Sex und Internet Sex im Internet ist nicht mehr nur auf eine kleine

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Sex und Internet
Sex im Internet ist nicht mehr nur auf eine kleine experimentierfreudige Gruppe beschränkt.
Die neuen Kommunikationsmedien haben längst den Alltag und damit auch den Alltag der
Beziehungen und auch z. T. das Sexualverhalten erobert.
Mit wenigen Klicks am PC kann man sich heute einen One- Night-Stand arrangieren oder per
Webcam bekommt der Telefonsex eine neue optische Dimension.
Diese Veränderungen machen sich auch in der Ehe- und Familienberatungsstelle der profamilia
Bamberg bemerkbar. Da nach einer Studie von 2001 33% der deutschen Onliner häufiger Cybersex
genießen (82% Männer und 18.% Frauen) kommt auch in der Paar- und Sexualberatung häufiger die
Klage: „Ich habe meinen Mann im Internet erwischt“.
Frau K. erzählt: Ich lebe seit 8 Jahren in einer festen Partnerschaft. Am Anfang hatten wir,
wahrscheinlich wie die meisten Paare, viel Sex. Das ließ nach einiger Zeit nach. Während einer
Beziehungskrise habe ich meinen Partner dabei erwischt, dass er sich Pornos im Internet anschaut. Ich
war gekränkt und verletzt und habe es auf die damalige Ausnahmesituation geschoben. Als alles
wieder in Ordnung war, musste ich feststellen, dass die Pornoguckerei ein fester Bestandteil seines
Alltags ist. Vor kurzem habe ich dann noch zufällig herausgefunden, dass er auch im Internet chattet,
also „heiße“ Gespräche führt und sich dabei befriedigt. Für mich ist das eine Art Fremdgehen. Ich
fühle mich als Frau abgewertet, da mein Partner virtuelle Reize meinen realen Reizen vorzieht.“
Auch im Internetzeitalter gilt, verletzte Gefühle bleiben Sprengstoff für die Beziehung.
Was geschieht beim Cybersex?
Unter Cybersex versteht man die ganz alltäglichen computervermittelten zwischenmenschlichen
Interaktionen per E-Mail, Chat oder Webcam wenn Personen sexuelle Erregung oder Befriedigung
suchen. Beim Cybersex gibt es zwar ein nicht direkt anwesendes aber gleichwohl reales Gegenüber.
Es geht – anders als beim Pornokonsum – um wechselseitige Stimulation.
Cybersex wird von den meisten Fachleuten als eine sexuelle Ausdrucks- und Begegnungsform neben
anderen betrachtet.
Warum Cybersex für manche Menschen so attraktiv ist, lässt sich durch verschiedene Aspekte
erklären:
Das Internet befreit von Zeit- und Ortsgrenzen (man muss nicht einmal das Sofa verlassen).
Verglichen mit der Sexualität in der realen Welt ist die Sexualität im Internet vergleichsweise
schamlos, was schon an den Fotos abzulesen ist, die ins Netz gestellt werden. Im Netz scheint die
Triebbefriedigung frei von Schuld und Scham. Es scheint für viele Menschen im Netz eine
weitgehende Abwesenheit von sexuellen Hemmungen zu gelten und das Versprechen auf
Triebbefriedigung ohne Aufschub.
Auch die Unverbindlichkeit, das Sex gelebt werden kann, ohne Verpflichtungen nach sich zu ziehen,
scheint ein wichtiger Aspekt zu sein.
Für manche Menschen scheint außerdem die Selbstbefriedigung beim Chatten einfacher als eine
konstruktive Auseinandersetzung mit dem Partner.
Welche Gefahren gehen vom Cybersex aus?
Eine große Gefahr stellt für die Betroffenen die Tatsache dar, dass oft die realen Beziehungen aus
dem Blickfeld in den Hintergrund treten, eine Auseinandersetzung , die notwendig wäre, wird
vermieden.
Perversionen können ausgelebt werden. Als Extrembeispiel kann man hier den Kannibalen von
Rothenburg nennen, der sich über seine Schlachtungsfantasien mit mehr als zwei Dutzend Personen
regelmäßig austauschte.
Außerdem wird bei regelmäßigem Pornokonsum die Reizschwelle für sexuelle Reize erhöht. Es
werden dann oft immer stärkere sexuelle Reize gesucht und damit besteht eine große Suchtgefahr.
Menschen können mit diesen sexuellen Erfahrungen im virtuellen Raum auf Chat- und
Datingportalen und auf Pornoseiten öfters nicht umgehen, sie berichten von erregenden aber auch
sehr verstörenden Erlebnissen.
Fast eine halbe Million Deutsche sind süchtig nach Internetpornographie. Seit es BreitbandInternetzugänge und Flatrates gibt, sind pornographische Angebote sowie konkrete sexuelle
Verabredungen im WWW für jeden leicht zugänglich(z.B. www. seitensprung.de oder
www.gesext.de , ein Portal, in dem sich Frauen ersteigern lassen).
Internet-Sexsucht gehört zu den nichtstofflichen Verhaltenssüchten. Sie wirkt durch Bestätigung,
Glückgefühle und die damit verbundenen Hormonausschüttungen auf das Belohnungssystem des
Körpers.
Wer sexsüchtig ist kann trotz negativer Auswirkungen den Konsum nicht beenden. Betroffene
verbringen immer mehr Zeit im Internet und können letztlich diesen Konsum nicht mehr
kontrollieren. Beim Versuch, ihn einzuschränken, reagieren sie gereizt und unruhig. Im schlimmsten
Fall kann es zum Verlust der Arbeits- und Beziehungsfähigkeit kommen. Sexsüchtige setzen Sex als
Bewältigungsstrategie für Probleme ein. Über Sexsucht wird meist nicht geredet. Die Scham ist zu
groß.
Sexsüchtige sind oft innerlich einsam, haben wenig Selbstvertrauen und häufig Bindungsängste.
Viele der erwachsenen Sexsüchtigen haben bereits im Alter von 12 oder 13 Jahren Erfahrungen mit
Internetpornografie gemacht. Die Vorbilder in solchen Medien führen bei Jugendlichen zu
überhöhten und meist unrealistischen Erwartungen. So entwickeln junge Leute verzerrte und
eindimensionale Bilder von Beziehung und Partnerschaft.
Typisch für Suchtbetroffene ist die geradezu zwanghafte Suche nach sexuell stimulierenden Objekten
im Internet, die dem Betroffenen kurzweilig zur Befriedigung sexueller Bedürfnisse verhelfen
können. Einer entsprechenden sexuellen Entladung folgt dann jedoch immer wieder eine tiefe
Ernüchterung, wodurch die Jagd von vorne beginnt.
Den Betroffenen ist es meist sehr peinlich, wenn der Partner von der Cyber-Sexsucht erfährt. Vielfach
versuchen die Betroffenen daher, ihre Spuren im Internet und auf dem PC zu verwischen. Frauen von
Betroffenen fühlen sich in ihrer Weiblichkeit extrem abgewertet.
Daher kann auch eine Paartherapie oder Paarberatung für Betroffene und deren Partner eine
wertvolle Hilfe sein, damit beide Partner offen über ihre Gefühle und die Auswirkungen der OnlineSexsucht sprechen können.
Zunächst braucht es aber wie bei jeder Suchterkrankung die Selbsterkenntnis, dass eine Sucht
vorliegt. Der Betroffene muss sich selbst eingestehen, dass er die Grenzen des normalen Verhaltens
überschritten hat.
Das Ziel wird in einer Einzeltherapie sein, zu einer gesunden, wirklichkeitsnahen und
beziehungsorientierten Sexualität zu kommen. Um dies zu erreichen wird am Beginn eine totale
Abstinenz von einem bis drei Monaten empfohlen. Viele Betroffene haben Angst davor, da
Abstinenz mit Askese und Verzicht assoziiert wird und nicht mit Freiheit.
Sexsüchtigen kann jedoch mit einer Therapie/Beratung geholfen werden. Neben dem Erarbeiten und
Erreichen der notwendigen Abstinenz müssen parallel andere Belohnungssysteme wie Sport, Natur,
Musik, Essen, Wellness usw. sowie der Aufbau von realen Freundschaften und Beziehungen
angestrebt werden. Auch eine Herkunftsfamilienarbeit ist in der Regel erforderlich.
Klienten nach einem stationären Aufenthalt sind in der Beratungsstelle zur Nachsorge willkommen.
Veranstaltungshinweis
Wenn Sie zum Thema Sexsucht und Internet noch mehr erfahren möchten, kommen Sie bitte zu
unserem Vortrag mit Dr. med. Kornelius Roth, Psychiater, Psychosomatiker und Psychotherapeut
aus Bad Herrenalb
Am Mittwoch, 23.10.2013 um 19.00 – 21.00 Uhr
Universität Bamberg, Markushaus Raum M3N/02.32
Veranstalter des Vortrages: profamilia Bamberg, Landratsamt/Landkreis Bamberg, Universität
Bamberg
Ilse Kolb
Leiterin der Ehe- und Familienberatungsstelle
profamilia Bamberg
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