Diskussion Radiotherapie von Schilddrüsentumoren des Hundes Zur Therapie invasiver Schilddrüsenkarzinome beim Hund mit externer Radiotherapie existieren nur wenige Publikationen (Brearley et al., 1999b; Theon et al., 2000b; Pack et al., 2001). Mauldin (1992) beschreibt diese Tumoren als „ziemlich“ strahlenresistent gegenüber therapeutisch anwendbaren Strahlendosen. Neuere Studien scheinen diese These nicht zu unterstützen. Brearley et al. (1999b) konnten mit einer niedrigen Gesamtdosis von 36 Gy in vier Fraktionen eine mediane Überlebenszeit von 24 Monaten (1,5 bis 61 Monate) erreichen. Der Einsatz eines kurativen Protokolls führte in einer weiteren Studie zu einer medianen Überlebenszeit von 24,5 Monaten (Pack et al., 2001). Theon und Mitarbeiter (2000) ermittelten nach ein und drei Jahren eine PFS-Rate von 80 % bzw. 72 %. Das bedeutet, daß nach ein und drei Jahren 80 % bzw. 72 % der Patienten weder ein Tumorrezidiv hatten noch an den Folgen des Tumors verstorben waren. Im Vergleich zur chirurgischen Therapie, die mit medianen Überlebenszeiten von sieben Monaten verbunden ist (Harari et al., 1986; Mitchell et al., 1979), scheint die Radiotherapie deutlich effektiver zu sein. Da Schilddrüsenkarzinome zur Metastasierung neigen und Metastasenbildung oft das finale Ereignis für die behandelten Patienten darstellt (Harari et al., 1986; Pack et al., 2001), erscheint eine systemische Therapie zur Metastasenpräventionen und –therapie sinnvoll. Theon et al. (2000b) erreichten durch Einsatz eines kurativen Protokolls bei 25 Hunden mit invasivem Schilddrüsenkarzinom ohne röntgenologische Anzeichen für Lungenmetastasen eine mittlere progressionsfreie Überlebenszeit von 45 Monaten. Brearley et al. (1999b) ermittelten in einer Gruppe von 13 Tieren, von denen fünf zum Zeitpunkt der Diagnosestellung röntgenologisch Hinweise auf Lungenmetastasen hatten, eine mediane Überlebenszeit von 24 Monaten. Sie stellten allerdings fest, daß dieser Faktor nicht mit der Überlebenszeit korrelierte (Brearley et al., 1999b). Demnach kann bei Patienten mit Lungenmetastasen nicht prinzipiell von einer infausten Prognose ausgegangen werden. Eine lokale Therapie scheint abhängig vom Allgemeinzustand des Patienten durchaus indiziert, da das Metastasenwachstum offensichtlich auch protrahiert verlaufen kann. Ein Zusammenhang zwischen lokaler Tumorkontrolle und der Bildung von Metastasen ist beschrieben, eine Beeinflussung des Wachstums bereits bestehender Metastasen durch lokale Tumortherapie wird allerdings nicht vermutet (Theon et al., 2000b). Der Einsatz der Chemotherapie ist wenig erprobt. Cisplatin und Doxorubicin wurden zwar zur Therapie dieser Tumoren eingesetzt und führten zu medianen Überlebenszeiten von 3,3 bis 8,3 Monaten (Jeglum und Whereat, 1983; Fineman et al., 1998). Die Patienten dieser Studien erhielten diese Medikamente jedoch in mehreren Fällen zur Behandlung von Rezidiven, oder es handelte sich um Tumoren, die sich anderen Chemotherapeutika gegenüber schon als resistent erwiesen hatten. Des weiteren wurden unterschiedliche Therapiekombinationen mit chirurgischem Vorgehen, Radiotherapie und anderen Chemotherapeutika durchgeführt, so daß die Effektivität von Cisplatin und Doxorubicin nicht zu beurteilen ist. Eine weitere Form systemischer Therapie ist die Verabreichung des Radionuklids 131 Jod (Adams et al., 1995). Bei einem von sieben behandelten Hunden konnte ein Wachstumsstillstand, bei einem zweiten eine Größenabnahme pulmonaler Läsionen festgestellt werden. Allerdings führte diese Therapie bei keinem Patienten zu einer Größenabnahme des bei allen Patienten nicht-funktionellen Primärtumors, und alle Patienten waren als Folge der Therapie hypothyreot. Peterson und Mitarbeiter (1989) beobachteten bei einem Hund mit funktionellem Karzinom einen Rückgang des Tumorvolumens um 25 %. Der Patient wurde euthyreot. Die durch die Raumforderung des Tumors bedingte respiratorische Symptomatik besserte sich. Diese Therapie erscheint deswegen eher für hyperthyreote Tiere mit funktionellen Tumoren geeignet zu sein als für Patienten mit nicht funktionellen invasiven Tumoren, die durch ihren raumfordernden Charakter klinische Probleme verursachen. Der vorhandenen Literatur zufolge ist für verschiebliche abgrenzbare Tumoren die chirurgische Exzision indiziert und mit sehr guten Erfolgen verbunden (Klein et al., 1995). Bei der Behandlung Schilddrüsenkarzinomen von auch invasiven bei nicht schon verschieblichen bestehenden nicht funktionellen Lungenmetastasen ist die Megavoltradiotherapie in Form kurativer und palliativer Protokolle mit deutlich besseren Therapieergebnissen verbunden. Diskussion Radiojodtherapie bei Hyperthyreose der Katze Obwohl alle Behandlungsmethoden ihre Vor- und Nachteile haben, favorisieren doch viele Autoren die Radiojodtherapie als Therapie der Wahl für die meisten hyperthyreoten Katzen (Turrel et al., 1984b; Feldmann und Nelson, 1996b; Meric et al., 1986; Peterson 1995; Peterson und Becker, 1995). Im Vergleich zu medikamentöser und chirurgischer Therapie hat die Radiojodtherapie überzeugende Vorteile. Es ist keine tägliche orale Medikation, die sich bei Katzen schnell schwierig gestalten kann, erforderlich, und die Risiken einer Anästhesie und postoperativer Komplikationen können vermieden werden (Birchard et al., 1984; Flanders 1999). Diskussionsgegenstand ist immer noch die Wahl der Dosisermittlung („Tracer“-Studie vs. „Scoring“-System vs. feste Dosis) und die Art der Applikation (intravenös vs. subkutan) (Peterson und Becker, 1995). Nicht geeignet ist die Radiojodtherapie für Katzen, die aufgrund ihres Zustandes nicht isoliert gehalten werden können und intensivere medizinische Betreuung benötigen. Der Umgang mit offenen radioaktiven Stoffen, personelle Voraussetzungen sowie prinzipielle Anforderungen an räumliche Gegebenheiten sind über die Strahlenschutzverordnung gesetzlich reglementiert. Behandelte Tiere müssen hospitalisiert und isoliert gehalten werden, bis die von ihnen ausgehende Strahlung einen festgesetzte Grenzwert unterschreitet. Entsprechende Auflagen werden vom Landesamt für Umweltschutz erteilt, das die Inbetriebnahme einer solchen Therapieeinheit genehmigen muß. In den USA müssen alle für die Tiere verwendeten Utensilien sowie alle Exkrete als radioaktiver Abfall entsorgt werden. Je nach gesetzlich festgelegtem Grenzwert und effektiver Halbwertszeit des Radionuklids beim einzelnen Patienten reicht die Dauer des stationären Aufenthaltes von einer bis zu über fünf Wochen (Meric und Rubin, 1990; Peterson und Becker, 1995). Nach Knietsch et al. (2002) ist die γ-Kameradosimetrie geeignet für die Bestimmung des möglichen Entlassungstermins. Peterson und Becker (1995) konnten bei acht von 524 Katzen durch Radiojodtherapie den hyperthyreoten Zustand nicht beheben. Dabei handelte es sich bei sieben Katzen um Tiere, die sehr große Tumoren, schwere klinische Symptome und extrem hohe T4-Konzentrationen aufwiesen. Auch andere Autoren stellten diesen Zusammenhang fest (Turrel et al., 1984b; Meric et al., 1986). Unter Umständen haben diese Patienten eine größere Anzahl adenomatöser hormonproduzierender Zellen, so daß die verabreichte Dosis nicht zur Zerstörung ausreichend ist. Obwohl bei 16 % der Tiere einer Studie (Peterson und Becker, 1995) T4-Konzentrationen unterhalb des Referenzbereiches gemessen wurden, zeigten nur etwa 2 % der Katzen Symptome einer Hypothyreose. Bei vielen Tieren mit niedrigen T4-Konzentrationen befanden sich diese bei erneuter Messung nach einigen Monaten wieder im Referenzbereich. Auch in der Humanmedizin wird über eine transiente Hypothyreose nach Radiojodtherapie berichtet (Connell et al., 1983; Sawers et al., 1980). Dieser Beobachtung liegt vermutlich zugrunde, daß sich das Radiojodid maximal in hyperplastischem und neoplastischem Schilddrüsengewebe anreichert und nur zu einem sehr geringen Anteil im supprimierten normalen Parenchym. Dieses regeneriert und nimmt seine normale Funktion einige Wochen nach Zerstörung des überfunktionellen Gewebes wieder auf. Die Dosisermittlung kann unterschiedlich erfolgen. Die anspruchsvollste Methode ist die Berechnung der Dosis nach Szintigraphie und „Tracer“-Studien, was jedoch für die Patienten mit zusätzlichen diagnostischen Maßnahmen und längerer Hospitalisierungszeit verbunden ist. Bei Errechnung der Dosis nach dieser Methode reicht die Rate an euthyreoten Katzen von 64 bis 94 % (Turrel et al., 1984b; Meric et al., 1986; Slater et al., 1994; Theon et al., 1994a). Die errechnete Dosis betrug 37 bis 329 MBq. Viel einfacher und ebenfalls mit einer Erfolgsrate von über 90 % verbunden, ist die Anwendung eines Scoring-Systems, das die Schwere der klinischen Symptome, die Höhe der T4-Serumkonzentration und die durch Palpation geschätzte Schilddrüsengröße berücksichtigt (Mooney 1994; Peterson und Becker, 1995). Diese Methode wurde in zwei Studien mit insgesamt fast 600 Patienten evaluiert. Die verabreichten Dosen reichten von 74 bis 222 MBq. Bei Verabreichung einer festen Dosis von 148 bis 300 MBq konnten dagegen in keiner Studie Erfolgsraten über 90 % erreicht werden (Meric und Rubin, 1990; Malik et al., 1993). 131 Jod kann intravenös, subkutan und oral verabreicht werden. Die orale Gabe kann sich problematisch gestalten und durch auftretendes Erbrechen kompliziert werden (Malik et al., 1993). Der Behandlungserfolg variiert nicht bei subkutaner und intravenöser Verabreichung (Mooney 1994; Theon et al., 1994a). Durch subkutane Verabreichung erübrigt sich das Legen eines intravenösen Katheters, die Entfernung des kontaminierten Katheters nach der Behandlung und Maßnahmen zur Blutstillung im konatminierten Bereich (Mooney 1994). Die Strahlenbelastung für das durchführende Personal war in einer Studie bei subkutaner Verabreichung signifikant niedriger als bei intravenöser Gabe (Theon et al., 1994a). Die subkutane Verabreichung war zudem für die behandelten Tiere mit weniger Manipulation und Streß verbunden. Die subkutane Verabreichung ist demnach effektiv, streßfrei und mit der geringsten Strahlenbelastung für das Personal verbunden und scheint damit die optimale Applikationsart zu sein. Bei der Betrachtung der Überlebenszeit einer größeren Gruppe alter hyperthyreoter Katzen suchten die Autoren nach prognostischen Parametern mit Hilfe von Daten, die zum Zeitpunkt der Diagnosestellung vorhanden waren (Slater et al., 2001). Bei 99 von 231 Katzen wurde vor Therapie ausschließlich eine Herzerkrankung festgestellt, bei zwölf von 231 wurden Herzund Nierenerkrankungen, und bei 87 der Katzen wurden Herzerkrankungen und andere Krankheiten diagnostiziert. Sie stellten fest, daß ausschließlich Alter und Geschlecht signifikant mit der Überlebenszeit korrelierten. Damit ist, wie auch in anderen Studien festgestellt wurde (Slater et al., 1994; Peterson und Becker, 1995), die Überlebenszeit der radiojodtherapierten Tiere meist limitiert duch andere Erkrankungen der oft geriatrischen Patienten und keine unmittelbare Folge der Hyperthyreose.