European Patients Empowerment for Customised Solutions © Zusammenfassung der Reaktion der gemeinsam kooperierenden Patientenorganisationen ‘European Patients Empowerment for Customised Solutions’ (EPECS) auf die Konsultation Im Grenzgebiet der Niederlande und Nordrhein-Westfalens (Deutschland) arbeiten seit einiger Zeit regionale Patienten- und Interessenverbände1 aus beiden Ländern im Bereich der grenzüberschreitenden gesundheitlichen Versorgung2 zusammen. Schon seit Jahren suchen in dieser Region immer mehr Patienten einen Arzt auf der anderen Seite der Grenze auf. Daher sind uns als Patienten- und Selbsthilfe-Organisationen die damit zusammenhängenden Themen und Probleme aus dem Alltag des Zusammenlebens in einer Grenzregion bekannt. Zurecht nennt Kommissar Kyprianou den Patienten als ersten Stakeholder, der in Hinblick auf die grenzüberschreitende Patientenmobilität in Europa konsultiert werden muss. Das Europäische Parlament beschreibt in seinem Bericht über die Patientenmobilität und Entwicklungen der gesundheitlichen Versorgung in der Europäischen Union3 die derzeitige Situation der Patienten/Bürger und zeigt, worum es bei der europäischen Gesundheitsversorgung im Kern geht. Die Rolle der Europäischen Union Wir, die gemeinsam kooperierenden Patientenorganisationen, genannt ‘European Patients Empowerment for Customised Solutions’ (EPECS), sind der Meinung, dass die Förderung der Patientenmobilität in Europa vor einem Strukturproblem im Gesundheitssystem steht: Das Handeln und Denken bei der Gesundheitsversorgung ist bisher noch zu stark auf die Sichtweisen der Versorgungsanbieter, -finanziers und Behörden beschränkt; die Ansichten der Patienten spielen derzeit lediglich eine untergeordnete Rolle. Von unsrem Standpunkt aus betrachtet muss deshalb ein klarer politischer und organisatorischer Kurswechsel hin zu einer Patientinnen-und NachfragerInnenorientierten Gesundheitsversorgung auf nationaler wie auf europäischer Ebene stattfinden, ohne dass dabei die spezifischen nationalen und kategorialen Merkmale wie auch die spezifischen Schwerpunkte aus dem Blick geraten. Dies sollte letztendlich zu einem nachfrageorientierten, kundenorientierten Handeln aller Beteiligten führen. Wie aus dem Bericht von Bowis hervorgeht, ist die Europäische Union sich dessen auf jeden Fall bewusst. EPECS schließt sich die Resolution den Europäische Parlament an. Namentlich Punkt Nr. 41 dieser Resolution bildet die Grundlage für die Gründung von EPECS: „weist darauf hin, dass der Patient im Mittelpunkt des gesamten Systems steht, und dass der Patient ein natürliches Interesse an seiner eigenen Gesundheit und an der Qualität und Zugänglichkeit der Gesundheitsversorgung hat, der Empfänger der Gesundheitsdienstleistungen ist und für die erhaltenen Leistungen entweder direkt oder über die Krankenversicherung oder das Steuerwesen bezahlt; ist deshalb der Auffassung, dass die Patienten ein Recht darauf haben, in vollem Umfang über ihre Behandlung und ihren Gesundheitszustand informiert und an den Entscheidungsprozessen in Bezug auf die Gesundheitsdienstleistungen beteiligt zu werden.“ Die Stärkung der Rolle des Patienten wird dazu beitragen, dass die europäische Gesundheitsversorgung sich weiterhin zukunftsorientiert, international konkurrierend und auf demokratische Weise entwickeln wird. Dazu ist es wichtig, dass bestimmte europäische Grundstandards garantiert werden. 1 Ferner Patientenorganisation genannt. Wenn von der grenzüberschreitenden gesundheitlichen Versorgung die Rede ist, wird damit sowohl die pflegerische als auch die heilerische Seite gemeint („care“ und „cure“). 3 Bericht über die Patientenmobilität und Entwicklungen der gesundheitlichen Versorgung in der Europäischen Union (2004/2148(INI)), der Europäisches Parlament, 2005. 2 1 European Patients Empowerment for Customised Solutions © Unsere Antworten auf die in der Konsultation gestellten Fragen der Europäischen Kommission fassen wir wie folgt zusammen. Wir von EPECS sind der Meinung, dass die EU bei der weiteren Ausarbeitung und Ausgestaltung der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung in Europa den folgenden, auf die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung zugespitzten Punkten besondere Aufmerksamkeit schenken sollte: • Qualität; Implementierung von ‘best practices’; Einführung europäischer Standards; Verschreibung und Distribution von Medikamenten; Vor- und Nachbereitung von Behandlungen in anderen EU-Mitgliedsstaaten. • Transparenz; mehr Aufklärung der Patienten über ihre Rechte und Pflichten und die Zugangsmöglichkeiten, Qualität und Bezahlbarkeit eines Gesundheitssystems. • Beschwerden und Haftung; mehr Klarheit über die Haftung und die Errichtung einer europäischen Beschwerdestelle oder Ombudsfunktion. • Zugänglichkeit; mehr Klarheit über die Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Zugangsvoraussetzungen der grenzüberschreitenden Versorgung(ssysteme). • Monitoring; Aufbau eines Monitoringsystems für grenzüberschreitende gesundheitliche Versorgungsaktivitäten (Aufbau einer Datenbank) und zu diesem Zweck Durchführung von Patientenbefragungen. • Beteiligung/Empowerment; der Patient muss bei Neuentwicklungen und politischen Beschlüssen Mitspracherecht erhalten und in den Organen im Entscheidungsprozess ein Verfügungsrecht erhalten. Die Rolle der EU-Mitgliedstaaten Für alle oben genannten Punkte tragen die EU-Mitgliedstaaten Verantwortung auf nationaler Ebene. Indem sie selbst Verantwortung übernehmen, unterstützen sie auch die EU beim Realisieren der Gesundheitsversorgung auf europäischer Ebene. In vielen europäischen Ländern gibt es einen Trend zu einer größeren Beteiligung des Bürgers/Patienten bei der Planung von Dienstleistungen für die gesundheitliche Versorgung. Dieser Trend muss fortgesetzt werden. Die nationalen Dachorganisationen der Patienten müssen und können dabei (weiterhin) eine wichtige Rolle spielen. Das kommt auch der Qualität, Transparenz, Zugänglichkeit , der Beteiligung und dem Empowerment auf nationaler Ebene zugute. Außerdem spielen die EU-Mitgliedstaaten auch bei der Regelung der Haftung und Finanzierung der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung eine Rolle. Dies muss in erster Linie auf nationaler Ebene geregelt werden. Die EU-Mitgliedstaaten sind dazu hervorragend befähigt. Das gibt ihnen die notwendige Autonomie, um gute Lösungen für die nationale Gesundheitsversorgung zu finden. Unterstützung durch Patientenorganisationen in Grenzregionen Auf europäischer Ebene haben sich bisher vor allem behinderte Menschen beziehungsweise Menschen mit einer chronischen Erkrankung oder einer seltenen Krankheit zusammengeschlossen und organisiert. Auf europäischer Ebene muss auch eine starke Organisation von regionalen Patientenorganisationen entstehen: Es sind vor allem die lokalen und regionalen Patientenorganisationen, die mittels ihrer direkten Kontakte zu den BürgerInnen und Patientinnen deren Wünsche kennen. Diese Organisationen funktionieren nach dem Bottom-up-Prinzip und wissen, was in der (Grenz)region und in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung geschieht. Sie können zugleich am besten und schnellsten erfassen, welche Wünsche und Erwartungen die Patienten in den Grenzregionen haben. Dabei stehen sie an der Basis einer strukturierten Kooperation, die von Bürgern/Patienten für Bürger/Patienten gestaltet wird. Die Kraft der EPECS-Initiative in Europa beruht auf der Tatsache, dass wir im Rahmen unserer täglichen 2 European Patients Empowerment for Customised Solutions © Informations- und Beratungspraxis für Patienten in den Regionen und ‘Euregios’ aktiv sind und mit den grenzüberschreitenden Problemen bei der Gesundheitsversorgung bestens vertraut sind. EPECS untersucht zur Zeit, welche Rechtsform sich am besten dazu eignet, eine schlagkräftige Einheit zu bilden, die für den Bürger/Patienten in Grenzgebieten, aber auch für die Politikentwicklung in der EU eine Wirkung entfalten kann. • • • • • • • • Wir stehen hinter dem Gedanken, in Grenzregionen Pilotprojekte zur Verbesserung und Vereinfachung der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung und Zusammenarbeit umzusetzen, sofern die regionalen Patientenorganisationen, die in den fraglichen Grenzregionen tätig sind, daran beteiligt werden. Die Patientenorganisationen in den Grenzregionen können die regionale grenzüberschreitende (Basis)struktur und Kapazität bereitstellen, um auf diesem Gebiet als beratendes Organ für die EU und andere zu dienen. Wir haben schon seit längerer Zeit die Erkenntnis, dass die Patientenmobilität in Europa vor allem auch ein emanzipatorischer Prozess ist, bei dem der Patient seine Position als wichtigster Stakeholder einnimmt. Unser primärer Ausgangspunkt bleiben die lokalen/nationalen Versorgungsmöglichkeiten, doch wir betrachten die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung als eine Wahlmöglichkeit, auf die wir als EuropäerInnen ein Recht haben. Oft ist diese grenzüberschreitende Versorgung aber auch als eine Notwendigkeit. ICT (eHealth, EPD, epanel), zugängliche Informationsangebote, Qualität der Gesundheitsversorgung; das Sammeln von Daten über die Qualität der Gesundheitsversorgung und über das Maß, in dem sie den Wünschen der Kunden, Selbsthilfe- und Betroffenengruppen entspricht, sehen wir als grundlegende Voraussetzungen für eine gute grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung an. Viele Patientenorganisationen in Grenzregionen führen auf diesen Gebieten regionale und euregionale Projekte durch, die zu einer ‘best practice’ für die strukturelle Partizipation des Patienten als primärer Stakeholder an der Ausgestaltung der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung führen können. Eine Zahl von Patientenorganisationen in Grenzregionen, darunter auch EPECS, haben bereits (weitreichende) Vereinbarungen zur Zusammenarbeit mit den Dachorganisationen der Patienten in den angrenzenden ausländischen Regionen getroffen. Außerdem werden die Patientenorganisationen immer öfter von Gesundheitsversorgungsanbietern und -financiers um Rat gefragt. In den Niederlanden werden Patientenorganisationen zum Beispiel bei Vertragsverhandlungen schon direkt beteiligt. In Deutschland gibt es direkte Beteiligungsrechte und Modellförderungen für eine unabhängige PatientInnen-Beratung Dies sorgt dafür, dass die an EPECS angeschlossenen Patientenorganisationen als Interessenvertreter der Bürger außerordentlich dafür geeignet erscheinen, die europäische Gesundheitsversorgung im Bereich von grenzüberschreitender Qualität, Transparenz, Beschwerden und Haftung, Zugänglichkeit, Monitoring, Beteiligung und Empowerment mitzuentwickeln und mitzuplanen. Wir finden es der Mühe wert, dies gemeinsam zu schultern und EPECS auf Patientenorganisationen aus anderen europäischen Grenzgebieten, in denen man dem europäischen Gedankengut zugetan ist, auszuweiten. Wir finden auch, dass die Stärkung und das Empowerment der grenzüberschreitenden Patientinnen nicht von einer unreflektierten Auffassung, die einzelne Mitgliedstaaten darüber haben, abhängig gemacht werden sollte, sondern dass hier eher eine besondere Aufgabe für die Europäische Union besteht, die Bedingungen dafür zu schaffen, dass alle europäischen Bürger ihre Rechte wahrnehmen können. 3 European Patients Empowerment for Customised Solutions © Postanschrift: Frau Brigitte van der Zanden Koordinatorin EPECS Calvariestraat 12 NL – 6211 NJ Maastricht @: [email protected] Tel.: 0031 (0)6 – 36062039 Kontaktperson Deutschland EPECS: Herr Klaus Bremen Kontaktperson Niederlande EPECS: Herr Martien Overkemping 4