CHRISTIAN-ALBRECHTS-UNIVERSITÄT ZU KIEL DIPLOM-PRÜFUNGSAMT der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät Studienbegleitende Klausur zur Vorlesung „Grundzüge der Mikroökonomischen Theorie“ Sommersemester 2008 1. August 2008 Dauer der Klausur: Erreichbare Punktzahl: 150 Minuten 120 Punkte MUSTERLÖSUNG Name: Matrikelnummer: Seite 2 von 11 Aufgabe 1 (4 Punkte) Ein durchschnittlicher Student konsumiert ausschließlich Kaffee und Bücher. Kaffee kostet 1,50 € pro Becher, Bücher jeweils 12 €. Wie groß ist seine Grenzrate der Substitution des Kaffees durch Bücher, wenn der Student seinen Nutzen maximiert? Grenzrate der Substitution des Kaffees durch Bücher: GRSBK GRSBK = − ∆x K p = B im Optimum ∆x B pK 12 = =8 15 Aufgabe 2 (10 Punkte) Die Nutzenfunktion eines Haushalts sei gegeben durch U ( x1 , x 2 ) = x1 + x 2 . Die Preise für 1 die beiden Güter seien p1 = und p2 = 2 . Das Einkommen sei I > 4. 4 a) Berechnen Sie den Anteil des Einkommens I, der im Optimum für das Gut x2 ausgegeben wird. Beachten Sie, dass dieser Anteil vom Einkommen abhängen kann. (6 Punkte) Optimum: GRS1,2 = ∂U / ∂x1 12 x1 = 1 ∂U / ∂x 2 −1 x1 2 = − 12 = p1 p2 p1 14 1 = = p2 2 8 1 ⇔ x1 = 4 ⇔ x1 = 16 4 I = p1 x1 + p2 x2 . Anteil des Einkommens, der für x2 ausgegeben wird: 1 ⋅ 16 p2 x2 I p1 x1 4 = − =1− 4 = 1− I I I I I Alternativ: direkt über Lagrange-Ansatz. p2 x2 I Name: Matrikelnummer: Seite 3 von 11 b) Wie groß ist der Grenznutzen des Einkommens? (4 Punkte) ( ) L = x1 + x2 − λ p1 x1 + p 2 x2 − I , ∂L 1 − 12 1! = x1 − λ ⋅ = 0 ∂x1 2 4 1 p1 = , p 2 = 2 4 (⇒ λ = 2 ⋅ 1 2 1 = = ) 16 4 2 ! ∂L 1 = 1− λ ⋅ 2=0 ⇒ λ = ∂x2 2 Der Grenznutzen des Einkommens entspricht dem Wert des LagrangeMultiplikators λ 1 λ = entspricht dem Grenznutzen des Einkommens. 2 Aufgabe 3 (12 Punkte) Die Präferenzen von Herrn Mehpieks können durch eine differenzierbare Nutzenfunktion wiedergegeben werden. Er ist im Jahr 2007 für insgesamt 400 € zu Normalpreisen Bahn gefahren. Er hätte sich auch für 100 € eine Bahncard 25 kaufen können, die ihm für alle Fahrten einen Preisnachlass von 25% erlaubt hätte. Wäre er besser gefahren? Begründen Sie. Sonstiges Bahnfahrten 400 Die Ausgaben für die Bahncard entsprechen Fixkosten reduzieren das verfügbare Einkommen um 25% ( Verschiebung der Budgetgeraden). Die „Gegenleistung ist eine Reduktion des Preises um 25%, so dass Herr Mehpieks durch die Preisreduktion für die Reduktion des Einkommens kompensiert würde. Jedoch ist der Preis für Bahnfahrten für ihn nun generell niedrig, so dass dieser Preis relativ zu allen anderen Preisen gesunken ist. Herr Mehpieks wird substituieren, indem er mehr Bahnfahrten und weniger „Sonstiges“ nachfragt, und so ein höheres Nutzenniveau erreicht. (Substitutionseffekt) Er wäre also besser gefahren. Anmerkung: Die Graphik dient hier lediglich zur Veranschaulichung, ging jedoch nicht in die Bewertung ein. Name: Matrikelnummer: Seite 4 von 11 Aufgabe 4 (16 Punkte) Gegeben ist eine Tauschökonomie mit den zwei Gütern Sekt (x) und Kaviar (y) und den beiden Herren B und R, deren Präferenzen durch die folgende Nutzenfunktion beschrieben werden: U i ( x, y ) = xi ⋅ y i , i = B, R. Die Anfangsausstattungen sind wB = (7,2) und wR = (3,8). a) Erläutern Sie kurz, was man unter einer pareto-optimalen Allokation versteht und welche Bedingungen eine solche Allokation erfüllen muss. (4 Punkte) Eine pareto-optimale Allokation ist eine Allokation, bei der es nicht möglich ist, einen Tauschpartner besser zu stellen, ohne einen anderen schlechter zu stellen. Bedingungen für eine pareto-optimale Allokation: Die Allokation ist zulässig und die Grenzraten der Substitution sind identisch, falls die Allokation nicht am Rand liegt, also von beiden Gütern positive Mengen konsumiert werden. b) Zeichnen Sie die oben genannte Situation möglichst genau in eine Edgeworth-Box. Beschriften Sie die Achsen. Stellen Sie hierbei Anfangsausstattung, Kontraktkurve und Kern der Tauschwirtschaft grafisch dar. (6 Punkte) Name: Matrikelnummer: Seite 5 von 11 c) Angenommen, Herr R hat die Möglichkeit, Herrn B ein Tauschangebot zu machen. Herr B lehnt ein Tauschangebot nur dann ab, wenn er sich bei Annahme schlechter stellen würde als mit der Anfangsausstattung. Zeichnen Sie ein, welches Angebot Herr R wählen würde, um seinen Nutzen zu maximieren. (6 Punkte) Aufgabe 5 (18 Punkte) Die Präferenzen von Norbert Neureich werden durch folgende Nutzenfunktion dargestellt: 1 x 2 U ( x) = . Er besitzt geerbten Schmuck im Wert von 45.000 Euro sowie andere 1000 sichere Vermögenswerte in Höhe von 36.000 Euro. Der Schmuck allerdings wird mit 1 Wahrscheinlichkeit gestohlen. 3 a) Wie hoch ist Norbert Neureichs erwarteter Nutzen? Wie hoch ist sein erwartetes Vermögen? (6 Punkte) erwartetes Vermögen: 2 1 E ( x) = ⋅ (45.000 + 36.000) + ⋅ (36.000) 3 3 = 54.000 + 12.000 = 66.000 Name: Matrikelnummer: Seite 6 von 11 Erwarteter Nutzen: 2 1 E[u ( x)] = ⋅ u (81.000) + ⋅ u (36.000) 3 3 2 1 = ⋅9 + ⋅6 = 6 + 2 =8 3 3 b) Prüfen Sie formal, ob Norbert Neureich risikoneutral, -avers oder -freudig ist. (4 Punkte) 1 x 2 u ( x) = 1000 −1 du ( x) 1 x 2 1 = >0 . dx 2 1000 1000 −3 d 2u ( x ) 1 x 2 1 <0 = − ⋅ 2 dx 4 1000 10002 risikoavers c) Wieviel würde Norbert Neureich maximal für einen Schmucksafe ausgeben, der die Diebstahlswahrscheinlichkeit auf Null zurückgehen lässt? (8 Punkte) Risikoprämie (RP) berechnen: RP = E(x) – SÄ [SÄ = Sicherheitsäquivalent] = 66.000 – SÄ Sicherheitsäquivalent (SÄ) führt zum gleichen Nutzenniveau wie die unsicheren Auszahlungen) Ansatz: U(SÄ) = E[U(x)] 1 SÄ 2 =8 1000 SÄ = 64 1000 SÄ = 64.000 SÄ in RP einsetzen RP = 66.000 – 64.000 = 2.000 Name: Matrikelnummer: Seite 7 von 11 Aufgabe 6 (6 Punkte) Die Kosten einer Reparaturwerkstatt seien durch die Kostenfunktion C (a ) = 4a 2 + 4 gegeben, wobei a die Anzahl zu reparierender Autos sei. Für welches a reparierter Autos werden die Durchschnittskosten minimiert? C (a) 4 = 4a + = AC = 4a + 4a −1 a a ! AC ' = 4 − 4a − 2 = 0 4 = 4 a −2 AC=MC a2 =1 a =1 Aufgabe 7 (20 Punkte) Die Technologie eines Unternehmens sei durch die folgende Produktionsfunktion wiedergegeben: F ( K , L) = 2 K + L mit Arbeitseinsatz L und Kapitaleinsatz K. Die Faktorpreise seien w (für Arbeit) und r (für Kapital). Der Outputpreis sei mit p und die Outputmenge mit q bezeichnet. a) Bestimmen Sie die Gleichung einer Isoquante für beliebiges q und zeichnen Sie für q = 1 und q = 2 die Isoquanten in das K-L-Diagramm. (6 Punkte) q = F ( K , L) = 2 K + L 2 q = 2K + L q2 L K= − 2 2 K Perfekte Substitute 3 2 1 _ q=2 _ q=1 1 2 3 4 L Name: Matrikelnummer: Seite 8 von 11 b) Zeichnen Sie für q = 2 und ein von Ihnen gewähltes Verhältnis der Inputpreise einen kostenminimalen Produktionsplan ein. (4 Punkte) q = 2 = 2K + L w =1 r optimaler Punkt: K=2, L=0 K 3 w/r = 1 2 1 1 2 3 4 L c) Nehmen Sie nun an, es gelte r / w < 2. Bestimmen Sie die bedingten Faktornachfragefunktionen für L und K . (Denken Sie dabei an Ihr Ergebnis aus Teil b)!) (4 Punkte) ∂F ( K , L) 1 = ∂K 2K + L ∂F ∂F ( K , L) 1 = ∂L 2 2K + L für GRTS: ∂F ∂K = 2 = konst. ∂L r < 2 : Kapital ist relativ produktiver L=0 w 2 Bedingte Faktornachfragen: q = 2 K q2 2 L( w, r , Q) = 0 K ( w, r , Q) = q =K 2 r <2 ∀ w, r mit w K ist 2mal produktiver als L, kostet aber weniger als 2L. Daher verzichten wir auf Arbeit und produzieren ausschließlich mit Kapital. Name: Matrikelnummer: Seite 9 von 11 d) Für r / w < 2 bestimmen Sie die Faktornachfragefunktion und die Angebotsfunktion des Unternehmens. (6 Punkte) Π ( p, w, r , K ) = p 2 K − rK ! 2 ∂Π =p − r =0 ∂K 2 2K p = 2K r p2 K ( p, r , w) = K = 2 2r L( p, r , w) = 0 (L=0) p2 p Angebot: Q = 2 K = 2 2 = r 2r Aufgabe 8 (19 Punkte) Der alleinige Anbieter von T-Shirts mit dem Logo der Uni Kiel operiert in einem Markt mit Nachfragefunktion P( y ) = 10 − 2 y. Die Produktionskosten seien C(y) = 4y² + 4. a) Berechnen Sie die optimale Produktionsmenge, den optimalen Preis, zu dem das Unternehmen die T-Shirts anbietet, den Gewinn sowie die Konsumentenrente. (5 Punkte) Monopolist maximiert Gewinn bei MR(y)=MC(y) [Grenzerlös=Grenzkosten] MR( y ) = P' ( y ) ⋅ y + P( y ) = − 2 ⋅ y + (10 − 2 y ) = 10 − 4 y MC ( y ) = 8 ⋅ y 10 − 4 y = 8 y ⇔ 10 y = 12 ⇔ y M = 5 / 6 (optimale Produktionsmenge) 5 ⇒ P M = 25 / 3 (optimaler Preis) 6 25 5 1 − C( y M ) = ⋅ − 4 ⋅ (5 / 6) 2 + 4 = ...= (Gewinn) 3 6 6 P( y M ) = 10 − 2 y M = 10 − 2 ⋅ π = PM ⋅ yM ( ) 25 5 25 CS = 0,5 ⋅ ( P(0) − P M ) ⋅ y M = 0,5 ⋅ 10 − ⋅ = ...= 3 6 36 (Konsumentenrente) b) Begründen Sie in einem Satz, warum der Grenzerlös kleiner ist als der Preis. (4 Punkte) Mögliche Antworten: - Monopolist hat Einfluss auf den Preis, bzw. Marktmacht, und ist Preisgeber (und nicht Preisnehmer wie im Wettbewerb) - Nachfragekurve ist nicht komplett elastisch, also fallend - Für jede weitere Einheit die der Monopolist anbietet, sinkt der Preis aller Einheiten (MR sinkt und ist nicht konstant wie im Wettbewerb) - π = P(Q ) ⋅ Q − C (Q ) π ' = {P'⋅Q + P(Q )} = C ' (Q ) ( MR = MC) Da P’ < 0 ist MR kleiner P Name: Matrikelnummer: Seite 10 von 11 c) Wie hoch wären Preis, Menge und Gewinn bei vollkommener Konkurrenz? Berechnen Sie den Verlust an Konsumentenrente, der durch das Monopol entsteht. (5 Punkte) P( y ) = MC ( y ) ⇔ 10 − 2 y = 8 y ⇔ y* = 1 P( y* ) = 10 − 2 ⋅ y* = 10 − 2 ⋅1 ⇒ P* = 8 Gewinn: π =0 (Nullgewinnbedingung oder π = 8 ⋅1 − (4 ⋅12 + 4) = 0) Veränderung der Konsumentenrente durch das Monopol: CS M − CS Konk CS Konk . = 0,5 ⋅ ( P(0) − P* ) ⋅ y* = 0, 5 ⋅ (10 − 8) ⋅1 = 1 ∆CS = CS M − CS Konk = 25 11 -1= [Verlust] 36 36 d) Zeichnen Sie eine Grafik, in der folgende Aspekte deutlich erkennbar sind: Nachfragefunktion, Grenzerlösfunktion, Grenzkostenfunktion, Monopol- und Wettbewerbspreis und die zugehörigen Mengen, sowie der Verlust an Konsumentenrente. (5 Punkte) P 10 MC(y) Pm = 8.3 P* = 8 D(P) bzw. P(y) MR(y) QM = 0.83 QC =1 2,5 5 y Name: Matrikelnummer: Seite 11 von 11 Aufgabe 9 (15 Punkte) Die Fernsehsender „LTR“ und „Contra 8“ stehen vor der Entscheidung, welchen Themenschwerpunkt sie in ihren Nachrichten setzen wollen. Nehmen Sie an, dass beide Sender den gesamten Markt für Fernsehnachrichten unter sich aufteilen. Folgendes ist für beide Sender verfügbare Information: Der Anteil p der Fernsehzuschauer bevorzugt den Themenschwerpunkt „Boulevard“ und schaltet nur dann ein, wenn „Boulevard“ gesendet wird. Umgekehrt schaltet der Zuschaueranteil 1-p nur dann ein, wenn der Themenschwerpunkt „Politik“ ist. Setzen beide Sender den gleichen Schwerpunkt, so teilen sich die Zuschauer je zur Hälfte auf. Über die Schwerpunktsetzung entscheiden beide Sender simultan. a) Die Auszahlung eines Senders entspreche seinem Marktanteil am Markt für Fernsehnachrichten. Füllen Sie folgende Tabelle aus (5 Punkte). Contra 8 Boulevard Politik p/2, p/2 p, 1-p 1-p, p (1-p)/2, (1-p)/2 LTR Boulevard Politik b) Bestimmen Sie das (die) Nash-Gleichgewicht(e), wenn p = 0,8 (4 Punkte). Es gibt genau ein Nash-Gleichgewicht: 0,4 ; 0,4 0,8 ; 0,2 (Boulevard, Boulevard). 0,2 ; 0,8 0,1 ; 0,1 Nehmen Sie nun alternativ an, die Schwerpunktsetzung erfolge nicht simultan, sondern „LTR“ entscheide zuerst über sein Programm und „Contra 8“ reagiere darauf. c) Zeichnen Sie den Spielbaum für dieses sequenzielle Spiel im Falle von p = 0,6 (4 Punkte). Boulevard Boulevard B A Politik Boulevard Politik B Politik (0,3/0,3) (0,6/0,4) (0,4/0,6) (0,2/0,2) d) Bestimmen Sie das teilspielperfekte Nash-Gleichgewicht (2 Punkte). (Boulevard; {Politik|Boulevard, Boulevard|Politik}) LTR wählt also Boulevard und Contra 8 Politik.