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ATV-DVWK-Regelwerk
ATV - REG ELW ERK
ABW ASSER - ABFALL
ATV-M 267
Radioaktivität in Abwasser und Klärschlamm
DK 628.312.+.336.1:539.16
August 1995
Mitglieder der DVGW/BGW/ATV/FW-Kommission "Radioaktive Substanzen und Wasser"
(Stand 1994)
Prof. Dr. Haberer, Wiesbaden (Obmann)
RegDir. Hübel, München
Dr. Jörns, Eschborn
Dr. Kraus, Eschborn
Dr. Kreisel, Wiesbaden
Dr. Mundschenk, Koblenz
Dr. Neitzel, Essen
Dipl.-Phys. Rühle, Berlin
RA Seeliger, Bonn
Prof. Dr. Soeder, Jülich
Dr. Stöber, Düsseldorf
Mitglieder der ad-hoc-Arbeitsgruppe "Radioaktivität in Abwasser und Klärschlamm" der ATV
Prof. Dr. Soeder, Jülich (Sprecher)
Dr. Heinemann, Jülich
Prof. Dr. Koppe, Mühlheim a.d. Ruhr
Dr.-Ing. Loll, Darmstadt
Dr. Neitzel, Essen
Dipl.-Phys. Rühle, Berlin
Die ad-hoc-Arbeitsgruppe dankt ferner Herrn Dr. Th. Bünger (Leitstelle beim WaBoLu,
Berlin) für viele wertvolle Anregungen und Korrekturhinweise.
1 Einleitung
Falls sich beim Umgang mit radioaktivem Material ein Unfall mit überörtlicher Auswirkung
ereignet (insbesondere bei der Kernenergienutzung), kann es vorübergehend zu einem
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Anstieg der Radionuklidkonzentrationen im kommunalen Abwasser und zu deren
Anreicherung in den Klärschlämmen kommen. Stark radioaktiv belastete Klärschlämme
oder Schlammaschen ergeben unter Umständen eine zusätzliche Strahlenexposition des
technischen Personals von Klärwerken.
Nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl bat die Abwassertechnische Vereinigung (ATV) die
DVGW/BGW/ATV/FW-Kommission "Radioaktive Substanzen und Wasser", die Bedeutung
eines radioaktiven Stör- und Unfalls mit Freisetzung von Radionukliden für den
klärtechnischen Bereich in einem Hinweisblatt darzustellen. Der Deutsche Verein des Gasund Wasserfaches e.V. (DVGW) vereinbarte mit der ATV, zunächst das DVGW-Merkblatt
W 253 "Trinkwasserversorgung und Radioaktivität" zu novellieren und dann erst das von
einer ad-hoc-Arbeitsgruppe der ATV vorzubereitende Merkblatt herauszugeben, um die
allgemeine Darstellung der radiologischen Grundlagen aus dem Merkblatt W 253
gleichlautend übernehmen zu können (DVGW 93).
Das vorliegende Merkblatt soll bei einem nuklearen Stör- und Unfall den Betreibern
öffentlicher Abwasserreinigungsanlagen und dazu gehörender Deponien eine
Orientierungshilfe sein und zu vorsorgenden Maßnahmen für den Arbeitsschutz in
Klärwerken anregen ( vgl. hierzu auch die Kurzfassung "Wichtige Hinweise für den Betrieb
von Abwasserbehandlungsanlagen im Falle einer durch radioaktive Stoffe bedingte
Notfallsituation" [ ATV 95] ). Hierfür wird die Bundesregierung im Notfall besondere
Maßnahmen anordnen. Die dabei im übrigen zu beachtenden rechtlichen Bestimmungen
werden in diesem Merkblatt erläutert. Sie beziehen sich jedoch nicht speziell auf eventuelle
nukleare Notfallsituationen auf Kläranlagen.
Die ständige Überwachung der Radioaktivität in Abwasser und Klärschlamm im Rahmen
des Routinemeßprogramms gemäß dem Strahlenschutzvorsorgegesetz (StrVG) obliegt den
amtlichen Meßstellen (s. Anhang 2). Die Überwachung der Ableitung radioaktiver Abwässer
aus kerntechnischen Anlagen sowie die Überwachung der Umgebung solcher Betriebe
erfolgen hingegen nach den Bestimmungen der Richtlinie zur Emissions- und
Immissionsüberwachung kerntechnischer Anlagen (REI) und nach der
Sicherheitstechnischen Regel des Kerntechnischen Ausschusses (KTA 1504).
Nach einem nuklearen Stör- und Unfall sind zum allgemeinen Schutze der Bevölkerung
gemäß StrVG erforderlichenfalls Intensivmeßprogramme in der Umwelt durchzuführen,
nicht aber um die Arbeitssicherheit in Klärwerken sicherzustellen. Der nukleartechnische
Begriff "Störfall" im Sinne der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) bezieht sich nicht auf
externe Betriebsstörungen bei Kläranlagen. Für diese sind die Einflüsse nuklearer Stör- und
Unfälle "externe Betriebsstörungen", wie sie auch durch andere unvorhersehbare
Einleitungen in die Kanalisation hervorgerufen werden können (z.B. Tankwagenunfälle,
Ölalarm, Chemikalienaustritt aus Industriebetrieben).
Entsprechend seiner Zielsetzung behandelt das Merkblatt in einzelnen Abschnitten
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zunächst die Grundlagen der Radioaktivität, die Eigenschaften radioaktiver Stoffe, die
Maßeinheiten und die Grundsätze des Strahlenschutzes. In weiteren Abschnitten werden
Vorkommen und Herkunft radioaktiver Stoffe aus zahlreichen Quellen, das Auftreten und die
Verbreitung radioaktiver Stoffe in öffentlichen Abwasseranlagen und ihr Verhalten bei der
Abwasserbehandlung dargelegt. Weiterhin werden Vorsorgemaßnahmen zum Schutz der
Beschäftigten beim Umgang mit radioaktiv belasteten Klärschlämmen, die
Zwischenlagerung radioaktiv belasteter Schlämme und die Messung radioaktiver Stoffe im
Wasser beschrieben. Hinweise auf die einschlägigen Gesetze und Verordnungen und
Zusammenstellung der einschlägigen Literatur beschließen das Merkblatt. In Anhängen
werden neben Begriffserklärungen und Einheiten vor allem auch ein aktuelles Verzeichnis
der Leitstellen und der amtlichen Meßstellen mit ihren Anschriften gegeben. Dieser
letztgenannte Anhang muß von Zeit zu Zeit aktualisiert werden. Das Merkblatt soll dazu
verhelfen, in Notfällen möglichst rasch die erforderlichen Maßnahmen treffen und die hierzu
erforderlichen amtlichen Informationen erhalten zu können.
2 Radioaktive Stoffe
Bausteine der Materie sind die Atome. Jedes Atom besteht aus dem Atomkern und der
Atomhülle. Der Kern enthält elektrisch positiv geladene Teilchen (Protonen) und elektrisch
neutrale bzw. ungeladene Teilchen (Neutronen). Die Anzahl der Protonen (positive
Elementarladungen) ist im elektrisch neutralen Atom gleich der Anzahl der Elektronen
(negative Elementarladungen), welche die Atomhülle bilden. Die Anzahl der Elektronen und
ihre Anordnung in der Elektronenhülle bestimmen die chemischen Eigenschaften des
Elements. Die Anzahl der Protonen im Kern bestimmt die Ordnungszahl im Periodensystem
der Elemente.
Die Masse (Atomgewicht) der Atome wird im wesentlichen durch die Anzahl der Protonen
und der Neutronen bestimmt. In Kernen gleicher Protonenzahl, d. h. zur gleichen
Ordnungszahl gehörenden Kernen, kann die Anzahl der Neutronen verschieden sein. Es
gibt also Atome mit gleichartigem chemischem Verhalten, jedoch verschiedener
Massenzahl. Solche Atome nennt man "Isotope".
Durch die Angabe von Ordnungs- und Massenzahl ist jede Atomart sowohl in bezug auf ihre
chemischen Eigenschaften als auch auf ihren kernphysikalischen Aufbau charakterisiert.
Vereinbarungsgemäß schreibt man die Massenzahl links oben und die Kernladungs- bzw.
Ordnungszahl links unten neben das chemische Symbol des betreffenden Elementes, z.B.
für Strontium:
90 = relative Atommasse (früher "Atomgewicht")
90
Sr
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