Berlin, Januar 2015 Bürger verorten die AfD deutlich rechts von der Union Die Positionierung der politischen Parteien im Links-Rechts-Kontinuum Nach ihren Wahlerfolgen bei der Europawahl und den drei Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen ist die Alternative für Deutschland in vier Parlamenten vertreten. Bei der Hamburger Bürgerschaftswahl Mitte Februar hat sie nach aktuellen Umfragen zumindest die Chance auf einen Einzug in das Stadtparlament.1 Mit ihren politischen Forderungen sieht sich die vor zwei Jahren gegründete Partei mit dem Vorwurf des „Rechtspopulismus“ konfrontiert. Der Wahlkampf z.B. zur sächsischen Landtagswahl im Spätsommer 2014 sowie das Zugehen auf die islamkritische „Pegida“-Bewegung weisen auf eine inhaltliche Positionierung rechts der Mitte hin.2 Die Partei selbst kontert dies mit dem Hinweis „Rechts und Links haben ausgedient“3. Das sehen die Wähler anders: Für sie ist das Links-Rechts-Schema – in der Regel erhoben anhand einer Skala von 1 „links“ bis 11 „rechts“ (Mittelwert bei 6) – nach wie vor ein passender Orientierungsrahmen zur Positionierung der Parteien im politischen Raum.4 Sie haben keinerlei Probleme, die im Bundestag vertretenen Parteien sowie die wichtigsten parlamentarisch nicht vertretenen Parteien zu verorten. Dies zeigt eine Ende 2014 durchgeführte repräsentative Bevölkerungsumfrage von infratest dimap, bei der neben den fünf Bundestagsparteien CDU, CSU, SPD, Linke und Grüne auch die FDP und die Alternative für Deutschland untersucht wurden. Aus Sicht der Wählerinnen und Wähler in Deutschland gehört die AfD klar zum rechten Teil des Parteienspektrums: Die AfD ist mit einem Durchschnittswert von 7,5 die Partei, die von den sieben abgefragten politischen Gruppierungen am weitesten rechts positioniert wird. Die erst vor zwei Jahren gegründete Partei wird damit von der Bürgern an einer Stelle positioniert, die noch vor wenigen Jahren von der Union besetzt wurde: Die Christdemokraten wurden 2001 (ein Jahr nach der Übernahme des Parteivorsitzes durch Angela Merkel) mit 7,5 genau auf der Position im politischen Spektrum verortet, die in den Augen der Bürger jetzt von der AfD eingenommen wird. Seitdem hat sich vor allem die CDU, aber auch die CSU, aus Sicht der Wahlberechtigten immer weiter Richtung Mitte bewegt und damit sehr viel Platz auf der rechten Seite des Parteienspektrums freigemacht. Weder die CSU noch die rechtsradikale 1 Siehe die Ergebnisse des HamburgTREND im Auftrag des NDR unter http://www.infratestdimap.de/umfragen-analysen/bundeslaender/hamburg/sonntagsfrage/ 2 In einer Untersuchung der ideologisch-programmatischen Positionen der Parteien vor der Bundestagswahl 2013 mit Hilfe einer Inhaltsanalyse konnte die AfD wegen einer zu geringen gesamtwortzahl und zu weniger Positionsissues nicht einbezogen werden. Vgl.: Bender, Steffen u.a. (2014): Die Policy-Positionen der Parteien bei der Bundestagswahl 2013. Eine Analyse mit dem Duisburger-Wahl-Index, Duisburg. Auch für ihr Wahlprogramm zur Europawahl 2014 „…konnte (…) keine durchgängig valide Positionierung vorgenommen werden.“ Vgl.: Gath, Manuel u.a. (2914): Der DuisburgerWahl-Index (DWI) zur Europawahl 2014. Policy-Positionen von CDU, CSU, SPD, Grünen, FDP, Linke, AfD und Piraten zur Europawahl 2014 im Vergleich, Duisburg, S. 8. 3 AfD (2014): Rechts und Links haben ausgedient, Pressemitteilung vom September 2014, http://www.alternativefuer.de/afd-rechts-und-links-haben-ausgedient/, heruntergeladen am 22.01.2015. 4 Zur Bedeutung der Links-Rechts-Einordnung als zentrale Entscheidungshilfe für Wahlabsichten siehe Anja Neundorf (2012): Die Links-Rechts-Dimension auf dem Prüfstand: Ideologisches Wählen in Ost- und Westdeutschland 1990 bis 2008, in: Rüdiger Schmitt-Beck (Hrsg.): Wählen in Deutschland, Sonderheft der PVS 45/2011, Baden-Baden. © Infratest dimap Seite 1 von 4 NPD schränken dort die Freiräume der AfD ein, denn die eine ist als bayerische Regionalpartei in ihrem Wirkungsraum begrenzt und die andere ist mit 9,3 (Wert vom April 2013) extrem weit rechts verortet. Zum Vergleich: Die Profilierungsmöglichkeiten der Piratenpartei waren deutlich begrenzter, weil ihnen auf der linken Seite des Parteienspektrums zwischen Grünen und SPD nur wenig ideologisch-programmatischer Spielraum blieb. ARD-DeutschlandTREND: Oktober 2014 Verortung auf dem Links-Rechts-Kontinuum im Zeitverlauf selbst links 04/1998 rechts **04/2001 NPD 02/2008 10/2010 04/2012 04/2013 10/2014 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Einstufung der eigenen Person, sowie der Parteien, auf einem Links-/Rechts-Kontinuum Links = 1; Rechts = 11 Angegeben ist der Mittelwert **CDU und CSU gemeinsam abgefragt Bemerkenswert ist der große Unterschied zwischen der „Fremd-„ und „Eigenwahrnehmung“ bei der politischen Verortung der Alternative für Deutschland: Die Anhänger der AfD stufen „ihre“ Partei mit 6,7 viel näher an der politischen Mitte ein als die Wahlberechtigen insgesamt (7,5). Damit ist die Differenz so groß wie bei keiner anderen Partei. Dies hängt auch damit zusammen, dass sich die Anhänger in der Selbsteinstufung eher Richtung Mitte (6,4) und damit nahe bei den Anhängern der Unionsparteien (6,0) verorten. Für die Unions-Anhängerschaft dürfte die neue Partei allerdings zurzeit keine wirkliche Alternative darstellen, denn mit einer Einstufung von 7,5 ist die Differenz von 1,5 Punkten zur eigenen Positionierung beträchtlich. Dass die AfD bzw. deren Anhängerschaft relativ weit rechts positioniert ist, zeigt sich auch beim Rechtspotenzial, das infratest dimap im Januar 2015 im Rahmen einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage erhoben hat. Der Anteil der Parteianhänger, die sich auch die Wahl einer rechtsradikalen Partei wie der NPD oder die Republikaner vorstellen können ist mit 25 Prozent im AfD-Lager mit Abstand am größten. In der Gesamtbevölkerung sind es 7 Prozent. © Infratest dimap Seite 2 von 4 ARD-DeutschlandTREND: Oktober 2014 Verortung auf dem Links-Rechts-Kontinuum Mitte Selbsteinstufung links rechts 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 10 11 Verortung der Partei durch AfD-Anhänger Selbsteinstufung der AfD-Anhänger rechts links Verortung der Partei durch Gesamtbevölkerung 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Einstufung der eigenen Person, sowie der Parteien, auf einem Links-/Rechts-Kontinuum Links = 1; Rechts = 11 Angegeben ist der jeweilige Mittelwert Mit einigem Abstand wird die CSU von den Deutschen mit 6,8 stärker Richtung Mitte verortet als die AfD. Deren Schwesterpartei CDU wird mit 6,2 sehr nah am Zentrum des politischen Spektrums eingestuft. Ähnlich nah an der Mitte ist die FDP positioniert (5,8). Bemerkenswert ist, dass die Liberalen wie 2013 etwas links der Mitte eingestuft werden. Klar zum linken Parteienspektrum gehören aus Sicht der Wahlberechtigten die SPD (5,0), die Grünen (4,5) und DIE LINKE (2,9). Die Linkspartei ist in der Wahrnehmung der Bürger im Vergleich zur letzten Messung im April 2013 (2,5) deutlich Richtung Mitte gerückt, bleibt aber die aus Sicht der Bürger mit Abstand am weitesten links stehende Partei im deutschen Parteiensystem. Auch die Sozialdemokraten, die Anfang 2013 mit 4,7 eingestuft wurden, sehen die Deutschen jetzt etwas mehr Richtung Mitte positioniert. Die GRÜNEN-Anhänger dokumentieren mit ihrer eigenen Selbsteinstufung von 4,2 ein hohes Maß an Übereinstimmung der eigenen Position mit der Position der Partei (0,1 Punkte Differenz). Ähnlich gilt das für die Anhänger der CDU (6,0 / 0,2 Punkte Differenz) sowie der SPD (5,0 / 0,3 Punkte Differenz) und der AfD (6,4 / 0,3 Punkte Differenz). Am größten ist der Unterschied bei der Linken, deren Anhänger sich bei 3,6 verorten, ihre Partei jedoch deutlich weiter links bei 2,6. Die SPD-Anhängerschaft positioniert sich und ihre Partei am nächsten an der durchschnittlichen Selbsteinstufung der Gesamtbevölkerung (5,4). Bei der CDU-Anhängerschaft ist die Differenz nur geringfügig größer. © Infratest dimap Seite 3 von 4 Untersuchungsanlage: Grundgesamtheit: Wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland ab 18 Jahren Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl / DualFrame (Relation Festnetz/Mobilfunknummern 70:30) Erhebungsverfahren: Computergestützte Telefoninterviews (CATI) Fallzahl: 1.002 Befragte Erhebungszeitraum: 29. bis 30. September 2014 Fehlertoleranz: 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte * bei einem Anteilswert von 5% ** bei einem Anteilswert von 50% Frage_1: Man spricht in der Politik immer wieder von „links“ und „rechts“. Wenn Sie einmal an die Parteien in Deutschland denken: Wo würden Sie <Parteiname> auf einer Skala von 1-11 einordnen, wobei 1 bedeutet, dass die Partei „links“ ist und 11 bedeutet, dass die Partei „rechts“ ist. Mit den Werten dazwischen können Sie ihre Einschätzung abstufen. Frage_2: Und wie ist das mit Ihnen selbst? Wo würden Sie sich auf einer Skala einordnen, bei der 1 „links“ bedeutet und 11 „rechts“? Kontakt: Heiko Gothe Associate Director Wahl- und Meinungsforschung [email protected] Web: http://www.infratest-dimap.de Twitter: https://twitter.com/infratestdimap Infratest dimap Gesellschaft für Trend- und Wahlforschung mbH Moosdorfstr. 7-9 12435 Berlin Tel. 030-53322-110 © Infratest dimap Seite 4 von 4