Ritual plötzlich Zwang wird - Kantonale Psychiatrische Dienste

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Datum: 16.03.2017
Hauptausgabe
Wiler Nachrichten / Wil
9500 Wil SG
071/ 913 80 10
www.wiler-nachrichten.ch
Medienart: Print
Medientyp: Tages- und Wochenpresse
Auflage: 24'047
Erscheinungsweise: wöchentlich
Themen-Nr.: 531.008
Abo-Nr.: 531008
Seite: 5
Fläche: 84'646 mm²
Wenn aus ungefährlichem
Ritual plötzlich Zwang wird
In der Schweiz erleiden ein bis
drei Prozent der Bevölkerung
im Laufe ihres Lebens eine
Zwangsstörung. Urs Braun,
Leitender Psychologe bei den
St.Gallischen Kantonalen Psychiatrischen Diensten - Sektor
Nord, behandelt derzeit rund
30 Patienten wegen ihrer
Zwänge - und jeden Monat
kommen neue dazu.
Wi 1 Welche verschiedenen Arten
von Zwängen gibt es?
Die Palette, wenn es um Zwänge
geht, ist breit. Aus nahezu allem für Nicht-Betroffene oft scheinbar
beiläufigen, alltäglichen Handlungen - kann sich ein Zwang entwickeln. Eine Patientin hat etwa einen Waschzwang, der in einem solchen Ausmass besteht, dass sich die
Haut durch das unaufhörliche Wa-
schen beginnt ab den Fingern zu
schälen. Auch eine übermässige
Ordnungsliebe, dass beispielsweise
in der Wohnung alles im rechten
Wickel ausgerichtet sein muss, kann
zwanghafte Züge annehmen.
viele Menschen leiden
schweizweit an einer Zwangsstörung?
Wie
Statistiken zufolge erkranken ein bis
drei Prozent der Schweizer im Lauf
ihres Lebens einmal an einer
Zwangsstörung.
Urs Braun, Leitender Psychologe an der Psychiatrischen Klinik Wil, behandelt seit 20 Jahren Menschen mit Zwangsstärungen.
Wie viele Patienten werden in der
Psychiatrischen Klinik Wil wegen
einer Zwangsstörung behandelt?
Derzeit haben wir rund 30 Patien-
lung mit einem Zwangsgedanken.
Der Gedanke löst beim Patienten ei-
ne Unruhe oder gar Unsicherheit
aus, die nur durch die Handlung beten wegen Zwangsstörungen in Be- ruhigt werden kann. Es kommt aber
handlung. Jeden Monat kommen auch vor, dass Zwänge sich nur im
Kopf abspielen. Retrospektiv beetwa drei neue Patienten dazu.
richten einige Patienten, dass schon
Kann jeder Mensch eine Zwangs- in ihrer Jugend einmal Zwangssymptome auftraten. Häufig verstörung erleiden?
Theoretisch ja. Wenn ich unter- schwinden diese aber wieder. Bei
wegs bin, fallen mir immer wieder den meisten Patienten, die wir beMenschen auf, die typische Symp- handeln, haben die Symptome zwitome für eine angehende Zwangs- schen dem 20. und 30. Lebensjahr
störung aufweisen. Vielen sind die- ein krankhaftes Mass angenom-
se zwangsähnlichen Handlungen men. Auslöser dafür sind, wie bei
anderen psychischen Erkrankunanfänglich nicht bewusst.
eine Lebenskrise oder ÜberWo nehmen Zwänge ihren An- gen,
gänge
in der Lebensgeschichte.
fang?
Oftmals beginnt eine Zwangshand-
Medienbeobachtung
Medienanalyse
Informationsmanagement
Sprachdienstleistungen
Worin liegt die Ursache für eine
ARGUS der Presse AG
Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich
Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01
www.argus.ch
Argus Ref.: 64644986
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Zwangsstörung?
Zwangsstörungen werden mit sehr
unterschiedlichen Modellen erklärt. Meistens geht einer Zwangs-
Zwangsstörungen
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erkannt, aber nicht aufgeben zu wollen, da
wenn sich der Patient wegen einer der Zwang dem Betroffenen eine
aus dem Zwang heraus resultieren- vermeintliche Sicherheit gibt. Auf
den sekundären depressiven Stö- eben diese wollen Betroffene oft
handlung oder einem Zwangsge- rung in ärztliche Obhut begibt.
nicht verzichten.
danken eine Angst oder Unsicherheit voraus. Es gibt aber auch eini- Welcher Zusammenhang besteht Wann ist eine Therapie erfolgge Patienten, die eine Zwangsstö- zwischen
Depression
und reich?
rung infolge eines Traumas entwickeln. Dem Zwang nachzugeben,
gibt dem Betroffenen ein kurzfristiges, positives Gefühl und lenkt als
Scheinlösung von den eigentlichen
Problemen ab. In der Regel ist die
Entwicklung von Zwängen schleichend, zu Beginn sind es einzelne
Menschen, die an einem Zwang leiZwangsstörung?
Patienten mit Zwangsstörungen den, sehen sich mit einer langwieversuchen über lange Zeit, ein rigen Erkrankung konfrontiert. In
scheinbar normales Leben weiter zu erster Linie ist das Ziel, mit der Beführen. Die Belastung durch das handlung eine Invalidität des PatiZwangsverhalten und der hohe Auf- enten wegen seines Zwangs zu verwand trotz allem etwa einem nor- hindern. Sollte bereits eine Invalimalen Berufsalltag nachzugehen, dität bestehen, zielt die Behandkleine Rituale oder «Mödeli», die mit führt über kurz oder lang in die Er- lung auf eine Rückführung in das
der Zeit immer mehr Raum im Le- schöpfung und depressive Verstim- Berufsleben ab. Generell gilt, je früben des Betroffenen einnehmen.
mung. Statistiken zufolge sahen sich her eine Zwangsstörung erkannt
60 bis 70 Prozent der Menschen mit wird, umso grösser sind dann die ErWelchen Einfluss hat ein Zwang auf einer Depression zuvor mit einer folgschancen bei einer Therapie.
die Lebensqualität eines Betrof- Zwangsstörung konfrontiert.
fenen?
Da Zwänge mit der Zeit tendenziell Unabhängig von der ZwangsstöZwänge: Referat am Montag
immer stärker und häufiger aufzu- rung: Wie ist der Therapieansatz?
Die Vortragsreihe «Referat am
treten, rauben sie über kurz oder lang Zuerst muss mit dem Patienten ein
Montag» wird jährlich achtmal in
dem Patienten immer mehr die Verständnis seiner individuellen
Wil
und St.Gallen abgehalten. Der
Energie. Dabei verliert der Betrof- Problemgeschichte erarbeitet werFokus
liegt dabei auf der psychifene zunehmend an Kompetenz in den. Dann werden die therapeutischen Gesundheit. So auch komBeruf und Beziehungsgestaltung, da schen Massnahmen erörtert und die
menden Montag, 20. März in
er all seine Energie in das Ausüben Therapieziele festgelegt. Ein zentSt.Gallen und 27. März in Wil. Urs
des Zwangsverhaltens steckt.
raler Teil der Therapie ist die ExBraun, Leitender Psychologe bei
position und Reaktionsverhindeden St.Gallischen Kantonalen
Weshalb ist es so schwierig, eine rung. Dabei exponiert sich der PaPsychiatrischen Diensten - Sektor
Zwangsstörung zu erkennen?
tient seinen Ängsten mit dem Ziel
Nord, wird jeweils ab 19.30 Uhr
Da Menschen mit Zwangsstörun- unangenehme Gefühle und Ängste,
unter dem Titel «Wenn Zwänge
gen erkennen, dass ihr Zwangsver- auch ohne Zwänge abschwächen zu
das Leben beherrschen» zum
halten unsinnig ist, sich trotzdem können. Diese Erfahrung muss so
Thema Zwänge referieren. Für die
aber gezwungen fühlen, ihren lange wiederholt werden, bis der
Teilnahme am Vortrag im BahnZwänge nachzugehen, versuchen Patient im Alltag zur Beruhigung
hofsgebäude St.Gallen und im
sie, ihr Verhalten oft aus Scham zu nicht mehr auf Zwänge zurückgreiHörsaal der Psychiatrischen Klinik
verheimlichen. Deswegen begeben fen muss.
Wil bedarf es keiner Anmeldung.
sich Betroffene meist lange nicht in Worin besteht die Schwierigkeit
Behandlung oder sprechen beim bei der Behandlung einer ZwangsBehandelnden nicht über ihre störung?
Zwänge. In Folge werden Zwangs- Viele Patienten kommen zur Thestörungen oft selten oder erst spät rapie mit dem Wunsch, alle negadiagnostiziert. Im Schnitt bleiben tiven Auswirkungen der Zwänge
Zwangssymptome bis zu zehn Jah- loszuwerden, das Zwangsverhalten
re unbehandelt. Oft werden
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