Neue Wege bei der Entwicklung atypischer Antipsychotika

Werbung
Neue Wege bei der Entwicklung atypischer Antipsychotika
Atypische Antipsychotika der zweiten Generation im Vergleich zu konventionellen Neuroleptika der ersten
Generation:
Die Neueinführung atypischer Antipsychotika (Clozapin, Risperidon, Olanzapin, Amisulprid, Quetiapin, Ziprasidon) in
die therapeutische Arena für Psychosen und verwandte Erkrankungen hat zu Recht Begeisterung ausgelöst. Diese
neueren Antipsychotika bieten mehrere klinische Vorteile gegenüber den konventionellen Neuroleptika, die bis zum
letzten Jahrzehnt die Eckpfeiler der Behandlung waren. Der Hauptmechanismus, der den vielen klinischen Vorteilen
der atypischen Antipsychotika zugrundeliegt (stärkere Besserung von negativen und kognitiven Symptomen, bessere
antidepressive und stimmungs-stabilisierende Wirkung, bessere Wirksamkeit bei ansonsten therapie-refraktären
Patienten, geringeres Risiko für Nebenwirkungen wie Parkinsonoid und Spätdyskinesie), ist ihre Fähigkeit, die
antipsy-chotische Wirkung von der extrapyramidal-motorischen Nebenwirkung (EPS) zu trennen. Trotz der vielen
Vorteile atypischer Antipsychotika gegenüber konventionellen Medikamenten sind die meisten Patienten mit
Schizophrenie nach wie vor symptomatisch und in ihrer Funktions-fähigkeit beeinträchtigt. Außerdem verursachen
diese neueren atypischen Antipsychotika verschiedenste Nebenwirkungen (sexuell, endokrin, kognitiv,
kardiovaskulär usw.). Die gegenwärtige Generation atypischer Antipsychotika weist nach wie vor verschiedene
Mängel auf, die sich guten Therapieergebnissen in den Weg stellen.
Grenzen der heute verfügbaren Medikamente: Korrelation zwischen Pharmakologie und klinischem Profil:
Das klinische Profil atypischer und konventioneller Antipsychotika wird verständlich, wenn man sie von ihrem
unterschiedlichen pharma-kologischen Profil ausgehend betrachtet. Alle derzeit verfügbaren wirksamen Therapien
zur Behandlung der Schizophrenie beeinflussen die dopaminerge Übertragung. Die konventionellen Neuroleptika
sind Antagonisten an D2-Rezeptoren. Diese Medikamente reduzieren zwar effektiv die Positivsymptomatik der
Schizophrenie, haben jedoch nur eine minimale Wirkung auf die Negativsymptomatik und können diese sogar
verschlimmern. Außerdem verursacht die nicht-selektive Dopa-minblockade durch diese Medikamente eine Vielzahl
unerwünschter Wirkungen, insbesondere extrapyramidal-motorische Symptome, Spätdyskinesie, Prolaktinanstieg
und verwandte Nebenwirkungen.
Die neueren atypischen Antipsychotika haben ebenfalls D2-anta-gonistische Eigenschaften, sind jedoch mit einem
signifikant geringeren Risiko für EPS und Spätdyskinesie verbunden und führen zu einer effektiveren Reduktion der
Negativsymptomatik als konventionelle Neuroleptika. Die genaue pharmakologische Grundlage für die atypische
Wirkung ist noch Gegenstand der Diskussion; daran beteiligt sind jedoch eine unterschiedliche Bindungskinetik an
D2-Rezeptoren, Wirkungen an anderen Rezeptoren, vor allem 5-HT2A-Rezeptoren, oder eine Kombination von
beidem. Die atypischen Medikamente sind jedoch nur teilweise wirksam bei der Behandlung negativer und kognitiver
Symptome; außerdem führen sie zu Gewichtszunahme und zu metabolischen Veränderungen, Sedierung,
Wirkungen auf die kardiale Erregungsleitung usw., was letztlich schwerwiegende medizinische Folgen aufgrund
eines erhöhten Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse und Diabetes haben kann.
Nutzen eines partiellen Dopaminagonisten: Kombination von Antagonismus und Agonismus:
Der Wirkmechanismus von Aripiprazol unterscheidet es von den derzeit verfügbaren Antipsychotika, die jeweils als
volle Antagonisten an Dopamin-D2-Rezeptoren wirken. Der Dopaminantagonismus im meso-limbischen System führt
zwar zu einer Besserung der Positiv-symptomatik, eine komplette Hemmung der Dopaminrezeptoren in den
nigrostriatalen und tuberoinfundibulären Bahnen wurde jedoch mit dem extrapyramidal-motorischen Syndrom (EPS)
bzw. mit einer Hyper-prolaktinämie in Zusammenhang gebracht. Als potenter partieller Agonist an D2-Rezeptoren hat
Aripiprazol antagonistische Wirkungen an D2-Rezeptoren unter hyperdopaminergen Bedingungen und eine
agonistische Wirkung bei einem Dopaminmangel. Aufgrund seiner potenten antagonistischen Wirkung in überaktiven
dopaminergen Bahnen kann Aripiprazol die Positivsymptomatik der Schizophrenie bessern, dies jedoch ohne die
unerwünschte Hemmung der dopaminergen Bahnen, die mit EPS und Hyperprolaktinämie zusammenhängen.
Außerdem kann die partiell agonistische Wirkung von Aripiprazol an D2-Rezeptoren in den mesokortikalen Bahnen
1/4
zu der verbesserten Wirksamkeit bei der Behandlung der negativen und kognitiven Symptome der Schizophrenie
beitragen.
Pharmakologie von Aripiprazol: Klinische Bedeutung:
Zusätzlich zu dem partiellen Agonismus an D2-Rezeptoren hat Aripiprazol auch eine Wirkung an serotonergen
Rezeptoren. Wie die derzeitige zweite Generation atypischer Antipsychotika ist Aripiprazol ein Antagonist an
5-HT2A-Rezeptoren. Aripiprazol weist auch partiell agonistische Eigenschaften an 5-HT1A-Rezeptoren auf. Der
partielle Agonismus an 5-HT1A-Rezeptoren wurde mit der anxiolytischen und antidepressiven Wirkung in
Zusammenhang gebracht und kann auch zu der Wirksamkeit des Medikaments bei der Behandlung kognitiver
Symptome beitragen. Aripiprazol hat unbedeutende Wirkungen auf die Histamin-H1-Rezeptoren sowie auf alphaund beta-adrenerge und cholinerge Rezeptoren.
Aripiprazol ist ein Stabilisator des Dopamin-Serotonin-Systems, der einen partiellen Agonismus an D2-Rezeptoren
und an 5-HT1A-Rezeptoren mit einem Antagonismus an 5-HT2A-Rezeptoren kombiniert. Dieses
pharmakodynamische Profil lässt auf verschiedene klinische Vorteile von Aripiprazol schließen; hierzu gehören eine
Besserung positiver, negativer und affektiver Symptome bei einem gleichzeitig minimalen Risiko für EPS,
Prolaktinanstieg, Wirkungen auf die kardiale Erregungsleitung, anticholinerge Nebenwirkungen, Gewichtszunahme
und damit verbundene endokrine Störungen.
Inwieweit entspricht das klinische Profil von Aripiprazol seinem außergewöhnlichen Wirkmechanismus bei dem die
Stabilisierung der dopaminergen und serotonergen Nervenbahnen eine Rolle spielt?
Wirksamkeit:
Aripiprazol ist ein Antipsychotikum der neuen Generation mit einem außergewöhnlichen Wirkmechanismus. Die
Wirksamkeit von Aripiprazol bei der Behandlung der Schizophrenie wurde in einem umfangreichen, klinischen
Studienprogramm untersucht, das Kurzzeit- und Langzeit-studien umfasste.
Kurzzeitdaten (4 bis 6 Wochen):
Insgesamt 1638 Patienten mit einem akuten Rückfall der Schizophrenie oder schizoaffektiven Störung wurden in fünf
kurzfristige, 4 bis 6 Wochen dauernde, randomisierte, doppelblinde, plazebokontrollierte Studien aufgenommen. Die
Aripiprazol-Tagesdosen lagen in einem
Bereich von 2 mg bis 30 mg. Vier der Kurzzeitstudien bezogen einen Verumkontrollarm mit Haloperidol oder
Risperidon ein. Bei Dosierungen von 15 mg und darüber war unter Aripiprazol konstant eine statistisch bessere
antipsychotische Wirksamkeit für alle Wirksamkeitsparameter (PANSS1-Gesamtscore, PANSS-Score für
Positivsymptomatik, PANSS-Score für Negativsymptomatik, CGI-S und CGI-I2) im Vergleich zu Plazebo
nachweisbar. Dosen mit 15, 20 und 30 mg/Tag Aripiprazol hatten eine vergleichbare Wirksamkeit. In Studien mit
Verumkontrollen waren die Besserungen gegenüber Plazebo unter effektiven Dosen von Aripiprazol (³15 mg)
denjenigen vergleichbar, die unter therapeutischen Dosen von Haloperidol oder Risperidon erreicht wurden. Eine
Metaanalyse der Kurzzeitstudien mit ergab bereits nach einer Therapiewoche signifikante Besserungen der Positivund Negativsymptomatik.
Langzeitdaten (26 bis 52 Wochen):
In drei randomisierten, doppelblinden Langzeitstudien wurde die Wirksamkeit von Aripiprazol auch bei einer
Langzeitbehandlung von Patienten mit Schizophrenie untersucht. Die Wirksamkeit von Aripiprazol zur Prävention von
Rückfällen wurde in einer multizentrischen, randomisierten, doppelblinden, 26-wöchigen Studie untersucht, in die 310
Patienten mit stabiler chronischer Schizophrenie (keine signifikante Besserung oder Verschlechterung während der
2/4
vorhergehenden 3 Monate) aufgenommen wurden. Die Patienten wurden randomisiert der Behandlung mit
Aripiprazol 15 mg/Tag oder Plazebo zugewiesen. Die Wirksamkeitsparameter umfassten die Zeitdauer bis zum
Rückfall, den PANSS-Gesamtscore und den CGI-Improvement-Score. Im Verlauf von 26 Wochen führte die Therapie
mit Aripiprazol dazu, dass bei signifikant weniger Patienten zu Studienende ein Rückfall aufgetreten war, verglichen
mit Plazebo. Die Zeitdauer bis zum Rückfall wurde in der Aripiprazol-Gruppe um das Zweifache signifikant
verlängert. Aripiprazol bewirkte auch eine signifikant stärkere Besserung des PANSS-Gesamtscores im Vergleich zu
Plazebo.
Die Aufrechterhaltung der Wirkung sowie die Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von Aripiprazol bei einer
Langzeittherapie wurden mit den entsprechenden Parametern für Haloperidol verglichen; der Vergleich erfolgte im
Rahmen einer Doppelblindstudie, in die 1294 Patienten mit akutem Rückfall einer chronischen Schizophrenie
aufgenommen wurden. Die Patienten wurden randomisiert der Therapie mit Aripiprazol 30 mg/Tag oder Haloperidol
10 mg/Tag zugewiesen. Bis Ablauf von 52 Wochen sprachen signifikant mehr Patienten in der Aripiprazol-Gruppe
auf die Therapie an, als Patienten, die der Behandlung mit Haloperidol zugewiesen worden waren. Außerdem
behielten signifikant mehr Patienten, die Aripiprazol erhielten, die Therapie bei. Bei den Patienten, die auf die
Therapie ansprachen, fand sich ein Trend zu einem größeren Rückfallrisiko in der Haloperidol-Gruppe. Aripiprazol
war vergleichbar mit Haloperidol in Bezug auf die Reduktion positiver Symptome und es war signifikant wirksamer,
was die Reduktion negativer und depressiver Symptome anbelangte.
Vergleich von Sicherheit und Verträglichkeit:
Die Behandlung mit manchen Antipsychotika wurde mit erheblichen Stoffwechselveränderungen in Zusammenhang
gebracht, darunter Gewichtszunahme, Dyslipidämie und Störungen des Glukosestoffwechsels. Diese Wirkungen
können das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und die Entwicklung eines Diabetes erhöhen. In Kurzzeitstudien
führte Aripiprazol zu einer minimalen Gewichtszunahme im Vergleich zu Plazebo. In Langzeitstudien war die
Gewichtsveränderung der unter Haloperidol vergleichbar. Die Wirkung von Aripiprazol auf die Plasmalipide war
neutral oder günstig, und es ergab sich kein Hinweis auf Beeinflussung des Glukosestoffwechsels.
Die Hyperprolaktinämie ist eine unerwünschte Wirkung, die mit dem Antagonismus an Dopamin-D2-Rezeptoren
zusammenhängt und daher bei Patienten unter der Therapie mit den derzeit verfügbaren Antipsychotika häufig
auftritt. Aripiprazol, ein partieller Agonist an D2-Rezeptoren, verursacht keine Hyperprolaktinämie. Die Therapie mit
Aripiprazol führt auch zu einer nur geringen Inzidenz einer Somnolenz. Außerdem wurde bei den mit Aripiprazol
behandelten Patienten weder nach einer Kurzzeittherapie noch nach einer Langzeittherapie eine signifikante
QTc-Verlängerung beobachtet.
Zusammenfassung:
Die Ergebnisse aus klinischen Kurzzeitstudien belegen, dass Aripiprazol ein wirksames Medikament zur Behandlung
von Patienten mit Schizophrenie oder schizoaffektiver Störung ist, wenn es in Dosierungen von 15, 20 oder 30
mg/Tag angewendet wird. Langzeitstudien belegen die Wirksamkeit von Aripiprazol bei der Rückfallprävention bei
stabilen Patienten und bei der langfristigen Aufrechterhaltung der therapeutischen Wirkung bei Patienten mit akuten
Exazerbationen der Schizophrenie. Das günstige Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil von Aripiprazol,
einschließlich des geringen Potenzials für EPS, Gewichtszunahme, Prolaktinanstieg, Somnolenz und
QTc-Verlängerung, weist darauf hin, dass mit Aripiprazol in der Pharmakologie ein bedeutender Schritt nach vorne
bei der Behandlung psychotischer Erkrankungen gemacht sein könnte.
(c) by 'medicinebook.de'
URL : http://www.medicinebook.de
3/4
Das Impressum finden Sie hier
4/4
Herunterladen