Siedlungsnaher Lebensraum

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Siedlungsnaher Lebensraum
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Dialog Natur 2016: Siedlungsnaher Lebensraum
Arten können langfristig nur überleben, wenn ihr Lebensraum so gross ist, dass er die Ansprüche
zahlreicher Individuen erfüllen kann und/oder wenn ihre Lebensräume miteinander verbunden sind,
so dass ein Austausch von Individuen stattfinden kann. Diesem Austausch stellen sich je nach Art
zahlreiche natürliche Barrieren in den Weg, beispielsweise hohe Gebirgszüge, breite Flüsse oder – bei
lichtbedürftigen Arten – ausgedehnte geschlossene Wälder. Sehr viel mehr Wanderhindernisse sind
heute aber menschengemacht: Strassen, kanalisierte Flüsse, dichte Überbauungen, intensive landwirtschaftliche Nutzung verhindern, dass Tiere und Pflanzen frei wandern können. Am Kurstag geht
es um solche Barrieren und ihre Überwindung. Welche Bedeutung haben naturnahe Restflächen?
Was kann mit der Neuschaffung von Biotopen erreicht werden?
Dazu einige Beispiele:
Die Sumpfgladiole war ursprünglich in den grossen Feuchtgebieten im Rheintal weit verbreitet. Mit
der Rheinkorrektion sind diese im Bündner Rheintal vollständig verschwunden. Vor etwa 15 Jahren
ist der letzte kleine Bestand bei Bonaduz erloschen. Ursachen: Kein Austausch von Pollen mit Pflanzen aus dem Sarganserland, keine Wiederbesiedlung mehr mit Samen möglich.
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Die Deutsche Tamariske ist ein typischer Auenbewohner, der entlang allen Flüssen im Mittelland und
den Alpen angetroffen werden konnte. Hier besiedelt sie die alle paar Jahre überfluteten Kies- und
Sandbänke. Bei zu häufiger Überschwemmung kann sie sich als mehrjähriger Strauch nicht etablieren. Bleiben Überschwemmungen aus, wird sie durch höherwachsende und schattentolerantere Arten verdrängt. Aus dem Mittelland ist die Art heute praktisch verschwunden und auch in Graubünden
wird ein steter Rückgang beobachtet. Die Tamariske verbreitet sich über Flugsamen. Günstige Gebiete im Rheintal: Rhäzünser Auen und Mastrilser Auen. Dazwischen findet die Art kaum geeignete Lebensräume.
Die Gelbbauchunke braucht zur Fortpflanzung temporäre stehende Gewässer, vorzugsweise in Auengebieten. Den grössten Teil des Jahres verbringt sie aber an Land. Die Laichgewässer müssen „zu
Fuss“ erreichbar sein. Wichtig ist ein dichtes Gewässernetz. Im Rheintal war die Gelbbauchunke früher bis Thusis verbreitet. Heute kommt sie noch bis Untervaz bzw. bis zur Gemeindegrenze zwischen
Trimmis und Zizers vor.
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Weinbergschnecken kriechen pro Minute etwa 7
cm weit. Somit dauert die Überquerung einer normalen Kantonsstrasse zwischen 1.5 und 2 Stunden
(rechne: Anzahl Räder bei 10 Autos pro Minute auf
einer schwach befahrenen Strasse). Die meisten
Schnecken sind aber viel kleiner (Beispiel Winkelschnecke).
1 cm
Die meisten Vögel können fliegen. Sie benötigen aber deutlich grössere Aktivitätsräume als z.B. Weinbergschnecken. Dies gilt natürlich
u.a. für Zugvögel, deren Flüge sogar über mehrere Kontinente führen
können.
Bei vielen Arten hat der Mensch natürliche Grenzen beseitigt. Das Verbreitungsgebiet der Kanadischen Goldrute war ursprünglich auf den Nordwesten der USA und Kanada beschränkt. Mitte des 17.
Jahrhunderts wurde sie als Zierpflanze und Bienenweide in Europa eingeführt. In Europa bilden amerikanische Goldruten heute Reinbestände auf Ruderalflächen und besiedeln traditionell spät gemähte
Biotope wie Feuchtgebiete. Sie können damit einheimische Arten verdrängen.
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