Magdalena Schreilechner - Alle Dreiecke sind gleich Alle Dreiecke sind gleich • Das Experiment: Mit einem Projektor wird ein Netz aus aneinandergrenzenden gleichseitigen Dreiecken auf eine weiße Wand projiziert. Der Schüler bekommt nun ein beliebig geformtes und an einem Stab befestigtes Dreieck. Seine Aufgabe ist es, das Dreieck so in den Strahl des Projektors zu halten, dass sein Schatten genau mit einem der gleichseitigen Dreiecke zusammenfällt. Die einzige Bedingung an das Dreieck ist, dass es eine bestimmte Größe nicht überschreitet darf. • Mathematischer Hintergrund: Dem Ergebnis des Experiments, dass man jedes beliebige Dreieck auf ein gleichseitiges Dreieck beliebiger Größe projizieren kann, liegt eine geometrische Projektion zugrunde. Bei einer Projektion werden Punkte des dreidimensionalen Raumes, auf Punkte in einer Ebene, der Projektionsebene (Bildebene B), abgebildet. Schneiden sich alle Verbindungsgeraden, die sogenannten Projektionslinien, welche von den Punkten des Raumes (P,Q) und den projizierten Punkten in der Ebene (P',Q') gebildet werden, in einem gemeinsamen Punkt, dem Projektionszentrum ( O ), so spricht man von einer Zentralprojektion. Im Fall des Experiments bildet der Projektor das Projektionszentrum, die Wand die Projektionsebene und das beliebige Dreieck das zu projizierende Objekt des dreidimensionalen Raumes. Das Ergebnis dieser Projektion ist zunächst ein beliebiges Schattenbild des Dreiecks auf der Ebene, und nur durch geschicktes Drehen wird es tatsächlich auf ein vorgegebenes gleichseitiges Dreieck abgebildet. Magdalena Schreilechner Seite 1 von 4 Magdalena Schreilechner - Alle Dreiecke sind gleich • Beweis: Gerard Desargues: Gérard Desargues (* 21. Februar 1591 in Lyon; † 1661 in Lyon) war ein französischer Architekt und Mathematiker. Er ist der Urheber des Gedanken, dass sich zwei parallele Geraden im Unendlichen schneiden. Satz von Desargues: Für zwei beliebige Dreiecke ABC und A'B'C', die in einer Ebene liegen gilt: Liegen die Schnittpunkte der Geraden AB mit A’B’: Z, AC mit A’C’:Y und BC mit B’C’:X auf einer Geraden, so schneiden sich die Geraden AA’, BB’ und CC’ in einem gemeinsamen Punkt P. Es gilt auch die Umkehrung. Beweisidee: Sei ABC ein beliebiges Dreieck im R3 (das Metalldreieck) und A’B’C’ ein gleichseitiges Dreieck in einer Ebene. Behauptung: Es gibt ein Zentrum Z , sodass sich die Geraden AA’, BB’ und CC’ in diesem Zentrum (ein Punkt im R3 ) schneiden. Es kann wie folgt eine „richtige“ Position für das Dreieck ABC gefunden werden: a) die Geraden A’B’ und AB, sowie A’C’ und AC, sowie B’C’ und BC schneiden sich, und b) Die Schnittpunkte sind kollinear, d.h. sie liegen auf einer Geraden. Man wählt eine Gerade g, die die Geraden A’B’, A’C’ und B’C’ in den Punkten A*, B* und C* schneidet. Man stellt sich nun die Punkte B* und C* als „Ösen“ vor, durch die die Geraden AB und AC gesteckt werden. Nun dreht man das Dreieck ABC solange, bis die Gerade BC durch die Öse A* zeigt. Da nun die Bedingungen a) und b) erfüllt sind, ist mit Hilfe des Satzes von Desargues, der besagt, dass sich die Geraden AA’, BB’ sowie CC’ tatsächlich in einem gemeinsamen Punkt schneiden, die Behauptung gezeigt. • Für die allgemeine Zentralprojektion gelten folgende Sätze: • Jeder Raumpunkt P hat einen eindeutig zugeordneten Bildpunkt P’. • Jeder Bildpunkt P' ist das Bild unendlich vieler Raumpunkte P, die alle auf dem Projektionsstrahl durch P' liegen. • Eine Gerade wird wieder als Gerade abgebildet. • Das Doppelverhältnis von vier auf einer Geraden liegenden Punkten bleibt erhalten. /PR/ : /PS/ = /QR/ : /QS/ Magdalena Schreilechner Seite 2 von 4 Magdalena Schreilechner - Alle Dreiecke sind gleich • Anwendungen der Zentralprojektion: Im Alltag findet man die Zentralprojektion zum Beispiel als Schattenbild. Die Sonne bildet das Projektionszenrtum und die Erdoberfläche die Projektionsebene, auf die alle Gegenstände und Personen projiziert werden. Im allgemeinen Fall steht das Projektionszentrum orthogonal auf die Projektionsebene, was aber bei der Sonne und der Erde nur selten der Fall ist, und das ist der Grund, warum das Schattenbild meist verzerrt ist und sich die Proportionen des abgebildeten Gegenstands in seinem Schatten ändern. Eine weitere Anwendung ist die Lochkamera. Das Projektionszentrum ist das kleine Loch der Lochkamera und steht nun, anders als in unserem Experiment, zwischen dem Objekt und der Projektionsebene. Da sich aber wiederum alle Projektionslinien in einem gemeinsamen Punkt treffen, und dieser zwischen den beiden Bildern liegt, entsteht auf der Projektionsebene nun ein verkehrtes Bild des Objektes. Das Projektionszentrum steht orthogonal auf die Projektionsebene, daher ist das projizierte Bild nicht verzerrt, sondern nur vergrößert oder verkleinert. Ob die Projektion größer oder kleiner ist als das Objekt selbst hängt einerseits vom Abstand des Objekts zum Lochkamera ab, und andererseits vom Abstand des Loches zur Projektionsebene: Bezeichnet G die Gegenstandshöhe ( = tatsächliche Größe des betrachteten Gegenstandes), g die Gegenstandsweite (= Abstand des Gegenstandes von der Lochscheibe), b die Bildweite (= Abstand von der Lochscheibe zur Projektionsebene) und B die Bildhöhe (= Höhe des erzeugten Bildes auf der Projektionsebene), so gilt: Diese Gleichung erhält man aus dem Strahlensatz. Magdalena Schreilechner Seite 3 von 4 Magdalena Schreilechner - Alle Dreiecke sind gleich Auch in der Kunst wird die Zentralprojektion als Hilfsmittel benutzt: Stich von Albrecht Dürrer(Sizzenbuch 1525). Das zuzeichnende Objekt wird mit einer Schnur, die in einem Zentrum befestigt ist, angepeilt, um so ein gutes Bild des Objekts erstellen zu können. Das Verfahren wurde „die Malerperspektive“ genannt. Magdalena Schreilechner Seite 4 von 4