Im Anfang schuf Gott die Zahl Vortrag von HEINZ-PETER HELMER im Rahmen des Spirituellen Sonntags, am 06.04.2014 in Essen Als Thema für den heutigen Tag habe ich mir die ersten Worte der Genesis ausgesucht. Das wird Sie vielleicht überraschen, aber zur Erklärung sei gesagt, dass ich mir gerade wieder einmal Friedrich Weinrebs Buch „Schöpfung im Wort“ vorgenommen hatte, als es galt, das Vortragsthema für den Spirituellen Sonntag festzulegen. Damit auch diejenigen von Ihnen, die mit den Grundzügen der Numerologie bzw. der Zahlenmystik oder Zahlen-Philosophie nicht so vertraut sind, die Hintergründe verstehen, will ich vorab ein paar grundsätzliche Punkte ansprechen. Es gibt zwei große Themen-Komplexe in der Zahlen-Philosophie: - die griechische Philosophie, die – ausgehend von dem Gelehrten Pythagoras und den Neuplatonikern - später in die Numerologie einmündet und - die jüdische Philosophie, die ihren Niederschlag in den Lehren der Kabbala findet. Während die griechische Philosophie das Universum mathematisch zu beweisen versucht, strebt die Kabbala an, über die Zahlenzusammenhänge ein tieferes Verständnis für die Texte der hebräischen Bibel zu erlangen. Sowohl im griechischen als auch im hebräischen Alphabet sind die Buchstaben gleichzeitig Zahlenzeichen, so dass jedes Wort zusätzlich auch als Zahl gelesen werden kann. Die Zahlenfolgen lauten: Grundzahlen: 1 –2 –3 –4 –5 –6 –7 –8 –9 Geistes-Ebene: 10 - 20 - 30 - 40 - 50 - 60 - 70 - 80 - 90 Schöpfungs-Zeit-: 100 – 200 - 300 – 400 Ebene Die qualitative Bedeutung der einzelnen Zahl wird in der höheren 10er und 100erEbene verstärkt, bleibt aber in ihrer Grundsubstanz, bzw. Grundaussage unverändert. Wörter, die in der Summe gleich sind, können untereinander ausgetauscht werden. Bei der Übertragung der 26 Buchstaben des Deutschen Alphabetes in eine Zahlenfolge, wird diese 9er-Einteilung beibehalten, so dass über die Quersummenrechnung die Grundzahlen gleich bleiben: Grundzahlen A=1 B=2 C=3 D=4 E=5 F=6 G=7 H=8 I=9 Höhere Ebene SchöpfungZeit-Ebene J = 10 K = 11 L = 12 M = 13 N = 14 O = 15 P = 16 Q = 17 R = 18 S = 19 T = 20 U = 21 V = 22 W = 23 X = 24 Y = 25 Z = 26 Die roten Zahlen zeigen die Übereinstimmungen mit dem hebräischen Alphabet an. Als Beispiel soll der Buchstabe M dienen, der sowohl im hebräischen als auch im deutschen Alphabet an 13. Stelle steht. Im hebräischen heißt der Buchstabe Mem mit der Zahl 40 im deutschen M ist es die 13 und in der Quersumme 1 + 3 = 4. Beide gehören damit zur gleichen Grundzahl 4. Damit soll es auch jetzt genug der Theorie sein. Wenden wir uns dem Beginn der Schöpfungsgeschichte zu: Die Bibel in der Übersetzung von Martin Luther beginnt mit den Worten: Am Anfang Schuf Gott (Himmel und Erde) Die Übersetzung beginnt also mit dem A, dem ersten Buchstaben des Alphabets und der Zahl 1, gefolgt von dem M, dem 13. Buchstaben. Wie gesehen ergibt das in der Quersumme die Zahl 4 (13 = 1+3). Es entsteht somit die Zahlenfolge 1 – 4. Mit dem Beginn „AM Anfang“ betont Luther die chronologische Reihenfolge der Schöpfung. Gott schuf zuerst/zunächst (1) Himmel und Erde und danach alles Weitere (4). Nur als Hinweis am Rande: Diese Zahlenfolge 1 – 4 erweist sich in der kabbalistischen Betrachtung der Texte als Schöpfungsformel, weil in den ersten 4 Zahlen schon die Vollendung durch die 10 beinhaltet ist (s. auch die Pythagoreische Tetraktys: 1+2+3+4=10. Es würde aber jetzt zu weit führen noch weiter auf diese Thematik einzugehen. Neben dieser Luther-Übersetzung gibt es aber noch eine zweite etablierte Anfangs-Variante, und zwar die des jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber (1878 – 1965) dessen Übersetzung mit den Worten beginnt „Im Anfang . . . „ Obwohl es sich nur um den Austausch eines einzigen Buchstaben handelt (Das A wird zum I) ist der Grundgedanke bei diesem Text ein völlig anderer. In der Buber-Übersetzung handelt es sich nämlich nicht um eine chronologische Abfolge der Schöpfungstaten, sondern es werden zwei unterschiedliche Zustände beschrieben. Der Zustand vor der Schöpfung, der zu Ende geht und der Beginn eines neuen Zustandes – den der Schöpfung selbst.. Vergleicht man die numerologischen Werte (i = der 9. Buchstabe) ergeben sich je nach Berechnung zwei unterschiedliche Zahlen-Kombinationen: 9 + 13 = 22 / 4 9 + 4 = 13 / 4 Auffällig ist, dass in beiden Berechnungen die Zahl 13 unterschiedlich auftaucht. Im Tarot handelt es sich bei dieser Zahl um die Karte „XIII Der Tod“, die das natürliche Ende einer Situation, einer Lebensphase, einer Epoche oder eines Projekts anzeigt. Ein „natürliches Ende“ deshalb, weil am 13. Tag zum letzten Mal der schmale Streifen des abnehmenden Mondes im Westen zu sehen ist, bevor er dann 3 Tage später als schmale Sichel des zunehmenden Mondes wieder am östlichen Nachthimmel aufgeht. Warum Martin Buber diese – von Luther abweichende – Formulierung gewählt hat, wird verständlich, wenn wir uns den Beginn im Originaltext der hebräischen Bibel anschauen. Sie beginnt mit den Worten: Bereschit (Im Anfang) bara (schuf) Elohim (Gott) Auf den ersten Blick völlig unspektakulär!! Auf den zweiten Blick jedoch äußerst spannend: Im Original nämlich beginnt der Schöpfungsbericht mit dem Buchstaben Beth – dem zweiten Buchstaben des hebräischen Alphabets! Und nicht mit Aleph dem ersten Buchstaben. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass sich der Schöpfungsbericht in der Welt der 2 – in der Welt von Beth – und nicht in der Welt der 1 – der Welt von Aleph - abspielt. Um zu erkennen, wie sich der entscheidende Schritt von der 1 = Alpeh zur 2 = Beth vollzieht, mit dem die Schöpfung in Gang gebracht worden ist, müssen wir uns zunächst noch einmal intensiver dem Buchstaben Aleph zuwenden. Das ist Aleph – der erste Buchstabe des hebräischen Alephbets und Repräsentant der 1 Aleph ist ein „stummer Konsonant“ – ein sog. Stimmritzenlaut. Er ist nicht identisch mit unserem Vokal „A“ - damit auch nicht vergleichbar. Denn in der hebräischen Schrift gibt es keine Vokale. Das hebräische Alephbet besteht nur aus Konsonanten. Allerdings steht Aleph als Anfangslaut zusätzlich auch für weitere Vokale. Die jeweils unterschiedliche Aussprache wird dann durch Punkte und Striche gekennzeichnet. Wie das gemeint ist, kann man sehr schön an dem Wort „Elohim“ sehen. Der Anfangslaut Aleph bleibt erhalten, wird aber als ein E ausgesprochen, was durch die Zeichen unter dem 1 Buchstaben an (von rechts nach links lesen!) angezeigt wird. Der Zahlenwert von Aleph bleibt unverändert. In der Welt der 1 existiert nichts anderes außerhalb der 1. Es ist die Zahl der Einheit und diese Einheit umfasst alles Seiende. Deshalb wird die 1 in vielen Kulturen auch nicht als Ordnungszahl begriffen – also nicht als Teil einer Vielzahl – sondern als ein Symbol für Gott für das Göttliche oder das Vollkommene – als den Urgrund, aus dem alles erschaffen wurde. In der jüdischen Mystik – der Kabbala – nimmt Aleph im Baum des Lebens die Sephira Kether und die Welt Aziluth ein. Dies ist die Welt außerhalb der Zeit – dem Zustand vor dem Urknall – als noch alles EINS und in vollkommener Harmonie war – und dem Zustand nach dem Verglühen der Sonne – wenn alles wieder zur EIN-heit zurückgekehrt ist. doch solange es nichts außerhalb der Welt der 1 gibt, gibt es auch keine Schöpfung und keine Entwicklung. Es herrscht Stillstand, was leicht an einem Beispiel aus der Algebra abgelesen werden kann: 1x1=1 1xY=Y Z :1=Z Alles bleibt unverändert, egal, welche Zahlen durch Y oder Z vertreten werden. Es bewegt sich nichts, jede Zahl bleibt gleich. Dies ist ein Zustand der vollkommenen Harmonie und dieser Zustand der vollkommenen Harmonie wird mit dem Zeichen Aleph bildlich dargestellt. Die Zugehörigkeit der 22 Buchstaben zu den 22 Zahlen sind offensichtlich und allgemein bekannt – also, dass das Aleph 1, Beth 2, Gimel 3 usw sind. Deshalb sagt man auch, dass es sich dabei um die äußeren öffentlichen Zahlen handelt. Wenn es aber einen öffentlichen Teil der Zahlen gibt, dann ist zu vermuten, dass es auch einen nicht-öffentlichen – einen sog. verborgenen Teil gibt – und den möchte ich Ihnen jetzt an einem weiteren Beispiel an Aleph näher erläutern (BILD v. Aleph) Wie Sie sehen, besteht das Zeichen aus einem kleinen Schnörkel oben, einem kleinen Schnörkel unten und dazwischen ist ein längerer abgerundeter Strich. Diese Zeichen sind ebenfalls Buchstaben/Ziffern-Zeichen und zwar handelt es sich bei den beiden kleinen Schnörkeln um den Buchstabe Jod mit der Zahl 10 und bei dem langen Strich um den Buchstabe Waw mit der Zahl 6 Also in der Folge: Jod (oben) – Waw – Jod (unten), in Zahlen: 10 – 6 – 10, Summe: 26 Das Jod – der kleinste Buchstabe - gilt als das Urzeichen aus dem alle anderen Zeichen hervorgegangen sind. Das Jod oben symbolisiert den Himmel und das Licht – „den alles befruchtenden Geist Gottes, der über den Wassern schwebt“. Im Tarot finden Sie dieses Jod auf mehreren Karten, z.B. bei den Assen der Stäbe, Kelche und Schwerter nicht bei dem Münz-As, weil die die Münzen die erdhafte Natur symbolisieren) oder auf der Karte „XVIII Der Mond“ Das Jod unten symbolisiert die Erde, die Finsternis und die Wirrniss und den göttlichen Geist, der aus dem Himmel vertrieben wurde. Dazwischen – in der Mitte - der Buchstabe Waw. Er bedeutet sowohl „Haken“ im Sinne einer Verklammerung und eines Haltens, als auch im mathematischen Sinne das Wörtchen „und“ in einer Addition (Das Eine UND das Andere). Beide Jods sind mit dem Waw verbunden und werden von ihm in der Waage gehalten, wie die Balancierstange von einem Hochseilartisten. Damit symbolisiert Aleph die Ausgeglichenheit und die vollkommene Harmonie alles Seienden – ausgedrückt in der Zahl 26. Steigen wir noch etwas tiefer in die Zahlensymbolik ein, indem. wir nun das Wort Aleph selbst betrachten. In hebräischer Schreibweise sehen wir die Buchstaben „Aleph“ - „Lamed“ - „Phe“. (BILD) Diese Schreibweise ist oben im Bild – über dem Buchstaben Aleph - zu sehen. In Zahlen ausgedrückt handelt es sich um 1 – 30 – 80, in Summe: 111. Aleph entspricht also der allesumfassenden Einheit auf allen Ebenen: Der 1er– 10er- und 100er-Ebene. Mehr „1“ geht nicht!! Frage: Wie kommen wir nun von dem 1er-Stillstand in die Bewegung und in die Schöpfung? Antwort: Durch Aufspaltung der 1 in zwei Teile – in den einen und den anderen Teil und damit in die Erschaffung der 2. Auch dieser Prozess ist in der Genesis ablesbar! Während im ersten Schöpfungsbericht ausschließlich von „Gott“ als Elohim die Rede ist („Gott sprach“ / „Und Gott sah, dass es gut war“ usw), - ist im zweiten Teil des Schöpfungsberichts ausschließlich von „Gott der Herr“ zu lesen, verbunden mit der Anweisung, den Namen folgendermaßen zu schreiben: Jod (10) – He (5) – Waw (6) – He (5) – der heilige Name Gottes J H W H, der nicht ausgesprochen werden darf. Es wird immer nur vom 4-Buchstaben-Wort(Namen) gesprochen. Wir kennen diese Buchstabenfolge als Tetragramm. Auch diese Buchstabenfolge ergibt die Summe 26 – wie die Zeichen des Buchstabens Aleph. Beide sind somit gleichbedeutend. Der entscheidende Unterschied liegt jedoch beim Tetragramm in der Aufspaltung der 10 in die 5 als den einen Teil und die weitere 5 als den anderen Teil. Auf diese Weise ist die 2 erschaffen worden – Entstand der eine Teil und der andere Teil, das Sowohl als Auch – und mit ihr die Zweiheit in der Schöpfung, die Polarität: Himmel und Erde Licht und Dunkelheit Sonne und Mond Wasser und Land samenspendende und fruchttragende Pflanzen und der Mensch – nicht durch das Wort, sondern durch die Hand Gottes erschaffen, als sein Ebenbild, in seiner Einheit des Aleph, denn der erste Mensch (hebr. Adam 1 – 4 - 40) war Mann und Männin in einer Person. Flappsig könnte man sagen, dass dies ein göttlicher Konstruktionsfehler war: Denn weil der Mensch ist nicht Gott ist, kann er auch nicht in seiner vollendeten Harmonie des Aleph existieren. So wurde denn Adam depressiv und Gott versuchte ihn zu zerstreuen, indem er ihm einen Garten baute und den Tieren Namen geben ließ. Letztlich zerstörte dann Gott die Einheit, entnahm Adams weibliche Seite und erschuf daraus dessen „Polarität“ in der Gestalt der Eva. Übertragen wir dieses Zahlenspiel auf den Schöpfungsbericht, dann könnte der Anfang der Genesis auch so zu formulieren werden: „Im Anfang schuf Gott die 2 – die Zweiheit - die Welt außerhalb der 1, wo nicht die Einheit existiert sondern neben dem Einen auch das Andere, die Welt des Polaren, des Geteilten und des Gespalten-Seins. Erst die Auflösung der Harmonie, das Aufsprengen der Einheit – also die Erschaffung der 2 – schafft die Grundlage für Veränderung, für das Neue, für die Entstehung der Vielheit. Deshalb beginnt der Schöpfungsbericht der hebräischen Bibel mit Beth, dem 2. Buchstaben. Beth wiederum endet auf Taw, dem 22. Buchstaben mit dem höchsten Zahlenwert ( 400 ). Auf diese Weise symbolisiert der Buchstabe Beth durch seine Zahlenfolge 2 - 400 die gesamte Schöpfung der materiellen Welt, die mit dem Wort „Bescherit“ seinen Anfang nahm. Ich hoffe, Sie nicht zu sehr mit der kabbalistischen Zahlenphilosophie überfrachtet zu haben und würde mich freuen, wenn Sie ein wenig neugierig auf die verborgenen Seiten der Zahlen geworden sind. Heinz-Peter Helmer