Evangelium Johannes 5

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Joh. E. Keller
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Buch
Das Johannes-Evangelium
Teil 5
Aus dem Nachlaß herausgegeben von
Karl Rein
Vorwort
Diese Ausführungen über das Johannes-Evangelium sind eine Sammlung von
Predigten, die von Joh. E. Keller an verschiedenen Plätzen gehalten wurden. - Durch die
Zeit- und Ortsunterschiede mußte sich ergeben, daß für die jeweiligen Zuhörer manche
Gedanken wiederholt wurden. Wir haben um des Zusammenhanges der einzelnen
Abschnitte willen solche Wiederholungen nicht weggelassen; sie wirken dann nicht
ermüdend, wenn man den jeweiligen Zusammenhang beachtet, der jedes Schriftzeugnis
in immer neuem Licht aufleuchten läßt. Auch dienen die Wiederholungen zur Befestigung
in der Erkenntnis des Wortes Gottes.
Bei aufmerksamem und gründlichem Betrachten dieser tiefschürfenden Auslegungen
ist eine Parallele zu dem endzeitlichen Heilswalten Gottes in seiner Gemeinde
unverkennbar.
Die Bibelzitate und Bibelstellen in diesen Broschüren sind der Schlachter-Übersetzung entnommen.
Mögen diese Broschüren allen denen zum Segen gereichen, die die Wahrheit
liebhaben.
Berlin, im Sommer 1970
Der Herausgeber
Inhaltsverzeichnis
Seite 8
Jesus Christus, das Brot des Lebens
09
Jesus legt den Maßstab des Glaubens an ihn daran an, daß man sein Fleisch ißt
und sein Blut trinkt, um ewiges Leben zu haben
26
Das Bleiben in Jesu Christo durch das Essen seines Fleisches und durch das
Trinken seines Blutes
36
Die Wirkung des Wortes Gottes und die Stellungnahme der Menschen zu
diesem Wort
44
Der Unterschied zwischen der Zeit Jesu, um sich der Welt als ihr Retter zu
offenbaren - und der Zeit seiner leiblichen Brüder, um ihre gesetzestreue
Gesinnung und dadurch ihren Unglauben an Jesum unter Beweis zu stellen
55
Anläßlich des Laubhüttenfestes, als Jesus sich in Jerusalem noch verborgen hielt,
wurde er von einem Teil des Volkes gläubig gesucht und vom andern Teil als
Verführer bezeichnet und deshalb gehaßt
61
Jesus rechtfertigt sich durch sein Wahrheitsbekenntnis seinen Todfeinden
gegenüber ungeachtet dessen, daß er dadurch ihren Haß immer mehr
herausforderte und sie ihn greifen wollten
68
-2-
Johannes-Evangelium Teil 5
Seite 9
6.Kapitel
Jesus Christus, das Brod des Lebens
„Des folgenden Tages sah das Volk, welches jenseits des Meeres stand, daß
kein anderes Schiff daselbst gewesen war, als nur das eine (in welches seine
Jünger gestiegen waren), und daß Jesus nicht mit seinen Jüngern in das Schiff
gegangen, sondern daß seine Jünger allein abgefahren waren; es kamen aber
andere Schiffe von Tiberias nahe an den Ort, wo sie das Brot gegessen hatten
nach der Danksagung des Herrn. Da also das Volk sah, daß Jesus nicht daselbst
war, noch seine Jünger, stiegen auch sie in die Schiffe und kamen gen
Kapernaum und suchten Jesum. Und als sie ihn jenseits des Meeres fanden,
sprachen sie zu ihm: Rabbi, wann bist du hieher gekommen? Jesus antwortete
ihnen und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, ihr suchet mich nicht darum,
weil ihr Zeichen gesehen, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und
seid satt geworden. Wirket nicht die Speise, die vergänglich ist, sondern die
Speise, die ins ewige Leben bleibt, welche des Menschen Sohn euch geben wird;
denn diesen hat Gott der Vater beglaubiget! Da sprachen sie zu ihm: Was sollen
wir tun, daß wir die Werke Gottes wirken? Jesus antwortete und sprach zu ihnen:
Das ist das Werk Gottes, daß ihr an den glaubet, den er gesandt hat. Da
sprachen sie zu ihm: Was tust du denn für ein Zeichen, auf daß wir sehen und dir
glauben? Was wirkest du? Unsere Väter haben das Manna gegessen in der
Wüste, wie geschrieben steht: ‘Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen.’ Da
sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, nicht Moses hat euch
das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot
vom Himmel. Denn das Brot Gottes ist dasjenige, welches vom Himmel herabkommt und der Welt Leben gibt. Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns allezeit
dieses Brot! Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir
kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr
dürsten.“ (Joh.6,22-35)
Das Volk Gottes will von dem zu ihm gesandten Sohn Gottes nur die Versorgung
mit irdischer, vergänglicher Speise
Durch das Wunder, das Jesus in der Speisung der Fünftausend getan hat, wurde
es offenbar, daß die Kinder seines Volkes solche waren, die aus dem Geblüt, aus
dem Willen des Fleisches und aus dem Willen des Mannes Geborene waren und
nicht solche, die aus Gott geboren sind, die zur Braut des Bräutigams gehören
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Die Menschen, die Jesum um der Zeichen und Wunder willen nachfolgten und
durch ihn nur mit natürlichem Brot gesättigt werden wollten, glaubten nicht, daß
er für sie das Brot des Lebens ist
Jesus will durch seine Lehre vom Brot des Lebens das Volk Gottes zur
Sinnesänderung leiten
Jesus hatte am Ostufer des Sees Genezareth auf einem freien Platz mit fünf
Gerstenbroten und zwei Fischen fünftausend Männer mit ihren Frauen und Kindern
gespeist. Als er merkte, daß das Volk ihn mit Gewalt zum König machen wollte, stieg er
allein auf einen Berg, um zu beten (Matth.14,23; Mark.6,46). Daraufhin gingen die Jünger
ohne Jesum ans Meer und fuhren hinüber ans westliche Ufer des Sees nach Kapernaum.
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Johannes-Evangelium Teil 5
Das alles wurde von der Volksmenge beobachtet, und als dann noch andre Schiffe von
Tiberias an den Ort kamen, wo Jesus die Menschenmenge gespeist hatte, wurde es bald
allgemein bekannt, daß Jesus nicht mehr auf der Ostseite des Meeres war, sondern daß
er, obwohl er kein Schiff zur Verfügung gehabt hatte, in der Nacht auf dem Meer zu den
Jüngern gekommen war und ihnen im Sturm geholfen hatte, das Land zu erreichen
(Matth.14,24-32; Mark.6,47-51). Ehe aber die Juden erfahren hatten, auf welche Weise sich
Jesus seinen Jüngern geoffenbart hatte, fuhren sie den Jüngern nach nach Kapernaum,
suchten ihn und fanden ihn auch. Begreiflicherweise wunderten sie sich, wie er über den
See gekommen und wieder auf der westlichen Seite des Sees in Kapernaum war, da die
Jünger ihn doch nicht mit ins Schiff genommen hatten, um ans Westufer des Sees zu
fahren, und er auch in keinem andern Schiff hinübergefahren war. Jesus aber merkte
bald, weshalb sie ihn suchten. Deshalb sagte er zu ihnen, ohne ihre Frage, wann bzw.
wie er über den See gekommen sei, zu beantworten:
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, ihr sucht mich nicht darum, weil ihr Zeichen
gesehen, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und seid satt geworden.“ (Vers 26)
Damit wollte er ihnen klarmachen, daß sie in Wirklichkeit nicht ihn, Jesus,
suchten, sondern ihre eigenen Interessen verfolgten
In dieser Gesinnung konnte ihnen ihr Umgang mit Jesu aber nichts nützen;
denn sie wollten durch seine Wundermacht ja nur ihre natürlichen Bedürfnisse befriedigt
wissen.
Daß er mit fünf Broten und zwei Fischen eine solche Volksmenge satt machen
konnte und noch zwölf Körbe mit Brocken übrigblieben,
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das zeigte ihnen, daß er eine andre Ausrüstung hatte als alle andern Menschen. Sie
konnten darauf sagen:
„Dieser ist wahrhaftig der Prophet, der in die Welt kommen soll!“ (Joh.6,14)
Deshalb begehrten sie diesen Propheten zu ihrem König. Einer, der die Macht hatte, sein
Volk auf diese Weise satt zu machen, könnte sie zufriedenstellen. Wenn sie einen
solchen König hätten, brauchten sie weiter nichts, dann wären sie ein glückliches Volk.
Wenn einer täglich zwei- dreimal mit fünf Broten und zwei Fischen alle Hungrigen im Volk
satt machen könnte, dann wären alle Leute zufrieden, dann würde man einen solchen
Mann auch gern zum König machen (Joh.6,15). - Und dabei war damals die Lage vielleicht
nicht so schwierig wie in manch andern Zeiten. Die Leute konnten sich wahrscheinlich
noch ohne diese Wunderspeisung alle Tage satt essen, was beispielsweise in der Kriegsund Nachkriegszeit nicht bei jedem Menschen der Fall war.
Und doch sieht man aus dieser Erfahrung, die Jesus mit den Leuten gemacht
hat, wie es dem Menschen nur um die Befriedigung seiner irdischen Bedürfnisse
zu tun ist
Wenn er es im tiefsten Grunde gar nicht einmal nötig hat, so ist er aber doch erst
dann zufrieden, wenn ihm das alltäglich Nötige zum natürlichen Leben - auch für künftige
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Johannes-Evangelium Teil 5
Zeiten - garantiert ist. Wenn Jesus so viele Menschen auf diese Weise satt machen
konnte, dann war er natürlich ihr Mann. So war und ist es zu allen Zeiten - auch heute;
denn der Mensch ist und bleibt in seinem irdischen Streben immer derselbe.
Nun wollte Jesus aber der Volksmenge recht klarmachen, daß diese nur auf ihr
äußeres Leben bedachte Gesinnung nicht gottgewollt ist. Er wollte sie wissen lassen,
daß der zu Gottes Ebenbild geschaffene Mensch durch die alltägliche äußere Versorgung noch nicht alles hat, was er benötigt. Deshalb sagt er zu ihnen:
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, ihr sucht mich nicht darum, weil ihr Zeichen
gesehen habt.“ (vgl.Vers 26)
Sie suchten ihn also nicht deshalb, weil er aus göttlicher Vollmacht heraus Zeichen
wirken konnte, indem er Menschen satt machen und auch auf einem übernatürlichen
Weg auf die andre Seite des Meeres gelangen konnte. Diese Zeichen überzeugten das
Volk nicht davon, daß Jesus der von Gott Gesandte war, den sie brauchten, um durch ihn
das ewige Leben zu erlangen. Für das ewige Leben hatten sie das nötige Interesse noch
nicht.
Sie wollten nur im Natürlichen versorgt sein, um alle Tage möglichst gut leben
zu können
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Deshalb sagt ihnen Jesus:
„ …ihr sucht mich nicht darum, weil ihr Zeichen gesehen, sondern weil ihr von
den Broten gegessen habt und seid satt geworden.“ (Vers 26)
Wir müssen uns fragen, ob es heute nicht genauso ist, wie bei jenen Menschen zu
Jesu Zeiten. Man glaubt auch an die Zeichen und Wunder, die Jesus gewirkt hat. Man
sucht ihn auch und möchte an ihn glauben, weil man ihn um dieser Wunder und Zeichen
willen als den Sohn Gottes anerkennt. Und doch muß man sich prüfen, ob man durch
den Sohn Gottes nur täglich satt werden möchte, mit andern Worten, ob man nur um der
Befriedigung seiner irdischen Bedürfnisse willen an Jesum glaubt. Bei solcher Prüfung
würde sich auch heute bei vielen Menschen, auch bei solchen, die sich Kinder Gottes
nennen, auf einen Schlag zeigen, was sie durch den Glauben an Jesum suchen. Und
wir? Bei uns muß es so sein, daß wir nicht nur glauben, daß Jesus in seiner Liebe für uns
in den Tod gegangen ist, um uns zu retten, sondern wir müssen auch überzeugt sein
davon, daß er uns auch alles für das irdische Leben darreicht, jeden Tag - auch dann,
wenn die Zeiten einer geregelten Versorgung der Menschen vorbei sind.
Jesus hat den Leuten gesagt, die Ursache ihrer Anhänglichkeit an ihn sei nur
die äußere alltägliche Versorgung.
Das ist der Schwerpunkt, um den es geht in der Erfahrung, die Jesus mit diesen
Leuten gemacht hat.
Jesus wußte, warum er am See Tiberias am Galiläischen Meer die vielen Leute mit
fünf Broten und zwei Fischen gesättigt hatte. Er speiste das viele Volk, um ihnen die
Beweggründe, weshalb sie zu ihm gekommen waren, also ihre innere Einstellung, vor
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Johannes-Evangelium Teil 5
Augen zu führen. Die Speisung ist für sie eben wieder nur ein ähnliches Wunder, wie
wenn auf seine Worte hin ein Todkranker gesund wird, ein achtunddreißig Jahre lang
Krankgelegener sein Bett nimmt und wandeln kann, oder auf Jesu Anordnung hin
Wasser zu Wein wird. Sie sehen nicht, daß die Wunder Jesu Zeichen sind, die auf das
Wesen einer Sache hindeuten. Wenn ein Wunder geschieht, dann ist es gleich, ob das
Wunder an einer einzelnen Person geschieht, oder ob fünftausend Männer - ohne ihre
Frauen und Kinder, die auch noch vorhanden waren - von fünf Gerstenbroten und zwei
Fischen satt werden. Das Wunder liegt nicht so sehr in dem Ausmaß seiner Wirkung,
sondern vielmehr in dem Hinweis auf das Wesen dessen, was im Wunder vorgeschattet
ist. Also ist es nichts anderes, ob fünftausend Männer mit fünf Gerstenbroten und zwei
Fischen satt werden und die gesammelten Brocken zwölf Körbe füllen, oder ob ein
achtunddreißig Jahre lang krank gewesener Mensch auf des Herrn
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Wort hin gesund wird und wandeln kann. Es gibt immer nur ein neues Bild.
Die Hochzeit zu Kana ist der Hinweis auf die geistig-himmlische Hochzeit. Dies
wiederum zeigt die ewige Verbindung des Menschen mit Gott in dem Einssein des
Bräutigams und der Braut, in dem Verhältnis von Jesu und seinen wahren Jüngern.
Die Reinigung des Tempels in Jerusalem ist ein Hinweis auf die Reinigung bzw.
Verwandlung des Leibes der Sünde und damit auf den Bau des wahren Tempels. Jesus
hat den Tempel seines Leibes, nachdem er abgebrochen worden war, in drei Tagen
wieder aufgerichtet. Und die Kinder Gottes sollen durch Glauben an diese Gottestat
selbst auch wahrer Tempel, d.h. Offenbarungsstätte Gottes werden.
Und die Brote, durch die Jesus fünftausend Menschen gespeist hatte, sind Zeichen,
d.h. Hinweis auf das wahre Brot vom Himmel. Das konnten die Juden, die von diesen
Broten gegessen hatten, nicht sehen. Deshalb muß ihnen Jesus sagen:
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, ihr sucht mich nicht darum, weil ihr Zeichen
gesehen, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und seid satt geworden.“ (Vers 26)
Ist es ein tragfähiger Grund, an Jesum nur deshalb zu glauben, weil man sich alle
Tage satt essen kann, weil man gesund ist und im Irdischen keinen Mangel hat?
Dankbarkeit für irdische Segnungen müßte für uns als Geschöpfe und noch viel mehr als
Kinder Gottes eine Selbstverständlichkeit sein. Und doch sind alle irdischen Gnadenerweisungen nicht Grund genug, daß man glauben könnte, um das ewige Leben zu
erlangen. Ob man alle Tage satt wird, oder ob man in Krankheit und Not die Wunder der
Heilung, die Hilfe Gottes erfahren darf wie damals die Jünger - wäre das allein eine
ausreichende Grundlage, um das ewige Leben zu erlangen? Alle die Menschen, die
Jesus am nächsten gestanden haben: seine Hausgenossen, seine eigenen Verwandten,
die also in der Nähe Jesu gewiß manch irdische Segnungen erfahren durften, konnten
nicht so glauben wie eine Samariterin, die in ihrer Sündennot durch Jesum das ewige
Leben fand, oder wie der Vater seines todkranken Kindes, der nicht erst glaubte,
nachdem das Wunder geschehen war, sondern der dem Wort Jesu glaubte, als dieser
sagte:
„Geh hin, dein Sohn lebt!“ (Joh.4,50)
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Johannes-Evangelium Teil 5
Er war davon überzeugt: Was Jesus sagt, das geschieht.
Wenn man Jesus als den Weg, die Wahrheit und das Leben erkennt, wenn man
sieht, daß er Gottes Sohn ist, und wenn man nicht nur um der irdischen
Segnungen willen an ihn glaubt, sondern weil man sich selbst ganz zu Gott
stellen will, dann ist das der Glaube, der zum ewigen Leben führt
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Im Blick darauf wird ein Unterschied offenbar zwischen dem Volk Gottes und den
Samaritern, sowie den Galiläern, die an Jesum glaubten. Jesu Volk stand zwar in einem
bestimmten Verhältnis zu Johannes dem Täufer, der eine klare Erkenntnis des göttlichen
Willens und seiner Ordnung hatte. Er war das brennende und leuchtende Licht, sie aber
wollten sich nur eine Welle ergötzen an seinem Schein. Es ist auch wunderbar in ihren
Augen, daß fünftausend Männer - außer den Frauen und Kindern - von fünf Broten und
zwei Fischen satt werden; aber was nützt es ihnen, wenn sie nur die Naturordnung des
Fleisches im Auge haben, wenn alles, was Jesus ihnen sagt und an Wundern
offenbarmacht, keine tiefere Wirkung für sie hat! Ist es uns auch nur um das Äußere der
Naturordnung zu tun?
„Wirket nicht die Speise, die vergänglich ist, sondern die Speise, die ins ewige
Leben bleibt, welche des Menschen Sohn euch geben wird; denn diesen hat
Gott, der Vater, beglaubigt!“ (Vers 27)
Mit diesen Worten begegnete Jesus den Menschen seines Volkes, die ihn nach der
Speisung der Fünftausend gesucht hatten. Wie soll das zugehen? Was sollen wir tun,
daß wir die Werke Gottes wirken? Das sind die Fragen, die sie nun an Jesum richteten.
Was antwortete ihnen Jesus darauf?
„Das ist das Werk Gottes, daß ihr an den glaubt, den der Vater gesandt hat.“
(Vers 29)
Was für ein Zeichen tust du? Gestern sind wir erst satt geworden, heute möchten wir
gern etwas anderes sehen, demonstriere uns etwas vor, daß wir eine Sensation erleben!
So ungefähr dachten sie. Kann man ein treues Kind Gottes sein, wenn man sich in dieser
Gesinnung einbildet, im rechten Verhältnis zu Gott zu sein?
Fünf Brote waren es, die Jesus von einem Knaben genommen hat. Diese Brote
waren für Jesum der Anknüpfungspunkt für die Speisung der fünftausend hungrigen
Menschen. Wäre der Knabe nur aufs Sattwerden eingestellt gewesen, dann hätte Jesus
die fünf Brote gar nicht bekommen, dann hätte Andreas auch nicht sagen können:
„Es ist ein Knabe hier, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische.“ (Vers 9)
Dann hätte dieser sie selbst gegessen. Der Knabe hatte wohl die Aufgabe, Jesu
Handlanger zu sein, so daß es kein Zufall war, fünf Brote und zwei Fische herbeizutragen, ohne etwas für sich zu behalten. Vielleicht war es die Speise, die Jesus und seine
Jünger zu ihrer Versorgung mitgenommen hatten, und der Knabe war treu, hat seine
Aufgabe erfüllt, alles hergetragen und nicht selbst gegessen. Manchmal können kleine
Begebenheiten den Anknüpfungspunkt für das Wirken Gottes darstellen. Warum mußte,
als Elias nach Zarpat kam, bei der Sidonierin noch ein bißchen Mehl im Faß und Öl im
Krug
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Johannes-Evangelium Teil 5
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sein, das auf des Propheten Wort hin während der Hungersnot niemals ausging
(1.Kg.17,16)? Hätte Gott ihnen nicht ohne diesen Rest das Nötige geben können? War er
an diesen Überrest gebunden? Gott hat immer einen gewissen Anknüpfungspunkt bei
den Menschen. Jesus hätte keinen Fisch gebraucht, um die Tempelsteuer zu bezahlen,
er hätte ebensogut zu Petrus nur sagen können: Geh fischen! Er war ja ein Fischer, und
Jesus hätte inzwischen das für die Tempelsteuer erforderliche Geld ohne Fisch
beschaffen können. Aber alles an seinem Platz. Gott knüpft an die menschlichen
Gegebenheiten an und verlangt nichts Unmögliches. Es muß auch nicht mehr Geld aus
dem Mund des Fisches kommen, als nötig ist, um die Tempelsteuer zu bezahlen
(Matth.17,24-27). Das Mindeste ist gerade genug, daß Gott es segnen kann, um dadurch
den ganzen Willen und Ratschluß Gottes offenbarzumachen. Und dieser Ratschluß liegt
in der vollen Erlösung. Mit fünf Broten und zwei Fischen hat Jesus die Menschen satt
gemacht. Diese fünf Brote dürften, wie die fünf Talente (Matth.25,14-21), hinweisen auf den
Glauben an Jesu Werke, die er in seiner Erlösungstat vollbracht hat: Sein Leben im
Erdenkleid bedeutet unser Leben, sein Tod am Kreuz unsern Tod, sein Grab unser Grab,
seine Auferstehung aus den Toten unsre Auferstehung, seine Himmelfahrt unsre
Himmelfahrt. Sein Erlösungswerk entspricht den fünf Talenten und den fünf Broten, mit
denen er die fünftausend Männer, d.h. alle, die davon gegessen haben, gesättigt hat.
Wenn man seine Aufgabe darin erkennt, an dieses Erlösungswerk zu glauben, dann
entspricht das der rechten Stellung, die man zur Erlösung einnehmen will, um den
ganzen Segen aus der treuen Hand Gottes zu empfangen. Dann stellt man sich auf dem
Boden des Geistes im Glauben ganz zu diesem Erlösungswerk, um den vollen Segen der
fünf Talente zu empfangen, der in fünf Gerstenbroten vorgeschattet sein dürfte. Dazu ist
es nötig, daß man Jesum erkennt als das Brot, das vom Himmel gekommen ist, das der
Vater gesandt hat, um der Welt das Leben zu geben. Wenn sich das alles auf diese
Weise an der Erstlingsfrucht seiner Geschöpfe erfüllt hat, dann bleiben noch Körbe voll
Lebensbrot für die zwölf Stämme seines Volkes übrig, damit sein Volk für alle Zeiten
genug Brot des Lebens hat und dadurch alle, die davon essen, satt werden und das
ewige Leben erlangen können. So offenbart sich Gott, so führt er seine Gnadenabsichten
in seiner treuen Fürsorge hinaus. So öffnet er uns den Geistesblick dafür, daß alles, was
Gott uns in seinem Sohn gibt, das Brot vom Himmel ist. Alle, die von fünf Broten und zwei
Fischen gegessen haben und sehen konnten, wie noch zwölf Körbe mit Brocken
übrigblieben, haben aber dabei doch nichts davon erkennen können, daß er das vom
Himmel gekommene Lebensbrot war.
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Dieses Geheimnis war ihnen einfach unverständlich, da sie ja in ihrem Herzen nur auf
Zeichen und Wunder eingestellt waren und beim Äußeren stehenblieben. Sie stützten
sich darauf, daß sie doch Jesu Vater und seine Mutter in Nazareth kannten. Aber sie
hätten sich sagen müssen: So kann kein Mensch vom Boden der Naturordnung aus
handeln, folglich muß das der Sohn Gottes sein. Sie wollten ja schon eine bestimmte
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Johannes-Evangelium Teil 5
Treue zu Gott beweisen, aber weil sie seine Ordnung nicht verstanden, konnten sie sich
nur in oberflächlichem Sinn an Jesu Wunder und Zeichen halten.
Durch seine Unterweisung will Jesus dem Volk Gottes den Unterschied zwischen
der irdischen, vergänglichen Speise und dem Brot des Lebens klarmachen
Nun hat Jesus den Menschen, die ihn um der irdischen Speise willen suchten, ein
andres Ziel gezeigt, indem er ihnen sagte:
„Wirket nicht die Speise, die vergänglich ist, sondern die Speise, die ins ewige
Leben bleibt!“ (Vers 27)
Mit diesen Worten will er ihnen sagen, daß sie, wenn sie sich nur um die vergängliche
Speise kümmern, selbst in demselben Zustand sind wie diese Speise; die natürliche
Speise ist vergänglich, und die Menschen, die sich nur an die vergängliche Speise
halten, sind genauso vergänglich wie die Speise. Dann haben sie nur einen Blick für das
Zeitlich-Vergängliche und vergessen, daß es im Leben außer der vergänglichen Speise
noch solche Speise gibt, die ins ewige Leben bleibt.
Beschäftigen sie sich aber mit der Speise, die ins ewige Leben bleibt, dann
müssen sie auch glauben lernen, daß sie selbst von Gott, ihrem Schöpfer, nicht
dazu bestimmt sind, im Zustand der Vergänglichkeit zu bleiben wie die
vergängliche Speise, sondern dazu, ewiges Leben zu erlangen, und dazu
müssen sie die Speise, die ins ewige Leben bleibt, genießen
Wenn es für sie solche Speise gibt und sie sich damit nähren, dann müssen sie
auch selbst in den Zustand des ewigen Lebens hineinreifen. Dazu müssen sie
einsehen, daß es für sie nicht nur das zeitliche, der Vergänglichkeit unterworfene
Leben, sondern auch das für die Ewigkeit bleibende Leben gibt
Aber die Speise, die ins ewige Leben bleibt, gibt nur der Menschensohn, den Gott, der
Vater, beglaubigt hat. Deshalb müßten sie die Zeichen Jesu, auch die Wundertat, durch
die sie das Brot gegessen hatten und satt geworden waren, nicht nach der Naturordnung
beurteilen, sondern sie müßten die göttliche Ewigkeitsordnung darin vorgeschattet sehen.
Denn Jesus will ihnen ja Brot für das ewige Leben geben. Darauf fragen sie Jesum:
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„Was sollen wir tun, daß wir die Werke Gottes wirken?“ (Vers 28)
Er antwortet ihnen:
„Das ist das Werk Gottes, daß ihr an den glaubt, den er gesandt hat.“ (Vers 29)
Darauf fragen sie ihn:
„Was tust du denn für ein Zeichen, auf daß wir sehen und dir glauben? Was wirkest du? Unsere Väter haben das Manna gegessen in der Wüste, wie geschrieben steht: ‘Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen.’“ (Vers 30-31)
Damit haben sie gerade das rechte Wort über das Walten Gottes mit seinem Volk
gefunden. Gott hat seinem Volk wohl Manna in der Wüste als Brot vom Himmel gegeben.
Aber das Volk hat in jener Zeit Gott ebensowenig verstanden, wie die Juden zu Jesu
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Johannes-Evangelium Teil 5
Zeiten Jesum verstanden, als er mit fünf Gerstenbroten und zwei Fischen fünftausend
Männer satt machte. Auch damals mußte der Heilige Geist sprechen:
„Darum, wie der heilige Geist spricht: ‘Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verstocket euere Herzen nicht, wie in der Verbitterung geschah, am Tage
der Versuchung in der Wüste, da mich euere Väter versuchten; sie prüften mich
und sahen meine Werke vierzig Jahre lang. Darum ward ich entrüstet über dieses
Geschlecht und sprach: Immerdar irren sie mit ihrem Herzen! Sie aber erkannten
meine Wege nicht, so daß ich schwur in meinem Zorn: Sie sollen nicht eingehen
zu meiner Ruhe!’“ (Hebr.3,7-11)
Mit diesen Worten ist bezeugt, daß das Volk Gottes genau dasselbe Verhältnis hatte zu
dem täglichen Manna, mit dem Gott sie vom Himmel versorgte, wie das Volk später seine
Stellung zu dem irdischen Brot einnahm, das ihnen Jesus gab und durch das sie satt
wurden. Die Menschen zu Moses Zeiten aßen dieses Brot vom Himmel in der Wüste
vierzig Jahre lang, und am Ende nannten sie es eine lose Speise (4.Mos.11,6; 21,5); sie
waren also auch nur auf das tägliche Sattwerden und den Genuß eingestellt. Am Anfang
freuten sie sich darüber, daß sie sich an diesem Brot, dem himmlischen Manna, täglich
satt essen konnten, aber in der Zeitdauer von vierzig Jahren murrten sie darüber, daß sie
alle Tage dasselbe essen mußten und die Abwechslung in der täglichen Speise nicht
mehr hatten wie früher in Ägypten. Im Anfang waren sie zufrieden, daß sie satt werden
konnten, später aber murrten sie. Daß aber Gott vom Himmel her vierzig Jahre lang alle
Tage das ganze Volk satt machte, daß er sich seinem Volk auf diese Weise als ihr Gott
offenbarte und deshalb erwartete, daß sie ihn erkennen, anerkennen und treu zu ihm
stehen sollten, das verstanden sie nicht. Den Gott, der ewig ist und der den Menschen
ewiges Leben geben will, erkannten sie nicht.
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Es war ihnen nur um das alltägliche Sattwerden nach der Art des natürlichen
Lebens zu tun
So war es auch, als Jesus unter dem. Volk Gottes weilte; deswegen erklärte er ihnen:
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, nicht Moses hat euch das Brot vom Himmel
gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn das
Brot Gottes ist dasjenige, welches vom Himmel herabkommt und der Welt Leben
gibt.“ (Vers 32-33)
Damit will er ihnen klarmachen, daß das Zeichen, auf das sie sich berufen, daß ihre Väter
durch Mose vierzig Jahre lang satt geworden waren, nicht etwa der Beweis dafür ist, daß
Gott sich den Menschen dadurch offenbarte; denn jenes Brot hatte ihnen das ewige
Leben nicht gegeben. Sie sagten:
„Unsre Väter haben das Manna gegessen in der Wüste …“ (Vers 31)
Jesus sagt ihnen:
„Euere Väter haben das Manna gegessen in der Wüste und sind gestorben.“
(Vers 49)
Wohl erwecken die Worte Jesu in ihnen ein Verlangen nach dem ihnen in Aussicht
gestellten Brot vom Himmel, so daß sie sagten:
„Herr, gib uns allezeit dieses Brot!“ (Vers 34)
Wenn Jesus ihnen aber sagt:
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Johannes-Evangelium Teil 5
„Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer
an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“ (Vers 35),
dann wollen sie nur das natürliche Brot haben, um satt zu werden. Aber Jesus hatte
diese Menschen durchschaut, darum fügte er gleich hinzu:
„Aber ich habe es euch gesagt, daß ihr mich gesehen habet und doch nicht
glaubet. Alles, was mir der Vater gibt, wird zu mir kommen; und wer zu mir
kommt, den werde ich nicht hinausstoßen. Denn ich bin vom Himmel herabgekommen, nicht, daß ich meinen Willen tue, sondern den Willen dessen, der mich
gesandt hat. Das ist aber der Wille dessen, der mich gesandt hat, daß ich nichts
verliere von allem, was er mir gegeben hat, sondern daß ich es auferwecke am
letzten Tage. Denn das ist der Wille meines Vaters, daß jeder, der den Sohn
sieht und an ihn glaubt, ewiges Leben habe; und ich werde ihn auferwecken am
letzten Tage.“ (Vers 36-40)
Von dem, was er ihnen sagte, gefiel ihnen nicht alles. Wenn er ihnen erklärte: Mein Vater
gibt euch das wahre Brot vom Himmel, das besser ist als das, das eure Väter in der
Wüste gegessen haben, dann sagen sie: Ja, gib uns allezeit dieses Brot, damit, wie
gestern, durch fünf Gerstenbrote und zwei Fische fünftausend und mehr Menschen
Seite 19
satt werden. Damit beweisen sie aber aufs neue, daß sie in Wirklichkeit nicht zu ihm
kommen wollen, um durch ihn zu erfahren, was der wahre Wille Gottes ist, so daß sie
das ewige Leben erlangen könnten. Sie murren vielmehr darüber und ärgern sich, daß er
bezeugt hatte: Ich bin das Brot, das vom Himmel gekommen ist, und sagen: Ist dieser
Jesus nicht Josephs Sohn; wir kennen doch seinen Vater und seine Mutter! Tags zuvor
hatte er sie mit fünf Gerstenbroten und zwei Fischen satt gemacht, und zwölf Körbe mit
Brocken waren übriggeblieben. Auch war er auf eine ihnen unerklärliche Weise von einer
Seite des Meeres auf die andere gelangt. Solche Zeichen kennen sie von ihm; und wenn
er ihnen daraufhin sagt: Ich bin das Brot, das vom Himmel gekommen ist, das mein Vater
gibt, das wahre Brot vom Himmel, stellen sie sich gleich wieder auf den Boden der
Naturordnung. Wie es ihnen beim Brot nur ums Sattwerden nach der natürlichen Seite zu
tun ist, so urteilen sie hier auch gleich wieder in menschlich-natürlicher Art, indem sie
sagen, er sei Jesus, Josephs Sohn, dessen Vater und Mutter ihnen bekannt sind (Vers 42).
Trotz der Wunder und Zeichen, die er in göttlicher Vollmacht vor ihnen getan hat,
beurteilen sie ihn nur nach der Naturordnung, die sie selbst darstellen.
Jesus redet weiter mit dem Volk und sagt zu ihnen:
„Murret nicht untereinander! Niemand kann zu mir kommen, es sei denn, daß ihn
ziehe der Vater, der mich gesandt hat, und ich werde ihn auferwecken am letzten
Tage.“ (Vers 43-44)
Da sagt er ihnen nun zum drittenmal, daß er den, der zu ihm kommt, am letzten Tag
auferwecken werde. Weiter sagt er zu ihnen:
„Es steht geschrieben in den Propheten: ‘Sie werden alle von Gott gelehret sein.’
Jeder, der vom Vater gehört und gelernt hat, kommt zu mir. Denn niemand hat
den Vater gesehen; nur der von Gott ist, der hat den Vater gesehen.“ (Vers 4546)
Mit diesen Worten erklärt ihnen Jesus die göttliche Ordnung, daß sie nur durch ihn, den
der Vater gesandt hat, das ewige Leben bekommen können. Er zeigt ihnen, daß sie ihn
nicht nach der Naturordnung, so wie sie es tun, beurteilen dürfen, sondern daß sie das
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Johannes-Evangelium Teil 5
Verständnis darüber, wie sie durch Jesum das ewige Leben erlangen können, von Gott
bekommen müssen. Nur dann, wenn der Vater sie zieht, können sie zum Sohn kommen
und das erkennen, was Jesus ihnen als wahres Brot vom Himmel geben will, um das
ewige Leben zu erlangen. Deshalb erklärt er ihnen nun ganz ausführlich:
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, wer glaubt, der hat ewiges Leben.“ (Vers 47)
Er meint damit, wer an ihn glaubt, der hat ewiges Leben. Glauben an Jesum und das
ewige Leben zu erlangen bedeutet aber, zu erkennen,
Seite 20
daß er das Brot des Lebens ist. Deshalb sagt er:
„Ich bin das Brot des Lebens. Euere Väter haben das Manna gegessen in der
Wüste und sind gestorben. Dies ist das Brot, das vom Himmel herabkommt, auf
daß, wer davon isset, nicht sterbe. Ich bin das lebendige Brot, vom Himmel herabgekommen. Wenn jemand von diesem Brote ißt, der wird in Ewigkeit leben;
und das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, welches ich geben werde für
das Leben der Welt.“ (Vers 48-51)
Da zankten die Juden untereinander und sprachen:
„Wie kann dieser uns sein Fleisch zu essen geben?“ (Vers 52)
Ist es nicht eigenartig, je ausführlicher und nachdrücklicher er ihnen dieses Geheimnis
erklärt, daß er das Brot sei, das ewiges Leben vermittelt, desto klarer offenbaren sie ihre
Unkenntnis über das wahre Lebensbrot, und desto mehr nimmt ihr Widerstand gegen das
zu, was er ihnen darüber sagt. Darum sprach Jesus zu ihnen:
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohnes esset und sein Blut trinket, so habt ihr kein Leben in euch. Wer mein
Fleisch isset und mein Blut trinket, der hat ewiges Leben, und ich werde ihn
auferwecken am letzten Tage. Denn mein Fleisch ist eine wahre Speise, und
mein Blut ein wahrer Trank. Wer mein Fleisch isset und mein Blut trinket, der
bleibt in mir und ich in ihm. Wie mich der lebendige Vater gesandt hat, und auch
ich um des Vaters willen lebe, so wird auch, wer mich isset, um meinetwillen
leben. Dies ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist; nicht (daß man es
esse) wie eure Väter das Manna gegessen haben und sind gestorben: Wer
dieses Brot isset, der wird leben in Ewigkeit!“ (Vers 53-58)
In diesen Worten spricht Jesus dasselbe aus, was die Apostel in ihren Schriften
ausführlich als die von Gott durch Jesum vollbrachte Erlösung gelehrt haben, nämlich,
daß Jesus als das Wort ins Fleisch gekommen ist, in das Fleisch und Blut, das die Kinder
gemeinsam tragen (Hebr.2,14). Damit hat Gott seine Verheißung erfüllt, die er dem David
gab, daß Christus aus seinen Lenden kommen würde (Ps.89,4-5; Apg.2,30). Durch seine
Menschwerdung hat Christus das Fleisch und Blut des Königs David angenommen, des
Königs des Volkes Gottes, den Gott deshalb zum König gemacht hatte, weil er ein Mann
nach dem Herzen Gottes war (1.Sam.13,14; Ps.89,19-20; Apg.13,22).
Jesus unterweist das Volk Gottes darüber, daß er für sie das vom Himmel
herabgekommene Brot des Lebens ist
Wenn Jesus nun sagt, daß die Menschen sein Fleisch, als das Brot, das vom Himmel
gekommen ist, essen und daß sie sein Blut trinken
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Johannes-Evangelium Teil 5
müssen und sie nur durch dieses Essen und Trinken ewiges Leben empfangen, so will er
ihnen damit sagen, daß sie an die Erlösung glauben müssen, die Jesus durch seine
Menschwerdung, durch sein Sterben am Kreuz und seine Auferweckung von den Toten
zustande gebracht hat.
Sein Fleisch essen und sein Blut trinken bedeutet, das im Glauben annehmen
und aufnehmen, was Jesus in diesem Fleisch, das er von den Menschen annahm,
vollbracht hat.
Aus der Aufforderung Jesu, sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken, hat man den
Sinn der Abendmahlshandlung umgedeutet. Man will den Worten Jesu buchstabenmäßig
gehorsam sein, man will sein Fleisch essen und sein Blut trinken, weil man auf andre
Weise das ewige Leben nicht bekommt. Deshalb hat man die geheimnisvolle Lehre
ersonnen, daß das Brot, das Jesus den Jüngern beim Abendmahl zu essen und der
Wein, den er ihnen zu trinken gab, während der Abendmahlshandlung in das Fleisch und
Blut Jesu umgewandelt würden; denn er hatte ihnen beim Brechen des Brotes gesagt,
sie sollen sein Fleisch essen, das sei sein Leib, und beim Trinken des Weins sprach er:
Das ist mein Blut, das für euch vergossen wird. Weil er nach dem Passahmahl, in
Verbindung mit dem Brot, das er ihnen zu essen, und dem Wein, den er ihnen zu trinken
gab, die Worte sprach: Das ist mein Fleisch, das ist mein Blut, so hat man daraus
geschlossen, daß das Brot und der Wein durch den Dienst des Priesters, des Dieners der
Gemeinde, in das Fleisch und Blut Jesu umgewandelt werden müssen. Und später hat
man gelehrt, die Umwandlung geschehe nicht durch den Dienst des Priesters, sondern
während dem Genuß von Brot und Wein; wenn man das Brot ißt und den Wein trinkt,
vollziehe sich während des Genusses die Verwandlung, so daß das Brot in Wirklichkeit
Fleisch und der Wein in Wirklichkeit Blut, also das Fleisch und Blut Jesu seien. Aber das
fügen eben die Menschen zu dem hinzu, was Jesus gesagt hat. Wenn Jesus sagt, das
Brot sei sein Fleisch, und der Wein, den er seinen Jüngern gab, sei sein Blut, dann hat er
damit nicht zugleich gesagt, daß das Brot in Fleisch und der Wein in Blut umgewandelt
werden. Darum haben die Apostel auch nicht gelehrt, daß die Gläubigen am Tisch des
Herrn Fleisch essen und Blut trinken sollen, sondern sie haben gelehrt, daß sie Brot
essen und Wein trinken sollen. Es ist also für alle Zeiten - bei Jesu und seither - immer
Brot, das gegessen wird, und Wein, der getrunken wird. Brot und Wein sind nur Symbole
für das Fleisch und Blut Jesu.
Wir sehen, daß es heute noch genauso ist wie damals. Als Jesus das alles in der
Synagoge zu Kapemaum lehrte, meinten viele seiner Jünger, das sei eine harte Rede,
und sie sagten: Wer kann sie
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hören? (Vers 59-60). Als Jesus merkte, daß auch seine Jünger murrten, sagte er zu ihnen:
„Aergert euch das? Wie denn, wenn ihr sehen werdet des Menschen Sohn dahin
auffahren, wo er zuvor war?“ (Vers 61-62)
Damit wies er auf seine Auferstehung aus den Toten und seine Himmelfahrt, sein
Hingehen zum Vater, hin und fügte hinzu:
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Johannes-Evangelium Teil 5
„Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt gar nichts. Die Worte, die
ich zu euch rede, sind Geist und Leben.“ (Vers 63)
Aus dieser Erklärung könnte es sehr leicht erkannt werden, daß Jesus nicht gemeint hat,
das Brot werde auf irgendeine geheimnisvolle Weise in Fleisch und der Wein in Blut
umgewandelt. Darum nützt auch das Essen von Brot in dem Sinn, daß es beim Genuß in
Fleisch umgewandelt würde, und das Trinken von Wein, wenn er in Blut umgewandelt
wäre, nichts. Das Fleisch und das Blut nützen nichts, sondern der Geist macht lebendig.
Das ewige Leben erlangt der Mensch nicht durch Essen von Brot, das in Fleisch
verwandelt und nicht durch Trinken von Wein, der in Blut verwandelt worden ist; was
lebendig macht, ist der Geist, der bezeugen will, daß in dem Brot, das Jesus den Jüngern
gab, sein Fleisch und in dem Wein sein Blut vorgeschattet sind. Nun sollen sie im Essen
eines Brotes, im Trinken eines Kelches Zeugnis ablegen, daß sie den Geist dessen
aufgenommen haben, der Jesum befähigte, sein Opfer zu vollbringen, und der die
Auferweckung Jesu von den Toten bewirkt hat.
Das Fleisch Jesu kann nur in dem Sinn gegessen und sein Blut getrunken werden,
daß man in dem Fleisch und Blut Jesu Christi sein eigenes Fleisch und Blut sieht
und erkennt, daß es am Kreuz von Gott als verflucht dargestellt und gerichtet, daß
es gestorben ist, begraben wurde und, durch die Herrlichkeit des Vaters aus
dem Tod unsterblich auferweckt, nun zur Rechten Gottes die ewige
Wohnung für Gott geworden ist.
Was Jesus in der Aufopferung seines Leibes getan hat, das hat er durch ewigen
Geist getan, indem er sich selbst als ein tadelloses Opfer Gott dargebracht hat durch
diesen ewigen Geist, den er durch den in ihm wohnenden Vater hatte (Hebr.9,14). In dieser
Geistesausrüstung hatte er die Macht, sein Leben zu lassen, so daß er nicht seinen
Willen tun mußte, sondern den Willen dessen, der ihn gesandt hatte. Er konnte sein
Fleisch und Blut in den Kreuzestod geben,
damit durch die Herrlichkeit Gottes wieder der Geist als Kraft Gottes wirksam würde und
dadurch das am Kreuz gestorbene und begrabene Fleisch Jesu aus den Toten
unsterblich auferweckt werden konnte.
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Deshalb führt Paulus in 1.Kor.15, 42-49 aus, daß der erste Mensch, Adam, zu einer
lebendigen Seele wurde, der letzte Adam, Jesus Christus, zu einem lebendigmachenden
Geist und daß der erste Mensch von der Erde, irdisch, und der zweite Mensch der Herr
vom Himmel ist. Auf diese Weise macht der Geist lebendig, und das Fleisch nützt nichts.
Um das ewige Leben zu erlangen, muß man nicht Brot, in Fleisch verwandelt, und Wein,
in Blut verwandelt, genießen, sondern einfach die Ordnung anerkennen: Wer glaubt, der
hat ewiges Leben. Man ißt das Fleisch des Sohnes Gottes und trinkt sein Blut dadurch,
daß man glaubt, was Jesus gesagt hat, nämlich, daß er nicht gekommen ist, seinen
Willen zu tun, sondern den Willen seines Vaters. Das tat er dadurch, daß er sein Fleisch
ans Kreuz trug und in den Tod gab. Und nachdem er begraben worden war, konnte
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Johannes-Evangelium Teil 5
dieses selbe Fleisch Jesu, durch die Herrlichkeit des Vaters unsterblich aus dem Tod
auferweckt, für ewig die Wohnung für Gott werden.
Das Essen des Fleisches Jesu und das Trinken seines Blutes geschieht durch
den Glauben an Jesu als den Retter der Menschen
Der Unglaube gegenüber Jesu, als dem Brot des Lebens, und seine Folgen
Wer da glaubt, der hat ewiges Leben!
Wie damals, so sind seither immer etliche unter den Gläubigen, die nicht glauben. Jesus
wußte von Anfang an, wer die seien, die nicht glaubten, und welcher ihn verraten würde;
darum sagte er ihnen ganz klar:
„Niemand kann zu mir kommen, es sei ihm denn von meinem Vater gegeben!“
(Vers 65)
Deshalb müssen alle, die an ihn glauben, von Gott gelehrt sein. Jeder muß, um glauben
zu können, vom Vater gehört und gelernt haben, dann kommt er zum Sohn. Niemand hat
den Vater gesehen, nur der von Gott ist, der hat den Vater gesehen; und nur, wer von
Gott gehört und gelernt hat, kann wissen, daß er von Gott ist und zum Sohn kommen
muß, damit er durch den Sohn zum Vater kommen und den Vater sehen kann (Vers 45).
Darum hat Jesus gesagt: „Wer mich sieht, der sieht den Vater“ (Joh.14,9). Aber niemand
kann ihn sehen, der nicht vom Vater gehört hat und durch den Sohn gelehrt worden ist.
Niemand kann, ohne vom Vater zu Jesu gezogen zu werden, erkennen und glauben, was
der Vater im Sohn und durch seinen Sohn getan hat, um in seinem Opfer und in seiner
Auferweckung aus den Toten der Welt das Leben zu geben. Als von da an viele seiner
Jünger zurücktraten und nicht mehr mit ihm wandelten (Vers 66), sprach Jesus zu den
Zwölfen:
„Wollt ihr nicht auch weggehen?“
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Da antwortete ihm Simon Petrus:
„Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens.“ (Vers 67-69)
Petrus legte Jesu gegenüber dieses Zeugnis ab, weil er glaubte, daß die Worte Jesu
Worte ewigen Lebens sind. Solche Worte, die Jesus hier seinen Jüngern sagte, in denen
der ganze Erlösungsratschluß Gottes bezeugt ist, konnte sonst niemand sagen. Bis
heute kann niemand sagen, daß er, um den Menschen ewiges Leben zu geben, ihnen
sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken gibt; wenn es jemand sagen würde, wäre
er ein Lügner. Und wenn heute jemand die Menschen so beeinflußt, daß ihnen der Weg
zu Jesu versperrt wird, weil sie, anstatt zu Jesu, nur zum Menschen geleitet werden,
dann sind diese Menschen Betrüger und werden früher oder später für ihr törichtes Tun
von Gott gerichtet und gestraft werden. Gott wird sie von ihrem Platz wegnehmen, damit
der Weg wieder frei wird und die Menschen zu Jesu kommen können, um durch ihn das
ewige Leben zu erhalten, indem sie wieder, wie Petrus, an Jesum Christum glauben und
bezeugen können: Du hast Worte ewigen Lebens, und wir haben geglaubt und erkannt,
daß du bist der Heilige Gottes. Jesus aber wußte, daß nicht alle seine Jünger so an ihn
glaubten, wie es Petrus als Sprecher für alle meinte bezeugen zu können. Er konnte
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Johannes-Evangelium Teil 5
ihnen in jeder Situation in der rechten Weise begegnen. Deshalb antwortete er auf das
Bekenntnis des Petrus mit den Worten:
„Habe ich nicht euch Zwölfe erwählt? Und aus euch ist einer ein Teufel! Er redete
aber von Judas, Simons Sohn, dem Ischariot; denn dieser sollte ihn hernach verraten, einer aus den Zwölfen.“ (Vers 70-71)
Damit hatte Jesus ihnen klipp und klar gesagt, daß ihm die bekannt wären, die nicht
glaubten, und daß er auch wüßte, wer ihn verraten würde. Er konnte den Menschen
seines Volkes zum voraus sagen, daß sie ihn zwar gesehen haben, aber doch nicht an
ihn glauben würden. Diese Menschen waren deshalb ungläubig, weil sie nur das tägliche
Versorgt-Werden für ihre natürlichen Bedürfnisse im Auge hatten; aber als Jesus ihnen
den Weg zum Leben, dem ewigen Leben, das er selbst darstellte, zeigen wollte, mußte
es offenbarwerden, daß nicht nur viele im Volk das, was er ihnen sagte, nicht annahmen
- sondern daß selbst unter den eigenen Jüngern, unter den Zwölfen, ein Teufel war, den
Gott dazu gebrauchte, daß durch seinen Einfluß Jesus als das Lamm Gottes am Kreuz
getötet wurde. Damit wurde das erfüllt, was sich nach dem Willen und Ratschluß Gottes
erfüllen mußte, so daß Jesus das wahre Brot vom Himmel, das Lamm Gottes wurde, das
der Welt Sünden im Opfertod ans Kreuz trug.
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Es kommt auch bei uns darauf an, ob wir als Gotteskinder nur die Erhaltung des
äußeren Lebens erstreben - oder ob wir in Wahrheit das ewige Leben suchen und es in
unsrem Bekenntnis zu Jesu, in unserem Glauben an ihn beweisen. Jeder beweist es, ob
er so glaubt, daß er durch diesen Glauben in Wahrheit das ewige Leben sucht, oder ob
er in seinem Unglauben ein Teufel ist und Feindschaft gegen Jesum im Herzen trägt obwohl er durch ihn das tägliche Brot, die tägliche Versorgung haben möchte.
Prüfen wir uns recht gründlich und aufrichtig, aus welchen Gründen wir Kinder Gottes
sind! Nach welcher Ordnung erwarten wir Brot und Fleisch? Wollen wir nur nach der
Naturordnung essen und trinken, um satt zu werden? Suchen wir nur die Befriedigung
unsrer irdischen Bedürfnisse, oder wollen wir die Geistesordnung, daß Jesus das Brot
des Lebens ist, völlig verstehen und im Glauben darauf eingehen? Wollen wir nur gläubig
sein, weil uns ein Königsthron in Aussicht steht, damit wir einmal herrschen können?
Oder geht es uns darum, daß Gott seinen Berufenen das ewige Leben geben
und dadurch sein ewiges Reich aufrichten kann?
Es gibt also zwei Ordnungen: Die eine ist die Ordnung des Fleisches, nach dem
Willen des Mannes, und die andre ist die Ordnung des Geistes, der Geburt aus Gott.
Worin besteht der Unterschied? Wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muß
des Menschen Sohn erhöht werden, sagt Jesus zu Nikodemus (Joh.3,14). Aber was dieser
erhöhte Menschensohn in Herrlichkeit darstellt, kann er nur darstellen, weil er die
Naturordnung in den Tod gegeben hat. Solange unser Glaube noch in der Naturordnung
begründet ist, ist das der Beweis dafür, daß wir auf die geistige, göttliche Ordnung der
Geburt aus Gott noch nicht eingestellt sind und darum auch keinen Gebrauch davon
machen.
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Johannes-Evangelium Teil 5
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Jesus legt den Maßstab des Glaubens an ihn
daran an, daß man sein Fleisch ißt und sein
Blut trinkt, um ewiges Leben zu haben
„Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt,
den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.
Aber ich habe es euch gesagt, daß ihr mich gesehen habet und doch nicht glaubet. Alles, was mir der Vater gibt, wird zu mir kommen; und wer zu mir kommt,
den werde ich nicht hinausstoßen. Denn ich bin vom Himmel herabgekommen,
nicht, daß ich meinen Willen tue, sondern den Willen dessen, der mich gesandt
hat. Das ist aber der Wille dessen, der mich gesandt hat, daß ich nichts verliere
von allem, was er mir gegeben hat, sondern daß ich es auferwecke am letzten
Tage. Denn das ist der Wille meines Vaters, daß jeder, der den Sohn sieht und
an ihn glaubt, ewiges Leben habe; und ich werde ihn auferwecken am letzten
Tage.
Da murrten die Juden über ihn, daß er gesagt hatte: Ich bin das Brot, das vom
Himmel herabgekommen ist, und sprachen: Ist dieser nicht Jesus, Josephs Sohn,
deß Vater und Mutter wir kennen? Wie spricht er denn: Ich bin vom Himmel
herabgekommen? Da antwortete Jesus und sprach zu ihnen: Murret nicht
untereinander! Niemand kann zu mir kommen, es sei denn, daß ihn ziehe der
Vater, der mich gesandt hat, und ich werde ihn auferwecken am letzten Tage. Es
steht geschrieben in den Propheten: ‘Sie werden alle von Gott gelehret sein.’
Jeder, der vom Vater gehört und gelernt hat, kommt zu mir. Denn niemand hat
den Vater gesehen; nur der von Gott ist, der hat den Vater gesehen.
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, wer glaubt, der hat ewiges Leben. Ich bin das
Brot des Lebens. Euere Väter haben das Manna gegessen in der Wüste und sind
gestorben. Dies ist das Brot, das vom Himmel herabkommt, auf daß, wer davon
isset, nicht sterbe. Ich bin das lebendige Brot, vom Himmel herabgekommen.
Wenn jemand von diesem Brote ißt, der wird in Ewigkeit leben; und das Brot, das
ich geben werde, ist mein Fleisch, welches ich geben werde für das Leben der
Welt. Da zankten die Juden untereinander und sprachen: Wie kann dieser uns
sein Fleisch zu essen geben? Darum sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich,
ich sage euch, wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohnes esset und sein
Blut trinket, so habt ihr kein Leben in euch. Wer mein Fleisch isset und mein Blut
trinket, der hat ewiges Leben, und ich werde ihn auferwecken am letzten Tage.
Denn mein Fleisch ist eine wahre Speise, und mein Blut ein wahrer Trank. Wer
mein Fleisch isset und mein Blut trinket, der bleibt in mir und ich in ihm. Wie mich
der lebendige Vater gesandt hat, und auch ich um des Vaters willen lebe, so wird
auch, wer mich isset, um meinetwillen leben. Dies ist das Brot, das vom Himmel
herabgekommen ist; nicht (daß man es esse)
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wie eure Väter das Manna gegessen haben und sind gestorben: Wer dieses Brot
isset, der wird leben in Ewigkeit!“ (Joh.6,35-58)
Das eigentliche Geheimnis dessen, daß nach Jesu Wort die zu ihm kommen, die vom
Vater gezogen werden (Vers 44), liegt darin, daß die Menschen, die der Vater dem Sohne
gibt, den Unterschied sehen können, der zwischen der Naturordnung des Fleisches und
der göttlichen Ordnung des Geistes besteht. Wenn das ein Geheimnis ist, so muß es für
dieses Geheimnis auch eine Offenbarung geben; das Geheimnis muß denen erschlossen
werden, die von Gott gelehrt werden. Bei den verschiedenartigsten Stellungen, die die
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Johannes-Evangelium Teil 5
Menschen im Glauben haben, wird immer der Unterschied zwischen der Ordnung des
Fleisches und der Ordnung des Geistes offenbar. Ein Grund, weshalb viele Menschen
nicht von Gott gelehrt werden können, warum ihnen Jesus sagen mußte, daß sie sein
Wort nicht annehmen, daß sie nicht zu ihm kommen, liegt darin, daß sie die Einstellung,
durch die man zu Gott kommt und ihn versteht, von ihrer eigenen Stellung, die sie
einnehmen, nicht unterscheiden können. Die Juden, die zu Jesu sagten:
„Ist dieser nicht Jesus, Josephs Sohn, deß Vater und Mutter wir kennen?“ (Vers
42)
waren Jesu gegenüber in ihrem Geist in einem solchen Verhältnis, daß sie den
Unterschied, der zwischen ihnen und ihm bestand, nicht sehen konnten. Sie sahen in
Jesu nur einen der Ihren, der ihrer Volksgemeinschaft genauso angehörte, wie sie selbst
diesem Volke, dieser Volksgemeinschaft angehörten; deshalb haben sie einfach auf
seinen Vater, auf seine Mutter, also auf seine Familien- und Volkszugehörigkeit
hingewiesen. Die Hüter der göttlichen Ordnung sahen ihn in der gleichen Weise als ein
dem Volke Gottes angehörendes Glied an, und deshalb hielten sie es sogar für ihre
Pflicht, ihn zu strafen, wenn er sich als Glied dieser Ordnung dagegen verging.
Wenn nun Johannes der Täufer und die Mutter Jesu, die, trotz vieler Erkenntnis
durch Gottes Offenbarung über den kommenden Messias, zwischen der alten und der
neuen Ordnung doch nicht recht unterscheiden konnten, so zeigt das nur, wie in einer
von Gott gegebenen Ordnung eine Macht liegt, die die Menschen gefangenhält, auch
wenn diese für eine bestimmte Zeit als Schatten für die rechte Ordnung, die zukünftig
noch kommen mußte, Gültigkeit hatte. Sie erkannten darum die Notwendigkeit zur
Lösung von der alten Ordnung nicht, und deshalb konnten sie auch den Schritt zur neuen
Ordnung nicht völlig tun. Die Jünger weisen in ihrem Verhältnis zu Jesu ein besonderes
Bild unter diesen verschiedenen Menschen auf. Sie stehen Jesu bereits am nächsten.
Sie haben die Schranken, die zwischen
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andern Menschen und ihrem Herrn und Meister vorhanden sind, schon zum Teil
durchbrochen. Es wäre aber zu viel gesagt, wenn man die Jünger Jesu in dem Lichte
sehen wollte, als wären sie von der alten Ordnung schon vollkommen gelöst gewesen
und völlig in die neue, göttliche Ordnung der neuen Geburt eingegangen. Jedoch war ihre
Stellung die, wie sie es selbst ausgesprochen haben mit den Worten:
„Wir haben den Messias gefunden …“ (Joh.1,42)
Sie waren doch schon in einem solchen Verhältnis zu diesem Messias, wie es die
Samariterin mit den Worten offenbarte:
„Ich weiß, daß der Messias kommt …“ (Joh.4,25)
So war schon eine gewisse Erkenntnis über den kommenden Messias im Volk vorhanden, und diese Erkenntnis wurzelte in einzelnen wieder tiefer als in andern. Bei
manchen bewirkte diese Erkenntnis, daß der Messias kommen würde, das Verlangen,
die Sehnsucht nach ihm, so daß sie suchten und zuletzt sagen konnten:
„Wir haben den Messias gefunden … “ (Joh.1,42)
So waren diese Jünger Jesu mehr oder weniger davon überzeugt, daß die Verheißungen
im Worte Gottes, die sich auf diesen Christus bezogen, nun in Erfüllung gingen. Aufgrund
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Johannes-Evangelium Teil 5
solcher Einstellung zum Worte Gottes konnten diese Menschen über den göttlichen
Willen und Ratschluß belehrt werden. Diesen Glauben an die Verheißung des Christus
finden wir bei Maria, indem sie zum Engel Gabriel sagte:
„ … ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort!“ (Luk.1,38)
Wir finden ihn auch bei Johannes dem Täufer, der von seiner Berufung, eine Stimme in
der Wüste zu sein, überzeugt war (Jes.40). So waren diese Menschen im Worte Gottes
verankert; dementsprechend wurden sie von Gott gelehrt, und dadurch konnte der
Übergang von der alten in die neue, von der Ordnung des Fleisches in die Ordnung des
Geistes erfolgen.
Nun finden wir, daß selbst unter den Jüngern, von denen wir sagen dürfen, daß sie
von Gott gelehrt waren und daß der Vater sie seinem Sohn gegeben hatte, ein Teufel
war, das heißt doch nichts anderes als daß, während Jünger Jesu von Gott gelehrt sein
müssen, es auch solche Jünger Jesu gibt, die vom Teufel gelehrt werden. Das ist ja auch
in den Sendschreiben in der Offenbarung ganz klar gezeigt, wenn darin von solchen die
Rede ist, die sagen, sie seien Juden, wogegen der Herr ihnen sagen muß, sie seien es
nicht, sondern sie lügen und seien eine Synagoge des Satans (Offb.2,9; 3,9). Damit ist
gezeigt, was Jesus bereits seinen Jüngern erklärt, daß, wenn die
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Zwölfe auch von ihm direkt erwählt worden sind, das noch kein Beweis dafür ist, daß sie
alle von Gott gelehrt und vom Vater zum Sohne gebracht worden sind. Das zeigt uns,
daß das Eingehen in die göttliche Ordnung - wenn man also vom Boden des Fleisches
auf den Boden des Geistes, vom Boden der Naturordnung, dem Geblüt, dem Willen des
Fleisches und dem Willen des Mannes in die göttliche Ordnung der Geburt aus Gott
übergehen will - nicht jedem möglich ist, der bereits ein gewisses Vertrauen zu Gott oder
zu Jesu gewonnen hat. Es liegt auch nicht einfach im Glauben oder im Unglauben; denn
während einerseits Menschen Jesu feind waren und an seine göttliche Sendung nicht
glaubten, finden wir auch wieder solche, die ihm friedlich gegenüberstanden und aus
irgendeinem Grund an ihn glaubten. Seine Mutter glaubte an ihn um der Offenbarung
willen, die sie selbst empfangen hatte. Johannes der Täufer glaubte ebenfalls um der
Offenbarungen willen, die er empfangen hatte. Nikodemus und viele mit ihm glaubten um
der Zeichen willen, die Jesus tat. Andere wieder glaubten an Jesum, weil sie von der
Speise, die sie durch ihn essen konnten, satt geworden waren - aber bei alledem hat
Jesus zwischen Glauben und Glauben unterschieden. Dem Nikodemus erklärte er, daß,
wer nicht von neuem geboren ist, das Reich Gottes nicht sehen und daß, wer nicht aus
Wasser und Geist geboren ist, nicht in das Reich Gottes eingehen kann (Joh.3,3-7). Und in
Verbindung mit dieser Erklärung sagt er ihm, daß Gott die Welt also geliebt hat, daß er
seinen eingeborenen Sohn dahingab, auf daß jeder, der an ihn glaubt, nicht
verlorengehe, sondern das ewige Leben habe (Joh.3,16). Dem hätte Nikodemus
entgegenhalten können: Aber ich anerkenne dich ja als einen Lehrer, von Gott
gekommen (Joh.3,2). Und doch sagt Jesus, daß nur der das Leben hat, der an ihn, als den
eingeborenen Sohn vom Vater, glaubt (Joh.3,16). So stellt Jesus Glauben, der aus
irgendwelchem Grund vorhanden ist, dem Glauben gegenüber, den man nach der
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Johannes-Evangelium Teil 5
göttlichen neuen Ordnung, der Geburt aus Gott, aus Wasser und Geist hat. Deshalb kann
es sich, was für eine Stellung Jesu gegenüber auch eingenommen wird, immer nur
darum handeln, ob man den im Wort Gottes bezeugten Glauben an ihn, als die neue
Ordnung der Geburt aus Wasser und Geist, hat oder nicht hat.
Darum geht Jesus in seiner Lehre und in seinem Verhalten seinem Volk gegenüber
immer einen Schritt weiter. Sobald sich bei irgendwelchen Menschen Unruhe oder
Widerstand ihm gegenüber zeigt, offenbart er sich ihnen immer klarer, um dadurch
entschiedener, gründlicher zum gläubigen Stellungnehmen zu veranlassen oder
Scheidung zu bewirken. Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich, wer nicht mit mir
sammelt, der zerstreut; wer seine Hand an den Pflug
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legt und zurücksieht, der taugt nicht für das Reich Gottes, sagt der Herr (Matth.12,30;
Luk.9,62).
So geht Jesus nun wieder einen Schritt weiter und nennt es das Werk Gottes, daß sie
an den glauben, den er gesandt hat, und er zeigt, was dieser Glaube an den von Gott
Gesandten in Wirklichkeit ist. Er erklärt ihnen: Die Väter haben das Manna gegessen in
der Wüste, wie geschrieben steht: Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen. Aber Jesus
hält ihnen vor:
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, nicht Moses hat euch das Brot vom Himmel
gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn das
Brot Gottes ist dasjenige, welches vom Himmel herabkommt und der Welt Leben
gibt.“ (Vers 31-33)
Das Brot möchten sie haben. Wenn er ihnen aber sagt:
„Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer
an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“ (Vers 35),
so nehmen an diesen Worten alle die Anstoß, die es mit der Naturordnung, in der sie
festgehalten sind, nicht vereinbaren können, daß Jesus sagt, er sei das vom Himmel
gekommene Brot, wodurch die Welt das Leben habe. Seine Jünger sind mit diesem
Bekenntnis einverstanden. Zwar waren sie auch dabei, als Jesus zum Volk sagte:
„ … ich habe es euch gesagt, daß ihr mich gesehen habet und doch nicht glaubet. Alles, was mir der Vater gibt, wird zu mir kommen; und wer zu mir kommt,
den werde ich nicht hinausstoßen.“ (Vers 36-37)
Aber diese Worte sehen die Jünger nicht für sich gemünzt. Das bestätigen sie damit, daß
sie zu Jesu gekommen sind und ihm nachfolgen. So ist es für sie ein Trost, wenn er sagt,
er sei vom Himmel gekommen, nicht daß er seinen Willen tue, sondern den Willen
dessen, der ihn gesandt hat. Und noch mehr freuen sie sich, daß Jesus hinzufügt:
„Das ist aber der Wille dessen, der mich gesandt hat, daß ich nichts verliere von
allem, was er mir gegeben hat, sondern daß ich es auferwecke am letzten Tage.“
(Vers 39)
Das ist der Wille dessen, der mich gesandt hat, daß, wer den Sohn sieht und an ihn
glaubt, das ewige Leben habe.
Hier finden wir den Grund, weshalb viele nicht so glauben, wie sie nach der Schrift
glauben müßten. Sie ruhen in einer falschen Hoffnung. Sie eignen sich Worte Gottes an
und bilden sich ein, ihre Stellung sei ihrem Gott und der göttlichen Ordnung gegenüber
schon befriedigend. Die Jünger, die noch nicht so glaubten, wie es dem Willen Gottes
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Johannes-Evangelium Teil 5
entspricht, Judas Ischariot voran, hätten sich auf diese Worte hin sagen müssen: Bei uns
stimmt es nicht, unser Verhältnis
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zu Jesu ist nicht so, daß wir nicht verlorengehen können. Diese Worte hätten ihnen dann
Veranlassung zur gründlichen Selbstprüfung sein müssen. Statt dessen hatten sie als
Jünger Jesu zu der Zeit zu ihm noch ein ähnliches Verhältnis wie die Feinde Jesu. Nur
waren die Feinde Jesu ehrlich genug, es zum Ausdruck zu bringen, daß sie der alten
Ordnung angehören wollten, während die Jünger Jesu auch noch an der alten Ordnung
festhielten, aber doch Jünger Jesu sein wollten, die sich der neuen Ordnung, die Jesus
darstellt, zuwandten.
Die größte Gefahr für einen Jünger Jesu, für ein Kind Gottes, ist Unklarheit und
Unaufrichtigkeit sich selber gegenüber. Wie oft hört man sagen: Ich möchte ja ganz gern,
ich möchte den richtigen Glauben haben. Überlegen wir, was ein solcher Ausspruch: „Ich
möchte!“ bedeutet.
Es gibt für ein Kind Gottes nur ein „Entweder-Oder“. Entweder man gehört zur
alten Ordnung, das ist die Ordnung des Fleisches, oder man gehört zur neuen
Ordnung, das ist die Ordnung des Geistes
Entweder man urteilt nach der Ordnung des Fleisches, oder man urteilt nach der
Ordnung Jesu: Gestorben am Kreuz - und damit ist die Ordnung des Fleisches vergangen -, auferweckt aus dem Tode, zur Rechten Gottes erhöht als Geburt aus Gott, aus
dem Geist. Entweder man steht auf der einen oder auf der andern Seite. Wenn nun ein
Kind Gottes diese beiden Ordnungen kennt und sagt: „Ich möchte der göttlichen Ordnung
angehören“, dann würde ihm Jesus die Worte entgegenhalten:
„ … ich habe es euch gesagt, daß ihr mich gesehen habet und doch nicht glaubet.“ (Vers 36)
Wer sagt: „Ich möchte“, der kann hinzufügen: „nicht“. Ich möchte Gott und seiner
Ordnung nicht angehören. Es braucht niemand zu sagen: „Ich möchte. Ich möchte es
tun.“ Es gibt keinen Grund, das, was man möchte, nicht auszuführen.
Wer etwas wirklich will, der kann es auch ausführen. Wer es nicht ausführt,
soll sich nicht damit täuschen, daß er sich einredet, er wolle. Wer wirklich will,
der setzt die Erkenntnis in die Tat um
Wer das nicht tut, was er will und möchte, der ist getäuscht, er folgt dem Geist des
Unglaubens. Er gibt sich nur darüber keine Rechenschaft, daß er sich vom Teufel leiten
läßt. Man macht auch Gelübde, Versprechungen, Beteurungen, daß man später wolle.
Doch sie sind wertlos. Man müßte sagen: Ich will nicht. Was man jetzt nicht durchführen
will, will man überhaupt nicht; man zieht seine Entscheidung nur in die Länge und wiegt
sich in die Ruhe. Man wird
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es schon noch tun, nur gerade jetzt nicht - warum nicht? Als Jesus merkte, daß viele
seiner Jünger seine Worte für eine harte Rede hielten und darüber murrten, sagte er zu
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ihnen: „Aergert euch das?“ Er sagte es ihnen deshalb, weil man bei etwas stehenbleibt,
was man nicht preisgeben will, ganz gleich, was es ist. Man will nicht die volle
Gottesordnung hören, weil man von dieser Ordnung nicht völlig überzeugt werden und ihr
nicht gehorsam sein will. Darum sagt Jesus:
„ … wer glaubt, der hat ewiges Leben.“ (Vers 47)
Es gibt kein Zwischending, es gibt nur einen Glauben; man kann ihn haben oder nicht
haben.
Glauben muß man an das Brot, das vom Himmel gekommen ist
„Dies ist das Brot, das vom Himmel herabkommt, auf daß, wer davon isset, nicht
sterbe. Ich bin das lebendige Brot, vom Himmel herabgekommen. Wenn jemand
von diesem Brote ißt, der wird in Ewigkeit leben; und das Brot, das ich geben
werde, ist mein Fleisch, welches ich geben werde für das Leben der Welt.“ (Vers
50-51)
Nun ist Jesus auf dem Höhepunkt angelangt. Jetzt treibt er das Volk in bezug auf
glauben oder nicht glauben zur entscheidenden Stellungnahme. Was heißt das, daß das
Brot, das vom Himmel gekommen ist, sein Fleisch sei, und daß man dadurch, daß man
dieses sein Fleisch ißt und sein Blut trinkt, Leben habe, oder, wenn man das unterläßt,
kein Leben habe? Wundert es uns, daß die Juden untereinander zankten und sprachen:
„Wie kann dieser uns sein Fleisch zu essen geben?“ (Vers 52)
Viele seiner Jünger sagten:
„Das ist eine harte Rede, wer kann sie hören?“ (Vers 60)
Was will Jesus damit sagen, daß er das Brot, vom Himmel gekommen, sein Fleisch
nennt, das gegessen werden muß, und sein Blut, den wahren Trank, der getrunken
werden muß? Daß die Juden das nicht verstehen konnten, ist erklärlich. Selbst viele aus
seinen Jüngern konnten auf sein Wort nicht eingehen und es annehmen, und sie
empfanden es als eine harte Rede, bis sich zuletzt Jesus an die Zwölfe wendet und fragt:
„Wollt ihr nicht auch weggehen?“ (Vers 67)
Diese Frage Jesu führte dazu, daß Petrus das Zeugnis ablegte:
„Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens. Und wir haben
geglaubt und erkannt, daß du bist der Heilige Gottes.“ (Vers 68-69)
Trotz diesem klaren Zeugnis sind die Zwölfe noch weit davon entfernt zu erkennen, was
er mit der Aufforderung, sein Fleisch zu essen
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und sein Blut zu trinken, sagen will, um es dann auch tun zu können. Wir finden zwar,
daß Petrus durch dieses Zeugnis eine andre Stellung offenbart als etwa Judas Ischariot,
der sicher schon zu jener Zeit einen gewissen Widerstand hatte. Doch für das Geheimnis
dessen, was es heißt, Jesu Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken - dafür hatte auch
Petrus noch keinen Sinn. Und Judas Ischariot hatte später dafür Sinn, für dreißig
Silberlinge das Fleisch und Blut des Menschensohnes zu verhandeln!
Fehlt uns nicht auch der Sinn, Gott und Göttliches aufzunehmen, solange wir auf dem
Boden von Fleisch und Blut stehen? Wieviel möchten wir von Gott haben, um Jesum,
den Sohn Gottes, nachzuahmen! Wie gern hört man das Wort Gottes; aber man freut
sich nicht darüber, daß Christus in uns die Hoffnung der Herrlichkeit sei, sondern man
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Johannes-Evangelium Teil 5
möchte schon erfüllte Herrlichkeit sein! Wie gern möchte man so leben, wie Jesus gelebt
hat, man würde alles tun, um sein Fleisch und Blut bis zur Sündlosigkeit zu verbessern!
Das wäre dann die ersehnte Herrlichkeit. Jesus hat das Essen seines Fleisches und das
Trinken seines Blutes mit den wenigen, einfachen Worten erklärt: Wer das tut, der bleibt
in mir und ich in ihm. Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in mir. - Wir
beschäftigen uns meist mehr mit dem, daß er in uns sein und bleiben möchte, als mit
dem, daß wir in ihm sind. Zuletzt haben wir uns so weitgehend ans Wort Gottes gewöhnt,
daß wir uns einreden, er sei in uns - ohne die im Wort gegebene Grundlage des In-ihmSeins zu kennen und daran zu glauben. Aber da sind Erkenntnis und Erfahrung lange
Zeit grundverschieden, und man braucht fast sein ganzes Leben lang, diese beiden
Seiten - Jesus in seinem Wesen des Geistes und sich selbst in seinem praktischen
Verhalten - auseinanderzuhalten. Aber das richtige Ergebnis von dem, daß das Kind
Gottes Jesu Fleisch ißt und sein Blut trinkt, bleibt gewöhnlich aus; da es zuerst etwas für
sich und sein Fleisch haben möchte, kommt es gar nicht dazu, den Sinn dessen zu
studieren, was es heißt, das Fleisch Jesu zu essen, sein Blut zu trinken und
kennenzulernen, was Jesus überhaupt damit sagen will.
Fassen wir erst einmal die Tatsache, daß Jesus durch diese Forderung bis ins Mark
und Bein der Menschen hineingedrungen ist und damit eine Scheidung bewirkt hat, die
bis in die Reihen seiner Jünger ging und sogar den Kreis der Zwölfe erfaßt hat! Das
Entscheidende liegt in dem Sinn der Worte Jesu:
„ … wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohnes esset und sein Blut trinket,
so habt ihr kein Leben in euch.“ (Vers 53)
Da sich seine Jünger über diese Forderung aufregten und ärgerten, ist es sicher von
großer Wichtigkeit für Kinder Gottes aller Zeiten,
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sich gerade über diesen Punkt die notwendige Klarheit zu verschaffen.
Es kann sich ja nur darum handeln, daß man richtig an ihn glaubt
Das An-ihn-Glauben ist einfach; dem stimmen alle Kinder Gottes zu. Die andere Forderung, sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken, lassen sie in ihrer Glaubensstellung beiseite. Zwischen den beiden Forderungen ist aber kein Unterschied. Ein
solcher Unterschied ergibt sich nur aus der Stellung, die die Menschen zu Jesu einnehmen. Die einen meinen den Glauben zu haben, von dem Jesus redet. Wer aber so
glauben will, daß er ewiges Leben bekommt, der muß sein Fleisch essen und sein Blut
trinken, erst dann hat er ewiges Leben.
Jesu Fleisch essen und sein Blut trinken heißt nicht, es im Leben immer schön und
gut haben. Wenn wir sein Fleisch essen und sein Blut trinken wollen, müssen wir
aufhören, immer nur über die Pflege unseres Fleisches nachzusinnen! Wenn wir ein
Heilmittel wüßten, unser Fleisch und Blut in der rechten Ordnung zu halten so, wie es uns
gefällt, würden wir sicher alles dafür aufwenden, was uns zur Verfügung steht.
Beschäftigen wir uns überhaupt in unserem Leben mit etwas anderem als mit unserem
Fleisch und Blut? Haben wir unsern Sinn auf etwas anderes gerichtet als auf die
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Johannes-Evangelium Teil 5
Interessen, die unsre Person angehen? Unser Leben ist gewöhnlich mit dem ausgefüllt,
was unsre eigene Person betrifft, und diese Person ist in unsern Augen größer als die
ganze Welt. Aber wir sind doch so fromm veranlagt, wir möchten gern, daß der Hans, der
Fritz, die Ida selig würden. Ich möchte aber ein Kind Gottes sehen, das seine Krone der
Herrlichkeit mit Freuden dem andern überläßt. Das wäre missionarisch gehandelt im
Sinne Moses:
„ … vergib ihnen doch ihre Sünde; wo nicht, so tilge mich aus deinem Buch, das
du geschrieben hast!“ (2.Mos.32,32)
Paulus möchte von Jesu Christo verbannt werden um seiner Brüder willen, die seine
Verwandten nach dem Fleisch sind (Röm.9,2-4). Sind wir so gesinnt? Haben wir über die
Länge unseres eigenen Leibes hinaus noch viele ernsthafte Interessen? Überlegen wir
uns das nur einmal, dann werden wir herausfinden, was es bedeutet, das Fleisch Jesu zu
essen und sein Blut zu trinken, das heißt, im wahren biblischen Sinn an ihn zu glauben.
Dieses Fleisch und Blut ist am Kreuz gestorben, begraben worden und vergangen.
Sein Fleisch essen und sein Blut trinken hat den Sinn, so an Jesus zu glauben,
daß man weiß und festhält, daß man durch seinen Tod und sein Grab der
natürlichen Ordnung nach vergangen ist. Dadurch wird man von der
sichtbaren Welt innerlich gelöst, so daß man keine Sorgen, keine Interessen
mehr für sein eigen Fleisch und Blut hat.
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Das heißt natürlich nicht, daß man nicht mehr zu essen und zu trinken brauche, daß der
Faulenzer nicht mehr arbeiten müsse und ein leichtes Leben haben könne. Der Gedanke,
daß das Kind Gottes durch den Glauben nur etwas für sein praktisches Leben
herausholen könne, liegt in den Worten Jesu nicht. Wer so etwas erwartet, hat nur die
natürliche Ordnung im Auge und beweist, daß er vom wahren Glauben an Jesum
Christum, vom Essen von der wahren Speise durch Essen seines Fleisches und vom
Trinken des wahren Trankes, seines Blutes, gar nichts verstanden hat. Wer aber darauf
eingehen will, was es bedeutet, daß Jesus in unserem Fleisch lebte, in unserem Fleisch
starb und in unserem Fleisch von Gott aus den Toten auferweckt wurde, der kommt der
sichtbaren Welt gegenüber in ein solches Verhältnis, daß er die Faustschläge des
Fürsten dieser Welt, so wie Jesus und seine treuesten Diener, zu fühlen bekommt.
__________
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Das Bleiben in Jesu Christo durch das Essen
seines Fleisches und durch das Trinken
seines Blutes
„Wer mein Fleisch isset und mein Blut trinket, der bleibt in mir und ich in ihm.“
(Vers 56)
Um verstehen zu können, was es heißt, dadurch in Christo Jesu zu bleiben, daß man
das Fleisch des Menschensohnes ißt und sein Blut trinkt, ist es nötig, sich mit dem
vertraut zu machen, was Jesus im Fleisch darstellt und was durch seine Fleischwerdung
und seine Auferstehung aus den Toten zustande gekommen ist.
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Johannes-Evangelium Teil 5
All den vielen Millionen Menschen, die sich ernsthaft Christen nennen, ist es bekannt,
was Jesus im Fleisch darstellt und was er vollbracht hat - wenigstens als rein
geschichtliche Tatsache. Jeder Christenmensch, der sich einigermaßen an das Wort
Gottes hält, kennt die Tatsache, daß das Wort Fleisch wurde, indem Jesus von der
Jungfrau Maria geboren wurde, und daß er seinen Leib als Sühnopfer für die Menschen
ans Fluchholz getragen und in den Tod gegeben hat. Ebenso weiß man, daß Gott Jesum
aus dem Tod auferweckt hat und daß er nach vierzig Tagen gen Himmel gefahren ist.
Wenn nun jemand diese Tatsachen nach der allgemein üblichen Erkenntnis über das in
Christo Jesu offenbarte Heilswalten Gottes glauben will, dann müßte das für ihn schon
Grund genug sein, sich ernstlich mit dem tieferen Sinn vom Essen des Fleisches des
Menschensohnes und vom Trinken seines Blutes zu befassen. Aber Satan hat es in
seiner List fertiggebracht, das Wort Gottes unter den Kindern Gottes zu verdrehen, so
daß es dem Willen und Ratschluß Gottes nicht mehr entspricht. Satanischer Einfluß hat
dahin geführt, daß Menschen sagen, das Brot, das sie beim Abendmahl genießen, werde
auf geheimnisvolle, mystische Weise in das Fleisch und der Wein in das Blut Jesu
umgewandelt. Man meint, man erfülle das Wort dadurch, daß man am Tisch des Herrn
Brot ißt und Wein trinkt, in Wirklichkeit aber doch nicht Brot und Wein genieße, sondern
beides umgewandelt als das Fleisch und Blut Jesu zu sich nimmt.
Wenn man dem in der Schrift offenbarten Willen Gottes nicht folgt, indem man von
der Naturordnung des Fleisches, als der Ordnung der Geburt aus dem Geblüt, aus dem
Willen des Fleisches und aus dem Willen des Mannes nicht auf die göttliche
Geistesordnung übergeht, d.h. auf die Geburt aus Gott und Geist, so läuft man fehl. Nur
wenn diese beiden Seiten unterschieden werden, kann das Wort
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Gottes recht verstanden werden. Bleibt man auf dem Boden der Naturordnung stehen,
dann ist man für die satanischen Einflüsse offen und deutet das Wort Gottes immer
willkürlich nach irgendeiner menschlichen Form.
Was heißt es nun aber, in Jesu Christo zu bleiben, sein Fleisch zu essen und sein
Blut zu trinken? Wie macht man das praktisch? Es ist im Grund einfach, theoretisch
darüber Klarheit zu erlangen. Das Fleisch und Blut, das Jesus am Kreuz in den Tod
gegeben hat, ist nach der Schöpfungsordnung das Fleisch und Blut jedes Menschen. Alle
Menschen auf der Erde sind ein Fleisch und Blut. Wir haben das Bild dafür in einer
Familie, wo Mann und Weib, sobald sie zusammengehören und zusammen leben, in
Gottes Wort „ein Fleisch“ genannt werden (Eph.5,31). Ihre Kinder sind ihnen als ihr
eigenes Fleisch und Blut bekannt, das merken sie bereits an der Eigenart ihrer Kinder.
Von der Stammlinie aus verzweigen sich die Äste und Zweige, bis die ganze Menschheit,
von Adam an, umfaßt ist. Wer ist somit mein Nächster? Das ist mein Vater, meine Mutter,
mein Bruder, meine Schwester, das sind alle Verwandten, kurz alle, die mein Fleisch und
Blut tragen. Zuletzt landen wir bei Adam und Eva. Alle Menschen sind miteinander
verwandt, sie bilden eine große Familie. Es ist für uns selbstverständlich, daß Vater,
Mutter und Kinder ein Fleisch sind. Wir wollen es aber nicht verstehen, daß ein anderer
dasselbe Fleisch wie wir trägt, sonst würden wir ihn nicht schief ansehen und ihm nicht
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Johannes-Evangelium Teil 5
alles übelnehmen, was uns nicht gerade paßt. Wir würden uns dann selbst besser
erkennen und zugeben, daß der Teufel, der im Fleisch des andern wirksam ist, auch im
eigenen Fleisch steckt, weil dieses Fleisch nun einmal sein Betätigungsboden ist
dadurch, daß es unter die Sünde verkauft ist (Röm.7,14-23). Man hätte viel weniger
Aufregung und Schwierigkeiten in den Verhältnissen, in denen man gerade lebt, wenn
man sich sagen würde: Halt, das ist ja mein Fleisch! Man kommt dann zu dem Ergebnis:
Was der erste Adam trug, tragen alle Nachkommen Adams bis zu dem letzten Adam.
Was der eine ist, stellt auch der andere dar. Alle Menschen stammen dem Fleische nach
von dem ersten Adam ab, also auch der letzte Adam (1.Kor.15,45). In dem Menschensohn
Jesu Christo ist dadurch die ganze Welt gerettet, daß er durch seinen Tod den alten
Menschen beseitigt und durch seine Auferstehung einen neuen Menschen
hervorgebracht hat. Wenn wir es also sehen wollten, daß alle Menschen zusammen eine
große Familie bilden, würde kein Kind Gottes an den Schwächen seiner Schwester,
seines Bruders so Anstoß nehmen, daß es seine Geschwister kritisiert oder sich gar von
ihnen abwendet; denn es müßte ja in den Verfehlungen seiner Geschwister nur den
Zustand seines eigenen Fleisches sehen.
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Wenn es aber so ist, daß man das Fleisch Jesu als das Fleisch jedes einzelnen
Menschen ansehen muß, und daß sich Jesus nicht schämte, uns Menschen seine Brüder
zu nennen (Hebr.2,11-14), dann fangen wir doch einmal an, uns mit dieser Tatsache
gründlich auseinanderzusetzen! Wenn jeder das Fleisch und Blut des andern als sein
eigenes sehen wollte, dann würde man zu dem, was man beständig vor Augen hätte,
sagen: Das bin ich.
Die Frau hat immer am Mann etwas auszusetzen und der Mann an der Frau, jeder
ärgert sich über die Schwachheiten des andern. Alle Streitigkeiten kommen daher, daß
jeder im andern etwas anderes sieht als sich selbst. Stellt euch vor, welch wunderbare
Harmonie es wäre, wenn jeder den andern so sehen würde wie sich selbst! Dann wäre
keiner schlecht. Keiner hätte am andern etwas auszusetzen. Dann wäre jedem der
andere gerade recht. Jeder, der am andern etwas auszusetzen hat, tut es in der
Überzeugung, daß er selbst besser sei. Er weiß nicht, daß es bei ihm selbst oft
schlimmer aussieht als beim andern. Sonst würde er denken: Halt! Sei still! Es bekommt
dir schlecht, wenn du dich dagegen auflehnst.
Aber nun die praktische Seite: Lernen wir einmal, in Jesu jedermanns Fleisch und
Blut zu sehen, so wie es die Schrift bezeugt. Dann muß das, was durch Jesum zustande
gekommen ist, jedermann gelten, und zwar deshalb, weil es in 2.Kor.5,14 heißt:
„ … wenn einer für alle gestorben ist, so sind sie alle gestorben …“ (2.Kor.5,14)
Wenn das die Schrift sagt, dann müssen wir es stehenlassen, daß einer alle darstellt,
daß in dem einen Menschensohn Jesu Christo, als dem letzten Adam, alle eingeschlossen sind, daß das, was durch ihn geschehen ist, für alle gilt. Dann Hände weg vom
andern, damit wir nicht in einer falschen Einstellung zur Schrift sind, die dem, was Jesus
vollbracht hat, nicht entspricht, sonst bleiben wir nicht in ihm!
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Johannes-Evangelium Teil 5
Aber nun lernen wir es praktisch anzuwenden. Wenn wir gefehlt, gesündigt haben,
möchten wir herzlich gern in Jesu bleiben. Wir möchten dann, wenn unser Gewissen
belastet ist, mit der Tatsache rechnen, daß wir in Christo Jesu unverklagbar vor dem
Vater sind. Aufgrund dessen, daß wir in Christo Jesu mitgestorben (Röm.6,6), mitbegraben
(Röm.6,4), mitauferstanden (Eph.2,5-6) und mitversetzt sind in das Himmlische (Eph.2,6),
muß auch das, was Schuld ist, vor Gott beseitigt sein. Wenn Menschen sich in ihm
wissen, mag in ihrem Leben vorkommen, was da will: Weil Gott den Menschen trotz
seiner Schuld in Jesu Christo, dem Auferstandenen, sieht, ist für ihn alle Schuld beseitigt.
Es kommt hierbei nicht auf unsre Erkenntnis und unsern Glauben an, es kommt hier
wirklich nur auf die
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Gottestat, auf sein Werk an, wo Gott selbst sich zu seinem Werk der Erlösung in Christo
Jesu stellt. Wenn Gott in seinem Sohn die menschliche Schuld für alle Geschöpfe für Zeit
und Ewigkeit gesühnt, getilgt und beseitigt hat, indem er den sündigen Leib der
Menschen in ihm ans Fluchholz gebracht hat, kann er nie in Jesu Christo, als dem
Vertreter der mit Gott versöhnten Menschheit, Schuld sehen. Das ist völlig
ausgeschlossen.
Dem könnte man entgegenhalten, das gebe uns einen Freipaß, und wir können nun
unbeschwert drauflossündigen! Wie lange wird ein solcher Freipaß Gültigkeit haben?
Wann kommen wir zur Einsicht und kehren wieder um? Sobald uns unser Gewissen
richtet! Wer wirklich glauben will, muß umkehren. Ein Sünder, der reumütig umkehrt,
kann aber unmöglich mutwillig weiter sündigen. Wenn er nun aufrichtig Buße tut, wird er
von Gott aufgenommen. Wie ist es aber beim zweiten, dritten, vierten, fünften Mal usw.?
Darf man dann nicht mehr kommen? Oder gilt für alle Zeiten die Verheißung, daß
niemand, der zu Gott kommt, hinausgestoßen wird? Man kann siebzigmal siebenmal
kommen - und auch dann noch! Menschliche Einwände sind hinfällig. Wenn wir
Menschen geneigt sind, eine von Gott gegebene Ordnung zu übertreten, dann kann Gott
auch warten, bis wir wieder kommen. Gott ist derselbe, gestern, heute und in Ewigkeit
(Hebr.13,8). Er hat auch Zeit zum Warten, bis wir aufgrund unserer gemachten
Erfahrungen gern wieder zu ihm kommen. Denken wir nicht, daß wir auf eine andre
Weise, als sie der göttlichen Ordnung entspricht, Besseres erreichen könnten als durch
unbedingte Glaubensstellung zu Gott und zu seinem vollbrachten Werk. Diese
Gehorsamsstellung nimmt jedes aufrichtige Kind Gottes seinen Sünden gegenüber gewiß
gern ein, indem es sich immer wieder an das Opfer anklammert.
Aber nun richten wir unsern Blick auf andre Gebiete. An Nahrung, Kleidung und
Obdach fehlt es uns ja nicht. Aber wie würden wir uns verhalten, wenn wir hungern
müßten oder keine Kleider und kein Obdach hätten? Das wissen wir darum kaum, weil
wir noch nicht ernsthaft in solcher Lage waren.
Ein anderes Gebiet ist uns erfahrungsgemäß besser bekannt: die Gesundheit des
Leibes. Es ist zwar im Wesen kein Unterschied zwischen dem, ob ich krank wäre oder
hungern und frieren müßte, oder ob ich kein Obdach und kein Bett zum Schlafen hätte.
Aber die Krankheit ist nun einmal die Erfahrung, die uns allen am besten bekannt ist.
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Johannes-Evangelium Teil 5
Trotz der Unterschiede in bezug auf das, was sich der Mensch auf dieser Erde bieten
und leisten kann - eine Erfahrung machen alle Menschen durch: die Krankheit. Gewiß
gibt es auch da wieder Unterschiede - der eine leidet schwer und lange unter seinen
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Krankheitserfahrungen, der andere leichter und weniger anhaltend. Auch gibt es im
Krankenhaus verschiedene Klassen; aber wenn es einmal gilt, sich auf den Operationstisch zu legen, dann machen auch die Klassenunterschiede nichts mehr aus. Was
für eine Stellung nehmen wir in solchen Krankheitserfahrungen ein? Wir reden jetzt von
diesem einen Gebiet als Illustration für alle Gebiete, die unser irdisches Leben
ausmachen. Fällt es uns in der Krankheit ebenso leicht, in Christo zu bleiben, wie wir es
der Schuld gegenüber tun können? Bei der Schuld wissen wir ganz genau, was es für
uns bedeutet, daß wir einen Bergungsort in Jesu, in seinem Opfer und seiner
Auferstehung haben. Wir wissen, daß diese Bergung uns Frieden und Freude und einen
hoffnungsvollen Ausblick gibt - trotz aller Verschuldung. Wir sind bald wieder obenauf.
Der Gerechte fällt siebenmal und steht wieder auf (Spr.24,16). Sind wir bei einer
Leibesstörung auch so schnell wieder obenauf? Oder liegen wir ebensolange wie die
andern und stehen, wie alle andern, erst wieder auf, wenn es besser geht? Da sehen wir
den Unterschied zwischen der inneren Stellung in den Erfahrungen, in denen man
einigermaßen geschult und gegründet ist, und den Erfahrungen des Alltagslebens, die
bedeutend schwerer für uns zu tragen und zu überwinden sind.
Was heißt es nun: das Fleisch Jesu zu essen und sein Blut zu trinken? In allen
Lagen, in allen alltäglichen Erfahrungen immer dieselbe Stellung zu Jesu Christo
einnehmen, wie man sie der Schuld gegenüber einnimmt, weil in ihm am Kreuz der alte
Mensch, der Sündenleib, vergangen und in seiner Auferstehung ein neuer Leib geworden
ist - das heißt das Fleisch Jesu essen und sein Blut trinken! Es ist kein Unterschied im
Opfer Jesu in bezug auf die menschliche Schuld und in bezug auf die Leiden am Fleisch.
Die äußeren Leiden sind im Opfer Jesu genauso behoben wie die innere Not. Es gibt
nicht ein Opfer Jesu für die innere Not des Menschen, das nicht zugleich auch das
Äußere des Menschen einschließen würde. Es ist nicht so, daß für die inneren Nöte das
Opfer da ist und man für die äußeren Leiden eine besondere Hilfe durch göttliches
Eingreifen und das Aufgerichtetwerden in Krankheit auf wunderbare Art und Weise
erfahren müßte. So darf das Essen des Fleisches und das Trinken des Blutes Jesu nicht
verstanden werden. Wir würden dann das „In-ihm-Bleiben“ umgehen.
Was liegt uns in Leibesnöten näher: auf Jesum zu sehen oder auf unsern kranken
Leib zu blicken, auf das Fleisch und Blut Jesu oder auf unser eigenes Fleisch und Blut?
Und doch ist beides eines, nur daß in seinem Kreuzestod der alte Leib abgelegt und in
seiner Auferstehung der neue Mensch hervorgebracht ist. Wenn Gott es in seinem
Ratschluß so bestimmt hat, daß dieses Fleisch zugrunde gehen soll, so geschieht das
doch nur um des inneren Menschen willen, damit er in
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Johannes-Evangelium Teil 5
der Stellungnahme zu Jesu von Tag zu Tag erneuert werde (2.Kor.4,16-18). Das Innere und
das Äußere gehören zusammen; so wie im Natürlichen Essen und Trinken, also die
Speise, zur Leibespflege dienen muß, so ist es auch im Geistigen.
Der Leib muß zur Geisteserhaltung, zur Geistespflege dienen, bis er in das göttliche
Ebenbild umgewandelt wird. So kommt es nicht darauf an, ob der Leib gesund oder krank
ist. Gewisse Leute haben den Ausspruch geprägt: „Ein gesunder Geist kann nur in einem
gesunden Leib wohnen.“ Für Kinder Gottes muß es aber anders aussehen:
Ein gesunder Geist kann auch in einem kranken Leib wohnen. Wenn der Geist
gesund sein soll, kann der Leib krank sein; gerade dann ist dem Menschen die
beste Möglichkeit für die Gesundung des Geistes gegeben. Im kranken
Leib hängt sich der Geist leichter an Gott als im gesunden. Im gesunden
Leib ist er versucht, sich an das Fleisch zu hängen. Das kann Gott dem
Geist abgewöhnen dadurch, daß er das Fleisch krank und siech
werden läßt
Deshalb sagt Paulus, daß wir den Schatz vom Licht der Herrlichkeit Gottes im
Angesicht Jesu in einem irdenen Gefäß tragen (2.Kor.4,7), damit wir in diesem Zustand
lernen, daß die Kraft, die unserem Geist beständig von Gott zuströmen muß, nie von uns
kommt. Deshalb werden wir allenthalben bedrängt, aber nicht erdrückt; wir kommen in
Verlegenheit, aber nicht in Verzweiflung; wir werden verfolgt, aber nicht verlassen; wir
werden niedergeworfen, kommen aber nicht um. Wir tragen allezeit das Sterben Jesu an
unserem Leibe herum, nur zu dem Zweck, daß das Leben an unserem sterblichen Leib
offenbar werde. Wir, die wir leben, werden immerdar dem Tode preisgegeben um Jesu
willen, auf daß das Leben Jesu an diesem sterblichen Leib offenbar werde (2.Kor.4,7-11).
Auf diese Weise läßt Gott, wenn es nötig ist, den äußeren Menschen zugrunde
gehen, damit der innere von Tag zu Tag erneuert wird. In diesem Lichte müssen die
Trübsale, die zeitlich und leicht sind, gesehen und verstanden werden (Röm.8,18;
2.Kor.4,17). Wenn uns Gottes Wort das nicht sagte, dann würden wir es nicht glauben.
Denn wer von uns möchte sagen, daß die Trübsale, selbst wenn sie zeitlich sind, auch
leicht seien? Wer kann das sagen, wenn er selber darin steckt?
Weil aber die Trübsale die über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit bewirken, und
zwar den Kindern Gottes, die geübt sind, nicht auf das Sichtbare zu sehen, sondern auf
das Unsichtbare, und die somit zu unterscheiden vermögen zwischen dem SichtbarZeitlichen und dem Unsichtbar-Ewigen (2.Kor.4,16-18) - darum können sie das von Paulus
niedergelegte Zeugnis verstehen und ihm zustimmen; denn
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wenn die Trübsal zeitlich ist, dann ist sie auch leicht im Vergleich zu dem, was sie
bewirken muß, nämlich die über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit. Die Frucht, die sich
aus der Trübsal ergibt, ist ewig. Im Verhältnis zur Ewigkeitsfrucht ist auch alles, was in
diesem Fleisch getragen werden muß und getragen werden kann, leicht. Es ist und bleibt
doch so: „Wie der Tag, so die Kraft!“ Legt uns der ewige Gott eine Last auf, so hilft er sie
auch tragen (Ps.68,29).
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Johannes-Evangelium Teil 5
Was immer im Alltagsleben im Fleisch und Blut von uns erfahren wird, dient nur zur
Übung. Wir sollen es lernen, uns beständig in Jesu Christo zu wissen und in ihm zu
bleiben. Es soll in unsrem Leben nichts geben, was eine andre Wirkung hat als die
Erkenntnis darüber, daß wir in Jesu sind, und den Glauben daran zu festigen und zu
vertiefen, zu wurzeln und zu gründen. Das ist von den Jünglingen gesagt. Sie haben den
Bösewicht überwunden, weil das Wort Gottes in ihnen bleibt. Deshalb sind sie stark
(1.Joh.2,13-14). Damit ist gesagt, daß man im Jünglingsalter so entwickelt und ausgereift
ist, daß man durch Essen seines Fleisches und durch Trinken seines Blutes in Jesu
Christo bleibt, so daß es in keiner Beziehung eine Erfahrung gibt, die dieses Bleiben in
ihm anders beeinflussen könnte, als es zu vertiefen. Trotz aller alltäglichen Erfahrungen
müssen wir es sehen, daß das Fleisch und Blut durch Jesum am Kreuz gestorben ist und
begraben wurde, daß Gott es unverweslich auferweckt hat und Jesus es in seiner
Herrlichkeit zur Rechten Gottes darstellt, bis er es an uns in der Leibesverwandlung für
Zeit und Ewigkeit offenbarmachen kann.
Aber die Grundordnung muß erfaßt und im Glauben festgehalten werden, daß das
Fleisch Jesu mein Fleisch und mein Fleisch sein Fleisch ist! Dann kann ich in Nöten des
Leibes und in Trübsalen versucht sein auf alle Art und Weise, die Schmerzen können
mich zeitweise quälen, seelische und geistige Bedrängnisse können mich übermannen es bleibt mir dennoch die Erkenntnis, daß ich in ihm bin, und darum will ich es auch
glauben, daß mich Jesus in seiner Gerechtigkeits- und Lebensfülle in seinem
Auferstehungsleib darstellt. Es gilt für Zeit und Ewigkeit, daß sein Fleisch mein Fleisch
und mein Fleisch sein Fleisch ist. Gott ist damit fertiggeworden. Da kann man nichts
anderes machen, als sich einzig nur zu der Tatsache dieser Gottesordnung zu stellen.
Wir sind durch die Auferstehung Jesu Christi aus dem Tode wiedergeboren, wir sind in
Christo eine neue Schöpfung, eine neue Ordnung.
Was bis zur Offenbarung dieser neuen Ordnung für die Schulung unseres Geistes
und unseres Glaubens an Jesum Christum nötig ist, das reicht der Vater seinen Kindern,
der treue Meister und das Haupt den Gliedern seines Leibes in wunderbarer
Vollkommenheit Tag für
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Tag dar. Wir haben nun einzig die Aufgabe, ständig in ihm zu bleiben, sein Fleisch zu
essen und sein Blut zu trinken. Das ist eine praktische Aufgabe, die von morgens früh bis
abends spät bewältigt werden muß. Erfüllt man diese Aufgabe, dann wird man als
Gotteskind - auch wenn man im Glauben angefochten wird - nicht im Unglauben
verharren. Man wird vielmehr immer wieder als Kind seines himmlischen Vaters seine
Glaubensstellung in Christo einnehmen.
Verstehen wir nun ein wenig von dem, was es bedeutet, das Fleisch Jesu zu essen
und sein Blut zu trinken? Dann können wir unserem Fleisch nicht jeden Wunsch erfüllen
und nicht jeder Empfindung des Fleisches Rechnung tragen, dann müssen wir es
vielmehr dem Fleisch gegenüber festhalten, daß es gestorben ist, begraben wurde und
nicht mehr existiert, weil wir Menschen in ihm, dem aus den Toten Auferstandenen, für
alle Ewigkeit eine neue Schöpfung geworden sind.
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Die Wirkung des Wortes Gottes und die
Stellungnahme der Menschen zu diesem Wort
„Solches sprach er, als er in der Synagoge zu Kapernaum lehrte. Viele nun aus
seinen Jüngern, als sie solches hörten, sprachen: Das ist eine harte Rede, wer
kann sie hören? Da aber Jesus bei sich selbst merkte, daß seine Jünger darüber
murreten, sprach er zu ihnen: Aergert euch das? Wie denn, wenn ihr sehen werdet des Menschen Sohn dahin auffahren, wo er zuvor war? Der Geist ist es, der
lebendig macht; das Fleisch nützt gar nichts. Die Worte, die ich zu euch rede,
sind Geist und Leben. Aber es sind etliche unter euch, die nicht glauben. Denn
Jesus wußte von Anfang, wer die seien, die nicht glaubten, und welcher ihn verraten würde. Und er sprach: Darum habe ich euch gesagt: Niemand kann zu mir
kommen, es sei ihm denn von meinem Vater gegeben!
Von da an traten viele seiner Jünger zurück und wandelten nicht mehr mit ihm.
Da sprach Jesus zu den Zwölfen: Wollt ihr nicht auch weggehen? Da antwortete
ihm Simon Petrus: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen
Lebens. Und wir haben geglaubt und erkannt, daß du bist der Heilige Gottes!
Jesus antwortete ihnen: Habe ich nicht euch Zwölfe erwählt? Und aus euch ist
einer ein Teufel! Er redete aber von Judas, Simons Sohn, dem Ischariot; denn
dieser sollte ihn hernach verraten, einer aus den Zwölfen.“ (Joh.6,59-71)
Das lebendige Wort Gottes wirkt in den Herzen der Menschen die Scheidung
zwischen Glauben und Unglauben
In diesen Zeugnissen, die der Evangelist Johannes niedergeschrieben hat, ist in
besonderer Weise von der Wirkung die Rede, die Jesu Worte bei seinem Volk und auch
bei seinen Jüngern hatten. Dieselbe Wirkung, die die Worte Jesu damals hatten, als er
sie aussprach, hat das Wort Gottes fort und fort, bis zur gegenwärtigen Stunde. Es ist
dasselbe Wort, ob wir es im Zeugnis der Heiligen Schrift vor uns haben, ob es aus dem
Munde Jesu stammt, oder ob es von den Wundern und Zeichen berichtet, die in den
Tagen, als Jesus auf dieser Erde wandelte, geschehen sind. Die Wirkung des Wortes ist
dieselbe: zuallererst Scheidung! Und die verschiedenartige Stellung, die die Menschen
zum Wort Gottes einnehmen, ist auch unverändert. Der Apostel schreibt den Hebräern
über die Wirkung des Wortes:
„ … das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und dringt durch, bis daß es scheidet Seele und Geist, auch
Mark und Bein und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens; und
keine Kreatur ist vor ihm verborgen,
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es ist vielmehr alles bloß und offen vor seinen Augen, und mit ihm haben wir es
zu tun.“ (Hebr.4,12-13)
Das ist immer die Wirkung des Wortes Gottes: es scheidet bis ins Innerste, Seele und
Geist, auch Mark und Bein, es richtet die Gedanken und Sinne des Herzens durch und
durch, so daß die Stellung des Menschen zu Gott aufgrund seines Wortes im Glauben an
Jesum oder im Unglauben offenbar wird.
Die Stellung zum Sohne Gottes, die das Wort bei den Menschen bewirkte, war in den
Tagen Jesu ganz verschieden, und so ist es zu allen Zeiten. Aber im Umgang mit Jesu
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Johannes-Evangelium Teil 5
wurde keine Unklarheit, keine Vermischung zwischen Glauben und Unglauben geduldet,
nicht einmal zwischen Glauben und Glauben. Wir können z.B. weder Johannes dem
Täufer, noch der Mutter Jesu, noch Nikodemus, dem Lehrer Israels, den Glauben an
Jesum, den Sohn Gottes, absprechen. Aber es war noch nicht der seligmachende
Glaube an Jesum.
Bleiben wir bei der Tatsache stehen, daß Jesus selbst auf der Hochzeit zu Kana ganz
gründlich zwischen seiner eigenen und der Stellung seiner Mutter unterschieden hat.
Ebenso deutlich ist der Unterschied zwischen Johannes dem Täufer und Jesu
offenbargeworden. Johannes anerkannte den Bräutigam in seinem Verhältnis, das er zur
Braut hatte, kümmerte sich aber nicht um das Verhältnis, das die Braut zum Bräutigam
haben soll; er begnügte sich damit, ein Freund des Bräutigams und der Braut zu sein.
Und Nikodemus, ein Lehrer Israels, hat aus Jesu Mund deutlich genug vernehmen
müssen, daß, wer nicht aus Wasser und Geist, wer nicht von neuem geboren ist, nicht
ins Reich Gottes eingehen kann. Jesus sagte zu ihm:
„Ihr nehmt unser Zeugnis nicht an!“ (vgl.Joh.3,11)
Genauso klar und bestimmt bezeugt er es jetzt seinen Zuhörern:
„ … ich habe es euch gesagt, daß ihr mich gesehen habet und doch nicht glaubet.“ (Vers 36)
Je deutlicher Jesus Zeugnis von sich ablegte, um so klarer wurde die Gegenstellung des
Volkes ihm gegenüber offenbar. Sie sagten:
„Ist dieser nicht Jesus, Josephs Sohn, deß Vater und Mutter wir kennen?“ (Vers
42)
Zuvor hatte Jesus bezeugt:
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, nicht Moses hat euch das Brot vom Himmel
gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn das
Brot Gottes ist dasjenige, welches vom Himmel herabkommt und der Welt Leben
gibt.“ (Vers 32-33)
Seite 46
Daraufhin baten die Jünger, wie vordem schon die Samariterin:
„Herr, gib uns allezeit dieses Brot!“ (Vers 34)
Sie erinnerten sich natürlich an das Brot, das sie wenige Stunden vorher gegessen
hatten, wobei fünftausend Männer von fünf Gerstenbroten und zwei Fischen satt
geworden waren. Das Verlangen des Volkes nach dem von Jesu bezeugten Brot vom
Himmel ließ aber sofort nach, als Jesus zu ihnen sagte:
„Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer
an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“ (Vers 35)
Dazu brauchte er ihnen nur noch zu sagen:
„Ich bin das lebendige Brot, vom Himmel herabgekommen. Wenn jemand von
diesem Brot ißt, der wird in Ewigkeit leben; und das Brot, das ich geben werde,
ist mein Fleisch, welches ich geben werde für das Leben der Welt.“ (Vers 51)
Diese Worte bewirkten noch vermehrten Widerstand, und sie sagten:
„Wie kann dieser uns sein Fleisch zu essen geben?“ (Vers 52)
Darauf antwortete Jesus:
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohnes esset und sein Blut trinket, so habt ihr kein Leben in euch. Wer mein
Fleisch isset und mein Blut trinket, der hat ewiges Leben, und ich werde ihn auferwecken am letzten Tage. Denn mein Fleisch ist eine wahre Speise, und mein
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Johannes-Evangelium Teil 5
Blut ein wahrer Trank. Wer mein Fleisch isset und mein Blut trinket, der bleibt in
mir und ich in ihm. Wie mich der lebendige Vater gesandt hat, und auch ich um
des Vaters willen lebe, so wird auch, wer mich isset, um meinetwillen leben. Dies
ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist; nicht (daß man es esse) wie
eure Väter das Manna gegessen haben und sind gestorben: Wer dieses Brot
isset, der wird leben in Ewigkeit!“ (Vers 53-58)
Diese Worte bewirkten eine noch gründlichere Scheidung. Gründlicher kann sie gar nicht
erfolgen. Denn jetzt reicht diese Scheidung bis in die Reihen der Jünger Jesu hinein.
Jetzt sind es nicht nur die Juden im allgemeinen, die als die Vertreter der mosaischen
Gesetzesordnung an seinem Verhalten Anstoß genommen hatten, weil er am Sabbat
einen achtunddreißig Jahre lang Krankgewesenen geheilt und dazu ihn auch aufgefordert
hatte, sein Bett zu nehmen und wegzutragen, während doch das Tragen am Sabbat
untersagt war. Damals waren es nur die gesetzestreuen Juden, die ihn der
Gotteslästerung beschuldigt hatten, weil er, ungeachtet dessen, daß sie seinen Vater
Joseph, seine Mutter Maria und seine Schwestern kannten, gesagt hatte, Gott sei sein
Vater.
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Die Lehre Jesu vom Brot des Lebens, vom Essen seines Fleisches und Trinken
seines Blutes wirkte auch in seinem Jüngerkreis die Scheidung zwischen
Glauben und Unglauben
Als Jesus dann von sich selbst das Zeugnis ablegte, er sei das wahre Brot vom
Himmel, und als er dazu noch die weitere Erklärung gab, daß dieses Brot sein eigenes
Fleisch sei, das man essen, und sein Blut der wahre Trank sei, den man trinken müsse
(Vers 51),
waren selbst die Menschen, die Jesum zu seinen Jüngern gemacht hatte und
die in seine Nachfolge getreten waren, befremdet. Wie kann dieser uns sein Fleisch zu
essen und sein Blut zu trinken geben? So mögen sie fassungslos gefragt haben. Sie
konnten zwar alle Tage ihre Opfer bringen und das Opferfleisch der Opfertiere essen; sie
konnten selbst diese Opfer noch als natürliche Speise zur Erhaltung ihres Leibes
betrachten. Wenn nun aber Jesus behauptete, daß man sein Fleisch essen und sein Blut
trinken müsse, um dadurch zu beweisen, daß man das vom Himmel gekommene Brot
angenommen habe, dann beurteilten viele seiner Jünger seine Worte als harte Rede und
murrten darüber. Dieser Tatsache standen sie, trotz dem Glauben, dessen sie sich bis
dahin freuten, und obwohl sie durch seine Wunder und Zeichen von seiner göttlichen
Sendung und Mission überzeugt worden waren, nun doch als Ungläubige gegenüber.
Durch seine Worte, die sie als überspannt beurteilen mußten, wurde alles zertrümmert,
was bis dahin in ihrem Vertrauensverhältnis zu Jesu aufgebaut worden war. Von welcher
Seite kam dann in der Hauptsache der Widerstand gegen Jesum? Aus den Reihen seiner
Jünger! Es heißt hier, daß Jesus zu ihnen sagte:
„ … es sind etliche unter euch, die nicht glauben. Denn Jesus wußte von Anfang,
wer die seien, die nicht glaubten, und welcher ihn verraten würde.“ (Vers 64)
Deshalb sagte er ihnen auch mit klaren Worten:
„Habe ich nicht euch Zwölfe erwählt? Und aus euch ist einer ein Teufel!“ (Vers
70)
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Johannes-Evangelium Teil 5
Diese Worte zeigen uns, wo der eigentliche Herd des Unglaubens unter seinen
Nachfolgern war, nämlich in den Reihen der zwölf vom Herrn erwählten Jünger. Unter
diesen zwölf Jüngern war einer ein Teufel! Die Teufel bzw. die bösen Geister glauben
zwar auch, aber zittern dabei! (Jak.2,19). Dieses Zittern im Glauben ist aber gerade der
Unglaube des Glaubens, es ist ein zweifelnder, zitternder Glaube, und das ist des Teufels
Art. Wer in seinem Unglauben ein wenig gläubig ist, aber in seinem Unglauben verharrt,
ohne dafür zu sorgen, daß er aus diesem Unglauben zum wahrhaftigen Glauben kommt,
der ist mitten unter den Gläubigen ein Teufel! Sind wir etwa der Meinung, daß es eine
geringfügige
Seite 48
Sache sei, einen Geist des Unglaubens im Gewand des Glaubens zu haben? Den
größten Widerstand, dem Jesu begegnen mußte, verursachte Judas, der Ischariot. Die
Pharisäer und Schriftgelehrten hätten ihre Absicht, die sie verfolgten, nicht so ohne
weiteres ausführen können, wenn sich dieser Judas nicht an ihre Spitze gestellt hätte.
Die offenbaren Feinde Jesu nahmen eine klare Stellung ein und ließen es jedermann
erkennen, daß sie als Hüter des Gesetzes Todfeinde Jesu waren; aber die Feindschaft
des Judas blieb bis zuletzt verborgen; denn er gehörte zum engsten Jüngerkreis Jesu.
Von ihm heißt es:
„Der mit mir das Brot ißt, hat seine Ferse wider mich erhoben.“ (Joh.13,18)
Alles, was er gegen Jesum ausführte, tat er im Scheingewand des Glaubens. Bei allem
hütete er seinen Platz im Kreis der Jünger Jesu Christi. Auf diesen Unglauben weist
Jesus hin, wenn er davon redet, daß etliche unter seinen Jüngern vorhanden seien, die
nicht glaubten. Und um diesem Unglauben bis auf die Wurzel zu begegnen, wendet er
sich an die Jünger mit der Frage:
„Wollt ihr nicht auch weggehen?“ (Vers 67)
Wäre Judas in seiner zweifelnden Stellung ehrlich gewesen, dann hätte er gesagt: Ich,
von meiner Seite aus, erkläre meinen Austritt aus dieser überspannten Gesellschaft, ich
bin doch gesund in meinem Sinn, ich werde kein Menschenfresser! Diesen Mut hat er
aber nicht aufgebracht. Er hat sich still verhalten und nichts gesagt, als Petrus das Wort
ergriff:
„Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens.“ (Vers 68)
Auf dieses Bekenntnis hin sagt Jesus:
„Habe ich nicht euch Zwölfe erwählt? Und aus euch ist einer ein Teufel!“ (Vers
70)
Worin besteht die Teufelsart mehr als in der Unaufrichtigkeit, in der Unehrlichkeit, die
nicht klar und offen gegen Jesum Stellung nimmt? Ein verkappter Gegner wird nicht
erkannt und ist deshalb um so gefährlicher. Diese unaufrichtige Art, wie in der Gesinnung
des Judas Versteck zu spielen, zieht sich durch die ganze Gemeinde hindurch und findet
ihren Höhepunkt in der Wirkungsart des falschen Propheten, in dem zweiten Tier von
Offb.13,11, dem Tier aus der Erde, von dem es heißt, daß es zwei Hörner hat gleich
einem Lamm und redet wie ein Drache. Diese Judasgesinnung trägt nach außen hin den
Schein der Gottseligkeit, das Wesen und die Kraft aber wird verleugnet. Auch Kinder
Gottes, die, wie Judas, im Schein der Gottseligkeit einhergehen, gehen auf das wahre
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Johannes-Evangelium Teil 5
Wesen der Gottseligkeit nicht ein; sie stellen sich nicht zur göttlichen Ordnung, zu dem,
was Geburt aus Gott und Geist ist. Deshalb bleiben sie bei dem stehen,
Seite 49
was aus dem Geblüt, aus dem Willen des Fleisches, aus dem Willen des Mannes ist, und
dünken sich über „unnüchterne Glaubensschwärmerei“ erhaben. Sie können, so wenig
wie einst die Jünger Jesu, verstehen, was es bedeutet, das Fleisch und Blut Jesu zu
genießen. Es ist anscheinend leichter, Menschenblut zu vergießen als zu genießen.
Wenn wir Jesum heute in unserer Mitte hätten, dann müßte er in der gleichen Weise auf
diesen Unglauben und auch auf den Teufel in der Mitte der Jünger hinweisen. In der
Auseinandersetzung mit den Juden in bezug auf den Geheilten hat Jesus zu ihnen
gesagt:
„Ich bin im Namen meines Vaters gekommen, und ihr nehmt mich nicht an. Wenn
ein anderer in seinem eigenen Namen kommt, den werdet ihr annehmen.“
(Joh.5,43)
Dieses Zeugnis trifft zu für den falschen Propheten, für das zweite Tier, das Tier aus der
Erde, von dem es heißt, daß es zwei Hörner hat gleich einem Lamm und redet wie ein
Drache (Offb.13,11). Alle, die nicht so glauben können, wie es die Schrift sagt, werden dem
falschen Propheten und seinem Glaubensbekenntnis zum Opfer fallen. Wenn Jesus im
Namen seines Vaters kommt, und ein anderer kommt in seinem eigenen Namen, dann ist
das Auftreten dieser beiden nach außen hin dasselbe. Wer möchte das Zeugnis
Johannes des Täufers vom Zeugnis Jesu unterscheiden? Ihr Zeugnis ist genau dasselbe.
Johannes hat die göttliche Ordnung der Erlösung so klar bezeugt wie Jesus. Und doch
bestand zwischen ihm und Jesu ein gewaltiger Unterschied. Wenn Johannes sagte: Ich
bin nicht Jesus, ich bin nicht der Bräutigam, so war das alles Wahrheit. Gewiß, sein
Zeugnis in bezug auf Elias erscheint uns nicht richtig. Denn Jesus bezeugte, daß
Johannes wirklich der Elias war (Matth.11,14), während Johannes zu den Juden, die ihn
danach fragten, sagte: „Ich bin es nicht!“ (Joh.1,21). Sonst war das Zeugnis Johannes des
Täufers lauter, aufrichtig, wahr. Er mußte sagen: Ich bin es nicht, und Jesus konnte
sagen: Ich bin es. Mein Fleisch müßt ihr essen und mein Blut trinken, und wenn ihr es tut,
so will ich euch auferwecken am Ende der Tage. Das konnte Johannes nicht sagen. Er
hat aber auch nie von sich das Zeugnis abgelegt oder ablegen können, daß er Jesu
Fleisch gegessen und sein Blut getrunken habe. Er konnte nie sagen, daß er zu den
Jüngern Jesu, zur Braut gehöre. Nach außen hin war die Aufmachung dieselbe. Wir
würden aus dem Zeugnis, das Johannes über Jesum abgelegt hat, schließen, daß er
einen starken Glauben an Jesum und ein großes Vertrauen zu ihm hatte. Und doch war
zwischen diesen beiden göttlichen Werkzeugen eine recht große Kluft. Nur war Johannes
- im Vergleich zu Judas Ischariot - nicht ein Teufel, weil er ehrlich war. Judas dagegen
war ein Teufel, weil er unaufrichtig war. Johannes gab seiner Gesinnung Ausdruck, aber
Judas verbarg
Seite 50
sie, er schwieg, und deshalb war er ein Teufel im Lichtgewand. Machen wir doch einfach
die Probe aufs Exempel! Wir haben zwei Möglichkeiten. Die eine besteht darin, daß wir
uns in irgendeiner Weise zu Jesu bekennen, sei es so wie Johannes der Täufer oder wie
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Johannes-Evangelium Teil 5
Nikodemus oder wie die Fünftausend, die Brot gegessen hatten und satt geworden
waren, oder auch wie der am Teich Bethesda Geheilte, der zwar von Jesu den Segen der
Heilung empfing, aber dann hinging, um Jesum den Vertretern der alten mosaischen
Gesetzesordnung auszuliefern.
Die andre Möglichkeit wird illustriert durch die Hüter der mosaischen Ordnung, die als
Feinde Jesu offenbarwerden mußten, wenn sie ihr Amt treu verwalten wollten. Diese
mußten Jesum als Gotteslästerer verurteilen, über diese Stellung dünken wir uns als
Gläubige vielleicht hoch erhaben. Angesichts dieser verschiedenen Persönlichkeiten in
ihrem Verhältnis zu Jesu können wir uns selbst prüfen. Wir können uns aber auch an der
Gesinnung prüfen, die durch einen der Jünger im engsten Jüngerkreis der Zwölfe
offenbar wurde, unter denen der Teufel saß. Diese satanische Gesinnung wurde erst ins
Licht gerückt, als Jesus alles von sich sagte, was er nur sagen konnte, nämlich, daß man
sein Fleisch essen und sein Blut trinken müsse. Es ist also für ein Kind Gottes gar nicht
so besonders schwierig, darüber Klarheit zu erlangen, ob es zu den Menschen gehört,
von denen das Wort Gottes sagt: Er kam in sein Eigentum, und die Seinen nahmen ihn
nicht auf! (Joh.1,11). Zu den Seinen, die Jesum nicht aufnahmen, gehörten alle die, von
denen wir schon ein Bild haben: das waren Johannes der Täufer, Nikodemus, Jesu
leibliche Brüder und Schwestern, die Juden im allgemeinen, ferner die Juden, die Jesus
heilte, die, denen er zu essen gab, daß sie satt wurden; sie alle nahmen Jesum nicht auf!
Das ist die eine Art. Von einer andern Art steht aber geschrieben:
„Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Vollmacht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben.“ (Joh.1,12)
Wer waren nun die, die ihn aufnahmen? Petrus, als Sprecher des engsten Jüngerkreises
der Zwölfe, legte in einem kritischen Augenblick, als viele der Jünger Jesu zurücktraten
und nicht mehr mit ihm wandelten, ein klares und treffliches Zeugnis als Treuebekenntnis
zu Jesu ab mit den Worten:
„Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens. Und wir haben
geglaubt und erkannt, daß du bist der Heilige Gottes!“ (Vers 67-68)
Seite 51
Aber selbst von ihm mußte Jesus später sagen:
„ … der Satan hat euer begehrt, euch zu sichten wie den Weizen; ich aber habe
für dich gebeten, daß dein Glaube nicht aufhöre; und wenn du dich dermaleinst
bekehrst, so stärke deine Brüder!“ (Luk.22,31-32)
Und Paulus muß von Petrus berichten:
„Als aber Kephas nach Antiochien kam, widerstand ich ihm ins Angesicht, denn
er war beschuldigt. Bevor nämlich etliche von Jakobus kamen, aß er mit den
Heiden; als sie aber kamen, zog er sich zurück und sonderte sich ab, weil er die
aus der Beschneidung fürchtete. Und es heuchelten mit ihm auch die übrigen
Juden, also daß selbst Barnabas mit fortgerissen ward von ihrer Heuchelei. Als
ich aber sah, daß sie nicht richtig wandelten, nach der Wahrheit des Evangeliums, sprach ich zu Kephas vor allen: Wenn du, der du ein Jude bist, heidnisch
lebst und nicht jüdisch, was zwingst du die Heiden, jüdisch zu leben?“ (Gal.2,1114)
Da sehen wir, wie wichtig es ist, auch auf die jeweilige Glaubenshaltung der Jünger zu
achten.
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Johannes-Evangelium Teil 5
Noch ernster ist das Urteil der Heiligen Schrift über Johannes den Täufer. Klarer
konnte ein Zeugnis über Jesum nicht sein, als es Johannes der Täufer von Jesu abgelegt
hatte, und doch muß Jesus von ihm sagen, daß der Kleinste im Reich Gottes größer sei
als er (Matth.11,11). Die Stellung, die Petrus im Verhältnis zu Jesu hatte, war der
Entwicklung unterworfen, während Johannes das, was er anfänglich von Jesu bezeugte,
später anzweifeln mußte, so daß er nicht einmal der Kleinste im Reich Gottes sein
konnte. Wieviel brauchte es bei diesen Männern, bis sie das nötige Verständnis dafür
aufbringen konnten, daß Jesus ihr Lebensvermittler war - während Jesus einer
Samariterin, die fünf Männer gehabt hatte und mit dem sechsten im Ehebruch lebte,
Lebenswasser vermitteln konnte, so daß sie selbst zu einer Quelle des Wassers wurde,
das ins ewige Leben quillt (Joh.4,14). Sündern war es leichter, ins rechte Verhältnis zu
Jesu zu kommen, als den Menschen, die der Meinung waren, ihr Verhältnis zu Jesu sei
in bester Ordnung. Aber auch diejenigen, die Jesum aufgenommen hatten, mußten für ihr
Glaubensleben noch viel lernen. Das wird uns aus einigen weiteren Schriftzeugnissen
klar. In seiner letzten Abschiedsrede sagt Jesus zu seinen Jüngern:
„Solches habe ich euch in Gleichnissen gesagt; es kommt aber die Stunde, da
ich nicht mehr in Gleichnissen zu euch reden, sondern euch frei heraus von meinem Vater verkündigen werde. An jenem Tage werdet ihr in meinem Namen bitten; und ich sage euch nicht, daß ich den Vater für euch bitten wolle; denn der
Vater selbst
Seite 52
hat euch lieb, darum daß ihr mich liebt und glaubt, daß ich von Gott ausgegangen
bin. Ich bin vom Vater ausgegangen und gekommen in die Welt; wiederum
verlasse ich die Welt und gehe zum Vater.“ (Joh.16,25-28)
Diese Worte sagen dasselbe, was Jesus schon von Anfang an über seine Stellung
ausgesprochen hatte. Was sagen nun die Jünger darauf?
„Siehe, nun redest du offen und brauchst kein Gleichnis! Nun wissen wir, daß du
alles weißt und nicht nötig hast, daß dich jemand frage; darum glauben wir, daß
du von Gott ausgegangen bist!“ (Joh.16,29-30)
Jesus antwortete ihnen aber:
„Jetzt glaubt ihr; doch siehe, es kommt die Stunde und ist schon da, wo ihr euch
zerstreuen werdet, ein jeglicher in das Seine und mich allein lasset.“ (Joh.16,3132)
Solch unverständliche Rätsel gibt uns der Glaube auf, selbst der Glaube der Jünger, die
vielleicht der Meinung waren, daß sie im Glauben bereits Helden seien.
Wie wenig Einfluß von außen brauchte es, bis sie alle auseinanderstoben
und Jesum allein ließen!
Und was mußte er dreien seiner Jünger sagen, die aller Wahrscheinlichkeit nach im
engsten Verhältnis zu Jesu waren und die er in der Stunde schwerster Versuchung und
Anfechtung darum bat, eine Stunde mit ihm zu wachen und zu beten? Er sagte zu ihnen:
„Wachet und betet, auf daß ihr nicht in Anfechtung fallet! Der Geist ist willig; aber
das Fleisch ist schwach.“ (Matth.26,41)
Nicht eine einzige Stunde konnten sie mit ihm wachen.
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Johannes-Evangelium Teil 5
Die Zöllner und Sünder nehmen Jesum auf und glauben an ihn, weil sie auf das
in ihm offenbarte Gnadengeschenk angewiesen sind
Es ist somit ein Unterschied zwischen dem Glauben, den wir bei den Jüngern jener
Zeit und auch bei uns selbst feststellen müssen, und dem Glauben einer Samariterin, die
schon, ehe Jesus in ihr Leben hineintrat, wußte, daß der Messias kommen und ihr alles
sagen würde, was sie wissen mußte (Joh.4,25). Was für ein Unterschied bestand denn
zwischen dem Volk Gottes - das, allen andern Menschen voraus, Gottes Eigentum war,
das aber Jesum nicht aufnahm, das vielmehr in den verschiedensten Schattierungen und
Spielarten seinen ihm von Gott gesandten Retter ablehnte - und der Samariterin, sowie
den Galiläern, die Jesu ferner standen als das Volk Gottes, ja, die ihm gegenüber sogar
Fremde, Ausländer waren? Auf
Seite 53
der einen Seite ist das Volk Gottes, das seinem Gott bis zu einer gewissen Grenze folgt.
Auf der andern Seite sind die Zöllner und Sünder (Matth.21,31-32). Die Grenze ist dem
einigermaßen treuen Volk Gottes durch die Naturordnung des Fleisches gezogen. Darin
war dem Volk Gottes eine vorbildliche Ordnung im Gesetz gegeben. Doch als nun die
Menschen dieses Volkes in die wahre Gottesordnung eingehen und Jesus als den ihnen
von Gott gesandten Retter annehmen sollten, verwarfen sie ihn. Ihr Glaube reichte nicht
so weit, daß sie ihren Messias aufnahmen, ja, es kam sogar zur endgültigen Ablehnung.
So ist es jederzeit. Die Sünder und Zöllner kannten eine solche Grenze nicht. Für sie gab
es nur ein Entweder-Oder. Sie mußten ihr Heil nicht durch treues üben einer ihnen von
Gott gegebenen Ordnung erlangen und festhalten; sie wußten, daß es für sie nur ewiges
Leben gibt, wenn es ihnen geschenkt wird. Geradeso ist es mit den Zweigen, die in den
Ölbaum eingepfropft werden (vgl.Röm.11,13-24); auch dieses Bild weist auf einen
Gnadenakt Gottes hin. Die eingepfropften Zweige werden vom Volk Gottes nicht als
Glieder dieses Volkes anerkannt werden, und wenn sie sich zu ihnen halten, bleiben sie
eben nur Proselyten, d.h. zum Judentum Hinzugetretene. Sie werden nie als dem Volk
wirklich zugehörig betrachtet werden. Wenn Gott sie aber einpfropft, dann werden sie
Zweige des Ölbaumes, obgleich sie vorher einem wilden Baum in der Völkerwelt
angehört haben. Sobald sie von Gott als Zweige des Volkes eingepfropft sind, gehören
sie rechtmäßig diesem Ölbaum und dem Volk Gottes an. Das entspricht der Stellung der
Sünder und Zöllner. Sie können, allen andern voraus, als solche, die wissen, daß um
ihrer Sünden willen ihr Leben verscherzt ist, die Gnade erfassen, wenn sie ihnen in dem
ewigen Heil angeboten wird. Die Samariterin hatte nicht lange Bedenken darüber, wie
dieser Prophet, der sich ihr als Messias offenbarte, ohne Gefäß, ohne das man doch kein
Wasser schöpfen kann, aus den Tiefen des Jakobsbrunnens Wasser heraufholen könnte.
Ihr Bedenken, ob dieser Mann mehr tun könne als der Vater Abraham, schwand, sobald
er ihr sagte, was sie in ihrem Leben schon getan hatte. Das nahm ihr jedes Bedenken.
Aber der gesetzestreue Jude, der in der Opferordnung steht, zerbricht sich seinen Kopf
darüber, was es heißt, daß man von einem Menschen Blut trinken und Fleisch essen
solle, da Gott doch gebietet, Tieropfer zu bringen, während er Menschenopfer verbietet.
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Johannes-Evangelium Teil 5
Wie ist es nur möglich, auf diese Art ewiges Leben zu bekommen? Ist so etwas zu
glauben für gläubige Menschen zumutbar? Solche Zweifel waren aber nur das
Sprungbrett für weitere Bedenken und führten zu handfesten Äußerungen der Ablehnung
des von Gott gesandten Vermittlers des ewigen Lebens. Fort mit einem solchen
Sündenbock! Er muß sterben.
Seite 54
Das war ihr Wille, und der reifte zum festen Entschluß aus, ihn zu töten. In Jes.14,29
steht geschrieben, daß aus der Schlange eine Natter wächst und aus der Natter ein
fliegender Drache hervorkommt. Das ist ein Hinweis auf die Entwicklung, wie sie sich von
Generation zu Generation, von Zeitalter zu Zeitalter vollzieht. Zuerst ist der Einfluß
Satans im engsten Jüngerkreis vorhanden, und zuletzt wirkt Satan als Drache, wie es in
Offenbarung 13 gezeigt ist, indem er dem Tier aus dem Meer seinen Thron und seine
Macht gibt, bis sich sein Dracheneinfluß über die ganze Völkerwelt erstreckt. Worin
besteht dieser Einfluß? Er soll bewirken, daß sich die Menschen bis zur höchsten Höhe
emporschwingen wollen - über die äußersten Höhen im Norden -, um Gott gleich zu sein
(vgl.Jes.14,13-14). Worin besteht die Gottgleichheit? Darin, daß einer, der sich als der
Edelste unter den Menschen dünkt, nicht anerkennt, daß er ein Sünder ist und
Sündentilgung im Opfertod Jesu Christi braucht; denn es wäre eines solchen
Heldenmenschen unwürdig und verkleinerte seine Größe, wenn man ihn als Sünder
stempeln müßte und er die Gnade Gottes, die Schuldtilgung durch das Opfer benötigte.
Das ist das Letzte vom Offenbarwerden der Judasstellung, daß man, bei aller Erkenntnis
der Erlösungswahrheit, in seinem vermeintlichen, stets nach außen zur Schau gestellten
„Glauben“ in Wirklichkeit den Glauben als Rettung und seligmachenden Faktor
verleugnet. Der Mensch bleibt bei der Naturordnung stehen und baut die Naturordnung
zur Gottgleichheit aus. Nur eins hat ein solcher Mensch noch nicht auszusprechen
gewagt, wie Jesus es getan hat: „Ich werde euch am Ende der Tage auferwecken.“ Der
Mensch kann sich wohl in eingebildeter Schuldlosigkeit Gott gleichstellen, er kann aber
nicht bezeugen: Ich werde die Toten auferwecken am letzten Tage.
Studieren wir das, was Gottes Wort sagt, gründlich in bezug auf unsere eigene
Erkenntnis!
„ … wenn ihr nicht das Fleisch des Menschensohnes eßt und sein Blut trinkt, so
habt ihr kein Leben in euch.“ (Vers 53),
sagt Jesus (Joh.6,53). Es ist also ein Unterschied, ob ein Kind Gottes das Fleisch des
Sohnes Gottes ißt und sein Blut trinkt, oder ob es im Gewand seines „Glaubens“
ungläubig ist.
_________
Seite 55
7.Kapitel
Der Unterschied zwischen der Zeit Jesu,
um sich der Welt als ihr Retter zu
offenbaren - und der Zeit seiner leiblichen
- 39 -
Johannes-Evangelium Teil 5
Brüder, um ihre gesetzestreue Gesinnung
und dadurch ihren Unglauben an Jesum
unter Beweis zu stellen
„Darnach zog Jesus umher in Galiläa; denn er wollte nicht in Judäa umherziehen,
weil die Juden ihn zu töten suchten. Es war aber das Laubhüttenfest der Juden
nahe. Da sprachen seine Brüder zu ihm: Brich doch auf von hier und ziehe nach
Judäa, auf daß auch deine Jünger deine Werke sehen, die du tust! Denn
niemand tut etwas im Verborgenen und sucht doch öffentlich bekannt zu sein.
Wenn du solches tust, so offenbare dich der Welt! Denn auch seine Brüder
glaubten nicht an ihn. Da spricht Jesus zu ihnen: Meine Zeit ist noch nicht da;
aber eure Zeit ist immer bereit. Die Welt kann euch nicht hassen, mich aber hasset sie; denn ich zeuge von ihr, daß ihre Werke böse sind. Gehet ihr hinauf zum
Feste; ich gehe noch nicht hinauf zu diesem Fest, denn meine Zeit ist noch nicht
erfüllt. Solches sagte er zu ihnen und blieb in Galiläa. Nachdem aber seine Brüder zu dem Feste hinaufgegangen waren, ging auch er hinauf, nicht öffentlich,
sondern im Verborgenen.“ (Joh.7,1-10)
Die leiblichen Brüder Jesu glaubten deshalb nicht an ihn, weil sie - gleich
den übrigen Juden - noch ans Gesetz gebunden waren und von der
Gesetzesordnung aus urteilten
Jesus hatte am Teich Bethesda den Kranken geheilt, der achtunddreißig Jahre lang
krank gelegen hatte. Immer, wenn das Wasser durch einen vom Himmel kommenden
Engel bewegt wurde, hatte dieses heilende Kraft, und der Kranke, der zuerst
hineingestiegen war, konnte gesund werden. Das konnte der langjährige Kranke nicht
erreichen, weil andere vor ihm hineinstiegen. Nun kam Jesus dorthin und heilte ihn. Es
war aber Sabbat, als er ihn heilte und ihm anschließend sagte, er solle sein Bett nehmen
und heimgehen. Die Juden sahen das als Gesetzesübertretung an und wollten deshalb
Jesu töten. Die Empörung über diese Handlung konnten die gesetzestreuen Juden nicht
überwinden. Nicht die Speisung der Fünftausend mit fünf Gerstenbroten und zwei
Fischen wirkte sich nachträglich aus, davon ist jetzt nicht die Rede. Diese Erfahrung
wurde
Seite 56
unter dem Volk bald durchgesprochen und war damit erledigt. Jesus machte es ihnen bei
dieser Speisung klar, daß sie in Wirklichkeit nicht ihn, also ihr wahres Brot vom Himmel,
sondern nur ihren Vorteil im Natürlichen suchten, nachdem sie von ihm gesättigt worden
waren. Daraufhin erklärte er ihnen den Weg zum wahren Leben, indem er ihnen den
Unterschied zeigte zwischen dem Manna, das Gott dem Volk Israel in der Wüste gab,
und seinem eigenen Fleisch, das er ihnen zu essen geben wollte als das wahre Brot vom
Himmel, das ihnen das ewige Leben geben würde. Das alles hatte das Volk und auch
seine leiblichen Brüder von seiner Sohnesstellung nicht überzeugt. Vielmehr murrten
viele, ärgerten sich, traten zurück und wandelten nicht mehr mit ihm, ja, sie suchten ihn
zu töten. Aber aus Jesu Worten, die er nach Kap.7,21-24 an die Juden richtete, geht
hervor, daß nicht sein Zeugnis vom Brot des Lebens, das er, anschließend an die
Speisung der Fünftausend, über sich selbst ablegte, in den Gemütern der aufgereizten
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Johannes-Evangelium Teil 5
Juden nachwirkte, sondern die nach ihrer Meinung vollzogene Übertretung des
Sabbatgebots.
Jesus blieb nun in Galiläa und wollte nicht in Judäa umherziehen, weil die Juden ihn
zu töten suchten. Der Grund dafür, daß sie ihn töten wollten, lag in der vermeintlichen
Gesetzesübertretung und Gotteslästerung Jesu. Er hätte sich nach ihrer Meinung zu
diesem Unrecht stellen müssen, er hätte es den Priestern bekennen und das
vorgeschriebene Opfer dafür bringen müssen. Anstatt das zu tun, behandelte er die
ganze Gesetzesordnung, durch die sich Gott bis dahin seinem Volk geoffenbart hatte, als
unvollkommen und erklärte dagegen die göttliche Ordnung, wie sie in seiner Stellung und
seinem Verhalten Ausdruck fand, als die vollkommene Gottesoffenbarung, als den
wahren Weg zur Rettung, zum Heil, zur Seligkeit des Volkes Gottes. Das war die
Ursache dafür, daß ihn die Juden töten wollten. Er mußte es auch wissen, daß seine
Handlungen und die Erklärungen, die er über das wahre geistige Wesen derselben
gegeben hatte, ihnen Veranlassung dazu gaben, daß sie ihn zu töten suchten, und zwar
- nach ihrer Überzeugung und Auffassung über die bestehende Gesetzesordnung - mit
Recht.
Als nun das Laubhüttenfest der Juden nahe war, war Jesus nach dem Gesetz
verpflichtet, zu diesem Fest nach Jerusalem zu gehen; denn alles, was männlich war,
mußte sich zu den drei Hauptfesten in Jerusalem einfinden (vgl.2.Mos.23,14.17; 34,23.24;
5.Mos.16,16). Das war also für ihn wieder eine gesetzliche Verpflichtung. Und wenn seine
Brüder nun zu ihm sagten:
„Brich doch auf von hier und zieh nach Judäa, auf daß auch deine Jünger deine
Werke sehen, die du tust!“ (Vers 3),
und es nachher heißt, daß seine Brüder nicht an ihn glaubten, so
Seite 57
beweist das, daß es ihnen nicht darum zu tun war, daß seine Werke, die er tat, unter
seinen Jüngern offenbar würden. Vielmehr hatten sie anscheinend dieselbe Absicht wie
die Juden. Sie wollten sein Verhalten dem Gesetz gegenüber beobachten und Material
gegen ihn sammeln, um ihn als Gesetzesübertreter stempeln zu können, der durchs
Gesetz verurteilt und getötet werden müßte. Wenn seine Brüder gegen ihn sind, darf uns
das nicht wundern; denn vorher hat ja sogar der achtunddreißig Jahre lang krank
Gewesene nach seiner Heilung in der gleichen Weise gegen ihn Stellung genommen, um
den Obersten des Volkes seine Treue zum Gesetz zu beweisen. Obgleich er die Hilfe
durchs Gesetz nicht erlangt hatte, klagte er ihnen gegenüber nach der erlangten Heilung
Jesum als Gesetzesübertreter an, so daß sie ihn von da an wirklich zu töten suchten.
Nun muß es sich aber herausstellen, ob Jesus zum Laubhüttenfest geht oder nicht.
Wenn er nicht geht, übertritt er wieder eine Gesetzesordnung, und das wollen seine
Brüder nur feststellen. Sie weisen zwar auf seine Werke hin, aber das macht nur ihre
gegen ihn gerichtete Gesinnung offenbar; denn es war ihnen ja gar nicht ernst damit, daß
seine Werke von seinen Jüngern mehr als bisher gesehen werden sollten. Seine Brüder
waren selbst nicht durch seine Werke so beeinflußt, daß sie dadurch schon zum Glauben
an ihn gekommen wären. Deshalb ist ihr Hinweis auf seine Werke nur ein Vorwand, um
- 41 -
Johannes-Evangelium Teil 5
ihn zur Entscheidung zu zwingen, ob er sich in die Gesetzesordnung einfügte oder nicht.
Und wenn er das Gesetz übertreten hätte, wären sie, seine eigenen Brüder, vielleicht zu
den Priestern des Volkes gegangen, um ihn als Gesetzesübertreter anzuklagen, weil er
nicht zum Fest gegangen sei. Warum nahmen seine Brüder eine solche Stellung gegen
ihn ein? Etwa darum, weil ihnen die Heilung des achtunddreißig Jahre lang krank
Gewesenen geschadet hätte? Sie hatten sicher keinen Schaden durch die Werke, die
Jesus tat. Aber obwohl sie seine Brüder und damit seine Nächsten waren, mußten sie
sich doch entscheiden, entweder an ihn zu glauben oder ihn zu hassen. Entweder sie
stellten sich zu ihm, indem sie das, was er tat, als Beweis dafür ansahen, daß er wirklich
von Gott gesandt war, oder sie sahen in seinem Verhalten Grund und Ursache dafür, daß
sie immer entschiedener Stellung gegen ihn nehmen mußten.
Wir können ja nicht annehmen, daß Jesu Brüder, seine nächsten Blutsverwandten,
vom göttlichen Ratschluß der Zeugung und Geburt Jesu nichts wußten. Gewiß hat die
Mutter Maria ihre Kinder über das göttliche Walten unterrichtet, wie sie es ja auch gleich
zu Anfang der Elisabeth offenbart hatte, die ihr doch im verwandtschaftlichen Grad nicht
so nahestand wie die eigenen Kinder. Doch selbst Maria, die Mutter Jesu, mußte Zeiten
durchleben, in denen sie nicht in
Seite 58
gleicher Weise unter dem Einfluß seiner göttlichen Sendung stand. Deshalb brauchen wir
uns nicht zu verwundern, daß auch seine Brüder nicht an ihn glaubten, wenn schon seine
Mutter vorübergehend im Glauben schwach sein konnte.
„Wenn du solches tust, so offenbare dich der Welt!“ (Vers 4),
sagten die Brüder. Jesus antwortete ihnen:
„Meine Zeit ist noch nicht da; aber eure Zeit ist immer bereit. Die Welt kann euch
nicht hassen, mich aber haßt sie; denn ich zeuge von ihr, daß ihre Werke böse
sind. Geht ihr hinauf zum Fest; ich gehe noch nicht hinauf zu diesem Fest, denn
meine Zeit ist noch nicht erfüllt.“ (Vers 6-8)
Diese Worte haben gewiß nicht daraufhin gewirkt, daß sich das Verhältnis zwischen ihm
und seinen Brüdern angenehmer gestaltete und der Zwiespalt, der zwischen ihnen
bestand, dadurch überbrückt wurde.
Das erinnert uns daran, wie Joseph seinen Brüdern und seinem Vater in seiner
Offenheit seine Träume erzählte, zunächst, daß sich elf Garben vor ihm und seiner
Garbe niederwarfen, und dann, daß sich Sonne, Mond und Sterne vor ihm neigten, so
daß es selbst seinem Vater reichlich anmaßend erschien und er ihm sagte:
„Sollen etwa ich und deine Mutter und deine Brüder kommen und uns vor dir bis
zur Erde verneigen?!“ (1.Mos.37,5-10)
Wenn der Vater ihn seinen Brüdern gegenüber auch durch ein besonderes Kleid
auszeichnete (1.Mos.37,3-4.23,31-33), anerkannte er doch nicht alles, was Joseph seinen
Brüdern und ihm offenbarte. Und wohin führte es, daß Jakob seinen Sohn Joseph unter
seinen Brüdern auszeichnete und mit ihm anders umging als mit seinen Brüdern? Es
führte dahin, daß sie ihn töten wollten, als er ihnen seine Träume erzählte. Ihr Vorhaben
wurde nur durch göttliches Eingreifen verhindert, indem sie ihn nach Ägypten verkauften
(vgl.1.Mos.45,4-8).
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Johannes-Evangelium Teil 5
So stellt sich auch Jesus in Gegensatz zu seinen Brüdern. Er zeigt ihnen, daß sie zur
bestehenden Gesetzesordnung eine andre Stellung haben als er. Ihre Zeit sei immer
bereit, sagt er ihnen. Ihre Gesinnung beanstandet niemand; sie werden von der Welt
nicht gehaßt. Sie sind mit der Welt einig; sie können das Gesetz erfüllen und zum Fest
gehen, aber sie können nicht, wie er, das Zeugnis für die Wahrheit ablegen. Wenn er der
Welt zeigt, daß ihre Werke böse sind, dann zeigt er das auch seinen eigenen Brüdern; es
gilt für sie genauso wie für die übrige Welt, weil sie zu derselben gehören. Aber eben
darin unterscheidet er sich von der Welt und deshalb auch von seinen Brüdern, daß er zu
dieser Welt mit ihren bösen Werken nicht
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gehört, sondern sie offenbarmacht; und deshalb wird er von ihr gehaßt. Aber aus diesem
Grund wird er auch von seinen eigenen Brüdern gehaßt; sie unterscheiden sich in ihrer
Stellung ihm gegenüber von der Welt gar nicht. Der Haß der Welt ihm gegenüber muß
auch ihr Haß sein, und wie die Welt, sein eigenes Volk, ihn zu töten sucht, so müssen
seine Brüder diese Gesinnung gegen ihn unterstützen; sie können gar nicht anders.
Zwischen ihm und seinen Brüdern ist dieselbe Gesinnung und dasselbe Verhältnis wie
zwischen Abel und Kain - und wie zwischen allen Kindern Gottes, die seither auf Gottes
Seite stehen, und der ihnen gegenüberstehenden, mit Haß erfüllten Welt. Wenn seine
Brüder ihn auch nicht direkt zu töten suchten wie die übrigen Juden, so blieb es Jesu
doch nicht verborgen, daß sie im Grunde nicht auf seiner, sondern auf der Seite der
Juden standen und mit ihnen einig waren. Es kommt nicht darauf an, wie weit sich die
Feindschaft schon entfaltet hat, ob schon so weit, daß man den andern töten möchte,
oder ob die Haßgesinnung nur im Keim vorhanden ist. Auch wenn man sich selbst noch
gar nicht Rechenschaft darüber geben kann, daß man zu einem solchen Haß fähig wäre,
in dem man den andern töten könnte, so ist auch solch geringer Anfang im Wesen
dasselbe wie die entfaltete, offenbargewordene brudermörderische Gesinnung. Aber
Jesus hat es gesehen; er als Gottes Sohn konnte es sehen, und vor Gott ist alles
offenbar. Die Gesinnung des Menschen ist und bleibt dieselbe, solange sie sich in einer
bestimmten Richtung bewegt. Entweder ist man durch den Glauben mit Jesu verbunden,
oder man steht im Unglauben gegen ihn. Dann kommt es nur noch darauf an, wann die
Zeit des menschlichen Hasses erfüllt ist, so wie auch Jesus von sich selbst zu seinen
Brüdern sagte:
„ … meine Zeit ist noch nicht erfüllt.“ (Vers 8)
Für seine Brüder kam das gar nicht in Frage. Jesus mußte ihnen sagen: Eure Zeit ist
immer bereit; die Welt feiert ihre Feste. Und Gott selbst hat dem frommen Volk auch
Feste verordnet. Dahin gehört ihr, da geht nur hin, ihr, in der Gesinnung, in der ihr steht,
in der ihr euch mit allen, die mich töten wollen, vereinigt.
So wurden die Menschen gegenüber offenbar: ob es seine Mutter war auf der
Hochzeit zu Kana, ob es seine eigenen Brüder waren, ob es das Volk Gottes war, ob es
die Obersten dieses Volkes waren - alle mußten sie in ihrer Stellung ihm gegenüber
offenbar werden. Sie mußten darin offenbar werden, daß sie ihn mit ihren Lippen ehrten
und ihr Herz doch ferne von ihm war. Es mußte offenbar werden, daß die Einstellung, die
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Johannes-Evangelium Teil 5
sie innerlich zu Gott hatten, in Wirklichkeit Haß gegen Gott war und daß sie im Grunde
nicht Gott, sondern sich selbst dienten. Im äußeren, scheinbaren Gehorsam der
göttlichen Ordnung gegenüber gaben sie dem Ganzen einen frommen Anstrich, hängten
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ihm ein frommes Gewand um und glaubten dabei, sie erfüllten den Willen Gottes. Sie
gehorchten äußerlich dem Gesetz Gottes; in Wirklichkeit verleugneten sie aber die von
Gott in seinem Gesetz offenbarte Ordnung.
Die Zeit Jesu war noch nicht erfüllt. Sie ist dann erfüllt, wenn der Gegensatz zwischen seiner geistigen Einstellung zu Gott und der Stellung der Juden und seiner Brüder
zum Gesetz so offenbar geworden ist, daß sie ihn um dieses Unterschiedes willen töten
müssen. Dann ist seine Zeit erfüllt. Und auf dieses Ziel hin ist ihre Zeit immer bereit; denn
für sie brauchte es weiter nichts als die entsprechende Entwicklung bis dahin, wenn seine
Zeit erfüllt ist. Dann können sie ihre zuvor verhüllte Gesinnung offenbarmachen und als
die Mörder ihres Bruders offenbar werden.
Aber so lange, bis das geschieht, muß er der Welt sagen, daß ihre Werke böse sind
und auch seine Brüder in der äußerlichen Gehorsamsstellung zur Gesetzesordnung der
Welt gleichstehen, während er sich im innersten Wesen von dieser Scheinfrömmigkeit
der Welt unterscheidet, die das Gesetz Gottes nur scheinbar erfüllt. Wenn seine Brüder
zum Fest gehen, kann er nicht mit ihnen gehen, er kann ihnen auch nicht vorausgehen,
um sich etwa dem Gesetz gegenüber noch treuer einzustellen als sie; er kann sich weder
frömmer als sie zur Gesetzesordnung stellen, noch kann er ebenso fromm wie sie auf
dem Weg des Gesetzes gehen, indem er sie nach Jerusalem begleitet. Er muß ihnen
sagen: Geht ihr zu eurer Zeit nach der Ordnung des Gesetzes zum Fest; ich gehe nach
dieser Ordnung nicht hin. Als er dann doch am Fest in Jerusalem war, hätten sie ihm
rundweg sagen können: Da seht ihr wieder mal den frommen Bruder, er hat uns schön
beschwindelt! Er hat gesagt, er komme nicht zum Fest, und nun ist er doch da; er will
immer etwas anderes darstellen als wir in unserer frommen, gottgewollten Art. Sie waren
zwar in gewissem Sinn entwaffnet, sie konnten nicht zu den Obersten des Volkes gehen
und sagen, er habe das Gesetz übertreten, er sei nicht zum Fest gekommen. Sie hätten
jedoch sagen können: Er hat uns belogen. Er hat gesagt, er komme nicht, und nun auf
einmal ist er da. Wie dem auch sei - Jesus ging aus einem andern Grund zum Fest als
seine Brüder. Nachdem sie zum Fest hinaufgegangen waren, ging er auch, aber nicht
öffentlich, sondern im Verborgenen. Er ging nicht hin, um, wie seine Brüder, nur das
Gesetz ordnungsgemäß zu erfüllen, er hatte noch eine andre Aufgabe.
___________
Seite 61
Anläßlich des Laubhüttenfestes, als Jesus
sich in Jerusalem noch verborgen hielt,
wurde er von einem Teil des Volkes gläubig
gesucht und vom andern Teil als Verführer
bezeichnet und deshalb gehaßt
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Johannes-Evangelium Teil 5
„Da suchten ihn die Juden am Fest und sprachen: Wo ist er? Und es wurde viel
geredet seinetwegen unter dem Volk. Etliche sagten: Er ist gut; andere aber
sprachen: Nein, sondern er verführt das Volk. Doch redete niemand freimütig von
ihm, aus Furcht vor den Juden.
Als aber das Fest schon zur Hälfte verflossen war, ging Jesus in den Tempel
hinauf und lehrte. Und die Juden verwunderten sich und sprachen: Wie kennt
dieser die Schrift? Er hat doch nicht studiert! Da antwortete ihnen Jesus und
sprach: Meine Lehre ist nicht mein, sondern dessen, der mich gesandt hat. Will
jemand seinen Willen tun, der wird inne werden, ob diese Lehre von Gott sei,
oder ob ich aus mir selbst rede. Wer aus sich selbst redet, der sucht seine eigene
Ehre; wer aber die Ehre dessen sucht, der ihn gesandt hat, der ist wahrhaft und
keine Ungerechtigkeit ist in ihm. Hat nicht Mose euch das Gesetz gegeben? Und
doch tut niemand aus euch das Gesetz. Warum suchet ihr mich zu töten? Das
Volk antwortete und sprach: Du hast einen Dämon! Wer sucht dich zu töten?
Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Ein Werk habe ich getan und ihr wundert
euch alle darüber. Moses hat euch die Beschneidung gegeben - nicht daß sie
von Moses kommt, sondern von den Vätern - und am Sabbat beschneidet ihr den
Menschen. Wenn ein Mensch am Sabbat die Beschneidung empfängt, damit das
Gesetz Moses nicht übertreten werde, was zürnet ihr mir denn, daß ich den
ganzen Menschen am Sabbat gesund gemacht habe? Richtet nicht nach dem
Scheine, sondern fället ein gerechtes Urteil.
Da sprachen etliche von Jerusalem: Ist das nicht der, den sie zu töten suchen?
Und siehe, er redet öffentlich, und sie sagen ihm nichts. Haben etwa die Obersten wirklich erkannt, daß dieser der Christus ist? Doch von diesem wissen wir,
woher er ist; wenn aber der Christus kommt, so wird niemand wissen, woher er
ist. Da rief Jesus lehrend im Tempel und sprach: Ja, ihr kennt mich und wisset,
woher ich bin! Und von mir selbst bin ich nicht gekommen, sondern der Wahrhaftige ist es, der mich gesandt hat, welchen ihr nicht kennet. Ich aber kenne ihn;
denn ich bin von ihm und er hat mich gesandt. Da suchten sie ihn zu greifen;
aber niemand legte Hand an ihn, denn seine Stunde war noch nicht gekommen.“
(Joh.7,11-30)
Unter dem Volk in Jerusalem wurde viel über Jesum geredet. Etliche sagten: Er ist
gut; andere sprachen: Nein, sondern er verführt das Volk. Doch redete niemand freimütig
von ihm, aus Furcht vor den
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Juden, die sich der Gesinnung der Führer des Volkes anpaßten. Bei diesen Hütern der
Gesetzesordnung waren der Haß und die Absicht, ihn zu töten, offenbar. Sie suchten
darum weitere Gründe, um zu beweisen, daß er das Gesetz mit Willen übertrat. Die
Obersten des Volkes Israel wollten nur Material sammeln, um mit gutem Gewissen
behaupten zu können, daß er sich fortgesetzt mit Absicht gegen das Gesetz versündigte,
so wie er bereits am Sabbat den Geheilten aufgefordert hatte, sein Bett zu nehmen und
heimzugehen, und dieser durch Jesu Beeinflussung im Tragen dieser Last den Sabbat
brach. Nicht das war das Schwerwiegende, daß er das Gesetz übertrat - daran waren sie
ja gewöhnt, daß jeder Mensch hin und wieder das Gesetz übertrat. Aber jeder
Gesetzesübertreter mußte vorschriftsmäßig seine Gesetzesübertretung bekennen und
das entsprechende Opfer dafür darbringen; dann war er der von Gott im Gesetz
gegebenen Ordnung gegenüber gerechtfertigt, denn die Gesetzeshüter, die Obersten
des Volkes, konnten Menschen, die ihre Sünden bekannten und die von Gott im Gesetz
geforderten Opfer brachten, nicht verurteilen. Wenn es sich aber herausstellte, daß einer
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Johannes-Evangelium Teil 5
das Gesetz übertrat und es verheimlichte oder seine Gesetzesübertretung nicht bekannte
und die vorgeschriebenen Opfer nicht brachte, dann konnten die Gesetzeshüter ein
solches Verhalten strafen; sie mußten die Gesetzesübertreter töten, wenn sie die
Autorität des Gesetzes wahren wollten. Und darum wollten diese Gesetzeshüter so viel
Beweismaterial sammeln, wie sie benötigten, um Jesus der bewußten, absichtlichen
Gesetzesübertretung überführen zu können. Dann konnten sie das Urteil über ihn
aussprechen und ihn nach dem Recht des Gesetzes des Todes schuldig erklären. Das
war die Gesinnung dieser Juden. Sie warteten nur die Gelegenheit ab, daß sie ihn vor
Gericht stellen und zum Tode verurteilen konnten, weil seine Stellung nach ihrer
Überzeugung dem Gesetz gegenüber falsch, weil er also ein bewußter Übertreter des
Gesetzes und darum des Todes schuldig war. Diese Überzeugung hatten sie schon
dadurch, daß er ihrer Meinung nach den Sabbat gebrochen hatte. Hinzu kommt aber
noch, daß Jesus diesen Volksobersten vorgehalten hatte, daß ihre Werke böse seien.
Dadurch hatte er ihren Haß noch besonders herausgefordert, und darum wollten sie ihn
töten. Sie wollten ihn nicht nur deshalb töten, weil er das Gesetz übertreten hatte,
sondern vor allem deshalb, weil sie ihn haßten. Sie mußten ihn ja auch hassen, da sie
doch als die Hüter des von Gott gegebenen Gesetzes in dieser göttlichen Ordnung
vollkommen zu sein meinten. Und Jesus beschuldigte sie nun, daß sie die göttliche
Ordnung nicht erfüllten. Von sich behauptete er, daß er sie erfüllte, während sie von
seinem Tun überzeugt waren, daß er die von Gott gegebene Gesetzesordnung übertrat.
Darum der Haß,
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die Gegenstellung der beiden Seiten. Nicht, daß er sie haßte um ihrer bösen Werke
willen, deren er sie beschuldigte - aber weil er sie beschuldigte, daß ihre Stellung Gott
gegenüber nicht richtig, die seine aber richtig sei, deshalb haßten sie ihn und suchten
Grund, ihn nach ihrem Gesetz zu töten. Somit war bei den Obersten des Volkes die
Entscheidung über ihr Verhältnis zu Jesu gefallen.
Zu diesen Obersten gehörten seine Brüder nicht, sie gehörten zur Volksmasse, und
die Volksmasse war in ihrer Zu- oder Abneigung Jesu gegenüber noch nicht so geklärt
und entschieden, wie es bei den Obersten des Volkes der Fall war. Im Volk gab es zwei
Parteien; da gab es ein Hin- und Herreden; die einen sagten, er sei gut, und die andern
sprachen: Nein, er verführt das Volk. Die einen neigten ihm zu, die andern neigten zur
Gegenstellung. Aber die Obersten des Volkes wollten sich in ihrem Verhältnis zu Jesu
nicht mehr von der Volksmeinung bestimmen lassen, darum mußte das Volk heimlich
unterhandeln; direkt für oder gegen ihn Stellung zu nehmen wagten sie gar nicht.
Und als das Fest schon zur Hälfte verflossen war, ging Jesus auf einmal in den
Tempel hinauf und lehrte. Die Juden verwunderten sich und sprachen: Wie kennt dieser
die Schrift, er hat doch nicht zu Gamaliels Füßen gesessen, er hat doch das Wort Gottes
nicht studiert, so wie alle unsere Priester es studieren müssen, wenn sie es kennenlernen
wollen? Wer nicht studiert hat, kennt es eben nicht; und hier kommt einer und behauptet,
daß er das Wort Gottes kenne, obgleich wir wissen, daß er es nicht studiert hat. Das geht
doch nicht mit rechten Dingen zu. Nun antwortet ihnen Jesus und spricht:
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Johannes-Evangelium Teil 5
„Meine Lehre ist nicht mein, sondern dessen, der mich gesandt hat. Will jemand
seinen Willen tun, der wird innewerden, ob diese Lehre von Gott sei, oder ob ich
aus mir selbst rede.“ (Vers 16)
Und das ist nicht schwer herauszufinden:
„Wer aus sich selbst redet, der sucht seine eigene Ehre; wer aber die Ehre dessen sucht, der ihn gesandt hat, der ist wahrhaft, und keine Ungerechtigkeit ist in
ihm.“ (Vers 18)
Damit ist dieser Punkt über die Lehre eines Menschen entschieden. Wer seine eigene
Ehre sucht, redet aus sich selbst. Wenn jemand, wie er, sagen konnte: Meine Lehre ist
nicht mein, sondern dessen, der mich gesandt hat, wer so, wie er es getan hat, auf seine
göttliche Sendung hinweisen kann, bei dem muß es sich ausweisen, ob er auch wirklich
die Ehre dessen sucht, von dem er ausgibt, gesandt zu sein. Ist das der Fall, dann ist
keine Ungerechtigkeit in ihm, dann ist seine Gesinnung lauter, und seine Lehre muß
dann von dem kommen, der ihn gesandt hat. Und wenn er nie das Wort Gottes im
menschlichweltlichen
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Sinn studiert hat, dann kann er doch eine Lehre von und für den Gott haben, der ihn
gesandt hat; und viele von denen, die „studiert“ haben, werden in ihrer Lehre offenbar als
solche, die den Willen Gottes nicht erkannt haben und ihn auch nicht tun wollen. Weil sie
nicht seine, sondern ihre eigene Ehre suchen, darum sind sie auch nicht so wahrhaft,
daß keine Ungerechtigkeit in ihnen ist, und deshalb können sie auch nicht sagen, daß sie
von Gott gesandt seien.
„Hat nicht Mose euch das Gesetz gegeben?“ (Vers 19)
fragt Jesus die Juden.
„Und doch tut niemand aus euch das Gesetz.“ Vers 19),
sagt er ihnen. Damit enthüllt er ihnen wieder ihr Inneres.
„Warum sucht ihr mich zu töten?“ (Vers 19)
Das Volk antwortet ihm und spricht:
„Du hast einen Dämon! Wer sucht dich zu töten?“ (Vers 20)
Darauf braucht ihnen Jesus keine Antwort zu geben, denn er weiß es, wer ihn töten will und er weiß nicht nur, wer ihn töten will, er weiß auch, wer die Haßgesinnung hat, in der
er die offenen Feinde, die ihn töten wollen, unterstützt. Auch das weiß er, daß das ganze
Volk und auch seine eigenen Brüder davon erfüllt sind.
„Ein Werk habe ich getan und ihr wundert euch alle darüber. Moses hat euch die
Beschneidung gegeben - nicht daß sie von Moses kommt, sondern von den
Vätern - und am Sabbat beschneidet ihr den Menschen. Wenn ein Mensch am
Sabbat die Beschneidung empfängt, damit das Gesetz Moses nicht übertreten
werde, was zürnet ihr mir denn, daß ich den ganzen Menschen am Sabbat
gesund gemacht habe? Richtet nicht nach dem Scheine, sondern fället ein
gerechtes Urteil.“ (Vers 21-24)
Wer handelt nun richtiger, sie in ihrer Gesetzestreue oder er, indem er einem Menschen
geholfen und ihn am Sabbat gesund gemacht hat? Das können die Gesetzeshüter
durchs Gesetz und ihre Treue zum Gesetz nicht erreichen. Und obwohl sie dem Gesetz
gemäß zu handeln meinen, ist doch nicht einer unter ihnen, der das Gesetz tut, der bei
aller Treue zum Gesetz ganz treu ist und es erfüllt. Aber Jesus kommt nicht, um,
gleichwie sie, das Gesetz nur scheinbar zu erfüllen und es in Wirklichkeit doch zu
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Johannes-Evangelium Teil 5
übertreten; denn er weiß, daß er von Gott gesandt ist. Und wer seinen Willen tun will, der
wird die Lehre, die er bringt, als von Gott gesandt erkennen.
Wie fein unterscheidet sich doch im Leben der Menschen Schein und Sein! Man kann
zum Schein das Gesetz halten, man kann zum Schein nach dem Gesetz urteilen, und
dabei hält man das Gesetz doch nicht und fällt auch kein gerechtes Urteil, obgleich es
den Schein hat, daß es nach dem Gesetz gerecht sei.
Seite 65
Nehmen wir uns Zeit, das, was Gottes Wort sagt, in uns aufzunehmen und unsre
Einstellung zum Wort Gottes zu prüfen!
„Etliche sagten: Er ist gut; andere aber sprachen: Nein, sondern er verführt das
Volk.“ (Vers 12)
Aber mit den bloßen Worten: „Er ist gut“ oder: „Er verführt das Volk“, ist die Stellung
eines Menschen Jesu gegenüber nicht geklärt. Dieses Hin- und Herreden über Jesum ist
noch kein Beweis dafür, daß man in seinem Verhältnis zu ihm zur Klarheit gekommen ist.
„Da sprachen etliche von Jerusalem: Ist das nicht der, den sie zu töten suchen?“
(Vers 25)
Vorher hatten sie ihm gesagt, als er sie fragte, warum sie ihn zu töten suchten: „Du hast
einen Dämon“, und sie fragten ihn: „Wer sucht dich zu töten?“ Andere sprachen es
wieder klar aus, daß man ihn wirklich zu töten sucht. Und nun wundern sie sich und
sagen:
„Und siehe, er redet öffentlich, und sie sagen ihm nichts. Haben etwa die Obersten wirklich erkannt, daß dieser der Christus ist? Doch von diesem wissen wir,
woher er ist; wenn aber der Christus kommt, so wird niemand wissen, woher er
ist.“ (Vers 26-27)
So muß sich jedes einzelne Menschenkind über seine Stellung zu Jesu gründlich
klarwerden. So wie die Juden damals zueinander sagten: Von diesem wissen wir, woher
er kommt; wenn aber Christus kommt, dann wird niemand wissen, woher er ist - so wird
zu allen Zeiten gesprochen und geurteilt, auch dem wiederkommenden Christus
gegenüber. Man redet hin und her, man lebt in Meinungen und Ansichten, in väterlichen
Überlieferungen über Gottes Wort und sagt: Wir kennen die Schrift auch.
Was Gottes Wort sagt, war auch den Obersten des Volkes Gottes, die Jesum töten
wollten, bekannt. Das Volk wunderte sich, warum sie ihm nichts sagten, wenn er
öffentlich redete. Haben sie etwa wirklich erkannt, daß er der Christus ist?, fragten sie.
Ja, wenn ihn die Obersten anerkennen würden, wäre das Volk beruhigt, jeder einzelne
würde Ja und Amen dazu sagen. Die Obersten haben aber gesagt, er sei es nicht; darum
sucht sich auch im Volk niemand Klarheit zu verschaffen. Nicht, daß das Volk eine klare
Überzeugung - für oder wider - hätte, in der Unklarheit bleibt es doch, nur sagt es:
Unsere Obersten anerkennen Jesum nicht, und ihre Meinung ist doch maßgebend.
Niemand sucht dann persönliche Klarheit zu erlangen. Auf diese persönliche
Stellungnahme und Entscheidung wirkt aber Jesus einzig hin.
Darum antwortet er auf dieses Reden des Volkes und ruft lehrend im Tempel:
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„Ja, ihr kennt mich und wisset, woher ich bin! Und von mir selbst bin ich nicht
gekommen, sondern der Wahrhaftige ist es, der mich gesandt hat, welchen ihr
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Johannes-Evangelium Teil 5
nicht kennet. Ich aber kenne ihn; denn ich bin von ihm und er hat mich gesandt.“
(Vers 28-29)
Sobald er ihnen ein klares Wort sagt, wie vordem schon - daß, wer sein Fleisch nicht
ißt und sein Blut nicht trinkt, kein Leben in sich habe -, ist es gleich zuviel, da wollen sie
ihn greifen. Doch legte niemand Hand an ihn, denn seine Stunde war noch nicht
gekommen. Er konnte noch so klar sagen: Ihr kennt mich und wißt, woher ich bin. Ist es
auch wahr, wußten sie wirklich, wer er war? Sie kannten doch nur Maria als seine Mutter,
und Joseph, den sie für seinen Vater hielten. Und doch wußten sie nicht, woher er war,
obwohl sie meinten, es zu wissen; sie konnten es deshalb auch nicht verstehen, wenn
Jesus ihnen sagte:
„ … von mir selbst bin ich nicht gekommen, sondern der Wahrhaftige ist es, der
mich gesandt hat, welchen ihr nicht kennet.“ (Vers 28)
Ihr kennt sein Wesen, seinen Ewigkeitswillen und Ratschluß nicht und gebt doch aus, ihn
zu kennen. Und Menschen, die jahrzehntelang Kinder Gottes sind, geben aus, ihn zu
kennen, und kennen ihn auch nicht, weil sie sich einfach nicht mit dem Geheimnis
beschäftigen, wie Jesus gekommen ist, und was es heißt, daß der Wahrhaftige ihn
gesandt hat, den er kennt, von dem er ist. Sie fragen gewöhnlich nicht danach, daß sie
ewiges Leben haben, wenn er ihnen sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken gibt.
Dieses Werk der Erlösung wird nicht gesehen. Man redet zwar viel von Jesu, aber in
seiner Stellung zu ihm ist man unklar, so daß man auch noch nie den Vater in seinem
wahren Wesen erkennen konnte und darum auch nicht im vollen Sinn erkennt, was es
heißt, daß er seinen Sohn gesandt hat. Meistens beschäftigt man sich nur mit dem, was
man aus Jesu Leben weiß, aber man erkennt nicht, daß er als Wort im Schoß des Vaters
gezeugt und geboren wurde, dann ins Fleisch der Maria gezeugt und als Menschensohn
von ihr geboren wurde, um in diesem Gewand des menschlichen Fleisches, in dieser
Niedrigkeit am Kreuz für die Menschen sein Leben zu lassen. Man erkennt nicht, daß
durch sein Sterben am Kreuz offenbar wurde, daß das Leben des Geschöpfes von Gott
verflucht ist und er durch die Auferweckung Jesu aus den Toten eine neue Kreatur
geschaffen, zu seiner Rechten erhöht und zu seiner ewigen Wohnung gemacht hat. Und
der Heilige Geist kann den Kindern Gottes die vom Vater im Sohn vollbrachte Erlösung
nicht beleuchten, so daß sie sich als das im Sohne zustande gekommene Werk Gottes
nicht erkennen können, weil sie sich mit menschlichen Meinungen zufrieden geben. Dann
reden sie gewöhnlich von Rettung, Erlösung, Schuldtilgung, Sündenvergebung, vom
ganzen Werk, von
Seite 67
der ganzen Erlösung, brauchen viele und große Worte über biblische Auslegungen, aber
ein klares Zeugnis über ihre Stellung zu Gott, zu Jesu, zur Erlösung bekommt man nicht.
Es ist seit der Zeit Jesu bis heute noch nicht anders geworden; der Unterschied, den
Jesu zwischen sich und der Weltmacht, ist geblieben.
__________
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Johannes-Evangelium Teil 5
Jesus rechtfertigt sich durch sein Wahrheits
bekenntnis seinen Todfeinden gegenüber
ungeachtet dessen, daß er dadurch
ihren Haß immer mehr herausforderte
und sie ihn greifen wollten
„Viele aber aus dem Volke glaubten an ihn und sprachen: Wenn der Christus
kommt, wird er mehr Zeichen tun, als dieser getan hat? Die Pharisäer hörten,
daß das Volk solches von ihm murmelte; und da sandten die Pharisäer und
Hohenpriester Diener aus, daß sie ihn griffen. Da sprach Jesus zu ihnen: Ich bin
noch eine kleine Zeit bei euch, und dann gehe ich hin zu dem, der mich gesandt
hat. Ihr werdet mich suchen und nicht finden; und wo ich bin, dahin könnet ihr
nicht kommen. Da sprachen die Juden unter einander: Wo will er denn hingehen,
daß wir ihn nicht finden sollen? Will er etwa zu den Zerstreuten unter den Griechen gehen und die Griechen lehren? Was soll das bedeuten, daß er sagt: Ihr
werdet mich suchen und nicht finden, und wo ich bin, dahin könnet ihr nicht
kommen?
Aber am letzten, dem großen Tage des Festes stand Jesus auf, rief und sprach:
Wenn jemand dürstet, der komme zu mir, und trinke! Wer an mich glaubt, wie die
Schrift sagt, von dessen Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Das
sagte er aber von dem Geiste, welchen empfangen sollten, die an ihn glaubten;
denn der heilige Geist war noch nicht da, weil Jesus noch nicht verherrlicht war.
Viele nun aus dem Volke, als sie diese Rede hörten, sagten: Dieser ist wahrhaftig
der Prophet. Andere sagten: Er ist der Christus. Andere aber sagten: Christus
kommt doch nicht aus Galiläa? Sagt nicht die Schrift, daß aus dem Samen
Davids und von dem Flecken Bethlehem, wo David war, der Christus kommen
werde? Also ward seinethalben eine Spaltung unter dem Volke. Etliche aber aus
ihnen wollten ihn greifen, doch legte niemand Hand an ihn.
Nun kamen die Diener zu den Hohenpriestern und Pharisäern zurück, und diese
sprachen zu ihnen: Warum habt ihr ihn nicht gebracht? Die Diener antworteten:
Nie hat ein Mensch so geredet, wie dieser Mensch! Da antworteten ihnen die
Pharisäer: Seid auch ihr verführt worden? Glaubt auch einer von den Obersten
oder von den Pharisäern an ihn? sondern dieser Pöbel, der das Gesetz nicht
kennt, der ist unter dem Fluch! Da spricht zu ihnen Nikodemus, der früher einmal
zu ihm kam und einer von ihnen war: Richtet auch unser Gesetz den Menschen,
ohne daß man ihn zuvor verhört und erkannt hat, was er tut? Sie antworteten und
sprachen zu ihm: Bist du auch aus Galiläa? Forsche und siehe, daß aus Galiläa
kein Prophet aufsteht! Und sie gingen hinweg, jeder in sein Haus.“ (Joh.7,31-53)
„Viele aber aus dem Volk glaubten an ihn und sprachen: Wenn der Christus
kommt, wird er mehr Zeichen tun, als dieser getan hat?“ (Vers 31)
Seite 69
Wer sich zu Jesu stellen und an ihn glauben will, der muß mit dem Widerstand seiner
Feinde rechnen. Sich zu Jesu stellen bedeutet, sich gegen seine Feinde stellen und die
Feindschaft der Welt, wie sie ihm entgegensteht, auf sich zu nehmen. Und weil eine treue
Stellung zu Jesu solche Feindschaft mit sich bringt, sind die Kinder Gottes gewöhnlich in
ihrem Verhältnis zur Wahrheit des Evangeliums geradeso unklar, wie es aus den
Zeugnissen Jesu in den Evangelien hervorgeht. Sie möchten wohl an ihn glauben,
können aber eine völlige Glaubenstreue nicht aufbringen, weil sie die Folgen dieser
Glaubensstellung von seiten seiner Feinde nicht auf sich nehmen wollen.
„Die Pharisäer hörten, daß das Volk solches von ihm murmelte; und da sandten
die Pharisäer und Hohenpriester Diener aus, daß sie ihn griffen.“ (Vers 32)
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Johannes-Evangelium Teil 5
Sie müssen befürchtet haben, daß sein Einfluß im Volk immer größer würde. Und das
wollten sie verhindern. Darauf sagte Jesus:
„Ich bin noch eine kleine Zeit bei euch, und dann gehe ich hin zu dem, der mich
gesandt hat. Ihr werdet mich suchen und nicht finden; und wo ich bin, dahin könnt
ihr nicht kommen.“ (Vers 33-34)
Vorher sagte er ihnen, daß er den Vater kenne, weil er von ihm sei und von ihm gesandt
worden sei. Und nachdem sie nun die Absicht hatten, ihn zu greifen, sagte er ihnen ganz
frei und offen, daß er wieder zum Vater gehe, der ihn gesandt hatte, und daß sie ihn
dann suchen und doch nicht finden, weil sie in ihrer Haßgesinnung gegen ihn auch nicht
dahin gelangen können, wo er sei. Damit eröffnete er ihnen wieder, wie schon vordem,
daß sie des Menschen Sohn erhöhen werden - gleichwie Mose die Schlange erhöht hatte
-, daß die Stunde kommen werde, in der sie ihn wirklich greifen und töten würden, daß er
aber dann nur wieder zum Vater gehe, der ihn in die Welt gesandt hatte, so daß sie ihn
früher oder später doch noch suchen müssen, auch wenn sie ihn zunächst nicht finden
können. Damit weist er sie auf den Weg der Erlösung hin.
Aber die Juden sprachen untereinander:
„Wo will er denn hingehen, daß wir ihn nicht finden sollen? Will er etwa zu den
Zerstreuten unter den Griechen gehen?“ (Vers 35)
Damit meinten sie das zerstreute Israelvolk unter den Völkern. Will er etwa sein
Vaterhaus verlassen, in die Welt hinausziehen und dem Israel in der Zerstreuung
nachgehen, um die Lehre, die er uns hier bringt, den Griechen anzubieten?
Mit dieser Bezeichnung „Griechen“ sind hier die zerstreuten Israeliten und die andern
Völker zusammen genannt. Das dritte Weltreich Griechenland, dessen Nachfolgereiche
kaum ein Jahrhundert vor der Gründung des Römischen Weltreiches (64 v.Chr.) ihre
Machtstellung
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verloren hatten, hatte der Welt sein Gepräge gegeben. Deshalb wurden alle übrigen
Völker Griechen genannt. Will Jesus nun hingehen, die Griechen zu lehren, weil er sagt:
Ihr werdet mich suchen und nicht finden, und wo ich bin, dahin könnt ihr nicht kommen?
Und dann sagt er ihnen am letzten Tag, dem großen Tag des Festes:
„Wenn jemand dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die
Schrift sagt, von dessen Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“
(Vers 37)
„Das sagte er aber von dem Geiste, welchen empfangen sollten, die an ihn
glaubten; denn der Heilige Geist war noch nicht da, weil Jesus noch nicht verherrlicht war.“ (Vers 39),
sagt Johannes. Natürlich konnte das Volk das, was Jesus hier sagte, nicht verstehen. Sie
wußten ja nicht, daß er von dem Geist Gottes sprach, den die, die an ihn glauben
würden, empfangen sollten, so daß durch das Wirken des Heiligen Geistes von ihren
Leibern Ströme lebendigen Wassers fließen würden. Das sind dann Ströme von dem,
was Gott als Erlösung durch seinen Sohn der Menschheit, der ganzen Welt gibt. Wenn
der Geist das aufschließt und Gläubigen lebendigmachen kann, dann werden sie unter
den Menschen in der Weise ein Segen sein, daß der von ihnen ausgehende Einfluß
tatsächlich wie ein Strom Wassers durch die Menschheit fließt und der Geist Gottes in
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dem Sinn wirkt, daß die Erlösung, die Jesus gebracht hat, den Menschen aufgeschlossen
wird und sie den Segen dieser Erlösung empfangen.
„Viele nun aus dem Volke, als sie diese Rede hörten, sagten: Dieser ist
wahrhaftig der Prophet. Andere sagten: Er ist der Christus. Andere aber sagten:
Christus kommt doch nicht aus Galiläa? Sagt nicht die Schrift, daß aus dem
Samen Davids und von dem Flecken Bethlehem, wo David war, der Christus
kommen werde? Also ward seinethalben eine Spaltung unter dem Volke.“ (Vers
40-43)
Daß aber bei der Volkszählung Joseph und Maria von Nazareth nach Bethlehem gingen,
woher der Same Davids stammte, und daß Jesus dort geboren wurde, er also doch nach
der Schrift von Bethlehem kam - so weit untersuchten und forschten die Menschen nicht.
So redet man gewöhnlich etwas hin und macht sich nicht viel Mühe, im Wort Gottes
gründlich nach Gottes Willen und Ratschluß zu suchen, bis man volle Klarheit erlangt und
seine Stellung zu Jesu im Glauben eingenommen hat. Stellt man sich aber in Treue zu
seinem Gott, zu seinem Heiland und Erlöser, dann weiß man, daß man in der Welt und
doch nicht von der Welt ist, und daß man sich auf dem rechten Weg zum ewigen Leben
befindet. Machen wir es nicht vielfach auch so, daß wir in Unklarheit über das Wort hin
und her reden und dabei für allerlei Sichtbares doch noch mehr Interesse haben als für
das
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allein Wahre, das Gott in Christo Jesu für uns zustandegebracht hat und was Ewigkeitswert für uns darstellt?
Etliche aber aus ihnen wollten ihn greifen, doch legte niemand Hand an ihn. Seine
Stunde war noch nicht gekommen, noch nicht erfüllt.
„Nun kamen die Diener zu den Hohenpriestern und Pharisäern zurück, und diese
sprachen zu ihnen: Warum habt ihr ihn nicht gebracht?“ (Vers 45)
Denn die Führer des Volkes waren gewohnt, Befehle zu erteilen, und die Diener mußten
das, was von ihnen verlangt wurde, einfach tun. Die Obersten gaben ihren Dienern den
Auftrag: Geht, nehmt ihn, greift ihn, bringt ihn - und nun kommen sie ohne ihn zurück;
und auf die Frage: Warum habt ihr ihn nicht gebracht?, können sie nur antworten:
„Nie hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch!“ (Vers 46)
Daraufhin sagen ihnen die Pharisäer:
„Seid auch ihr verführt worden? Glaubt auch einer von den Obersten oder von
den Pharisäern an ihn? sondern dieser Pöbel, der das Gesetz nicht kennt, der ist
unter dem Fluch!“ (Vers 47-49)
Wir gesetzeskundigen Obersten und Pharisäer wissen, daß er ein des Todes schuldiger
Gesetzesübertreter ist, und daß wir als Hüter des Gesetzes, der von Gott gegebenen
Ordnung, das Recht haben, ihn zu töten.
Wir sehen also, wie tief der Haß in diesen Obersten des Volkes wurzelte - und ihr
Entschluß war, daß er nach dem Gesetz sterben mußte. Das Volk ist nach dem Urteil der
Volksobersten verflucht, weil es das Gesetz nicht kennt. Wir sind die Hüter des Gesetzes,
nach uns habt ihr euch zu richten; wenn wir euch senden, habt ihr unsern Auftrag zu
erfüllen. Ihr habt euch nicht von der Volksmasse und von den Reden dieses Mannes
bestimmen zu lassen! So redeten die gesetzestreuen Führer des Volkes. Aber nun war
die Gelegenheit wieder einmal vorbei. Und selbst unter sich waren sie immer noch nicht
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einig. Nikodemus, der früher einmal zu Jesu kam und einer von ihnen war, spricht zu
ihnen:
„Richtet auch unser Gesetz den Menschen, ohne daß man ihn zuvor verhört und
erkannt hat, was er tut?“
So waren doch bis in die höchsten Kreise, ja, bis zu den Obersten des Volkes, JesusAnhänger im Volk, und das hinderte die Führer des Volkes immer noch, ihr Urteil strikt
und entschieden zu vollstrecken. Sie konnten Jesum noch nicht so ohne weiteres greifen
und töten. Aber das alles nur, weil seine Stunde noch nicht gekommen war; deshalb auch
die Unklarheit, das Hin- und Herwogen im Volk. Und obgleich die Obersten ihren Plan so
gern durchführen wollten, wurden
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selbst sie noch durch die Verhältnisse aufgehalten. So war es immer - bis seine Stunde
gekommen war.
Nikodemus beweist eine eigenartige Stellung. Er ist einer von seinen Jüngern, sitzt
aber noch unter den Obersten des Volkes. Die Unterweisung, die er von Jesu empfangen
hatte, hat eine völlige Scheidung und Stellungnahme bei ihm nicht bewirken können. Die
Lehre der neuen Geburt hat ihn nicht vom alten auf den neuen Boden gebracht. Er
konnte seiner Erkenntnis- und Glaubensstellung gemäß keine solche Entscheidung
treffen, daß er sich von den Obersten des Volkes Gottes weggewandt hätte und ein
entschiedener Jünger Jesu geworden wäre. Er steht auf beiden Seiten: Er gehört zu
Jesu, aber auch zu den Obersten des Volkes und muß darum den Haß dieser
Volksobersten mitempfinden und es mit durchleben, wie sie Jesus am liebsten ohne
Vernehmung töten möchten, um seinen Einfluß unter dem Volk, der ihnen solches
Ärgernis gab, zu beseitigen.
„Bist du auch aus Galiläa? Forsche und siehe, daß aus Galiläa kein Prophet
aufsteht!“ (Vers 52),
so fragen sie Nikodemus. Damit wollen sie sich in ihrer Haßgesinnung rechtfertigen: Das
ist ein falscher Prophet, den braucht man nicht erst vor ein ordentliches Gericht zu
bringen, der erstbeste, der ihn totschlägt, hat Gott damit einen Dienst getan. Ein solches
Gericht und Verhör, wie du es nach dem Gesetz erwartest, ist gar nicht nötig; wer ihn
totschlägt, ist unser Freund - das war ihre Gesinnung! Nikodemus gehörte ja zu ihnen
und war immer mit ihnen zusammen; er hätte doch manches tun können, zumal seine
Bekanntschaft mit Jesu nicht offenbar wurde, als er mit seinen Fragen bei Nacht zu Jesu
gekommen war.
So verschieden sind die Menschen, auch die Gläubigen in ihrer Gesinnung! Da muß
bei jedem erst alles geklärt, gereinigt, geläutert werden, bis sich alles so gestaltet, daß
man endlich ein wahrer Jünger Jesu sein kann.
„Und sie gingen hinweg, jeder in sein Haus.“ (Vers 53)
Aber was dabei im Herzen vorging, als jeder für sich allein war und allem nachsann,
Nikodemus als Freund Jesu, und alle übrigen, bis zu den größten Hassern und Verfolgern, die ihn umbringen wollten - das alles wird einmal in den Kindern Gottes der
Endzeit offenbar werden! Es wird dann auch solche geben, die, wie Nikodemus, im
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Dunkeln zu ihm schleichen, weil sie sich in der Gefahrstunde nicht mutig und entschieden
zu Jesu stellen und sich treu zu der Schar der Jünger bekennen wollen.
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
N01.03.08
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