Predigt am 02.12.07 – 1. Advent in Oslo Lk 01, 67-79 1,67 Und sein Vater Zacharias wurde vom heiligen Geist erfüllt, weissagte und sprach: 1,68 Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk 1,69 und hat uns aufgerichtet eine Macht des Heils im Hause seines Dieners David 1,70 - wie er vorzeiten geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten -, 1,71 daß er uns errettete von unsern Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen, 1,72 und Barmherzigkeit erzeigte unsern Vätern und gedächte an seinen heiligen Bund 1,73 und an den Eid, den er geschworen hat unserm Vater Abraham, uns zu geben, 1,74 daß wir, erlöst aus der Hand unsrer Feinde, 1,75 ihm dienten ohne Furcht unser Leben lang in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor seinen Augen. 1,76 Und du, Kindlein, wirst ein Prophet des Höchsten heißen. Denn du wirst dem Herrn vorangehen, daß du seinen Weg bereitest, 1,77 und Erkenntnis des Heils gebest seinem Volk in der Vergebung ihrer Sünden, 1,78 durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, durch die uns besuchen wird das aufgehende Licht aus der Höhe, 1,79 damit es erscheine denen, die sitzen in Finsternis und Schatten des Todes, und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens. Advent – tja, was ist das eigentlich? Ankunft. Er kommt. Ja, aber wohin? Und wie? Wo kommt er unter? So habt ihr Konfirmanden gefragt. Danke für das Stück, das ihr euch überlegt habt. Wo schläft er? Ist er umweltfreundlich? Kommt er zu den Armen und Leidenden? Aber ich würde ihn gern als ersten zu Gast haben. Die Lehrerin sagt: Advent ist die Vorbereitung darauf, dass die Geburt Christi bald gefeiert wird, Weihnachten. Die Schüler in dem Stück haben aber vielleicht mehr verstanden. Advent ist viel mehr als eine bloße Vorbereitungszeit auf Weihnachten. Damit es noch gemütlicher wird und heimeliger. Die Zeit der schönen Stimmungen länger wird. Im Advent geht es um das Ganze, unter einem bestimmten Aspekt: Gott kommt. Er besucht und erlöst sein Volk. Die ganze Wirklichkeit insgesamt steht im Zeichen des Advents des Gottes Israels, der alles in allem werden will. Gott kommt. Er ist im Kommen. Das ist so wichtig, dass wir damit das Kirchenjahr beginnen. Gott kommt - das hat der Priester Zacharias gemerkt. Darum stimmt er in unserem Predigttext einen Lobgesang an. Jetzt bricht eine neue Phase im Kommen Gottes an. Und sein Sohn Johannes sollte mitwirken dürfen, Wegbereiter sein. - An einer Stelle hat der Advent Gottes schon jetzt seine tiefste Radikalität erreicht: Im Menschen Jesus, dem Sohn Gottes. In ihm ist Gott uns im wahrsten Sinn des Wortes „auf den Leib gerückt“. - Und diese Menschlichkeit Gottes im Antlitz Jesu soll zunehmend alle Wirklichkeit bestimmen und an sich ziehen. Gott kommt: Denn so ist Gott noch nicht da, wie er da sein wird. Das wird das Maß aller Dinge - wenn Gott seine unmittelbare Nähe endgültig gegen allen Widerstand durchsetzt. - Darum hat die geistliche Überlieferung von einem dreifachen Advent gesprochen. 1. Gott kam in Jesus in der Vergangenheit. Das war sein erstes Kommen. In Jesus ist Gott endgültig gekommen. Auf eine unbegreifliche Weise. Ausgerechnet als Mensch. Und damit hat er seinen Advent, seine Ankunft bei und unter uns, verwirklicht, ein für alle mal. Die Erfüllung der Verheißungen Gottes, der Ahnungen und ……… 2. Gott wird in Jesus in der Zukunft kommen. Sein zweites Kommen. In Jesus wird er kommen, wenn er alles in allem wird und so alle Wirklichkeit unter das richtende Maß Jesu stellt. 3. Gott kommt in Jesus – in der Gegenwart, heute. Sein drittes Kommen. In Jesus, der durch seine Auferstehung freie und unsichtbar gegenwärtige Herr, ist er auch jetzt der immmerzu Kommende – wenn 2 oder 3 in seinem Namen beisammen sind, in der öffentlichen Feier des Gottesdienstes oder persönlich vor unserer Herzenstür: „Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten, und wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit mir.“ (Off 3,20). Meins Herzens Tür dir offen ist – haben wir gesungen. Und ihn zum Kommen heute eingeladen. ________________________________ - Darum ist das Ziel des Advent, das Ziel jedes Gottesdienstes, das, worauf das Sehnen alles Geschaffenen hinzielt: Die Feier des Kommens Gottes. Gott, der kam und endgültig kommen wird und der jetzt kommt. Darum verschwimmen diese 3 Arten des Kommens Gottes in Jesus in der Adventszeit, alle 3 Themen schwingen mit, durchdringen einander. Es wird damit gespielt, in den Liedern, Gebeten, Bibeltexten. Es ist eine Bewegung: Gott kommt. 3. Ich habe euch ein Adventsbild mitgebracht. Das diese Bewegung fast erschreckend wiedergibt. (Austeilen) Das Bild zeigt eine Plastik Heinz Heibers und ist betitelt mit “Niederkunft“. Die Fläche zwischen Türsturz und innerem Rundbogen ist nun ausgefüllt mit Strukturen, die nach oben streben. Wie Pflanzen. Wie Hände. Flehentlich zum Himmel emporgereckt. Der Kommende durchquert sie. In der Mitte und den Türsturz gewaltsam durchstoßend die kopfüber herabkommende Gestalt. Er zerbricht die Barriere zwischen oben und unten. Und zerbricht dabei selbst. Fremd erscheint es vielen Besuchern der Sebalduskirche in Nürnberg, was sie im Türbogenfeld über dem Eingangsportal sehen: eine Gestalt aus Stein, die kopfüber dem Betrachter entgegenstürzt. Manche sind verwirrt, andere schreiben ihren Ärger ins Gästebuch. Das moderne Bild ist eingefügt in die Rundbögen des romanischen Portales. Ein alter Rahmen. Entstanden im 13. Jahrhundert. Der Platz über der Tür war all die Jahrhunderte hindurch leer geblieben. Seit Advent 1988 ist das anders. Der Rahmen umschließt ein neues Bild. Ein neuer Jahresring am alten Gemäuer. Unnatürlich sind die Arme im Schulterbereich verschoben. Breit klafft die Wunde im Leib. Massiv treten die Löcher in den Handflächen hervor. Als gekreuzigter Christus ist der gekennzeichnet, der hier ‘niederkommt‘. Fast zum Greifen nah für den, der durch die Tür geht, das Haupt. Man scheint sich fast seinen Kopf anzustoßen an dem Christus, der von oben kommt, der alle Grenzen durchbricht Intensiv sucht der Blick des Auges den Besucher. Im Stürzen und Zerbrechen wird er zu dem, der alles trägt. Heilvoll begegnet er denen, die auf Erlösung warten. “0 Heiland, reiß die Himmel aufl Herab, herab vom Himmel lauf. Reiß ab vom Himmel Tor und Tür! Reiß ab, wo Schloß und Riegel für!“ Das Lied, das wir vorhin gesungen haben, Friedrich von Spees Adventslied aus der Anfangszeit des 30-jährigen Krieges, spricht vom Niederkommen Gottes zur Errettung seines Volkes. “Reiß doch den Himmel auf, und komm herab!“ (wie es in Jes 63, 19 steht) fleht Israel seinen Gott an. Er, der einst die Befreiung aus Ägypten wirkte, der die Fesseln der Sklaverei zerriss, möge doch noch einmal erscheinen, um die Seinen zu erretten. Lass den Tag kommen, Herr, an dem unsere Tränen dein Lächeln finden werden. „Wie er vorzeiten geredet hat“ – nimmt das unser Predigttext auf. Sei gepriesen, Vater, für jenen Tag, an dem unsre Augen dein Angesicht finden werden. Komm, Herr Jesus, komm! Aufbrechen möge er die Decke der Dunkelheit, die über dem Volk liegt, damit Lebensluft einströmen kann in die Landschaft des Todes. Durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, wird uns besuchen das aufgehende Licht aus der Höhe, damit es erscheine denen, die sitzen in Finsternis und Schatten des Todes, und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens. Er besucht und erlöst sein Volk. Dafür möchte ich bereit sein. Gebet: Mit dem Gebet von der Rückseite der Bildkarte möchte ich bitten: Komm, Herr Jesus, komm! Lass den Tag kommen, Herr, an dem unser Elend deine Barmherzigkeit findet. Lass den Tag kommen, Herr, an dem unsere Armut deinen Reichtum finden wird. Lass den Tag kommen, Herr, an dem unsere Freude deinen Himmel finden wird. Lass den Tag kommen, Herr, an dem deine Kirche das Königreich finden wird.