72 Krebs in Deutschland | Vulva 3.14 Vulva Tabelle 3.14.1 Übersicht über die wichtigsten epidemiologischen Maßzahlen für Deutschland, ICD-10 C51 2009 2010 Prognose für 2014 Frauen Frauen Frauen 2.950 3.190 4.000 rohe Erkrankungsrate1 7,1 7,7 9,8 standardisierte Erkrankungsrate1,² 4,3 4,6 5,8 mittleres Erkrankungsalter3 72 72 Neuerkrankungen Sterbefälle 768 749 rohe Sterberate1 1,8 1,8 standardisierte Sterberate1,2 0,9 0,8 9.700 10.500 5-Jahres-Prävalenz absolute 5-Jahres-Überlebensrate (2009-2010)4 relative 5-Jahres-Überlebensrate (2009-2010) 4 60 (52-65) 71 (62-79) 1 je 100.000 Personen 2 altersstandardisiert nach alter Europabevölkerung 3 Median 4 in Prozent (niedrigster und höchster Wert der einbezogenen Bundesländer) Epidemiologie Risikofaktoren und Prävention In den letzten Jahren wurde in Deutschland ein deutlicher Anstieg der Vulvakarzinome (Scheidentumoren) beobachtet, ein Anlass, diese Krebslokalisation neu in die Broschüre aufzunehmen. Es erkrankten im Jahr 2010 etwa 3.200 Frauen an diesem Karzinom. Noch vor zehn Jahren lag die Zahl bei weniger als der Hälfte der Fälle. Auch die Sterberaten steigen – gegenläufig zu den Sterberaten der meisten anderen gynäkologischen Tumoren – in den letzten Jahren leicht an. Zuletzt starben etwa 750 Frauen jährlich an dieser Erkrankung. Besonders jüngere Frauen sind von dem Anstieg der Erkrankungsraten betroffen, wobei die größte Krankheitslast noch immer bei Frauen über 70 Jahre liegt. Das mittlere Erkrankungsalter an der invasiven Form beträgt 72 Jahre. Die relative 5-Jahres-Überlebensrate nach der Diagnose eines bösartigen Vulvatumors liegt bei 71 %. Die überwiegende Zahl der invasiven Karzinome wird noch in einem Tumorstadium mit geringer Ausdehnung (T1) diagnostiziert, wovon allerdings etwa jede fünfte Frau bereits einen Lymphknotenbefall aufweist. Deutliche regionale Unterschiede bestehen sowohl in der Inzidenz als auch in der Mortalität. Das Saarland führt den Bundesländervergleich für beide Raten mit einigem Abstand an. Bei weitgehend vergleichbaren Sterberaten liegt die Neuerkrankungsrate in Deutschland höher als in den Nachbarländern, wobei Vergleichszahlen nicht überall verfügbar waren. Die meisten Karzinome der Vulva sind Plattenepithelkarzinome (etwa 90 %). Bei diesen Karzinomen werden zwei Typen unterschieden: nichtverhornende und verhornende Plattenepithelkarzinome. Erstere gehen mit einer chronischen Infektion mit humanen Papillomviren (HPV) einher, die verhornenden Karzinome entstehen HPV-unabhängig. HPV-abhängige Vulvakarzinome und deren Vorstufen (uVIN, klassische (usual) vulväre intraepitheliale Neoplasie) treten meist bei jüngeren Frauen auf (mittleres Alter etwa 55 Jahre). HPV-unabhängige Karzinome kommen dagegen vor allem bei älteren Frauen vor (mittleres Alter etwa 70 Jahre), sie sind der häufigste Typ des Vulvakarzinoms (65 % bis 80 % der Fälle). Für diesen Karzinomtyp und dessen Vorstufen (differenzierte VIN, dVIN) sind insbesondere degenerative und chronisch entzündliche Hauterkrankungen, wie Lichen sclerosus, ein wichtiger Risikofaktor. Als weitere Risikofaktoren gelten Rauchen und Alkoholmissbrauch. Eine langanhaltende Immunsuppression, z.B. nach Organtransplantation oder bei HIV-Erkrankung, kann eine Infektion mit HPV begünstigen und so das Risiko erhöhen. Auch Krebserkrankungen im Genitalbereich und deren Vorstufen, zum Beispiel Gebärmutterhalskrebs, stellen einen Risikofaktor für das Vulvakarzinom dar. Insbesondere HPV-bedingte Vorstufen des Vulvakarzinoms nehmen in den letzten Jahren zu. Bei diesen Vorstufen und Karzinomen gilt die HPV-Impfung als mögliche Prävention. ICD-10 C51 | Krebs in Deutschland 73 Abbildung 3.14.1a Altersstandardisierte Erkrankungs- und Sterberaten, ICD-10 C51, Deutschland 1999 – 2010 je 100.000 (Europastandard) Abbildung 3.14.1b Absolute Zahl der Neuerkrankungs- und Sterbefälle, ICD-10 C51, Deutschland 1999 – 2010 10 5.000 9 4.500 8 4.000 7 3.500 6 3.000 5 2.500 4 2.000 3 1.500 2 1.000 1 500 1998 2000 2002 Erkrankungsrate: Sterberate: 2004 2006 2008 2010 Frauen Frauen 1998 2000 2002 Neuerkrankungen: Sterbefälle: 2004 2006 2008 2010 Frauen Frauen Abbildung 3.14.2 Altersspezifische Erkrankungsraten, ICD-10 C51, Deutschland 2009 – 2010 je 100.000 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0–4 5–9 Frauen 10–14 15–19 20–24 25–29 30–34 35–39 40–44 45–49 50–54 55–59 60–64 65–69 70–74 75–79 80–84 85+ Altersgruppe 74 Krebs in Deutschland | Vulva Tabelle 3.14.2 Erkrankungs- und Sterberisiko in Deutschland nach Alter, ICD-10 C51, Datenbasis 2010 Erkrankungsrisiko Männer Frauen im Alter von Sterberisiko in den nächsten 10 Jahren jemals in den nächsten 10 Jahren jemals 35 Jahren <0,1 % (1 von 2.800) 0,6 % (1 von 160) <0,1 % (1 von 48.000) 0,2 % (1 von 630) 45 Jahren 0,1 % (1 von 1.700) 0,6 % (1 von 170) <0,1 % (1 von 22.000) 0,2 % (1 von 630) 55 Jahren 0,1 % (1 von 1.200) 0,5 % (1 von 190) <0,1 % (1 von 8.100) 0,2 % (1 von 640) 65 Jahren 0,2 % (1 von 660) 0,5 % (1 von 210) <0,1 % (1 von 3.400) 0,2 % (1 von 660) 75 Jahren 0,2 % (1 von 450) 0,4 % (1 von 280) 0,1 % (1 von 1.500) 0,1 % (1 von 720) Lebenszeitrisiko 0,6 % (1 von 160) 0,2 % (1 von 630) Abbildung 3.14.3 Verteilung der T-Stadien bei Erstdiagnose (oben: inkl. fehlender Angaben und DCO-Fälle; unten: nur gültige Werte) ICD-10 C51, Deutschland 2010 keine Angaben DCO 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % T1 Frauen 87 % Abbildung 3.14.4a Absolute Überlebensraten bis 5 Jahre nach Erstdiagnose, ICD-10 C51, Deutschland 2009 – 2010 100 100 80 80 60 60 40 40 20 20 1 Frauen 2 T3 T4 Abbildung 3.14.4b Relative Überlebensraten bis 5 Jahre nach Erstdiagnose, ICD-10 C51, Deutschland 2009 – 2010 Prozent 0 T2 10 % 3 % 3 4 5 Jahre Prozent 0 1 Frauen 2 3 4 5 Jahre ICD-10 C51 | Krebs in Deutschland 75 Abbildung 3.14.5 Erfasste altersstandardisierte Neuerkrankungs- und Sterberaten in den Bundesländern, ICD-10 C51, 2009 – 2010 je 100.000 (Europastandard) Frauen Saarland Schleswig-Holstein Hamburg Nordrhein-Westfalen Bremen Deutschland Niedersachsen Hessen Rheinland-Pfalz Berlin Brandenburg Bayern Sachsen Meckl.-Vorpom. Sachsen-Anhalt Thüringen Inzidenz vollzählig Inzidenz <90% erfasst Mortalität Baden-Württemberg 0 2 4 6 8 10 12 Abbildung 3.14.6 Altersstandardisierte Neuerkrankungs- und Sterberaten im internationalen Vergleich, ICD-10 C51, 2009 – 2010 oder letztes verfügbares Jahr (Einzelheiten und Datenquellen s. Anhang) je 100.000 (Europastandard) Frauen Deutschland Dänemark ¹ Niederlande Finnland ¹ Großbritannien 4 Tschechien Schweden ¹ Belgien ² USA Österreich Polen Schweiz ³ Inzidenz Mortalität Frankreich ³ 0 2 4 6 8 10 ¹ mit C52, C57.7, C57.8 und C57.9 ² keine vergleichbaren Angaben zur Mortalität ³ keine vergleichbaren Angaben 4 Angaben zur Mortalität für 2008 12