78 Krebs in Deutschland Vulva 3.15 Vulva Tabelle 3.15.1 Übersicht über die wichtigsten epidemiologischen Maßzahlen für Deutschland, ICD-10 C51 Neuerkrankungen 2011 2012 Prognose für 2016 Frauen Frauen Frauen 3.160 3.190 4.400 rohe Erkrankungsrate1 7,7 7,7 10,6 standardisierte Erkrankungsrate1,2 4,6 4,5 6,1 mittleres Erkrankungsalter3 72 72 860 827 2,1 2,0 Sterbefälle rohe Sterberate1 standardisierte Sterberate1,2 5-Jahres-Prävalenz absolute Überlebensrate (2011 – 2012)4 relative Überlebensrate (2011 – 2012)4 1,0 0,9 10.900 11.200 nach 5 Jahren nach 10 Jahren 59 (47 – 70) 44 (32 – 53) 70 (58 – 81) 64 (50 – 89) 1 je 100.000 Personen 2 altersstandardisiert nach alter Europabevölkerung 3 Median 4 in Prozent (niedrigster und höchster Wert der einbezogenen Bundesländer) Epidemiologie Risikofaktoren und Prävention In den letzten Jahren wurde in Deutschland ein deutlicher Anstieg der bösartigen Scheidentumoren (Vulvakarzinome) beobachtet. Es erkrankten im Jahr 2012 etwa 3.200 Frauen an diesem Karzinom. Noch vor zehn Jahren lag die Zahl bei weniger als der Hälfte der Fälle. Auch die Sterberaten steigen – gegenläufig zu den Sterberaten der meisten anderen gynäkologischen Tumoren – in den letzten Jahren leicht an. Zuletzt starben etwa 830 Frauen jährlich an dieser Erkrankung. Besonders jüngere Frauen sind von dem Anstieg der Erkrankungsraten betroffen, wobei die größte Krankheitslast noch immer bei Frauen über 70 Jahren liegt. Das mittlere Erkrankungsalter an der invasiven Form beträgt 72 Jahre. Die relative 5-JahresÜberlebensrate nach der Diagnose eines bösartigen Vulvatumors liegt bei 70 %. Die überwiegende Zahl der invasiven Karzinome wird noch in einem Tumorstadium mit geringer Ausdehnung (T1) diagnostiziert, wovon allerdings etwa jede fünfte Frau bereits einen Lymphknotenbefall aufweist. Deutliche regionale Unterschiede bestehen sowohl in der Inzidenz als auch in der Mortalität. Das Saarland weist aktuell im Bundesländervergleich die höchste Erkrankungsrate auf. Bei international weitgehend vergleichbaren Sterberaten liegt die Neuerkrankungsrate in Deutschland höher als in den Nachbarländern, wobei Vergleichszahlen nicht überall verfügbar waren. Die meisten Karzinome der Vulva sind Plattenepithelkarzinome (etwa 90 %). Bei diesen Karzinomen werden zwei Typen unterschieden: nichtverhornende und verhornende Plattenepithelkarzinome. Nicht verhornende Vulvakarzinome und ihre Vorstufen (klassische (usual) vulväre intraepitheliale Neoplasie, uVIN) gehen mit einer chronischen Infektion mit humanen Papillomviren (HPV) einher. Sie betreffen meist jüngere Frauen. Die verhornenden Vulvakarzinome entstehen HPV-unabhängig vor allem bei älteren Frauen. Für diesen häufigsten Karzinomtyp (65 bis 80 %) und seine Vorstufen (differenzierte vulväre intraepitheliale Neoplasie, dVIN) sind insbesondere degenerative und chronisch entzündliche Hauterkrankungen, wie Lichen sclerosus, ein wichtiger Risikofaktor. Als weitere Risikofaktoren des Vulvakarzinoms gelten Rauchen und übermäßiger Alkoholgenuss. Eine langanhaltende Immunsuppression, z. B. nach Organtransplantation oder bei HIV-Erkrankung, kann eine Infektion mit HPV begünstigen und so das Risiko erhöhen. Auch Krebserkrankungen im Genitalbereich und deren Vorstufen, zum Beispiel Gebärmutterhalskrebs, stellen einen Risikofaktor für das Vulvakarzinom dar. Insbesondere HPV-bedingte Vorstufen des Vulvakarzinoms nehmen in den letzten Jahren zu. Bei diesen Vorstufen und Karzinomen gilt die HPV-Impfung als mögliche Prävention. ICD-10 C51 Krebs in Deutschland Abbildung 3.15.1a Altersstandardisierte Erkrankungs- und Sterberaten, ICD-10 C51, Deutschland 1999 – 2012 je 100.000 (Europastandard) Abbildung 3.15.1b Absolute Zahl der Neuerkrankungs- und Sterbefälle, ICD-10 C51, Deutschland 1999 – 2012 10 5.000 9 4.500 8 4.000 7 3.500 6 3.000 5 2.500 4 2.000 3 1.500 2 1.000 1 500 1998 2000 2002 Erkrankungsrate: Sterberate: 2004 2006 2008 2010 2012 Frauen Frauen 1998 2000 2002 Neuerkrankungen: Sterbefälle: 2004 2006 2008 2010 2012 Frauen Frauen Abbildung 3.15.2 Altersspezifische Erkrankungsraten, ICD-10 C51, Deutschland 2011 – 2012 je 100.000 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0–4 5–9 Frauen 10–14 15–19 20–24 25–29 30–34 35–39 40–44 45–49 50–54 55–59 60–64 65–69 70–74 75–79 80–84 85+ Altersgruppe 79 80 Krebs in Deutschland Vulva Tabelle 3.15.2 Erkrankungs- und Sterberisiko in Deutschland nach Alter, ICD-10 C51, Datenbasis 2012 Erkrankungsrisiko Frauen im Alter von jemals in den nächsten 10 Jahren 35 Jahren <0,1 % (1 von 3.300) 0,6 % 45 Jahren 0,1 % (1 von 1.900) 55 Jahren 0,1 % (1 von 1.100) 65 Jahren 0,1 % (1 von 690) 75 Jahren 0,2 % (1 von 440) Lebenszeitrisiko Sterberisiko jemals in den nächsten 10 Jahren (1 von 160) <0,1 % (1 von 47.300) 0,2 % (1 von 570) 0,6 % (1 von 170) <0,1 % (1 von 15.700) 0,2 % (1 von 580) 0,5 % (1 von 180) <0,1 % (1 von 8.900) 0,2 % (1 von 590) 0,5 % (1 von 210) <0,1 % (1 von 3.200) 0,2 % (1 von 600) 0,4 % (1 von 270) 0,1 % (1 von 1.300) 0,6 % (1 von 160) 0,2 % (1 von 650) 0,2 % (1 von 580) Abbildung 3.15.3 Verteilung der T-Stadien bei Erstdiagnose (oben: inkl. fehlender Angaben und DCO-Fälle; unten: nur gültige Werte) ICD-10 C51, Deutschland 2011 – 2012 keine Angaben 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% DCO T1 Frauen 87% T2 T3 T4 9% 4% Abbildung 3.15.4a Absolute Überlebensraten bis 10 Jahre nach Erstdiagnose, ICD-10 C51, Deutschland 2011 – 2012 Abbildung 3.15.4b Relative Überlebensraten bis 10 Jahre nach Erstdiagnose, ICD-10 C51, Deutschland 2011 – 2012 100 100 Prozent 80 80 60 60 40 40 20 20 0 2 Frauen 4 6 8 10 Jahre Prozent 0 2 Frauen 4 6 8 10 Jahre ICD-10 C51 Krebs in Deutschland Abbildung 3.15.5 Erfasste altersstandardisierte Neuerkrankungs- und Sterberaten in den Bundesländern, ICD-10 C51, 2011 – 2012 je 100.000 (Europastandard) Frauen Saarland Schleswig-Holstein Hamburg Nordrhein-Westfalen Bremen Niedersachsen Rheinland-Pfalz Hessen Deutschland Berlin Brandenburg Thüringen Bayern Sachsen Mecklenburg-Vorpommern Inzidenz vollzählig Inzidenz <90% erfasst Mortalität Baden-Württemberg Sachsen-Anhalt 0 2 4 6 8 10 12 Abbildung 3.15.6 Altersstandardisierte Neuerkrankungs- und Sterberaten im internationalen Vergleich, ICD-10 C51, 2011 – 2012 oder letztes verfügbares Jahr (Einzelheiten und Datenquellen s. Anhang) je 100.000 (Europastandard) Frauen Deutschland Dänemark¹ Finnland¹ Niederlande Tschechien Großbritannien Schweden¹ Belgien² USA Österreich Polen³ Schweiz³ Inzidenz Mortalität Frankreich³ 0 1 2 4 6 Angaben mit C52, C57.7, C57.8 und C57.9 ² keine Angaben zur Mortalität ³ keine Angaben vorhanden 8 10 12 81