Raum und Wohnen 6•7/2015 - Carlos Martinez Architekten

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www.raum-und-wohnen.ch
Juni/Juli 06•07/15 RAUM UND WOHNEN
CHF 9.50
Ein Küchenbauer baut im Aargau_34
Haus mit Gummifassade im Rheintal_58 Küchen & Geräte_72
Inszenierte Tafelware_96 Portrait: Elica_110
06-07
No.
ARCHITEKTUR — Rheintal
1
1_Die Fassade des auskragenden Wohngeschosses besteht aus EPDMKautschuk. Die Gummihaut ist mit Klemmhaltern fixiert und lässt die Fassade wie
ein kapitoniertes Sofa erscheinen. 2_Das mit Gummi verkleidete Wohngeschoss
wird von einem gläsernen Attika-Kubus gekrönt. Davor ein introvertierter Innenhof.
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2
KAPITONIERTE
GUMMIHÜLLE
An einem sonnigen Hang oberhalb Berneck im St. Galler Rheintal zieht
ein Gebäude unweigerlich die Blicke auf sich. Es besteht aus gestapelten
Kuben aus Beton, Glas und Gummi, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
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2
3
1_Ein Betonsockel trägt den Gummikubus. 2_Schwungvoll geformt zeigt sich die eingefasste Aussichtsterrasse. 3_Der introvertierte
Innenhof an der Nordwestseite des Hauses mit markanter Gummiwand.
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1_Architekt und Bauherr Carlos Martinez mit Familie. Hinter den organisch geformten Seitenfenstern liegt das Architekturbüro. 2_Das
Haus wird über das Garagengeschoss erschlossen. Auffallend ist die eigens entwickelte Akustikdecke im Bürogeschoss. Das dekorative
Oberflächenmuster zeigt ein altes St.Galler Stickerei-Sujet.
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1_Der grosszügige Wohnbereich mit Sichtbetonwand hat ebenfalls ein dekoratives Deckenmuster. 2_Die extrovertierte Wohnterrasse
öffnet sich nach Südosten. 3_Die offene Küche mit Essplatz glänzt in Weiss. Die fast ein Meter tiefe, gepolsterte Leibung des seitlichen
Fensters lädt zum Sitzen und Liegen ein.
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1_Schlafzimmer und Bad öffnen sich zu einem Terrasseneinschnitt. 2_Das karge Bad mit Oblicht zeigt sich ganz in Sichtbeton
2
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KAPITONIERTE GUMMIHÜLLE
Das Haus als Generator? Gemäss Definition des Bauherrn und
Architekten Carlos Martinez stellt sein Gebäude eine Maschine für
Arbeit und Familie dar, welche Zeit und Lebensqualität generiert.
Wohnen und Arbeiten greifen in seinem Haus wie im Leben ineinander,
sind vernetzt und doch getrennt. Der Bau wird heute im unteren
Bereich als Architekturbüro von Carlos Martinez Architekten inklusive
Empfangsräumen und Bibliothek genutzt. Im oberen Bereich wohnt
der Architekt. Das Gebäude ist so konzipiert, dass es später in vier
loftartige Alterswohnungen mit Lift umgestaltet werden kann.
Geschichtete Funktionen
Der Bau liegt in einem malerischen Rebhang mit herrlicher Weitsicht
über das St. Galler Rheintal. Geschickt wurde der insgesamt 16,50
Meter hohe Baukörper in die Topografie eingebettet, so dass die
wahrnehmbare Höhe sehr viel geringer wirkt. Das Gebäude besteht
aus mehreren, übereinandergestapelten Körpern, die jeweils unterschiedliche Funktionen beherbergen. Daneben unterscheiden sie sich
durch die formale Ausgestaltung und den verwendeten Baustoff.
Über der Unterniveau-Garage liegt das Arbeitsgeschoss, wo sich das
Atelier des Architekten und Hausherrn befindet. Formal sieht das
Arbeitsgeschoss wie eine Schublade aus Beton aus und steht sinnbildlich
für den massiven Sockel des Gebäudes. Das 3,70 m hohe Atelier öffnet
sich gegen Südosten zum Tal hin und bietet auf 221 m2 Raum für
mehrere Arbeitsplätze. Zur Raumqualität trägt massgeblich die eigens
entwickelte Akustikdecke bei, die als dekoratives Oberflächenmuster
ein St. Galler Stickerei-Sujet zeigt. Dieses flächige Deckenmuster bildet
eine Hommage an die alleinerziehende Mutter des Bauherrn, die ihr
Leben lang in einer Stickerei gearbeitet hat.
Arbeits- und Wohnwelt
Über dem Atelier liegt ein Zwischengeschoss, das als mögliche spätere
Einliegerwohnung genutzt werden kann. Das verglaste Stockwerk mit
raumhohen Schiebefenstern fungiert heute als Verbindungsgeschoss
zwischen Atelier und Privatwohnung. Hier befindet sich auch die Bibliothek,
der ruhige Arbeitsort des Entwerfers. Diesen Raum findet man zwar
auf der Zwischenetage, er wird jedoch direkt vom Atelier erschlossen.
Das eigentliche Wohngeschoss des Bauherrn liegt über dem Zwischengeschoss, breitet sich auf der ganzen Etage aus und lässt den Blick
dank raumhohen Schiebefenstern ungehindert über die Landschaft
schweifen. Das Wohngeschoss verfügt über eine grosszügige, zum
Wohnbereich hin offene Küche mit Kochinsel. Die fast ein Meter tiefe,
gepolsterte Leibung des seitlichen Fensters lädt zum Sitzen und Liegen
ein. Küche, Essbereich und der eigentliche Wohnbereich fliessen
ineinander über und weiten sich durch die raumhohen und über die
ganze Geschosslänge gehende Fensterfront bis nach draussen auf die
Terrasse aus. Die extrovertierte Terrasse richtet sich gegen Südosten,
im Nordwesten liegt der introvertierte Gartenhof.
Das Wohngeschoss wurde aus vorfabrizierten Holzelementen konstruiert
und dann mit einer markanten Kautschukhaut umhüllt. Zur Abdichtung seines Wohngeschosses suchte der Architekt und Bauherr
Blickpunkt Küche.
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Gestapelte sowie unterschiedlich geformte und materialisierte Kuben prägen das Haus am Hang.
Wohngeschoss
5
7
4
1. Küche
2. Essen
3 Wohnen
4 Schlafen
5 Bad
6 Ankleide
7 Lift
8 Terrasse
1
6
2
4
3
8
5
Querschnitt
1 Garagenebene
Unterniveau
2 Büroebene
3 Zwischengeschoss
4 Wohnebene
5 Attika
4
3
2
1
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ein weiches, sinnliches Material, das sowohl als Fassade als auch als
begehbare Dachhaut eingesetzt werden kann und sich zusätzlich als
Decke für das Zwischengeschoss eignet. Die gesamte Holzkonstruktion
des Wohngeschosses sollte bildlich mit der Abdichtung eingekleidet
sein. Die verwendete Kautschuk-Abdichtung erfüllt alle geforderten
Kriterien (siehe Info-Kasten). Die Gummihaut ist mit Klemmhaltern
fixiert und lässt die Fassade wie ein kapitoniertes Sofa erscheinen.
Durch die Anordnung der Klemmhalter im orthogonalen Raster wird
diese Wirkung noch verstärkt. Im Gegensatz zum Ateliergeschoss
aus Beton, zeigt sich der Wohnbereich optisch als Rückzugsort und
geschützte Erholungsoase innerhalb des gesamten Gebäudes.
Gläserne Krone
Gekrönt wird das Gebäude mit einem Glaskubus, der ausschliesslich
über den Lift erschlossen wird. So kann er von allen Geschossen und
direkt von Aussen erreicht werden. Der gläserne Kubus dient als spezielles Sitzungszimmer. Für wichtige Präsentationen mit Aussicht über
das Rheintal oder für Kreativsitzungen abseits vom Tagesgeschehen,
schafft er eine flexible Alternative zu den Räumen im Bürobereich. An
Wochenenden wird der Glaskubus auch für private Zwecke rege genutzt.
Neben seinem rein funktionalen Zweck dient der Glaskubus auch
als Wärmefalle. So kann die Innenraumtemperatur im Winter bei
diffusem Sonnenschein auf über 30 Grad steigen. Diese warme Luft
wird abgesogen und für die Erwärmung der Frischluft innerhalb der
Komfortlüftung genutzt. Im Sommer wird das Gebäude mit der Kälte
aus 360 Metern Tiefe gekühlt. Dabei hilft die Bauteilaktivierung. Das
gesammte Haus wurde im Minergie-Standard erstellt und ist zertifiziert.
Die gestapelten Kuben von Bauherr und Architekt Carlos Martinez sind
eine willkommene Alternative zum vielverbreiteten architektonischen
Ansicht Süd
Einheitsbrei. Sowieso scheint der Architekt gerne unkonventionelle
Lösungen zu suchen. Dass diese begeistern, zeigt u.a. auch seine
grossflächige Stadtlounge in St. Gallen, für die er und Künstlerin
Pipilotti Rist den diesjährigen Hauptpreis des Marketing+Architektur
Award erhalten haben.
ARCHITEKTUR: Carlos Martinez, 9400 Rorschach, www.carlosmartinezrorschach.ch
FOTOS: Alex Bayer, Roger Frei, Till Hückels,
TEXT: Gerald Brandstätter
Fassaden aus Kautschuk
Nicht erst seit den Freitag-Taschen erlebt Kautschuk ein echtes Revival. Der
EPDM-Kautschuk (Ethylen-Propylen-Dien-Monomer-Kautschuk) namens
«Contec.proof» ist in der Architektur bekannt als eine vielseitig einsetzbare Abdichtung, die sich perfekt auch für Fassaden eignet. Er ermöglicht
anspruchsvollste Gebäudeformen und Detaillösungen. EPDM-Kautschuk ist
äusserst reissfest, wetterresistent, UV-stabil und werthaltig auf Jahrzehnte,
entspricht also einem zeitlos modernen Werkstoff von hoher Nachhaltigkeit. Als Naturmaterial überzeugt Kautschuk auch mit seiner optimalen
Umweltverträglichkeit, es kann problemlos rezikliert werden. Eco-bau,
die Plattform für Nachhaltigkeit im Bau, gibt dem EPDM-Kautschuk gute
Noten bezüglich Grauenergie, Unterhaltsfreundlichkeit, Lebensdauer und
anderer wichtiger Kennzahlen. Die Gasser Fassadentechnik aus St.Gallen
ist Spezialist in der Verarbeitung von Kautschuk und bietet es neu auch
als faszinierendes, langlebiges Fassadenmaterial an.
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