Patienten nehmen gerne mal Therapieferien

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Rezidivierend compliant: Patienten nehmen gerne mal Therapieferien
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Ärzte Zeitung, 26.03.2014 05:47
Rezidivierend compliant
Patienten nehmen gerne mal Therapieferien
Patienten nehmen sich offenbar häufig Therapiepausen, kehren aber später wieder
zur empfohlenen Arzneitherapie zurück. Das zeigt eine neue Studie. Ärzte dürften
das mit gemischten Gefühlen sehen.
Von Ursula Armstrong und Hauke Gerlof
Alte Patienten mit Multi-Medikation stellen auch unter Compliance-Gesichtspunkten eine besonders große
Herausforderung dar.
© Scott Griessel/iStock/Thinkstock
NEU-ISENBURG. Mangelnde Compliance kann nicht nur den Erfolg einer Arzneimitteltherapie
schmälern oder verhindern, sie ist auch teuer, wenn Medikamente einfach entsorgt werden.
Ärzte verwenden deshalb viel Zeit darauf, Patienten zu unterstützen, Langzeittherapien
einzuhalten.
Dennoch scheint es um die Compliance schlecht bestellt. So heißt es wenigstens. Doch warum
ist das so? Liegt es an den Patienten, die nicht mitspielen und sich nicht überzeugen lassen?
Auch das hört man immer wieder. Oder ist vielleicht alles gar nicht so schlimm?
Dass Patienten nicht auf Dauer non-compliant sind, sondern häufig wieder zur Therapietreue
zurückkehren, darauf scheint eine neue Studie schließen zu lassen: Dr. Thomas Grimmsmann
vom MDK Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin und Professor Wolfgang Himmel vom Institut
für Allgemeinmedizin der Universität Göttingen haben die Daten von gut 9500 HypertoniePatienten ausgewertet und ihre Therapietreue über vier Jahre bewertet (ECJP 2014; 70(3):
295-301).
Datengrundlage waren anonymisierte Arzneimittelverordnungsdaten der AOK Nordost. Den
Patienten waren Betablocker, ACE-Hemmer oder Angiotensin-2-Antagonisten verordnet
worden.
Die Forscher hätten sich bewusst auf chronisch Kranke konzentriert, die eine lebenslange
Therapie brauchen, sagte Grimmsmann im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".
Denn gerade bei ihnen ist die Adhärenz wichtig. Und andererseits wird gerade solchen
Patienten häufig vorgeworfen, sich nicht an die ärztlichen Therapieempfehlungen zu halten.
Patienten haben eigenen Rhythmus
Doch Patienten haben ihren eigenen Rhythmus. Manche nähmen die Medikamente nicht ein,
wenn es ihnen gut geht, weil sie meinen, sie brauchen dann keine Pillen. Andere sähen das
genau umgekehrt: Sie ließen ihre Hochdruckmittel weg, wenn sie etwa erkältet sind und
andere Medikamente bekommen.
Wieder andere machten einen arzneifreien Urlaub. Oder sie vergessen einfach, ihre Pillen zu
nehmen. Weshalb auch immer: Therapiepausen seien häufig und offenbar ganz normales
Patientenverhalten.
03.04.2014 12:38
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Von dieser These sind Grimmsmann und Himmel ausgegangen. Sie wollten wissen, wie sich
solche Pausen auf die Gesamt-Therapietreue auswirken und haben den Einfluss von
unterschiedlich langen Therapiepausen - 180 Tage und 360 Tage, gemessen an eingelösten
Rezepten - untersucht.
Entscheidend war, dass die Patienten ihre Antihypertensiva nach der Pause wieder regelmäßig
einnahmen. Dann galten die Patienten in der Studie trotz der langen Arzneipausen noch als
therapietreu.
Die Ergebnisse: Bei einer erlaubten Pause von 180 Tagen konnten gut 40 Prozent der
Patienten als therapietreu über vier Jahre eingestuft werden. Das bedeutet, den Rest der vier
Jahre nahmen sie ihre Medikamenten regelmäßig ein, und das galt mehr oder weniger für alle
Klassen von Bluthochdruck-Arzneimitteln.
Wurde sogar eine Pause von 360 Tagen toleriert, galten um die 80 Prozent der Patienten als
langfristig therapietreu.
Kaum Therapie-Abbrecher
Es bleiben also mehr dabei, als man vielleicht erwartet hätte. "Einen end-gültigen Abbruch der
Therapie gab es nur selten", so Grimmsmann. Selbst nach einem Jahr Pause kehrten die
meisten Patienten zur empfohlenen Hochdrucktherapie zurück.
Weshalb das so war, ob das am schlechten Gewissen der Patienten lag, an der Intervention
ihrer Ärzte oder aber sogar nach einem medizinischen Notfall oder einer gravierenden
Verschlechterung des Zustands konnten die Forscher aus den Daten nicht ersehen.
Grimmsmanns Fazit: "Man sollte Patienten nicht generell unter Verdacht stellen. Patienten
scheinen stärker an einer Kontinuität in der Medikamenteneinnahme interessiert zu sein, als
häufig angenommen wird. Viele haben vielleicht nur einen an-deren Einnahme-Rhythmus, als
es sich Adhärenz-Forscher wünschen."
Ärzte dürften dieses Ergebnis mit gemischten Gefühlen sehen. Ziel einer evidenzbasierten
Therapie bleibt immer Compliance ohne Pausen, weil in den Therapiepausen bei HypertoniePatienten das Risiko einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes steigen könnte, vor
allem wenn der Blutdruck in den Pausen nicht überwacht wird.
Zudem gibt es Krankheitsbilder, bei denen Therapiepausen sofort dramatische medizinische
Folgen haben, etwa HIV oder zum Beispiel Krebs. Deshalb fügt der Forscher hinzu: "Unsere
Ergebnisse sind kein Plädoyer fürs Nichtstun." Ermutigend bleibt: Patienten, die temporär
non-compliant sind, lassen sich offenbar häufig überzeugen, wieder therapietreu zu werden.
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03.04.2014 12:38
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