Es sind nur wenige Touristen in der wuchtigen Anlage der Nimrod-Burg im Nordosten Israels, am Fuße der Golanhöhen. Die Burg mit ihren eindrucksvollen Türmen und Mauern, den düsteren Verliesen und Geheimgängen und einer monumentalen in Stein gemeißelten arabischen Inschrift, die den Mamelukken - Fürst Sultan Baybars lobpreist, galt lange als Kreuzfahrerfestung . Neueste Forschungen aber deuten auf einen rein moslemischen Ursprung hin. Von einem der viereckigen Wachttürme fällt der Blick auf das Grün des Banyas Quellgebietes, auf die Felder und die metallisch glänzenden Fischteiche des Jordantales, auf das Bergland von Napthali. Dahinter, durch den Bergzug verdeckt, liegt der Libanon, und im Osten der Burganlage der ehemals syrische Golan, der im 6-Tage-Krieg von Israel erobert wurde. Im Norden, von hier aus nicht sichtbar, die Doppelgipfel - syrisch der eine, israelisch der andere – des Hermon. Ein Skilift führt hinauf auf den israelischen Gipfel, mit 2224 Metern der höchste Berg des Landes, das einzige Skigebiet Israels, meistens schneit es dort schon ab November. Von da oben sind die Dörfer Syriens zu sehen, bei klarem Wetter ahnt man sogar Damaskus. Sonst gibt es hier nichts außer einer Radarstation, die jedoch für Touristen verboten ist. Militärisches Gelände. .............. Die Nimrod - Festung wurde wahrscheinlich zu Beginn des 13.Jahrhunderts zur Sicherung der wichtigen Handels-und Heerstraße nach Damaskus von dem moslemischen Herrscher El Malik El-Aziz Uthmann erbaut, von dem mamelukkischen Sultan Baybars erweitert und dann 1260 von mongolischen Reiterscharen erobert. Später diente sie verschiedenen moslemischen Herrschern als Gefängnis. Es ist still hier oben, außer gelegentlichen Vogelrufen und dem Wind ist nichts zu hören, Sträucher und wilde Blumen wuchern aus den Mauern, es fällt leicht, sich 1000 Jahre zurückzuträumen. Doch was sind hier am Jordan schon 1000 Jahre, hier gelten ganz andere Zeitdimensionen. Die Erde gelangte hier im Jordangraben an ihren tiefsten Punkt, vor 20 Millionen Jahren, am Grunde der Zeiten, als hier der afrikanisch-arabische Grabenbruch entstand und wo vor 900 000 Jahren vermutlich schon Urmenschen lebten. .............. In der Nähe des Dan-Parks beginnt der Israel Trail, ein gut markierter Wanderweg, der vom Dan im Norden des Landes bis nach Taba an der ägyptischen Grenze im Süden führt, teils durch unwegsames Gelände, hier im Norden durch die Wildwasser des Chatzbani, die auf glitschigen Steinen vorsichtig durchquert werden müssen und die den Wanderer dennoch bis zur Taille durchnässen., beloht wird er mit Einsamkeit und nahezu unberührter Natur, dem Anblick von Reihern und anderen Wasservögeln, im Herbst und Frühjahr von Hunderten von Zugvögeln auf ihrem Weg nach Süden und den juwelenbunten kleinen Tzifit, den ursprünglich aus Afrika stammenden Sonnenvögeln Doch die Quellflüsse des Jordan und auch der Jordan selbst werden schon bald zu trägen, friedlichen Gewässern, nur ein paar Meter breit, gespeist und mit Düngemitteln und Insektiziden belastet von den Abwässern der Farmen und der Fischteiche. .......... Südlich von Kiryat Shmone an der Straße Nr. 90 öffnet sich das weite Hula-Tal. Ein kleiner Teil davon ist heute Naturschutzgebiet, die Hula Reservation. Kurz bevor man sie erreicht, weist ein Schild zu einem erst kürzlich durch Renaturierung entstandenen Vogelparadies, dem Hula-See, der den Bauern der Umgebung gehört. Der rund 300 Hektar große See und der Sumpf an seinen Ufern bedeckten noch zu Beginn des 20.Jahrhunderts die Mitte des gesamten Jordantals bis zum See Genezaret, das Jordanwasser fand nur im Winter bei Hochwasser mühsam einen Weg über den vulkanischen Felspfropfen, der das Tal absperrte. Papyros wuchs an den Ufern des Sees, es wurde von den Beduinen geerntet und verarbeitet. Viele heute verschwundene Tierarten lebten dort, Millionen von Vögeln machten Rast auf ihrer alljährlichen Durchreise im Frühjahr und Herbst. Aber es gab auch Myriaden von Mücken, die Malaria verbreiteten, die Menschen, die dort zu siedeln versuchten, fielen dem Fieber zum Opfer, der Sumpf wurde zum erbittert bekämpften Feind. 1957 wurde der Vulkanpfropfen, der den See abschloss, durchstochen, das Wasser konnte nun ständig durch einen Kanal in den Kinneret , den See Genezareth fließen, die Ufersümpfe wurden trocken gelegt, man begann Eukalyptusbäume, Obst, Baumwolle, Mais und Gemüse anzubauen. Jahrzehntelang wurde dieser Triumph über eine menschenfeindliche Natur gefeiert, die Kibbuzniks waren nationale Helden. Doch inzwischen hat ein Umdenken begonnen, die Naturschützer der SPNI und die Israel Nature and Parks Authority haben Alarm gegeben, weil der Kinneret verschlammte und mit Salzen und Düngemitteln zunehmend belastet war. Das trocken gelegte Land des Hula-Tales war zu einem großen Teil unfruchtbar geworden, die Vögel der Region waren durch Pestizide vergiftet worden, einige Tierarten waren ausgestorben. 1994 begann man, Teile des Geländes wieder zu fluten, der neue Hula-See entstand. Er gehört den Bauern des Tales, sie haben ein Informationszentrum eingerichtet wo die Besucher Mountainbikes oder elektrisch betriebene Golfwägelchen mieten können, mit denen sie den See umrunden, eine Strecke von fast 15 Kilometern. Viele gehen auch zu Fuß bis an das seichte, schilfgesäumte Wasser. Es gibt dort zwei Vogelbeobachtungsstationen. Vogelliebhaber aus aller Welt treffen sich hier, vor allem im Herbst und Frühjahr, wenn gegen Abend die riesigen Schwärme der Zugvögel einfallen, die auf dem See und am Seeufer übernachten und sich dann während das Tages die nötigen Energiereserven für den Weiterflug anfressen. Vor allem früh morgens und wenn die Sonne untergeht, wenn ihr Widerschein die Wasserfläche rosa-violett färbt, ist das Schauspiel überwältigend, man sieht Schwärme von weißen und grauen Reihern, Kormoranen, Pelikanen, Wildenten, weiße und schwarze Störche, Greifvögel wie Turmfalken und Habichte. Nur die winzigen Mücken, die nach Sonnenuntergang den Wanderer attackieren, sind eine Plage, auch wenn sie heute glücklicherweise keine Malaria mehr übertragen. Ein paar Kilometer südlich des Hula Sees, ebenfalls an der Strasse Nr. 90, liegt der HulaNaturschutzpark. Durch eine Allee prächtiger Eukalyptusbäume, die vor mehr als hundert Jahren hier angepflanzt wurden, führt der Weg zum Eingang des Parks. Der Manager des Parks und des Informationszentrums, der Biologe Jonathan Harari, ist im Hula-Tal aufgewachsen. Er erzählt , dass es von Anfang an Auseinandersetzungen zwischen Siedlern und der Regierung auf der einen Seite und Wissenschaftlern und Naturschützern auf der anderen wegen der Trockenlegung gab. Die Naturschützer protestierten dagegen, weil das, was die Natur in Millionen von Jahren geschaffen hatte, nun weitgehend vernichtet wurde. .......................... Kurz bevor die Strasse Nr. 90 den See Genezareth, den Kinneret erreicht, liegt rechter Hand eine kleine Stadt, Rosh Pinna, die 1878 als erste Landwirtschaftssiedlung in Galiläa von jungen Juden aus dem nahe gelegenen Safed gegründet wurde. Ein Wohn-Viertel des kleinen Ortes wurde und wird noch immer liebevoll restauriert. Im Haus des Arztes und Malariaforschers Gid’on Mer, der mit dazu beitrug, dass die Malaria aus dem Hula-Tal vertrieben wurde, gibt es ein kleines Museum und hier befindet sich auch das Büro des Freundskreises, der die Restaurierung organisiert und leitet. Die zweistöckigen Häuser aus großen, beige-braunen, hell verfugten Natursteinen , mit ihren roten Ziegeldächern, den grünen Türen und Fensterläden und den kunstvoll geschmiedeten Gittern könnten irgendwo in einem europäischen Dorf zu finden sein, wären da nicht die üppig rot, orange, pink und weiß blühenden Bougainvillae und die eleganten Dattelpalmen. Vor einem der historischen Gebäude sind landwirtschaftliche Gerätschaften, Eggen und Pflüge des ausgehenden 19. Jahrhunderts zu Schau gestellt. Die Kuppeldecke des Innenraums der schönen Synagoge sieht aus, als sei sie aus mehreren, in der Mitte spitzwinklig aufeinander treffenden Booten geformt, der aus Polen stammende Handwerker, erklärt der Kurator des Museums, war halt kein Zimmermann, sondern ein gelernter Bootsbauer. Die Synagoge wurde 1886 gebaut und zwar an einer Stelle, die der Förderer und Geldgeber von Rosh Pinna, Baron Rothschild, ausgesucht hatte. Von hier aus könne man die Gräber des alten Friedhofes sehen, hat er damals gesagt, und das erinnere auch einen reichen Mann wie ihn daran, dass angesichts des Todes alle Menschen gleich sind. 1878 begann die Geschichte von Rosh Pinna. Eine Gruppe junger, frommer Juden beschloss, das nahegelegene Safed zu verlassen und eine landwirtschaftliche Gemeinde zu gründen, die 18 jungen Leute kauften Land und ließen sich am Rande eines arabischen Dorfes nieder. Nach drei Hungerjahren gaben die meisten von ihnen auf, nur eine Handvoll blieb. 1882 kam dann eine Gruppe der Hovevey Zion – der Liebhaber Zions – aus Rumänien in das Dorf, das sie Rosh Pinna nannten, nach dem Stein, von dem es in der Bibel heißt, die Maurer hätten ihn verworfen, aber er wurde zum Eckstein des Hauses.. 1883 besuchte Baron Rothschild die Siedlung und entschloss sich, ihr Schutzherr zu werden. Er kaufte Land und ließ etliche öffentliche Gebäude errichten, vor allem ein großes Schulhaus, weil er Erziehung für außerordentlich wichtig hielt. Im Jahre 1900 gab es schon 500 Siedler in Rosh Pinna, Landwirtschaft und ein paar kleine Fabriken gediehen, in der Schule wurde der Unterricht auf Hebräisch gegeben. Es gab zwar auch wirtschaftliche Rückschläge, doch im Großen und Ganzen blieb die Siedlung erfolgreich. 1929 errichtete Professor Gid’on Mer ein Laboratorium für die Malariaforschung in einem der Gebäude. 1978 wurde schließlich die Gesellschaft zur Restaurierung der Pioniersiedlung gegründet, Touristen und Schulklassen kommen und lassen sich einfangen von der Stimmung des Dorfes, die so viel vom Zionistischen Traum sinnlich vermittelt. Doch das Dorf ist kein Museum, es ist wieder zum Leben erwacht, es gibt hübsche Boutiquen, Kunstgalerien, Bars und Restaurants in den Häusern des Dorfes, im Rosengarten, den Baron Rothschild hatte anlegen lassen, spielen Kinder und Rentner sitzen auf den Bänken im Schatten der alten Bäume. Und in der Nähe, mit großartigem Blick auf den nahen Kinneret, eines der schönsten Hotels des Jordantales, das Mizpe Hayamin, in dessen Gärten Biogemüse angebaut wird, das dann frisch auf den Tisch kommt, wo der Reisende Bäder und Massagen in umweltfreundlichem Ambiente geniessen kann, bevor es weitergeht auf dem Weg zurück in die Geschichte.... ........................... Auf dem Weg zu den Golanhöhen, aber noch im Jordantal, liegt die kleine Stadt Kassrim mit den Ruinen und der Teilrekonstruktion eines jüdischen Dorfes und einer Synagoge aus der talmudischen Zeit und einem wunderschönen kleinen archäologischen Museum. Ein besonders prachtvolles Ausstellungsstück ist der Triaden- Türsturz aus dem 2. und 3. Jahrhundert nach Christus, der einst einen Tempeleingang schmückte. Er zeigt in römisch beeinflusstem Stil die Büsten dreier Götter. In der Mitte, bärtig und in eine Rüstung gekleidet Baalshamin, der Herr des Himmels und Gott des Sturms, der oberste Gott des syrischen Pantheons. Zu seiner Rechten die juwelengeschmückte Mondgöttin Luna und links der bartlose, von Sonnenstrahlen umkränzte Sonnengott Aglibol. Zu bewundern sind hier auch Zeugnisse von Menschen, die im Chalcolithikum, also im Übergang von der Steinzeit zur frühen Bronzezeit den Golan bewohnten. Es waren wahrscheinlich Schafhirten, die auch Getreide anbauten, sie bewahrten ihre Vorräte, Milch, Käse und Getreide, in schön verzierten roten Tonkrügen auf. Diese Menschen lebten in kleinen Dörfern, vor ihren Steinhäusern, stellten sie auf niedrigen Bänken Säulenfiguren auf, längliche Köpfe, die wohl zugleich auch Altäre waren. Man vermutet, dass die flachen Vertiefungen auf dem oberen Ende der Säulen ,also auf dem Kopf der Figuren dazu dienten, landwirtschaftliche Opfergaben aufzunehmen. Diese Säulenfiguren wurden nur hier auf dem Golan gefunden, es sind einmalige Zeugnisse einer geheimnisvollen 7000 Jahre alten Kultur. Die Golanhöhen haben eine Ausdehnung von etwa 60 Kilometern vom Norden des Hermon - Massivs bis zum Südufer des Kinneret , dem Yarmuk-Fluss und den Bergen von Gilead und rund 20 Kilometer von Ost nach West, von der syrischen Grenze bis zu den Ufern des Sees. Oliven- und Mandelbäume, karge Savanne, Vulkankegel, Canyons, Quellen, Flüsse und Wasserfälle prägen die Landschaft der Golanhöhen. Auf den fruchtbaren Hängen des Golan werden Obst und der berühmte Golan-Wein angebaut, im Süden des Golan wächst Getreide, den Norden bedeckt dichtes mediterranes Gehölz. Die Mitte der Golanhöhen aber gehört den Schafhirten, wie seit Jahrtausenden. Hügel des Wildkatzenschwanzes nannten die Beduinen die fünf gigantischen konzentrischen Kreise mit einem Gesamtdurchmesser von 155 Metern, die in gewaltigen Steinquadern in der fast baumlosen gelbbraunen Unendlichkeit der Golan-Hochebene liegen. In der Mitte der Kreise lag das Grab eines Stammesfürsten verborgen, der dort mit kostbarem Schmuck bestattet worden war. Nur aus der Luft ist die riesige Anlage, dieses großartige Stonehenge des Nahen Ostens, vollständig zu überblicken. Es könnten wirklich die Riesen der Vorzeit gewesen sein, gezeugt von gefallenen Engeln mit Menschentöchtern, die diese Kreise gebaut haben, vor rund 5000 Jahren.... Die Refaim, die Giganten der Bibel , lebten ja hier auf dem Golan, sagt die Bibel. Oder waren es doch Aliens die mit Ufos hier gelandet sind, wie Ufo-Gläubige meinen und diese Theorie ausführlich im Internet darlegen ? Fast könnte man es glauben, so außerirdisch wirkt dieses Bauwerk, ein gigantischer Megalith von mehr als 42 000 Basaltsteinen in der Nähe der syrischen Grenze. Auf dem Weg dorthin gibt es Absperrungen und zahlreiche gelbe Dreiecke, die vor Landminen warnen, syrische Überbleibsel aus dem 6-Tage-Krieg. Erst kürzlich wurden zwei junge Israelis von einer solchen Landmine getötet. Während der Woche ist der Zugang zum Steinkreis verboten, weil dort scharf geschossen wird, es ist ein Übungsplatz der israelischen Armee. Die Archäologen wissen nicht, wer die Steinkreise gebaut hat, das Rätsel von Gilgal Refaim, dem Kreis der Giganten, ist bis heute ungelöst. Vielleicht wurden hier am längsten und am kürzesten Tag des Jahres- darauf deuten die Tore in Nordosten und im Nordwesten hin - rituelle Feiern begangen, möglicherweise zu Ehren der Götter Ishtar und Tammuz, dem Götterpaar aus Mesopotamien, dessen Liebesleben die Fruchtbarkeit der Natur garantierte. Vielleicht diente es den Bewohnern der Golan –Region für astronomische Beobachtungen und als Kalender für die Landwirtschaft. Später dann wurde der Ring möglicherweise ein Pferch für Tiere oder auch ein militärisches Lager. Westlich der rätselhaften Steinkreise liegt Gamla, ein nur wenig besuchter Naturschutzpark mit über 700 Dolmen, Steingräbern aus der mittleren Bronzezeit, vor rund 4000 Jahren von Nomadenstämmen errichtet. Hier gibt es die Ruinen einer byzantinischen Kirche aus dem 4.nachchristlichen Jahrhundert und, kühn auf einer Felsnase über dem Kinneret, die Überbleibsel des alten Gamla. Diese Ruinen gehören zu einer jüdischen Siedlung, die in der Bronzezeit gegründet, später zerstört und in der hellenistischen Epoche, also im 2. vorchristlichen Jahrhundert, wieder aufgebaut wurde. Man konnte damals wie heute die durch Mauern befestigte Stadt nur über einen schmalen und sehr steilen Pfad erreichen. Flavius Josephus schreibt in seinem „Römischen Krieg“, der Felsen, den die Stadt krönte, habe in etwa die Form eines Kamels. Doch die Felsnase gleicht eher dem Bug eines Schiffes, das hinaussegelt in den blauen See. Flavius Josephus hatte, bevor er später zu den Römern überlief, die jüdische Revolte des Jahres 66 nach Christus in Galiläa angeführt. Gamla schloss sich den Rebellen an , wurde von den Römern belagert und schließlich erobert. Rund 9000 Juden starben im Kampf oder weil sie sich von dem Felsen stürzten , um den Römern nicht in die Hände zu fallen. 67 nach Christus wurde Gamla zerstört und geriet völlig in Vergessenheit, bis es 1968 wieder entdeckt und ausgegraben wurde. ........ Die Landschaft hier auf der Golan-Hochebene ist karg und fast baumlos, bis auf einige Pistazienbäume und Tabor- Eichen, im Winter und Frühjahr aber bedeckt von einem Blütenteppich. Der mit 51 Metern höchste Wasserfall des Landes, der Gamla Wasserfall, stürzt hier in ein tiefes, grünes Wadi. Rund 100 auf den Felsen des Gamla-Canyons nistende Griffon-Geier bilden die größte Nist-Kolonie dieser eindrucksvollen Vögel in Europa und im Nahen Ostens. Seit 1994 wird diese Kolonie wissenschaftlich begleitet, ständig werden Volontäre gesucht, die sich gegen Unterkunft, Verpflegung und ein kleines Taschengeld an dieser Arbeit beteiligen. Auf dem Weg zu dem tiefen Canyon, den der Gamla Fluß in Jahrmillionen gegraben hat, kommt der Besucher zu einem Ausguck, von dem aus man, gut vor den scharfen Augen der Tiere geschützt, die Geier beobachten kann. Ganz dicht über das Dach des Ausgucks gleitet einer mächtigen beige- braunen Vögel mit den elegant gefächerten Randfedern der Schwingen. Der Vogel lässt sich vom Luftstrom tragen, ohne einen einzigen Flügelschlag. Weiter oben zeichnen acht Geier in einem schwerelos gleitenden Tanz ein kompliziertes Muster in das wolkenlose Blau des Himmels, in die vollkommene Stille. Es ist Mittag, die Stunde der Geier….. .................... Tiberias, 20 Jahre nach der Zeitenwende von König Herodes Antipas gegründet und nach seinem Freund, dem römischen Kaier Tiberiuas benannt, ist neben Jerusalem und Safed eine der drei heiligen Städte Israels. Nach der Zerstörung des 2. Tempels wurde die Stadt bis zum Jahre 425 der allgemeinen Zeitrechnung zum Sitz des Sanhedrin, des obersten jüdischen Gerichts. Heute noch gibt es den Raum, in dem der Sanhedrin sich damals versammelte, ein unscheinbares Zimmer in einer ziemlich baufälligen kleinen Synagoge, wo immer noch die Mischna und der Talmud studiert werden. Die Mischna, die Sammlung zuvor nur mündlich überlieferter jüdischer Gesetzestexte, wurde hier in Tiberias im 2. und 3. Jahrhundert nach der Zeitenwende zusammengetragen und niedergeschrieben, hier wurde später auch der Palästinensische Talmud verfasst, zu dem die Mischna, aber auch andere Teile der jüdischen Überlieferung und Bibelkommentare gehören. Rabbi ben Akiba, einer der Anführer des zweiten jüdischen Aufstandes von 132 bis 135 nach Christus, wurde 137 von den siegreichen Römern in Tiberias zum Tode verurteilt, dann in Caesarea bei lebendigem Leibe gehäutet. Er wurde in Tiberias begraben, sein Grab ist bis heute eine jüdische Pilgerstätte, so wie das Grab des wundertätigen Meir Ba’al Ha’ness, zu dessen Grabstätte am Hang über den heißen Quellen jährlich Juden aus aller Welt pilgern, um Frieden und Gesundheit zu erbitten. „Lehre Deine Zunge zu sagen ‚Ich weiß nicht’ und du wirst Fortschritte machen.“ Das schrieb der 1135 im spanischen Cordoba geborene berühmte Rabbiner, Philosoph und Arzt Maimonides, genannt Rambam - ein Akronym seines hebräischen Namens Rabbi Moshe ben Maimon - der 1204 in Ägypten starb. Auch er ist in Tiberias beigesetzt worden, über seiner Grabstätte mitten in der Stadt wurde eine rote Eisenkonstruktion errichtet, die an ein Zelt erinnern soll und 2005, wenn weltweit das Maimonides-Jahr begangen wird, gibt es auch in Tiberias Veranstaltungen zu seinen Ehren, es gibt Straßenkonzerte, ein Symposium über mittelalterliche Naturheilmethoden, eine internationale Konferenz zum Thema „Maimonides und Ehtik“ und sogar ein „Rambam-Quiz“, die Stadt hat eigens eine Website dafür eingerichtet. An der Strasse Nr. 90, die am Seeufer vorbei nach Süden führt, liegt der alte Friedhof von Tiberias. Einer der ersten, die hier 1744 begraben wurden, war Rabbi Hayyim Abulafia. Der Beduinenscheich Daher-al-Omer, der in Galiläa in Konkurrenz zu den ottomanischen Herrschern ein eigenes Reich errichtete, hatte den damals schon achtzigjährigen Rabbi aus der türkischen Diaspora kommen lassen . Scheich Daher machte Tiberias, das er mit einer Stadtmauer und einem Kastell gegen die Türken befestigt hatte, zu seiner Hauptstadt. Er brauchte die Juden, die im Jahre 1700 von dort vertrieben worden waren, um Handel und Wohlstand zu mehren. „Komm, erhebe dich, kehre zurück nach Tiberias, dem Land deiner Väter“ schrieb er dem Rabbi und versprach ihm ein Haus, eine Synagoge, ein Beit Midrash, ein Studienhaus. Rabbi Hayyim Abulafia – sein arabischer Name bedeutet Vater der Gesundheit - zögerte nicht lange und schiffte sich mit seiner Frau, seinen Kindern und 10 Gefolgsleuten nach Palästina ein. Eine enge Freundschaft verband ihn bis zu seinem Tode, 4 Jahre später, mit Scheich Daher-al –Omer. Eine neue jüdische Gemeinde entstand in Tiberias, eine prächtige Synagoge und ein Ritualbad wurden gebaut, neue Strassen angelegt, Weingärten, eine Mühle für Sesamöl, Tiberias blühte auf. Gegen Ende des 19.Jahrhunderts gab es in Tiberias rund 3500 Juden, 1500 Muslime und ein paar Hundert Christen, in den nächsten 20 Jahren, der Gründungszeit der Kibbuzim und Moshavim, wuchs auch die jüdische Bevölkerung von Tiberias weiter. Rabbi Hayyim Abulafia ( gesprochen Cha-im Abul- afia ) , der Vater der Gesundheit, ist auf dem Friedhof, der 1740 am Seeufer angelegt wurde, im Kreise seiner Söhne und Enkel begraben. Neben dem Grab des wundertätigen Rabbi wächst ein Christdorn, an dessen Zweigen haben fromme Juden Tücher aufgehängt, die ihnen Glück bringen sollen und auf die Dornen haben sie Bittbriefe gespießt . Das Grab von Hayyim Abulafia ist einer der vielen heiligen Orte von Tiberias.. Teile des weiter südlich gelegenen, längst aufgegeben antiken jüdischen Friedhofs aus der Zeit, als Palästina römisch war, ist durch der Strasse Nr. 90 überbaut worden. Doch weil die Kohanim, die Nachfahren der Priester, nicht mit dem Tod oder mit Gräbern in Berührung kommen dürfen, um nicht unrein zu werden, musste die Strasse so angelegt werden, dass Asphaltdecke und die inzwischen gar nicht mehr sichtbaren Gräber aus der Antike durch eine Isolationsschicht getrennt sind. ....................... Pilger aus aller Welt drängen sich in Kefar Nahum, dem biblischen Kapernaum, wo mit ziemlicher Sicherheit der Fischer Petrus ein Haus hatte, über dem im Laufe der Jahrhunderte immer wieder eine neue Kirche gebaut wurde. Jetzt steht dort, auf einem Podest, das die archäologischen Überreste des jüdischen Dorfes frei lässt, ein ziemlich scheußlicher christlicher Sakralbau aus dem 20. Jahrhundert. Ein paar Schritte weiter sind Mauern und Säulen der prächtigen Synagoge erhalten, die damals zu dem Dorf gehörte und die ganz sicher auch von Jesus besucht worden ist. Während vor dem Säulengang der antiken Synagoge ein Presslufthammer dröhnt - es werden irgendwelche Instandhaltungsarbeiten gemacht –liest in der einen Ecke des offenen Synagogenraumes ein amerikanischer Pastor seiner Gruppe von Pilgern aus dem Johannesevangelium vor und auf der anderen Seite ein katholischer Priester wohl das Gleiche einem Trupp schwarzgekleideter Seminaristen. Unbeeindruckt von Lärm und Pilgern balanciert ein Restaurator auf der obersten Stufe einer Treppenleiter und arbeitet langsam sehr sorgsam an den Kapitell - Ornamenten einer Säule. Hier, am Nordufer des Sees Genezareth, findet man auf wenigen Kilometern viele Orte, die uns aus dem Neuen Testament bekannt sind: in das Grün von mediterranen Bäumen und Sträuchern gelagert die Reste des Fischerdorfes Bethsaida, ein wenig höher am Hang gelegen die düsteren schwarzen Basaltsteine der Ruinen von Korazim, das Jesus wegen seiner Sündhaftigkeit verflucht hatte. Hoch über dem See der Ort der Bergpredigt und der Seligpreisung, am Ufer das wunderschöne Tabgha mit dem Benediktinerkloster und der Kirche der wunderbaren Brotvermehrung auf einem weitläufigen Gelände, das seit 1889 dem Deutschen Verein vom Heiligen Land gehört, der es damals den Türken abkaufte. Pater Jeremias, der aus Leichlingen bei Köln stammt, ist seit Januar 2001 Prior des Benediktiner- Priorats, dem zur Zeit 5 Brüder angehören. Er scheint mit Anfang vierzig überraschend jung für dieses Amt. Mit berechtigtem Stolz führt er durch die Kirche, die erst im 20.Jahrhundert erbaut wurde, sich aber in ihrem schlichten, dem Byzantinischen nachempfundenen Stil harmonisch in das Ufergrün des Parks von Tabgha einfügt. Das Fundament der Kirche ruht auf Resten einer byzantinischen Kirche aus dem 4.nachchristlichen Jahrhundert. Gleich neben der Kirche der wunderbaren Brotvermehrung liegt das schön restaurierte Pilgerhaus, eine Anlage, die der Deutsche Verein vom Heiligen Land, der damals noch Palästinaverein Deutschlands hieß, für deutsche Pilger Ende des 19. Jahrhunderts errichtet hat. Die Pilger kamen mit der 1902 fertig gestellten Eisenbahn aus Haifa kommend am Südufer des Sees an, bestiegen dann einen Dampfer, der sie über den See hierher, nach Karei Deshe, brachte. Die massiven zweistöckigen Häuser der Anlage, aus dunkelgrauen, weiß verfugten Steinen, mit ihren Bogenfenstern und schattigen Arkaden, liegen in einem üppig grünen Garten der sich zum Seeufer hin senkt, Brunnenwasser sprudelt unter Palmen . ........... Auch die Frauen und Männer mittleren Alters, die sonnenverbrannt und bester Laune unter der Leitung eines griechischen Archäologen neben den Ruinen der byzantinischen Kirche von Gergesa- Kursi – am Ostufer des Kinneret dabei sind, eine Stadt aus dem 3. oder 4. Jahrhundert nach Christus auszugraben, können sich dem Zauber der biblischen Landschaft nicht entziehen. Hier hat Jesus die Besessenen geheilt, er hat die sie quälenden Dämonen in Säue verwandelt und diese 2000 Säue dann in den See gejagt. Die ehrenamtlichen Helfer die hier schwitzen, Hobby-Archäologen, sind amerikanische Christen, eine Krankenschwester ist darunter, mehrere Pfarrer . Einer von ihnen hat gerade einen Mühlstein und einen steinernen Mörser aus der rötlichen Erde gebuddelt, aber der Fund muss vorerst an Ort und Stelle bleiben. ...................................... Nur ein paar Autominuten entfernt liegt am Hang über dem See der kleine Ort Migdal, im vorigen 1906 von katholischen Siedlern aus Deutschland gegründet. Eigentlich wollten sie in Magdala siedeln, direkt am Seeufer, wo Maria Magdalena gelebt hat und begraben ist, haben dann aber wegen des besseren Klimas die Hanglage vorgezogen. Sie hielten jedoch nicht lange aus, es fehlte ihnen an nötigem Kapital, sie verstanden sich nicht auf die Landwirtschaft, viele von ihnen erkrankten an Malaria und Typhus, und so verkauften sie das Land drei Jahre später an reiche russische Juden, die eine Gruppe armer junger Leute als Arbeiter dorthin schickten. Anfangs wurde nur Baumwolle angebaut, später auch Obst, Mandeln und Oliven, auch Milchvieh wurde gehalten. Im ersten Weltkrieg, als kein Geld mehr aus Russland kam, geriet die Siedlung in finanzielle Schwierigkeiten, sodass schließlich das Land in Parzellen aufgeteilt und an Interessenten, vor allem amerikanische Juden, verkauft wurde. Das kleine Museum von Migdal in einem der ursprünglich von den Deutschen errichteten Farmhäusern dokumentiert die Geschichte der Siedlung, wo auch für kurze Zeit der zionistische Nationalheld Trumpeldor gelebt hat, der 1920 in einem Kampf mit Arabern getötet wurde. 1923 hat sogar Albert Einstein die Siedlung besucht, war aber nicht dazu zu bewegen, dort eine Parzelle zu erwerben. Da er im Frühjahr, zur Regenzeit, anreiste, blieb sein Auto auf dem Weg nach Migdal im Schlamm stecken und musste von zwei Pferden den Hügel hinaufgezogen werden, ein Photo dokumentiert das Missgeschick. Aus den ersten Jahren Migdals sind außer dem Museum noch eine Olivenöl-Presse und zwei, drei Häuser der katholischen Gründer erhalten. In einem dieser Häuser wohnt Günther Gottschalk, ursprünglich aus Rothenburg ob der Tauber. Zwei Frauen mit Kopftüchern und geblümten Kittelschürzen , die Hände mehlbestäubt vom Kuchenbacken, öffnen die Tür, Gottschalks Frau und seine Schwägerin, sie könnten direkt aus einem deutschen Bauernhaus der fünfziger Jahren hierher versetzt worden sein. Durch die Küche, in der es intensiv nach Zimt und Äpfeln riecht , gelangt man in das Wohnzimmer , wo Günther Gottschalk in Jeans und Arbeitshemd auf einem alten braunen Sofa sitzt. Gottschalk ist Anfang der sechziger Jahren mit einer evangelischen Jugendgruppe, dem christlichen Hilfsbund, zu dem auch seine spätere Frau gehörte, zum ersten Mal nach Israel gekommen.......... Gottschalk, der während seiner Arbeit mit den KZ-Überlebenden begonnen hatte, sich intensiv mit dem Christentum und dem christlichen Antisemitismus auseinander zu setzen, konnte es nach einer Weile nicht mehr vertreten, einer christlichen Kirche anzugehören, er sei kein Christ mehr, sagt er. Allerdings hat er nie den Schritt getan, zum Judentum überzutreten. Seine Kinder allerdings, die auch in Migdal leben, sind alle religiöse Juden geworden, der Älteste ist sogar Thoraschreiber. . ..................................... Im Süden von Tiberias, gegenüber vom großen öffentlichen Thermalbad, in einem kleinen Hamam , das Jazzar Pascha vor 200 Jahren erbaute, wird die Geschichte der heissen Quellen von Tiberias erzählt: Die Legende besagt, dass die ersten Thermalbäder von König Salomon errichtet wurden um den Kranken zu helfen, er habe einen Trupp von Dämonen ausgeschickt, die auf den Grund der Quellen am Kinneret tauchen sollten um sie aufzuheizen. Rabbi Yochanan hatte im 3.Jahrhundert nach Christus geschrieben, die Quellen seien während der Sintflut geschaffen worden und ein anderer bekannter Rabbi, ein Schüler von Rabbi Akiva , sagte, das heiße Wasser komme direkt aus der Hölle. Vielleicht stimmt es, das Quellwasser, das in dem kleinen Park neben dem Hamam ein Stück weit offen fließt, bevor es in die Leitungen zu den Thermalbädern eingespeist wird, ist fast 40 Grad heiß. Hinter dem Park, wo es auch die Überreste einer Synagoge aus dem 3. oder 4. Jahrhundert nach Christus gibt und ein Stück weiter oben die ziemlich hässliche Synagoge mit dem Mausoleum des wundertätigen sephardischen Rabbi Meir Ba’al Ha’ness, erhebt sich der Hügel der Berenike mit den Ruinen eines mächtigen Forts aus der byzantinischen Zeit. Im Fort gibt es Reste von Mosaiken und die Ruinen einer Kirche aus der Zeit Justinians, der Anker-Kirche. Sie heißt so, weil die Altarstätte ein steinerner Anker ist, der auch heute noch dort oben in der früheren Apsis auf dem Boden liegt. Berenike, nach der dieser Hügel benannt ist, war eine Hasmonäische Prinzessin, Tochter des Herodes Agrippa I, die von 28 bis 79 nach Christus lebte und von der es im Neuen Testament heißt, sie habe ein lasterhaftes Leben geführt. Sie gehörte dem Tribunal an, das in Caesarea über Paulus zu Gericht saß. Als Titus, der spätere römische Kaiser, in Galiläa war, machte er Berenike zu seiner Geliebten. Sie folgte ihm nach Rom und wollte ihn sogar heiraten.. Doch der Senat verbot die Verbindung nicht nur, weil sie älter war als Titus, sondern vor allem, weil sie Jüdin war. Greifvögel gleiten durch den Himmel über den Ruinen des byzantinischen Forts und der Anker- Kirche, lenken den Blick auf die alte Stadt, auf die vom Sonnenuntergang rötlich schimmernden Höhen des Golan im Osten und auf den Kinneret, der das Abendlicht widerspiegelt . In der Einsamkeit des Berenike – Hügels, zu dieser Stunde, ist es ganz deutlich spürbar: Der Kinneret, das galiläische Meer, ist ein heiliger und ein magischer Ort, ein Ort der Wunder und der Besinnung , trotz allem immer noch ein Hafen des Friedens. ...................................... Bei Jardenit am Südufer des Sees verlässt der Fluss den Kinneret, den See Genezareth.. Hier ist die Stelle, wo schon Mitte des 19.Jahrhundert christliche Pilger in das Jordanwasser eintauchten zu einer zweiten Taufe. Der Kibbuz Kinneret hat vor einigen Jahren einen Platz für die Taufzeremonien geschaffen, die vor allem von amerikanischen Baptisten und evangelikalen Christen aus der ganzen Welt besucht werden, jetzt ist gerade eine Gruppe schwarzer Männer und Frauen aus Virginia dort. In eigens dafür errichteten Umkleidekabinen legen sie ihre weltlichen Kleider ab, in weißen Taufroben steigen sie dann, begleitet von Gebeten und Gesang, in das ziemlich dreckige Jordanwasser. Zwei Priester erwarten sie dort, legen den Täuflingen ein weißes Baumwolltuch auf den Mund und tauchen sie energisch unter. Viele weinen vor Ergriffenheit, als sie triefend nass wieder heraussteigen. Gleich neben der Taufstelle gibt es einen riesigen Souvenir-Supermarkt, wo sie anschließend alles kaufen können, was das Pilgerherz erfreut, Krippen aus Olivenholz, Kreuze und Rosenkränze, Dornenkronen, Ansichtskarten, T-Shirts, holzgeschnitzte Kamele, aber auch Davidsterne gibt es dort und glückbringende jüdische Amulette. .............................. Der See Genezareth reichte in Urzeiten fast bis Jerusalem, und dort, am Ufer des prähistorischen Sees, lebte vor etwa 900 000 Jahren der homo habilis, der zur Oldovai II Kultur gerechnet wird.. Man fand am damaligen Südufer des Sees Knochen von Elefanten, Nashörnern, Flusspferden, Krokodilen, Gazellen, Bären...Die Menschen, die diese Tiere jagten, kannten das Feuer noch nicht, aber sie hatten schon Werkzeuge, sie bearbeiteten Flint, Basalt und Dolomit. Weiter nördlich am See, in der Nähe des heutigen Tiberias, fand man bearbeitete Kieselsteine, im Hula Sumpf Werkzeuge und in nahegelegenen Höhlen Gräber der Menschen, die um 700 000 vor der Zeitwende dort lebten, Palaioanthropos palaestinensis nannten die Forscher diesen Menschen der Frühzeit. Ein paar Kilometer südlich des Kinneret, am Fluss Yarmuk, dessen Wasser den Jordan speist und nahe der jordanischen Grenze, am Fuße der Gilead-Berge, liegt der Kibbuz Sha’ar Ha Golan mit dem kleinen Museum der Yarmuk – Kultur aus der Jungsteinzeit, also der Zeit zwischen 6400 bis 5800 vor der allgemeinen Zeitrechnung. Ehud Shamir ist der ehrenamtliche Kurator des Kibbuzmuseums. In den Anfangsjahren des 1937 gegründeten Kibbuz, so erzählt er, entschloss man sich, Teiche für die Karpfenzucht anzulegen. Beim Graben fanden die Kibbuzniks einen Stein, der aussah, als sei er von Menschenhand bearbeitet worden. Als sie dann noch mehr solcher Steine entdeckten, wurde ihnen klar, dass sie auf etwas Wichtiges gestoßen waren. Sie berichteten Jerusalemer Archäologen von ihrem Fund und einer von ihnen , Professor Stekelis, kam schließlich, mehr als 10 Jahre später, um sich die Funde anzuschauen. Nach dem Tod von Professor Stekelis setzte der Archäologe Yossi Garfinkel die Arbeit fort, 12 Jahre lang grub er jedes Frühjahr in Sha’ar Ha Golan. Er entdeckte zu seiner Überraschung ein sehr großes Dorf aus der Jungsteinzeit zwischen 6400 und 5800 Jahren vor unserer Zeitrechnung, mit Fundamenten massiver Häuser mit meterdicken Mauern. Er folgerte, dass die Menschen, die hier gelebt hatten, keine Nomaden gewesen waren, sie waren Siedler, die in festen Häusern lebten und Ackerbau betrieben. Garfinkel fand dort die älteste Strasse Israels, vielleicht die erste Strasse der Menschheitsgeschichte überhaupt und einen Brunnen, der zu den ältesten Brunnen der Welt gehört. In dem kleinen Museum des Kibbuz sind Steinwerkzeuge, Angel- und Jagdgeräte , Steinsicheln und Sensen ausgestellt, Steinmörser, zahlreiche, zum Teil sehr große mit einem schönen Fischgrät-Muster verzierte Keramikgefässe Sie sind typisch für die Yarmuk-Kultur, genau wie die ovalen Steine mit rätselhaften geometrischen Mustern, längliche säulenartige Gebilde, offensichtlich Idole mit eingeritzten Augen und einer Art Mund. Besonders eindrucksvoll sind die sitzenden und stehenden sehr breithüftigen Frauenfiguren mit spitz zulaufenden Brüsten, üppigen Speckfalten am Bauch und säulenartigen Oberschenkeln, die an die Fruchtbarkeitsgöttinen der frühen Kykladenkulturen erinnern. .............................. Das Jordantal zwischen dem Kinneret und Beit Shean wird auch Erez Ha Tamar genannt, Land der Palme. Hier, in der fruchtbaren Jordansenke, gibt es ausgedehnte DattelpalmenPlantagen . Die Früchte werden im Herbst geerntet, bevor der erste Regen fällt, ungefähr zu Sukkot, dem Laubhüttenfest.. Dann fahren Lastwagen, beladen mit Palmwedeln, mit denen die Laubhütten bedeckt werden, über die Landstrassen, wie hierzulande zur Weihnachtszeit Autos mit Christbäumen.. In den Palmenhainen manövrieren gelbe Kräne geschickt zwischen den Stämmen, auf den hochfahrbaren Plattformen der Maschinen stehend kappen Erntehelfer die schweren Dattelbündel, die bis zur Ernte in schwarzen Netzen vor Vogelfraß geschützt wurden. Uri Landau, ein in Pforzheim geborener Dattelfachmann und früher Mitarbeiter des israelischen Landwirtschaftsministeriums, lebt in dem religiösen Kibbuz Schluchot bei Beit Shean. Sein Lebensinhalt, seine Leidenschaft ist die Dattelpalme. Es ist Anfang Oktober, aber immer noch heiß, auf dem Rasen unter hohen, noch fruchttragenden Palmen vor Landaus kleinem Kibbuzhaus spielen Kinder, Landaus Frau, eine bekannte Malerin, hat Gebäck , Kaffee und frische Datteln auf den Tisch der Veranda gestellt.......... Uri Landau berät nicht nur die israelischen Farmer und empfiehlt ihnen, welche Sorten in einer bestimmten Region angepflanzt werden sollten und wie man die Bäume gegen Schädlinge schützen kann ohne die chemische Keule einzusetzen, er ist sehr oft auch in den jordanischen Dörfern am anderen Ufer des Flusses als Berater unterwegs. Und er trifft sich regelmäßig mit Bauern der Westbank, doch darüber redet er nicht gerne, es könnte seinen palästinensischen Gesprächspartnern schaden, man hielte sie womöglich für Kollaborateure, obwohl sie mit Uri doch nur über die besten Dattelsorten sprechen und über den Käfer der die Dattelpalmen befällt und wie man ihn bekämpfen kann Die Dattelpalme spielt natürlich auch in der arabisch-moslemischen Kultur eine wichtige Rolle. ........... Talsperren, wie man sie im regenreichen Europa kennt und wie sie Theodor Herzl in seinem utopischen Roman „Altneuland“ für das Jordantal vorhergesagt hatte , gibt es am Jordan nicht. Es gibt jedoch viele aufgestaute Fischteiche, es gibt kleinere Reservoirs, es gibt das Kanalsystem des National Water Carrier, das fast ganz Israel mit Wasser versorgt. Auch das palästinensische Autonomiegebiet und Gaza erhalten Wasser vom Jordan und vom Kinneret. Unter den Bergen der Westbank gibt es große unterirdische Becken mit versickertem Regenwasser, Trinkwasser für die israelischen Städte. Über die zukünftige Nutzung dieses Wassers konnte bisher mit der Palästinensischen Autonomiebehörde keine Einigung erzielt werden. Dem Wasserabkommen zwischen Israel und Palästina zufolge muss jeder, der im palästinensischen Gebiet einen neuen Brunnen bohren will, vorher die Genehmigung des gemeinsamen israelisch-palästinensischen Komitees einholen, aber es sind in den letzten Jahren bis zu 300 Brunnen ohne eine solche Genehmigung gebohrt worden und Israel befürchtet, dass nach dem Abzug der israelischen Armee aus den besetzten Gebieten noch wesentlich mehr und wesentlich tiefere Brunnen mit schwerem Gerät gebohrt werden. Da dies die Wasserversorgung in Israel ernsthaft beeinträchtigen würde, muss die Wasserfrage also ein wichtiger Teil der israelisch-palästinensischen FriedensVerhandlungen werden. Der 1994 zwischen Israel und Jordanien geschlossene Friedensvertrag hat gezeigt, dass die Vereinbarungen über Wasser eine wichtige Voraussetzung für ein friedliches oder doch möglichst reibungsloses Miteinander sind. Im Mai 1997 wurde in Anwesenheit von König Hussein die 2. Stufe des Wasservertrages zwischen Israel und Jordanien in Kraft gesetzt, der Jordanien pro Stunde 3000 Kubikmeter Wasser, im Jahr also 26 280 000 Kubikmeter des Yarmuk-Wassers zusichert. Mit Bangen beobachten die Israelis den Wasserstand des Kinneret, jahrelang näherte er sich bedenklich der unteren roten Gefahrenzone bei 213 Metern unter der Meeresoberfläche. Die Ufer, die normalerweise mit Wasser bedeckt sind, fielen trocken. Im Winter 2003/2004 gab es dann aber so außergewöhnlich ergiebige Niederschläge, dass der See sich wieder füllte und sogar die Öffnung des Dammes beim Kibbuz Deganyia erwogen wurde, um größere Überschwemmungen zu verhindern. Im Herbst 2004 bildeten meist junge Leute eine Menschenkette um den See, um gemeinsam für einen weiteren regenreichen Winter zu beten und ihre Gebete wurden erhört. Der Jordan, der den Kinneret speist, ist mit seinen 252 Kilometern der längste Fluss Israels und Grenzfluss zum Nachbarland Jordanien. Im Hula-Tal, das Mitte des 20.Jahrhunderts von jüdischen Siedlern trockengelegt wurde, vereinigen sich die wichtigsten seiner drei Quellflüsse und fließen in den See Genezareth, der 212 Meter unter dem Meeresspiegel liegt und einen Teil des Jordangrabens bildet . Vor 20 Millionen Jahren hatten sich zwei gewaltige Erdkrustenschollen voneinander gelöst, An der Trennlinie entstand der längste und tiefste Grabenbruch der Erde, eine Region, die immer wieder von Erdbeben erschüttert wird. Die Oberfläche des Toten Meeres ist mit derzeit 410 Metern unter dem Meeresspiegel die tiefste Stelle der Erdoberfläche, eine bizarre lebensfeindliche Landschaft, Schauplatz einiger der spektakulärsten biblischen Geschichten. Hier beendet der Jordan seinen Lauf, ein Fluss, der sich nicht in einen Ozean ergießt, sondern in ein Binnenmeer. Dieses Salzmeer, das Jam HaMelach, schrumpft seit Jahrzehnten, weil der Jordan ihm nicht genügend Wasser zuführt. An seinen Ufern bilden sich deshalb immer mehr gefährliche, aber je nach dem Mineralgehalt in prächtigen Farben schimmernde Wasserlöcher. Um den ständig wachsenden Bedarf zu befriedigen, wird aus den Tiefen der Negevwüste bereits heute fossiles Brackwasser hochgepumpt, Frischwasser wird in der Türkei gekauft und mit Containerschiffen nach Israel gebracht, Abwasser wird gereinigt und es gibt auch schon einige Meerwasser-Entsalzungsanlagen. Doch das alles reicht nicht, vor allem die Meerwasserentsalzung müsste entscheidend gefördert werden. Dan Zaslavsky, emeritierter Professor des berühmten Haifa Technions, früher Leiter der Fakultät für landwirtschaftliches Ingenieurwesen und wissenschaftlicher Chef- Berater des Energieministeriums, hat am Haifa Technion eine revolutionäre preiswerte Methode der Meerwasserentsalzung entwickelt, mit der gleichzeitig elektrischer Strom erzeugt werden kann. Politische Querelen und einflussreiche Lobbies, so sagt er, hätten aber bisher die praktische Erprobung und Nutzung dieser neuen Technik verhindert. Dan Zaslavsky vertrat immer schon die Ansicht vertreten, dass es sich schlicht nicht auszahlt, Krieg um Wasser zu führen........... ................ Ganz nahe bei der Scheich-Hussein-Brücke , einem Grenzübergang mit sehr lebhaftem LKW-und PKW-Verkehr, kurz vor Beit Shean mit den eindrucksvollen Ausgrabungen aus der Römerzeit., liegt der Kibbuz Kfar Ruppin. Dort gibt es eine der wichtigsten Vogelbeobachtungs- und Beringungsstationen Israels. Tausende von Zugvögeln machen hier Station oder überwintern, manche bleiben nur ein paar Tage um sich hier genug Energiereserven anzufressen, die es ihnen dann erlauben, Tausende von Kilometern weiter zu fliegen, in fünf bis zehn Tagen können sie hier ihr Körpergewicht fast verdoppeln. David Glasner leitet die Beobachtungs-und Beringungsstation. Er inspiziert regelmäßig das kleine, baumreiche Naturreservat am Rande des Kibbuz . Eine Herde freilebender Esel hält das Unterholz kurz und säubert das Reservat von trockener Vegetation, verringert so die Gefahr eines Waldbrandes. Es gibt hier Schakale, Mungos, Stachelschweine, Ratten. Für größere Säugetiere wie Gazellen oder Wildschweine ist das Reservat zu klein. Kürzlich wurde hier ein kleiner Teich angelegt, der den Vögeln als Trinkwasser- und Nahrungsquelle dient. Durch hohes Schilf gelangt man zu einem Unterstand, der vor den scharfen Augen der Vögel schützt . David Glasner spricht leise, die Vögel hören auch sehr gut. Einer der Vögel mit dem leuchtend blauen und grünen Gefieder rüttelt über dem Teich, stößt dann blitzschnell herab, taucht – aber vergeblich, er hat keinen Fisch erbeutet. Mehr Glück haben die Vögel an den Fischteichen, wo der Kibbuz in riesigen Mengen Fische zum Verkauf züchtet. Die Fische werden mit Spezialnetzen geerntet und mit Hilfe von Rutschen, die auf Lastwagen montiert sind, sortiert und anschließend gekühlt zum Transport vorbereitet.. Hier bei den Fischteichen wimmelt es von grauen und weißen Reihern, Kranichen, Kormoranen, Pelikanen, weißen und schwarzen Störchen. Viele dieser Vögel ernähren sich hauptsächlich von toten oder kranken Fischen, die leicht zu fangen sind. So tragen sie dazu bei, die Teiche sauber zu halten und sie sind auch eine Art Frühwarnsystem für die Fischzüchter: Dort, wo sich besonders viele Vögel aufhalten, stimmt irgend etwas nicht mit dem Wasser und den Fischen. Vogelbeobachter aus der ganzen Welt kommen nach Kfar Ruppin, um die Zugvögel zu sehen, um seltene Arten, wie die Schwarzstörche, zu beobachten, oder Greifvögel, die man in Europa kaum noch aus der Nähe beobachten kann : Adler, Habichte, Wespenbussarde und Falken oder auch Vogelarten, die es nur hier gibt. David besucht regelmäßig die Holzhütte, wo die Vögel beringt werden, berät sich dort mit den hochspezialisierten Beringungsfachleuten. Die Beringung ist eine wichtige Aufgabe, die dazu beiträgt, mehr über die Routen der Zugvögel , ja sogar über den Weg einzelner Vögel zu erfahren In den Christdornbäumen, die bei der Hütte wachsen, schwirren leuchtendbunte Sonnenvögel mit langem, gebogenen Schnabel, die sich vom Nektar der süß duftenden, rotblühenden Loranthus acacia, einer aus Afrika stammenden Schlingpflanze nähren, die sich durch die dornigen Zweige des Christdorns windet. Kfar Ruppin ist Teil des Internationalen Projektes „ Gemeinsam für Vögel und Menschen im Jordan-Tal“, das den Blick schärfen soll für die enge Verbindung von ökologischer Nachhaltigkeit und sozialen, ökonomischen und kulturellen Faktoren. Bird Life International heißt die Organisation, die dieses Projekt ins Leben gerufen hat, Partner sind im Palästinensischen Autonomiegebiet die Palestine Wildflife Society, in Jordanien die Royal Society for the Conservation of Nature in Jordan und die Society for Protection of Nature -SPNI – in Israel. Das Projekt wird gefördert mit Mitteln der Europäischen Gemeinschaft. .......................... Das Band aus dunklerem, dichterem Grün, das sich südlich des Kinneret durch das Tal mit Feldern und Palmenhainen windet, markiert den Jordan, in dessen Mitte die Grenze zwischen Israel und Jordanien verläuft.. Kurz vor Beit Shean, dessen großartiges Ausgrabungsfeld mit dem säulengesäumten Cardo, mit einem Amphitheater, Tempeln, Strassen und Badehäusern aus der Römerzeit prunkt, führt eine Schotterstrasse voll tiefer Schlaglöcher endlos einen kahlen Hügel hinauf, scheinbar ins Nirgendwo , bis endlich die aus schwarzen massiven Basaltblöcken errichtete Kreuzfahrerfestung Belvoir auftaucht. Von hier aus bietet sich eine grandiose Sicht auf das Jordantal und die Berge von Gilead jenseits des Tales. „Es ist nur ein Adlerhorst und die Wohnung des Mondes“ so haben moslemische Historiker des 12.Jarhunderts Belvoir beschrieben. Die düstere Festung, ein pyramidenförmiges Viereck auf der fast baumlosen Anhöhe, wirkt tatsächlich wie das Nest von Raubvögeln, einsam und windumweht. 1168 hatten die Kreuzritter das Land von einer französischen Familie gekauft und die Festung, eine architektonische Meisterleistung, in kürzester Zeit errichtet. 21 Jahre später, 1189, mussten sie die Burg aufgeben. Die Ritter hatten sich hier auch dann noch halten können, als das christliche Königreich 1187, in der Schlacht an den Hörern von Hittin – dem Bergmassiv im Westen des Sees von Genezareth – von den moslemischen Truppen vernichtet worden war. Anderthalb Jahre hielten die Ritter in ihrem durch zwei mächtige Festigungsmauern und durch die eigentliche Burgmauer geschützten Adlerhorst der moslemischen Belagerung stand und erst, nachdem die Moslems einen Graben unter den gewaltigen östlichen Festigungsmauern gegraben hatten, kapitulierten sie. Rechts der Strasse, die unterhalb von Belvoir weiter nach Süden führt, bauen sich bald hinter Beit Shean gelbe, vegetationslose Wüstenberge auf, linker Hand im Jordantal, vor allem in der Nähe von Jericho, aber gibt es dichte Palmenwälder. Kurz hinter Jericho, das die Strasse Nr. 90 in einem weiten Bogen östlich umgeht, weist ein Schild auf die Taufstelle des Johannes hin, die über eine schmale Nebenstrasse zu erreichen ist. Eine Kamelherde überquert das Sträßchen , dann ist das Weiterfahren verboten, Warnschilder besagen, dies sei militärisches Sperrgebiet, ein Drahtzaun mit geschlossenem Tor verwehrt den Zugang zur Taufstelle. Ein paar Kilometer weiter südlich weist eine Hinweistafel zum ältesten christlichen Kloster des Heiligen Landes, dem griechischorthodoxen Kloster des Heiligen Gerassimo. Der Heilige hatte, wie es auf mehreren Ikonen des Klosters dargestellt wird, einem Löwen die Krallen gezogen und ihn zu einem frommen Tier gemacht, das zusammen mit einem Kamel und einem Esel jeden Morgen Wasser vom Jordan für den Eremiten holte. .............. Vollmondwanderung am Westufer des toten Meeres, unterhalb der Festung Massada, eine bizarre Landschaft aus weichem Sediment, Chavar genannt, weißen und grauen Ablagerungen des Lissan Sees, der vor rund 20 000 Jahren die Jordansenke bedeckte. Die Sedimentformationen schimmern im Mondlicht wie Märchenschlösser, wie Paläste aus 1001 Nacht und säulengeschmückte Tempel. Gundi Shachal ist vor etlichen Jahren aus Siegen in Deutschland als Volontärin in den Kibbuz Ein Gedi gekommen, hat dort geheiratet und ist Jüdin geworden. Jetzt wohnt sie mit ihrer Familie in dem üppig-grünen Kibbuz am Toten Meer , gelegentlich macht die diplomierte Reiseführerin Wanderungen mit den Touristen die dort in den Gästehäusern wohnen und im Thermalbad kuren, zeigt ihnen die Wasser-Löcher, die im salzigen Uferschlamm des Sees entstanden sind, weil der Wasserspiegel immer weiter sinkt, gefährliche und wunderschöne Miniaturseen in Blau, Orange, Pink, Kupferrot, Grün oder Schwefelgelb, je nach den Mineralien, die dort im Quell-Wasser vorkommen. Die Löcher entstehen, weil das Salzwasser den Ufergrund nicht mehr bedeckt und das erheblich weniger salzreiche Quellwasser löst dann das Salz aus dem trockenen Uferschlamm. Der Garten des Kibbuz Ein Gedi, mit den Häuser der Kibbuzniks und den komfortablen Ferienbungalows der Touristen, ist ein international anerkannter Botanischer Garten. Hier gibt es über 800 verschiedene Arten von Pflanzen, Bäumen und Sträuchern, die einheimische Myrrhe, Akazien und den Sodom-Apfel, aber auch Exotisches wie Ficusbäume, Feuerbäume mit flammend roten Blüten, riesige weißblühende Affenbrotbäume aus deren Blüten die Fruchtfledermäuse Nektar saugen, tropische Schlinggewächse, Sträucher mit tiefrot, grün und schwarz geflammten Blättern, dazwischen Rosen, Astern, Löwenmäulchen, Jasmin und im Kakteengarten über 1000 verschiedene Kakteensorten und Wüstenpflanzen. Mit fast 400 Metern unter dem Meeresspiegel ist dies der tiefst-gelegene botanische Garten der Welt und der einzige, der bewohnt ist. Von hier aus sieht man, wie über den jordanischen Bergen im Osten die Sonne aufgeht, sich spiegelt im glatten, silbern schimmernden Wasser. Im Westen, jenseits einer tiefen Kluft, liegt das Wadi Arugot mit dem „Verborgenen Wasserfall“ und den ockerfarbenen Felsen, in denen Raben, Geier und Adler nisten. Die metallisch blauen Blätter der Kapernsträuche leuchten vor dem Beige und Ocker der Felsen, steinerne Platten sind von der Gewalt der winterlichen Sturzfluten herausgebrochen worden und liegen nun im Kreis wie riesige Tortenstücke. Steinbockherden, Hyänen, Füchse ,Wölfe und einzelne Leoparden, die auf nächtlichen Raubzügen im Kibbuz Jagd auf Katzen und Hunde machen, haben hier ihr Revier. Wasserreicher und deshalb grüner ist das Wadi David, wo sich der spätere König vor dem Zorn des Königs Saul versteckt hielt. An der Schulamith-Quelle vorbei führt der ansteigende Pfad zur Dodim-Höhle, Wasser stürzt zwischen weißen, hellorange gefleckten Kalksteinplatten in gestaffelte Becken, das Wasser tiefgrün zwischen den weißen Steinen. Auf dem Weg hinunter zur Quelle Ein Gedi, von wo das berühmte Mineralwasser des Kibbuz kommt, liegen die zum Teil rekonstruierten Grundmauern eines steinzeitlichen Tempels. Die Quelle des Zickleins, wie „Ein Gedi“ auf hebräisch heißt, liegt auf halber Höhe unter Akazien mit bizarr gezwirbelten Stämmen und grau- grünem Laub, putzige Klippschiefer, schwanzlose braune Pelzbürsten, halten Wacht auf den Felsen, geben fiepende Warnlaute und rennen dann in ihre Verstecke. Am Fuße des Berges, zwischen Dattelpalmen, liegt die antike Synagoge aus dem dritten nachchristlichen Jahrhundert mit ihren prächtigen Mosaiken.