6.2 Kommutatorwicklungen - antriebstechnik.fh

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6.2 GSM: Kommutatorwicklungen
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Entwicklung des Kommutatorankers
Die Wicklung des Ankers der gedachten Gleichstrommaschine besteht aus nur einer Spule (Durchmesserspule). Die Ankerspule
dreht sich in einem vom konstanten Erregerstrom IE erzeugten
Luftspaltfeld B gemäß Bild 6.2-1.
Bild 6.2-1: Rotierende Ankerspule in einem vom konstanten Erregerstrom erzeugtem Feld
Bild 6.2-2: Drehung einer Ankerspule im Erregerfeld
Der prinzipielle Verlauf der induzierten Spannung ist in Bild 6.2-2
dargestellt. Der Kommutator schaltet -unabhängig vor der Rotorlage- immer die unter dem Nordpol stehende Spulenseite auf die positive Bürstenklemme, die unter dem Südpol stehende auf die negative Bürstenklemme. Es entsteht eine Gleichspannung!
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Im Bereich wo keine Spannung in die Spule induziert wird, wird die
Spule vom Kommutator kurzgeschlossen. Dieser Bereich wird
neutrale Zone genannt.
Bild 6.2-3: Kraftwirkung bei einer stromdurchflossenen Ankerspule
im Erregerfeld
Wird über den Bürsten ein Gleichstrom eingespeist, so sorgt der
Kommutator dafür, dass die Stromrichtung in den Spulenseiten
-unabhängig von der Rotorlage- in Bezug auf die Erregerpole immer gleich ist. In jeder Position des Ankers entsteht die gleiche
Kraftrichtung.
In der Spule selber fließt ein Wechselstrom, da der Kommutator in
der neutralen Zone die Spule kurzschließt und die Stromrichtung
umkehrt. Dieser Vorgang wird Stromwendung oder Kommutierung genannt.
Die entstandene Gleichstrommaschine (Bild 6.2-3) ist für die praktische Anwendung noch unbrauchbar, da sie als Generator eine
stark pulsierende Gleichspannung erzeugt und als Motor nicht aus
jeder Position anläuft.
Es ist anzustreben, durch Hintereinanderschalten von mehreren,
gleichmäßig am Ankerumfang verteilten Spulen eine größere
Gleichspannung mit verringerter Pulsation zu erhalten.
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Die Kommutatorwicklung wird immer als Zweischichtwicklung ausgeführt. Anfang und Ende jeder
Spule werden an zwei benachbarte Kommutatorstege angeschlossen (Bild 6.2-4a).
Das Ende einer Spule und der Anfang einer am Umfang benachbarten Spule liegen am gleichen
Steg. Die Anzahl der Kommutatorstege ist also gleich der Anzahl der Spulen (Bild 6.2-4b).
Da das Ende der zuletzt angeschlossenen Spule auf jenen Kommutatorsteg trifft, an dem der Anfang
der zuerst eingelegten Spule befestigt ist, entsteht eine in sich geschlossene Wicklung (Bild 6.2-4c).
Bild 6.2-4: Entstehungsprozess einer Kommutatorwicklung (zweipolige Maschine mit Durchmesserspulen, Schleifenwicklung)
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Die eintretende Bürste liege auf Lamelle 12, die Austrittsbürste auf Lamelle 6. Eine gedachte Linie
durch die beiden Bürsten wird als Bürstenebene oder Bürstenachse bezeichnet (Bild 6.2-5a). Der
Ankerstrom kann sich, ausgehend von Lamelle 12, in zwei
Ankerzweige I und II aufteilen. Der
Zweig I führt in die Oberlage der Nut 12, über den hinteren Stirnverbinder aus der Unterlage der Nut
6 heraus auf die Lamelle 1, welche keinen Kontakt zu den Bürsten hat. Von hieraus führt der Zweig
in Nut 1 aus Nut 7 auf Lamelle 2, dann in Nut 2, usw. Es werden nacheinander alle Spulen eines
Zweiges entgegen dem Uhrzeigersinn durchflossen (Bild 6.2-5b). Für den Zweig II gilt entsprechendes im Uhrzeigersinn (Bild 6.2-5c).
Bild 6.2-5:Nach außen in Erscheinung tretende Zusammenschaltung der Bürsten eines Kommutatorankers bei aufsitzenden Bürsten
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Betrachtet man den stromdurchflossenen Kommutatoranker in Bild
6.2-5c so erkennt man, dass auf der einen Seite der Bürstenebene
alle Ströme in die Ebene hineinfließen, auf der anderen Seite heraus. Vereinfachend ist dies in Bild 6.2-6 dargestellt.
Bild 6.2-6: Kommutatoranker als Ganzes, a) Prinzipdarstellung des
Kommutatorankers nach Bild 6.2-5; b) Einfluss der Bürstenlage auf
die Verteilung der Durchlaufrichtungen
Die Richtung der Durchflutung Θ liegt immer in der Bürstenebene,
unabhängig von der Position des Ankers (Bild 6.2-6b). Die Bürstenebene ist ortsfest zum Stator und damit zu dessen Durchflutungszeiger.
Die Lage der Ankerdurchflutung zur Statordurchflutung verändert
sich also auch bei Drehung des Ankers nicht und liefert in jeder
Stellung ein Drehmoment mit konstanter Richtung und Größe (bei
genügend großer Anzahl von Spulen).
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Die Anzahl der Spulen des Ankers muss mit der Lamellenzahl oder
Stegzahl K des Kommutators übereinstimmen. Die Nutzahl Q ist
im Allgemeinen kleiner als die Lamellenzahl, so dass
u=
K
Q
(6.2-3)
Spulenseiten einer Schicht nebeneinander in einer Nut liegen.
Hat eine Spule die Windungszahl NS so ergibt sich eine Nutfüllung
mit zN = 2uNS Leiterstäben/Nut (Bild 6.2-7). Die Gesamtzahl der
Leiterstäbe am Ankerumfang z A ergibt sich zu
z A = 2uNSQ = 2KNS .
(6.2-4)
Bild 6.2-7: Querschnitt durch eine
Ankernut einer
großen Gleichstrommaschine
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Durchmesser und Sehnenwicklung
In der üblichen Darstellung von Ankerwicklungen numeriert man die
Leiterstäbe nach der Lamellenzahl und gibt Abstände in Lamellenschritten an. Eine Polteilung hat also einen Schritt von K 2p Lamellen.
Die Spulenweite y 1 der Durchmesserwicklung ergibt sich zu
K
y1 =
(6.2-5)
2p
Lamellen. Die gesehnte Wicklung hat eine Spulenweite von
K
y1 <
(6.2-6)
2p
Lamellen.
Liegen die u Spulen einer Oberschicht auch in der Unterschicht in
einer Nut so erhält man -fertigungstechnisch vorteilhaft - Spulen
gleicher Weite. Hierfür muss der Nutschritt y 1Q der Spule die Bedingung
y
Q
y 1Q = 1 = y 1 = ganze Zahl
(6.2-7)
u
K
erfüllen. Wicklungen mit Spulen gleicher Weite bezeichnet man
auch als ungetreppte Wicklung.
Wird die Bedingung (6.2-7) nicht erfüllt, so entsteht eine Treppenwicklung (Bild 6.2-8).
Bild 6.2-8: Lage von Ober- und Unterschicht einer Spule,
a) ungetreppte Wicklung mit y 1 = 24 , y 1Q = 8 ;
b) Treppenwicklung mit y 1 = 25 , y 1Q = 8 / 8 / 9
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Schleifenwicklungen
Bei der Schleifenwicklung wird das Ende der einen Spule unmittelbar mit dem Anfang der benachbarten Spule verbunden (verschaltet). Der Abstand der verschalteten Spulenseiten wird als Schaltschritt y 2 bezeichnet (Bild 6.2-9).
Bild 6.2-9: Schaltung einer Schleifenwicklung
a) Eine Windung pro Spule, NS = 1
b) NS = 2
Als Stromwendeschritt y wird der Abstand von zwei in Reihe geschalteten Spulen bezeichnet. Für die Schleifenwicklung gilt:
y = 1 = y1 − y 2 .
(6.2-8)
In Bild 6.2-10 ist als Beispiel eine Schleifenwicklung einer vierpoligen Maschine mit einer Lamellenzahl von 16 und einer Nutzahl von
16, d.h. mit einer Spulenseite pro Nutenlage, dargestellt. Der Abstand der Bürsten y B ist gleich der Polteilung. Der Spulenschritt ergibt sich zu 4 Lamellen, der Schaltschritt beträgt 3 Lamellen.
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Bild 6.2-10: Schema einer vierpoligen Schleifenwicklung
K = 16, Q = 16, u = 1, y 1 = 4, y 2 = 3, y = 1, y B = 4
Man erkennt, dass sich die gesamte Ankerwindungszahl bei der
Schleifenwicklung in 2p parallele Zweige aufteilt. Die für die Ankerspannung maßgebliche Windungszahl ergibt sich also zu
KNS zA
N=
=
.
(6.2-9)
2p
4p
Der Ankerstrom teilt sich entsprechend auf, so dass der Spulenstrom über
I
IS = A
(6.2-10)
2p
berechnet werden kann.
Damit die gesamte Ankerwicklung sich in p parallel Ankerzweigpaare aufteilen kann, muss bei einer Schleifenwicklung die Nutzahl Q
durch die Polpaarzahl teilbar sein.
Bei fertigungsbedingten Unsymmetrien können die parallel geschalteten Ankerzweige Potentialdifferenzen aufweisen. Um Ausgleichsströme über die Bürsten zu vermeiden, werden häufig Ausgleichsverbindungen zwischen den Zweigen geschaltet.
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Wellenwicklungen
Bei der Wellenwicklung (Bild 6.2-11) verbindet man das Ende einer
Spule mit dem Anfang einer gleichliegenden Spule des nächsten
Polpaares. Nach nur p Spulen ist somit ein voller Umlauf um den
Ankerumfang zurückgelegt.
Bild 6.2-11: Schaltung einer Wellenwicklung
b) NS = 2
a) NS = 1,
Der Umlauf der p Spulen endet im Fall der ungekreuzten Wicklung eine Lamelle vor dem Anfang, d.h. für den Stromwendeschritt
gilt
K −1
y=
,
(6.2-11)
p
im Fall von gekreuzten Wicklungen
K +1
y=
.
(6.2-12)
p
Allgemein ergibt sich aus Bild 6.2-11
y = y1 + y 2 .
(6.2-13)
Die Wellenwicklung vermeidet das Parallelschalten der Wicklungen
nach Polpaaren. Es ergeben sich grundsätzlich nur zwei Ankerzweige:
KNS z A
N=
=
(6.2-14)
2
4
und
I
IS = A .
(6.2-15)
2
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Bild 6.2-12: Schema einer vierpoligen Wellenwicklung
K = 17, Q = 17, u = 1, y 1 = 4, y 2 = 4, y = 8, y B = 4,25
Allgemeine Beziehungen
Bezeichnet man die Anzahl der parallelen Ankerzweigpaare mit a
so ergibt sich für die Schleifenwicklung a = p und für die Wellenwicklung a = 1. Damit lassen sich folgende allgemeine Beziehungen
angeben:
Windungszahl zwischen zwei Bürsten:
KNS zA
N=
=
,
2a
4a
Spulenstrom:
I
IS = A ,
2a
Windungszahl zwischen zwei Lamellen:
p
NK = NS
a
(6.2-16)
(6.2-17)
(6.2-18)
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Übung: Entwurf einer Ankerwicklung
Für eine 4-polige Gleichstrommaschine mit einem Bemessungsstrom von 75A ist eine ungetreppte und ungekreuzte Wellenwicklung zu erstellen. Der Anker hat 33 Nuten, der Kommutator 99 Lamellen. Die Stromdichte in den Ankerspulen soll 5 A mm2 nicht überschreiten.
1. Geben Sie die Spulenweite in Lamellen- und Nutschritten an.
2. Berechnen Sie den Stromwendeschritt und den Schaltschritt
3. Wie groß ist der Leiterquerschnitt zu wählen?
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