Es sind nur wenige Touristen in der wuchtigen Anlage

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Es sind nur wenige Touristen in der wuchtigen Anlage der Nimrod-Burg im Nordosten
Israels, am Fuße der Golanhöhen. Die Burg mit ihren eindrucksvollen Türmen und Mauern,
den düsteren Verliesen und Geheimgängen und einer monumentalen in Stein gemeißelten
arabischen Inschrift, die den Mamelukken - Fürst Sultan Baybars lobpreist, galt lange als
Kreuzfahrerfestung . Neueste Forschungen aber deuten auf einen rein moslemischen
Ursprung hin.
Von einem der viereckigen Wachttürme fällt der Blick auf das Grün des Banyas Quellgebietes, auf die Felder und die metallisch glänzenden Fischteiche des Jordantales, auf
das Bergland von Napthali. Dahinter, durch den Bergzug verdeckt, liegt der Libanon, und
im Osten der Burganlage der ehemals syrische Golan, der im 6-Tage-Krieg von Israel
erobert wurde. Im Norden, von hier aus nicht sichtbar, die Doppelgipfel - syrisch der eine,
israelisch der andere – des Hermon. Ein Skilift führt hinauf auf den israelischen Gipfel, mit
2224 Metern der höchste Berg des Landes, das einzige Skigebiet Israels, meistens schneit es
dort schon ab November. Von da oben sind die Dörfer Syriens zu sehen, bei klarem Wetter
ahnt man sogar Damaskus. Sonst gibt es hier nichts außer einer Radarstation, die jedoch für
Touristen verboten ist. Militärisches Gelände.
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Die Nimrod - Festung wurde wahrscheinlich zu Beginn des 13.Jahrhunderts zur
Sicherung der wichtigen Handels-und Heerstraße nach Damaskus von dem
moslemischen Herrscher El Malik El-Aziz Uthmann erbaut, von dem mamelukkischen
Sultan Baybars erweitert und dann 1260 von mongolischen Reiterscharen erobert.
Später diente sie verschiedenen moslemischen Herrschern als Gefängnis.
Es ist still hier oben, außer gelegentlichen Vogelrufen und dem Wind ist nichts zu hören,
Sträucher und wilde Blumen wuchern aus den Mauern, es fällt leicht, sich 1000 Jahre
zurückzuträumen. Doch was sind hier am Jordan schon 1000 Jahre, hier gelten ganz andere
Zeitdimensionen. Die Erde gelangte hier im Jordangraben an ihren tiefsten Punkt, vor 20
Millionen Jahren, am Grunde der Zeiten, als hier der afrikanisch-arabische Grabenbruch
entstand und wo vor 900 000 Jahren vermutlich schon Urmenschen lebten.
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In der Nähe des Dan-Parks beginnt der Israel Trail, ein gut markierter Wanderweg, der
vom Dan im Norden des Landes bis nach Taba an der ägyptischen Grenze im Süden führt,
teils durch unwegsames Gelände, hier im Norden durch die Wildwasser des Chatzbani, die
auf glitschigen Steinen vorsichtig durchquert werden müssen und die den Wanderer dennoch
bis zur Taille durchnässen., beloht wird er mit Einsamkeit und nahezu unberührter Natur,
dem Anblick von Reihern und anderen Wasservögeln, im Herbst und Frühjahr von
Hunderten von Zugvögeln auf ihrem Weg nach Süden und den juwelenbunten kleinen Tzifit,
den ursprünglich aus Afrika stammenden Sonnenvögeln
Doch die Quellflüsse des Jordan und auch der Jordan selbst werden schon bald zu trägen,
friedlichen Gewässern, nur ein paar Meter breit, gespeist und mit Düngemitteln und
Insektiziden belastet von den Abwässern der Farmen und der Fischteiche.
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Südlich von Kiryat Shmone an der Straße Nr. 90 öffnet sich das weite Hula-Tal. Ein kleiner
Teil davon ist heute Naturschutzgebiet, die Hula Reservation. Kurz bevor man sie erreicht,
weist ein Schild zu einem erst kürzlich durch Renaturierung entstandenen Vogelparadies,
dem Hula-See, der den Bauern der Umgebung gehört.
Der rund 300 Hektar große See und der Sumpf an seinen Ufern bedeckten noch zu Beginn
des 20.Jahrhunderts die Mitte des gesamten Jordantals bis zum See Genezaret, das
Jordanwasser fand nur im Winter bei Hochwasser mühsam einen Weg über den vulkanischen
Felspfropfen, der das Tal absperrte. Papyros wuchs an den Ufern des Sees, es wurde von
den Beduinen geerntet und verarbeitet. Viele heute verschwundene Tierarten lebten dort,
Millionen von Vögeln machten Rast auf ihrer alljährlichen Durchreise im Frühjahr und
Herbst. Aber es gab auch Myriaden von Mücken, die Malaria verbreiteten, die Menschen, die
dort zu siedeln versuchten, fielen dem Fieber zum Opfer, der Sumpf wurde zum erbittert
bekämpften Feind. 1957 wurde der Vulkanpfropfen, der den See abschloss, durchstochen,
das Wasser konnte nun ständig durch einen Kanal in den Kinneret , den See Genezareth
fließen, die Ufersümpfe wurden trocken gelegt, man begann Eukalyptusbäume, Obst,
Baumwolle, Mais und Gemüse anzubauen.
Jahrzehntelang wurde dieser Triumph über eine menschenfeindliche Natur gefeiert, die
Kibbuzniks waren nationale Helden. Doch inzwischen hat ein Umdenken begonnen, die
Naturschützer der SPNI und die Israel Nature and Parks Authority haben Alarm gegeben, weil
der Kinneret verschlammte und mit Salzen und Düngemitteln zunehmend belastet war. Das
trocken gelegte Land des Hula-Tales war zu einem großen Teil unfruchtbar geworden, die
Vögel der Region waren durch Pestizide vergiftet worden, einige Tierarten waren
ausgestorben. 1994 begann man, Teile des Geländes wieder zu fluten, der neue Hula-See
entstand.
Er gehört den Bauern des Tales, sie haben ein Informationszentrum eingerichtet wo die
Besucher Mountainbikes oder elektrisch betriebene Golfwägelchen mieten können, mit
denen sie den See umrunden, eine Strecke von fast 15 Kilometern. Viele gehen auch zu Fuß
bis an das seichte, schilfgesäumte Wasser. Es gibt dort zwei Vogelbeobachtungsstationen.
Vogelliebhaber aus aller Welt treffen sich hier, vor allem im Herbst und Frühjahr, wenn
gegen Abend die riesigen Schwärme der Zugvögel einfallen, die auf dem See und am Seeufer
übernachten und sich dann während das Tages die nötigen Energiereserven für den
Weiterflug anfressen.
Vor allem früh morgens und wenn die Sonne untergeht, wenn ihr Widerschein die
Wasserfläche rosa-violett färbt, ist das Schauspiel überwältigend, man sieht Schwärme von
weißen und grauen Reihern, Kormoranen, Pelikanen, Wildenten, weiße und schwarze
Störche, Greifvögel wie Turmfalken und Habichte. Nur die winzigen Mücken, die nach
Sonnenuntergang den Wanderer attackieren, sind eine Plage, auch wenn sie heute
glücklicherweise keine Malaria mehr übertragen.
Ein paar Kilometer südlich des Hula Sees, ebenfalls an der Strasse Nr. 90, liegt der HulaNaturschutzpark. Durch eine Allee prächtiger Eukalyptusbäume, die vor mehr als hundert
Jahren hier angepflanzt wurden, führt der Weg zum Eingang des Parks. Der Manager des
Parks und des Informationszentrums, der Biologe Jonathan Harari, ist im Hula-Tal
aufgewachsen. Er erzählt , dass es von Anfang an Auseinandersetzungen zwischen
Siedlern und der Regierung auf der einen Seite und Wissenschaftlern und Naturschützern auf
der anderen wegen der Trockenlegung gab. Die Naturschützer protestierten dagegen, weil
das, was die Natur in Millionen von Jahren geschaffen hatte, nun weitgehend vernichtet
wurde.
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Kurz bevor die Strasse Nr. 90 den See Genezareth, den Kinneret erreicht, liegt rechter Hand
eine kleine Stadt, Rosh Pinna, die 1878 als erste Landwirtschaftssiedlung in Galiläa von
jungen Juden aus dem nahe gelegenen Safed gegründet wurde. Ein Wohn-Viertel des kleinen
Ortes wurde und wird noch immer liebevoll restauriert. Im Haus des Arztes und
Malariaforschers Gid’on Mer, der mit dazu beitrug, dass die Malaria aus dem Hula-Tal
vertrieben wurde, gibt es ein kleines Museum und hier befindet sich auch das Büro des
Freundskreises, der die Restaurierung organisiert und leitet. Die zweistöckigen Häuser aus
großen, beige-braunen, hell verfugten Natursteinen , mit ihren roten Ziegeldächern, den
grünen Türen und Fensterläden und den kunstvoll geschmiedeten Gittern könnten irgendwo
in einem europäischen Dorf zu finden sein, wären da nicht die üppig rot, orange, pink und
weiß blühenden Bougainvillae und die eleganten Dattelpalmen. Vor einem der historischen
Gebäude sind landwirtschaftliche Gerätschaften, Eggen und Pflüge des ausgehenden 19.
Jahrhunderts zu Schau gestellt.
Die Kuppeldecke des Innenraums der schönen Synagoge sieht aus, als sei sie aus mehreren,
in der Mitte spitzwinklig aufeinander treffenden Booten geformt, der aus Polen stammende
Handwerker, erklärt der Kurator des Museums, war halt kein Zimmermann, sondern ein
gelernter Bootsbauer.
Die Synagoge wurde 1886 gebaut und zwar an einer Stelle, die der Förderer und Geldgeber
von Rosh Pinna, Baron Rothschild, ausgesucht hatte. Von hier aus könne man die Gräber
des alten Friedhofes sehen, hat er damals gesagt, und das erinnere auch einen reichen Mann
wie ihn daran, dass angesichts des Todes alle Menschen gleich sind.
1878 begann die Geschichte von Rosh Pinna. Eine Gruppe junger, frommer Juden
beschloss, das nahegelegene Safed zu verlassen und eine landwirtschaftliche Gemeinde zu
gründen, die 18 jungen Leute kauften Land und ließen sich am Rande eines arabischen Dorfes
nieder. Nach drei Hungerjahren gaben die meisten von ihnen auf, nur eine Handvoll blieb.
1882 kam dann eine Gruppe der Hovevey Zion – der Liebhaber Zions – aus Rumänien in das
Dorf, das sie Rosh Pinna nannten, nach dem Stein, von dem es in der Bibel heißt, die
Maurer hätten ihn verworfen, aber er wurde zum Eckstein des Hauses..
1883 besuchte Baron Rothschild die Siedlung und entschloss sich, ihr Schutzherr zu
werden. Er kaufte Land und ließ etliche öffentliche Gebäude errichten, vor allem ein großes
Schulhaus, weil er Erziehung für außerordentlich wichtig hielt. Im Jahre 1900 gab es schon
500 Siedler in Rosh Pinna, Landwirtschaft und ein paar kleine Fabriken gediehen, in der
Schule wurde der Unterricht auf Hebräisch gegeben. Es gab zwar auch wirtschaftliche
Rückschläge, doch im Großen und Ganzen blieb die Siedlung erfolgreich. 1929 errichtete
Professor Gid’on Mer ein Laboratorium für die Malariaforschung in einem der Gebäude.
1978 wurde schließlich die Gesellschaft zur Restaurierung der Pioniersiedlung gegründet,
Touristen und Schulklassen kommen und lassen sich einfangen von der Stimmung des
Dorfes, die so viel vom Zionistischen Traum sinnlich vermittelt. Doch das Dorf ist kein
Museum, es ist wieder zum Leben erwacht, es gibt hübsche Boutiquen, Kunstgalerien, Bars
und Restaurants in den Häusern des Dorfes, im Rosengarten, den Baron Rothschild hatte
anlegen lassen, spielen Kinder und Rentner sitzen auf den Bänken im Schatten der alten
Bäume. Und in der Nähe, mit großartigem Blick auf den nahen Kinneret, eines der schönsten
Hotels des Jordantales, das Mizpe Hayamin, in dessen Gärten Biogemüse angebaut wird, das
dann frisch auf den Tisch kommt, wo der Reisende Bäder und Massagen in
umweltfreundlichem Ambiente geniessen kann, bevor es weitergeht auf dem Weg zurück in
die Geschichte....
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Auf dem Weg zu den Golanhöhen, aber noch im Jordantal, liegt die kleine Stadt
Kassrim mit den Ruinen und der Teilrekonstruktion eines jüdischen Dorfes und einer
Synagoge aus der talmudischen Zeit und einem wunderschönen kleinen archäologischen
Museum. Ein besonders prachtvolles Ausstellungsstück ist der Triaden- Türsturz aus dem 2.
und 3. Jahrhundert nach Christus, der einst einen Tempeleingang schmückte. Er zeigt in
römisch beeinflusstem Stil die Büsten dreier Götter. In der Mitte, bärtig und in eine
Rüstung gekleidet Baalshamin, der Herr des Himmels und Gott des Sturms, der oberste Gott
des syrischen Pantheons. Zu seiner Rechten die juwelengeschmückte Mondgöttin Luna und
links der bartlose, von Sonnenstrahlen umkränzte Sonnengott Aglibol. Zu bewundern sind
hier auch Zeugnisse von Menschen, die im Chalcolithikum, also im Übergang von der
Steinzeit zur frühen Bronzezeit den Golan bewohnten. Es waren wahrscheinlich Schafhirten,
die auch Getreide anbauten, sie bewahrten ihre Vorräte, Milch, Käse und Getreide, in schön
verzierten roten Tonkrügen auf. Diese Menschen lebten in kleinen Dörfern, vor ihren
Steinhäusern, stellten sie auf niedrigen Bänken Säulenfiguren auf, längliche Köpfe, die wohl
zugleich auch Altäre waren. Man vermutet, dass die flachen Vertiefungen auf dem oberen
Ende der Säulen ,also auf dem Kopf der Figuren dazu dienten, landwirtschaftliche
Opfergaben aufzunehmen. Diese Säulenfiguren wurden nur hier auf dem Golan gefunden,
es sind einmalige Zeugnisse einer geheimnisvollen 7000 Jahre alten Kultur.
Die Golanhöhen haben eine Ausdehnung von etwa 60 Kilometern vom Norden des
Hermon - Massivs bis zum Südufer des Kinneret , dem Yarmuk-Fluss und den Bergen
von Gilead und rund 20 Kilometer von Ost nach West, von der syrischen Grenze bis
zu den Ufern des Sees. Oliven- und Mandelbäume, karge Savanne, Vulkankegel, Canyons,
Quellen, Flüsse und Wasserfälle prägen die Landschaft der Golanhöhen. Auf den
fruchtbaren Hängen des Golan werden Obst und der berühmte Golan-Wein angebaut, im
Süden des Golan wächst Getreide, den Norden bedeckt dichtes mediterranes Gehölz. Die
Mitte der Golanhöhen aber gehört den Schafhirten, wie seit Jahrtausenden.
Hügel des Wildkatzenschwanzes nannten die Beduinen die fünf gigantischen
konzentrischen Kreise mit einem Gesamtdurchmesser von 155 Metern, die in gewaltigen
Steinquadern in der fast baumlosen gelbbraunen Unendlichkeit der Golan-Hochebene liegen.
In der Mitte der Kreise lag das Grab eines Stammesfürsten verborgen, der dort mit kostbarem
Schmuck bestattet worden war. Nur aus der Luft ist die riesige Anlage, dieses großartige
Stonehenge des Nahen Ostens, vollständig zu überblicken.
Es könnten wirklich die Riesen der Vorzeit gewesen sein, gezeugt von gefallenen Engeln mit
Menschentöchtern, die diese Kreise gebaut haben, vor rund 5000 Jahren.... Die Refaim, die
Giganten der Bibel , lebten ja hier auf dem Golan, sagt die Bibel.
Oder waren es doch Aliens die mit Ufos hier gelandet sind, wie Ufo-Gläubige meinen und
diese Theorie ausführlich im Internet darlegen ? Fast könnte man es glauben, so außerirdisch
wirkt dieses Bauwerk, ein gigantischer Megalith von mehr als 42 000 Basaltsteinen in der
Nähe der syrischen Grenze. Auf dem Weg dorthin gibt es Absperrungen und zahlreiche
gelbe Dreiecke, die vor Landminen warnen, syrische Überbleibsel aus dem 6-Tage-Krieg.
Erst kürzlich wurden zwei junge Israelis von einer solchen Landmine getötet. Während der
Woche ist der Zugang zum Steinkreis verboten, weil dort scharf geschossen wird, es ist ein
Übungsplatz der israelischen Armee.
Die Archäologen wissen nicht, wer die Steinkreise gebaut hat, das Rätsel von Gilgal Refaim,
dem Kreis der Giganten, ist bis heute ungelöst.
Vielleicht wurden hier am längsten und am kürzesten Tag des Jahres- darauf deuten die Tore
in Nordosten und im Nordwesten hin - rituelle Feiern begangen, möglicherweise zu Ehren
der Götter Ishtar und Tammuz, dem Götterpaar aus Mesopotamien, dessen Liebesleben die
Fruchtbarkeit der Natur garantierte. Vielleicht diente es den Bewohnern der Golan –Region
für astronomische Beobachtungen und als Kalender für die Landwirtschaft. Später dann
wurde der Ring möglicherweise ein Pferch für Tiere oder auch ein militärisches Lager.
Westlich der rätselhaften Steinkreise liegt Gamla, ein nur wenig besuchter
Naturschutzpark mit über 700 Dolmen, Steingräbern aus der mittleren Bronzezeit, vor
rund 4000 Jahren von Nomadenstämmen errichtet. Hier gibt es die Ruinen einer
byzantinischen Kirche aus dem 4.nachchristlichen Jahrhundert und, kühn auf einer Felsnase
über dem Kinneret, die Überbleibsel des alten Gamla. Diese Ruinen gehören zu einer
jüdischen Siedlung, die in der Bronzezeit gegründet, später zerstört und in der hellenistischen
Epoche, also im 2. vorchristlichen Jahrhundert, wieder aufgebaut wurde. Man konnte damals
wie heute die durch Mauern befestigte Stadt nur über einen schmalen und sehr steilen Pfad
erreichen. Flavius Josephus schreibt in seinem „Römischen Krieg“, der Felsen, den die
Stadt krönte, habe in etwa die Form eines Kamels. Doch die Felsnase gleicht eher dem Bug
eines Schiffes, das hinaussegelt in den blauen See.
Flavius Josephus hatte, bevor er später zu den Römern überlief, die jüdische Revolte des
Jahres 66 nach Christus in Galiläa angeführt. Gamla schloss sich den Rebellen an , wurde
von den Römern belagert und schließlich erobert. Rund 9000 Juden starben im Kampf oder
weil sie sich von dem Felsen stürzten , um den Römern nicht in die Hände zu fallen. 67 nach
Christus wurde Gamla zerstört und geriet völlig in Vergessenheit, bis es 1968 wieder
entdeckt und ausgegraben wurde.
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Die Landschaft hier auf der Golan-Hochebene ist karg und fast baumlos, bis auf einige
Pistazienbäume und Tabor- Eichen, im Winter und Frühjahr aber bedeckt von einem
Blütenteppich. Der mit 51 Metern höchste Wasserfall des Landes, der Gamla
Wasserfall, stürzt hier in ein tiefes, grünes Wadi.
Rund 100 auf den Felsen des Gamla-Canyons nistende Griffon-Geier bilden die größte
Nist-Kolonie dieser eindrucksvollen Vögel in Europa und im Nahen Ostens. Seit 1994 wird
diese Kolonie wissenschaftlich begleitet, ständig werden Volontäre gesucht, die sich gegen
Unterkunft, Verpflegung und ein kleines Taschengeld an dieser Arbeit beteiligen. Auf dem
Weg zu dem tiefen Canyon, den der Gamla Fluß in Jahrmillionen gegraben hat, kommt der
Besucher zu einem Ausguck, von dem aus man, gut vor den scharfen Augen der
Tiere geschützt, die Geier beobachten kann. Ganz dicht über das Dach des Ausgucks gleitet
einer mächtigen beige- braunen Vögel mit den elegant gefächerten Randfedern der
Schwingen. Der Vogel lässt sich vom Luftstrom tragen, ohne einen einzigen Flügelschlag.
Weiter oben zeichnen acht Geier in einem schwerelos gleitenden Tanz ein kompliziertes
Muster in das wolkenlose Blau des Himmels, in die vollkommene Stille. Es ist Mittag, die
Stunde der Geier…..
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Tiberias, 20 Jahre nach der Zeitenwende von König Herodes Antipas gegründet und nach
seinem Freund, dem römischen Kaier Tiberiuas benannt, ist neben Jerusalem und Safed eine
der drei heiligen Städte Israels. Nach der Zerstörung des 2. Tempels wurde die Stadt bis zum
Jahre 425 der allgemeinen Zeitrechnung zum Sitz des Sanhedrin, des obersten jüdischen
Gerichts. Heute noch gibt es den Raum, in dem der Sanhedrin sich damals versammelte, ein
unscheinbares Zimmer in einer ziemlich baufälligen kleinen Synagoge, wo immer noch die
Mischna und der Talmud studiert werden.
Die Mischna, die Sammlung zuvor nur mündlich überlieferter jüdischer Gesetzestexte, wurde
hier in Tiberias im 2. und 3. Jahrhundert nach der Zeitenwende zusammengetragen und
niedergeschrieben, hier wurde später auch der Palästinensische Talmud verfasst, zu dem die
Mischna, aber auch andere Teile der jüdischen Überlieferung und Bibelkommentare gehören.
Rabbi ben Akiba, einer der Anführer des zweiten jüdischen Aufstandes von 132 bis 135 nach
Christus, wurde 137 von den siegreichen Römern in Tiberias zum Tode verurteilt, dann in
Caesarea bei lebendigem Leibe gehäutet. Er wurde in Tiberias begraben, sein Grab ist bis
heute eine jüdische Pilgerstätte, so wie das Grab des wundertätigen Meir Ba’al Ha’ness, zu
dessen Grabstätte am Hang über den heißen Quellen jährlich Juden aus aller Welt pilgern,
um Frieden und Gesundheit zu erbitten.
„Lehre Deine Zunge zu sagen ‚Ich weiß nicht’ und du wirst Fortschritte machen.“
Das schrieb der 1135 im spanischen Cordoba geborene berühmte Rabbiner, Philosoph und
Arzt Maimonides, genannt Rambam - ein Akronym seines hebräischen Namens Rabbi
Moshe ben Maimon - der 1204 in Ägypten starb. Auch er ist in Tiberias beigesetzt worden,
über seiner Grabstätte mitten in der Stadt wurde eine rote Eisenkonstruktion errichtet, die an
ein Zelt erinnern soll und 2005, wenn weltweit das Maimonides-Jahr begangen wird, gibt es
auch in Tiberias Veranstaltungen zu seinen Ehren, es gibt Straßenkonzerte, ein Symposium
über mittelalterliche Naturheilmethoden, eine internationale Konferenz zum Thema
„Maimonides und Ehtik“ und sogar ein „Rambam-Quiz“, die Stadt hat eigens eine Website
dafür eingerichtet.
An der Strasse Nr. 90, die am Seeufer vorbei nach Süden führt, liegt der alte Friedhof von
Tiberias. Einer der ersten, die hier 1744 begraben wurden, war Rabbi Hayyim Abulafia.
Der Beduinenscheich Daher-al-Omer, der in Galiläa in Konkurrenz zu den
ottomanischen Herrschern ein eigenes Reich errichtete, hatte den damals schon
achtzigjährigen Rabbi aus der türkischen Diaspora kommen lassen . Scheich Daher
machte Tiberias, das er mit einer Stadtmauer und einem Kastell gegen die Türken befestigt
hatte, zu seiner Hauptstadt. Er brauchte die Juden, die im Jahre 1700 von dort vertrieben
worden waren, um Handel und Wohlstand zu mehren. „Komm, erhebe dich, kehre zurück
nach Tiberias, dem Land deiner Väter“ schrieb er dem Rabbi und versprach ihm ein Haus,
eine Synagoge, ein Beit Midrash, ein Studienhaus. Rabbi Hayyim Abulafia – sein arabischer
Name bedeutet Vater der Gesundheit - zögerte nicht lange und schiffte sich mit seiner Frau,
seinen Kindern und 10 Gefolgsleuten nach Palästina ein. Eine enge Freundschaft verband ihn
bis zu seinem Tode, 4 Jahre später, mit Scheich Daher-al –Omer. Eine neue jüdische
Gemeinde entstand in Tiberias, eine prächtige Synagoge und ein Ritualbad wurden gebaut,
neue Strassen angelegt, Weingärten, eine Mühle für Sesamöl, Tiberias blühte auf.
Gegen Ende des 19.Jahrhunderts gab es in Tiberias rund 3500 Juden, 1500 Muslime und ein
paar Hundert Christen, in den nächsten 20 Jahren, der Gründungszeit der Kibbuzim und
Moshavim, wuchs auch die jüdische Bevölkerung von Tiberias weiter.
Rabbi Hayyim Abulafia ( gesprochen Cha-im Abul- afia ) , der Vater der Gesundheit, ist auf
dem Friedhof, der 1740 am Seeufer angelegt wurde, im Kreise seiner Söhne und Enkel
begraben.
Neben dem Grab des wundertätigen Rabbi wächst ein Christdorn, an dessen Zweigen haben
fromme Juden Tücher aufgehängt, die ihnen Glück bringen sollen und auf die Dornen
haben sie Bittbriefe gespießt . Das Grab von Hayyim Abulafia ist einer der vielen heiligen
Orte von Tiberias..
Teile des weiter südlich gelegenen, längst aufgegeben antiken jüdischen Friedhofs aus der
Zeit, als Palästina römisch war, ist durch der Strasse Nr. 90 überbaut worden. Doch weil die
Kohanim, die Nachfahren der Priester, nicht mit dem Tod oder mit Gräbern in Berührung
kommen dürfen, um nicht unrein zu werden, musste die Strasse so angelegt werden, dass
Asphaltdecke und die inzwischen gar nicht mehr sichtbaren Gräber aus der Antike durch eine
Isolationsschicht getrennt sind.
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Pilger aus aller Welt drängen sich in Kefar Nahum, dem biblischen Kapernaum, wo mit
ziemlicher Sicherheit der Fischer Petrus ein Haus hatte, über dem im Laufe der Jahrhunderte
immer wieder eine neue Kirche gebaut wurde. Jetzt steht dort, auf einem Podest, das die
archäologischen Überreste des jüdischen Dorfes frei lässt, ein ziemlich scheußlicher
christlicher Sakralbau aus dem 20. Jahrhundert. Ein paar Schritte weiter sind Mauern und
Säulen der prächtigen Synagoge erhalten, die damals zu dem Dorf gehörte und die ganz
sicher auch von Jesus besucht worden ist. Während vor dem Säulengang der antiken
Synagoge ein Presslufthammer dröhnt - es werden irgendwelche Instandhaltungsarbeiten
gemacht –liest in der einen Ecke des offenen Synagogenraumes ein amerikanischer Pastor
seiner Gruppe von Pilgern aus dem Johannesevangelium vor und auf der anderen Seite ein
katholischer Priester wohl das Gleiche einem Trupp schwarzgekleideter Seminaristen.
Unbeeindruckt von Lärm und Pilgern balanciert ein Restaurator auf der obersten Stufe einer
Treppenleiter und arbeitet langsam sehr sorgsam an den Kapitell - Ornamenten einer
Säule.
Hier, am Nordufer des Sees Genezareth, findet man auf wenigen Kilometern viele Orte, die
uns aus dem Neuen Testament bekannt sind: in das Grün von mediterranen Bäumen und
Sträuchern gelagert die Reste des Fischerdorfes Bethsaida, ein wenig höher am Hang
gelegen die düsteren schwarzen Basaltsteine der Ruinen von Korazim, das Jesus wegen
seiner Sündhaftigkeit verflucht hatte. Hoch über dem See der Ort der Bergpredigt und der
Seligpreisung, am Ufer das wunderschöne Tabgha mit dem Benediktinerkloster und der
Kirche der wunderbaren Brotvermehrung auf einem weitläufigen Gelände, das seit 1889 dem
Deutschen Verein vom Heiligen Land gehört, der es damals den Türken abkaufte.
Pater Jeremias, der aus Leichlingen bei Köln stammt, ist seit Januar 2001 Prior des
Benediktiner- Priorats, dem zur Zeit 5 Brüder angehören. Er scheint mit Anfang vierzig
überraschend jung für dieses Amt. Mit berechtigtem Stolz führt er durch die Kirche, die erst
im 20.Jahrhundert erbaut wurde, sich aber in ihrem schlichten, dem Byzantinischen
nachempfundenen Stil harmonisch in das Ufergrün des Parks von Tabgha einfügt. Das
Fundament der Kirche ruht auf Resten einer byzantinischen Kirche aus dem
4.nachchristlichen Jahrhundert.
Gleich neben der Kirche der wunderbaren Brotvermehrung liegt das schön restaurierte
Pilgerhaus, eine Anlage, die der Deutsche Verein vom Heiligen Land, der damals noch
Palästinaverein Deutschlands hieß, für deutsche Pilger Ende des 19. Jahrhunderts errichtet
hat. Die Pilger kamen mit der 1902 fertig gestellten Eisenbahn aus Haifa kommend am
Südufer des Sees an, bestiegen dann einen Dampfer, der sie über den See hierher, nach Karei
Deshe, brachte. Die massiven zweistöckigen Häuser der Anlage, aus dunkelgrauen, weiß
verfugten Steinen, mit ihren Bogenfenstern und schattigen Arkaden, liegen in einem üppig
grünen Garten der sich zum Seeufer hin senkt, Brunnenwasser sprudelt unter Palmen .
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Auch die Frauen und Männer mittleren Alters, die sonnenverbrannt und bester Laune unter
der Leitung eines griechischen Archäologen neben den Ruinen der byzantinischen Kirche
von Gergesa- Kursi – am Ostufer des Kinneret dabei sind, eine Stadt aus dem 3. oder 4.
Jahrhundert nach Christus auszugraben, können sich dem Zauber der biblischen Landschaft
nicht entziehen. Hier hat Jesus die Besessenen geheilt, er hat die sie quälenden
Dämonen in Säue verwandelt und diese 2000 Säue dann in den See gejagt. Die
ehrenamtlichen Helfer die hier schwitzen, Hobby-Archäologen, sind amerikanische Christen,
eine Krankenschwester ist darunter, mehrere Pfarrer . Einer von ihnen hat gerade einen
Mühlstein und einen steinernen Mörser aus der rötlichen Erde gebuddelt, aber der Fund
muss vorerst an Ort und Stelle bleiben.
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Nur ein paar Autominuten entfernt liegt am Hang über dem See der kleine Ort Migdal, im
vorigen 1906 von katholischen Siedlern aus Deutschland gegründet. Eigentlich wollten
sie in Magdala siedeln, direkt am Seeufer, wo Maria Magdalena gelebt hat und begraben
ist, haben dann aber wegen des besseren Klimas die Hanglage vorgezogen. Sie hielten
jedoch nicht lange aus, es fehlte ihnen an nötigem Kapital, sie verstanden sich nicht auf die
Landwirtschaft, viele von ihnen erkrankten an Malaria und Typhus, und so verkauften sie
das Land drei Jahre später an reiche russische Juden, die eine Gruppe armer junger Leute als
Arbeiter dorthin schickten. Anfangs wurde nur Baumwolle angebaut, später auch Obst,
Mandeln und Oliven, auch Milchvieh wurde gehalten. Im ersten Weltkrieg, als kein Geld
mehr aus Russland kam, geriet die Siedlung in finanzielle Schwierigkeiten, sodass schließlich
das Land in Parzellen aufgeteilt und an Interessenten, vor allem amerikanische Juden,
verkauft wurde. Das kleine Museum von Migdal in einem der ursprünglich von den
Deutschen errichteten Farmhäusern dokumentiert die Geschichte der Siedlung, wo auch für
kurze Zeit der zionistische Nationalheld Trumpeldor gelebt hat, der 1920 in einem Kampf
mit Arabern getötet wurde. 1923 hat sogar Albert Einstein die Siedlung besucht, war aber
nicht dazu zu bewegen, dort eine Parzelle zu erwerben. Da er im Frühjahr, zur Regenzeit,
anreiste, blieb sein Auto auf dem Weg nach Migdal im Schlamm stecken und musste von
zwei Pferden den Hügel hinaufgezogen werden, ein Photo dokumentiert das Missgeschick.
Aus den ersten Jahren Migdals sind außer dem Museum noch eine Olivenöl-Presse und
zwei, drei Häuser der katholischen Gründer erhalten. In einem dieser Häuser wohnt
Günther Gottschalk, ursprünglich aus Rothenburg ob der Tauber. Zwei Frauen mit
Kopftüchern und geblümten Kittelschürzen , die Hände mehlbestäubt vom Kuchenbacken,
öffnen die Tür, Gottschalks Frau und seine Schwägerin, sie könnten direkt aus einem
deutschen Bauernhaus der fünfziger Jahren hierher versetzt worden sein. Durch die Küche,
in der es intensiv nach Zimt und Äpfeln riecht , gelangt man in das Wohnzimmer , wo
Günther Gottschalk in Jeans und Arbeitshemd auf einem alten braunen Sofa sitzt.
Gottschalk ist Anfang der sechziger Jahren mit einer evangelischen Jugendgruppe, dem
christlichen Hilfsbund, zu dem auch seine spätere Frau gehörte, zum ersten Mal nach Israel
gekommen..........
Gottschalk, der während seiner Arbeit mit den KZ-Überlebenden begonnen hatte, sich
intensiv mit dem Christentum und dem christlichen Antisemitismus auseinander zu setzen,
konnte es nach einer Weile nicht mehr vertreten, einer christlichen Kirche anzugehören, er
sei kein Christ mehr, sagt er. Allerdings hat er nie den Schritt getan, zum Judentum
überzutreten. Seine Kinder allerdings, die auch in Migdal leben, sind alle religiöse Juden
geworden, der Älteste ist sogar Thoraschreiber. .
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Im Süden von Tiberias, gegenüber vom großen öffentlichen Thermalbad, in einem kleinen
Hamam , das Jazzar Pascha vor 200 Jahren erbaute, wird die Geschichte der heissen
Quellen von Tiberias erzählt:
Die Legende besagt, dass die ersten Thermalbäder von König Salomon errichtet wurden um
den Kranken zu helfen, er habe einen Trupp von Dämonen ausgeschickt, die auf den Grund
der Quellen am Kinneret tauchen sollten um sie aufzuheizen. Rabbi Yochanan hatte im
3.Jahrhundert nach Christus geschrieben, die Quellen seien während der Sintflut geschaffen
worden und ein anderer bekannter Rabbi, ein Schüler von Rabbi Akiva , sagte, das heiße
Wasser komme direkt aus der Hölle.
Vielleicht stimmt es, das Quellwasser, das in dem kleinen Park neben dem Hamam ein Stück
weit offen fließt, bevor es in die Leitungen zu den Thermalbädern eingespeist wird, ist fast
40 Grad heiß.
Hinter dem Park, wo es auch die Überreste einer Synagoge aus dem 3. oder 4. Jahrhundert
nach Christus gibt und ein Stück weiter oben die ziemlich hässliche Synagoge mit dem
Mausoleum des wundertätigen sephardischen Rabbi Meir Ba’al Ha’ness, erhebt sich der
Hügel der Berenike mit den Ruinen eines mächtigen Forts aus der byzantinischen Zeit. Im
Fort gibt es Reste von Mosaiken und die Ruinen einer Kirche aus der Zeit Justinians, der
Anker-Kirche. Sie heißt so, weil die Altarstätte ein steinerner Anker ist, der auch heute
noch dort oben in der früheren Apsis auf dem Boden liegt.
Berenike, nach der dieser Hügel benannt ist, war eine Hasmonäische Prinzessin, Tochter des
Herodes Agrippa I, die von 28 bis 79 nach Christus lebte und von der es im Neuen
Testament heißt, sie habe ein lasterhaftes Leben geführt. Sie gehörte dem Tribunal an, das in
Caesarea über Paulus zu Gericht saß. Als Titus, der spätere römische Kaiser, in Galiläa
war, machte er Berenike zu seiner Geliebten. Sie folgte ihm nach Rom und wollte ihn sogar
heiraten.. Doch der Senat verbot die Verbindung nicht nur, weil sie älter war als Titus,
sondern vor allem, weil sie Jüdin war.
Greifvögel gleiten durch den Himmel über den Ruinen des byzantinischen Forts und der
Anker- Kirche, lenken den Blick auf die alte Stadt, auf die vom Sonnenuntergang rötlich
schimmernden Höhen des Golan im Osten und auf den Kinneret, der das Abendlicht
widerspiegelt .
In der Einsamkeit des Berenike – Hügels, zu dieser Stunde, ist es ganz deutlich spürbar: Der
Kinneret, das galiläische Meer, ist ein heiliger und ein magischer Ort, ein Ort der
Wunder und der Besinnung , trotz allem immer noch ein Hafen des Friedens.
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Bei Jardenit am Südufer des Sees verlässt der Fluss den Kinneret, den See Genezareth..
Hier ist die Stelle, wo schon Mitte des 19.Jahrhundert christliche Pilger in das Jordanwasser
eintauchten zu einer zweiten Taufe. Der Kibbuz Kinneret hat vor einigen Jahren einen Platz
für die Taufzeremonien geschaffen, die vor allem von amerikanischen Baptisten und
evangelikalen Christen aus der ganzen Welt besucht werden, jetzt ist gerade eine Gruppe
schwarzer Männer und Frauen aus Virginia dort.
In eigens dafür errichteten Umkleidekabinen legen sie ihre weltlichen Kleider ab, in weißen
Taufroben steigen sie dann, begleitet von Gebeten und Gesang, in das ziemlich dreckige
Jordanwasser. Zwei Priester erwarten sie dort, legen den Täuflingen ein weißes
Baumwolltuch auf den Mund und tauchen sie energisch unter. Viele weinen vor
Ergriffenheit, als sie triefend nass wieder heraussteigen. Gleich neben der Taufstelle gibt es
einen riesigen Souvenir-Supermarkt, wo sie anschließend alles kaufen können, was das
Pilgerherz erfreut, Krippen aus Olivenholz, Kreuze und Rosenkränze, Dornenkronen,
Ansichtskarten, T-Shirts, holzgeschnitzte Kamele, aber auch Davidsterne gibt es dort und
glückbringende jüdische Amulette.
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Der See Genezareth reichte in Urzeiten fast bis Jerusalem, und dort, am Ufer des
prähistorischen Sees, lebte vor etwa 900 000 Jahren der homo habilis, der zur Oldovai II
Kultur gerechnet wird.. Man fand am damaligen Südufer des Sees Knochen von Elefanten,
Nashörnern, Flusspferden, Krokodilen, Gazellen, Bären...Die Menschen, die diese Tiere
jagten, kannten das Feuer noch nicht, aber sie hatten schon Werkzeuge, sie bearbeiteten Flint,
Basalt und Dolomit. Weiter nördlich am See, in der Nähe des heutigen Tiberias, fand man
bearbeitete Kieselsteine, im Hula Sumpf Werkzeuge und in nahegelegenen Höhlen Gräber der
Menschen, die um 700 000 vor der Zeitwende dort lebten, Palaioanthropos palaestinensis
nannten die Forscher diesen Menschen der Frühzeit.
Ein paar Kilometer südlich des Kinneret, am Fluss Yarmuk, dessen Wasser den Jordan speist
und nahe der jordanischen Grenze, am Fuße der Gilead-Berge, liegt der Kibbuz Sha’ar
Ha Golan mit dem kleinen Museum der Yarmuk – Kultur aus der Jungsteinzeit, also der
Zeit zwischen 6400 bis 5800 vor der allgemeinen Zeitrechnung.
Ehud Shamir ist der ehrenamtliche Kurator des Kibbuzmuseums. In den Anfangsjahren des
1937 gegründeten Kibbuz, so erzählt er, entschloss man sich, Teiche für die Karpfenzucht
anzulegen. Beim Graben fanden die Kibbuzniks einen Stein, der aussah, als sei er von
Menschenhand bearbeitet worden. Als sie dann noch mehr solcher Steine entdeckten, wurde
ihnen klar, dass sie auf etwas Wichtiges gestoßen waren. Sie berichteten Jerusalemer
Archäologen von ihrem Fund und einer von ihnen , Professor Stekelis, kam schließlich, mehr
als 10 Jahre später, um sich die Funde anzuschauen.
Nach dem Tod von Professor Stekelis setzte der Archäologe Yossi Garfinkel die Arbeit fort,
12 Jahre lang grub er jedes Frühjahr in Sha’ar Ha Golan. Er entdeckte zu seiner
Überraschung ein sehr großes Dorf aus der Jungsteinzeit zwischen 6400 und 5800 Jahren vor
unserer Zeitrechnung, mit Fundamenten massiver Häuser mit meterdicken Mauern. Er
folgerte, dass die Menschen, die hier gelebt hatten, keine Nomaden gewesen waren, sie
waren Siedler, die in festen Häusern lebten und Ackerbau betrieben. Garfinkel fand dort die
älteste Strasse Israels, vielleicht die erste Strasse der Menschheitsgeschichte überhaupt und
einen Brunnen, der zu den ältesten Brunnen der Welt gehört.
In dem kleinen Museum des Kibbuz sind Steinwerkzeuge, Angel- und Jagdgeräte ,
Steinsicheln und Sensen ausgestellt, Steinmörser, zahlreiche, zum Teil sehr große mit einem
schönen Fischgrät-Muster verzierte Keramikgefässe Sie sind typisch für die Yarmuk-Kultur,
genau wie die ovalen Steine mit rätselhaften geometrischen Mustern, längliche säulenartige
Gebilde, offensichtlich Idole mit eingeritzten Augen und einer Art Mund. Besonders
eindrucksvoll sind die sitzenden und stehenden sehr breithüftigen Frauenfiguren mit spitz
zulaufenden Brüsten, üppigen Speckfalten am Bauch und säulenartigen Oberschenkeln, die
an die Fruchtbarkeitsgöttinen der frühen Kykladenkulturen erinnern.
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Das Jordantal zwischen dem Kinneret und Beit Shean wird auch Erez Ha Tamar genannt,
Land der Palme. Hier, in der fruchtbaren Jordansenke, gibt es ausgedehnte DattelpalmenPlantagen . Die Früchte werden im Herbst geerntet, bevor der erste Regen fällt, ungefähr zu
Sukkot, dem Laubhüttenfest.. Dann fahren Lastwagen, beladen mit Palmwedeln, mit denen
die Laubhütten bedeckt werden, über die Landstrassen, wie hierzulande zur Weihnachtszeit
Autos mit Christbäumen..
In den Palmenhainen manövrieren gelbe Kräne geschickt zwischen den Stämmen, auf den
hochfahrbaren Plattformen der Maschinen stehend kappen Erntehelfer die schweren
Dattelbündel, die bis zur Ernte in schwarzen Netzen vor Vogelfraß geschützt wurden.
Uri Landau, ein in Pforzheim geborener Dattelfachmann und früher Mitarbeiter des
israelischen Landwirtschaftsministeriums, lebt in dem religiösen Kibbuz Schluchot bei
Beit Shean. Sein Lebensinhalt, seine Leidenschaft ist die Dattelpalme. Es ist Anfang
Oktober, aber immer noch heiß, auf dem Rasen unter hohen, noch fruchttragenden Palmen
vor Landaus kleinem Kibbuzhaus spielen Kinder, Landaus Frau, eine bekannte Malerin, hat
Gebäck , Kaffee und frische Datteln auf den Tisch der Veranda gestellt.......... Uri Landau
berät nicht nur die israelischen Farmer und empfiehlt ihnen, welche Sorten in einer
bestimmten Region angepflanzt werden sollten und wie man die Bäume gegen Schädlinge
schützen kann ohne die chemische Keule einzusetzen, er ist sehr oft auch in den
jordanischen Dörfern am anderen Ufer des Flusses als Berater unterwegs. Und er trifft
sich regelmäßig mit Bauern der Westbank, doch darüber redet er nicht gerne, es
könnte seinen palästinensischen Gesprächspartnern schaden, man hielte sie womöglich
für Kollaborateure, obwohl sie mit Uri doch nur über die besten Dattelsorten sprechen
und über den Käfer der die Dattelpalmen befällt und wie man ihn bekämpfen kann
Die Dattelpalme spielt natürlich auch in der arabisch-moslemischen Kultur eine wichtige
Rolle.
........... Talsperren, wie man sie im regenreichen Europa kennt und wie sie Theodor Herzl in
seinem utopischen Roman „Altneuland“ für das Jordantal vorhergesagt hatte , gibt es am
Jordan nicht. Es gibt jedoch viele aufgestaute Fischteiche, es gibt kleinere Reservoirs, es
gibt das Kanalsystem des National Water Carrier, das fast ganz Israel mit Wasser versorgt.
Auch das palästinensische Autonomiegebiet und Gaza erhalten Wasser vom Jordan und
vom Kinneret. Unter den Bergen der Westbank gibt es große unterirdische Becken mit
versickertem Regenwasser, Trinkwasser für die israelischen Städte. Über die zukünftige
Nutzung dieses Wassers konnte bisher mit der Palästinensischen Autonomiebehörde keine
Einigung erzielt werden. Dem Wasserabkommen zwischen Israel und Palästina zufolge muss
jeder, der im palästinensischen Gebiet einen neuen Brunnen bohren will, vorher die
Genehmigung des gemeinsamen israelisch-palästinensischen Komitees einholen, aber es
sind in den letzten Jahren bis zu 300 Brunnen ohne eine solche Genehmigung gebohrt worden
und Israel befürchtet, dass nach dem Abzug der israelischen Armee aus den besetzten
Gebieten noch wesentlich mehr und wesentlich tiefere Brunnen mit schwerem Gerät gebohrt
werden. Da dies die Wasserversorgung in Israel ernsthaft beeinträchtigen würde, muss die
Wasserfrage also ein wichtiger Teil der israelisch-palästinensischen FriedensVerhandlungen werden.
Der 1994 zwischen Israel und Jordanien geschlossene Friedensvertrag hat gezeigt, dass die
Vereinbarungen über Wasser eine wichtige Voraussetzung für ein friedliches oder doch
möglichst reibungsloses Miteinander sind. Im Mai 1997 wurde in Anwesenheit von König
Hussein die 2. Stufe des Wasservertrages zwischen Israel und Jordanien in Kraft gesetzt, der
Jordanien pro Stunde 3000 Kubikmeter Wasser, im Jahr also 26 280 000 Kubikmeter des
Yarmuk-Wassers zusichert.
Mit Bangen beobachten die Israelis den Wasserstand des Kinneret, jahrelang näherte er sich
bedenklich der unteren roten Gefahrenzone bei 213 Metern unter der Meeresoberfläche. Die
Ufer, die normalerweise mit Wasser bedeckt sind, fielen trocken. Im Winter 2003/2004 gab es
dann aber so außergewöhnlich ergiebige Niederschläge, dass der See sich wieder füllte und
sogar die Öffnung des Dammes beim Kibbuz Deganyia erwogen wurde, um größere
Überschwemmungen zu verhindern. Im Herbst 2004 bildeten meist junge Leute eine
Menschenkette um den See, um gemeinsam für einen weiteren regenreichen Winter zu beten
und ihre Gebete wurden erhört.
Der Jordan, der den Kinneret speist, ist mit seinen 252 Kilometern der längste Fluss Israels
und Grenzfluss zum Nachbarland Jordanien. Im Hula-Tal, das Mitte des 20.Jahrhunderts von
jüdischen Siedlern trockengelegt wurde, vereinigen sich die wichtigsten seiner drei
Quellflüsse und fließen in den See Genezareth, der 212 Meter unter dem Meeresspiegel liegt
und einen Teil des Jordangrabens bildet . Vor 20 Millionen Jahren hatten sich zwei
gewaltige Erdkrustenschollen voneinander gelöst, An der Trennlinie entstand der längste und
tiefste Grabenbruch der Erde, eine Region, die immer wieder von Erdbeben erschüttert wird.
Die Oberfläche des Toten Meeres ist mit derzeit 410 Metern unter dem Meeresspiegel die
tiefste Stelle der Erdoberfläche, eine bizarre lebensfeindliche Landschaft, Schauplatz einiger
der spektakulärsten biblischen Geschichten. Hier beendet der Jordan seinen Lauf, ein Fluss,
der sich nicht in einen Ozean ergießt, sondern in ein Binnenmeer. Dieses Salzmeer, das Jam
HaMelach, schrumpft seit Jahrzehnten, weil der Jordan ihm nicht genügend Wasser zuführt.
An seinen Ufern bilden sich deshalb immer mehr gefährliche, aber je nach dem
Mineralgehalt in prächtigen Farben schimmernde Wasserlöcher.
Um den ständig wachsenden Bedarf zu befriedigen, wird aus den Tiefen der Negevwüste
bereits heute fossiles Brackwasser hochgepumpt, Frischwasser wird in der Türkei gekauft
und mit Containerschiffen nach Israel gebracht, Abwasser wird gereinigt und es gibt auch
schon einige Meerwasser-Entsalzungsanlagen. Doch das alles reicht nicht, vor allem die
Meerwasserentsalzung müsste entscheidend gefördert werden.
Dan Zaslavsky, emeritierter Professor des berühmten Haifa Technions, früher Leiter der
Fakultät für landwirtschaftliches Ingenieurwesen und wissenschaftlicher Chef- Berater des
Energieministeriums, hat am Haifa Technion eine revolutionäre preiswerte Methode der
Meerwasserentsalzung entwickelt, mit der gleichzeitig elektrischer Strom erzeugt werden
kann. Politische Querelen und einflussreiche Lobbies, so sagt er, hätten aber bisher die
praktische Erprobung und Nutzung dieser neuen Technik verhindert. Dan Zaslavsky vertrat
immer schon die Ansicht vertreten, dass es sich schlicht nicht auszahlt, Krieg um Wasser zu
führen...........
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Ganz nahe bei der Scheich-Hussein-Brücke , einem Grenzübergang mit sehr lebhaftem
LKW-und PKW-Verkehr, kurz vor Beit Shean mit den eindrucksvollen Ausgrabungen
aus der Römerzeit., liegt der Kibbuz Kfar Ruppin. Dort gibt es eine der wichtigsten
Vogelbeobachtungs- und Beringungsstationen Israels. Tausende von Zugvögeln machen
hier Station oder überwintern, manche bleiben nur ein paar Tage um sich hier genug
Energiereserven anzufressen, die es ihnen dann erlauben, Tausende von Kilometern weiter zu
fliegen, in fünf bis zehn Tagen können sie hier ihr Körpergewicht fast verdoppeln.
David Glasner leitet die Beobachtungs-und Beringungsstation. Er inspiziert regelmäßig das
kleine, baumreiche Naturreservat am Rande des Kibbuz . Eine Herde freilebender Esel hält
das Unterholz kurz und säubert das Reservat von trockener Vegetation, verringert so die
Gefahr eines Waldbrandes. Es gibt hier Schakale, Mungos, Stachelschweine, Ratten. Für
größere Säugetiere wie Gazellen oder Wildschweine ist das Reservat zu klein. Kürzlich
wurde hier ein kleiner Teich angelegt, der den Vögeln als Trinkwasser- und Nahrungsquelle
dient. Durch hohes Schilf gelangt man zu einem Unterstand, der vor den scharfen Augen der
Vögel schützt . David Glasner spricht leise, die Vögel hören auch sehr gut.
Einer der Vögel mit dem leuchtend blauen und grünen Gefieder rüttelt über dem Teich,
stößt dann blitzschnell herab, taucht – aber vergeblich, er hat keinen Fisch erbeutet. Mehr
Glück haben die Vögel an den Fischteichen, wo der Kibbuz in riesigen Mengen Fische zum
Verkauf züchtet. Die Fische werden mit Spezialnetzen geerntet und mit Hilfe von Rutschen,
die auf Lastwagen montiert sind, sortiert und anschließend gekühlt zum Transport
vorbereitet.. Hier bei den Fischteichen wimmelt es von grauen und weißen Reihern,
Kranichen, Kormoranen, Pelikanen, weißen und schwarzen Störchen.
Viele dieser Vögel ernähren sich hauptsächlich von toten oder kranken Fischen, die leicht zu
fangen sind. So tragen sie dazu bei, die Teiche sauber zu halten und sie sind auch eine Art
Frühwarnsystem für die Fischzüchter: Dort, wo sich besonders viele Vögel aufhalten, stimmt
irgend etwas nicht mit dem Wasser und den Fischen.
Vogelbeobachter aus der ganzen Welt kommen nach Kfar Ruppin, um die Zugvögel zu
sehen, um seltene Arten, wie die Schwarzstörche, zu beobachten, oder Greifvögel, die man in
Europa kaum noch aus der Nähe beobachten kann : Adler, Habichte, Wespenbussarde und
Falken oder auch Vogelarten, die es nur hier gibt.
David besucht regelmäßig die Holzhütte, wo die Vögel beringt werden, berät sich dort mit
den hochspezialisierten Beringungsfachleuten. Die Beringung ist eine wichtige Aufgabe, die
dazu beiträgt, mehr über die Routen der Zugvögel , ja sogar über den Weg einzelner Vögel zu
erfahren In den Christdornbäumen, die bei der Hütte wachsen, schwirren leuchtendbunte
Sonnenvögel mit langem, gebogenen Schnabel, die sich vom Nektar der süß duftenden,
rotblühenden Loranthus acacia, einer aus Afrika stammenden Schlingpflanze nähren, die
sich durch die dornigen Zweige des Christdorns windet.
Kfar Ruppin ist Teil des Internationalen Projektes „ Gemeinsam für Vögel und
Menschen im Jordan-Tal“, das den Blick schärfen soll für die enge Verbindung von
ökologischer Nachhaltigkeit und sozialen, ökonomischen und kulturellen Faktoren. Bird
Life International heißt die Organisation, die dieses Projekt ins Leben gerufen hat,
Partner sind im Palästinensischen Autonomiegebiet die Palestine Wildflife Society, in
Jordanien die Royal Society for the Conservation of Nature in Jordan und die Society
for Protection of Nature -SPNI – in Israel.
Das Projekt wird gefördert mit Mitteln der Europäischen Gemeinschaft.
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Das Band aus dunklerem, dichterem Grün, das sich südlich des Kinneret durch das Tal
mit Feldern und Palmenhainen windet, markiert den Jordan, in dessen Mitte die Grenze
zwischen Israel und Jordanien verläuft.. Kurz vor Beit Shean, dessen großartiges
Ausgrabungsfeld mit dem säulengesäumten Cardo, mit einem Amphitheater, Tempeln,
Strassen und Badehäusern aus der Römerzeit prunkt, führt eine Schotterstrasse voll tiefer
Schlaglöcher endlos einen kahlen Hügel hinauf, scheinbar ins Nirgendwo , bis endlich die
aus schwarzen massiven Basaltblöcken errichtete Kreuzfahrerfestung Belvoir auftaucht.
Von hier aus bietet sich eine grandiose Sicht auf das Jordantal und die Berge von
Gilead jenseits des Tales.
„Es ist nur ein Adlerhorst und die Wohnung des Mondes“
so haben moslemische Historiker des 12.Jarhunderts Belvoir beschrieben. Die düstere
Festung, ein pyramidenförmiges Viereck auf der fast baumlosen Anhöhe, wirkt tatsächlich
wie das Nest von Raubvögeln, einsam und windumweht.
1168 hatten die Kreuzritter das Land von einer französischen Familie gekauft und die
Festung, eine architektonische Meisterleistung, in kürzester Zeit errichtet. 21 Jahre später,
1189, mussten sie die Burg aufgeben.
Die Ritter hatten sich hier auch dann noch halten können, als das christliche Königreich
1187, in der Schlacht an den Hörern von Hittin – dem Bergmassiv im Westen des Sees
von Genezareth – von den moslemischen Truppen vernichtet worden war. Anderthalb Jahre
hielten die Ritter in ihrem durch zwei mächtige Festigungsmauern und durch die
eigentliche Burgmauer geschützten Adlerhorst der moslemischen Belagerung stand und
erst, nachdem die Moslems einen Graben unter den gewaltigen östlichen Festigungsmauern
gegraben hatten, kapitulierten sie.
Rechts der Strasse, die unterhalb von Belvoir weiter nach Süden führt, bauen sich bald
hinter Beit Shean gelbe, vegetationslose Wüstenberge auf, linker Hand im Jordantal, vor
allem in der Nähe von Jericho, aber gibt es dichte Palmenwälder.
Kurz hinter Jericho, das die Strasse Nr. 90 in einem weiten Bogen östlich umgeht, weist ein
Schild auf die Taufstelle des Johannes hin, die über eine schmale Nebenstrasse zu erreichen
ist. Eine Kamelherde überquert das Sträßchen , dann ist das Weiterfahren verboten,
Warnschilder besagen, dies sei militärisches Sperrgebiet, ein Drahtzaun mit geschlossenem
Tor verwehrt den Zugang zur Taufstelle. Ein paar Kilometer weiter südlich weist eine
Hinweistafel zum ältesten christlichen Kloster des Heiligen Landes, dem griechischorthodoxen Kloster des Heiligen Gerassimo. Der Heilige hatte, wie es auf mehreren Ikonen
des Klosters dargestellt wird, einem Löwen die Krallen gezogen und ihn zu einem frommen
Tier gemacht, das zusammen mit einem Kamel und einem Esel jeden Morgen Wasser vom
Jordan für den Eremiten holte.
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Vollmondwanderung am Westufer des toten Meeres, unterhalb der Festung Massada,
eine bizarre Landschaft aus weichem Sediment, Chavar genannt, weißen und grauen
Ablagerungen des Lissan Sees, der vor rund 20 000 Jahren die Jordansenke bedeckte. Die
Sedimentformationen schimmern im Mondlicht wie Märchenschlösser, wie Paläste aus
1001 Nacht und säulengeschmückte Tempel.
Gundi Shachal ist vor etlichen Jahren aus Siegen in Deutschland als Volontärin in den
Kibbuz Ein Gedi gekommen, hat dort geheiratet und ist Jüdin geworden. Jetzt wohnt sie mit
ihrer Familie in dem üppig-grünen Kibbuz am Toten Meer , gelegentlich macht die
diplomierte Reiseführerin Wanderungen mit den Touristen die dort in den Gästehäusern
wohnen und im Thermalbad kuren, zeigt ihnen die Wasser-Löcher, die im salzigen
Uferschlamm des Sees entstanden sind, weil der Wasserspiegel immer weiter sinkt,
gefährliche und wunderschöne Miniaturseen in Blau, Orange, Pink, Kupferrot, Grün oder
Schwefelgelb, je nach den Mineralien, die dort im Quell-Wasser vorkommen. Die Löcher
entstehen, weil das Salzwasser den Ufergrund nicht mehr bedeckt und das erheblich weniger
salzreiche Quellwasser löst dann das Salz aus dem trockenen Uferschlamm.
Der Garten des Kibbuz Ein Gedi, mit den Häuser der Kibbuzniks und den komfortablen
Ferienbungalows der Touristen, ist ein international anerkannter Botanischer Garten.
Hier gibt es über 800 verschiedene Arten von Pflanzen, Bäumen und Sträuchern, die
einheimische Myrrhe, Akazien und den Sodom-Apfel, aber auch Exotisches wie
Ficusbäume, Feuerbäume mit flammend roten Blüten, riesige weißblühende
Affenbrotbäume aus deren Blüten die Fruchtfledermäuse Nektar saugen, tropische
Schlinggewächse, Sträucher mit tiefrot, grün und schwarz geflammten Blättern, dazwischen
Rosen, Astern, Löwenmäulchen, Jasmin und im Kakteengarten über 1000 verschiedene
Kakteensorten und Wüstenpflanzen. Mit fast 400 Metern unter dem Meeresspiegel ist dies
der tiefst-gelegene botanische Garten der Welt und der einzige, der bewohnt ist. Von hier
aus sieht man, wie über den jordanischen Bergen im Osten die Sonne aufgeht, sich spiegelt
im glatten, silbern schimmernden Wasser.
Im Westen, jenseits einer tiefen Kluft, liegt das Wadi Arugot mit dem „Verborgenen
Wasserfall“ und den ockerfarbenen Felsen, in denen Raben, Geier und Adler nisten. Die
metallisch blauen Blätter der Kapernsträuche leuchten vor dem Beige und Ocker der Felsen,
steinerne Platten sind von der Gewalt der winterlichen Sturzfluten herausgebrochen worden
und liegen nun im Kreis wie riesige Tortenstücke. Steinbockherden, Hyänen, Füchse ,Wölfe
und einzelne Leoparden, die auf nächtlichen Raubzügen im Kibbuz Jagd auf Katzen und
Hunde machen, haben hier ihr Revier.
Wasserreicher und deshalb grüner ist das Wadi David, wo sich der spätere König vor dem
Zorn des Königs Saul versteckt hielt. An der Schulamith-Quelle vorbei führt der ansteigende
Pfad zur Dodim-Höhle, Wasser stürzt zwischen weißen, hellorange gefleckten
Kalksteinplatten in gestaffelte Becken, das Wasser tiefgrün zwischen den weißen Steinen.
Auf dem Weg hinunter zur Quelle Ein Gedi, von wo das berühmte Mineralwasser des
Kibbuz kommt, liegen die zum Teil rekonstruierten Grundmauern eines steinzeitlichen
Tempels. Die Quelle des Zickleins, wie „Ein Gedi“ auf hebräisch heißt, liegt auf halber Höhe
unter Akazien mit bizarr gezwirbelten Stämmen und grau- grünem Laub, putzige
Klippschiefer, schwanzlose braune Pelzbürsten, halten Wacht auf den Felsen, geben
fiepende Warnlaute und rennen dann in ihre Verstecke. Am Fuße des Berges, zwischen
Dattelpalmen, liegt die antike Synagoge aus dem dritten nachchristlichen Jahrhundert mit
ihren prächtigen Mosaiken.
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