Einführung in die Astronomie und Astrophysik I Teil 4 Jochen Liske Hamburger Sternwarte [email protected] Themen Einstieg: Was ist Astrophysik? Koordinatensysteme Astronomische Zeitrechnung Sonnensystem Die Keplerschen Gesetze Strahlung Teleskope Sternaufbau Sternentstehung Sternentwicklung Sternhaufen Interstellare Materie Die Exoten: Neutronensterne und Schwarze Löcher Das Sonnensystem 1 Stern 8 Planeten 5 – 11 bekannte Zwergplaneten, insgesamt mehrere 100? 146 Monde um Planeten (+27 Kandidaten) + Monde um Zwergplaneten, Asteroiden, etc. Asteroiden Kometen Meteroiden Aktuelle Definitionen Definition der Internationalen Astronomischen Union (2006): The IAU therefore resolves that planets and other bodies in our Solar System, except satellites, be defined into three distinct categories in the following way: 1. A "planet" is a celestial body that (a) is in orbit around the Sun, (b) has sufficient mass for its self-gravity to overcome rigid body forces so that it assumes a hydrostatic equilibrium (nearly round) shape, and (c) has cleared the neighbourhood around its orbit. 2. A "dwarf planet" is a celestial body that (a) is in orbit around the Sun, (b) has sufficient mass for its self-gravity to overcome rigid body forces so that it assumes a hydrostatic equilibrium (nearly round) shape, (c) has not cleared the neighbourhood around its orbit, and (d) is not a satellite. 3. All other objects, except satellites, orbiting the Sun shall be referred to collectively as "Small Solar-System Bodies". Zwergplaneten Erst 2006 als Kategorie eingeführt, als Antwort auf die wachsende Zahl von kleineren Planeten Definition und Abgrenzung von Planet vs Zwergplanet sehr umstritten Konzentration auf Bahneigenschaften Nichteinbeziehung von physikalischen Eigenschaften, Entstehungsgeschichte Erster Zwergplanet schon 1801 entdeckt (Ceres, ein Asteroid) Offiziell 5 Zwergplaneten: 1 Asteroid, 4 TNOs (inkl. Pluto) Zwergplaneten Zwergplaneten Erst 2006 als Kategorie eingeführt, als Antwort auf die wachsende Zahl von kleineren Planeten Definition und Abgrenzung von Planet vs Zwergplanet sehr umstritten Konzentration auf Bahneigenschaften Nichteinbeziehung von physikalischen Eigenschaften, Entstehungsgeschichte Erster Zwergplanet schon 1801 entdeckt (Ceres, ein Asteroid) Offiziell 5 Zwergplaneten: 1 Asteroid, 4 TNOs (inkl. Pluto) Einige hundert bekannte Kandidaten Zwergplanet-Kandidaten Zwergplaneten Erst 2006 als Kategorie eingeführt, als Antwort auf die wachsende Zahl von kleineren Planeten Definition und Abgrenzung von Planet vs Zwergplanet sehr umstritten Konzentration auf Bahneigenschaften Nichteinbeziehung von physikalischen Eigenschaften, Entstehungsgeschichte Erster Zwergplanet schon 1801 entdeckt (Ceres, ein Asteroid) Offiziell 5 Zwergplaneten: 1 Asteroid, 4 TNOs (inkl. Pluto) Einige hundert bekannte Kandidaten Insgesamt könnte es > 1000 Zwergplaneten geben Asteroiden Hauptsächlich zwischen Mars und Jupiter 1 m – 1000 km Viele Familien von Objekten mit ähnlichen Bahnelementen Gesamtmasse = ~3 x 1021 kg = 0.04 MMond Überbleibsel aus der Entstehungsphase des Sonnensystems Jupiter verhinderte die Entstehung eine kleinen Planeten Keine einheitliche Zusammensetzung, viele Typen Kohlenstoffe, Silikate Viele sind nur Geröllhaufen z.T. differenziert Asteroiden Hauptsächlich zwischen Mars und Jupiter 1 m – 1000 km Viele Familien von Objekten mit ähnlichen Bahnelementen Gesamtmasse = ~3 x 1021 kg Überbleibsel aus der Entstehungsphase des Sonnensystems Jupiter verhinderte die Entstehung eine kleinen Planeten Keine einheitliche Zusammensetzung, viele Typen Kohlenstoffe, Silikate Viele sind nur Geröllhaufen z.T. differenziert Asteroiden Hauptsächlich zwischen Mars und Jupiter 1 m – 1000 km Viele Familien von Objekten mit ähnlichen Bahnelementen Gesamtmasse = ~3 x 1021 kg Überbleibsel aus der Entstehungsphase des Sonnensystems Jupiter verhinderte die Entstehung eines kleinen Planeten Keine einheitliche Zusammensetzung, viele Typen Kohlenstoffe, Silikate Viele sind nur Geröllhaufen z.T. differenziert Nomenklatur Asteroid: > ~1 m, innerhalb der Neptunbahn Meteoroid: kleiner als Asteroid, größer als Staub (keine scharfe Abgrenzung) Meteor (= „Sternschnuppe“): alles, was in die Atmosphäre eintritt Meteorit: alles, was es bis auf die Erdoberfläche schafft Kometen Eis-, Staub- und Gesteinsbrocken aus den äußeren Bereichen des Sonnensystems Ausgasen bei Annäherung an die Sonne: Kern (~1 – 10 km), Koma (~105-6 km), Schweif (~107 km) Oft 2 Schweife: Plasmaschweif (durch Sonnenwind) Staubschweif (durch Strahlungsdruck) Mehrere Bahnfamilien Kurzperiodische (P < 200 a, ekliptisch, aus dem Kuipergürtel?) Langperiodische (P > 200 a, isotrop, aus der Oortschen Wolke?) Kometen Eis-, Staub- und Gesteinsbrocken aus den äußeren Bereichen des Sonnensystems Ausgasen bei Annäherung an die Sonne: Kern (~1 – 10 km), Koma (~105-6 km), Schweif (~107 km) Oft 2 Schweife: Plasmaschweif (durch Sonnenwind) Staubschweif (durch Strahlungsdruck) Mehrere Bahnfamilien Kurzperiodische (P < 200 a, ekliptisch, aus dem Kuipergürtel?) Langperiodische (P > 200 a, isotrop, aus der Oortschen Wolke?) 2014: erste Landung auf einem Kometen durch Philae Rosetta Der Kuipergürtel Existenz als Überbleibsel der Entstehung des Sonnensystems und als Ursprung der Kometen 1943 vorhergesagt Gürtel von Objekten in 30 – 50 AU, Gesamtmasse ~100 x Asteroidengürtel Ca. 2000 KBOs bekannt Der Kuipergürtel Existenz als Überbleibsel der Entstehung des Sonnensystems und als Ursprung der Kometen 1943 vorhergesagt Gürtel von Objekten in 30 – 50 AU, Gesamtmasse ~100 x Asteroidengürtel Ca. 2000 KBOs bekannt Verschiedene Typen (Bahnelemente): Klassisch: 2/3 aller KBOs, z.B. Makemake Resonant (Plutinos): 1/3, z.B. Pluto Gestreut: durch Neptun(?), z.B. Eris, einzig dynamisch aktive Region Kometenquelle? Die Heliosphäre Durch Sonnenwind (= geladener Partikelstrom von der Sonne) erzeugte “Blase” in der umgebenen interstellaren Materie Heliopause = Grenze des Einflussbereichs des Sonnenwinds Die Heliosphäre Durch Sonnenwind (= geladener Partikelstrom von der Sonne) erzeugte “Blase” in der umgebenen interstellaren Materie Heliopause = Grenze des Einflussbereichs des Sonnenwinds Voyager 1 Die Oortsche Wolke Hypothetische Wolke von Objekten im Bereich (2 – 200) x 103 AU Objekte in der OW sind zu leuchtschwach noch nie beobachtet Als Quelle von langperiodischen, isotropen Kometen postuliert Äußerer Teil nur noch schwach an Sonne gebunden Vermutlich weiter innen entstanden, dann durch Gasriesen nach außen gestreut 1012 (?) Objekte > 1 km Gesamtmasse ~3 x 1025 (?) = 5 MErde Struktur des Sonnensystems Ëntfernungen logarithmisch! Nomenklatur – babylonische Verwirrung? Kleinkörper Asteroid TNO (Transneptunian Object) Kleinplanet Meteoroid Zwergplanet Meteorit Meteor Planetoid KBO (Kuiper Belt Object) Mond Komet Planet Exploration Zusammenfassung aller bisherigen Missionen: Credit: NASA Credit: NASA Credit: NASA Exploration Die wichtigsten Missionen der letzten Jahre: Mission Ziel Typ LRO / LCROSS Mond Orbiter / Einschlagsprojektil GRAIL Mond Orbiter MESSENGER Merkur Fly-by, Orbiter Venus Express Venus Orbiter Curiosity Mars Rover MRO Mars Orbiter Dawn Asteroiden Vesta, Ceres Orbiter Rosetta / Philae Komet 67P Orbiter / Lander Juno Jupiter Orbiter Cassini / Huygens Saturn / Titan Orbiter / Lander New Horizons Pluto, Charon, TNO Fly-by Exploration Ca. 20 aktive Missionen (April 2016): Das geozentrische Weltbild Im antiken Griechenland erdacht Erde im Mittelpunkt, umgeben von den konzentrisch angeordneten Sphären des Mondes, der Sonne, der Planeten und der Fixsterne Nah an der täglichen Erfahrung Entsprach der nicht beobachteten stellaren Parallaxe Ca. 1400 Jahre lang das vorherrschende Weltbild Das geozentrische Weltbild Herausforderung für das geozentrische Weltbild: die retrograde Bewegung der Planeten Das geozentrische Weltbild Herausforderung für das geozentrische Weltbild: die retrograde Bewegung der Planeten Das geozentrische Weltbild Erweiterung des geozentrischen Weltbildes durch Claudius Ptolomäus (100 – 160): Kreisbewegung der Planeten mit verschiedenen Zentren Epizyklen „Erklärt” Planetenbewegungen (inkl. retrograde) Beobachtungsdaten können einigermaßen reproduziert werden Das geozentrische Weltbild Erweiterung des geozentrischen Weltbildes durch Claudius Ptolomäus (100 – 160): Kreisbewegung der Planeten mit verschiedenen Zentren Epizyklen „Erklärt” Planetenbewegungen (inkl. retrograde) Beobachtungsdaten können einigermaßen reproduziert werden Allerdings nur mit weiteren, das Modell verkomplizierenden Annahmen Das heliozentrische Weltbild Bereits im antiken Griechenland diskutiert (Aristarchos von Samos, 310 – 230 v. Chr.) Wiederbelebung durch Nikolaus Kopernikus (1473 – 1543): Sonne im Mittelpunkt, Planeten auf Kreisbahnen Berechnung der Positionen der Planeten zwar nicht genauer, aber einfacher Galileo Galilei (1564 – 1642) Mitbegründer der modernen Physik Versuche zu Mechanik und Trägheit Mehrere Entdeckungen mit dem 1609 erfundenen Fernrohr, die das geozentrische Modell in Frage stellen: Monde des Jupiter Phasen der Venus Sonnenflecken Johannes Kepler (1571 – 1630) Kaiserlicher Hofmathematiker in Prag Widmete sich dem Problem der Nichtübereinstimmung von Langzeitbeobachtungen mit kopernikanischem Modell Verbesserung des heliozentrischen Modells mit Hilfe von Tycho Brahes (1546 – 1601) Beobachtungsdaten Kreisbahnen Ellipsen Keplersche Gesetze Die Keplerschen Gesetze 1. 2. 3. Die Umlaufbahn eines Planeten um die Sonne ist eine Ellipse mit der Sonne in einem der Brennpunkte. Die Verbindungslinie Sonne-Planet überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen. P2 ~ a3 Die Keplerschen Gesetze 1. 2. 3. Die Umlaufbahn eines Planeten um die Sonne ist eine Ellipse mit der Sonne in einem der Brennpunkte. Die Verbindungslinie Sonne-Planet überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen. P2 ~ a3 Ellipse Menge aller Punkte der Ebene, für die die Summe ihrer Entfernungen zu zwei gegebenen Punkten (F1, F2) gleich einer gegebenen Konstante ist. Ellipsengleichung: a, b = große, kleine Halbachse p = Halbparameter = b2 / a F1, F2 = Brennpunkte e = lineare Exzentrität = (a2 – b2)1/2 ε = numerische Exzentrizität = e / a Periapsisdistanz = a (1 – ε) Apoapsisdistanz = a (1 + ε) Polargleichung (bzgl. Brennpunkt): ε Ellipse Menge aller Punkte der Ebene, für die die Summe ihrer Entfernungen zu zwei gegebenen Punkten (F1, F2) gleich einer gegebenen Konstante ist. Ellipsengleichung: a, b = große, kleine Halbachse p = Halbparameter = b2 / a F1, F2 = Brennpunkte e = lineare Exzentrität = (a2 – b2)1/2 ε = numerische Exzentrizität = e / a Periapsisdistanz = a (1 – ε) Apoapsisdistanz = a (1 + ε) Polargleichung (bzgl. Brennpunkt): ε Die Keplerschen Gesetze Ursprünglich rein phänomenologische (d.h. von Beobachtungen abgeleitete) Gesetze Die Herleitung von physikalischen Gesetzen kam erst später Herleitung: Anwendung der Newtonschen Bewegungsgleichung und des Newtonschen Gravitationsgesetzes auf das 2-Körper-Problem Isaac Newton (1642 – 1726) Mitbegründer der modernen Physik Begründete mit seinen drei Newtonschen Gesetzen die klassischen Mechanik Entdecker des klassischen Gravitationsgesetzes Entwicklung der Infinitesimal-rechnung zeitgleich mit Leibniz Die Newtonschen Gesetze 1. Trägheitsprinzip: Kräftefreie Bewegung geradlinige Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit 2. Bewegungsgleichung: 3. Actio = Reactio: Das Newtonschen Gravitationsgesetz Die Kraft zwischen zwei punktförmigen Körpern der Mass m 1 und m2 ist gegeben durch: r = Verbindungvektor zwischen m1 und m2 G = Gravitationskonstante = 6.67259 x 10-11 m3 / kg / s2 Ableitung der Keplerschen Gesetze Ableitung der Keplerschen Gesetze Ableitung der Keplerschen Gesetze Ableitung der Keplerschen Gesetze Ableitung Keplersche Gesetze Die Lösung der Bewegungsgleichung sind die Kegelschnitte, 0 < ε < 1 : Ellipse ε=0 ε=1 ε>1 : Kreis : Parabel : Hyperbel wobei: Ableitung der Keplerschen Gesetze Ableitung der Keplerschen Gesetze Ableitung der Keplerschen Gesetze