Antriebs- & Schalttechnik Messende Relais als Alternative zu digitalen Schutzsystemen Um die mitunter schweren Auswirkungen der elektrischen Fehler an Schaltanlagen, Leitungen und Transformatoren möglichst gering zu halten, die Gefährdung von Personen zu verringern und das nicht gestörte Netz weiter betreiben zu können, sorgen messende Relais für eine schnelle und selektive Fehlererfassung und -abschaltung. In der Regel wird dabei an digitale Schutzsysteme gedacht, die beispiels­ weise als Differenzial-, Distanz- oder Überstromzeitschutz ausgeführt sind. Einige Anwendungen kommen jedoch mit einem geringeren Umfang an Gerätetechnik aus und lassen sich somit kostengünstiger realisieren. Bild 1. Mit messenden Relais und Schaltrelais lässt sich kostengünstig eine selektive Fehlererfassung und -abschaltung realisieren Digitale Schutzsysteme decken zwar eine breite Palette von Funk­ tionen ab, allerdings wünschen sich Betreiber oft, dass neben dem Haupt­ schutz, weitere Schutzfunktionen mit autarker Gerätetechnik realisiert Rainer Wolf ist Geschäftsführer der Ingenierugemeinschaft Energieversorgung GbR in Meiningen. E-Mail: [email protected] 2 werden sollen. Dafür bieten sich die messenden Relais sowie die einpoli­ gen Messkreise für Strom- oder Spannungsanregungen und dreipha­ sige Messkreise für Spannungsanre­ gungen an. Diesbezüglich kann EAW Relaistechnik [1] eine breite Palette anbieten (Bild 1). So gibt es Ausfüh­ rungen als Arbeitsstrom- oder als Ruhestromrelais. Bei einigen mes­ senden Stromrelais lässt sich eine Überstrom- und eine Hochstromstufe einstellen, um einen einfachen Transformatorschutz zu realisieren. Die meisten Relais gewinnen ihre notwendige Hilfsenergie aus den Messgrößen. Rainer Wolf Nullstromzeitschutz in Mittelspannungsnetzen In Mittelspannungsnetzen mit nie­ derohmiger Sternpunkterdung lässt sich mit den messenden Relais der „IOw“-Reihe zum Beispiel ein Null­ stromzeitschutz realisieren und beste­ hende Schaltzellen damit nachrüsten. Die zeitliche Verzögerung der Mel­ dung oder der Leistungsschalterauslö­ sung kann in dem messenden Relais integriert sein. Für eine gefahrlose Schutzrelaisprüfung sollte die An­ schaltung dieser Relais, wie bei den komplexen Schutzsystemen, über Prüfsteckleisten erfolgen. Die Geräte erfüllen die Forderung der VDNRichtlinie für digitale Schutzsysteme [2], dass an Stromwandler mit Schutz­ kern angeschlossene Verbraucher der Belastung des 100-fachen Wandler­ nennstroms für 1 s genügen müssen. Bei vielen Relais wird die Anregung über eine mechanische, rot-weiße Fallklappe auch im stromlosen Zu­ stand dauerhaft bis zur Rückstellung per Hand angezeigt. Netzbetreiber rüsten ihre Netze mit isoliertem oder kompensiertem Stern­ punkt, entsprechend der DIN VDE 0101 (VDE 0101) [3], mit einer Erd­ schlussüberwachung aus. Damit muss ein Erdschluss sicher erfasst, gemeldet und gegebenenfalls abgeschaltet wer­ den können. Realisieren lässt sich die­ se Forderung, indem an der offenen Dreieckswicklung eines einpoligen Spannungswandlersatzes -T5, in der Regel an der Netzeinspeisestelle, ein Überspannungsrelais -K5 installiert wird. Die bei einem Erdschluss auftre­ tende Verlagerungsspannung regt das Relais an, welches das Signal unver­ zögert zur Betätigungssperre der Sternpunkttrenner und verzögert als Meldung in die Netzleitstelle nutzt. Eine übliche Einstellung für die Anre­ gung ist bei U0 = 30 V [4]. Heft 7/2011 • Antriebs- & Schalttechnik L1 10 000 V 3 L2 L3 A A A N N N da da da -T5 100 V 3 dn dn dn 1 -F5LE -R5 100 V 3 -F5 n n n a a a 2 4 6 1 3 5 2 -K5 A1 A2 zum Distanzschutz F301 Bild 2. Unselektive Erdschlusserfassung in einem 10-kV-Netz Erdschlusserfassung Als Anschaltung für eine 10-kVErdschlusserfassung (Bild 2) eignet sich das Überspannungsrelais „UEw01“, mit seinem nicht veränder­ baren Einstellwert von 28 V und einer Arbeitsstromfallklappe. Seine Hilfs­ energie entnimmt es der Verlage­ rungsspannung. Mit der in Bild 1 ge­ zeigten Anschaltung lässt sich der sogenannte unselektive Erdschluss, also ohne Richtungsentscheid, erfas­ sen. Für eine Richtungserfassung muss pro Mittelspannungsabgang ­zusätzlich noch die Nullstromkompo­ nente über Kabelumbauwandler einem Erdschlussrichtungsrelais zugeführt werden. Da das Überspannungsrelais „UEw01“ ausschließlich für die Erdschlusser­ fassung eingesetzt wird, wäre bei ei­ ner Weiterentwicklung die Integration einer zeitlichen Verzögerung wün­ schenswert. Um die Meldung von Erd­ schlusswischern zu verhindern, ist dazu heute noch zusätzlich ein Zeit­ relais mit einer Verzögerung von 10 s nachzuschalten. Mit dem Einsatz von Unterspan­ nungsrelais kann der Unterspan­ nungsschutz bei Motorabgängen bzw. die Abfrage der anstehenden Span­ nungen bei einer automatischen Um­ schaltung zwischen zwei Netzen rea­ lisiert werden. Hier genügt in der ­Regel die Erfassung der anstehenden • Heft 7/2011 verketteten Spannung zwischen zwei Außenleitern, zum Beispiel zwischen Leiter L1 und L3. Da man im Mittel­ spannungsnetz von einer symmetri­ schen Belastung ausgehen kann, ge­ nügt für eine Überlastmeldung der Einbau eines einzelnen, einpoligen Überstromrelais, zum Beispiel im Lei­ ter L2. Fazit Auch im Zeitalter der Digitalisie­ rung gibt es noch eine Vielzahl von Anwendungsgebieten für klassische Hilfsrelais. Beispielsweise kommen die elektromechanischen Steuerrelais der Relog-Baureihe 2RH in der Sekundär­ technik der Energieversorgung zum Einsatz. Diese Hilfsrelais haben vier Wechslerkontakte und sind mit Schauzeichen oder Fallklappe in Ar­ beits- oder Ruhestromausführung er­ hältlich. Literatur [1]EAW Relaistechnik GmbH, Berlin: www.eaw-relaistechnik.de [2]Richtlinie für digitale Schutzsyste­ me:2003-11 Verband der Netzbetreiber – VDN – e.V. beim VDEW, (www.vde.de/de/ fnn/dokumente/documents/richtliniedigitale-schutzsysteme_vdn2003-11.pdf) [3]DIN VDE 0101 (VDE 0101):2000-01 Stark­ stromanlagen mit Nennwechselspannungen über 1 kV. Berlin · Offenbach: VDE VERLAG [4]Schossig, W.: Netzschutztechnik, Berlin: VDE VERLAG, 2007 (ISBN 978-3-80073028-5) n 3