariendistelpräparat
Sibilinin (Legalon®) i.v.
Phase II
HCV-spezifische Wirkstoffe (DAA: Direct Acting Antivirals)
Boceprevir (Victrelis®)
Panzytopenie,
Dysgeusie
Telaprevir (Incivo®)
Anämie,
Hautausschläge,
Analbeschwerden
Proteaseinhibitor NS3/4A
Simeprevir (TMC435)
Faldaprevir
Asunaprevir
Phase III
Polymeraseinhibitor NS5B
Sofosbuvir
Phase III,
Zulassg. beantragt
NS5A-Hemmer
Daclatasvir
Phase III
Proteaseinhibitor NS3/4A
Fortgesetzter IDU, Alkoholexzess und psychiatrische Erkrankungen sind keine grundsätzlichen Behandlungshindernisse (18–
20). Die glaubwürdige Bereitschaft für eine wöchentliche Kontrolle
und Motivation für die monatelange, belastende Behandlung sind
dagegen zwingende Erfordernisse für den Behandlungsbeginn. In
unserer Praxis (21) verbinden wir Laborkontrollen und Behandlung der CHC oft mit der wöchentlichen Methadonabgabe. Meist
starten wir prophylaktisch eine zusätzliche antidepressive Medikation einige Wochen vor Beginn mit pegIFN + RBV.
Auch in einem Grundversorgersetting kann die Behandlung trotz
der geschilderten Schwierigkeiten fast immer ohne schwerwiegende Komplikationen abgeschlossen werden (22). Die Elimination des
HCV verhindert die Progression der CHC und ist kosteneffektiv (23).
Neue Behandlungsoptionen
Trotz teilweise spektakulärer Verbesserungen des Behandlungserfolgs
ist noch nicht absehbar, ob alle Fälle von CHC geheilt werden können.
Eine Vereinfachung der meisten Behandlungen zeichnet sich jedoch
ab (24–26). Besser verträgliche, einfacher einzunehmende, direkt wirkende Medikamente und Kombinationen sowie Interferon- und/oder
Ribavirin-freie Behandlungsregimes rücken in Sichtweite (27).
Auf wirtsspezifische Faktoren wirken nicht nur die altbekannten pegIFN und RBV, sondern auch einige vielversprechende
Substanzen wie die micro-RNA-Miravirsen (miR122) (28), Cyclophilin-A-Inhibitoren wie Ciclosporin A und neue weniger immunsuppressiv wirkende Ciclosporin-A-Abkömmlinge wie Alisporivir.
In Zürich wird zurzeit im Rahmen einer Studie auch das altbekannte Mariendistelpräparat Silibinin (Legalon®) als 14-tägige Injektionskur mit verblüffenden Erfolgen bei HIV-HCV koinfizierten
Patienten erprobt.
NS-Proteine des Virus: HCV ist ein RNA-Virus, dessen Polyprotein durch Proteasen in 10 verschiedene Peptide oder Proteine
zurechtgeschneidert wird. Gegen die beiden strukturellen Hüllproteine E1 und E2 werden Antikörper gebildet, welche keine Immunität erzeugen. Einige neue Medikamente wirken aber direkt
gegen die nicht strukturbildenden NS-Proteine des Virus. Ak­tuell
19
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werden mindestens vier Klassen erprobt: die auf die Virusprotease NS3/4A gerichteten Proteaseinhibitoren, die NS5A-Hemmer
und die auf NS5B zielenden Polymeraseinhibitoren; NS5B-effektive Polymerasehemmer sind einerseits die kompetitiv wirkenden
Nukleosidanaloga und andererseits die die Konfirmation störenden
Nicht-Nukleosidanaloga.
Proteaseinhibitoren: Seit 2012 sind die beiden Proteaseinhibitoren Boceprevir (Victrelis®) und Telaprevir (Incivo®) in der Schweiz
(29) kassenzulässig. Telaprevir muss 12 Wochen lang zweimal täglich
und Boceprevir 20 bis 44 Wochen lang strikt 8-stündlich zusammen
mit einer Mahlzeit eingenommen und mit pegIFN + RBV kombiniert
werden. Beide können anämisieren. Telaprevir kann Hautausschläge
und Analbeschwerden, Boceprevir Neutropenien und Geschmacksstörungen verursachen. Die Reduktion der RBV-Dosis kann oft die
Anämie in einem erträglichen Rahmen halten; manchmal werden
Bluttrans­fusionen oder Erythropoetin notwendig.
Die Wirksamkeit der Proteaseinhibitoren ist mehr oder weniger deutlich auf einen bestimmten Genotyp beschränkt. Boceprevir
und Telaprevir sind nur für die Genotypen 1a und 1b zugelassen.
Bei Erstbehandlungen hat eine Dreierkombination mit pegIFN +
RBV + Proteaseinhibitor eine Erfolgsschance bis zu 80% (30, 31).
Interaktionen an den Cytochromenzymen (insbes. CYP3A4)
sind bei Proteaseinhibitoren klinisch sehr relevant und erschweren
insbesondere die Behandlung von HIV-HCV-Koinfektionen.
Telaprevir oder Boceprevir kosten mehrere Zehntausend Franken. Sorgfältige Gesuche um Kostengutsprache inklusive Epo werden empfohlen. Wegen den Limitationen sollten sie auch eine
Begründung für das Therapiesetting mit einer allfälligen Abgabe
und Therapiekontrolle beim Grundversorger enthalten.
Neuere Proteaseinhibitoren sind in fortgeschrittener klinischer
Prüfung. Simeprevir (TMC 435) (32, 33) und Faldaprevir müssen nur
einmal täglich eingenommen werden, und die Verträglichkeit scheint
in den Phase-III-Studien gut. Zudem sind bei der Medikamenteneinnahme keine Mahlzeiten notwendig, und die Behandlungsdauer
kann möglicherweise insgesamt verkürzt werden. Auch die neueren
Proteaseinhibitoren wirken praktisch nur gegen HCV-GT1.
Polymerasehemmer: können oral eingenommen werden und
scheinen gut verträglich. Nicht-nukleosidische Polymeraseinhibitoren wirken gegen alle Genotypen gut; Resistenzen sind möglicherweise nur ein geringes Problem. Der Polymerasehemmer Sofosbuvir
(34, 35) steht vor der Markteinführung. Für die GT2 und GT3 werden Zulassungen in Kombination mit RBV sogar ohne Interferon
angestrebt, obwohl die Wirksamkeit für GT3 nur um 60% liegt.
NS5A-Hemmer: scheinen sehr wirksam gegen HCV aller Genotypen. HCV-NS5A hemmt den Immunsupressor p53. Daclatasvir war in Phase III nebenwirkungsarm.
Interferonfreie, nur oral einzunehmende Behandlungskombinationen sind in teilweise fortgeschrittener klinischer Erprobung. Die meisten
Kombinationen umfassen neben RBV einen Proteasehemmer und einen
Polymerasehemmer. Die Wirksamkeit ist bisher nur beim GT1 gut.
Die wirtsspezifischen RBV und pegIFN verursachen keine Resistenzen. Einige direkt antivirale Substanzen dagegen schon. Obwohl diese Resistenzen die ganze Substanzklasse betreffen, kann einige Zeit nach
Therapieversagen eine erneute Behandlung mit Proteaseinhibitoren erwogen werden. HCV wird (im Unterschied zu HIV) nicht ins Wirtsgenom inkorporiert, es gibt keine verborgenen Schlupfwinkel für das
Virus, und Resistenzmutationen scheinen praktisch zu verschwinden.
Schlussfolgerungen
Weil die meisten CHC durch Infektionen vor 20 und mehr Jahren
verursacht sind, ist jetzt für viele der Zeitpunkt einer Behandlung
gekommen. Viele Ärzte zögern mit der Behandlungsaufnahme, obwohl bei allzu fortgeschrittener Leberzirrhose die Behandlung zu
riskant und somit zu spät sein kann. Koinfektionen mit HIV oder
HBV, aber auch Alkoholkonsum komplizieren die Behandlung.
Sie sind aber auch Risikofaktoren für eine rasche Progression der
Krankheit und müssen deswegen meist besonders dringlich in eine
Behandlung aufgenommen werden. Durch Injektionsdrogenkonsum infizierte Patienten können vor allem im Rahmen von Methadonbehandlungen sehr erfolgreich gegen CHC behandelt werden.
Unbehandelte Fälle von CHC aller Genotypen sollten möglichst
bald in Behandlung kommen. GT2 und GT3 haben eine sehr gute
Heilungschance mit einer Zweierkombination von pegIFN+RBV.
Patienten mit GT1 können auch nach Rückfall oder Therapieversagen mit einer Dreierkombination inklusive Proteaseinhibitor
behandelt werden. Für die Genotypen 2–6 mit Rückfall oder Therapieversagen sind in naher Zukunft keine durchschlagend besseren
Therapiemöglichkeiten zu erwarten.
Die Risiken und Belastungen einer rechtzeitigen Behandlung
rechtfertigen ein Abwarten auf bessere Behandlungsoptionen meist
nicht. Ob die neuen Behandlungsoptionen letztlich weniger oder
ob die neuen Medikamente nur andere Risiken beinhalten, ist nicht
abschliessend geklärt. Gerade für Patientengruppen mit besonders
grossen Schwierigkeiten, aber auch mit besonders grosser Dringlichkeit für die Behandlung liegen erst beschränkte Daten vor.
Dr. med. André Seidenberg
FA Allgemeine Medizin
Research Fellow IHAM (Institut für Hausarztmedizin und
Versorgungsforschung Universität Zürich)
Weinbergstrasse 9, 8001 Zürich
[email protected]
Für die Durchsicht des Manuskripts dankt der Autor Milo Huber.
B Interessenskonflikte
• HepCNet: Moderator. Von Roche Pharma Schweiz und Essex Chemie AG gesponsert
• Vorträge über Hepatitis C bei Opioidabhängigen wurden 2007/2008 von der Fa
Essex Chemie AG (Subutex & Pegintron) gesponsert
• Die HepCOP-Studie über Hepatitis C bei Opioidabhängigen in der Praxis im Kanton Zürich wurde 2007/2008 von Roche Pharma Schweiz (Pegasys gegen chronische Hepatitis C) gesponsert
B Literatur
am Online-Beitrag unter: www.medinfo-verlag.ch
Take-Home Message
◆Die Möglichkeit von Analsex oder Injektionsdrogenkonsum in der
Vorgeschichte sowie eine aktuelle Schwangerschaft sind Grund für
einen HCV-AK-Suchtest
◆HCV-AK-positive Menschen müssen mit PCR-Tests auf das
Vorhandensein einer chronischen Hepatitis C überprüft werden.
Transaminasenbestimmungen reichen nicht
◆Der HCV-Genotyp ist nötig für den Behandlungsentscheid. Jeder
Patient mit CHC muss dies wissen.
◆Möglicherweise bessere Behandlungsoptionen in Zukunft sind
meistens kein ausreichender Grund, den Behandlungsbeginn zu
verschieben
_ 2013 _ der informierte arzt
2011 medizin forum
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