Fragen & Antworten zu Zuckerkulör Faktenpapier der Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke e.V. (Stand: 19. Dezember 2012) Was ist Zuckerkulör? Zuckerkulöre sind komplexe Gemische aus Verbindungen, die bei der sorgfältig kontrollierten Wärmebehandlung von Kohlenhydraten (Zucker) entstehen. Sie werden nach den bei der Herstellung eingesetzten weiteren chemischen Reaktionspartnern in vier Klassen eingeteilt und mit den E-Nummern E 150a, E 150b, E 150c und E 150d bezeichnet. Zuckerkulöre werden in verschiedenen Lebensmitteln eingesetzt, um eine gezielte Braunfärbung zu erzielen. Sie werden hierzu in einer breiten Palette von Produkten verwendet, etwa in Colas, Süßwaren, Suppen, Soja-Sauce, Whisky und bestimmten Bieren. Ist Zuckerkulör eine sichere Lebensmittelzutat? Ja. Zuckerkulöre sind in der Europäischen Union gesetzlich – nach eingehender wissenschaftlicher Prüfung ihrer Unbedenklichkeit – als Farbstoffe in vielen Lebensmitteln zugelassene Zusatzstoffe. Im März 2011 bestätigte auf dieser Grundlage die hierfür zuständige European Food Safety Authority (EFSA) nochmals ausdrücklich bei Einhaltung der spezifischen Reinheitskriterien die Sicherheit der Verwendung solcher Zuckerkulöre. Diese Vorgabe ist bei in der EU-vermarkteten Lebensmitteln und Getränken zwingend einzuhalten. Diese Einschätzung hat die EFSA erst jüngst in einer Veröffentlichung im Dezember 2012 abermals untermauert (vgl. EFSA Journal 2012; 10[12]: 3030). Dabei handelte es sich um einen üblichen Prüfungsprozess, in dessen Rahmen die Datengrundlage für mögliche Verzehrsmengen von Lebensmitteln, die Zuckerkulöre enthalten, aktualisiert wurde. Auch weitere wissenschaftliche Institutionen und Behörden, unter anderem die U.S. Food and Drug Administration (FDA), haben die Unbedenklichkeit von Zuckerkulören bestätigt. Die zuständigen Behörden und Institutionen überprüfen – ebenso wie die Zuckerkulöre herstellenden bzw. verwendenden Unternehmen – regelmäßig, ob sich neue valide Erkenntnisse ergeben, die zu einer Neubewertung des dargelegten Sachverhalts führen. Für eine geänderte Sicherheitsbewertung bei Zuckerkulören liegen derzeit aus Sicht der EFSA keine solchen Erkenntnisse vor (vgl. bereits wafg-Pressemitteilung vom 13. März 2012). 1 Wie wird Zuckerkulör hergestellt? Zur Herstellung von Zuckerkulören werden verschiedene Zuckerarten wie Haushaltszucker (Saccharose), Glucose, Maltose, Maltodextrine oder Invertzucker eingesetzt. Sie werden mit oder ohne Reaktionspartner (Ammoniumverbindungen, Sulfite) unter kontrollierter Hitzeeinwirkung hergestellt. Die Reaktion wird bei Erreichen des gewünschten Bräunungsgrades durch Abkühlen beendet. Je nachdem, welcher chemische Reaktionspartner bei der Herstellung von Zuckerkulör eingesetzt wird, entstehen die unterschiedlichen Zuckerkulöre. Wo sind die Unterschiede zwischen Zuckerkulör und Karamell? Im englischen Sprachgebrauch werden Zuckerkulöre als „caramel colours“ bezeichnet. Daraus wird in der Übersetzung häufig auch im Deutschen die Bezeichnung „KaramellFarbstoffe“. Angesprochen wird in der Sache jedoch mit Zuckerkulören gerade nicht das Lebensmittel „Karamell“, sondern die Kulör-Farbstoffe (E 150a bis d), die als zulassungsbedürftige Lebensmittelzusatzstoffe einer EU-Regulierung unterfallen. Lebensmittelrechtlich ist damit die Bezeichnung festgelegt. Das traditionelle Lebensmittel Karamell wird hingegen durch Karamellisieren von Zucker gewonnen und ist kein Lebensmittelzusatzstoff. Karamell wird nicht zum Färben von Lebensmitteln, sondern wegen seiner Geschmacksgebung sowohl selbst als Lebensmittel als auch als Lebensmittelzutat verwendet (Beispiel: Karamellbonbons, Karamelleis). Die Bezeichnung Karamell ist nach allgemeiner Auffassung für dieses Erzeugnis verkehrsüblich. Welche rechtlichen Vorgaben für Zuckerkulöre gibt es in der EU? Zuckerkulöre (E 150a, E 150b, E 150c und E 150d) sind zugelassene Zusatzstoffe nach der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 – vgl. hierzu die explizite Zulassung durch die Verordnung (EU) Nr. 1129/2011. Die Hersteller von Zuckerkulören müssen bei der Produktion die in den EU-rechtlichen Vorgaben näher definierten spezifischen Reinheitskriterien einhalten; diese sind von den Herstellern im Rahmen der Sorgfaltspflicht regelmäßig zu prüfen. Hierzu legte die Richtlinie 2008/128/EG die spezifischen Reinheitskriterien für Zuckerkulöre fest. Darin ist für E 150c und E 150d bezüglich 4-Methylimidazol (4-MEI) eine Höchstmenge von 250 mg/kg (auf der Grundlage gleichwertiger Farben, d. h. bezogen auf ein „Produkt, dessen Farbintensität 0,1 Absorptionseinheit beträgt“) vorgesehen. Seit dem 1. Dezember 2012 gelten nach der Verordnung (EU) Nr. 231/2012 neue Reinheitskriterien für E 150c und E 150d, die einen Höchstgehalt von 200 mg/kg (bezogen auf die Farbintensität 0,1 Absorptionseinheit) für E 150c vorsehen, während für E 150d – das bei vielen ColaGetränken verwendet wird – der bisherige Wert von 250 mg/kg weiter gilt. Für Zuckerkulör gibt es zudem einen ADI-Wert zur Abschätzung des unbedenklichen Verzehrs mit Blick auf alle Lebensmittel, die Zuckerkulöre enthalten. Dabei steht die Abkürzung „ADI“ für „acceptable daily intake“. Dieser Wert steht somit für die tägliche Aufnahmemenge eines Stoffes, die ein Mensch jeden Tag und ein Leben lang zu sich nehmen kann, ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen befürchten zu müssen. Der ADI2 Wert wird auf europäischer Ebene von der European Food Safety Authority (EFSA) für jeden Lebensmittelzusatzstoff auf der Basis von Langzeit-Tierstudien errechnet und individuell festgelegt. Dabei wird zunächst die Menge eines Zusatzstoffs ermittelt, bei der selbst bei täglicher Aufnahme hoher Mengen über die gesamte Lebenszeit keine nachteiligen Wirkungen beobachtet werden. Diese Menge wird als „NOAEL“ (entsprechend der englischen Bezeichnung „No Observed Adverse Effect Level“) bezeichnet. Der NOAEL-Wert wird dann noch einmal zusätzlich durch einen Sicherheitsfaktor (regelmäßig ist dies der Faktor 100) geteilt. Das Ergebnis ist dann der ADI-Wert (Beispiel: Liegt die unbedenkliche Menge eines Stoffes nach der NOAEL-Betrachtung bei „1 mg/kg Körpergewicht“, dann liegt der ADI-Wert im Regelfall bei „0,01 mg/kg Körpergewicht“). Somit ist der ADI-Wert in der Betrachtung auf einen lebenslangen Konsum ausgerichtet. Eine gelegentliche bzw. geringfügige Überschreitung des ADI-Wertes ist deshalb unbedenklich. Das dargestellte Konzept gewährleistet als praktische Umsetzung des Vorsorgeprinzips, dass ein zugelassener Zusatzstoff – wie Zuckerkulör – im Rahmen seiner Verwendungsbedingungen sicher und für die Verbraucher unbedenklich verwendet werden kann. Warum entsteht 4-Methylimidazol (4-MEI) bei der Herstellung von Zuckerkulören? Wie lässt sich dessen Gehalt in Produkten bestimmen? Ein derzeit unvermeidbares Nebenprodukt bei der Herstellung von Zuckerkulören ist 4Methylimidazol (4-MEI). Dieser Stoff entsteht im Rahmen der Maillard-Reaktion während der Herstellung und Verarbeitung bei Anwesenheit von Stickstoffverbindungen. Deshalb wird 4MEI auch bei der Herstellung von Zuckerkulören E 150c und E 150d durch die Reaktion von Ammoniumverbindungen und reduzierenden Zuckern gebildet. Als Messmethode für 4-MEI bietet sich allgemein eine Kombination aus Flüssigchromatographie und Tandem-Massenspektrometrie (LC/MS-MS) an. Es existiert aber bisher noch keine offiziell validierte Analysemethode. Mit anderen Worten: Eine verbindliche bzw. allgemein anerkannte Vorgabe zur Bestimmung von 4-MEI-Gehalten bei Lebensmitteln steht derzeit aus. Auch Ökotest (Juli-Ausgabe 2012) hat in seiner Untersuchung von Erfrischungsgetränken diese Messtechnik angewandt, aber keine quantitativen Ergebnisse mitgeteilt. Zur Validierung einer offiziellen Analysemethode ist ein umfangreicher Ringversuch notwendig; bisher ist noch kein solcher Ringversuch vorgenommen worden. Welche Besonderheit besteht für die Gesetzgebung in Kalifornien und ist 4-MEI tatsächlich krebserregend? Für Kalifornien besteht mit dem „Safe Drinking Water and Toxic Enforcement Act of 1986“ (sog. Proposition 65) eine regionale Bestimmung, die – auch im Vergleich zu anderen Bundesstaaten in den USA – eine sehr spezielle Regelung trifft. Danach veröffentlicht Kalifornien mindestens einmal jährlich eine Liste von Chemikalien, die nach Einschätzung dieses Bundesstaates möglicherweise gesundheitsschädlich sein können. 3 4-MEI wurde in Kalifornien vom Office of Environmental Health Hazard Assessment (OEHHA) auf Grundlage von Untersuchungen des National Toxicology Program (NTP) am 7. Januar 2011 in diese Liste aufgenommen, in der aktuell bereits über 800 Stoffe geführt werden. Diese kalifornische Bestimmung ist keine Regelung zur Sicherheit von Lebensmitteln, sondern eine Maßnahme zur „Verbraucheraufklärung“ über das Vorkommen von bestimmten Stoffen. Damit unterscheidet sich die kalifornische Betrachtung fundamental von der auch in Deutschland maßgeblichen EU-Gesetzgebung für Lebensmittel, nach der unsichere bzw. gesundheitsschädliche Zusatzstoffe schon per se gar nicht zugelassen werden dürfen. Insofern verfolgt die EU bei der Gewährleistung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes auf einem hohen Schutzniveau, das auch dem Vorsorgeprinzip verpflichtet ist, einen kohärenten Ansatz. Kalifornien hat für 4-Methylimidazol (4-MEI) ein „No Significant Risk Level (NSRL)“ von 29 Mikrogramm pro Tag (µg/Tag) festgelegt. Überschreitet die tägliche Verzehrsmenge diesen Wert, ist in diesem Bundesstaat ein „Warnhinweis“ in der Deklaration erforderlich. Allerdings ist hierzu ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass das NTP seinerseits aufgrund unzureichender Erkenntnisse 4-MEI nicht „formell“ als krebserregend eingestuft hat. Der NTP-Report zeigt lediglich, dass es zwar in Tierversuchen mit Mäusen Hinweise auf eine karzinogene Aktivität gab. Vergleichbare Versuche an Ratten führten jedoch nicht zu diesem Ergebnis. Weiterhin weist der Report sogar darauf hin, dass bei Ratten eine signifikante Abnahme von verschiedenen Tumoren beobachtet wurde. Die International Agency for Research on Cancer (IARC) – eine Agentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) – stufte ihrerseits 4-MEI im Februar 2011 aufgrund dieser nicht eindeutigen Sachlage in die Gruppe 2 B ein („The agent is possibly carcinogenic to humans“). Für den Menschen erwiesenermaßen kanzerogene Stoffe sind nach diesem System allerdings einer anderen Klassifizierung zuzuordnen. Warum weichen die Hersteller von Cola-Getränken nicht auf andere Farbstoffe aus? Cola-Getränke weisen einen charakteristischen Farbton auf, der seit Jahrzehnten typisch für diese Produkte ist. Dieser muss über die gesamte Haltbarkeit des Produktes und mit Blick auf alle anderen Zutaten „stabil“ sein, sich also in seiner Farbintensität nicht verändern oder absetzen. Aus technologischen Gründen ist somit bei Cola-Getränken regelmäßig ein Ausweichen auf andere Zuckerkulöre nicht möglich. Es gibt auch keinen anderen Farbstoff, der diese typische Färbung erzielen kann. 4