Zusammenfassung Reinecke, Hans (1999): Lehrbuch der Verhaltenstherapie Tübingen: dgvt Verlag & Margraf, Jürgen (1996): Lehrbuch der Verhaltenstherapie (Bd. 1) Berlin u.a.: Springer von Hannah Uhle Wentorgerstr. 63 21029 Hamburg Hierbei handelt es sich um eine Lernzusammenfassung und nicht um eine wissenschaftliche Ausarbeitung! Inhalt I Verhaltensdiagnostik.............................................................................................................. 1 Ø Indikationsstellung Ø Problemanalyse II Grundlagen verhaltenstherapeutischen Methoden................................................................ 9 Ø Kognitionspsychologische Grundlagen Ø Psychologische Modelle als Grundlage der Verhaltentherapie III Methoden der Verhaltenstherapie...................................................................................... 26 Ø Klassische Konditionierung Ø Operante Verfahren Ø Strategien zum Abbau von Verhalten Ø Kontingenzmanagement Ø Bestrafungs- und Aversionsverfahren Ø Konfrontationsverfahren und Reaktionsverhinderung Ø Training in Angstbewältigung Ø Kognitive Therapien IV Spezifische Therapien (Margraf 1996)........................................................................... 105 Ø Agoraphobie & Paniksyndrom Ø Zwangsstörung Ø Spezifische Phobien Ø Sozialphobie Ø Raucherentwöhnung (I) Verhaltensdiagnostik Diagnostik und Indikationsstellung Verhaltenstherapie war von Anfang an ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von unterschiedlichen Verfahren, die sich an Lerntheorien orientieren. Es sind Verfahren, durch die nicht die „Persönlichkeit“, sondern Verhaltensweisen, einschließlich kognitiver, emotionaler und körperlicher Reaktionen, aufgebaut, reduziert und modifiziert werden. Es geht nicht um die Erfassung von Eigenschaften als theoretisch zu erschließenden Konstrukte, sondern um die Erfassung von direkt beobachtbaren Verhaltensweisen einschließlich der sie steuernden Umgebungsbedingungen. Indikationsstellung Die Diagnostik zur Entscheidung zwischen verschiedenen Therapiemethoden wurde in der Verhaltentherapie zunächst unter dem Begriff „Verhaltensanalyse“ (behavioral analysis) diskutiert. Der Begriff stammt aus der Grundlagenforschung. Er kennzeichnet die Skinner’sche Lerntheorie, nach der das Verhalten durch die vorausgehenden und nachfolgenden Stimuli gesteuert wird. Die Analyse dieser verhaltenssteuernden Stimuli war auch das Anliegen der diagnostischen Verhaltensanalyse in der therapeutischen Anwendung. Indikationsstellung meint die prinzipielle Zuordnung von therapeutischen Methoden im weitesten Sinne – pharmakologisch-medizinische Methoden, soziale oder psychologischtherapeutische Verfahren – zu Problem des Patienten. Indikationskriterien: • • • Störungsursachen bzw. aufrechterhaltende Bedingungen funktionale Analyse Diagnostische Strategie (DSM bzw. ICD-Diagnosen) störungsspezifische Verfahren „keystone target behavior stragy“ (Nelson, 1988): nach der primär dasjenige Verhaltensproblem behandelt werden sollte, dessen Veränderung am ehesten eine Generalisierung erwarten lässt Indikationsprüfung: • • • • Indikationskriterien für das zu lösende Problem sind als zutreffend und gültig nachgewiesen Entspricht den in den Methodenregeln genannten Ausgangsbedingungen Erzielter Effekt ist der erwünschte Zielzustand oder zumindest einem Teil- oder Zwischenziel entspricht Durch die Maßnahme die Barrieren oder Ursachen – zumindest teilweise – beseitigt werden können 1 Bei einer vollständigen Prüfung auf prinzipielle Anwendbarkeit einer Methode sind also die drei das Problem beschreibende Merkmale: Ausgangszustand Barrieren/ Ursachen Ziel Mit den drei Merkmalen der Methode Ausgangsbedingungen Operation Erzielbarer Effekt Zu vergleichen. Problemanalyse 2 Die Problemanalyse umfasst zwei Teilprozesse: 1. Problemstrukturierung zur Formulierung und Beschreibung der verschiedenen, von ihm zu lösenden Teilprobleme durch Angabe des jeweiligen Ist- und Sollzustandes 2. Bedingungsanalyse zur Identifikation der Ursachen oder Bedingungen des gegenwärtigen, unerwünschten Istzustandes bzw. der für die Zielerreichung erforderlichen Bedingungen. Diagnostische Problemanalyseschemata: diagnostische Metaregeln, die Hinweise geben, welche Analyse- und Prüfschritte in welcher Reihenfolge unter welchen Voraussetzungen 3 vorgenommen werden sollen. Sie sorgen für eine gewisse Standardisierung des diagnostischen Prüf- und Entscheidungsprozesses. Problemstrukturierung Strategien der Strukturierung: Zustandsanalyse: setzt am gegenwärtigen, beklagten Zustand des Patienten an. Zielanalyse: setzt an den Wünschen und Zielen des Patienten an Die zentralen, störungsspezifischen Teilprobleme ergeben sich aus den Schwierigkeiten des Patienten, deretwegen er die Behandlung aufsucht. Aus Sicht des Therapeuten liegen unabhängige Teilprobleme vor, wenn die Lösung eines Teilproblems nicht „automatisch“ auch die anderen Teilprobleme löst. Kriterium für die Abgrenzung verschiedener Teilprobleme ist demnach deren Unabhängigkeit. Teilprobleme: Im Zentrum der diagnostischen uns planerischen Tätigkeit des Therapeuten steht die Definition und Formulierung von „Teilproblemen“. Das sind Sachverhalte, die nach Meinung des Therapeuten im Rahmen der Therapie verändert werden sollten. Therapieziele: Im Sinne erwünschter Endziele Rückgriff auf Störungs- und Änderungswissen konkrete Teilziele, Zusatzziele, Zwischenziele Methodisch bedingte Zwischenziele (z.B. lernen eines Entspannungsverfahren als Voraussetzung für systematische Desensibilisierung) Klinische Diagnosen als Indikationskriterien für Methodenwahl Bedingunganalyse • • • • Unterscheidung zwischen Entstehungsbedingungen und aufrechterhaltenden Bedingungen Bedingungsanalyse: nach Barrieren, den aufrechterhaltenden bzw. zielverhindernden Bedingungen suchen Funktionale Verhaltensanaylse: Lindsley (1964) S-R-C-K, Erweiterung durch Kanfer et a. um O (Stimulus-Organismus-Reaktion-Konsequenz-Kontingenz) SORCK Erweiterung der Verhaltentherapie um die Kognitionsanalyse: zielen auf die unmittelbare Modifikation von Kognitionen ab und dysfunktionale Kognitionen unterschiedlicher Art sind das Indikationskriterium für diese Methode Multiple Bedingungsanalyse Jede Theorie macht eine andere Suchstrategie für die Analyse des Einzelfalls erforderlich. Die Bedingungsanalyse sollte daher nacheinander aus jeweils einem anderen theoretischen 4 Blickwinkel durchgeführt werden, wobei zum Teil neue, zusätzliche Sachverhalte in das Blickfeld geraten, zum Teil aber auch gleiche Sachverhalte aus unterschiedlicher theoretischer Sicht betrachtet werden. Jede dieser Analysen ist unabhängig von der anderen. Die Ergebnisse jeder einzelnen Analyse sollten für sich betrachtet und zunächst die Schlussfolgerung für das weitere Vorgehen ziehen, als lägen nur die Ergebnisse dieser Bedingungsanalyse vor. Es wird also nach jeder Analyse entschieden, welche Methode – aus diesem Blickwinkel gesehen – indiziert wäre. Erst bei der Therapieplanung werden dann die verschiedenen Therapiemethoden, die für die verschiedenen Teilprobleme zusammengetragen. Im Therapieplan ist dann festzulegen, welches Verfahren tatsächlich in welcher Reihenfolge zur Anwendung kommen soll. Therapieplanung Wahl der Methode • • • Bewertung o Fachlich angemessen o Ethisch vertretbar Machbarkeit o Institution o Therapeuten o Therapiemotivation Kontraindikationen Therapieplanung umfasst folgende Punkte: • • • • Indikationsstellung Methodenwahl Ablaufplanung, Reihenfolge Konkretisierung Therapiedurchführung und Evaluation Realisationsentscheidungen: Das Verhalten des Therapeuten ist durch die geplanten Absichten nicht festgelegt. Es kann modifiziert und konkretisiert werden und neue Absichten generiert werden. Die Bedeutung solcher Realisationsentscheidungen wird durch Ergebnisse einer Untersuchung von Vogel (1994) dokumentiert: danach wechselt oder verändert ein Therapeut während einer Sitzung häufiger als alle zwei Minuten seine Absichten. Die Güte solcher Entscheidungen steht und fällt mit der Güte der Prognose des Therapieerfolgs durch den Therapeuten. Tatsächlich scheint jedoch die Fähigkeit von Therapeuten, den Therapieerfolg richtig vorauszusehen, nicht sehr gut zu sein. Im Rahmen der Bochumer Angsttherapiestudie (Schulte, et al., 1991) wurde nach jeder Therapiesitzung die Zuversicht des Therapeuten erfragt und mit dem Therapieerfolg korreliert. Ergebnisse: 0,2 bis 0,35; selbst gegen Ende der Therapie steigt die Korrelation auf maximal 0.5. 5 Fazit: Wichtigkeit objektiver Testverfahren zur Therapieevaluation, während des Therapieverlaufs. Entsprechende Methoden zur therapiebegleitenden Ergebnisevaluation sind zu Behandlungsbeginn zu planen. Im Rahmen der Prozessevaluation muß der Therapeut fortlaufend registrieren, ob der Patient das Basisverhalten in ausreichendem Maße zeigt. Sind hier Störungen oder Probleme festzustellen, so sind die prozeßbezogenen Teilprobleme zu formulieren, und ihre Analyse rückt – vorübergehend – in den Vordergrund der Tätigkeit des Therapeuten. Basisverhalten des Patienten • • • • • Therapienachfrage (Anwesenheit) Mitarbeit Selbstöffnung Erprobung neuer Verhaltensweisen („Hausaufgaben“) Aktivität und Initiative (Veränderungen in den Alltag übertragen) Prozessanalyse Die Determinanten des Basisverhaltens sind im Rahmen einer Prozessanalyse zu überprüfen. Motivationsanalyse Motive des Patienten • Aversive Aspekte: Leiden, Normabweichung, Hilflosigkeit • Aversive Folgen: Beeinträchtigung, Ablehnung, sozialer Druck • Positive Aspekte der Therapie: hilfreiche beziehung • Positive Folgen: äußerer Störungsgewinn, psychologischer Störungsgewinn Erwartung an die Therapie • Zuversicht • Kompetenz • Verständnis • Unterstützung • Vertrauenswürdigkeit • Notwendikeit der „Patientenrolle“ • Autonomie Aufgaben des Therapeuten ist es, daraus Handlungs-Ergebnis-Erwartungen zu machen, also dem Patienten deutlich zu machen, dass der Erfolg der Therapie davon abhängt, dass er in der Therapie mitarbeitet oder allgemeiner: das Basisverhalten zeigt. Im Rahmen der Motivationsanalyse prüft der Therapeut, ob fehlende Motivation für eine eingeschränkte Therapiemotivation und damit ein unzureichendes Basisverhalten vorliegen. Beziehungsanalyse 6 Eine Möglichkeit zur Beeinflussung der Therapiemotivation des Patienten: die Gestaltung einer förderlichen therapeutischen Beziehung. Die therapeutische Beziehung bestätigt oder modifiziert die Therapieerwartungen des Patienten und damit: • • • Seine Therapiemotivation Sein aktuelles Basisverhalten Schafft er die Voraussetzungen für die erfolgversprechende Durchführung spezifischer Therapiemethoden Therapeutische Beziehung: Dasjenige, was der Patient am Verhalten des Therapeuten wahrnimmt und mit seinen Erwartungen vergleicht: die subjektive Sicht des Therapeutenverhaltens durch den Patienten – also die ursprüngliche Sicht von Carl Rogers (1959). Nach dem hier vorgestellten Modell sollte die verlaufsbezogene Strategie in der Regel kein primäres Anliegen des Therapeuten sein. Sie ist nur dann zu realisieren, wenn ansonsten die Verwirklichung der methodenbezogenen Strategie, also der Einsatz effektiver Methoden für die gezielte Behandlung der speziellen Störung, erschwert wäre. Gliederungspunkte für die Problemanalyse und Therapieplanung Eingangdiagnostik 1. Allgemeine Informationen a. Daten zur Person b. Schwierigkeiten und Auffälligkeiten c. Genese und Vorbehandlungen d. Auftreten und Interaktionsverhalten 2. Problemstrukturierung a. Zustandsanalyse: Diagnosen und Ressourcen b. Zielanalyse: Therapieziele c. Beschreibung der Teilprobleme d. Verhaltensdiagnostik 3. Bedingungsanalyse a. Störungsanalysen i. Analyse äußerer Rahmenbedingungen ii. Analyse körperlicher Rahmenbedingunen iii. Störungsspezifische Analyse oder Verhaltensanalyse b. Kognitionsanalyse Prozessanalysen I: Motivationsanalysen i. Analyse des subjektiven Störungsmodells ii. Analyse äußerer Folgen iii. Analyse psychologischer Folgen Prozessanalysen II: Beziehungsanalysen iv. Analyse des interaktiven Therapeutenverhaltens v. Analyse des interaktiven Patientenverhaltens 7 Für jede Beziehungsanalyse: 1. 2. 3. 4. 5. 6. Zusätzliche analysespezifischen Informationen Interpretation/Bedingungsmodelle Strukturierung Therapiemethoden Beziehungsgestaltung Bedingungsmodelle zur Genese Therapieverlauf 4. Therapieplanung 5. Therapieverlauf 6. Therapiebegleitende Diagnostik a. Prozessevaluation b. Ergebnisevaluation 7. Zusätzliche Störungsanalyse oder Prozessanalyse a. Beschreibung der Teilprobleme b. Bedingungsanalyse der Teilprobleme c. Adaptive Therapieplanung Therapieabschluß 8. Therapieabschluß a. Dauer der Behandlung b. Abschlussdiagnosen c. Erfolgsbeurteilung d. Prognose e. Kommentar 8 II Grundlagen verhaltenstherapeutischen Methoden Verhaltenstherapie basiert auf lerntheoretischen Modellen, weil therapeutische Veränderung im Kern als ein Prozess des Lernens aufgefasst wird. Besonders bedeutsam für die Verhaltenstherapie ist der Bezug zur Grundlagenforschung in der Psychologie, damit eine prinzipielle theoretische, methodologische und empirische Fundierung möglich wird. Ein Kernbereich für die psychologische Orientierung der Verhaltenstherapie bilden seit jeher die Lerntheorien. Verhalten: Beobachtbare Äußerungen des Organismus Kognitive Prozesse Psychophysiologische Prozesse Credo der Verhaltenstherapie: „Menschliches Verhalten ist in wesentlichen Aspekten gelernt, kann also auch ver-, um—oder neu gelernt werden! Therapie als Lernprozeß - Vom S-R- zum System-Modell menschlichen Verhaltens Prozeß: • • Einzelne Elemente in einem kontinuierlichen Ablauf lassen sich unterscheiden Unter einem gewissen Gesichtspunkt sind sie zusammengehörig In der Analyse des verhaltenstherapeutischen Prozesses hat es sich als sinnvoll erwiesen, folgende Elemente zu differenzieren: • • • • Verhaltensweisen (Reaktionen) R Situationen komplexer Natur (Stimuli) S Situationen, die einem Verhalten zeitlich nachfolgen (Konsequenzen) C Variablen des Organismus, als relativ konstante Moderatoren des Verhaltens; in neuerer Zeit werden darunter oft auch kognitive Verarbeitungsmechanismen, Standards, Erwartungen, biographische Ereignisse etc. subsumiert, die das Verhalten mit determinieren; aus diesem Grunde wird diese Variable als Selbstregulationssystem bezeichnet (O) Die Analyse des Verhaltensablaufs in einzelne unterscheidbare Ereignisse nach diesem Schema hat zum Ziel das Verhalten (R) eines Menschen als abhängig von Situations-, Selbstregulations- und Konsequenzbedingungen zu beschreiben (Kanfer et al., 1996). Dies macht auch den Kernbereich der sog. Funktionalen Verhaltensanalysen aus. Resultar: Verhaltensgleichung. 9 Erweiterung des Ursprungsmodell um verschiedene Ebenen (nach Kanfer, 1979): α-Variablen: externe situative Bedingungen sowie beobachtbare Merkmale des Verhaltens, wenn sie ein Element der Verhaltenskette darstellen. β-Variablen: verdeckte, gedankliche Prozesse, die ebenfalls als Auslöser, als Merkmale oder als Konsequenzen des menschlichen Verhaltensablaufs gesehen werden können γ-Variablen: überdauernde biologische und physiologische Ausstattung des Menschen, aktuelle somatische und physiologische Aspekte Klassisches Konditionieren Pawlow (1927) hat gezeigt, dass durch eine zeitliche und räumliche Koppelung eines biologisch relevanten Stimulus (unkonditionierter Stimulus: UCS) mit einem zunächst neutralen Stimulus (neutraler Stimulus: NS) dieser neue Reiz Hinweis- und Auslösefunktion für eine früher unbedingte (unbedingte Reaktin: UCR), nun mehr aber bedingte Reaktion (konditionierte Reaktion: CR) erhalten kann. Im Prinzip handelt es sich um ein S-R-Modell, weil 1. spezielle Aspekte von S in ihrer Wirkung auf R untersucht werden 2. S zeitlich vor R gelagert ist 3. Konsequenzen © des Verhaltens ®, also nach der Ausführung einer Reaktion nicht im Blickwinkel stehen. UCS: Im Humanbereich nicht nur ein punktuell traumatisches Ereignis, sondern auch chronische Belastungen, unlösbare Konflikte und interpersonale Stresssituationen Das Prinzip des klassischen Konditionierens beruht auf sog. Assoziation: Durch zeitliche und räumliche Kopplung erwirbt ein vorher neutraler Reiz auch die Funktion als Auslöser für eine ursprünglich unbedingte Reaktion (Kontiguitätsprinzip). Durch klassische Konditionierung ist keinesfalls eine vollständige Erklärung gegeben, sondern nur bestimmte Aspekte. Operantes bzw. instrumentelles Konditionieren Innerhalb einer Verhaltenskette lassen sich Reaktionen unterscheiden, die offensichtlich von ihren Konsequenzen determiniert sind. Das Modell lässt sich in Abhebung zum klassischen Konditionieren als R-S-Modell beschreiben, weil 1. in erster Linie Merkmale von Stimuli in ihrer Wirkung auf die zukünftige Auftretungswahrscheinlichkeit von Verhalten untersucht wird 2. Stimuli, also Konsequenzen nach einem Verhalten ® liegen 3. Auslöser des Verhaltens (also Stimuli vor dem Auftreten des Verhaltens) zwar gesehen werden, in ihrer Relevanz jedoch eine untergeordnete Rolle spielen. Ein erneutes Auftreten einer Reaktion hängt davon ab, ob die vorherige Reaktion derselben operanten Klasse verstärkt wird 10 Man unterscheidet folgende Komponenten: C+: positive Verstärkung (dem Verhalten folgt eine positive Konsequenz) /C-: negative Verstärkun (aversive Konsequenz wird entfernt) C-: direkte Bestrafung /C+: indirekte Bestrafung (angenehme Konsequenz entfernt) SD: Hinweis auf Verstärkung S^: Hinweis auf Bestrafung Welche der Konsequenzen als kontingent anzusehen sind, hängt nicht nur von der bloßen Kontiguität, sondern von Merkmalen der Zusammengehörigkeit ab. Darüber hinaus bildet das Individuum aus der Menge von Vehaltenskonsequenzen offenbar eine Art „Bilanz“: Positive, negative und neutrale Konsequenzen werden im Sinne des „relativen Effekts“ aufsummiert und im Repertoire des Verhaltens eines Organismus wird dasjenige herausgefiltert, das in der Summe die relativ besten Ergebnisse erzielt. Verstärkerpläne: Zur Ausformung von Verhalten sollte Verhalten kontinuierlich verstärkt werden; zur Stabilisierung von Verhalten sollte auf intermittierende Verstärkung (Quote, Intervall) übergegangenen werden, weil solchermaßen variabel verstärktes Verhalten besonders löschungsresistent ist. Zwei-Faktoren bzw. Zwei-Prozeß-Modell Der Grundgedanken des Modells besteht darin, dass man sich die Entstehung von psychischen Störungen idealerweise nach dem Prinzip des klassischen Konditionierens, die Aufrechterhaltung jedoch nach dem Prinzip des operanten Konditionierens vorstellen kann. Das Zwei-Faktoren-Modell besagt also, dass Angst durch eine Kopplung einer tatsächlich aversiven Situation (UCS) und dem Erleben aversiver Konsequenzen (UCR) mit einem zunächst neutralen (NS) und später konditionierten Situation (CS) enstehen. Durch mehrfache Kopplung von CS und UCS erwirbt der CS die Funktion eines bedingten Auslösers, der (nunmehr konditionierten Situation ) Angstreaktion (CR) = Erster Faktor Der CS bekommt gleichzeitig Signalfunktion (=S^) für die aversive Situation und deren Kosequenzen (UCS und UCR), so dass das Individuum aus dieser Situation fliehen bzw. sie künftig vermeiden kann. Die Vermeidungsreaktion (Ř) hält das Individuum von den erneuten traumatischen Situationen fern das Entfallen der aversiven Situation (/C-) bietet eine sofortige (negative) Verstärkung für die Vermeidungsreaktionen, so dass diese im Repertoire des Individuums stabilisiert wird. Die Vermeidungsreaktion weist deshalb eine hohe Löschungsresistenz auf, weil für das Individuum keinerlei „Überprüfung“ der Gefährlichkeit der ursprünglich traumatischen Situation mehr erfolgt (= zweiter Faktor) Flucht: Das Individuum ist noch im Kontakt mit dem aversiven Reir und entflieht diesem Vermeidung: schon aufgrund bestimmter diskriminiativer Hinweisreize kann das Individuum dem aversiven Stimulus entkommen, somit erfolgt kein Kontakt mehr mit dem aversiven Stimulus 11 Probleme der Theorie: • • • Annahme, dass beliebige neutrale Stimuli die Funktion konditionierter Stimuli (CS) übernehmen können Nachweis von Konditionierungsbedingungen bei psychischen Störungen Teilweise überholt Entwicklung und Differenzierungen im Rahmen klassischer Lerntheorien Modell der Preparedness (Seligman) Die Frage ist, warum nicht alle neutralen Stimuli zu Auslösern von Störungen werden (Äquipotenzannahme). • • • Lernprozesse sind Biologisch-evolutionär eingebettet Bestimmte Verknüpfungen müssen rasch und stabil gelernt werden (z.B. DunkelheitGefahr) Rasche Verknüpfbarkeit bezeichnet man als „prepareness“ Preparness bezieht sich also nicht auf spezielle Stimuli (bzw. Reaktionen), sondern auf den Umstand, dass es für den Organismus von ihrer biologischen Ausstattung her günstig ist, bestimmte Verknüpfungen rasch und stabil zu erlernen (dies begünstigt Anpassung und Überleben). Von besonderer Bedeutung erscheint das Modell der Prepareness, vor allem zur Erklärung der Entstehung von Angststörungen, während die Relevanz zur Therapieplannung wohl eingeschränkt bleibt. Aber: Ergänzung zum Zwei-Faktoren-Modell. Typ A- und Typ B-Konditionierungen (Eysenck) Typ A-Konditionierung: UCS und CS sind verschieden und extreme motivationale Bedingungen (z.B. Hunger) sind für die Schaffung einer entsprechenden Koppelung ausschlaggebend. Typ B-Konditionierung: Hier ist der UCS dem CS sehr ähnlich und der UCS besitzt seinerseits selbst motivationale Eigenschaften (z.B. Aversivität). Durch die Ähnlichkeit löst bereits der CS ununterbrochen die CR aus. Diese besitzt selbst aversive Stimuluscharakteristika, so dass es zu einer ständigen Aufschaukelung von Angst kommt. Eysenck (1979) hat diesen Prozess auch als „Inkubation“ bezeichnet. Speziell zur Erklärung komplexer Ängste (Herzphobien, Krankheitsängste) oder auch im Bereich der Panikstörungen und verschiedener psychophysiologischer Störungen bietet das Modell der Inkubation eine Erweiterung des Zwei-Faktoren-Modells. Man kann sich hier Inkubation bzw. Typ B-Konditionierungen als kontinuierlichen Aufschaukelungsprozess von kognitiven, Verhaltens- und physiologischen Prozessen vorstellen. 12 Kontiguität und Kontingenz (Garcia) Es können nicht beliebige Stimuli (in zeitlicher und räumlicher Nähe eines UCS) die Funktion eines CS annehmen, sondern das Individuum sucht die Umgebung auf diejenigen Stimuli ab, die am besten in der Lage sind, einen UCS (und damit eine potentielle UCR) vorherzusagen. Konditionierung bedeutet damit nicht eine passive oder zufällig Koppelung zwischen Ereignissen, sondern das Lernen von Beziehungen zwischen Ereignissen; die Kontiguität bildet sicher eine günstige Voraussetzung für dieses Lernen von Beziehungen ähnlich wie beim Prozess der Attribution. Das Individuum sucht seine Umgebung daraufhin ab, welche Ereignisse als zusammengehörig angesehen werden können (= Bildung von Kontingenzen). Aufgrund biologischer Voraussetzungen etwa ist es wahrscheinlich, dass in den Tierexperimenten von Garcia Geruch und Geschmack eher einen Prädiktor für die Wirkung von Futter (z.B. Übelkeit vs. Sättigung) darstellen als dies Röntgenbestrahlung oder bestimmte Lichtverhältnisse gegeben wären. Kontiguität stellt eine günstige Voraussetzung für das Lernen da, das Individuum bildet aber nicht zufällig Zusammenhänge (irrelevante Assoziationen), sondern es erfolgt eine aktive Koppelung zwischen Reizen (bzw. zwischen Verhalten und Konsequenzen), die in Relation der Kontingenz zueinander stehen. Sicherheits-Signal-Hypothese (Rachman) Grundlage ist die Annahme, dass Organismen nicht nur eine Verknüpfung zwischen belastenden Ereignissen (UCS) und entsprechenden Prädiktoren (CS) für eine potentielle Gefahr (UCR bzw. CR) erlernen, sondern auch Signale für Sicherheit erlernen. Patienten erlernen also gewissermaßen auch diejenigen Prädiktoren, die ihnen (subjektiv) die Gewähr einer gewissen Sicherheit bieten. Im Falle pathologischer Ängste besitzen Sicherheitssignale eine problematische Funktion insofern, als sie den Patienten scheinbare Sicherheit vorgeben und aktive Bewältigung der Angst verhindern. Dieser passive Aspekt engen den Verhaltensspielraum eines Patienten weiter ein und führen nicht zu einer Bewältigung von Angst. Eine wichtige therapeutische Implikation des Modells besteht darin, aktive Bewältigungsstrategien im Repertoire des Individuums auszuformen; die bisherigen passiven Sicherheitssignale bieten insofern eine nur scheinbare Sicherheit, als sie eine echte Auseinandersetzung mit der Angst geradezu verhindern. Kognitive Komponente: Das Erwartungs-Modell von Tolman Tolman (1932) hat das Konstrukt der Erwartung als besonders einfache, klare und sparsame Version der Erklärung von Verhalten vorgeschlagen.Erwartung als Konstrukt kann Zusammenhänge zwischen Umweltbedingungen und dem Lernen erklären. Erwartungen im Sinne von Hypothesen steuern und filtern unsere Wahrnehmung und Erwartungen bilden für Patienten einen unverrückbaren Teil ihrer Realität. 13 Kognitionspsychologische Grundlagen Kognitionspsychologische Vorstellungen ziehen sich immer wieder durch verschiedene Lerntheorien, im Grunde seit Tolman (1932) und seinen Überlegungen zu einer Erwartungstheorie des Lernens. Die Grenzen verschwimmen insbesondere in neueren lerntheoretischen Modellen, wo Lernen als „komplexe Informationsverarbeitung“ gesehen wird (Eelen, 1982) Das Modell der Self-efficacy von Bandura „self-efficacy“: nach diesem Modell bildet eine Person zwei Typen von Erwartungen: Zunächst eine Erwartung, ob und inwiefern sie in der Lage sein wird, angesichts einer Situation ein bestimmtes Verhalten zu realisieren (Erwartung der Selbst-Effizienz) Erwartung darüber, inwiefern das gezeigte Verhalten bstimmte (erwünschte) Ergebnisse erzielen wird (Erwartung einer Verhalten-Effektivität) Bandura (1977) konnte zeigen, dass die Erwartung einer Selbst-Effizienz für eine Verhaltensänderung von ausschlaggebender Bedeutung ist. Ist der Klient der Auffassung, er könne sowieso wenig oder nichts zur Veränderung seines Problems beitragen, so ist es zumeist die Aufgabe des Therapeuten, auf dieser Ebene der Erwartungen zu intervenieren. Konkrete Möglichkeiten dazu bieten sich mit Beispielen von anderen Klienten, die eine Veränderbarkeit vor Augen führen; eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass der Patient in kleinsten Schritten selbst die Erfahrung macht, dass seine Sichtweise einer Situation für deren Wirkung und sein Verhalten für entsprechende Effekte ausschlaggebend sind. Hier zeigt sich die enge Verzahnung von konkreten Veränderungen auf der Verhaltensebene und einer Umstrukturierung kognitiver Muster (Erwartungen). Modell der Bewertungsprozesse bei R.S. Lazarus Lazarus (1981) spricht von zwei Stufen von Bewertungsprozessen: Primary appraisal: angesichts einer Situation erfolgt zunächst eine Bewertung der Gefahr einer Situation Secondary appraisal: bei „Gefahr“ kommt es zu einer zweiten Stufe der Bewertung, nämlich einer Einschätzung eigener Bewältigungsmöglichkeiten Das Modell von Lazarus verdeutlicht eine enge Vernetzung von kognitiven Prozessen der Bewertung mit emotionalen Aspekten (z.B. Angst) und Möglichkeiten zur Auseinandersetzung und Bewältigung belastender Situationen und Emotionen. Das Modell der Bewertungsprozesse bei Lazarus wurde zwar weitgehend unabhängig von klinischpsychologischen Interventionsverfahren entwickelt, die dem Bereich der „kognitiven Therapien“ (z.B. Beck, Ellis, Meichenbaum…) zuzuordenen sind; die inhaltlichen und wissenschaftlichen Vernetzungen sind allerdings nicht zu übersehen: Bei allen Vertretern kognitiver Therapien spielen Aspekte der Bewertung und der Veränderung kognitiver Aspekte eine entscheidende Rolle. 14 Die spezielle kognitive Ätiologiemodelle gehen davon aus, dass besonders Panikpatienten interozeptive Stimuli in spezieller Weise wahrnehmen und bewerten. Diese Bewertung und Verknüpfung mit dem Gedanken an „Gefahr“ bzw. an eine antizipierte Schädigung führen zu interner körperlicher (psycho-physiologischer) Erregung, die von der Person wiederum als besonders bedrohlich wahrgenommen wird usw. Eine therapeutische Implikation dieser theoretischen Modellannahmen besteht darin, nicht nur konkrete Verhaltensmuster, sondern spezielle Bewertungsprozesse zum Ansatzpunkt des therapeutischen Vorgehens zu erheben. Theorie assoziativer Netzwerke (P. Lang) Im Prinzip handelt es sich um ein Modell, das eine wesentliche Determinante menschlicher Emotionen in ihrer kognitiv-psychophysiologischen Repräsentation sieht. Hierbei spielen Prozesse der Informationsverarbeitung eine ausschlaggebende Rolle. Informationen, Wahrnehmung über externe und interne Ereignisse werden nach Lang (1979) in Form assoziativer Netzwerke verarbeitet; zu unterscheiden sind dabei: Informationen über semantische Bedeutungen Informationen über Merkmale einer komplexen Situation Informationen über eigene Reaktionsmöglichkeiten Komplexe Externe Situationen semantische Bewertung --- Vorerfahrungen --- Bezug eigene Person Beurteilung d. Situation --- Gefahr Beurteilung der Reaktion --- Hilflosigkeit --- Angst System-Modell menschlichen Verhaltens Für die Verhaltenstherapie muß man die funktionale Analyse nach wie vor als eine ganz zentrale Grundlage ansehen. Gemeint ist damit die Annahme, dass man menschliches Verhalten (=R) als eingebettet in auslösende (=S) sowie aufrechterhaltende Bedingungen (=C) ansehen muß. S αβγ Selbstregulationssystem (βγ) R αβγ C αβγ Α-,β-,γ-Variablen Lang (1971) unterscheidet verschiedene Ebene – sowohl auf der Ebene des Verhaltens (R), von Situationen (S) und der Konsequenzen (C). Neben dem Aspekt der Analyse-Ebenen besitzen α, β und γ gleichzeitig die Funktion von Determinanten des Verhaltens (gewissermaßen also als unabhängige Variable). Ein gedanklicher Prozeß (Vorstellung, Erwartung …) bildet nicht nur einen speziellen Aspekt einer komplexen Situation (Sβ); dieser Gedanke wird möglicherweise zu einem höchst bedeutsamen Auslöser für eine Verhaltenskette (z.B. im Sinne einer Planung…). Ein Merkmal der System-Analyse besteht somit darin, nicht nur einzelne Elemente (α, β und γ) zu unterscheiden, sondern auch ihre Funktion in der Steuerung menschlichen Verhaltens zu berücksichtigen. Selbstregulationssystem (β γ) 15 Situationen lösen Reaktionen nicht unvermittelt aus, sondern es erfolgt eine Vermittlung zumindest über sogenannte Organismus-Variablen. Das SORKC-Modell bildete über lange Zeit hinweg die Grundstruktur der Verhaltensanalyse. Selbstregulation: Die Regulation menschlichen Verhaltens ist nicht nur durch externe Determinanten erklärbar. Zur Erklärung müssen –speziell nach Kanfer (1971)Gesichtspunkte innerhalb der Person als entscheidend angesehen werden. Dazu zählen zunächst stabile und variable somatisch-physiologische Merkmale ( γ-Variablen), daneben müssen auch psychologische Strukturen als bedeutsam angesehen werden (z.B. Lerngeschichte, selektive Wahrnehmung, etc.) β-Variablen Dynamik: Interaktion und Rückkoppelung Die Annahme der Interaktion bedeutet eine zentrale Veränderung des Welt- und Menschenbildes der Verhaltenstheorie: Menschliches Verhalten wird nicht nur als Re-Aktion auf situationale Bedingung gesehen. Situative Bedingungen, Umgebung, etc. sind vielmehr auch Ergebnisse eines aktiven Eingriffs von Menschen in externe (und zum Teil interne) Bedingungen. „reziproker Determinismus (Bandura, 1977) Die einzelnen Ebenen interagieren sehr rasch, teilweise kann es zu Prozessen der Abschwächung, der Verstärkung oder des Aufschauekelns kommen; somit ist das einzelbe Element nicht als bloßer Stimulus zu sehen, sondern in seiner Wirkung auf das Verhalten als Ergebnis des komplexen Zusammenspiels unterschiedlicher Ebenen zu verstehen. Den zweiten Bereich der Rückkoppelung machen Zusammenhänge zwischen den einzelnen Elementen aus: Als typisches Beispiel lässt sich auf den Punkt des Selbstregulationssystems verweisen; hier werden auf kognitiver Ebene (β) Konsequenzen vorweggenommen und sie bilden ganz spezielle Determinanten für das nachfolgende Verhalten. Konsequenzen des Verhaltens besitzen im weiteren Verlauf der Verhaltenskette eine wichtige Funktion für die neuerliche Auftrittswahrscheinlichkeit usw. Prozessmodell der Verhaltenstherapie 16 Psychische Probleme sind durch drei Komponenten zu kennzeichnen, die der Analogie zum Problemlösen entliehen sind: zu unterscheiden ist zunächst der Ausgangszustand, der vom Klienten mehr oder weniger präzise beschrieben werden kann, der von ihm allerdings als problematisch und belastend erlebt wird. Eine therapeutische Intervention beabsichtigt eine Überführung in einen Zielzustand, der vom Klienten zunächst negativ charakterisiert wird (Abwesenheit von Beschwerden und Problemen). Therapie sollte drittens die Mittel (Methoden) zur Verfügung stellen, die eine Überführung der Probleme des Klienten in einen erwünschten Zielzustand erlauben. Phase 1: Rollenstrukturierung und Aufbau einer therapeutischen Allianz 17 • • • Aufbau einer kooperativen Therapeut-Klient Beziehung Erste, problembezogene Informationssammlung Organisatorisches der Therapiesituation Phase 2: Aufbau von Änderungsmotivation • • • • • Wie wird mein Leben sein, falls ich mich ändere? Werde ich besser dastehen, falls ich mich ändere? Kann ich es schaffen? Was muß ich für eine Änderung tun? Kann ich auf die Unterstützung dieses Therapeuten vertrauen? Phase 3: Verhaltensanalyse • • Beschreibung des Problems Verhaltensanalyse (αβγ) Bedingungsmodell Phase 4: Vereinbaren therapeutischer Ziele und Behandlungsinhalte • • • • • Ziele: normativ Zielorientierte Analyse Lebenskuchen des Patienten Positive Aspekte des Lebens des Patienten Zukunftsprojektion Phase 5: Durchführung der Behandlung • • Auswahl der Änderungsstrategien Methodeneinsatz Phase 6: Evaluation der Veränderung Für eine konkrete Durchführung der Therapie ist ein Registrieren von Veränderungen des Problemverhaltens einerseits und von situativen Bedingungen andererseits unerlässlich (=zielabhängige Evaluation). Notwendig: 1. Für die prinzipielle Evaluation ist ein Vergleich des Zustandes des Patienten zu Beginn der Therapie mit seiner Situation nach der Therapie erforderlich. 2. Für die Feinsteuerung des therapeutischen Prozesses innerhalb der Therapie sind Schwankungen, Veränderungen etc. festzuhalten und zu registrieren. Die kontinuierliche Evaluation ist auch aus motivationalen Gründen – und zwar für Therapeuten ebenso wie für Patienten – von großer Bedeutung. Phase 7: Beendigung der Behandlung/Generalisierung • Stabilisierung/ Transfer bisher erzielte Fortschritte 18 • • Arbeit an offenen Fragen, restlichen Problembereichen Beendigung der Behandlung Psychologische Modelle als Grundlage der Verhaltenstherapie Modelle der Persönlichkeit Eine gewisse Anerkennung interindividueller Differenzen erfolgte mit der Einführung der OVariable in die sog. Verhaltensgleichung (SOR). Dieses Element diente zur Erklärung interindividuell unterschiedlicher Reaktionen angesichts ähnlicher oder identischer Situationen. Organismen reagieren auf eine Situation unterschiedlich, je nachdem, welche Vorerfahrungen sie mit dieser oder ähnlichen Situation gemacht haben. Das System dieser Vorerfahrungen eines Organismus macht im klassisch-verhaltenstherapeutischen Verständnis das aus, was man unter „Persönlichkeit“ verstehen kann. Sehr konsequent hat man sich innerhalb dieser Auffassung („Situationismus“) von traditionellen Annahmen der Persönlichkeitstheorie distanzieren, die dem sog. „TraitKonzept“ verpflichtet waren. Der inhaltlich-epirische Grund für die Abgrenzung gegenüber Trait-Modellen besteht nach Auffassung des Situationismus darin, dass der größte Teil menschlichen Verhaltens durch situative Bedingungen und nicht durch Merkmale der Person determiniert werden. Der methodologische Grund nimmt darauf Bezug, dass in TraitTheorien nach Auffassung des Situationismus zirkulär argumentiert wird: Eine Stichprobe beobachtbarer Verhaltensweisen wird dazu herangezogen, um Schlüsse auf ein (nicht beobachtbares) Persönlichkeitsmerkmal zu ziehen; dieses Persönlichkeitsmerkmal dient dann wieder zur Vorhersage und zur Erklärung von Verhalten in Situationen. Im Rahmen des Situationismus werden differentielle Merkmale unterschiedlicher Personen in derselben Situation durch die unterschiedliche Lerngeschichte erklärt; im Sinne der Grundlagen der Verhaltenstherapie versucht man konsequenterweise, das Verhalten einer Person in der entsprechenden Situation zu beobachten. Situationsspezifische Merkmale interagieren aber insofern mit individuumsspezifischen Verhalten, als eine Situation nicht unabhängig vom menschlichen Verhalten betrachtet werden kann – mit anderen Worten: Situation wird auch durch menschliches Verhalten gestaltet bzw. neu strukturiert und verändert. Die Person reagiert damit nicht nur auf eine externe, sondern in besonderer Weise auch auf eine von ihr selbst gestaltete Situation. Lazarus (1980) spricht in diesem Zusammenhang von „Transaktionismus“. In einem interaktionistischen Modell werden sowohl die Situationsspezifität von Verhalten, als auch spezielle individuelle Kompetenzen berücksichtigt. Sozial-kognitive Persönlichkeitstheorie (nach Mischel, 1973) 1. 2. Konstruktive Fähigkeiten des Individuums: Diese Fähigkeiten der aktiven Auseinandersetzung mit der Welt werden nicht in jeder Situation neu gebildet (erlernt), sondern stellen ein relativ stabiles Muster der Interaktion dar. Fähigkeiten zur Informationsverarbeitung: Information wird intern verglichen, so dass dann Transformationen möglich sind. Prozesse der Speicherung, der Transformation etc. sind bei einzelnen Menschen unterschiedlich und machen einen Teil dessen aus, was wir als „Persönlichkeit“ bezeichnen. 19 3. 4. 5. 6. Fähigkeit zur Bildung von Erwartungen: Erwartungen, kognitive Vorstellungen etc. determinieren unsere Wahrnehmung (Selektion) der Umgebung, d.h. wir bilden Erwartungen hinsichtlich verschiedener Situationen. Subjektive Bewertung von Situationen: „Persönlichkeit“ bedeutet in diesem Kontext die je nach Individuum unterschiedliche, aber für das Individuum stabile Wahrnehmung und Bewertung einer Situation. Fähigkeit zur Selbstregulation und planvollem Handeln: Selbstregulation meint, dass Menschen in der Lage sind, das eigene Verhalten bis zu einem gewissen Grad zu steuern. Im System-Modell des menschlichen Verhaltens wurden Prozesse der Selbstregulation als entscheidende Determinante menschlichen Verhaltens angesehen: β- und γ-Variablen stehen gewissermaßen zwischen situativen Merkmalen und Reaktionen des Individuums. Als β-Variablen sind Aspekte der Erwartung, der Lerngeschichte und der planvollen Steuerung eigenen Verhaltens anzusehen. Auch auf der biologischen (oder γ-) Ebene muß von Fähigkeiten de Selbstregulation ausgegangen werden. Menschen planen außerdem unterschiedliche Maßnahmen. Kennzeichnend für planvolles Handeln ist das Verhaltensmuster mit Hinblick auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet und bewusst gesteuert werden. Ziele können untereinander oder mit Verhaltensmustern in Konflikt stehen. Interaktion zwischen Verhalten und Situationen: Menschliches Verhalten interagiert in komplexer und dynamischer Weise mit situativen Merkmalen: Situationen werden selektiv und aktiv wahrgenommen, Situationen sind Auslöser unseres Verhaltens. Auf der anderen Seite gestalten Menschen ihre Umwelt selbst, nehmen also aktiv Einfluss auf Situationen, die dann wieder Determinanten unseres Verhaltens darstellen usw. Das interaktionistische persönlichkeitstheoretische Modell von Mischel (1973) wurde als typisches Beispiel eines Ansatzes angeführt, dem für die Grundlagen der Verhaltenstherapie größte Bedeutung zukommt; gerade diees Modell zeigt aber auch, dass es zwischen klassischen Trait-Ansätzen einerseits und rein situationistischen Modellen andererseits offenbar zu einer deutlichen Annäherung gekommen ist. Exkurs: Persönlichkeit und Persönlichkeitsstörungen Persönlichkeitsstörungen sollten nicht als Störung von „Persönlichkeit“ angesehen werden, sondern als eine Dysfunktion des Gefüges der Person in Interaktion mit ihrer Umgebung oder mit sich selbst! Emotionspsychologische Grundlagen Theorie der Emotionen von Plutchik, 1990 1. Emotionen dienen dem Überleben des Menschen und sind somit komplexe Kommunikations- und Informationsmuster im Austauschprozeß des Menschen mit seiner Umgebung. 2. Emotionen sind genetisch angelegt und damit allen Menschen gemeinsam 3. Emotionen liefern einen Beitrag zum Überleben von Individuuen und der gesamten Art 4. Emotion ist ein hypothetisches Konstrukt 5. Emotionen tragen zur komplexen Steuerung von Verhaltensketten bei. Durch verschiedene Feedbach-Schleifen liefern sie einen Beitrag zur Homöostase der menschlichen Funktionen. 6. Unterscheidung: 20 a. Primäre Emotionen: Angst/Furcht, Ärger/Wut, Neugier/Interesse b. Sekundäre Emotionen sind Gefühle über Emotionen, z.B. Angst vor unkontrollierter Wut; Scham wegen Angstgefühlen 7. Das komplexe Gefüge der Emotionen steuert die jeweils verschiedenen Strategien, die der Aufrechterhaltung des Selbstbildes, dem Schutz des Selbstwertes bzw. Der Verteidigung der eigenen Person dienen. Die jeweils zentrale Funktion ergibt sich aus der Analyse ihrer Bedeutung für das Leben und Überleben der Person. Emotionen und Information nach Lang, 1986 Emotionen haben auch Informationscharakter und sind in „netzwerkartiger“ Form im Gedächtnis gespeichert. Viele emotionale Prozesse laufen demnach automatsiert ab, wenn „Knoten“ im Netzwerk aktiviert werden. Die verschiedenen Möglichkeiten zur Aktivierung von Emotionen haben verschiedene Implikationen für den therapeutischen Prozeß: a) Therapeutische Veränderungen besitzen nur dann persönliche Relevanz und sind entsprechend stabil, wenn es im Verlauf der Therapie zu einer emotionalen Verarbeitung der Emotionen gekommen ist. b) Bei vielen psychischen Störungen spielen emotional belastende Erinnerungen eine zentrale Rolle (z.B. PTSD). c) Eine besonders zielführende und effektive Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit belastenden Emotionen besteht darin, die Inhalte der Gefühle schriftlich festzuhalten (z.B. Tagebücher). Das Nicht-Sprechen über belastende Ereignisse bildet einen Teil psychischer Störungen. Wenn Personen emtional bedeutsame, belastende Begriffe verwenden, so führt dies langfristig (und zwar in objektiven Maßen) zu positiven Veränderungen. Sozialpsychologische Grundlagen Therapeutische Intervention findet jeweils in einem sozialen Kontext statt; die sozialen, ethischen und normativen Rahmenbedingungen sollten dabei besonders berücksichtig werden. Eine Veränderung von Verhalten geht auch mit dem Abgehen von Gewohnheiten und Einstellungen einher, dies ist ungewohnt und bedeutet Aufwand. Patienten leiden zwar an ihren Problemen, halten aber dennoch an den schädlichen, aber eingeschliffenen Verhaltensmustern fest. Damit fällt es ihnen oft schwer, neue Möglichkeiten der Problemlösung zu akzeptieren. Wir bezeichnen dies oft als Reaktanz und meinen damit den Widerstand, den ein Patient gegenüber einer therapeutischen Beeinflussung zeigt. Der geleistete Aufwand, muß gerechtfertigt werden und die Erreichung des Ziels kann eine solche sein. Wenn das Ziel aber nicht erreicht wird, bedeutet dies eine kognitive Dissonanz: Die Person befindet sich über lange Zeit in Therapie, sie hat Mühe und Aufwand auf sich genommen, der durch das Ergebnis wenig gerechtfertigt erscheint. Eine der Folgerungen für die Person bestünde nun darin, entsprechend hohe Motivation in die Richtung der Zielerreichung aufzubringen, damit sich daraus zumindest eine gewisse Erklärung für den Aufwand ergibt. Für den Therapeuten bestünde eine der Implikationen darin, den Patienten frühzeitig aktiv am therapeutischen Prozess zu beteiligen. Aspekte der therapeutischen Beziehung 21 Die Herstellung einer akzeptierenden Interaktion, die Klärung von Rollen, der Aufbau einer vertrauensvollen Allianz und die Anregung eines Patienten zu Eigenaktivitäten bilden wichtige Bestandteile dessen, was heute als unabdingbare Voraussetzungen und Elemente einer gelingenden verhaltenstherapeutischen Beziehung gesehen werden müssen. Wirkfaktoren: Wirkfaktoren sind im Kontrast zu therapeutischen Methoden (Techniken) prinzipiell nicht beobachtbar; sie werden aus dem beobachtbaren Wirkungsspektrum eines Verfahrens erschlossen und sind also theoretischer Natur. Die therapeutische Interaktion galt deshalb als unspezifischer Faktor, weil sie bei der Umsetzung therapeutischer Maßnahmen zwangsläufig mit gegeben war. Man stellte ihre empirische Wirkung gewiß nicht in Abrede, aber die effizienten therapeutischen Veränderungen werden mit spezifischen und nicht mit spezifischen Faktoren erklärt. Frank (1985): Allen therapeutischen Ansätzen gemeinsame Faktoren: Realisierung einer therapeutischen Beziehung Therapeutisches Setting Spezielle Übungen und Maßnahmen Theoretische Erklärung, ein „Mythos“ (d.h. Erklärungen übergeordneter Art, etwa im Sinne eines philosophischen weltanschaulichen Hintergrundmodells/ vErmittlung der Grundgedanken des therapeutischen Ansatzes Die Unterscheidung von Faktoren als spezifisch versus unspezifisch ist abhängig vom Stand der Forschung und der theoretischen Entwicklung. Die Rolle der therapeutischen Beziehung in ihrer Funktion für Prozess und Ergebnis von Verhaltenstherapie lässt sich heute nicht mehr von der Durchführung der Therapie trennen. Therapeutische Beziehung ist keine zusätzliche Technik, auf die Verhaltenstherapeuten nun offenbar auch vermehrt zurückgreifen. Es stellt einen sogenannten kategorialen Fehler dar davon zu sprechen, man wolle zunächst eine „gute therapeutische Beziehung“ herstellen und darauf aufbauend eine Reihe spezieller Techniken realisieren. Die Qualität einer therapeutischen Beziehung zeigt sich nur in der Umsetzung von therapeutischen Techniken, so wie sich umgekehrt therapeutische Techniken nur innerhalb des Rahmens einer therapeutischen Beziehung realisieren lassen. Nur das gleichsinnige Zusammenwirken beider Komponenten bewirkt einen zielgerichteten therapeutischen Fortschritt. Eine besondere Rolle spielt die Gestaltung einer günstigen therapeutischen Beziehung natürlich in den ersten Phasen der Therapie: hier ist es Aufgabe des Therapeuten, dem Klienten konzentriert und aktiv zuzuhören und das Ziel der gemeinsamen Arbeit möglichst bald und präzise zu klären. Empirische Untersuchung der therapeutischen Beziehung (Schindler, 1991): Unter kontrollierten Bedingungen zeigte sich, dass Merkmale de therapeutischen Interaktion gemeinsam mit therapeutische spezifischen Wirkfaktoren für diese Veränderung hoch bedeutsam sind. In einer aufwendigen sequenziellen Interaktionsanalyse konnten auf seiten des Therapeuten besonders die konkrete Unterstützung; Klarheit und Transparenz, auf seiten des Patienten insbesondere Merkmale der Motivation, also Offenheit und Bereitschaft zu konkreten Änderungsschritten sowie erste Änderungsmaßnahmen als Prädiktoren für den therapeutischen Erfolg gefunden werden. 22 Zur Rolle ethischer und normativer Determinanten sowie kultureller Werte Therapie ist als soziale Beeinflussung zu verstehen: Normative Vorstellungen, implizite Menschenbilder und ethische Prinzipien bilden – auch wenn sie häufig unausgesprochen bleiben – ganz entscheidende Determinanten menschlicher Handlungen. Diese Vorstellungen schlagen selbstverständlich auch und zwar im Wege über implizite und explizite Zielvorstellungen auf die therapeutische Tätigkeit durch. • • • Schon in der Definition von Verhaltenstherapie wird betont, dass sich Verhaltenstherapie an allgemein akzeptierten Vorstellungen über Ethik und Normen orientiert. Verhaltenstherapie stützt sich nicht auf ein eigenes Normensystem; dies sollte aber nicht unbedingt heißen: „anything goes“ Umso wichtiger ist Reflexion impliziter und expliziter Werte und Normen! Attribution, Health-Beliefs-Model und „plausibles Model“ In den vergangenen Jahren wurden Untersuchungen aus dem weiten Feld der Atttributionstheorie für die Verhaltenstherapie nutzbar gemacht. Attributionstheorien gehen davon aus, dass unser Verhalten auch dadurch beeinflusst wird, dass wir für ein Ereignis in der Umgebung eine bestimmte Ursache annehmen (Kausalattribution, Heider, 1958) Attribution: Zuschreibung von Ursachen, Gründen und Erklärungen zu bestimmten Ereignissen. Aus diesen Zuschreibungen (und nicht so sehr aus den tatsächlichen Gründen) ergeben sich für das Verhalten der Person klare Konsequenzen. Attribution leistet eine wichtige Funktion in unserer Orientierung in der komplexen Welt: Wir reduzieren die Informationsmenge auf bewältigbare und für uns relevant erscheinende Dimensionen. Der Prozeß der Suche nach den Ursachen von Ereignissen wird mit dem Begriff „Attribution“ bezeichnet und bildet einen Eckpfeiler der sogenannten Attributionstheorien. Im Bereich der Attribution sollte man grundsätzlich zwischen a. Der Entstehung von Attributionen, also Attributionen als abhängige Variable und b. Den Auswirkungen von Attributionen, also aufgefasst als unabhängige Variable, unterscheiden. Generell unterscheiden wir: Kausalattribution: die Suche nach möglichen Ursachen eigenen und fremden Verhaltens Kontrollattribution: Frage nach einer vermeintlichen Kontrolle und Veränderbarkeit der Ursachen Healthi-Beliefs-Model (HBM) 23 „Health-Beliefs-Model“ meint im Kern, welche Annahmen und Erklärungen eine Person sich für die Entstehung und Aufrecherhaltung einer gesundheitlichen Störung zurechtlegt. Die bei Patienten mit psychischen Störungen anzutreffenden Erklärungsmodelle lassen sich vielfach auf einem Kontinuum von rein medizinischen Annahmen bis hin zu sozialen Lerntheorien einzuordnen. Health-Beliefs-Modelle stehen in engem Zusammenhang mit der sogenannten Kontrollattribution. Rotter (1966) unterschied zunächst zwischen internaler und externaler Kontrolle: Internale Kontrolle: das Individuum schreibt die Kontrolle überwiegend der Eigeninitiative zu Externale Kontrollw: das Schicksal wir abhängig von externen Faktoren (Glück, Zufall) gesehen. Die Umgebung wird als höchst komplex und unbeeinflussbar erlebt. Die Beeinflussbarkeit von Handlungen auf Grund der Annahme der Kontrollierbarkit, stellt für die klinische Forschung einen bedeutsamen Faktor dar: Wenn man Gesichtspunkte der Attribution berücksichtigt, sollte die Therapie dazu beitragen, dass Personen einerseits nach den Ursachen ihres Problems selbst zu suchen angeleitet werden (Kausalattribution), andererseits aber auch dazu angehalten werden, die betreffende Störung nicht als unbeeinflussbar und unveränderbar zu sehen (Kontrollattribution). Eine spezielle Facette der Attribution bildet das Health-Belief-Model. Es lassen sich folgende Merkmale unterscheiden: • • • • Das Wissen der Person um die Anfälligkeit für eine Störung sowie Annahmen über die Gefahr einer Störung. Vermutungen und Annahmen über eine möglicherweise gegebenen Effektivität einer Behandlung. Die Wahrnehmung der eigenen Fähigkeit das Problem zu bewältigen („self-efficacy“) Fragen über die Einschätzung des Aufwandes für eine Behandlung (zeitlich, finanziell, emotional) Die Beurteilung dieser einzelnen Faktoren ist stark subjektiver Art. Die individuelle Kombination der Faktoren ergibt das Health-Beliefs-Model, das eben entsprechende Implikationen für den therapeutischen Prozess hat und aus diesen Gründen schon frühzeitig erfasst werden sollte. Health-Beliefs-Models sind zumeist vage, heterogen und unstrukturiert. Bei der Vermittlung plausibler Modelle sollte man zwischen einem Modell für die Entstehung (plausibles Ätiologiemodell) und einem Modell für die Veränderung (plausibles Therapiemodell) unterscheiden. Plausibles Ätiologiemodell: wird aufgrund diagnostischer Informationen und des theoretischen Hintergrundwissens erarbeitet. Es kann aus prinzipiellen Gründen keinesfalls Richtigkeit beanspruchen, weil sich die „wirklichen“ Ursachen schon aus logischen und wissenschaftstheoretischen Gründen nicht mehr klären lassen. Verschiedene Autoren betonen auch, dass nicht Richtigkeit, sondern Plausibilität ein entscheidenes Kriterium in diesem Kontext darstellen. 24 Plausibles Therapiemodell: knüpft an ätiologische Vorstellungen an und beinhaltet insbesondere eine Vermittlung grundlegender therapeutischer Prinzipien. Auch hier ist wichtig, an bisherigen Strategien und Selbsthilfeversuchen des Patienten anzuknüpfen. Gerade unter dem Gesichtspunkt des Selbstmanagement-Ansatzes (Kanfer, et al., 1996) ist es wichtig, dem Patienten die einzelnen Schritte genau zu erklären, um so die notwendige Transparenz des therapeutischen Vorgehens zu gewährleisten. 25 III Methoden der Verhaltenstherapie Systemmodell S Konfrontations- und Bewältigungsverfahren (Veränderung der Stimulusqualität) SR-System R „Kognitive“ Ansätze Modellernen C Operante Verfahren Insgesamt: Selbstkontrolle und Selbstmanagementverfahren Die einzelnen Methoden setzten an einzelnen Elementen des Systemmodells an. Konfrontations- und Bewältigungsverfahren Allgemein: • • • Setzt an der „Situation“ an Klassisches Anwendungsfeld: Angststörungen Neuerdings auch bei Essstörungen, Abhängigkeiten Verhaltensanalytische Analyse von Angst Angststörung: Gruppe von Störungen, in deren Zentrum das subjektive, verhaltensmäßige und körperliche Erleben einer unangenehmen Emotion (Angst). Beispiele DSM-IV: Panikstörung mit Agoraphobie (300.21) Spezifische Phobie (300.29) Soziale Phobie (300.25) Zwangsstörung (300.3) Posttraumatische Belastungsstörung (309.81) Generalisierte Angststörung (300.02) Drei Ebenen der Angst: • • • Subjektiv-verhaltensmäßige Ebene: (Kognitive Komponenten, Antizipation, Erwartung) Verhaltensebene: (Motorische Reaktionen, komplexe Verhaltensmuster) Physiologische Ebene: (Reaktionen des autonomen Nervensystems) 26 Pathologische Angst: • • • • Der Situation nicht angemessen Zeitlich überdauernd (chronisch) Erklärungs- und Bewältigungsversuche führen nicht zum Ziel einer Reduktion Deutliche Beeinträchtigung Verhaltenstherapeutische Konfrontationsverfahren: • • Zunächst zur Behandlung von situationsabhängigen Ängsten (Phobien) Neuerdings: Panikstörungen, generalisierte Anhsstörungen, PTSD Systematische Desensibilisierung • • J.D. Wolpe, 1958 Früher mit „der Verhaltenstherapie“ gleichgesetzt Theoretische und experimentelle Grundlagen • • • • • • Experimente zur künstlichen Induktion „neurotischer Störung“ bei Katzen „experimentelle Neurosen“ Antagonistisches Verfahren: Er fütterte die Katzen zunächst in einer Umgebung, die sich von der traumatischen Situation unterschied, danach wurde in hierarchischen Stufen, die Umgebung der belastenden Umgebung angenähert schrittweise Annäherung des früheren Verhaltens der Katzen Prozeß der Hemmung: seiner Auffassung nach kann eine Angstreaktion gehemmt werden, wenn gleichzeitig mit der Angstreaktion eine antagonistische Reaktion hervorgerufen wird Angst-Antagonistisches Verfahren: Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, 1938 Darbietung angstauslösender Szenen in der Vorstellung mit antagonistischer Wirkung des Entspannungsverfahrens schrittweiser Angstabbau nach dem Prinzip der konditionierten Hemmung Jede Dämpfung einer Angstreaktion trägt zum Aufbau dieser konditinierten Hemmung bei Darstellung des Verfahrens Drei technische Elemente • • • Erstellen einer individuellen Hierarchie angstauslösender Situationen Einübung eines angstantagonistischen Verfahrens (PME) Stufenweise Darbietung der Items unter Entspannung 27 Ablauf • • • Detaillierte funktionale Analyse des Verhaltens Besprechung des Therapieablaufs (Prinzipien, Funktion einer Hierarchieerstellung, PME) Betonung einer aktiven, kontinuierlichen Mitarbeit (Selbstbeobachtung zu Hause, Notizen über belastende Situationen) 1) Erstellung einer Angsthierarchie • • • • • • • • • • Daten von der Exploration Sammlung von einzelnen Situationen Angstbereiche aufgeschlüsselt Angsthierarchie Reizsituationen nach qualitativen und quantitativen Merkmalen analysiert Erstellung einer oder mehrerer Angsthierarchien: i. Kontinuum von der schwierigsten bis zur leichtesten Situation ii. Von 100 bis 0 iii. Rangreihen von 10 bis 15 Situationen Vor die Darbietung wird häufig eine Ruheszene gestellt, die keinen Bezug zur Angsthierarchie hat und zur Einführung und Entspannung verwendet wird Abstände zwischen den einzelnen Items sollte nicht zu groß sein und etwa gleich Items sollten konkret sein Szenen sollten lebhaft vorstellbar sein Bei komplexen Angststörungen besteht muss man meistens mehrere Angsthierarchien aufstellen 2) Training in progressiver Muskelentspannung • • • • • • Jacobson, 1938 Vielseitig und flexibel einsetzbar Erlernen willkürlicher Kontrolle von Spannung und Entspannung Nach Training: Klient sollte in der lage sein auf die Therapeuteninstruktion mit allgemeiner körperlicher Entspannung zu reagieren angenehmer Zustand Übungen zwischen den Sitzungen durchführen optimaler Lernerfolg Auch andere Entspannungsverfahren möglich 3) Darbietung der einzelnen Items • • • • • • Zunächst ausschließlich in der Vorstellung Lebhafte Vorstellung muss manchmal geübt werden Ruhiger Therapieraum, Entspannungsstuhl, Zeichen für anhaltende Angst Vor der Sitzung: kurzer Überblick über bevorstehende Aufgabe Beginn mit geringsten Item Wenn trotzdem Angst auftritt Vorstellung abbrechen und zur Entspannung übergeleitet 28 • • • • • • • • • • • Einzelne Szenen werden mehrmals durchgearbeitet, bis die Situation angstfrei erlebt wird und zum nächsten Item übergegagenen werden kann Dauer der Vorstellung: 10-20 Sekunden Dauer der Entspannung: 10-40 Sekunden Mindestens dreimal angstfrei Dauer einer Desensibilisierungssitzung: ca. 15-30 Minuten 3 bis 5 Items pro Sitzung am Ende der Sitzung immer eine angstfreie Szene falls nicht möglich: Ruheszene Protokollierung der Sitzungen durch den Therapeuten (Item, Anzahl, Dauer, Vorliegen eines Angstsignals, Bemerkungen) Nach der Durchführung: Besprechung Anzahl der Sitzungen: 15-20 Varianten und Entwicklungen Variante 1: • Systematische Dessinsibilisierung in vivo: Darbietung in der Realität (mit Bearbeitung in der Vorstellung nachher oder vorher) • Items, die in der Vorstellung schon erfolgreich bewältigt wurden • Effektive Methode • Ziel: Angstreduktion in der Realität • Spezielle Indikation: Ängste bei Kindern Vorteile: • • • Situationen bearbeitbar, die im Alltag schwierig sind Keine Generalisierung der Vorstellung auf die Realität notwendig Gefühl subjektiver Kompetenz und Kontrolle Erhöhung der Motivation Variante 2: • Systematische Desensibilisierung in Gruppen • Ökonomische Gründe o Gruppe mit ähnlichen Ängsten gemeinsame Angsthierachie mit mehr Items als eine individuelle, Orientierung am schwächsten Mitglied o Individuelle Hierarchien auf Karten Therapeut fordert auf die Karten zu lesen, nach dreimaligen Erfolg wird zur nächsten Karte übergegangen, Vorteil: unterschiedliche Ängste zusammenfassbar Praktische Schwierigkeiten bei der Durchführung • • • Entspannung kann Angstreaktionen auslösen Gedankliches Einlassen auf die oberste Ebene nicht möglich ( motivationales Problem) Items auf unterer Ebene differenzieren SD sollte als generelle Strategie zur Lösung von Problemen gesehen werden 29 Kontroverse um Theorie und Praxis der Systematischen Desensibilisierung Hierarchiestellung • • Scheint nicht zentral zu sein Krapfl et al, 1969: kein Unterschied, ob man die Items in ab- oder aufsteigender Form darbietet oder sogar eine Zufallsordnung wählt Entspannungstraining • • SD wirkt auch ohne Entspannungstraining Erleichternde, keine notwendige Bedingung für Effektivität Darbietung der Items • • • Verteilung der Items auf verschiedene Sitzungen nicht nötig Robinson et al., 1969: erfolgreiche SD an einem Tag (% einstündige Sitzungen) Massierte Darbietung ist also ähnlich effektiv Modelle und Erklärungen zur Systematischen Desensibilisierung Reziproke Hemmung • • • • Reziproke Hemmung: kurzfristige und leicht umkehrbare Hemmung eines Innervationsprozesses durch einen anderen Von Wolpe als neurologische Erklärung für den Prozess der Gegenkonditionierung Gegenkonditionierung: Eliminierung einer S-R-Verbindung durch die Koppelung einer alternativen Reaktion an den Stimulus, wobei die neue Reaktion größere Stärke als die ursprüngliche Reaktion besitzt Zentrale Theorie: die Hemmung von Angst durch ein angstantagonistisches Verfahren (i. d. R. Relaxation) Habituation (= Gewöhnung) • • • Zeitweilige und umkehrbare Verminderung einer Reaktion als Folge einer wiederholten Darbietung eines Stimulus zumeist geringer Intensität Erstes Alternativmodell Wird durch 2 Faktoren beeinflusst: o Durch eine angeborene Habituationsfähigkeit (d.h. durch die unterschiedliche Fähigkeit eines Organismus, auf einen Reiz hin die Erregung wieder abzusenken) 30 • • o Durch das aktuelle Erregungsniveau: Habituation wird dann beschleunigt, wenn das Aktivierungsniveau erniedrigt ist (und umgekehrt) SD erhöht die rasche Habituation (durch ein niedriges Aktivierungsniveau) Fraglich: Langzeiteffekte von SD ? Löschung • • • • • • Längerfristige Verminderung einer Reaktion durch eine mehrfache Auslösung unter Bedingungen der Nichtverstärkung Sehr langsamer Prozess SD begünstigt Löschung durch Hierarchisierung und Entspannung Geringe angstauslösende Situation (CS) Erfahrung: ausbleiben von UCS bzw. UCR Fraglich: Hierarchiestellung und Entspannung nicht unabdingbar Löschung ist nach neueren Auffassungen ein aktiver Prozess des Lernens, d.h. das Individuum bildet Erwartungen darüber, welche Ereignisse mit welchen Stimuli verbunden sind Soziale Verstärkung • • • • • • Durch shaping wird kompetentes Verhalten ermutigt Verstärkung kleiner und kleinster Schritte werden als zentral erachtet Soziale Verstärkung (z.B. durch den Therapeuten) Schwierigkeit der Trennung von sozialer Verstärkung von anderen Wirkmechanismen Yates, 1975: Soziale Verstärkung = wichtige Rolle, allein keine Erklärung Variante: Modellernen, Bandura, 1969: allein auch keine Erklärung Kognitive Modelle • • • • Veränderungen von Erwartungen (kognitiven Mustern) bzw. netzwerkartigen Strukturen des Gedächtnisses (Bower, 1981) Therapeutische Erwartungen als zentraler Wirkmechanismus o Instruktionen des Therapeuten o Hinweise auf die Wirksamkeit des Verfahrens o Beruhigende Versicherungen, etc. positive Erwartungen Empirische Befunde uneinheitlich: o Borkorec, 1973: 9 Studien dafür, 10 Studien dagegen o Wilson & Thomas, 1973: Erwartungshypothese wird gestützt, wenn man als Kriterium der Veränderung subjektive Angaben benutzt, bezieht man sich jedoch stärker auf das Kriterium des Vermeidungsverhaltens, sprechen die Studien gegen die Hypothese Theoretischer Pluralismus (alle Erklärungen decken Teile ab) Stellenwert des Verfahrens in der heutigen Verhaltenstherapie • • • • Erstes elaboriertes Vt-verfahren (va. Gegen pathologische Angstreaktionen) Am detailliertesten untersucht Abnahme der Forschungsaktivität Praktisch in den Hintergrund getreten 31 • • Einordnung unter den Aspekt der Stimulusqualität (Systemmodell) bzw. Konfrontationsverfahren Keineswegs falsch oder überholt: o Alternativen, die aus der SD entwickelt wurden Konfrontation und Reaktionsverhinderung Konfrontation und Reaktionsverhinderung („exposure/response prevention“) kann man in gewisser Weise als eine Weiterentwicklung der Systematischen Desensibilisierung verstehen. Begriffserklärung Konfrontation: Aktive Auseinandersetzung mit einer belastenden (phobischen/ traumatischen Situation) Exposition („exposure“): Bezeichnet die Prozedur der Darbietung einer vom Klienten gefürchteten Situation: • In der Vorstellung • In der Realität (in vivo) Variationsmöglichkeiten: • Dauer der Darbietung • Geschwindigkeit • Exposition unter Anleitung eines Modells (z.T auch in Gruppen) • Instruktionen über selbstkontrollierte Expositionen theoretische Erklärung Vermeidungsverhalten fast ausschließlich: Löschung von Angst und Reaktionsverhinderung („response prevention“): • • • • Prozedur der Verhinderung von Vermeidungsverhalten Verhinderung des Vermeidungsverhaltens (bei Zwangsstörungen „Neutralisieren“) durch o Verbale Instruktion o Anwesenheit eines Therapeuten o Selbstmanagement Löschung Ersetzung des Begriffs durch das Konzept des „Reaktions-Management“ o Kein passives Unterdrücken von unangemessener Vermeidungsreaktion o Aktiver Aufbau von alternativen Bewältigungsreaktionen auch Reizüberflutung („flooding“): • • • Spezielle Form der Konfrontation Eine rasche und intensive Darbietung gefürchteter Items i.d.R. erfolgt bereits zu Beginn der Therapie die Präsentation des sog. „top items“ 32 • sowohl in der Vorstellung als auch in der Realität (bevorzugt) Theoretische Erklärungen: • • • • • Theorien der Habituation der Angst (lange Darbietungszeiten) Theorien der Löschung Drastische Reaktionsverhinderung nötig Für den Klienten eine starke Belastung Starke Motivierung nötig Implosion: • • • Ausschließlich vorstellungsmäßige Darbietung Szenen werden meist übertrieben (d.h. der Realität nicht mehr entsprechend) Psychodynamische Grundlagen und Interpretationen bedeutsam Habituation: • • Erklärungsansatz für die sehr langsame Abnahme von Angst- und Orientierungsreaktionen Spezifische Bedingungen betreffen o Individuelle Habituationsfähigkeit o Momentanes Aktivierungsniveau o Scheint bedeutsam, dass der Stimulus in nicht zu hoher (keinesfalls maximaler), sondern eher geringer und gleichförmiger Intensität dargeboten wird Löschung: Zwei Aspekte: • • Verfahren, das ebenfalls speziell zur Bewältigung von Angst- und Vermeidungsreaktionen entwickelt wurde (Schrittweise Konfrontation mit der gefürchteten Situation: „graduierte Löschung“) o Graduierte Löschung: Kein antagonistisches Verfahren Feedback wichtig Geringe angstauslösende Situationen keine Reaktionsverhinderung nötig Theoretischer Hintergrund: Löschung Theoretischer Aspekt: Erklärung für die Reduktion von Angstreaktionen mit unterschiedlichen theoretischen Modellen: o Hemmungstheorie (Hull, 1943) o Theorie der Generalisierungs-Abnahme 33 o Interferenztheorie o Frustrationstheorie o Erwartungstheorie (Tolmann, 1932) Prinzipien und Grundlagen von Konfrontation und Reaktionsverhinderung • • • • Grundlagen in experimentellen Studien zur Ausformung und Löschung von Vermeidungsverhalten bei Tieren o Ausformung von aktivem/passiven Vermeidungsverhalten führt rasch zur CS als diskriminiative Funktion für stabile Vermeidung o Sehr löschungsresistent o Tiere unternahmen keine Realitätstestung mehr o Verweis auf das Zwei-Faktoren-Modell von Mowrer (1950) Experimentelle „Behandlung“: o Verhinderung der Vermeidung o Anfangs große Erregung dann lernen o Schließlich: konnte auch die Reaktionsverhinderung aufgegeben werden o Vermeidung und Angstreaktion waren gelöscht Analogien zum Humanbereich: o Über Jahre andauerndes Vermeidungsverhalten o Erst Konfrontation und Erlernen ihrer Ungefährlichkeit führen zur Löschung Hinweis von Kanfer (1985): o Im Humanbereich spezielle Aspekte o Spezieller sozialer Kontext o Individuelle Bedeutungsmuster#Kompexität und Vernetzung mit kognitiven Komponenten Zur Anwendung von Konfrontation und Reaktionsverhinderung • • • • Konfrontation mit einem Item löst Angstreaktion (auf mehreren Ebenen) aus Erwartungen spielen eine entscheidende Rolle („Katastrophengedanken“) Überschreitung einer subjektiven Toleranzschwelle Vermeidungsverhalten (R-) Verbleiben in der Situation ist unabdingbar Praktische Hinweise: • • Tragfähige therapeutische Beziehung Dauer: zu kurz führt zu Angststeigerung, o wenigstens 30 min o Gibt Expositionszeiten von 100 bis 120 min o „Plateau“ der Angst muss überschritten sein o Reduktion während der Expo muß erlebt werden o Angsttherapie kann nicht erfolgen, ohne einen kurzfristigen Angstanstieg 34 • • • o Therapie mit Menschen unter angstreduzierenden Medikamenten: Anxiolytika und Tranquilizer (BEzodiazepine) werden manchmal dazu verwendet, die unangenehme Komponente der Therapie abzuschwächen Entscheidend ist aber die effektive Reaktionsverhinderung Gegen den Einsatz von Medikamenten spricht die Attributionsforschung Besonders bedeutsam: auf die emotionale Bedeutung seiner Angst einlassen: o Foa& Kozak (1986): „emptional processing“ (emotionale Auseinandersetzung) Ausmaß und Form der Reaktionsverhinderung: • • • • • Verhinderung der Flucht- und Vermeidungsreaktion geht über: o Verbale Instruktion o Leichtes Drängeln o Bis körperlicher Einschränkung Verhinderung der kognitiven Vermeidung (nicht in vivo) schwer kontrollierbar Übertragung in den Alltag wichtig („home-based-treatment“: Marks, 1978) Co-Therapeuten, andere Personen aus dem sozialen Umfeld können bei der Exposition und Reaktionsverhinderung beistehen Kontrolle der Bewältigung sollte zunehmend dem Klienten selbst übergeben werden Effektivität: • • • • • • Ausgesprochen befriedigend Unter günstigen Bedingungen profitieren 80-85% der massiv beeinträchtigten Patienten deutlich von der Behandlung (Marks, 1987) Rechte hohe Stabilität der Effekte, etwas niedriger bei Zwangsstörungen und Abhängigkeiten Konsequenter Aufbau von Alternativen Fälle von Verschlechterung wurden nicht berichtet Einschränkung: nur 1-3% aller Patienten kommen zu einer zielführenden Therapie (Margraf & Schneider, 1995) Anwendung: • • • • • Objektbezogene Ängste (Phobien) Panikstörungen Posttraumatische Belastungsstörungen Essstörungen Abhängigkeiten wie Alkoholismus Exkurs: „Bereavement Therapy“ als Variante von Konfrontation und Reaktionsverhinderung • • Anwendung des Konfrontationsmodells auf extreme und andauernde Trauerreaktionen (Ramsay, 1979) Vermeidung der (kognitiven) Be- und Verarbeitung eines Verlusterlebnisses 35 • • • • Erinnerung als Hinweisreiz für Vermeidung, so dass eine Verarbeitung (Trauer, Weinen, usw.) nicht erfolgen kann Nachträgliche Konfrontation mit dem Verlustereignis Nachholen der Trauerarbeit ist Löschung möglich Wenig Erfahrungen mit diesem Ansatz Modifikation von Konfrontationsverfahren: Flooding/ Implosion/ Graduierte Konfrontation Die im Folgenden anzusprechenden Varianten sind in theoretischer Hinsicht in theoretischer Hinsicht im Prinzip der Konfrontation und Löschung chronischer Angstreaktion zuzuordnen. Auf technologischer Ebene ergeben sich verschiedene Abwandlungen und Varianten: Flooding („Reizüberflutung“): • • • • • • • • Besonders intensive Konfrontation des Patienten mit der gefürchteten Situation „top items“ maximale Angst meist in Realität hohe Motivation und Belastbarkeit nötig Erleben der Ungefährlichkeit Durchbruch in der Therapie Andere Items werden dann durchaus leichter bewältigt Massierte Konfrontation günstig als Rückfallprophylaxe: o Lernen sich auch in Zukunft kritischen, schwierigen Situationen zu stellen, keine Vermeidung o Günstige Follow-up-Daten Falls Konfrontation in der Realität nicht möglich: o Konfrontation in der Vorstellung o Zentrales Erklärungsprinzip: Modell der Habituation mehere Wiederholungen nötig Implosion: • • • Folgende Elemente sind zentral: o Eine Konfrontation erfolgt nur in der Vorstellung o Die Situation wird z.T. massiv übertrieben o Sowohl auf theoretischer, als auch auf technischer Ebene sind psychodynamische Modellvorstellungen zentral In der Therapie selbst: lerntheoretische Mechanismen: o Durch eine intensive, übertriebene Vorstellung lernen das Situation ungefährlich Psychodynamischer Hintergrund: o Nicht nur angegebene Szenen, sondern auch Szenen, von denen man aufgrund theoretischer Überlegung annimmt, dass sie für den Patienten entsprechende Relevanz haben (z.B. Aggressivität, Oralität, Analität, Sexualität etc.) 36 Gründe für das in den Hintergrundtreten der Implosionstechnik: • • • Ungenaue Beschreibung des Verfahrens, das verschiedene Varianten, aber auch Fehlern bei der Durchführung Tür und Tor öffnet Probleme bei der Vorstellungsfähigkeit von Klienten, die wenig oder gar nicht prüfbar sind Theoretische Ungereimtheiten, was vor allem die Relevanz psychodynamischer Faktoren betrifft; diese sind selbst innerhalb des Verfahrens der Implosionstechnik ausgesprochen umstritten Graduierte Konfrontation („graduierte extinction“): • • • • • • • • • • Speziell zur Bewältigung von klinischen Angst- und Vermeidungsreaktionen entwickelt Mittelstellung zwischen Systematischer Desensiblisierung und Flooding Schrittweise und systematische Darbietung der „top items“ Beginn mit extrem schwachen Reizen die keinerlei Abwehr- und Vermeidungsreaktion auslösen Ausschließliche Verhinderung der Vermeidung durch zu schwache Reize (!) Grundlage: o Befunde zur Bestrafung: wenn minimal aversive Stimuli geboten werden, dann werden etwas „gefährlichere“ Reize nicht mehr als solche erlebt o Minimal aversive Stimuli lösen nun Alternativen zum Vermeidungsverhalten aus neue Reaktionen werden generalisiert und interferieren mit der Angst ( Interferenztheorie der Löschung, Kimble 1961) o Expliziter Einsatz von Feedback (Fortschritt beim Annäherungsverhalten): operanter Faktor Anwendung: o Behandlung von Angst- und Vermeidungsverhalten „graduiert“, weil es abhängig von der Selbsteinschätzung des Klienten ist Wirkfaktoren: o Konkrete Erfahrung der Bewältigung o Kognitive Mechanismen (Veränderung der Erwartungen, stabiler kognitiver, emotionaler Schemata) Experimentelle Fundierung: o Poppen, 1979: Vergleich in Tierverschen von graduierter Löschung, Flooding, Gegenkonditionierung und regulärer Löschung o Ergebnisse: 37 • • Reguläre Löschung: am wenigsten effektiv zum Wiederaufbau des Annäherungsverhaltens Graduiertes Gegenkonditionieren und graduierte Konfrontation zeigten die raschesten Effekte Nach 10 Sitzungen hatten die 3 Verfahren ähnliche Löschung des Vermeidungsverhaltens und Aufbau des Annäherungsverhatens wie graduierte Verfahren Effektivitätsnachweise sind recht kompliziert: o Graduierte Konfrontation häufig Kontrollbedingung o Effekte sind geringer, wenn die kLienten nicht über ihre Verbesserungen regelmäßig informiert werden Parallelen zur „verdeckten Löschung“ (Cautela, 1971): o Gesamtes Verfahren könnte im Prinzip auch „verdeckt“ durchgeführt werden o Sinnvoll erscheint dieses Verfahren eventuell als Vorstufe der realen (graduierten) Konfrontation, wenn sich der Klient zum erst einmal die Auseinandersetzung mit einer von ihm befürchteten Situation vorstellt, bevor er diese in der Realität aufsucht. Training in Angstbewältigung Bewältigung: Lernen mit belastenden Situationen und damit verbundenen Emotionen umzugehen Angstbewältigung Allgemein: • Täuscht eine Einheitlichkeit in therapeutischen Verfahren vor, die in der Realität nicht existiert • Heterogene Menge an therapeutischen Strategien (auch außerhalb verhaltenstherapeutischen Settings, z.B. Meditationsverfahren) • kognitive Komponente wird in allen Verfahren eine wichtige Rolle zugebilligt: gedankliche Prozesse determinieren weitgehend die Färbung von menschlichen Emotionen, sie sind zugänglich und veränderbar • aber auch klassisch-verhaltenstherapeutische Übungen nötig Diskrimantionstraining: • • • frühzeitiges Erkennen einer Angstreaktion Diskrimination dieser Reaktion einsetzten effektiver Bewältigungsmethoden Differenzierung auf einer subjektiven Skala (0-100) hilft erste Unterscheidungen zu treffen Feststellung, dass Angst ist nicht immer gleich stark ausgeprägt erstes subjektives Gefühl der Kontrolle Strategien zur Bewältigung von Angst: • Angst soll nicht mehr vermieden werden erste Auseinandersetzung damit 38 • • Patient muß eine prinzipielle Bereitschaft zur Selbstkontrolle haben (Ertragen kurzfristiger aversiver Situationen) Viele Patienten setzten Strategien ein, die nur einer gewissen Korrektur oder Optimierung bedürfen Üben im therapeutischen Setting: • • • • Ziel: schrittweise Übertragung auf natürliche Situationen Absichtliches provozieren von Angst (z.B. Hyperventilation) teil einer „paradoxen Intervention) erleben von Kontrolle Angst beinhaltet nicht eine von ihm unabhängige Pathologie, sondern der Patient kommt selbst in die Lage, Angst auszulösen und er kann selbständig lernen mit dieser Angst umzugehen Gelungene Bewältigung: Im pragmatischen Kontext könnte man von gelungener Bewältigung dann sprechen, wenn es zu einer relativen Reduktion der Beeinträchtigung des Lebensvollzugs anhand selbstgesetzter Zielvorstellungen gekommen ist. Trainings in Selbstsicherheit • • Früher: gegen soziale Unsicherheit Heute: Aufbau von sozialen Fertigkeiten, von sozialer Kompetenz mit dem Ziel einer Verbesserung der sozialen Interaktion Historischer Hintergrund: • • • • Begründer: A. Salter, 1949 Gehemmter Mensch (nach Salter): o Unsichere Persönlichkeit o Nicht spontan o Schwierigkeiten im Ausdruck von Gefühlen o Nicht in der Lage nach den eigenen Bedürfnissen zu leben Selbstsichere Mensch (nach Salter): o Ehrlich und offen im Gefühlsausdruck o Spontan und in der Lage flexibel zu handeln „Expressive Training“ nach Salter: o Ausdruck von Gefühlen o Mimischer Ausdruck o Widersprechen und Angreifen, wobei erlebte Differenzen im interpersonalen Bezug explizit zum Ausdruck gebracht werden o Gezielter Gebrauch des Pronomens „ich“ o Fähigkeit zur Improvisation und zur Flexibilität 39 • • Realisierung einer oder mehrerer Regeln führt zur Veränderung de Selbstsicherheit: o Aktualisierung von Emotionen Ansatz wurde erst 10 Jahre später rezipiert (Wolpe, 1958) Wolpe, 1958: • • • • • Ursache von Selbstunsicherheit ist soziale Angst Angstreaktionen verhindern sozial angemessenes und den eigenen Gefühlen und Bedürfnissen entsprechendes Verhalten Angst verhindert: o Ärger auszudrücken o Selbstsichere Reaktionen zu zeigen Angstantagonistisches Verhalten zu sozialer Angst durch Entspannung & selbstsicheres Verhalten inkompatibel mit Angst Operante VEstärkung des neuen Verhaltens: o durch Therapeuten, o durch Gruppe o soziale Umwelt Bedeutsame Techniken für das Selbstsicherheitstraining: 1. Ermutigung zur Selbstbehauptung durch den Therapeuten, verbale Instruktionen und Information 2. Verhaltensübungen, die nach Schwierigkeiten hierarchisch zu ordnen sind. In den Verhaltensübungen sollte der Klient schrittweise die bisher gehemmten Gefühle direkt äußern. 3. Soziale Verstärkung bei Äußern neuen Verhaltens. Dieses neue Verhalten sollte auch der „Lebensphilosophie“, dem Recht auf die Duchsetzung adäquater Forderungen entsprechen. Kritik von Lazarus: • • Gegen Selbstsicherheitstraining als bloße Vermittlung aggressiver, rücksichtsloser Verhaltensweisen Reines Training in „Durchsetzungsfähigkeit“ führt zwar zu gesteigerter Selbstbehauptung, gleichzeitig jedoch zu zwischenmenschlicher Distanz und Entfremdung Lazarus Begriff „Soziale Kompetenz“: • Die Fähigkeit, nein zu sagen 40 • • • • • • Die Fähigkeit, Bitten, Wünsche und Forderungen zu äußern Die Fähigkeit, positive und negative Gefühle zu äußern Die Fähigkeit, Gespräche anzuknüpfen, sie fortzuführen und zu beenden. Unabhängige Bereiche Für jede Person indivividuelle Analyse und ein eigenes Training Nicht nur auf Verhaltensebene, sondern auch im Zusammenhang mit o Kognitiven Mustern o Einstellungen o Bewertungen o Lebensphilosophie Folgende weitere Quellen Selbstsicherheitstrainings: als historische uns konzeptionelle Vorläufer des Moreno, 1946: „Psychodrama“: Möglichkeit zum direkten (insbesondere nonverbalen) Ausdruck von Gefühlen geschaffen Kelly, 1955: „Fixed-Role-Therapy“: Verbindung zwischen Verhaltens- und kognitiver Therapie (Vorstellen eines Modells als Vorbereitung einer Verhaltensänderung). Ellis, 1962: „Rational-Emotive-Therapie“: Betonung problematischer Funktion bestimmter Kognitionen und Fehleinstellungen für die Ausformung und Aufrecherhaltung problematischer Verhaltensweisen Begriffsklärung Gemeinsame Elemente von selbstsicherem (assertives) Verhalten: • • • Assertives Verhalten ist interpersonales Verhalten, da es in einer ehrlichen und relativ direkten Äußerung von Gefühlen und Gedanken besteht. Assertives Verhalten ist sozial angemessenes Verhalten. Assertives Verhalten einer Person berücksichtigt sowohl die eigenen Bedürfnisse, als auch die Gefühle und das Befinden anderer Personen. Richtlinien für die Unterscheidung von Alberti et al., 1978: a) Non-assertivem = b) Assertivem = c) Aggressivem Verhalten passivem, unsicherem selbstsicherem, der Situation angemessenem Definition (Assertives Verhalten), Rich et al., 1976: „Assertives Verhalten beinhaltet die Fähigkeit, in einer interpersonalen Situation nach Verstärkung zu streben, sie aufrecht zu halten oder zu vermehren. Dies geschieht durch den direkten Ausdruck von Gefühlen oder Wünschen, wobei der Ausdruck solcher Wünsche mit dem Risiko des Verlustes von Verstärkung oder sogar mit Bestrafung verbunden ist.“ 41 Ansatzpunkte und Komponenten von Selbstsicherheitstrainings Verschiedene Bereiche: 1. Die subjektive Einstellung einer Person zu sich selbst 2. Der Aspekt sozialer Fertigkeiten und die Fähigkeit, diese auch adäquat einzusetzten 3. Die Komponente der sozialen Angst und Hemmung 1. Subjektive Einstellung • • • • Negatives Selbstkonzept, entstanden durch: i. Erleben von sozialer Unsicherheit ii. Erziehungseinflüsse iii. Fortlaufende Misserfolge Minderwertigkeitsgefühlen ähnlich: „Schemata“ nach A.T. Beck, 1976 (Strukturierung der Wahrnehmung und Speicherung der eigenen Erlebnisse) Verweis auf Konzepte der „Self-efficacy“ (Bandura, 1977) Spezifische Indikation für die Berücksichtigung der subjektiven Komponente im Selbstsicherheitstraining: • • • • Probleme des Kontrollverlustes bei aggressiven Gefühlen Ungeduldige, überaus irritierbare Personen, die sich in unterschiedlichsten Situationen angegriffen fühlen und meinen, ihrerseits durch Angriff reagieren zu können. In einem solchen Fall steht das Erlernen adäquater, sensibler Stimulusdiskrimination im Vordergrund Impulsive Personen Erlernen angemessener Reaktionen Selbstunsichere Personen adäquate Strategien der Durchsetzung eigener Wünsche und Bedürfnisse 2. Soziale Fertigkeiten • • • • • Soziale Fertigkeiten: o Verbale o Motorische o Mimisch-gestische Fähigkeiten (Verhaltensweisen) o … die an die soziale Umwelt gerichtet sind und von diesen Verstärkt werden dazu gehört: soziales Diskriminationslernen Selbstsicherheit zeichnet sich dadurch aus, dass zwar die eigenen Gefühle und Bedürfnisse wahrgenommen und direkt geäußert werden, dies aber nicht in anklagender oder verletzender Form erfolgt Soziale Problem konstruktiv lösen Adäquate Form des aggressiven Ausdrucks von aggressiven Gefühlen 42 • Schulung in sozialer Wahrnehmung und Differenzierung bildet einen ersten Schritt zu Aufbau adäquaten sozialen Verhaltens; weitere wichtige Elemente sind die Instruktionen und Informationen über adäquates Verhalten in neuen Situationen, Rollenspielen und Modellernen 3. Soziale Angst und Hemmung Soziale Angst als das erleben unangenehmer Gefühle in sozialen Situationen kann sich auf verschiedene Bereiche beziehen: a) Auslösende Situation: a. Angst vor öffentlicher Beachtung b. Vor Misserfolg und Kritik c. Angst vor Versagen d. Angst und Befangenheit im sozialen Kontext e. Angst, Forderungen und Bitten abzuschlagen („nein“-sagen) f. Angst vor eigenen Ansprüchen b) Gefürchtete Reaktionen: a. Antizipation von unangenehmen Reaktionen c) Vermeidungsstrategien: a. Die gefürchtete Situation wird nicht mehr aufgesucht, weil aversive Konsequenzen antizipiert werden b. Vermeiden wird verstärkt, weil gefürchtete aversive Konsequenzen ausbleiben c. Unterscheidung aktive Vermeidung (Flucht) und passive Vermeidung (Gedankliche Abwesenheit, Schweigen) d) Kreislauf: a. Antizipation negativer Gefühle Vermeidung Isolation (keine neuen Erfahrungen) Modelle von Selbstsicherheitstrainings 43 Historische Entwicklung: Salter (1949), Wolpe (1958), Lazarus (1963) verschiedene Modelle mit anderen Schwerpunkten Assertiveness-TrainingProgramm (ATP) Verhaltenstrainingsprogramm Gruppentherapie sozialer zum Aufbau sozialer Kompetenz (GSK) Kompetenz (VTP) & Feldhege & Krauthan, 1979 Hinsch & Pfingsten, 1983 Ullrich de Muynck Ullrich, 1976 4 Themenbereiche sozialer 4 Verhaltensbereiche: 3 Teile: Kompetenz: • Forderung stellen • Die Verbesserung der • Teil A: „Formen, Beziehung zu Partner, Entstehung und • Neinsagen und Freunden und Bekannten Therapie“ sozial Kritisieren (Bereich inkompetenten • Herstellen von Kommunikation) Verhaltens Kontakten • Das Aufnehmen und • Teil B: Konzeption, • Sich öffentlicher Aufrechterhalten von Methode und Beachtung aussetzen Kontakten zu fremden Wirksamkeit des und Fehler erlauben Personen (Bereich GSK“: Unterteilung Kontakt) des Konstruktes „Soziale • Das Durchsetzen von Kompetenz“ in 3 berechtigten Ansprüchen Teile: Recht und Forderungen durchsetzen (Typ (Bereich R), Beziehungen Selbstbehauptung) (Typ B), Um • Die Bewältigung von Sympathie werben Belastungssituationen (Typ S) (Bereich Belastung) • Teil C: Durchführungsmater ialen (Rollenspiele, Entspannungstraining, Fragebögen) • Weniger aufwendig 44 Therapeutische Wirkfaktoren: • Verhaltensübungen und Rollenspiele • In-vivo-Training/ Hausaufgaben in konkreten Situationen • Prinzipien der Verstärkung, operantes/ instrumentelles Lernen • Vermittlung von unmittelbaren Video-Feedbacks • Sukzessive Annäherung an problematische Situationen • Instruktion/ direkte Anweisung des Therapeuten • Liste von zu erlernenden und zu verlernenden Bereichen • Therapiekontrakte/ Verträge • Modellernen • Durchführung des ATP in Gruppen • Selbstinstruktionen ATP ist standardisiert: Die damit verbundene Inflexibilität wird allerdings dadurch aufgehoben, dass es sich bei den einzelnen Situationen um Bereiche handelt, die von allen Personen geübt werden sollen Einschränkung von Vermeidung Vorteile von Gruppentherapie, Grawe, 1980: • Reihe von verhaltenstherapeutischen Veränderungsprinzipien: • • • • • • • Modellernen Verhaltensinstruktionen Gezielte Hilfestellung Praktische Anleitung Suksessive Ausformung des Verhaltens Kognitive Umstrukturierung In-vivo-Übungen/ Hausaufgaben als ATP Gleiche Ziele wie ATP Dem Konzept des GSK liegt ein Prozessmodell zugrunde, das das Zusammenwirken von kognitiven, emotionalen und beobachtbarem Verhalten bei der Bewältigung sozialer Situationen beschreibt: 1) Trainingselemente auf kognitiver Ebene (Diskrimination) 2) Trainigselemente auf der emotionalen Ebene (PME) 3) Trainingselemente auf der motorischen Ebene (Rollensoiele mit Videofeedback) 1) Die Items werden selbständig in der Gruppe erarbeitet Defizite im sozialen Verhalten Von vornherein als sollen durch Gruppentherapie konzipiert • sog. Wissens- und • Verhaltenstechniken Gruppe als Modell ausgeglichen werden 45 • • sozialer Interaktionen Aktive Beteiligung in einer sozialen Situation Nicht nut Werte und Normen des Therapeuten, sondern auch der Gruppe Spielregeln für Gruppenarbeit 1975): Die Durchführung der Verhaltenstechniken erfolgt i.d.R. in der Interaktion mehrerer Individuuen (Gruppe) effektive (Fiedler, • Akzeptierend und freundlich • Positives Verhalten verstärken • Gefühle von Langeweile und Ärger sollten adequat angesprochen werden • Organisatorische Aspekte eindeutig festgelegt Größe der Gruppe: Nicht zu heterogene Gruppen, Ca. 8-10 Teilnehmer, 2 Abhängig von 7-9 Teilnehmer, gemischt- Therapeuten Therapeutenerfahrung; geschlechtlich, alter homogen möglichst 2 Therapeuten, nicht zu heterogen Ablauf: Ablauf: 1) Einführung in den 1) Vorstellung der jeweiligen Trainingsinhalte Verhaltensbereich 2) Einführung des 2) Erarbeiten von Erklärungsmodells Wissenstechniken für 3) Diskrimination den Verhaltensbereich selbsticher/aggressiv 3) Erarbeiten der ; Einführung des Übungssituationen zu Modellrollenspiels den Verhaltenstechniken (Typ R) des Verhaltensbereichs 4) Bewusstmachen von (Rollenspiele) Selbstverbalisation 4) Weitere anhand des Übungssituationen mit projektiven ansteigendem Videofilms und der Schwierigkeitsgrad Selbstlobübung 5) In-vivo-Übungen 5) Einführung von 46 6) Wiederholung des Lernstoffs des Verhaltensbereichs 7) Interaktionszentrierte Gruppensitzungen 6) 7) Modifikationen: • Veränderung der Reihenfolge • Einsatz standardisierter Übungssituatione n • Wiederholung während des Trainings • Auch in „offenen“ Gruppen möglich • Anwendung in der Einzeltherapie • Einbezug des Sozialpartners 8) 9) Situationstyp B (Teil I) Einführung von Situationstyp B (Teil ii); Rollenspiel und Videofeedback Einführung des Situationstyp S; Rollenspiel mit Videofeedback Diskrimination der Situationstypen und abschließendes Rollenspiel mit Videofeedback, wobei die Wahl des Situationstyps freigestellt wird Zusätzlich: Entspannungstraining Prinzip der „minimal effektiven Verhaltensweise: Die minimal effektive Verhaltensweise ist dasjenige Verhalten, das mit hoher Wahrscheinlichkeit zur gewünschten Zielerreichung führt und das gleichzeitig mit einem Minimum an Aufwand und negativen Emotionen verbunden ist. Bewertung von Trainings in Selbstsicherheit • • • • Die Auseinandersetzung beinhaltet eine schrittweise Konfrontation mit bisher gemiedenen sozialen Situationen Die graduierte Annäherung am komplexe und schwierige Interaktionsmuster erleichtert die Überwindung bisherigen Vermeidungsverhaltens. Das Ziel des Trainings besteht nicht nur im Abbau von Vermeidungsverhalten, sondern auch im aktiven Erwerb von sozialen Fertigkeiten (positive Konsequenzen erleben). Normative Gesichtspunkte und gesellschaftliche Standards fließen ein, Zielbestimmungen ändern sich mit gesellschaftlichem Wandel Mit dem Erlernen sozialer Kompetenz erwirbt die Person einen Verhaltensspielraum, der es ihr ermöglicht, das ihr zur Verfügung stehende Verstärkerpotential optimal zu nutzen 47 Operante Methoden Grundlagen: Thorndike, 1898 Skinner, 1938 Zentrales Lerngesetz: Instrumentelleles Verhalten wird in erster Linie durch seine Konsequenzen kontrolliert. (Thornedike) Unterscheidung der Lernprinzipien (S-R) und des operanten Konditionierens (R-S). Skinner hat speziell dem operanten Lernen die größere Bedeutung für die Stabilisierung des Verhaltens zuerkannt. (Skinner) Operante Methoden = Konsequenzkontrolle Unterscheidung: Positiver Stimulus (C+): Aversiver Stimulus (C-) Positive Verstärkung ↑R C+ Bestrafung/ Löschung ↓R /C+ Bestrafung ↓R C- Negative Verstärkung ↑R /C- Bedingungen für operantes Lernen: • • Kein automatischer, passiver Prozess Eine Reihe von intermittierender Variablen (Module) determinieren die operante Konditionierung: o Prädisponierende Faktoren o Motivationale Bedingungen o Evolutionäre Variablen o Frequenz des Verhaltens 48 Methoden zum Aufbau von Verhalten Positive Verstärkung: Entscheidend für die Wirksamkeit ist die Kontingenz zwischen Verhalten und Konsequenz. Kontingenz: Relation des Verhaltens zu einer zugehörigen Konsequenz dieses Verhaltens. Dies ist deshalb wichtig, weil Verhalten üblicherweise unter multipler Kontingenzkontrolle steht – Verhalten ohne Konsequenzen ist schwer denkbar. Wenn Stimuli in großer zeitlicher Distanz (verzögerte Verstärkung) dargeboten werden, so wird die Erkennung der Kontingenzrelation erschwert. Garcia et al. (1972): • • • • Nicht unbedingt die Stimuli, die in zeitlicher und räumlicher Nähe liegen Das Individuum sucht die Umgebung nach zugehörigen Stimuli ab Nachweis im infrahumanen Bereich Prinzip der modernen Lerntheorien (Rescola, 1988) Hinweise für die therapeutische Praxis: • • • • • • • Vor der Anwendung positiver Verstärkung bedarf es einer präzisen funktionalen Analyse und der Bestimmung relevanter Verstärker (i.d.R durch Beobachtung) Als positive Verstärker eignen sich nicht nur primäre und sekundäre Verstärker, sondern auch Verhatensweisen des Individuums selbst (Premack-Prinzip) Positive Verstärker sollten unmittelbar nach dem Auftreten des Zielverhaltens verabreicht werden (Kanfer et al., 1970) Dem Individuum sollte die Relation zwischen erwünschtem Verhalten und der Verabreichung der Verstärker transparent sein Zur Vermeidung von Sättigungseffekten sollte die Darbietung von Verstärkern variabel erfolgen Zum Aufbau von Verhalten sollte die positive Verstärkung zunächst kontinuierlich erfolgen, zur Stabilisierung von Verhalten sollte zu intermittierender Verstärkung übergegangen werden Bei der Auswahl des Zielverhaltens sollte darauf geachtet werden, dass dies selbstverstärkend wird bzw. eine Vernetzung in der natürlichen Umgebung erfährt. Darüber hinaus sollte die Person schrittweise dazu befähigt werden, die Verstärkung selbst durchzuführen. Spezielle Möglichkeiten positiver Verstärkung: Shaping: Schrittweise Ausformung von Verhalten, wobei zunächst erste Elemente und Ansatzpunkte des Zielverhaltens positiv verstärkt werden. • Erfordert eine Analyse des Zielverhaltens 49 • • Schrittweise diskriminitiv verstärkt, d.h. immer größere Ähnlichkeit mit dem Zielverhalten Aufwendiges Verfahren Chaining: Aufbau einer komplexen Verhaltensweise. Das letzte Element der Kette wird als erstes verstärkt und die Verhaltenskette gewissermaßen von „hinten“ aufgebaut. Durch das Prinzip der Koppelung erwerben die einzelnen Elemente der Kette schrittweise ebenfalls (sekundären) Verstärkercharakter. • • Aufgliederung von komplexem Verhalten in kleine Einheiten (Ketten) Bestimmung welche Teile schon vorhanden sind und welche evtl. noch durch Shaping aufgebaut werden müssen • Schrittweise Bearbeitung bis die erforderliche Verhaltensweise unter der simuluskontrolle der vorausgegangenen Reaktion stehen, verstärkt wird der Abschluß Prompting: Darunter ist eine verbale oder verhaltensmäßige Hilfestellung zu verstehen. Durch Instruktion, durch an der Hand führen usw. sollte die Aufmerksamkeit des lernenden Individuums überhaupt erst auf das gewünschte Verhalten gelenkt werden. Prompting ist eine sehr elegante operante Strategie, die eingesetzt wird, damit positive Verstärkung greifen kann. Beispiele: • Vormachen des erwünschten Verhaltens • Eindeutige Instruktionen • Hinzeigen auf Objekte Fading: Schrittweise Ausblenden von Hilfsstimuli bis das Zielverhalten schließlich unter die Kontrolle natürlicher Konsequenzen gelangt. Zum erlernen komplexen Verhaltens können zunächst verbale, bildliche oder verhaltensmäßige Hilfestellungen gegeben werden. Alle Strategien gemeinsam: • Teil komplexer Therapieprogramme • Besonderes Kennzeichen: schrittweises vorgehen • Unterstützung bei der Durchführung Strategien zum Abbau von Verhalten Bestrafung von Verhalten Bestrafung: kontingente Anwendung eines aversiven Reizes auf ein bestimmtes Verhalten Funktionale Fassung von Bestrafung: Prozeß, bei dem die Auftrittshäufigkeit eines Verhaltens einer bestimmten operanten Klasse als Folge der reaktionskontingenten Anwendung eines Stimulus sinkt 50 Verzicht auf aversive Verfahren problematisch, weil man den Patienten den aversiven „natürichen“ Bedingungen überlassen würde. Hinweise für die Durchführung von Bestrafungsverfahren: • • • Nur in Verbindung mit Verstärkung von Alternativverhalten Kontingent folgen Nur in Absprache mit Klienten Löschung von Verhalten Löschung: Reduktion der zukünftigen Auftrittshäufigkeit von Verhalten einer operanten Klasse durch das Entfernen der positiven Verstärker, die dieses Verhalten aufrechterhalten. • • • Dem Verhalten sollte in Zukunft lediglich „neutrale“ Konsequenzen folgen Keine sofortige Unterdrückung des Verhaltens, steigt zunächst manchmal sogar noch an Löschungskurve eine Funktion der vorangegangenen Verstärkungsgeschichtte Durchführung: • • • Nur in Verbindung mit Verstärkung von Alternativverhalten In Verhaltensanalyse alle Verstärker herausfinden Verhalten von allen Personen der relevanten Umgebung gelöscht Variante: „covered extinction“, Cautela, 1971 • • • • Vorstellung eines problematischem Verhaltens Zieht nicht mehr die erwarteten Konsequenzen nach sich Entfallen (Löschen) der Reaktionen steht Verhalten ohne Konsequenzen da Langfristig unter Löschungsbedingunen Response Cost Response Cost: operantes Bestrafungsverfahren, bei dem bereits erhaltene generalisierte Verstärker (Token, Geld, …) für unangemessenes Verhalten entzogen werden. 51 Voraussetzungen: • • • • • Vorhandensein eines positiven (generalisierten) Verstärkers Klient muß Gelegenheit haben Verstärker zu erwerben Erwerb von Verstärkern sollte an erwünschtes Verhalten geknüpft sein Sollte den natürlichen Kontingenzen weitgehend entsprechen Verlust eines Verstärkers sofort nach dem unerwünschten Vehalten folgen Time-Out Time-Out: Reduktion des Problemverhaltens dadurch, dass man alle potentiellen Verstärker des Verhaltens unerreichbar macht. • • Response Cost vorzuiehen, wenn die Verstärker nicht identifizierbar sind Unterschied zu Response Cost: Verhinderung, dass die Person für unangemessenes Verhalten überhaupt Verstärker erhält Durchführung: • • • Immer in Kombination mit positiver Verstärkung von Alternativverhalten Neutrale Umgebung sollte keine verstärkende Eigenschaft aufweisen Klare Instruktionen Sättigung und Beschränkung Wenn eine bestimmte Reaktion sehr häufig gezeigt wird und wenn dieser Verhaltensweise immer derselbe Verstärker folgt, so tritt mit der Zeit Sättigung ein. Eine prinzipiell angenehme Aktivität wird auf diese Weise allmählich zu einer unangenehmen Betätigung. Beschränkung kann nicht als verhaltenstherapeutische Methode angesehen werden, weil mit ihr kaum Lerneffekte zu erwarten sind. Strategien zur Stabilisierung von Verhalten • • • • Schrittweiser Übergang von den therapeutischen auf den Alltag Übergang von kontinuierlicher auf intermittierender Verhalten Verlängerte Abstände zwischen den Therapiesitzungen Wochenenden zu Hause 52 • • • • • Innerhalb des therapeutischen Settings: Verstärkung nicht allein durch Therapeuten, sondern durch natürliche Kontingenzen Therapie sollte eine Problemlöseperspektiven vermitteln Die Problemanalyse, Zielbestimmung und Therapieplanung kann in der VT so explizit und transparent gestaltet werden, dass das allgemeine Vorgehen eine Art flexiblen Muster für künftige Schwierigkeiten darstellt. Umgebungsbedingungen schwer beeinflussbar: Strategie der Selbstkontrolle o Selbstkontrolle: der Patient lernt, die Kontingenzen seines Verhaltens selbst zu setzten und dadurch sein Verhalten selbst zu steuern o Impliziert eine Reihe vermittelbarer und erlernbarer Strategien zur Steuerung des eigenen Verhaltens o Ziel: Unabhängigkeit des Patienten von therapeutischen Bedingungen in Richtung Selbstbestimmung und Selbstmanagement (Kanfer et al., 1982) Strategien des Kontingenzmanagement Kontingenzmanagement: Systematische Darbietung bzw. Entfernung positiver bzw. aversiver Stimuli. Vom Therapeuten Von der Person selbst Personen der sozialen Umgebung Kontingenzmanagement setzt eine exakte Verhaltensbeobachtung und Verhaltensanalyse zur Bestimmung der jeweiligen Verhaltensexzesse und –defizite voraus. Token Economies • • • • • Variante des Kontingenzmanagement Übersetzt: Münz/Eintausch-Verstärkersystem Token = Objekt mit Tauschwert, generalisierte konditieionierte Verstärker Vorteil gegenüber primären Verstärkern: kontingent einsetzbar, kaum Gefahr der Sättigung Einführung zunächst in geschlossenen Institutionen (psychiatrische Kliniken, Heime etc.) Motivierung der langzeithospitalisierten Patienten für Aktivitäten Durchführung eines Token-Programms nach Ayllon&Azrin, 1968: 1. Auswahl und Präzisierung des gewünschten Zielverhaltens 2. Bestimmung von Art und Anzahl der Token bezogen auf spezifische Formen oder Ausprägungen des Zielverhaltens 3. Registrieren des zu bekräftigenden Zielverhaltens 4. Regeln für den Eintausch der Tokens gegen primäre Verstärker (z.B. zeitlicher Abstand) • „niedriges“ Verhaltensniveau jede Marke unmittelbar eintauschen 53 • • • später zeitlich verzögert Einsatz häufig in Schulen und Heimen bei sog. delinquenten Jugendlichen Verbesserung des Problemverhaltens + Erhöhte Aufmerksamkeit und Zuwendung durch Lehrer und Erzieher soziale Verstärkung zentrale Bedeutung Problem: Token als Verstärker für „angepasstes“ Verhalten, nicht mehr individuelle Therapie, sondern zur Aufrechterhaltung der Ordnung auf einer Station Missbrauch der therapeutischen Möglichkeiten von Token Kontingenz-Verträge • • • • „contingency contracting“: spezielle Form des Kontingenz-Managements relevante Bedingungen der Intervention werden in einer Vereinbarung klar festgelegt entwickelt für: o Partnerprobleme o Delinquentes Verhalten o Alkoholismus o Gewichtskontrolle Verstärker müssen verdient werden, Verpflichtung beider Parteien sollten ausbalanciert sein Kontingenzmanagement in der natürlichen Umgebung • • • • Interventionsansätze in der natürlichen Umgebung Auffassung, dass Personen aus der sozialen Umgebung besser über relevante Verstärker bescheid wissen und diese auch kontingent einsetzten können Personen der Umgebung von Fachmann eingeführt: o Erlernen von Prinzipien der Verhaltensbeobachtung o Finktionale Verhaltensanalyse o Erlernen der Fähigkeit, Zielprobleme zu identifizieren o Adäquater Einsatz von Verstärkern Mediatormodell nach Tharp et al., 1975: 54 Mittelbarer Therapeut Beratende Person Unmittelbarer Therapeut Personen mit Verstärkern aus der natürlichen Umgebung Zielperson Patient Abschließende Bemerkung zu den operanten Verfahren • • Hohe Bedeutung für die Verhaltenstherapie Bei fast allen Verfahren (oft implizit) eine bedeutende Rolle Exkurs: Bestrafungs- und Aversionsverfahren • • • • Keine einheitliche Begriffsverwendung Kriterium der Aversität: o Eigenschaften eines bestimmten Reizes o Funktion der Reduktion der Verhaltensrate In funktionaler Fassung versteht man unter Bestrafung eine Reduktion der zukünftigen Auftrittswahrscheinlichkeit von Verhalten einer bestimmten operanten Klasse als Folge einer kontingenten Darbietung des Reizes auf diese Reaktion Verschiedene Prinzipien der aversiven Verhaltenskontrolle: o Modell der klassischen Konditionierung: Attraktivität eines Stimulus durch Koppelung mit einem aversiven Reiz gesenkt o Modell der operanten Konditionierung: Verringerung der Auftrittswahrscheinlichkeit durch kontingente Darbietung eines aversiven Reizes Aversionstherapie Aversionstherapie: Darbietung aversiver Stimuli nach dem Modell der klassischen Konditionierung: 55 • • • • Mehrfache Kopplung des CS mit unangenehmen Reaktionen (UCR) CS = Aversion Aufbau von Alternativverhalten durch CS als diskriminantivem Reiz Wichtig: UCS wird kontingenz auf den CS gegeben bis er zu Alternativverhalten führt (Prinzip der Stimulussubstittion) Grawe et al. 1994: Effektivität nachgewiesen, trotzdem: seltener Einsatz, effektive Alternativen Bestrafungsverfahren • • Modell der operanten Konditionierung Senkung der Auftrittswahrscheinlichkeit durch kontingente Gabe auf eine Reaktion Vermeidungstraining • • • Klient kann einen aversiven Stimulus vermeiden, indem er Alternativverhalten zeigt Zuerst jedoch Einsatz von Fluchttraining: Einsatz des aversiven Stimulus, solange der Klient das Problemverhalten zeigt; durch Flucht kann der aversiven Stimulus jedoch beendet werden Ausformung von diskriminativen Hinweisreizen Vermeiden des aversiven Stimuli, indem auf den Hinweisreiz Alternativverhalten gezeigt wird Modelllernen Bandura, 1969: Modellernen: wenn sich ein Individuum aufgrund der Beobachtung des Verhaltens anderer Personen und der darauf folgenden Konsequenzen neue Verhaltensweisen aneignet oder wenn schon bestehende Verhaltensweisen in Richtung des Modells verändert werden. Beim Vorgang des Modellernen (als Prozeß) sind folgende Gesichtspunkte zu unterscheiden: • • • Der Beobachter erwirbt neue Verhaltensweisen, die in seinem Repertoire bisher nicht vorhanden waren Durch das Verhalten des Modells werden beim Beobachter vorhandene Verhaltensweisen gestärkt oder abgeschwächt. Die Beobachtung negativer Verhaltenskonsequenzen beim Modell führt zur Hemmung, die Beobachtung positiver Konsequenzen zur Enthemmung des entsprechenden Verhaltens. Das Verhalten des Modells besitzt lediglich die Funktion eines diskriminativen Hinweisreizes (SD), der das Auftreten schon vorher gelernter Verhaltensweisen derselben Klasse erleichtert Erklärung des Modellernens: • • • • Instinkttheorien (Morgan, 1896) Assoziationstheorien (Allport, 1924) Verstärkertheorien (Skinner, 1953) Modelle des affektiven Feedback (Mowrer, 1960) 56 Modellernen aus heutiger Sicht: • • • • • • Im Kontext der sozialen Lerntheorien zu sehen Lernprozesse in hohem Maße durch soziale und interpersonalen Determinanten beeinflusst Zwischenstellung zwischen klassisch lerntheoretischen bis hin zu kognitiven Methoden Wichtig: Heraustellung der sozialen Bedingungen des Lernenens Imitation: lediglich die Wiederholung fremden Verhaltens ohne Spezifizierung der Bedingungen Soziale Erleichterung, Verhaltensansteckung: Teilprozesse des Modellernens Grundlagen/ Voraussetzungen des Modellernens, Bandura, 1977: 1. Prozesse der Aufmerksamkeit beinhalten die Wahrnehmung und selektive Filterung von Information durch einen Beobachter. Gesteuert durch motivationale und emotionale Bedingungen des Beobachters 2. Prozesse der Speicherung von Information: Da eine Nachahmung häufig nicht unmittelbar stattfindet, muss beim Beobachter ein Prozess der Speicherung angenommen werden. Aktiver Vorgang im verbalen und bildlichen Repräsentationssystem. Gespeichert werden vom Individuum offenbar jene Aspekte eines komplexen Vorgangs, die im Kontext eigener Bedürfnisse relevant sind. 3. Verbale, kognitive oder motorische Reproduktionsprozesse. Dies beinhaltet geistige und physische Voraussetzungen, ohne die beobachtete Muster nicht reproduzierbar sind. Gerade auf der Ebene der Reproduktionsprozessen scheinen zum Teil enge Grenzen des Modellernens zu liegen: Wir können komplexe Verhaltensweisen offenbar mit größter Aufmerksamkeit verfolgen und entsprechend speichern. Eine Reproduktion wird zum Teil nur unter hohem Aufwand von Übung gelingen. 4. Motivationale Prozesse: zentrale Bedingung. Unterscheidung a. „Lernen“ meint die Übernahme von Inhalten, ohne dass diese unbedingt gezeigt werden müssen. b. „Performance“ bedeutet, dass Verhalten auch gezeigt wird. Dies setzt situative Auslösebedingungen wie motorische Determinanten voraus. Methoden des Modellernens Beobachtungseffekt 57 • • • • • Aufbau neuer Verhaltensweisen durch die Nachahmung des Modellverhaltens Neue komplexe Verhaltensweisen können vergleichsweise rasch gelernt werden Strategie des verdeckten Modellernens (covert modelling): o die Person stellt sich vor, wie sie selbst oder eine andere Person die angemessene Reaktion ausführt o Annahme: Durchführung komplexen Verhaltens in der Vorstellung geübt leichter in der Realität umgesetzt werden kann Kazdin, 1973 unterscheidet in Anlehnung an Meichenbaum, 1971 zwei Varianten: o In einem Fall hatte sich die Person ein meisterndes Modell vorzustellen, das in jedem Fall kompetente Reaktionen zeigt, keine Angst hat und die einzelnen Lösungsschritte für eine Aufgabe problemlos beherrscht. o Vorstellung eines bewältigenden (coping) Modells, das angesichts einer Aufgabe zunächst ängstlich reagiert, dann jedoch einzelne Schritte bewältigt und langsam zu einer erfolgreichen Bearbeitung der Aufgabe übergeht. Für die offene Vorgabe von Modellen hat sich die Darbietung des bewältigenden Modells in vielen Fällen als überlegen erwiesen. Solche Befunde stehen für einen Vergleich der beiden Varianten verdeckten Modellernens noch aus. Stellvertretende Konditionierung emotionaler Reaktionen • • Emotionale Reaktionen können stellvertretend über die Darbietung emotionaler Reaktionen von Modellpersonen gelernt werden Nicht die eigenen emotionalen Reaktionen auf andere Menschen, sondern die von Modellpersonen sind die Grundlage für bestimmte eigene emotionale Reaktionen. Stellvertretende Löschung • • • • Verhaltensmuster emotionaler Reaktionen können auch auf stellvertretender Basis gelöscht werden Beobachtete Personen zeigen Annäherungsverhalten an furchtauslösende Objekte und Situationen 3 Prozesse als Gründe, Bandura, 1969: o Wiederholte Darbietung von Annäherungsverhalten senkt das Erregungspotential aversiver Reaktionen unter die Schwelle entsprechender Vermeidungsreaktionen o Ängstliche Personen werden dadurch in die Lage versetzt, selbst annäherungsverhalten zu praktizieren o Der direkte Kontakt mit der bedrohlichen Situation führt zu einer Reihe von neueren Erfahrungen, die zur Löschung von Vermeidungsverhalten beitragen Kontakt-Desensibilisierung: Ein Modell führt erwünschtes Verhalten von zunehmender Schwierigkeit aus. Der Klient sollte das Verhalten nach jedem Item nachvollziehen. Ganz wichtig ist, dass dem Klienten bei der Nachahmung des Modellverhaltens, also bei der konkreten Bewältigung der aversiven Situation, Erfolgserlebnisse vermittelt werden. 58 • Modellernen kann auch genutzt werden, Verhaltensweisen zu vermitteln, die im Repertoire des Patienten bisher noch gar nicht vorhanden waren Hemmende und enthemmende Effekte • • Durch Modellernen kann die Auftrittswahrscheinlichkeit eines Verhaltens gestärkt oder abgeschwächt werden hemmende bzw. enthemmende Effekte Enthemmender Effekt: Verhalten tritt als Folge der Modellbeobachtung häufiger auf besonders in der Therapie von Kindern macht man sich die Prinzipien enthemmender Funktionen eines angstfreien Modells zunutze Reaktionserleichternde Effekte • • Prozesse des Diskriminationslernens werden durch Modellernen erleichtert Die Vorgabe einer Modellperson erfolgt unter spezifischen Stimulusbedingungen, die vom Patienten beobachtet und für eigenes Verhalten übernommen werden kann. • Bei selbsticherem Verhalten geht es häufig darum, welches Verhalten in welchen Situationen angemessen ist Diskriminierung und soziale Beurteilung nötig • Anwendung: rasches und effizientes Diskriminationslernen in komplexen sozialen Situationen. Dabei geht man davon aus, dass entsprechende Verhaltensweisen im Repertoire des Individuums im Prinzip vorhanden sind. • Impliziter Rückgriff auf Modellernen (z.B. Therapeut) oder explizit (z.B. Therapie von Angst). Unverzichtbarer Bestandteil bei Selbstsicherheits- und Kompetenztraining Andere therapeutische Anwendungen • • • „fixed role therapy“, Kelly (1955): Hier wird enem Klienten das erwüschte Verhalten in einem Rollenskript vorgegeben. Dieser hat dadurch die Möglichkeit, es in einer therapeutischen Situation erstmals zu üben und anschließend zu versuchen, es in den Alltag zu übertragen. „Verhaltensübung“, Lazarus (1966) und das Rollenspiel: Das Rollenspiel ist ein zentraler Bestandteil des Selbstbehauptungs- bzw. Selbstsicherheitstrainings und kann als eine Standardmethode der VT angesehen werden, Fliegel et al (1991). Hier werden Variablen wie o die Modelleigenschaften o optimale Anregungsbedingungen einer Gruppe o Fokussierung der Aufmerksamkeit o Optimale Kodierung o Ausführung des Verhaltens exakt geplant und therapeutisch eingesetzt. Modellfunktion des Therapeuten: Seit den Untersuchungen von Rosenthal (1955) über die Annäherung der moralischen Normen von Klienten an die des Therapeuten ist diese Frage immer wieder thematisiert und untersucht worden. Modelle kognitiver Therapien Kognitive Therapien setzten am Selbstregulationssystem und besonders auf der Ebene der βKontrolle an , also um Einstellungen, Erwartungen, Mechanismen der kognitiven Repräsentation und Verarbeitung, der Selbstgespräche, der Standards und Bewertungen. Nach der kognitiven Therapie sind sie entscheidende Determinanten bei der Regulation menschlichen Verhaltens. 59 Die Übergänge zwischen „kognitiven Therapien“ und „kognitiver Verhaltentherapie“ sind fließend, sowohl in theoretischer wie praktischer Hinsicht. Kognitive Therapieansätze • Kliniker die zunächst psychodynamischen Ansätzen nahestanden (v.a. Beck, Ellis) • Entscheidend nicht spezielle Gedanken, sondern die Bedeutung, die Menschen mit Gedanken verbinden • Nach Beck&Ellis sind die Bedeutungen der Gedanken für die Entstehung und Aufrchterhaltung psychischer Probleme verantwortlich • Nach Beck&Ellis kommt dem Aspekt der Bedeutung, Rationalität und Validität von Gedanken eine entscheidende Rolle zu Kognitiv-verhaltenstherapeutische Modelle • Wurzeln in der systemischen Weiterentwicklung klassisch-verhaltenstherapeutischen Ansätzen • Vermittelende, gedankliche Prozesse sind entscheidende Determinanten normalem wie pathologischen Verhaltens • Trotz methodologischer Probleme müssen solche Prozesse berücksichtigt werden (Bandura, Kanfer, Mahoney, Meichenbaum) • Ziel ist nicht unbedingt die Rationalität von Gedanken zu diskutieren, sondern das Ziel besteht in der Vermittlung funktionaler, zielführender Fertigkeiten auf kognitiver und Verhaltenebene Entwicklungen, die zu kognitiven Therapien geführt haben: • • • • Variabilität menschlichen Verhalten nicht erklärbar mit S-R-Modellen Komplexes menschliches Sprachverhalten (Chomsky (1959) vs. Skinner(1957)): o Beide Theoretiker hatten unterschiedliche Aspekte der Sprache thematisiert. Chomsky den Spracherwerb und Skinner den Aspekt der Sprach-Verwendung Verhaltensbereich: Vielfach machen gedankliche Prozesse den zentralen Gegenstand der therapeutischen Intervention aus (z.B. depressives Grübeln, zwanghafte Gedanken) Unterschiedliche Ebenen menschlichen Verhaltens (Lang, 1971): Verhaltenstherapie: Kognitive Therapien: Kognitive Verhaltenstherapie: Verhalten Kognitionen Kognitionen Verhalten Kognitionen ↔ Vehalten Grundlegende Vorstellungen auf denen die kognitive Verhaltenstherapie basiert (Mahoney&Arnkoff, 1978): 1. Der menschliche Organismus reagiert v.a. auf die kognitive („innere“) Repräsentation, also die Darstellung oder Abbildung seiner Umgebung, und nicht auf die Umgebung selbst. 2. Diese kognitive Repräsentation sind funktional mit den Lernprozessen verbunden. 3. Menschliches Lernen ist zum Großteil kognitiv vermittelt. 4. Gedanken, Gefühle und Verhalten sind interaktiv, sie bedingen einander 60 Grundlegende Aspekte der kognitiven Verhaltenstherapie: 1. Kognitive Aktivitäten beeinflussen Verhalten Systemmodell menschlichen Verhaltens Situationen (Sαβγ) führen erst über Vermittlungsprozesse zu Effekten Nicht unbedingt „bewusst“, viele „automatisch“ (therapeutische Aufgabe: herausfinden der zugrunde liegende Gedanken) Vielfach werden dann nicht die Gedanken, sondern die Bewertung, die automatischen Beurteilungen, die „beliefs“ zum Gegenstand der kognitiven Therapie. 2. Kognitive Aktivitäten können erfasst und direkt verändert werden. Annahme einer direkten Veränderung kognitiver Prozesse stützt sich eher auf indirekte Argumente einer Veränderung kognitiver Inhalte 3. Verhaltensänderungen können durch kognitive Veränderungen bewirkt werden Basiert auf Grundlagenarbeiten zum Thema: o Attribution o Erleben von Kontrolle o Erlernte Hilflosigkeit Demnach sind es nicht so sehr aktuelle Kontingenzen, sondern die vom Subjekt wahrgenommenen Determinanten, die entscheidenden Einfluß auf unser Verhalten haben Kognitive Therapien • • • Heterogenes Feld Unklarheit mit dem Begriff „kognitiv“ Unklarheit: Techniken: Die Beschreibung eines kognitiven Verfahrens kann nicht als identisch mit der Umsetzung verstanden werden Verdeckte Verfahre Cautela Ganz zentral an den Verfahren ist, dass Prozesse der Wahrnehmung, der Vorstellung, der Erwartung etc. in Analogie zu beobachtbaren Abläufen gesehen werden kann. Kontinuitätsannahme: Demnach sind die genannten Prozesse zwar nicht direkt beobachtbar, jedoch durch die klassischen Prinzipien des Lernens zu beschreiben und zu erklären. Kognitionen = „vermittelnde Prozesse“ Kognitionen werden in diesem Sinne als „verdeckte Reize“ (S), „verdeckte Reaktionen“ (R) oder als „verdeckte Konsequenzen“ (C) beschrieben. „Coverants“ (Homme, 1965): Kombination der Worte „covert“ und „operant“. Coverants meinen eine Beschreibung verdeckter Aktivitäten und bilden i.d.R. wichtige Elemente komplexer Verhaltensketten. 61 Zur Veränderung störender Coverants benutzte Homme (1965) die Verstärkerhypothese von Premack (1965): Reaktionen mit hoher Auftrittswahrscheinlichkeit („high probabilitiy behavior“, HPB) können demnach als Verstärker für Verhaltensweisen mit niedriger Auftrittswahrscheinlichkeit („low probability behavior“, LPB) eingesetzt werden (PremackPrinzip) Weiterentwicklung klassisch-verhaltenstherapeutischer Verfahren: bereits auf theoretischer Ebene erkennt man den inneren Abläufen, Gedanken usw. eine vermittelnde Rolle zu. Sie werden als ebenso veränderbar angesehen wie beobachtbares Verhalten. Vom Gegenstand der Intervention her sind sie als kognitive Ansätze anzusehen, von der Erklärung der Wirkprinzipien her wären die Methoden auch den klassischen konditionierungstheoretischen Modellen zuzuordnen. Methoden Verdecktes Gegenkonditionieren • • • • • • • Therapeutische Veränderung beobachtbarer Verhaltensmuster durch die Verwendung verdeckter Reize (Gedanken, Vorstellungen, z.T. Reaktionen) Ähnlich der Systematischen Dessensibilisierung Hemmung der Vermeidungsreaktion und gleichzeitiger Aufbau von erwünschtem Verhalten durch die Koppelung mit einer sehr angenehmen Vorstellung. Ursprünglich eigene unangenehme Reaktionen positiver „gefärbt“ und von den Personen häufiger geäußert. Gegenkonditionierung nicht durch Muskelrelaxation, sonder durch positive, emotionsbesetzte vorgestellte Szenen Prinzipien des Lernens werden auf kognitive Strategien übertragen Nicht die einzige Therapiestrategie bei komplexen Problemen Verdeckte Sensibilisierung • • • „covert sensitisation“: Koppelung einer Vorstellung angenehmer Szenen (Reize, Reaktionen) mit einer Vorstellung aversiver Szenen In vielen Fällen bilden im Prinzip durchaus angenehme Szemen und Reaktionen (Alkohol, Rauchen, Essen, Sexualität) eine Quelle massiver Verhaltensprobleme und psychischer Störungen (Alkoholismus, sexuelle Gewalt). Durch Koppelung der Auslöser problematischen Verhaltens sollen diese Szenen für die Person ebenfalls aversiv besetzt oder zumindest neutral werden. Schritte: o Klare, lebhafte Vorstellung o Vorstellung wird mit unangenehmer Szene gekoppelt o Mehrfache Koppelung Konditionierung der aversiven Komponenten auf die angenehme Verhaltensweise o Zentral: früh in der Verhaltenskette angenehme Tätigkeit unterbrechen o Daraufhin kann der Klient auch die Vorstellung der aversiven Szene beenden angenehm (Prinzip der Aversionserleichterung) o Somit wird die Vorstellung des Trinkens von Alkohol aversiv, das Unterbrechen der Vorstellung hingegen positiv konditioniert 62 • • Entscheidend ist natürlich nicht nur, dass damit die Vorstellungen in ihrer emotionalen Qualität verändert werden, sondern dass die an die Vorstellung angeschlossenen Verhaltensweisen in ihrer Auftretenswahrscheinlichkeit verändert werden. Stellt u.U. eine gewisse therapeutische Alternative zu offenen Aversionsverfahren dar Verdeckte Verstärkung • • • • • • • • • Verknüpfung von vorgestellten oder tatsächlichem Verhalten mit einer vorgrestellten Verstärkung Ziel: Erhöhung der Auftrittswahrscheinlichkeit des verstärkten Verhaltens Analog zur offenen Verstärkung: R C+ Vorgestellte Szene oder Aktivität als symbolischer Verstärker mit erwünschtem Verhalten gekoppelt Der Klient sollte sich das erwünschte Verhalten vorstellen und dann auf Instruktion des Therapeuten hin auf die besprochene Vorstellung der angenehmen Situation überwechseln schrittweise selbst übernehmen Querverbindung zum Prinzip der Selbstverstärkung (Kanfer, 1977) einerseits und zum Vorgehen der Veränderung der „Privatsprache“ (Meichenbaum, 1974) Kanfer (1977): Selbstverstärkung besitzt ähnliche therapeutische Effekte wie externe, offene Verstärkung Meichenbaum (!974): Wichtig, nicht nur Verhaltensmuster („Reaktionen“), sondern auch den begleitenden „inneren Monolog“ zu berücksichtigen und ggf. therapeutisch zu verändern. Weitere „verdeckte“ Verfahren nach Cautela, 1971: o Verdeckte Löschung o Verdecktes Modellernen Exkurs: Gedankenstop • • • • • • • Bain, 1928 von Wolpe, 1958 in das Repertoire verhaltenstherapeutischer Verfahren übernommen Ziel: Reduktion exzessiver gedanklicher Abläufe (z.B. zwanghafte Gedanken; aggressive Impulse usw.) Annahme einer Kontinuität zwischen beobachtbarem Verhalten und gedanklichen Prozessen Problem: gedankliche Prozesse können schwer extern beeinflusst werden, oft situational unabhängig Anzeige für Gedankenstop als ein Therapielement: o wenn aufdringliche Gedanken zielführende, funktionale Gedanken- oder Handlungsabläufe stören o bei impulsiven Gedanken, die im interpersonalen Kontext zu Schwierigkeiten führen können (z.B. aggressive Impulse) Vorteile: o Situationsunahängigkeit o Strategie der Selbstkontrolle Nachteile: o Bei zwanghaften Gedanken kontraproduktiv o Gedanken sind deshalb so aufdringlich, weil die Person unablässig versucht, sie zu unterdrücken („rebound-Effekt“) 63 o Nur noch mehr „Kontrolle“ für den Patienten, der ohnehin schon zu viel Kontrolle ausübt o Bei Zwangsstörungen sollte sich das Unterbrechen auf die Vermeidungsreaktion im Kontext der Zwangsgedanken („Neutralisieren“), nicht auf die angsterhöhenden Gedanken selbst richten Ellis: Die Rational-Emotive Therapie • • Ellis, 1957: Rational-emotive Therapie (RET) Annahme: Ursachen psychischer Störungen sind in irrationalen Denkmustern zu suchen Philosophische uns weltanschauliche Prinzipien • • • Grundlagen: stoische Philosophie: Epiktet: „Nicht die Dinge an sich beunruhigen den Menschen, sondern seine Sicht der Dinge!“ Außerdem: o Kants „Kritik der reinen Vernunft“: Grundlage für den wissenschafts-logischen und empirischen Ansatz o Semantik bei Korzybski (1933): Menschen sollten demnach lernen, explizit zu denken, d.h. sie sollten Sprache nicht übergeneralisieren und lernen, Begriffe und Emotionen zu trennen. o Verknüpfung mit humanistischen Ideen: ethischen Humanismus von B. Russel und den existenzialistischen Grundvorstellungen (Heidegger) Im psychologischen Bereich: o K. Horney (1950) mit ihrer Ansicht, dass Menschen sich von der „Tyrannei des Sollens“ befreien sollten o A. Adler (1927) mit seinen Überlegungen über den Zusammenhang von Gedanken und Verhalten: Minderwertigkeitskomplexe als kognitive Konstrukte führen zu einer verzerrten Sicht der Welt, zu Angst und psychischen Störungen. o Direktiver Ansatz von Herzberg (1945): „active psychotherapy“ Störungsmodell der RET • • • • Konzept der Rationalität: „Rational“ sind diejenigen Vorstellungen, Gedanken und Verhaltensmuster eines Menschen, die ihm helfen, zentrale Ziele anzustreben und zu erreichen. Als „irrational“ bezeichnet Ellis diejenigen Verhaltensmuster, die einen Menschen daran hindern, langfristig hedonistische Ziele zu erreichen. Ellis kommt der Vorstellung von funktionalen bzw. dysfunktionalen Denk- und Verhaltensmustern von Beck sehr nahe. Im Zentrum der Theorie für die Entstehung psychischer Störungen steht der sog. ABC-Prozess: Dabei sind Kognitionen, Emotionen und Verhaltensmuster nicht als getrennt anzusehen, sondern sie beeinflussen einander in komplexer Weise A Activating Event (externs Ereignis) B Belief (Wahrnehmung, Bewertung) C Konsequenzen (Folgerungen auf 64 Verhaltens- und emotionaler Ebene) • • • • • Ursache für Störungen: biologische Tendenz des Menschen, irrational zu denken: o Die Haltung des Menschen, in absolutistischen Kategorien zu denken o Dogmatische Haltung zeigt sich besonders in den sog. „must’s“ und „should’s o Diese dogmatische Haltung verursacht nicht selbst die Störung, sie macht das Individuum aber anfällig – weil sich diese inflexible Position keinesfalls in allen Situationen durchhalten lässt. o Im Zentrum des Belief-Systems stehen sog. „irrationale Annahmen“, die eine Quelle für Störungen darstellen Beispiele für irrationale Annahmen (und deren Gegenposition): o Es ist eine irrationale Annahme, wenn man meint, es sei eine Katastrophe, wenn Umstände und Situationen nicht nach unseren Vorstellungen gestaltet sind. Rational wäre es, problematische Zustände durch eigene Anstrengungen zu verändern und, falls dies nicht möglich ist, die kognitive Dissonanz zwischen den eigenen Wünschen und den Tatsachen zu ertragen. o Es ist eine irrationale Annahme zu meinen, man müsse in jeder Hinsicht kompetent, intelligent und perfekt sein. Rational wäre es, sich selbst als unvollständigen Menschen mit Stärken, Kompetenzen, aber auch mit Fehlern und Schwächen und bestimmten Grenzen zu sehen und zu akzeptieren. o Es ist eine irrationale Annahme zu meinen, man müsse in allen Situationen Kontrolle über interne und externe Zustände besitzen, und man müsse diese Zustände immer in die gewünschte Richtung beeinflussen können. Rational ist vielmehr die Annahme, dass eine Reihe von Dingen in unserem Leben vom Zufall gesteuert werden, dass wir aber dennoch gut und glücklich leben können. Die von Ellis (1962) angeführten logischen Fehler, die den irrationalen Beliefs zugrunde liegen, sind ganz ähnlich den „kognitiven Verzerrungen“ bei A. Beck zu sehen. Beispiele: o Alles- oder Nichts-Denken („Wenn ich bei einer wichtigen Aufgabe versagt habe, so ist dies ein totaler Fehler …“) o Fokussieren auf negative Aspekte („…ich kann keine positiven Dinge im Leben sehen…!“) o Nicht-Beachten positiver Aspekte („man hat mir zwar ein Kompliment gemacht, aber das war nur Freundlichkeit, um mich zu schonen…“) o Personalisieren („Ich habe es nicht gut genug gemacht, darum lachen alle über mich!“) o Perfektionismus („Ich habe etwas zwar gut gemacht, aber es müsste perfekt sein und deshalb bin ich im Grunde inkompetent!“) „Sekundärproblematik“: Menschen leiden demnach nicht nur unter Ängsten, Konflikten, Schwierigkeiten, psychischen Störungen etc., sondern auch unter dem Gedanken, wie schlimm dies alles ist. Weitere Determinante für die Entstehung psychischer Störungen: o Aspekte der Erziehung, in denen starre Rituale und Tabus vermittelt werden problematisches Belief-System o Philosophie der „geringen Frustrationstoleranz“: Dies beinhaltet lediglich kurzfristigen Hedonismus und die Einstellung, dass es schlimm wäre, kurzfristig eine aversive Situation zu ertragen. Diese Position der geringen Frustrationstoleranz (LFT-Problem) verstellt vielfach auch eine mögliche 65 therapeutische Veränderung, weil Veränderung zunächst immer aversiv ist – auch wenn die langfristigen Ziele durchaus attraktiv wären. Therapie-Theorie • • • • • • • Ziel: grundlegender Wandel der philosophischen Einstellungen Die Veränderung des Belief-System gilt als notwendige und hinreichende Voraussetzung für eine therapeutische Veränderung (d.h. eine Veränderung der Komponente B im ABC-System) Durchführung ist direktiv – der Therapeut übernimmt gewissermaßen die Rolle eines Erziehers Aspekte der therapeutischen Beziehung werden als wichtig, aber nicht als unabdingbar angesehen In seiner Rolle übernimmt der Therapeut auch die Funktion eines rationalen Modells, das den Klienten stellenweise mit Humor, mit Beispielen und mit Analysen und Hinweisen durch den therapeutischen Prozess begleitet Der therapeutische Prozess beinhaltet folgende Stufen: o Vermittlung der Grundlagen der RET o Assesment, d.h. die Erfassung des Belief-Systems, z.T mit Hilfe emotivprovokativer Methoden o Disputation irrationaler Annahmen mit dem Ziel emotionaler Einsicht o Durcharbeiten zentraler Themen, Berücksichtigen von Widerstand o Beendigung und Vermittlung von Strategien zur Selbsthilfe Es ist wichtig, dass die Klienten die lebensphilosophischen Annahmen und Grundpositionen der RET übernehmen, diese sind so eng mit einer „rationalen Lebensführung“ verbunden, dass deren Vermittlung als entscheidend für eine stabile Veränderung angesehen wird Therapietechniken • • Pragmatische Grundhaltung: alle Techniken, die zur Erreichung des Ziels dienen können (breites Spektrum von Verfahren) Kogntive, emotive und verhaltensmäßige Verfahren Kognitive Techniken • Irrationale Denkmuster erfassen Differenzierung und Strukturierung von bisherigen Denkmustern • Ersetzung durch eine wissenschaftliche, logische und realistische Lebensphilosophie • Disputation: unlogischer Selbstindoktrinationen • Nicht nur eine sachliche Diskussion bzgl. der konkreten Sätze, sondern eine systematisches Ankämpfen gegen die zentralen irrationalen Beliefs • Ziel der Disputation (D): Klient soll Destruktivcharakter seiner zugrunde liegenden Auffassungen erkennen Ersetzung durch alternative, rationalere Denkmuster • Hausaufgaben: Hilfe, in denen der Klient sich selbst die Sinnlosigkeit und den problematischen Charakter seiner Annahme vor Augen führen sollte. • Didaktisch, sokratisches Gespräch • Therapeut: stark aktive, direktive und pädagogisch-dozierende Rolle. Die Äußerungen des Therapeuten bestehen in einer Vermittlung von Information, in 66 • • Aufforderungen zum Nachvollzug und im Extremfall in direkten Anweisungen und Befehlen an den Klienten Direkte Exploration der einzelnen Emotionen, der irrationalen Sätze und Annahmen Gegensuggestion, Gegenpropaganda wird eingesetzt Weitere bedeutende kognitive Methode: • Anwendung von Vorstellungstechniken: der Therapeut kann den Klient dazu veranlassen, eine bestimmte Aufgabe in der Vorstellung zu lösen und dabei eventuell seinen bisherigen Standpunkt zu verändern • Verfahren der „negativen Vorstellung“: o in Gedanken in die Details eines unangenehmen, aktivierenden Ereignisses (A) hineinzuversetzten und die dabei auftretenden gefühlsmäßigen Konsequenzen (C) kurzfristig zu ertragen o Dann wird der Klient dazu angeleitet, das unangehme Gefühl verstandesmäßig so zu verändern, dass dabei wichtige emotionale Komponenten wegfallen. o Gelingt dem Klienten eine solche Veränderung in der Vorstellung, so hat er als nächstes herauszufinden, welche kognitiven Prozesse bei ihm abgelaufen sind, die ihn eine Emotion nun als angemessener empfinden lassen. o Der Klient sollte durch diese Technik erkennen, dass er eine Veränderung seines Gefühls durch die Veränderung seiner irrationalen Beliefs erreicht hat. • Ähnlich: „positive Vorstellung“: o Ausgegangen wird dabei von einer unangemessenen Emotion (C ), wobei sich der Klient nun die damit verbundenen irrationalen Beliefs vor Augen halten und disputieren sollte o Während der Disputionsphase: möglichst lebhafte Vorstellung, wie sich die Gefühle verändern, wenn er die irrationalen Beliefs durch rationale ersetzt o Wichtig: die neuen Konsequenzen (C) werden als angemessen und befriedigender erlebt • Verwendung von Büchern, Tonbändern, Filmen und Diagrammen • Unterstützung der Technik der Disputation durch das Instruktionspapier: o Enthält verschiedene Fragen hinsichtlich der Rationalität und Irrationalität von Gedanken und Meinungen, die der Klient zwischen den Sitzungen schriftlich bearbeiten sollte. o Benutzung des ABC-Schemas und die Zuordnung eigener Gedanken und Gefühle gehört zu den kognitiven Methoden, anhand derer ein Klient eine rationalere Einstellung zu seinem Problem gewinnen kann. Emotive Techniken • Verfahren des direkten Erlebens von Gefühlen • Ziel: langfristige, kognitive Umstrukturierung • Ellis, 1977: psychische Probleme eines Klienten lassen sich durch emotive Methoden allein kaum beheben, weil sie nicht den Kern der irrationalen Denkmuster erreichen. • Emotive Techniken bilden einen gewissen Zugang zu den kognitiven Problemen eines Klienten • Den Klienten als Person voll Empathie akzeptieren • Strategien des Humors Distanzierung von irrationalen Annahmen • Strategie der Selbst-Öffnung: berichten Klienten ganz offen, dass auch sie selbst keineswegs ohne Fehler sind, weisen aber daraufhin, wie es ihnen selbst gelungen ist, diese Probleme durch rationale Disputation zu bewältigen 67 • • Einsatz von Sprichwörtern, Lieder und Gedichte spielerischer Umgang mit einen Problemen (entkrampfte Haltung) Gezielte Risikoübungen: befürchtete Konsequenzen weniger problematisch als erwartet. Zentral an diesen z.T. provokanten Übungen („shame attacking exercises“) ist das direkte emotionale Erleben unangenehmer Gefühlen – und deren Abklingen im Laufe der Zeit Behaviorale Techniken • • • • • • • Übende praktische Erfahrung, konkretes Handeln sind wichtige Elemente in der Stabilisierung neuer Gewohnheiten Konkrete Übungen in schwierigen Situationen führen dazu, dass eine Habituation und damit natürliche Veränderung von Kognitionen und Einstellungen erfolgt Gestufte Übungen veränderte Erwartungen Übungen zwischen den Sitzungen, Aufgaben und Hausaufgaben spielen in der RET eine bedeutsame Rolle: hier soll der Klient zusätzlich zur Disputation lernen, dass eine veränderte (rationalere) Grundhaltung dabei hilft, reale Situationen zu bewältigen Belohnung für Veränderung: durch entsprechende positive Rückmeldung kann der Klient lernen, welche rationalen Denk- und Verhaltensmuster im Sinne seiner Ziele wünschenswert und wichtig sind. Übernahme fixer Rollen („fixed role therapy, Kelly, 1955) Ausbruch aus starren Verhaltensmuster, Übung neuer Verhaltensmuster Pragmatische Haltung: selbstverständlicher Rückgriff auf Methoden aus dem Repertoire der Verhaltenstherapie: o Methoden des Lernens von konkreten Verhaltensmuster o Training bestimmter Fertigkeiten Anwendung und Effektivitität • • Anwendung bei einem breiten Spektrum von psychischen Störungen Effektivität in einer Reihe von Studien nachgewiesen Abschließende Bewertungen • • • • • Wegbereiter der kognitiven Verhaltenstherapie Viele Elemente inzwischen Allgemeingut (z.B. ABC-Theorie) Entstehung und Durchsetzung hängen in hohem Maße mit einer für die USA typischen Haltung und Lebenseinstellung zusammen Einige Probleme sind im Bereich der Ätiologie-Theorie von Ellis zu sehen, in der die Rolle der Beliefs zum Teil axiomatisch festgehalten und propagiert wird Streckenweise wenig prüfbar und daher ebenso problematisch sind die Annahmen über die biologischen Grundlagen der Irrationalität des Menschen Kognitive Therapie: Das Modell von A.T. Beck 68 • • • • A.T. Beck: zunächst Psychoanalytiker Unzufrieden mit der Therapie depressiver Patienten und der zugrunde liegenden Modellvorstelung (Depression als gegen sich selbst gerichtete Aggressivität) Nach ihm ist es bei Depressionen entscheidend, den Inhalt des depressiven Denkens zu analysieren Ausarbeitung eines eigenen Ansatzes, den Beck als „Kognitive Therapie“ bezeichnet Übernahme in den deutschsprachigen Raum (Hautzinger, 1993) Theoretische Grundlagen • • • • Kognitive Aspekte sind als entscheidende Komponenten einer depressiven Entwicklung anzusehen Unterschied zu Ellis: bedeutsam den Inhalt der Gedanken zu erfassen In Ablehung zu psychoanalytischen Modellvorstellungen sind nach Beck diese Inhalte durchaus erfassbar (nicht unbedingt „unbewusst“) „Kognitive Triade“ (3 Bereiche, auf die sich die depressiven Gedanken beziehen): Selbst Welt • • • Zukunf t Auch die verschiedenen anderen Begleiterscheinungen der Depression (Antriebslosigkeit, Motivationsverlust, Suizidgedaken) können auf diese drei Bereiche bezogen werden Kaum Aussagen zur Entstehung von Depressionen; hier wird zumeist ein multifaktorielles Enstehungsmodell angenommen (Hautzinger, 1994), in dem eine spezielle Vulnerabilität, negative Erfahrungen, erlebte Verluste etc. eine entscheidende Rolle spielen Aufrechterhaltung und Stabilisierung durch kognitive Mechanismen und ihren Interaktionen mit anderen Ebenen (Beck) Therapie-Theorie • Ziel: Veränderung der gedanklichen Muster • Notwendig: herausarbeiten der kognitiven Muster und ihrer Verzerrungen • Komponenten: o Klärung der Attribution des Patienten: Kausalattributionen und Kontrollattribution (Schon in dieser Phase sollte dem Patienten ein plausibles Modell für Entstehung und Aufrechterhaltung seiner problematischen 69 Erwartungen vermittelt werden Verringerung der Hilflosigkeit und Demoralisierung o Analyse dysfunktionaler Schemata: dabei handelt es sich um kognitive Strukturen, die die Wahrnehmung und das Erleben der Person strukturieren. Die Schemata sind zumeist stark automatosiert (gewissermaßen die „Brille“, durch die der Patient sich selbst, die Welt und die Zukunft sieht). Sie sind im therapeutischen Prozeß speziell dann zugänglich, wenn sich verschiedene Konsistenzen (im Sinne zentraler „beliefs“) über verschiedene Situationen hinweg zeigen). o „kognitive Fehler“: der Klient macht – speziell in emotional bedeutsamen Situationen – offenbar ganz typische kognitive Fehler. Beck hat verschiedene dieser Fehler benannt, sie sollten allerdings im Sinne einer heuristischen Bezeichnung gesehen werden. Wichtig ist vielmehr, dass der Klient im Laufe der Therapie lernt, die Fehler zu identifizieren, sie auf ihre Validität hin zu prüfen und sie schließlich durch zielführende Denkmuster zu ersetzen Beispiele für kognitive Fehler: 1. Willkürliches Schließen: Spezielle Schlussfolgerungen ohne ausreichende Evidenz 2. Selektive Abstraktion: Bezug auf Details aus einer komplexen Situation, ohne Kontext 3. Übergeneralisierung: Entwicklung einer allgemeinen Regel auf der Grundlage unzureichender Information oder aufgrund eines einzelnen, isolierten Ereignisses 4. Personalisierung: Bezug von Ereignissen auf sich selbst, ohne dass es dafür klare Hinweise gibt 5. Dichotomes Denken: Denken in Alles-oder Nichts-Kategorien ohne Abstufungen, wie sie in der Realität gegeben sind, der Patient ordnet sich selbst zumeist am Rand des negativen Spektrums an • Therapeutische Interaktion: Klient wird als gleichberechtigter Partner gesehen, der selbst der Experte für seine Probleme ist • Enge Zusammenarbeit zwischen Therapeut und Klient • Aktive Beteilung ist eine unbedingte Voraussetzung • Während es bei Ellis stärker am Therapeuten liegt, die kognitiven Fehler herauszufinden, ist dies bei Beck eine gemeinsame Aufgabe • Unterschied zu Meichenbaum (1974): Kognitionen eher in ihrem funktionalen Kontext gesehen. Bei Beck spielen die Bedeutungen der Gedanken, d.h. der Inhalt u.z. im je individuellen System eines Patienten, die ausschlaggebende Rolle für die Entstehung und Veränderung der psychischen Störung Therapeutische Techniken • • • • Beginn: Erklärung der theoretischen Grundlagen des kognitiven DepressionsModell Veränderungsmotivation Gewissen Abfolge: erst verhaltenstherapeutische Strategien, dann kognitive Enger Verzahnung verhaltensmäßiger und kognitiver Strategien Verhaltensmäßige und kognitive Strategien werden durchaus aktiv und direktiv eingesetzt, um eine als zentral erachtete kognitive Veränderung hervorzurufen (A) Interventionen auf Verhaltensebene 1. Graduierte Aufgabenstellung/ Erfolgstherapie 70 • • • • • In der Therapie und durch Hausaufgaben Ziel: Durchbrechen der Inaktivität und Passivität des Klienten bis zum erreichen eines adäquaten Aktivitätsniveaus Wichtig: konkrete Erfolge erleben Benennung einer Anzahl von Aktivitäten, die nach und nacjh mehr Zeit und Aufwand erfordern und komplexer werden Sinnvoll: begleitende Kognitionen registrieren lassen sichtbar machen, wie einzelne Kognitionen die Erfolge unterhöhlen und subjektiv zunichte machen konkrete Erfahrung des Zusammenhangs von Kognitionen und vErhalten 2. Planen und Durchführen von (erfreulichen) Aktivitäten • • • • • Wichtig: Eigenaktivitäten entwickeln Ein Aktivitätsplan hilft dem Klienten, den Tag zu strukturieren Depressive widersetzen sich häufig en Ansätzen zur Aktivierung und es ist deshalb von entscheidender Bedeutung, für die Aktivierung eine Reihe von Anreizen zu setzten Aufgaben sind zu erledigen, nicht weil sie Freude machen, sondern um die Unzufriedenheit zu reduzieren Bei Klienten mit einem insgeamt hinreichenden Aktivitätsniveau: Schaffung eines ausgewogenen Verhältnis von erfreulichen (verstärkenden) und weniger erfreulichen (aber notwendigen) Aufgaben 3. Mastery und Pleasure-Therapie • • Verlust von Verstärkerwirksamkeit: prinzipiell erfreuliche Erfahrungen werden von Depressiven nicht mehr als solche erlebt Theorie von Beck: o Verlust der Verstärkerwirksamkeit auf kognitive Einstellungen zurückzuführen o Buchführung: Aufgaben die gemeistert wurden mit einem M (mastery), solche die Spaß gemacht haben, mit einem P (pleasure) gekennzeichnet o Beck berichtet, dass depressive sich erst auf diese Weise ihrer positiven Erfahrungen bewusst werden, was ein Gefühl der Zufriedenheit nach sich zieht. (B) Kognitive Interventionen 1. Sammeln und Aufzeichnen automatischer Gedanken • • • Automatische Gedanken: Interpretationen eigener Fähigkeiten, von Ereignissen der Umwelt oder Einschätzung der Zukunft ( kognitive Triade). Diese automatischen Gedanken werden als Ursache für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Depression gesehen. Sie sind: o Stereotyp o Irrational o Voller kognitiver Verzerrungen Auftretende automatische Gedanken unangenehmes Gefühl Sammlung von Gedanken Bewusstwerdung von Selbstverbalisationen und den folgenden Gefühlen 71 • • Methoden der Sammlung: o Festgesetzte Zeiten an sie zu denken aufschreiben o Zum Zeitpunkt gravierender Missstimmung/ Depression o Erfassung in Abhängigkeit von auslösenden (internen oder externen) Situationen. Die Gedanken sollten dann schriftlich festgehalten werden. o In der therapeutischen Sitzung Klient soll Gedanken als psychische Wirklichkeiten erkennen. Der Therapeut soll darauf hinweisen, dass die Gedanken unrealistisch und vorwiegend negativ sind. 2. Auseinandersetzung mit den Gedanken/ Zwei-Spalten-Technik • • • • • • • • Hausaufgaben: rationale Antwort auf irrationale Gedanken Schema: links die Kognition (automatischer Gedanke), rechts rationale Antwort In der Therapie lernen: möglichst viele Antworten auf seine Kognitionen geben zu können Diese Zwei-Spalten-Technik führt dem Klienten auch vor Augen, dass es mehrere Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit automatischen Gedanken gibt zusätzliche Spalte: Uminterpretation der entsprechenden Ereignisse Fragen bei der Auseinandersetzung mit den automatischen Gedanken durch den Therapeuten: o Worin besteht die Evidenz für den Gedanken? o Welches sind alternative Interpretationen des Ereignisses? o Welches wäre die Folge, wenn das Belief zutrifft? Klient soll sich durch die letzte Frage mit den Konsequenzen von Gedanken auseinandersetzen Katastrophengedanken realistische Einschätzung der Folgen Veranlassung zur realistischen Auseinandersetzung mit (insbesonders traumatischen) Ereignissen Bei hinreichender Anzahl von Kognitionen werden diese zu einzelnen Themen zusammengefasst herauskristallisieren de kognitiven Verzerrungen, jede Kognition kann vom Klienten auf logische Fehler in ihrer Entwicklung untersucht werden (Angabe der Art des Fehlers) 3. Austesten von Kognitionen • • • Strategie zur Modifikation problematischer Kognitionen: o Unterscheidung von Vorstellung und Fakten: Gedanken sind kein Abbild der Realität Lernen zu unterscheiden zwischen Tatsachen und der Bewertung durch Gedanken o Überprüfen von Beobachtung: Die Interpretation und Urteile des Klienten sollten direkt und konkret auf ihre Genauigkeit und Vollständigkeit an der Realität überprüft werden. Besonders zu achten ist auf „willkürliche Schlussfolgerungen“ Austesten von Kognitionen: Kombination kognitiver und verhaltensorientierter Strategien: Durch eine direkte Konfrontation in der Realität sollte der Klient prüfen, ob seine Kognitionen auch gerechtfertigt sind Ein bisher „geschlossenes“ System eines depressiven Menschen beginnt sich zu öffnen, wenn er seine Denkmuster identifiziert hat und Antworten auf seine Kognitionen gibt. 72 • Besondere Rolle: Identifikation von kognitiven Schemata, d.h. derjenigen Strukturen, die die verzerrte Wahrnehmung und kognitive Verarbeitung von Ereignissen bedingen. Der Klient sollte damit lernen, nicht nur einzelne Situationen präzise und korrekt zu beurteilen, er sollte vielmehr eine Veränderung seiner dysfunktionalen Schemata vornehmen 4. Umattribution • • • • Kognitive Muster führen zu Selbstschuldzuweisungen und Verantwortung Blindheit gegenüber Zufall oder Schuld anderer Wenn die verzerrten Gedankenmuster identifiziert sind Auflistung und Einschätzung derjenigen Faktoren, die zu den Situation beigetragen haben könnten Umattribution soll den Klienten dazu veranlassen, seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu identifizieren und sie in Abwägung mit Anforderungen der Situation oder anderer Personen zu realisieren Attribution stellt im Prinzip einen ganz wichtigen Teil der Therapie dar wichtig für Therapieerfolg 5. Aufbau von Erwartungen • • • • • Grundsätzlich pessimistische Vorhersagen Überprüfung der zugrunde liegenden Kognitionen Variablen ausfindig machen, die eine positive Veränderung in der Zukunft ermöglichen Annahmen sind durch die Lerngeschichte sehr stabil uns Änderungen bedürfen großer Anstrengung von Seiten des Therapeuten Kognitive Verzerrungen zeigen im Verlauf der Therapie unterschiedliche Merkmale, Beck unterscheidet 3 Dimensionen: o Aspekt der Zeit: Missdeutung einer gegenwärtigen Erfahrung Missdeutung vergangener und gegenwärtiger Ereignisse Missdeutung zukünftiger Ereignisse, indem vergangene und gegenwärtige Einstellungen extrapoliert werden o Generalisierung: Grad an Verallgemeinerung: Ein Einzelereignis wird hier als allgemein gültig und unveränderbar angesehen, wobei sich das Selbstbild des Klienten immer mehr verändert o Gewissheit: Hält stabil an seinen Ansichten und Schlussfolgerungen fest Aufgrund seiner Kognitionen macht er problematische Lernerfahrungen Die Gewissheit, mit der der Klient an seinen selbstdestruktiven Gedanken festhält, verhält sich proportional zur Intensität der Störung Anwendungen/ Effektivität • Die kognitive Sichtweise hat zur Ausdifferenzierung von psychologischen Interventionsverfahren geführt 73 • • • • • Bewährter Ansatz durch Einzelstudien, multizentrischen Studien und Metaanalysen (Grawe et al., 1994) nachgewisen Besonderer Verdienst: die Bedeutung kognitiver Variablen für die Ätiologie, Aufrechterhaltung und Therapie differenziert zu haben Der Rückgriff auf unterschiedlichen Ebenen macht eine differentielle Einschätzung der Wirksamkeit der kognitiven Elemente schwierig Anwendung: o Depressionen o Angst- und Panikstörungen o Persönlichkeitsstörungen o Esstörungen o Schizophrene Störungen o Abhängigkeitserkrankungen Elemente der kognitiven Therapien werden heute als Bestandteile des Vorgehens bei vielen psychischen Störungen als unabdingbar erachtet (z.B. Zwangsstörungen, Schizophrenie, Abhängigkeitserkrankungen, Suizidalität, Hypochondrie) Kognitive Verhaltenstherapie (Donald Meichenbaum) • • • • Kognitive Verhaltensmodifikation („cognitive behavior modification“) Rolle der Sprache in ihrer Funktion für die Regulation menschlichen Handelns („innerer Monolog“) Meichenbaum (1986): Differenzierung und Präzisierung für den Begriff der „Kognitionen“: o Kognitive Ereignisse sind i.d.R bewusste Gedanke und Bilder: Erwartungen Attribution Schemata o Sie machen das aus, was Meichenbaum als „inneren Dialog“ bzw. „inneren Monolog“ bezeichnet. Die sprachlich formulierten Gedanken sind nicht nur mit den Gedanken, sondern natürlich auch mit Emotionen eng verknüpft o Kognitive Prozesse beinhalten Aspekte der Informationsverarbeitung (theoretische Strukturen, die nicht direkt beobachtbar sind): Aufmerksamkeit Bewertung bestimmter Wahrnehmungen Speicherung im Gedächtnis o Kognitive Strukturen sind Muster der Wahrnehmung, der Sichtweise und Konstruktion der äußeren und inneren Welt. Kelly (1969) versteht darunter „persönliche Konstrukte“, diese haben eine wichtige selektive Filterfunktion. Konstrukte beinhalten auch affektive Informationen. Grundlagen: entwicklungspsychologische Arbeiten von Luria (1945) und Vygotsky (1934): Rolle der Sprache für die Entwicklung der gedanklichen und der Handlungsrolle. Externe sprachliche Instruktionen dienen der Steuerung des Verhaltens. Im Laufe der Entwicklung werden diese Instruktionen von den Kindern selbst übernommen und dienen später – als Begleitphänomene des Handelns – zur Steuerung des eigenen Verhaltens. Selbstinstruktions-Training 74 • • • • • • • • Hilfestellung für impulsive, hyperaktive und aggressive Kinder Sprache als Möglichkeit zur Steuerung des Verhaltens 5 Schritte: o Modellernen: Ein Erwachsener führt unter lautem Sprechen eine Aufgabe durch o Das Kind versucht anschließend dieselbe Aufgabe zu lösen, indem es den lauten Instruktionen des Modells folgt (offene externe Anleitung) o Das Kind bewältigt die Aufgabe, indem es sich die Instruktionen selbst laut erteilt (offene Selbstanleitung) o Das Kind führt die Aufgabe durch, wobei es sich flüsternd instruiert (ausblendende offene Selbstanweisung) o Das Kind führt die Aufgabe durch, wobei es sich flüsternd instruiert (ausblendende offene Selbstanweisung) o Das Kind geht die Aufgabe durch und lenkt dabei sein Verhalten durch lautlose Selbstverbalisation (verdeckte Selbstinstruktionen) Die einzelnen Instruktionen beinhalten: o Eine Beschreibung der Aufgabe o Einzelne Schritte der Planung und des Probierens o Eine Beschreibung der Durchführung einzelner Schritte zur Lösung des Problems o Selbstverstärkung Einsatz bei einer Reihe kindlicher Verhaltensstörungen: o Bewältigung von Konfliktsituationen o Problemlösetechnik in Form eines Selbstinstruktionstrainings (D’Zurilla & Goldfried, 1971) o Aufmerksamkeitstraining für impulsive Kinder (Wagner, 1976) o „Schildkrötentechnik“ für impulsiv-aggressive Kinder (Schneider et al., 1975) o „Think aloud-program“ (Camp et al., 1981) Notwendig: Kooperation von Kindern nicht „verordnen“ Einbettung in komplexe Treatments Zum erlernen solcher „Meta-Kognitionen“ gibt Meichenbaum (1986) folgende Richtlinien: o Analyse des Zielverhaltens. Voraussetzung: Verhaltens- und situationale Analyse, Identifizieren der Komponenten und der Voraussetzungen, die für das Zielverhalten notwendig sind o Beurteilung der vorhandenen Fertigkeiten eines Klienten, der Verhaltensfähigkeiten, affektbezogener Gedanken, Bilder, Gefühle, die einer Durchführung im Wege stehen könnten o Zusammenarbeit: Stelle sicher, dass Klient und Therapeut in der Analyse und in der Entwicklung des Problems zusammenarbeiten. Dies gilt auch für die Durchführung, für die Evaluation und für die Umsetzung des Trainingsmanuals o Wähle die Aufgaben sehr sorgfältig aus; mache die Übung möglichst ähnlich dem Kriterium o Stelle sicher, dass die Fähigkeiten im Repertoire des Klienten vorhanden sind; lehre dann den Klienten metakognitive und Planungsfertigkeiten o Stelle sicher, dass der Klient Feedback über die Trainingsmaßnahmen erhält o Überlege genau, welche Gesichtspunkte für eine Generalisierung notwendig sind; Generalisierung sollte nicht erwartet, sondern geplant werden! 75 • o Wenn immer dies möglich ist, so trainiere das Verhalten in mulitplen Settings mit unterschiedlichen Aufgaben und Therapeuten. Klienten sollten schrittweise mit immer schwierigeren Aufgaben umgehen lernen (in der Klinik und in vivo) o Antizipiere und überlege mögliche und wirkliche Fehler eines Trainingsprogrammes o Die Beendigung des Trainingsprogramms sollte auf der Basis der Fertigkeiten, nicht auf der Basis einer bestimmten Zeit überlegt werden; überlege und plane Booster-Sessions, Follow-Up und Nachkontrollen Effektivität: o Explizite Untersuchung dieses Trainingselements relativ schwierig o Positive Veränderung und Verbesserungen in einer Reihe unterschiedlicher Parameter Stress-Impfungstraining (Meichenbaum, 1977) • • • • • • Existenz weiterer Stressbewältigungsmodellen o Auf der Grundlage des kgnitiven Stressmodells von Lazarus (1966) wurden verschiedene Trainings zur Stressbewältigung entwickelt: Angstbewältigungstraining (Suinn et al. 1971) Selbstkontrolltraining (Goldfried, 1971) Stress-Impfungstraining nach Meichenbaum (1977): Verfahren zur Bewältigung von Stresssituationen Impfung: Anlehnung an das biologische Modell der Immunreaktion: Durch eine Impfung werden Schutzreaktionen des Immunsystem gegen zukünftige belastende Einflüsse aufgebaut Ähnlich: Erwerb von Strategien zur Bewältigung schwieriger Situationen, als eine Möglichkeit, auch zukünftig mit belastenden Situationen umzugehen Ausmaß der aktuellen Belastung lässt sich durch frühzeitiges Lernen in schwierigen Situationen vermindern, so dass spätere Belastungssituationen keine so gravierenden traumatischen Auswirkungen haben 3 Schritte: o Informationsphase o Übungsphase o Anwendungsphase 1. Informationsphase • • • Ziel: i. Klares Verständnis für Entstehung und Aufrechterhaltung von Stressreaktionen, Ängste, Ärger und Probleme ii. Detaillierte Problemanalyse (Gedanken bei belastenden Situationen) Darstellung des Prinzipis der emotionalen Erregung bei Schachter (1966): i. Demnach können für intensive Emotionen 2 Komponenten als ausschlaggebend angesehen werden, nämlich: 1. eine erhöhte unspezifische physiologische Erregung und 2. eine Reihe von Gedanken, die zur inhaltlichen Bewertung, zur „Färbung“ der Emotionen beitragen Verständnis wie Gedanken zur Aufschaukelung von Stress und negativen Emotionen beitragen 76 • • • Selbstverbalisation bilden eine wesentliche Komponente des kognitiven Anteils im Umgang mit Streß- und Belastungssituationen Wenn es gelingt, diese Selbstinstruktionen zu verändern, tritt ebenfalls eine Veränderung des autonomen Anteils und der gesamten Emotion ein Vorbereitung der Veränderung der Selbstverbalisation: Differenzierung zwischen Streß-, Angst- und Ärgerreaktionen 2. Übungsphase • • • • • • • Sammeln von Informationen über eine problematische Situation und eigener Stressreaktionen Erlernen von Bewältigungsreaktionen, speziell im Bereich von Entspannungstrainings Besonders wichtig: kognitive Bewältigungsreaktionen Der Prozeß lässt sich in 4 zeitlich überlappende Schritte einteilen: o Vorbereitung auf einen Stressor (Orientierung: „Was ist als nächstes zu tun?“) o Phase der Konfrontation mit dem Stressor (Erinnerung, was angesichts einer stressigen Situation zu tun ist: „Du kannst mit der Herausforderung fertig werden!“) o Phase des Gefühls, überwältigt zu werden (Vorwegnahme des Ernstfalls: „Konzentriere dich auf das wesentliche!“) o Phase der Selbstverstärkung (Selbstverstärkung soll dazu dienen, das Bewältigungsverhalten im Repertoire der Person zu stabilisieren: „Es hat geklappt!“) die wirksamsten Bewältigungsstrategien werden üblicherweise vom Klienten selbst entwickelt (z.B. im Rahmen von Hausaufgaben) Inhalte der Sätze nicht starr festlegen! Kleine schriftliche Unterlagen („Zettel“ in einer Brieftasche; Notizen im Kalender usw.) häufig hilfreich In der Übungsphase wird vom Therapeuten üblicherweise eine leichte Stresssituation hergestellt; der Klient kann in dieser Situation konkret üben, wie er Selbstinstruktionen zur Bewältigung einsetzt in Absprache mit Klienten 3. Anwendungsphase • • • • • • Ziel: Erprobung in realen Situationen; Vermittlung einer gewissen Flexibilität im Umgang mit realen Problemsituationen Gestufte Stresssituationen: Einsatz von Selbstverbalisationen Reale Situationen: komplexer, schwerer kontrollierbar als Übungssituationen Meichenbaum geht davon aus, dass der Klient in der Übungsphase Bewältigungsreaktionen erlernt, die für reale Belastungen eine gewisse schützende, immunisierende Wirkung ausübt Stress sollte idealerweise nicht mehr dyfunktionale (bisher automatisierte) Gedanken auslösen, die die Stresssituation aufschaukeln, durch kontinuierliche Übung werden die neu erworbenen Selbstverbalisationen nun automatisiert Theoretische und empirische Begründung des Ansatzes: o Bereich der Bestrafung: Aversive Reize (Stresssituationen) mit denen der Organismus häufig konfrontiert war, lösen deutlich geringere emotionale Reaktionen aus als Neue (Prinzip der Habituation). o Bei früheren Konfrontationen mit aversiven Reizen hat der Organismus entsprechende Bewältigungsreaktionen erlernt, die nunmehr eingesetzt werden und zu einer Reduktion de emotionalen Belastung beitragen 77 Anwendung und Bewertung des Ansatzes • • • • • • Ursprünglich: Kontrolle von Stress- und Belastungssituationen Inzwischen: breite Anwendung und Evaluation, z.B. Bewältigung problematischer Ärger-Reaktionen, bei Angststörungen 2 Bereiche besonders heraiszugreifen: o Im Rahmen der Verhaltensmedizin: Beispiele: Vorbereitung auf chirurgische Eingriffe (Kendall et al., 1979), Schmerzbewältigung o Präventiv bei unterschiedlichen Berufsgruppen: Personen im Gesundheits- und Sozialsystem Personen in Lehrberufen Polizisten Fallschirmspringer Sportler Sportpsychologie Bewältigung kritischer Lebensereignisse Umweltkatastrophen, traumatische Belastungen Der Ansatz ist z.T sehr komplex und die Analyse der Wirkfaktoren des Trainings ist alles andere als einfach Sowohl das Selbstinstruktionstraining als auch das Stress-Impfungs-Training lassen sich einfach und effizient in komplexe Therapieprogramme integrieren Vor allem für Praktiker akzeptabel und nützlich Problemlösen als kognitive Therapieverfahren (D’Zurilla & Goldfried) • • • • • Patienten mit psychischen Problemen in spezifischen Problemlösefertigkeiten trainieren Die Begründung für dieses Vorgehen bildeten Studien, nach welchen psychiatrischen Patienten ein Defizit an Fähigkeiten zur Lösung praktischer und lebensnaher Problemstellungen haben Andere Klienten verfügen zwar über ein sozial adäquates Repertoire von Verhaltensweisen, es mangelt ihnen doch an selbständigen Problemlösefähigkeiten. Ziel: Fertigkeiten zur selbständigen Lösung von Problemen trainieren Training in allgemeiner Problemlösestrategien möglichst verschiedene, komplexe Schwierigkeiten des alltäglichen Lebens selbständig meistern Geht nicht um Vermittlung spezifischer Verhaltensweisen, sondern um das Einüben von Strategien, die zur Lösung unterschiedlicher Probleme einsetzbar sind Theoretische Grundlagen • Befunde aus der Allgemeinen und kognitiven Psychologie (Newell & Simon, 1972) Problem: Lebenssituation, die vom Individuum effizientes Handeln verlangt, für die die Person aber zumindest kurzfristig keine entsprechenden Reaktionen zur Verfügung hat Diskrepanz zwischen „IST“ und „SOLL“-Zustand. 78 Problemlösen: Prozeß, der auf eine Bewältigung der in einer Problemsituation gegebenen Herausforderung abzielt. Kognitive, affektive und verhaltensmäßige Strategien: • • • Das Problem kann für den Patienten darin bestehen, dass er nicht in der Lage ist, einen Ausgangszustand klar und präzise zu analysieren Die Schwierigkeit besteht eventuell darin, dass keine präzise Vorstellung über den Zielzustand vorliegen Probleme können auch dadurch charakterisiert sein, dass der Klient zwar über den Ausgang- und Zielzustand klare Vorstellungen hat, dass er aber nicht über die Mittel (Methoden) verfügt, um eine Überführung zu bewerkstelligen Lösung: Einzelne Reaktionen oder ein ganzes Muster an Reaktionen, die in der Lage sind, eine Problemsituation so zu transferieren, dass sie von der Person nicht mehr als Problem angesehen wird Idealmodell des Problemlösens D’Zurilla & Goldfried, 1971 Problemlöseprozess als Abfolge folgender Stufen: • • • • • Allgemeine Orientierung Beschreiben des Problems Erstellen von Alternativen Treffen einer Entscheidung Anwendung und Überprüfung 1. Allgemeine Orientierung • • • • • Identifikation einer Situation als „Problem“ Akzeptieren, dass Probleme zum täglichen Leben gehören Rasch und sensibel erkannt und nicht übergangen werden; eigene emotionale Reaktionen können dabei ein Hinweis auf solche Probleme sein Ineffektive Reaktionen („automatisches Reagieren“) sollten ausbleiben, weil überstürztes Reagieren eine effiziente Problemlösung erschwert. Dies schließt zum Beispiel das kurzfristige Ertragen einer unangenehmen Problemsituation mit ein Merkmal der Orientierungsphase: Problem als eine Herausforderung und nicht als Bedrohung zu sehen (Lazarus & Folkmam, 1984) 2. Beschreibung des Problems • Präzise Beobachtung und Erfassung einzelner Bestandteile einer Problemsituation (möglichst von mehreren Standpunkten aus) 79 • Trennung von relevanten uns irrelevanten Informationen; Unterscheidung in vorranginge und nachrangige Problembereiche 3. Entwickeln von Alternativen • • • Entwicklung möglichst vieler Lösungen Noch keine Bewertung der einzelnen Lösungsmöglichkeiten „Brainstorming“ (Osborn, 1963) o Kritik und Bewertung der Ideen sollte unterbleiben o Ausgefallene und „verrückte“ Ideen sind erwünscht o Quantität statt Qualität o Kombination bzw. Verbesserung möglicher Lösungen sind erwünscht Merkmale der kognitiven Flexibilität und Variation besoners bedeutsam 4. Treffen einer Entscheidung • • • • • Auswahl nach Optimierungsprinzipien Grundlage: Bestimmung des Nutzens einer Strategie im Hinblick auf die Zielvorstellungen des Klienten langfristige Folgen werden berücksichtigt (komplexer Prozess) Die Kombination des Wertes mit der Auftrittswahrscheinlichkeit können in einer Matrix festgehalten werden, so dass ein Vergleich der verschiedenen Alternativen möglich wird Grundlage: Theorie des erwarteten Nutzens (Edwards, 1961), nach der das Wahlverhalten einer Person auf der Grundlage einer rationalen Analyse von Kosten und Gewinn erfolgen sollte. Vollzug schwierig neue Probleme bei der Umsetzung 5. Anwendung und Überprüfung • • • Überprüfung, ob sich die gewählte Alternative als so zielführend herausstellt, wie dies angenommen worden ist Im Fall einer suboptimalen Lösung: Schritt der Rückkoppelung und ein neuer Durchlauf Möglichst viele Konsequenzen eines neuen Verhaltens beobachten und registrieren, damit die Effektivität neuer Problemlösungen beurteilt werden kann Beschreibung des Problemlöseprozesses: • • • Idealisierung Orientierungshilfe für die Praxis Rückkoppelungsschleifen wichtig mehrfach durchlaufen Einsatz von Problemlösen bietet sich unter 2 Gesichtspunkten an: (1) als eine spezielle Therapiemaßnahme (eingebettet in Therapieprogramm) (2) gesamtes Verhaltenstherapeutisches Verfahren unter Problemlöseperspektive sehen (Kognitive Restrukturierung, Strategien zur Angstbewältigung, 80 Selbstkontrollstrategien) Hier therapeutischen Prozesses. bietet Problemlösen ein Meta-Modell des Anwendung: • breites Spektrum von Stötungsbilder (Agoraphobien, Depressionen, …), zu speziellen Prblemstellungen (Gewichtskontrolle, Partnerprobleme, Stressprobleme, Soziale Defizite), sowie zu klinischen Gruppen (Kinder, Jugendliche, Erwachsene, psychiatrische Patienten…) Kognitionen, Emotionen und Verhalten im Problemlösen Der Prozeß des Problemlösens darf nicht als rein intellektueller Prozeß verstanden werden, sondern besteht aus einer engen Vernetzung von kognitiven, emotionalen und verhaltensmäßigen Prozessen. Kognitive Aspekte • • • kognitive Fähigkeiten notwendig sog. „Metakognitive Fähigkeiten“ im Sinne einer allgemeinen Orientierung, d.h. eine allgemeine Einstellung, dass Schwierigkeiten zum Ablauf des menschlichen Lebens gehören (Meichenbaum & Asarnow., 1979) Annahme persönlicher Kontrolle, eine spezielle Form der Attribution und der allgemeinen Haltung speziellen Schwierigkeiten gegenüber Emotionale Aspekte • • • • Schon die Wahrnehmung einer Situation kann mit unangenehmen Gefühlen verknüpft sein Die mit dem Problemlösen verbundenen (meist intensiven und stark schwankenden) Emotionen bilden für das effiziente Problemlösen wichtige Bestandteile Für das klinische Problemlösen ist es notwendig, Emotionen gebührend zu berücksichtigen. Zur Bewältigung von Emotionen bieten sich 2 Strategien aus der Stressforschung an: o Kognitive Bewältigung im Sinne einer Umstrukturierung meint eine Veränderung der kognitiven Komponenten von Emotionen (Um-Bewertung) o Emotionale Bewältigung meint eine Veränderung der emotionalen (autonomen) Komponenten des Gefühls, z.B. durch eine Intervention wie Entspannungsverfahren etc. Verhaltensebene • • Problemlösen verlangt spezielle Fertigkeiten Aufgabe des Trainings im Problemlösen ist es die einzelnen Komponenten dieser Fertigkeiten auszuformen und zu einer zielführenden Kette zusammenzufügen Bewertung und Resümee 81 • • • • Höchste Relevanz innerhalb des Spektrums der Verhaltenstherapie Gute empirische Befundlage Neben dem engeren klinisch-psychologischen Kontext sind Problemlöseansätze auch in vielen außerklinischen Feldern eingesetzt worden, z.B. o Personalschulung o Management o Betriebsführung Kontraindikation: o Bei Krisenintervention o Sofortige Maßnahmen bei Depressionen und Angststörungen „Paradoxe“ Interventionsansätze Historische Wurzeln: Allgemein: • „Alle Kreter sind Lügner“ (Kreter Epimenides): Der Satz ist falsch, wenn er wahr ist und er ist wahr, wenn er falsch ist. Solche Paradoxien gehörten lange Zeit zu unlösbar scheinenden Rätseln der Logik und Mathematik • Whitehead & Russel (1910): unterschieden zwischen dem Mitglied einer Menge und der Menge selbst und forderten, dass die Aussagen über ein Mitglied einer Menge nicht gleichzeitig Aussagen über die Menge selbst sein dürfen. Psychologie & Psychotherapie: • Vorläufer waren zum Beispiel: • Alfred Adler: ein Patient will seine Symptomatik gleichzeitig beibehalten und verlieren • Dunlap (1932): Prinzip der „negativen Praxis“: willentliche Versuche, Tics zu produzieren führt zu einer Unterbindung des Verhaltensablaufs • Eigentlicher Gründer des paradoxen Verfahrens: Viktor Frankl o Schule der Logotherapie o Existenzielle Ansätze o Seiner Ansicht nach spielen bei vielen psychischen Störungen Gesichtspunkte der antizipatorischen Angst eine verhängnisvolle Rolle (z.B. Sexualstörungen). Gerade die Antizipation der Angst und die Vermeidung halten in der Folge die Pathologie aufrecht. Dieser Zirkel lässt sich nach Frankl (1975) nur durchbrechen, wenn die antizipatorische Angst ausgeschaltet wird. Das erfolgt – und darin besteht die „Paradoxie“ – durch das Zugehen auf die Angst und ihre anschließende Bewältigung • Neuere Überlegungen: L.M. Ascher (1981): Zusammentragen und für kognitivverhaltenstherapeutisches Vorgehen Systematisierung einzelner Modelle Merkmale paradoxer Intervention • • Genau genommen könnte jede therapeutische Methode, die auf eine Konfrontation und Bewältigung der Symptomatik abhebt, als „paradox“ bezeichnet werden Engeres Verständnis nach Ascher, 1989: 82 o Paradoxien beinhalten ein Merkmal der Überraschung, das in der Regel gegen die Erwartung einer helfenden, mitleidvollen Beziehung läuft. Der Patient selbst und seine Umgebung haben in der Regel in aufwendiger Weise versucht, Hilfestellung zu leisten, die den Patienten zumeist noch stärker in seine Abhängigkeit, Hilflosigkeit etc. verstrickt hat. o Paradoxe Interventionen beinhalten kein Drängen nach Veränderung, sondern geben dem Patienten die Erlaubnis, zum Teil sogar die Anweisung zur Beibehaltung der Symptomatik. Dies bringt dem Patienten eine erste Erleichterung, weil dadurch der Druck von ihm genommen wird. o Aus diesem Vorgehen resultieren emotionale Reaktionen des Patienten, die eine Veränderung erleichtern; erst wenn eine Veränderung nicht mehr gewaltsam in Angriff genommen wird, ist sie für die Patienten möglich. Theoretischer Hintergrund • • • • • • • • Heterogene theoretische Begründungen Vertreter stammen aus unterschiedlichen therapeutischen Schulen (Psychoanalyse, Familientherapie, Verhaltenstherapie …) Größtenteils pragmatisches Vorgehen Die Einordnung der Paradoxen Intervention in den Bereich der kognitivverhaltenstherapeutischen Verfahren hängt damit zusammen, dass die Vermittlung einer paradoxen Anweisung per se wohl nur kognitiv erfolgen kann. Der Modus der Intervention läuft damit vorwiegend auf kognitiver Ebene. Omer, 1981: Folgende Aspekte für paradoxe Interventionen: o Konzept der antizipatorischen Angst von Frankl (1947): Angst verstellt für den Patienten den unvoreingenommenen Blick auf seine Probleme einerseits und seine Ressourcen andererseits. o Systemtheoretische Überlegungen: Diese orientieren sich weitgehend am Modell von Watzlawik et al. (1974) bzw. an strategischen Ansätzen (Haley, 1963): Durch die Paradoxe Intervention bekommt der Patient eine Wahlmöglichkeit, die er bisher nicht mehr wahrgenommen hatte o Lerntheoretische Konzepte, die sich insbesondere am Modell der konditionierten Hemmung orientieren: Durch eine paradoxe Intervention wird demnach eine Hemmung des bisherigen Verhaltensablaufs entwickelt, die eine neue Gestaltung des Verhaltensablaufs ermöglicht. Durch eine paradoxe Intervention wird ein Problem aus seinem bisherigen Kontext genommen, wodurch für den Patienten eine völlig neue Sichtweise entstehen kann. Dabei spielen sozialpsychologische Aspekte von Widerstand und Compliance ebenso eine Rolle wie Prinzipien einer funktionalen Sichtweise. Unterschiedliche Zielvorstellungen der paradoxen Intervention: o Lösung erster und zweiter Ordnung (Watzlawik et al., 1974): Lösung erster Ordnung: Veränderung „innerhalb“ des Rahmens einer Person; therapeutische Hilfestellungen versuchen hier der Person Erleichterung im Umgang mit verschiedenen Schwierigkeiten zu vermitteln (z.B. Entspannungstraining) Lösung zweiter Ordnung: Veränderung des Rahmens selbst: Hier werden die Regeln des Systems selbst verändert und gerade die Veränderung der Regeln führt zur Lösung der Problematik: Es liegt 83 auf der Hand, dass die Lösung zweiter Art für paradoxes Vorgehen eine zentrale Rolle spielt Interventionsmethoden • • Heterogene Ansätze, begrifflichliche Uneinheitlichkeit Gemeinsam ist den Verfahren das Prinzip, dass sich der Patient auf eine nicht erwartete Weise auf seine Problematik einlassen sollte und dass daraus eine Veränderung des Problems ensteht. Dowd & Trutt (1988) listen folgende unterschiedliche Interventionsprinzipien auf: Symptomverschreibung • • • • Hier wird der Patient angeleitet, ein Symptom willkürlich zu produzieren (meist begrenzte Zeit) Ziel: Kontrolle über die Probleme zu gewinnen oder das Problem „aufzugeben“ „paradoxe Instruktion“ (Frankl, 1985) 2 Aspekte sind nach Frankl elementar: o Den Einsatz von Humor („der Angst ins Gesicht lachen“) o Distanzierung von der Symptoatik, wodurch der Zyklus der antizipatorischen Angst unterbrochen und eine Veränderung der Pathologie erleichtert wird Reframing • • • Bedeutung eines Problems dadurch zu verändern, dass es in einen anderen Kontext gestellt wird Diese Vermittlung einer alternativen Sichtweise hilft dem Patienten, seine Probleme in einem anderen Licht zu sehen Ähnliche Methode RElabeling: einem Problem wird eine veränderte Bezeichnung gegeben; hier bleibt der Rahmen bestehen, und eine veränderte Sicht kommt durch eine veränderte Sichtweise und Benennung des Problems zustande (z.B. Regen als „feuchter Sonnenschein“) Einschränkung/ Restraining • • • Besonders bei Widerstand angezeigt Therapeut versucht eine Veränderung zu verhindern (Koitus Verbot bei Sexualstörungen) Variation: Klient bei Veränderung zu bremsen – damit diesen gewissermaßen das Tempo der Veränderung selbst bestimmen zu lassen Position des Klienten • • • Therapeut übernimmt für eine gewisse Zeit die negative Sichtweise des Patienten, damit er selbst positive Aspekte sieht Besonders bei Patienten, die ihr Problem in „klagender“ Weise artikulieren Notwendig: Vorsicht & Sensibilität 84 Nutzungs-Technik („Utilization“) • • • • Strategie, die in der VT immer schon ausgiebig genutzt wurde Selbstaufzeichnungen – lediglich um zu sehen … was passiert Technik der Nutzung der Aktivitäten des Patienten, d.h. was immer der Patient tut, kann als ein Schritt in die richtige Richtung gesehen werden Man überlässt es dem Klienten, in welche Richtung Veränderung erfolgt und erlaubt ihm selbstverständlich auch das Beibehalten seines Problems Konfusionstechnik • • • Ursprünglich aus der Hypnotherapie Klient wird mit einer verwirrenden Vielfalt an Aussagen & Meinungen konfrontiert, da der Klient i.d.R versucht, einen Sinn zu finden, wird er versuchen, sich diejenige Position zu eigen zu machen, die ihm in besonderer Weise entspricht Technik in paar- und familientherapeutischen Ansatz von DeShazer (1979) aufgegriffen Forschung • • • Viele Studien zur Effektivität bei unterschiedlichen Störungen Im Bereich der Schlafstörungen gibt es mittlerweile bereits Meta-Analysen (Dod&Trutt, 1988) Probleme der Forschung: o Untersuchungen an subklinschen Stichproben (Studenten) o Geringe Fallzahlen o Geringere, aber bedeutsame Effektstärken, als in der klassischen VT o Verwendung von weiteren Techniken außerhalb der paradoxen Intervention o Am besten in Kombination mit Verhaltenstherapie und kognitiver Therapie untersucht Resümee • • Ethik Manipulation Während für therapeutisches Vorgehen entsprechende Transparenz verlangt wird, können paradoxe Verfahren nicht gänzlich transparent sein, das hängt ganz explizit mit der Struktur des Vorgehens zusammen Selbstkontrolle • • • Selbstkontrolle und Selbstmanagement (Kanfer 1970) Uneinheitliche Begriffsverwendung Weder Einigkeit über die Intention, noch über die Extension dieses Begriffes 85 • Unterschiedliche theoretische Ansätze und technische Verfahren unter dem Dach „Selbstkontrolle“ vereinigt Grundlagen der Selbstkontrolle • • • • Klassisch-verhaltenstherapeutische Prinzipien: Skinner (1953) hat das Prinzip der Selbstkontrolle im klassisch behavioristischen Kontext gesehen. Neben der externen Kontrolle menschlichen Verhaltens durch Veränderung von Kontingenzen können seiner Ansicht nach auch Reaktionen der Person selbst die Funktion der Steuerung anderer Verhaltensmuster des Individuums übernehmen. Unter Selbstkontrolle ist demnach die Fähigkeit eines Individuums zu verstehen, eigenes Verhalten durch andere Verhaltensweisen zu steuern. Zentral: Unterscheidung in kontrollierende unf in kontrollierte Reaktionen: o Kontrollierende Verhaltensweisen: diejenigen Verhaltensweisen, die geeignet sind, die zukünftige Auftrittswahrscheinlichkeit eines Problemverhaltens zu verändern o Kontrollierte Verhaltensweise: Verhaltensmuster, dessen Auftrittswahrscheinlichkeit man in Zukunft zu verändern wünscht Mit behavioristischen Modellen, zentrale Aspekte der Selbstkontrolle nicht erklärbar: o Wieso kann eine Person eine Reaktionskette mit hoher Auftrittswahrscheinlichkeit unterbrechen und durch eine kontrollierende Reaktion ersetzen? Kognitive und motivationale Kontrolle • • • • Kognitive Prozesse spielen bei der Steuerung menschlichen Verhaltens eine zentrale Rolle ( β-Ebene) Wenn man von „Selbst“ spricht, meint das keineswegs eine Art „Geist in der Maschine“, sondern die Annahme unterschiedlicher Ebenen der Regulation mebschlichen Verhaltens Die Rolle bewusster Handlungen sind entscheidend bei der Selbstkontrolle Motivationaler Aspekt: o Wissen stellt i.d.R nur eine unzureichende Voraussetzung für Veränderung von Problemverhalten dar o Anzunehmen iszt vielmehr eine Hierarchie von Präferenzen, von Zielen und von motivationalen Bestrebungen, die unsere Entscheidungen in hohem Maße determinieren (Heckhausen, 1980, Kanfer, 1993) Hierarchische Struktur • • Bei der Analyse der Selbstregulation wird häufig auf den Begriff der Handlung Bezu genommen. Mit diesem Begriff wird gesagt, dass mebschliches Verhalten: o Absichtsvoll o zielgerichtet o von komplexer Natur ist hierarchische Organisation von Verhalten Kernbereich einer Handlung, Modell von Miller et al., 1960: o TOTE-Einheit (Test-Operate-Test-Exit) o Einfache Rückkoppelungsschleife 86 • o Test: Vergleichsprozeß mit einer binären Entscheidungsmöglichkeit o Auf der Entscheidungsgrundlage wird eine Operation begangen, die den ISTin einen SOLL-Wert überführen soll o Neue Prüfung des Zustandes (Test), um zu sehen, ob die Operation befriedigend verlaufen ist oder noch mal durchlaufen werden muß, sonst Exit Gerade für die Selbstregulation ist es sinnvoll, von dieser hierarchischen Organisation menschlichen Verhaltens auszugehen: o Möglichkeit konflikthafte Strategien zu identifizieren o Aspekt der Entscheidung in der Selbstkontrolle Rechnung tragen Interaktion • • • • • • • • Bandura, 1969 Menschliches Verhalten nicht bloßes Produkt von Umwelteinflüssen Untersuchungen im Rahmen kognitiver Lerntheorien haben gezeigt, dass kognitive Prozesse bedeutsame intervenierende Variablen für menschliches Verhalten sind Selbstkontrolle: Vorstellung eines Menschen als eines informationsverarbeitenden Wesens „Interaktionismus“: o es gibt zwar einen bedeutsamen Einfluß von Umgebungsbedingungen, aber auch unser Verhalten beeinflusst die Umgebung o Ohne die Annahme eines reziproken Interaktionsismus wird eine Analyse der Selbstkontrolle sehr schwierig: Erst wenn man davon ausgeht, dass der Mensch in der Lage ist, seine Umgebung selbst zu strukturieren und zu handeln, kann man von Selbstkontrolle sprechen. o Für diese interaktionistische Sichtweise hat Kanfer eine Analyse der verschiedenen Einflußgrößen in α-,β-,γ-Variablen vorgeschlagen Externe Kontrolle und Selbstkontrolle sind in einen sozialen und biologischen Rahmen eingebettet, so dass man auch von einem Kontinuum zwischen Selbstkontrolle („Freiheit“) einerseits und externer Kontrolle („Abhängigkeit“) auszugehen hat. Prinzipien der Selbstkontrolle sind in hohem Maße mit evolutionären Aspekten vernetzt In der Entwicklung der Sozietät und des Individuums bildet aber Selbstkontrolle eine entscheidende Rolle, hier spielen Faktoren der intellektuellen, sozialen und vor allem sprachlichen Entwicklung eine besondere Rolle Begriffserklärung: Selbstregulation, Selbstkontrolle, Selbstmanagement • • Grundlage: Das von F.H. Kanfer entwickelte Systemmodell menschlichen Verhaltens: o Unterscheidung zwischen α-, β-, und γ-Kontrolle Nach dem Modell der multiplen Regulation lassen sich folgende drei Ebenen unterscheiden: o α: Dies meint die multiplen Einflüsse durch die externe Umgebung; darunter sind sowohl konkrete situative Bedingungen, aber auch eigene Verhaltensmuster oder Verhaltensmuster anderer Personen zu verstehen. Auch invariante situative Bedingungen im Sinne von Makro-Variablen 87 sind hier anzuführen (Wohn- und Arbeitssituation; Lebensumwelt, Kulturelle Einflüsse etc.) o β: Dies umschließt vielfältige psychische Prozesse der Aufnahme, Verarbeitung, Speicherung und Aktivierung von Information. o γ: Steht für individuelle ebenso wie für überindividuelle biologische, somatisch-physiologische Bedingungen; diese können aktueller Natur (Müdigkeit, Medikamenteneinflüsse etc.) sein, oder auch im Sinne überdauernder Einflüsse eine wichtige Rolle für menschliches Verhalten spielen (z.B. konkrete Behinderung; geschlechtsspezifische Merkmale usw.) α: Situation, konkretes Verhalten I β: Gedankliche Prognose, Erwartungen, etc. I γ: Biologisch-somatische Bedingungen • • • Interaktion von den Variablen Im konkreten Verhaltensablauf stehen die einzelnen Variablen mehr oder weniger im Vordergrund oder im Hintergrund: Keine der Variablen ist völlig ohne Einfluß. Das relative Ausmaß, in dem die β-Variablen im Vordergrund stehen, ist die Voraussetzung dafür, von Selbstkontrolle sprechen zu können. 1. Selbstregulation Unter Selbstregulation versteht man versteht man eine Beschreibung und theoretische Erklärung derjenigen Vorgänge, mit deren Hilfe eine Person eigenes Verhalten steuert. • • • • • • Kanfer (1977) unterscheidet 3 Stufen: o Selbstüberwachung (Selbstbeobachtung) o Selbstbewertung o Selbstverstärkung Regulation: Für die Regulation ist es zunächst zentral, von einem Prozeß der Antizipation auszugehen; dies bedeutet, dass die Person in der Lage sein muß, sich zukünftige Zustände, Ziele, etc. vorzustellen und im Sinne eines „Feed-Forward“ zu handeln. Auf der Grundlage der Kenntnis (vorläufiger) Resultate des eigenen Handelns erfolgt sowohl eine Veränderung oder eine Beibehaltung kognitiver Konzepte sowie konkreter Verhaltensweisen. Notwendig: Fähigkeit des Individuums zum Vergleich gegenwärtiger mit vergangenen und zukünftigen Zuständen und Verhaltensweisen (Prozesse des Gedächtnisses, der Abstraktion) Das Modell der Selbstregulation beschreibt diejenigen Prozesse, die eine Person beim Unterbrechen einer Verhaltenskette von sich aus in Gang setzt: In einer Entscheidungssituation richtet sich die Aufmerksamkeit vermehrt auf eigenes Verhalten, auf dessen Bedingungen und Konsequenzen (Selbstbeobachtung) Das Ergebnis der Selbstüberwachung wird in der 2 Stufe mit einem bestimmten Kriterium verglichen, d.h. es setzt ein Prozeß der Selbstbewertung (Self-evaluation) 88 • ein.Selbstbewertung beinhaltet einen Vergleich dessen, was man gerade tut mit den ursprünglichen Zielen des Verhaltens. Wichtiges Element: Standards 3 Phase: Motivationaler Prozess der Selbstverstärkung (Self-reinforcement): Je nach Übereinstimmung des eigenen beobachteten Verhltens mit bestimmten Standards wird die Person zufrieden oder unzufrieden sein. Im Falle großer Diskrepanz mit den Standards werden jedoch eine Reihe von Verhaltensweisen eingesetzt, um den vorliegenden Fehler zu korrigieren. 2. Selbstkontrolle Selbstkontrolle mein einen Spezialfall der Selbstregulation; auch hier wird eine Verhaltenskette unterbrochen. Kennzeichnend dafür ist allerdings das Vorliegen eines Konfliktes. 1. Widerstehen einer Versuchung Hier führt die Person eine Verhaltensweise nicht aus, obgleich diese eine hohe Auftrittswahrscheinlichkeit besitzt. 2. Heldenhaftes Verhalten Heldenhaftes Verhalten meint den Umstand, dass eine Person ein Verhalten ausführt, obwohl dieses Verhalten kurzfristig aversive Konsequenzen nach sich ziehen wird. 3. Selbstmanagement Selbstmanagement bezeichnet ganz allgemein die Fähigkeit einer Person, eigenes Verhalten durch den Einsatz konkreter Strategien zu steuern bzw. zu verändern. • • • • • • Selbstmanagement bildet den Oberbegriff für den dynamischen Interaktionsprozeß von α-, β-, γ- Variablen im Repertoire eines Individuums. Selbstmanagement ist im Kontext kognitiver Therapieansätze zu sehen, da βVariablen im Sinne einer Strukturierung zukünftiger Abläufe zumindest zeitweilig im Vordergrund stehen. Selbstmanagement ist keineswegs eine Bezeichnung für ein abgegrenztes, konkretes Therapieverfahren, sondern im Sinne Kanfers als eine Art „Meta-Modell des therapeutischen Prozesses“ zu verstehen Therapie als Änderungsprozess in verschiedenen Phasen mit aktiver Beteiligung des Klienten Gerade Prinzipien des Selbstmanagements überschreiten die Grenzen konkreter therapeutischer Richtungen; Selbstmanagement als Ansatz einer „allgemeinen Psychotherapie“ oder als prinzipiell orientiertes Therapieverfahren Ein ganz allgemeines und wichtiges Ziel der Selbstmanagementtherapie besteht darin, Klienten zur Bewältigung eigener Probleme zu bewegen Methoden der Selbstkontrolle • Prozessmodell der therapeutischen Intervention: o Klärung der Rollen von Klient und Therapeut o Optimierung motivationaler Voraussetzungen 89 • • • • • • o Präzisierung von Zielen o Therapeut = professioneller Helfer Methoden der Selbstkontrolle sind zu denjenigen Verfahren innerhalb der Verhaltenstherapie zu zählen, in denen die Veränderung des Selbstregulationssystems (β-Kontrolle) im Zentrum des Ansatzes steht Selbstmanagement – als Oberbegriff – umfasst dabei alle klinisch relevanten Strategien, die ein Klient einsetzen kann. Der Einsatz von Selbstkontrolltechniken bietet sich bei folgenden Problemstellungen an: o Konflikthafte Kontingenzen o „kontrollierende Reaktionen“ eines problemhaften Verhaltensmusters; solche Methoden haben das Ziel, die Auftretenswahrscheinlichkeit in Richtung eines festgelegten Zieles zu verändern o Das Selbstkontrollverhalten steht nicht unter externer Kontrolle von Kontingenzen, sondern wird durch selbsterzeugte Bedingungen eingeleitet und aufrechterhalten (Kanfer, 1977) Bei einem Selbstkontrollprogramm besteht die Aufgabe des Therapeuten darin, den Klienten zu motivieren, das Selbstkontrollprogramm in Angriff zu nehjmen ausblendende Hilfestellung Der Therapeut versucht, dem Klienten verschiedene Selbstkontrollmethoden (Strategien) zu vermitteln, die sich zur Veränderung seiner Problematik als zielführend herausstellen könnten. Wichtigste Methoden der Selbstkontrolle: o Ansatz der Selbstbeobachtung/ Selbstaufzeichnung eigenen Verhaltens o Selbstverstärkung und Selbstbestrafung (Methoden der Kontingenzkonztrolle) o Strategien der Stimuluskontrolle o Contract Management 1. Selbstbeobachtung und Selbstaufzeichnungen eigenen Verhaltens • • • Erste Stufe des Änderungsprozesses: Selbstbeobachtung des Problemverhaltens und seiner Bedingungen o Probleme näher spezifizieren o Erstmals veranlasst ein Problemverhalten genau zu erfassen Erfassung von Merkmalen und Schwankungen o Präzisierung von Zielen o Finden von Ansatzpunkten für eine Veränderung Verhaltensnahe Beschreibung eines Problems wertvolle Voraussetzung für eine gemeinsame funktionale Analyse Technische Aspekte und Hilfsmittel: o Verhaltenstagebuch: Hier wird der Klient angeleitet, das Problemverhalten in Stichworten zu beschreiben; dazu sollten situative Merkmale (z.B. Tageszeit, Ort, Umgebungsbedingungen etc.) mit erfasst werden. Möglichst einfache handhabe im Alltag umsetzbar o Strichlisten: Hier sollte die Auftrittshäufigkeit kritischer Verhaltensweisen (in einer Zeiteinheit) festgehalten werden; die Vorgabe einer Strichliste empfiehlt sich insbesondere dann, wenn das Verhalten klar und abgrenzbar vorgegeben ist 90 • • o Stoppuhren: eignen sich zum Registrieren der zeitlichen Dauer eines Problemverhaltens bzw. dessen Alternativen. Hier lässt sich die Dauer des Verhaltens unter Umständen auch kumulativ registrieren. o Graphische Schemata: Hier wird die Auftretenshäufigkeit eines Verhaltens im zeitlichen Verlauf festgehalten; in der Regel gibt die Abszisse die Zeitachse wieder, auf der Ordinate wird das Kriteriumsverhalten eingetragen. ( Baseline des Verhaltens) Der Klient lernt, wesentliche Bestandteile einer Verhaltensanalyse eigenstndig durchzuführen. Auf diese Weise wird der Klient mit den Prinzipien der funktionalen Analyse vertraut. Gemeinsam mit dem Therapeuten wird i.d.R. ein funktionales Bedingungsmodell erstellt Reaktive Effekte • • • • • • Reaktivität: Beobachten und Registrieren eigenen Verhalten führt zu einer Veränderung dieses Verhaltens. In den meisten Fällen kommt es zu einer Konfundierung von Effekten der Selbstbeobachtung mit Effekten des Selbstkontrollverfahren. Reaktive Effekte lassen sich unterscheiden in: o Eine Unterbrechnung einer Verhaltenskette durch den Akt des Aufzeichnens o Verstärkende und bestrafende Effekte der Selbstbeobachtung als Konsequenz eines erfassten Verhaltens Beide Effekte lassen sich gezielt als Elemente der Intervention nutzen Effekte von Selbstaufzeichnung: o Die Veränderung des Problemverhaltens als reaktive Folge der Selbstbeobachtung verläuft i.d.R in die Richtung des therapeutischen Ziels. Somit stellt dies einen wichtigen ersten Schritt in einem Selbstkontrollverfahren dar. o Die reaktiven Effekte der Selbstbeobachtung sind i.d.R zeitlich begrenzt; das Registrieren kann als neues Verhalten im Repertoire einer Person angesehen werden, das seinerseits Anfangseffekte erzielt. Zur Stabilisierung müssten für dieses Verhalten allerdings eigene Kontingenzen zur Verfügung stehen. Dies hat die Konsequenz, das Selbstbeobachtung allein zwar sehr bedeutsame Initialeffekte besitzt, in den wenigsten Fällen jedoch eine ausreichende therapeutische Strategie darstellt Was den Zeitpunkt angeht, so lässt sich aus heutiger Sicht sagen, dass man Klienten dazu anleiten sollte, Problemverhalten vor dem Auftreten zu registrieren, um den Effekt des Unterbrechens eines Problemverhaltens zu nutzen. Erwünschtes Verhalten sollten nach dem Auftreten registriert werden, damit der Akt des Aufzeichnens als operante Verstärkung genutzt werden kann 2. Selbstverstärkung und Selbstbestrafung • Von Selbstverstärkung spricht man dann, wenn sich eine Person selbst als Konsequenz eines erwünschten Verhaltens einen realen oder symbolischen (verdeckten) Stimulus darbietet, so dass die zukünftige Auftrittswahrscheinlichkeit von Verhalten derselben operanten Klasse ansteigt 91 • • • Unter Selbstbestrafung versteht man die kontingente Darbietung eines aversiven Reizes als Folge eines unerwünschten Verhaltens durch die Person selbst. Dies hat eine Unterbrechung der Verhaltenskette und eine Senkung der Auftrittswahrscheinlichkeit von Verhalten derselben operanten Klasse zur Folge. Unterschied zur externen Verstärkung: o die Person selbst entscheidet über die Verstärkung oder nicht Verstärkung o auch solche Verhaltensweisen, die nicht von außen beobachtbar sind o als Verstärker können auch Reize eingesetzt werden, die verbal-symbolischen Charakter haben (z.B verdecktes Selbstlob als Konsequenz einer speziellen Leistung) Kombination von Möglichkeiten der Selbstverstärkung und Selbstbestrafung (Kanfer, 1977): Qualität der Konsequenz positiv negativ Konsequenz Darbieten Entfernen Positive Selbstverstärkung Verdeckte Löschung selbst dargeboten verbal-symbolisch Selbstauferlegtes time-out (zeitlich beschränkt) Selbstbetrafung Negative Selbstverstärkung Selbst dargeboten Verbal-symbolisch Selbst dargeboten Verbal-symbolisch Anwendung von Selbstverstärkung • • Man kann eine Person dazu anleiten, sich selbst durch einen außergewöhnlichen Reiz zu verstärken, der nicht alltäglich ist. Damit ist der Prozeß der Verstärkung aus dem Alltag herausgebrochen. Eine Person kann sich für eine gewisse Zeit bestimmter alltäglicher Verstärker enthalten, diese werden erst kontingent für ein einschlägiges Zielverhalten verabreicht Untersuchungen zur Selbstverstärkung und Selbstbestrafung • • • Selbstverstärkung hat ähnliche Effekte erbracht wie Fremdverstärkung Eine Analyse des Prozesses der Selbstverstärkung zeigt, dass sich hier – ähnlich wie bei der Fremdverstärkung – sowohl eine Erhöhung der Rate des verstärkten Verhaltens als auch eine spezielle Veränderung der Motivation ergibt Studien zur Bestrafung zeigen, dass die Bestrafung eines Verhaltens neben der Senkung der zukünftigen Auftrittsrate vor allem diskriminative Funktion hat: Durch einen aversiven Reiz wird eine zumeist automatisierte und unerwünschte Verhaltenskette unterbrochen; damit können alternative Verhaltensweisen aufgebaut werden. 3. Stimuluskontrolle 92 • • • • • • • • Das Prinzip der Stimuluskontrolle besteht darin, dass die Umgebung (physisch, sozial) für das Verhalten in einer Weise verändert wird, dass das Zielverhalten wahrscheinlicher wird. Stimuluskontrolle im Rahmen der Selbstkontrolle beinhaltet nun, dass eine Person selbst ihre Umgebung so modifiziert, dass das Zielverhalten wahrscheinlicher wird Physikalische Beschränkung Eigentlich sollte die Person, die diskriminativen Hinweisreize für das Zielverhalten selbst produzieren. Solche Stimulusbedingungen werden meist (verdeckter) verbaler Natur sein. Durch verbale Selbstinstruktionen kann die Person selbst eine erwünschte Verhaltenskette einleiten (Meichenbaum, 1977) Die Einführung verbaler Selbstinstruktionen zur Stimuluskontrolle bietet sich insbesondere dann an, wenn die physikalische oder soziale Umwelt nicht verändert werden kann. Verbale Stimuli, die von der Person selbst produziert werden können, stellen eine Erhöhung der β-Kontrolle dar. Prinzipien der Stimuluskontrolle finden bei einer ganzen Reihe von verhaltentherapeutischen Strategien Anwendung: Unter einem funktionalen Gesichtspunkt sollten durch den Therapeuten oder den Klienten selbst Bedingungen geschaffen werden, die das Auftreten des Zielverhaltens wahrscheinlicher machen oder erleichtern. Stimuluskontrolle allein reicht zur Veränderung eines stabilen (konflikthaften) Verhaltens i.d.R nicht aus. Hier bietet sich eine Kombination mit verschiedenen anderen Formen der Selbstkontrolle, mit Methoden der externen Kontrolle, aber auch mit Verfahren der kognitiven Umstrukturierung besonders an. 4. Contract Management • • • • Durch den Vertrag werden sowohl die Verhaltensweisen als auch die zukünftigen Kontingenzen für erwünschtes Verhalten präzisiert. Vorteile: o Spezifische Verhaltensweisen in Gang setzen o Klare Ziele für die Zielerreichung zu formulieren o Die Konsequenzen für das Zielverhalten präzise festlegen Ein solcher Vertrag kann nicht nur zwischen 2 oder mehreren Partnern abgeschlossen werden. Eine besondere Rolle spielt auch der Vertrag mit sich selbst. Andere Personen werden dabei oft als zusätzliche Hilfestellung bzw. als Beobachter mit einbezogen. Damit nicht nur die Abgabe, sondern auch die Einhaltung von Kontrakten gewährleistet ist, sollten einige Bedingungen beachtet werden (Kanfer, 1977): o Das zu kontrollierende Verhalten sollte präzise beschrieben werden o Gegenseitigkeit (Bedingungen für alle beteiligten Personen festgelegt) o Festlegung der positiven Konsequenzen für die Einhaltung ( Verhalten langfristig aufrechterhalten) o Zielverhalten sollte beobachtbar sein o Der unangenehme Zustand sollte nicht schon durch das Versprechen, sondern erst bei den ersten Selbstkontrollschritten beendet werden. o Rückgriff auf konstruktive Elemente aus bisherigen Selbstkontrollversuchen o Erlebter Konflikt sollte dazu benutzt werden, effektives Selbstkontrollverhalten zu etablieren. Es ist die Aufgabe des Therapeuten, aus 93 • diesem Konflikt heraus durch Informationen und therapeutische Hilfestellung einen zielführenden Kontrakt erstellen zu helfen Besonders wichtig bei Kontrakten ist allerdings die motivierende Funktion für den Klienten Probleme und offene Fragen • • • Ursprünglich eine Weiterentwicklung und Ergänzung von verhaltenstherapeutischen Methoden Man kann Selbstkontrolle zum einen als eine konkrete Methode, als ein spezielles Therapieverfahren betrachten Man kann Selbstkontrolle als ein generelles Ziel therapeutischer Intervention ansehen. Dann spricht man bevorzugt von „Selbstmanagement-Therapie“, speziell dann, wenn man das übergeordnete Vorgehen mit speziellen Zielen, einem speziellen Prozessverlauf und den Einsatz klinisch relevanter Verfahren meint. Vorzüge von Selbstkontrollverfahren • • • • • • • In der Selbstkontrolle wird die Intervention soweit wie möglich vom Klienten selbst durchgeführt. Die Mitbestimmung durch den Klienten sowie die Transparenz sind Teil der Intervention, so dass das Machtgefälle zwischen Klient und Therapeut zumindest minimiert wird. Die in der Selbstkontrolle vorgeschaltete Selbstbeobachtung bildet nicht nur eine Möglichkeit der Motivation des Klienten, sondern auch eine Methode der Datengewinnung für Bereiche, die sonst nur schwer oder gar nicht zugänglich wären. Durch Selbstkontrollverfahren werden auch Probleme therapeutisch zugänglich, die üblicherweise während der therapeutischen Interaktion nicht auftreten oder zum Beispiel im Rollenspiel beobachtet werden können. Dazu gehören Probleme privater oder intimer Natur. Besonderer Vorteil, wenn sich bestimmte Umgebungsvariablen als nicht veränderbar herausstellen, obwohl sie die entscheidenden Determinanten eines Problems ausmachen. Selbstkontrolle stellen zumindest einen Ausweg dar, die dem Klienten ein gewisses Maß an subjektiver Kontrolle in einer problematischen Situation vermitteln. Sofortige Anwendung in natürlichen Situationen durch den Klienten selbst Zur Aufrechterhaltung eines therapeutischen Erfolges sind Strategien der Selbstkontrolle praktisch die Methode der Wahl: Im Verlauf eines therapeutischen Prozesses werden Fortschritte noch eher extern (durch einen Therapeuten) kontrolliert. Die Stabilisierung einer Veränderung in der natürlichen Umgebung erfordert jedoch Faktoren, die diese Veränderung aufrechterhalten. Therapie besteht in diesem Sinne in einer schrittweisen Reduktion der Kontrolle durch den Therapeuten und eine ebenso kontinuierliche Übernahme dieser Verantwortung durch den Klienten. In der Therapie soll der Klient eine Strategie zum Umgang mit seinen Problemen vermittelt bekommen. Das Erleben von Bewältigungsstrategien, die bei unterschiedlichen Problemkonstellationen eingesetzt werden können ( Rückfallprävention) Selbstkontrolle und Freiheit 94 • • • • Skinner (1953): Freiheit als Illusion, weil damit der deterministische Rahmen gesprengt wäre. Verhalten, Handeln und Denken des Menschen wird als von der Umgebung determiniert gesehen. Innerhalb des reziproken Determinismus (Bandura, 1974): auch Handlungen des Individuums selbst können als Determinanten neuer Verhaltensmuster angesehen werden. Im Modell einer multiplen Regulation menschlichen Verhaltens (Kanfer, 1970) können die von einem Individuum selbst produzierten Reize als eine Einflußgröße aufgefasst werden. Im Systemmodell der Regulation ist von einem kontinuierlichen Einfluß unterschiedlicher Faktoren auszugehen. Freiheit oder Selbstkontrolle sind also keine Alles-Oder-Nichts-Zustände: Therapie sollte vielmehr dazu beitragen, das relative Ausmaß von Freiheit und Selbstkontrolle zu erhöhen. 95 Dimensionen Beck Allgemein Kognitive Therapie bei Depressionen entscheidend, den Inhalt des depressiven Denkens zu analysieren (Übernahme in den deutschsprachigen Raum (Hautzinger, 1993) Ellis, 1977 Meichenbaum, 1974, 1986 Rational-Emotive (Verhaltens)therapie Kognitive-Verhaltenstherapie Entstehung und Durchsetzung hängen in hohem Maße mit einer für die USA typischen Haltung und Lebenseinstellung zusammen Bandura, Kanfer, Mahoney, Meichenbaum Ursachen psychischer Störungen sind in irrationalen Denkmustern zu suchen Entwicklung des Selbstinstruktionstrainings & des Stressimpfungstrainings Konzept der Rationalität: „Rational“ sind diejenigen Vorstellungen, Gedanken und Verhaltensmuster eines Menschen, die ihm helfen, zentrale Ziele anzustreben und zu erreichen. Als „irrational“ bezeichnet Ellis diejenigen Verhaltensmuster, die einen Menschen daran hindern, langfristig hedonistische Ziele zu erreichen. Ellis kommt der Vorstellung von funktionalen bzw. dysfunktionalen Denk- und Verhaltensmustern von Beck sehr nahe. Kognitionen, Emotionen und Verhaltensmuster sind nicht als getrennt anzusehen, sondern sie beeinflussen einander in komplexer Weise Ziel ist nicht unbedingt die Rationalität von Gedanken zu diskutieren, sondern das Ziel besteht in der Vermittlung funktionaler, zielführender Fertigkeiten auf kognitiver und Verhaltenebene Gedanken, Gefühle und Verhalten sind interaktiv, sie bedingen einander Wenn sich die Selbstverbalisation ändert, tritt eine Veränderung des autonomen Anteils der gesamten Emotion ein Ursache für Störungen: biologische Tendenz des Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 96 Menschen, irrational zu denken Ziel: grundlegender Wandel der philosophischen Einstellungen Die Veränderung des Belief-System gilt als notwendige und hinreichende Voraussetzung für eine therapeutische Veränderung (d.h. eine Veränderung der Komponente B im ABCSystem) Gedanken Ziel: Veränderung der gedanklichen Muster. Notwendig: herausarbeiten der kognitiven Muster und ihrer Verzerrungen Beispiele : Dichotomes Denken:Denken in Alles-oder Nichts-Kategorien ohne Abstufungen, wie sie in der Realität gegeben sind, der Patient ordnet sich selbst zumeist am Rand des negativen Spektrums an Personalisierung: Bezug von Ereignissen auf sich selbst, ohne dass es dafür klare Hinweise gibt Übergeneralisierung:Entwicklung einer allgemeinen Regel auf der Grundlage unzureichender Information oder aufgrund eines einzelnen,isolierten Ereignisses Willkürliches Schließen:Spezielle Schlussfolgerungen ohne ausreichende Evidenz Selektive Abstraktion: Bezug auf Details aus einer komplexen Situation, ohne Kontext Die von Ellis (1962) angeführten logischen Fehler, die den irrationalen Beliefs zugrunde liegen, sind ganz ähnlich den „kognitiven Verzerrungen“ bei A. Beck zu sehen. Rolle der Sprache in ihrer Funktion für die Regulation menschlichen Handelns („innerer Monolog“) Beispiele: Alles- oder Nichts-Denken („Wenn ich bei einer wichtigen Aufgabe versagt habe, so ist dies ein totaler Fehler …“) Personalisieren („Ich habe es nicht gut genug gemacht, darum lachen alle über mich!“) Fokussieren auf negative Aspekte („…ich kann keine positiven Dinge im Leben sehen…!“) Nicht-Beachten positiver Aspekte („man hat mir zwar ein Kompliment gemacht, aber das war nur Freundlichkeit, um mich zu schonen…“) Perfektionismus („Ich habe etwas zwar gut gemacht, aber es müsste perfekt sein und deshalb bin ich im Grunde inkompetent!“) Differenzierung und Präzisierung für den Begriff der „Kognitionen“: Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! Kognitive Ereignisse sind i.d.R bewusste Gedanke und Bilder: Erwartungen Attribution Schemata Sie machen das aus, was Meichenbaum als „inneren Dialog“ bzw. „inneren Monolog“ bezeichnet. Die sprachlich formulierten Gedanken sind nicht nur mit den Gedanken, sondern 97 natürlich auch mit Emotionen eng verknüpft Kognitive Prozesse beinhalten Aspekte der Informationsverarbeitung Kognitive Strukturen sind Muster der Wahrnehmung, der Sichtweise und Konstruktion der äußeren und inneren Welt. Kelly (1969) versteht darunter „persönliche Konstrukte“, diese haben eine wichtige selektive Filterfunktion. Konstrukte beinhalten auch affektive Informationen. Gedanken tragen zur Aufschaukelung von Stress bei Therapeutische Interaktion: Klient wird als gleichberechtigter Partner gesehen, der selbst der Experte für seine Probleme ist Durchführung ist direktiv – der Therapeut übernimmt gewissermaßen die Rolle eines Erziehers Enge Zusammenarbeit zwischen Therapeut und Klient Didaktisch, sokratisches Gespräch Aspekte der therapeutischen Beziehung werden Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! Selbstverbalisation bilden eine wesentliche Komponente des kognitiven Anteils im Umgang mit Stress- und Belastungssituationen Zusammenarbeit: Es muß sichergestellt werden, dass Klient und Therapeut in der Analyse und in der Entwicklung des Problems zusammenarbeiten. Dies gilt auch für die Durchführung, Evaluation und 98 Aktive Beteilung ist eine unbedingte Voraussetzung als wichtig, aber nicht als unabdingbar angesehen Während es bei Ellis stärker am Therapeuten liegt, die kognitiven Fehler herauszufinden, ist dies bei Beck eine gemeinsame Aufgabe In seiner Rolle übernimmt der Therapeut auch die Funktion eines rationalen Modells, das den Klienten stellenweise mit Humor, mit Beispielen und mit Analysen und Hinweisen durch den therapeutischen Prozess begleitet Umsetzung des Trainingsmanuals Es ist wichtig, dass die Klienten die lebensphilosophischen Annahmen und Grundpositionen der RET übernehmen, diese sind so eng mit einer „rationalen Lebensführung“ verbunden, dass deren Vermittlung als entscheidend für eine stabile Veränderung angesehen wird stark aktive, direktive und pädagogischdozierende Rolle. Die Äußerungen des Therapeuten bestehen in einer Vermittlung von Information, in Aufforderungen zum Nachvollzug und im Extremfall in direkten Anweisungen und Befehlen an den Klienten Direkte Exploration der einzelnen Emotionen, der irrationalen Sätze und Annahmen Gegenpropaganda Gegensuggestion, wird eingesetzt Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 99 Therapeutische Techniken Kognitive Techniken Enger Verzahnung verhaltensmäßiger und kognitiver Strategien Verhaltensmäßige und kognitive Strategien werden durchaus aktiv und direktiv eingesetzt, um eine als zentral erachtete kognitive Veränderung hervorzurufen Sammeln und Aufzeichnen automatischer Gedanken Automatische Gedanken: Interpretationen eigener Fähigkeiten, von Ereignissen der Umwelt oder Einschätzung der Zukunft ( kognitive Triade). Diese automatischen Gedanken werden als Ursache für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Depression gesehen. Sie sind: Pragmatische Grundhaltung: alle Techniken, die zur Erreichung des Ziels dienen können (breites Spektrum von Verfahren) Kogntive, emotive und verhaltensmäßige Verfahren Ersetzung durch eine wissenschaftliche, logische und realistische Lebensphilosophie Disputation: unlogischer Selbstindoktrinationen Nicht nur eine sachliche Diskussion bzgl. der konkreten Sätze, sondern eine systematisches Ankämpfen gegen die zentralen irrationalen Beliefs Stereotyp Irrational Voller kognitiver Verzerrungen Selbstinstruktionstraining: Modellernen Offene externe Anleitung Offene Selbstanleitung Ausblendende offene Selbstanleitung Verdeckte Selbstinstruktion Stressimpfungstraining: Informationsphase Übungsphase Anwendungsphase Auftretende automatische Gedanken unangenehmes Gefühl Sammlung von Gedanken Bewusstwerdung von Selbstverbalisationen und den folgenden Gefühlen Klient soll Gedanken als psychische Wirklichkeiten erkennen. Der Therapeut soll darauf hinweisen, dass die Gedanken Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 100 unrealistisch und vorwiegend negativ sind. Auseinandersetzung mit den Gedanken/ Zwei-Spalten-Technik • • Hausaufgaben: rationale Antwort auf irrationale Gedanken Schema: links die Kognition (automatischer Gedanke), rechts rationale Antwort In der Therapie lernen: möglichst viele Antworten auf seine Kognitionen geben zu können Diese Zwei-Spalten-Technik führt dem Klienten auch vor Augen, dass es mehrere Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit automatischen Gedanken gibt zusätzliche Spalte: Uminterpretation der entsprechenden Ereignisse ABC-Modell Vorstellungstechniken: Negative/ positive Vorstellung Instruktionspapier Klient soll mit den Konsequenzen von Gedanken auseinandersetzen Katastrophengedanken realistische Einschätzung der Folgen Veranlassung zur realistischen Auseinandersetzung mit (insbesonders traumatischen) Ereignissen Bei hinreichender Anzahl von Kognitionen werden diese zu einzelnen Themen Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 101 zusammengefasst herauskristallisieren de kognitiven Verzerrungen, jede Kognition kann vom Klienten auf logische Fehler in ihrer Entwicklung untersucht werden (Angabe der Art des Fehlers) Umattribution Wenn die verzerrten Gedankenmuster identifiziert sind Auflistung und Einschätzung derjenigen Faktoren, die zu den Situation beigetragen haben könnten Umattribution soll den Klienten dazu veranlassen, seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu identifizieren und sie in Abwägung mit Anforderungen der Situation oder anderer Personen zu realisieren Attribution stellt im Prinzip einen ganz wichtigen Teil der Therapie dar wichtig für Therapieerfolg Hausaufgaben Aufbau von Erwartungen Sammlung automatischer Gedanken Ziel: Erfassung von Schemata Aktivitäten: Ziel: Durchbrechen der Inaktivität und Passivität des Klienten bis zum erreichen eines adäquaten Aktivitätsniveaus Wichtig: konkrete Erfolge erleben Hilfe, in denen der Klient sich selbst die Sinnlosigkeit und den problematischen Charakter seiner Annahme vor Augen führen sollte. Übungen zwischen den Sitzungen, Aufgaben und Hausaufgaben spielen in der RET eine bedeutsame Rolle: hier soll der Klient zusätzlich zur Disputation lernen, dass eine veränderte (rationalere) Grundhaltung dabei hilft, reale Situationen zu bewältigen Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! Ziel: Eigenständige Entwicklung von Bewältigungsstrategien Einsatz von Selbstverbalisation im Alltag Generalisierung 102 Emotive Techniken: Austesten von Kognitionen Verfahren des direkten Erlebens von Gefühlen Strategie zur Modifikation problematischer Kognitionen: Unterscheidung von Vorstellung und Fakten Ziel: langfristige, kognitive Umstrukturierung psychische Probleme eines Klienten lassen sich durch emotive Methoden allein kaum beheben, weil sie nicht den Kern der irrationalen Denkmuster erreichen. Emotive Techniken bilden einen gewissen Zugang zu den kognitiven Problemen eines Klienten Überprüfen von Beobachtung: Die Interpretation und Urteile des Klienten sollten direkt und konkret auf ihre Genauigkeit und Vollständigkeit an der Realität überprüft werden. Besonders zu achten ist auf „willkürliche Schlussfolgerungen“ Entspannungstrainings als Bewältigungsstrategie Den Klienten als Person voll Empathie akzeptieren Austesten von Kognitionen: Kombination Strategien des Humors Distanzierung von kognitiver und verhaltensorientierter Strategien: irrationalen Annahmen Durch eine direkte Konfrontation in der Realität Strategie der Selbst-Öffnung: berichten sollte der Klient prüfen, ob seine Kognitionen Klienten ganz offen, dass auch sie selbst auch gerechtfertigt sind keineswegs ohne Fehler sind, weisen aber daraufhin, wie es ihnen selbst gelungen ist, diese Ein bisher „geschlossenes“ System eines Probleme durch rationale Disputation zu depressiven Menschen beginnt sich zu öffnen, bewältigen wenn er seine Denkmuster identifiziert hat und Einsatz von Sprichwörtern, Lieder und Gedichte Antworten auf seine Kognitionen gibt. spielerischer Umgang mit einen Problemen (entkrampfte Haltung) Besondere Rolle: Identifikation von kognitiven Gezielte Risikoübungen: befürchtete Schemata, d.h. derjenigen Strukturen, die die Konsequenzen weniger problematisch als verzerrte Wahrnehmung und kognitive erwartet. Zentral an diesen z.T. provokanten Verarbeitung von Ereignissen bedingen. Der Übungen („shame attacking exercises“) ist das Klient sollte damit lernen, nicht nur einzelne direkte emotionale Erleben unangenehmer Situationen präzise und korrekt zu beurteilen, er Gefühlen – und deren Abklingen im Laufe der sollte vielmehr eine Veränderung seiner Zeit Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 103 Behaviorale Techniken: dysfunktionalen Schemata vornehmen Benennung einer Anzahl von Aktivitäten, die nach und nach mehr Zeit und Aufwand erfordern und komplexer werden Sinnvoll: begleitende Kognitionen registrieren lassen konkrete Erfahrung des Zusammenhangs von Kognitionen und Verhalten Wichtig: Eigenaktivitäten entwickeln Ein Aktivitätsplan hilft dem Klienten, den Tag zu strukturieren Übende praktische Erfahrung, konkretes Handeln sind wichtige Elemente in der Stabilisierung neuer Gewohnheiten Konkrete Übungen in schwierigen Situationen führen dazu, dass eine Habituation und damit natürliche Veränderung von Kognitionen und Einstellungen erfolgt Gestufte Übungen veränderte Erwartungen Aufgaben sind zu erledigen, nicht weil sie Freude machen, sondern um die Unzufriedenheit zu reduzieren Belohnung für Veränderung: durch entsprechende positive Rückmeldung kann der Klient lernen, welche rationalen Denk- und Verhaltensmuster im Sinne seiner Ziele wünschenswert und wichtig sind. Bei Klienten mit einem insgeamt hinreichenden Aktivitätsniveau: Schaffung eines ausgewogenen Verhältnis von erfreulichen (verstärkenden) und weniger erfreulichen (aber notwendigen) Aufgaben Übernahme fixer Rollen („fixed role therapy, Kelly, 1955) Ausbruch aus starren Verhaltensmuster, Übung neuer Verhaltensmuster Mastery und Pleasure-Therapie Pragmatische Haltung: selbstverständlicher Rückgriff auf Methoden aus dem Repertoire der Verhaltenstherapie: Verlust von Verstärkerwirksamkeit: prinzipiell erfreuliche Erfahrungen werden von Depressiven nicht mehr als solche erlebt Verlust der Verstärkerwirksamkeit auf kognitive Einstellungen zurückzuführen Buchführung: Aufgabe gemeistert: M (mastery), solche die Spaß gemacht haben, mit Methoden des Lernens von konkreten Verhaltensmuster Training bestimmter Fertigkeiten Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 104 einem P (pleasure) kennzeichnen. Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 105 IV Spezifische Therapien (Margraf 1996) Therapeutisches Vorgehen bei Paniksyndrom und Agoraphobie • Es muss berücksichtigt werden, ob die Panikanfälle, das agorische Vermeidungsverhalten oder andere Beschwerden im Vordergrund stehen Behandlung von Panikanfällen • Kombination der Konfrontation mit internen Reizen (besonders körperlicher Symptomen) mit der Vermittlung von Strategien zur Bewältigung von Angst und körperlichen Symptomen und kognitiven Methoden, die auf eine veränderte Interpretation der ursprünglich als bedrohlich erlebten Angstsymptome abzielen. • Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Behandlungsprogramm für Panikanfälle, Margraf & Schneider, 1990 • 15 Sitzungen, je ca. 50 Minuten Länge, als Einzeltherapien • Die ersten 10 Sitzungen finden 2x wöchentlich statt. Alle Sitzungen werden auf Tonband aufgenommen, und die Patienten erhalten die Aufgabe, diese Bänder zu Hause anzuhören. • Die Therapie besteht aus den Komponenten o Informationsvermittlung o Kognitive Therapie o Konfrontation mit angstauslösenden Reizen • Grundprinzip der Therapie ist es, nicht nur die Angst der Patienten zu reduzieren, sondern ihnen Fertigkeiten und Strategien zu vermitteln, die sie auch ohne Therapeuten selbständig einsetzten können Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 106 Vermittlung eines Erklärungsmodells • Grundlage des Erklärungsmodells ist das obige psychophysiologische Modell • Sowohl „spontan“ auftretende Anfälle als auch starke Angstreaktionen in phobischen Situationen werden als Ergebnis eines „Teufelskreises“ aus dem individuell relevanten körperlichen Symptomen (z.B. Herzrasen, Schwindel), Kognitionen (z.B. „Ich könnte verrückt werden.“) und Verhaltensweisen (z.B. Hyperventilation) dargestellt. • „Geleitetes Entdecken“: In der Erfahrung der Autoren hat es sich als sehr bedeutsam erwiesen, den Teufelskreis nicht in einer Art „Frontalunterricht“ zu vermitteln, sondern mit Hilfe gezielter Fragen den Patienten das Modell selbst entdecken zu lassen. • Das Teufelskreismodell wird dann sowohl auf „spontan“ auftretende Anfälle als auch auf übermäßige Angstreaktionen in angstauslösenden Situationen angewendet. Die Patienten werden darauf hingewiesen, dass der gemeinsame Nenner für ihre Probleme die „Angst vor der Angst“ sei. Ihre Deutung der Symptome als Hinweise auf eine körperliche Bedrohung sei zwar verständlich, würde jedoch eine vErschlimmerung der Symptome und damit der Angst bewirken. • Das vermittelte Wissen wird durch Rückfragen und Rollenspiele nachgeprüft • Schriftliche Ausarbeitungen der Informationen werden mit nach Hause gegeben Häufige Probleme Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 107 • Mangelnde Auseinandersetzung des Patienten mit dem psychologischen Erklärungsmodell • Patienten überreden statt überzeugen wollen • „Therapeutischr Overkill“: Patienten argumentativ in die Enge treiben, „Kreuzverhör“. Korrektur der Fehlinterpretationen körperlicher Symptome Beispiel: Schwächegefühle „Ich werde in Ohnmacht fallen.“ • Diese Fehlinterpretationen müssen verändert werden. Dazu wird ein allgemeines Korrekturschema angewendet, das aus folgenden 8 Schritten besteht: o Identifikation der Fehlinterpretation o Einschätzung des Ausmaßes, in dem die Patienten von der Fehlinterpretation überzeugt sind (0-100%), getrennt für den Zeitpunkt während eines Panikanfalls und außerhalb eines Panikanfalls o Sammeln aller Daten, die für die Fehlinterpretation sprechen o Sammeln aller Daten, die gegen die Fehlinterpretation sprechen (diesen Schritt erst einleiten, wenn wirklich alle Argumente für die Fehlinterpretation vorliegen). o Erstellen einer alternativen Erklärung. o Sammeln aller Daten, die für die alternative Erklärung sprechen o Überzeugungsrating für die Fehlinterpretation o Überzeugungsrating für die alternativen Erklärungen • Schwieriges Verfahren • Die Korrektur der Fehlinterpretationen darf erst beendet werden, wenn alle wichtigen Fehlinterpretationen des Patienten besprochen wurden • In der Regel sind dies jedoch nicht mehr als drei. • Es sollten nie mehrere Fehlinterpretationen gleichzeitig behandelt werden, sondern immer nur eine, um möglichst konkret und effektiv die Argumente für und gegen die Fehlinterpretationen zu formulieren. Verhaltensexperimente • Sie dienen dazu, die Fehlinterpretationen des Patienten und die in der Therapie erarbeiteten Erklärungsalternativen im Hinblick auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. • Können auch der Konfrontation mit den gefürchteten Symptomen dienen • Ähnlich wie bei der Konfrontationsbehandlung im Rahmen von Phobien werden die Patienten systematisch den angstauslösenden Reizen ausgesetzt • Im Unterschied zu den Phobien handelt es sich aber hier nicht um externale Reize, sondern um internale Reize wie o Herzklopfen o Schwindel o Atemnot • Weitere Therapieelemente: o Körperliche Belastungen (Treppensteigen, Kniebeugen, etc.) o Versuch „ganz normal“ zu denken, fühlen, atmen, um auf diese Weise zu demonstrieren, dass eine übermäßige Beschäftigung mit sich selbst bzw. der Frage, ob man noch normal ist verunsichert und sogar das Empfinden abnormer Zustände hervorbringen Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 108 kann. Auch der Versuch, aktiv nicht an bestimmte Dinge zu denken, ist häufig bedeutsam. In der Tat verstärkt der Versuch der aktiven Gedankenunterdrückung i.d.R den zu unterdrückenden Gedanken noch. Die Konsequenz aus dieser Übung lautet daher, auch unangenehme oder erschreckende Gedanken als Teil des normalen Bewusstseinsstroms zu akzeptieren und zuzulassen – um so eher verschwinden sie dann wieder. Rückfallprophylaxe • Stark fluktuierender Verlauf • In der Therapie wird der Aspekt des Lernens von Fertigkeiten betont. Die Patienten sollen die erworbenen Strategien selbständig außerhab der Therapiesituation einsetzten können –Y Generalisierung • „Vorhersage“ von Fluktuationen im Angstniveau, die aber nicht als Katastrophe empfunden werden sollten. Der Rückschlag sollte nicht als „Alles-oder-Nichts-Phänomen“ bewertet werden. Den Patienten wird der Unterschied zwischen Rückschlägen (überwindbare temporäre Schwierigkeiten) und vollständigen Rückfällen erläutert Diathese-Stress-Modell Motivation der Reduktion von Stressoren und Konflikten im Alltag • Hausaufgaben in möglichst vielen verschiedenen, realistischen Situationen zur Generalisierung und Verhütung von Rückfällen • Gegen Ende der Therapie eigene Entscheidungen bzw. Eigenverantwortung in der Therapieplanung • Selbstverstärkung geübt • Gegen Ende noch mal alle früheren Fehlinterpretationen durchgehen und prüfen, on noch Zweifel an den erarbeiteten Alternativerklärungen bestehen Wunsch nach 100% Sicherheit • Gibt es nicht! Behandlung von Agoraphobien • Konfrontation mit angstauslösenden Situationen („Exposure“) • Unterschiedliches Vorgehen gebräuchlich: o Graduelles Vorgehen: Abstufung nach Schwierigkeit o Reizüberflutung bei schweren Phobien langfristig wirksamer: Bei der Reizüberflutung beginnt die Therapie gleich mit Situationen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit starke Angst auslösen werden. Mehrere Stunden Konfrontation täglich an aufeinanderfolgenden Tagen (massierte Übung) scheint die schnellsten und stabilsten Erfolge zu bewirken. Behandlungsdauer: ca. 5 – 10 Tage, je nach Dauer der einzelnen Sitzungen o Weiterhin unterscheiden sich die einzelnen Ansätze nach Häufigkeit des Therapeutenkontaktes. So kann ein Großteil der Übungen allein oder mit Unterstützung des Partners durchgeführt werden Vorgehen bei der massierten Reizkonfrontation Kognitive Vorbereitung Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 109 • Erklärungsmodell für die Angstproblematik vermitteln: Grundlage bildet die ZweiFaktoren-Theorie der Angst, ggf. erweitert um Angaben zu Sicherheitssignalen, Prädispositionen und „Preparedness“ • Vermeidungsverhalten ist zentral für die Aufrechterhaltung der Ängste und stabilisiert diese. • Darstellung der Verlaufskurve der Angst in phobischen Situationen (Erwartung, Vermeidung und Habituation) • Information über die konkrete Durchführung der massierten Reizkonfrontation im individuellen Fall geben. An dieser Stelle wird betont, dass der Therapeut Fluchttendenzen während der Reizkonfrontation nicht unterstützen, sondern verhindern wird. • Bedenkzeit über mehrere Tage, in der der Patient sich für oder gegen die Behandlung entscheiden soll Maximierung der Therapiemotivation Massierte Reizkonfrontation • 5-10 Tage, täglich 6 -8 Stunden • Die Situationen für die Konfrontation in vivo werden zuvor sehr konkret und detailliert zusammen mit den Patienten geplant. Dabei muss jeweils genügend Zeit für die einzelnen Situationen vorgesehen werden. • Die Patienten werden instruiert, so lange in den einzelnen Situationen zu bleiben, bis die Angst „von selbst“ geringer wird, ohne zu versuchen, die Angst zu unterdrücken oder sich abzulenken. • Die Begleitung durch die Therapeuten sollte so bald wie möglich ausgeschlichen werden. • Die Patienten werden für die Durchführung der Konfrontationsübung (nich für Angstfreiheit) verstärkt und zur Selbstverstärkung ermutigt. • Sobald der Therapeut sicher ist, dass der Patient kein Flucht- und Vermeidungsverhalten mehr zeigen wird, sollte der Patient in Absprache mit dem Therapeuten alleine phobische Situationen aufsuchen. • In dieser Phase finden noch häufig Therapeut-Patient-Kontakte statt. Diese Selbstkontrollphase gewährleistet, dass der Patient auch nach der Therapie die gelernten Fertigkeiten alleine anwenden kann. • Zum Abschluß wird noch mal betont, dass es sich um die Vermittlung von Fertigkeiten handelt, die selbständig auch bei wieder auftretenden Ängsten eingesetzt werden können, um Rückfälle vorbeugen zu können. Empirische Überprüfung Effizienzstudien zur Behandlung von Agoraphobien • Effektivität von Konfrontationsverfahren in der Therapie von Angststörungen und insbesondere Agoraphobien klar belegt (Grawe et al, 1994; u.a.) • Starke Wirkung auf die Hauptsymptomatik (Ängste & Vermeidungsverhalten), aber auch auf individuell definierte andere Zielsymptome (Wohlbefinden, Arbeit & Freizeit) • In keiner Studie: Verschlechterung • Insgesamt weist die massierte Konfrontation in vivo umfassendere Wirkungen auf als graduierte bzw. in-sensu-Konfrontation oder systmatische Desensiblisierung • Größtes Problem: Akzeptanz. In Deutschland lehnte 10% die Therapie ab, während bei graduellem Vorgehen die Ablehnungsquote geringer zu sein scheint Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche 110 Ausarbeitung! Effizienzstudien zur Behandlung von Panikanfällen • In allen Studien wurden deutliche und stabile Verbesserungen oder vollständige Remissionen erzielt • Meist kam es zu zusätzlichen Besserungen in der Katamnese, zumindest jedoch blieben die zum Ende der Therapie erzielten Fortschritte bestehen. • Bei der großen Mehrheit der Patienten konnten Panikanfälle langfristig völlig beseitigt werden. • Tatsächliche Versorgung mit angemessener Behandlung gering Behandlung von Zwängen mit offenen Zwangshandungen Konfrontation und Reaktionsverhinderung Vorgehen im Einzelnen • Willkürliche Konfrontation mit allen bislang vermiedenen Situationen • Direkte Konfrontation mit den gefürchteten Reizen (Zwangsgedanken eingeschlossen) • Identifikation und Modifikation der Interpretationen, die vom Patienten beim Auftauchen und bezüglich des Inhalts seiner aufdringlichen Gedanken gemacht werden • Unterbindung von Zwangshandlungen und neutralisierendem Verhalten und der Verhinderung verdeckter Reaktionen • Höchstmöglicher Grad der Konfrontation bei gleichzeitiger völliger Verhinderung von Neutralisierung • Andernfalls hätte die Neutralisierung den Effekt, die Konfrontation vorzeitig zu beenden und die vollständige Konfrontation des Patienten mit seinen Ängsten zu verhindern • Der Erfolg der Therapie hängt von der Mitarbeit des Patienten ab • Ziel ist es, dass die Patienten so früh wie möglich eigene Verantwortung für die Planung und Durchführung ihrer eigenen Behandlung übernehmen • Ausführlicher Gebrauch von Hausaufgaben Verallgemeinerung • Bei fortgeschrittener Behandlung übernimmt der Patient nicht nur die Verantwortung dafür, die Hausaufgaben sachgerecht durchzuführen, sondern er plant sie auch selbst Vorstellung des Therapierationals • Patient ermutigen seine Ängste und Sorgen anzusprechen • Es wird die Rolle der Interpretationen der aufdringlichen Gedanken hervorgehoben und dass mit einer Modifikation solcher Überzeugungen auch das zwanghafte Verhalten beeinflusst werden kann. • Auch der Sinn der extremen Konfrontation mit Situationen, die über das alltägliche Verhalten hinausgehen, muss angesprochen werden: Die Konfrontation mit schwierigen Situationen macht es einem leichter, alltägliche Situationen zu meistern. • Die Komponente der Reaktionsverhinderung kann vermittelt werden, indem erklärt wird, wie wichtig es ist, sich mit der Angst zu konfrontieren, ohne sie durch die Rituale einfach abzuschalten Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 111 • Der Patient soll dies mit eigenen Worten beschreiben, um sicherzugehen, dass er verstanden hat. • Verhaltensexperimente: o Ein solches Experiment wird so angelegt, dass man danach sowohl darüber Aussagen machen kann, wie sich die Angst währenddessen verhalten hat als auch darüber, wie es sich mit den gefürchteten Konsequenzen verhält o Dazu muss der Patient in die Lage versetzt werden, für eine vorher festgelegte Zeit (Üblicherweise 2 Stunden) der Neutralisierung zu widerstehen. o Diese Verhaltensexperimente können dann als Basis für weitere Konfrontationen mit Reaktionsverhinderung genutzt werden. Ausarbeitung eines Behandlungsplans • Unterscheidung kurzfristige, mittelfristige und langfristige Ziele • Alle Konfrontationen werden im voraus besprochen, und es wird dem Patienten gegenüber betont, dass es „keine Überraschungen“ geben wird. • Die Reihenfolge hängt in großem Maße ab o Von dem Vertrauen des Patienten o Vom Ausmaß der Beeinträchtigung durch die verschiedenen Aspekte der Problematik o Vom Ausmaß, in dem die verschiedenen Aspekte im normalen Lebensumfeld des Patienten auftauchen o Von der Bereitschaft des Patienten, sich den Übungen zu unterziehen • Im allgemeinen sollte diese Konfrontationsbehandlung mit einer Übung eginnen, die eine In-vivo-Konfrontation beinhaltet • Die erste Aufgabe sollte eine moderate Schwierigkeit aufweisen • Sie sollte für die alltägliche Lebensführung des Patienten relevant sein, so dass ein Erfolg sofort als Verstärkung dienen kann • Während allen Übungen sollten permanent die Interpretationen der Patienten bzgl. ihrer Gedanken im Auge behalten werden Vorbereitung auf die Konfrontation • Es darf keine Versuche geben, den Patienten zu versichern, dass die einzelnen speziellen Übungen völlig ungefährlich sind • Die Konfrontation mit den gefürchteten Reizen steigt graduell mit der Schwierigkeit an, so dass die Therapie nicht gleich am Anfang als so unangenehm erlebt wird, dass der Patient nicht mehr weitermachen kann. • Am besten führt der Therapeut vor einer Übung das erwünschte Verhalten dem Patienten im Sinne eines Modells vor. • Modellernen in der Therapie: o Forschungsergebnisse noch uneindeutig o Klarste Art der Demonstration, welche Verhaltensweisen während der Konfrontation mit Reaktionsverhinderung genau erwünscht sind o Bessere Compliance o Modellernen schnell ausschleichen, da es den unerwünschten Nebeneffekt hat, als starke Beruhigung zu wirken Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 112 • In den ersten beiden Wochen einer ambulanten Behandlung kann es sinnvoll sein, wenn man mindestens 2-3 Sitzungen pro Woche veranschlagt • Die Fortschritte in dieser frühen Phase sind oft beachtlich • Konfrontationsübungen in vivo dauern üblicherweise 1 bis 1 ½ Stunden, wobei der Therapeut am Anfang mindestens 3 Stunden freihalten sollte, um die Sitzungen verlängern zu können. • Es ist nachteilig eine Sitzung auf dem höchsten Niveau der Angst zu beenden, die Sitzung sollte dann verlängert werden, bis es zumindest zu einer gewissen Reduktion des Unbehagens gekommen ist • Nach 2 Wochen können die Abstände zwischen den Sitzungen auf 7 bis 14 Tage verlängert werden • Zunahme der Hausaufgaben: o In allen Sitzungen und bei den Hausaufgaben schätzt der Patient sein Unbehagen und den Drang zur Neutralisierung anhand eines Ratings ein Erhöhung der Compliance, Analyse von Schwierigkeiten o Zunahme selbstgesteuerter Reaktionsverhinderung von Vermeidung oder Neutralisierung • Konfrontation mit Verantwortlichkeit: o Besprechen der Rolle von Sorgen bzgl. dem Thema Verantwortung o Patient muss eine Hausaufgabe vollständig selbst planen ohne Details im voraus mit dem Theraeuten zu besprechen Rückversicherung • Die Suche nach Rückversicherung und Beruhigung ist ein bedeutendes Merkmal von Zwängen • Auch die Angehörigen sollten z.B. wie folgt handeln, wenn der Patient nach Rückversicherung fragt: o „Die therapeutische Anweisung besagt, dass ich solche Fragen nicht beantworten soll“ o Dies kann mit Rollenspielen zuvor geübt werden, damit sie nicht abweisend wirkt. Kognitive Behandlung • Entwicklung eines umfassenden, kognitiv-behavioralen Modells der Aufrechterhaltung der Zwangsproblematik. Dazu gehört die Identifikation entscheidender verzerrter Überzeugungen und die gemeinsame Erarbeitung einer nichtbedrohlichen, alternativen Sichtweise der zwanghaften Erfahrungen • Detaillierte Identifikation und Selbstbeobachtung von Zwangsgedanken und den zugehörigen Bewertungen durch den Patienten werden kombiniert mit Aufgaben, die dem Patienten helfen sollen, die Überzeugungen bzgl. der Verantwortlichkeit in kleinen Schritten zu verändern • Diskussionstechniken: Hinterfragen der Bewertungen und der grundlegenden Annahmen, auf denen diese basieren. Ziel ist die Modifikation der negativen Überzeugungen des Patienten bzgl. der eigenen persönlichen Verantwortlichkeit • Durchführung von Verhaltensexperimenten, um direkte Bewertungen, annahmen und Prozesse zu testen, von denen angenommen wird, dass sie bei der Zwangsproblematik des Patienten beteiligt sind Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche 113 Ausarbeitung! • Es wird dem Patienten dabei geholfen, grundlegende allgemeine Annahmen, die zur Fehlinterpretation der eigenen kognitiven Aktivität führen, zu identifizieren und zu modifizieren • Diese Therapiemethode ist besonders wirksam bei Patienten, die zu ängstlich sind, um sich voll auf die Konfrontation mit Reaktionsverhinderung einzulassen, da die kognitiven Elemente sich direkt auf die Überzeugungen beziehen, die das Unbehagen verursachen und die die Zwangshandlungen auslösen und motivieren. • Die kognitive Therapie versucht, die Fehlinterpretationen, die die Patienten dazu verleiten, ihre Rituale zu vollziehen, zu identifizieren und zu hinterfragen, so dass das Unterbinden der Zwangshandlungen vom Patienten als weniger gefährlich wahrgenommen wird. Mögliche Schwierigkeiten im Therapieverlauf • Während der Therapie können v.a. 3 Schwierigkeiten auftauchen: o Es findet keine Habituation (Angstreduktion) in den Konfrontationsübungen statt Konfrontation zu kurz, Nebendiagnose Depression o Trotz völliger Compliance gibt es zwischen den Sitzungen kaum Fortschritte Patienten können sich von den angstauslösenden Reizen ablenken bzw. ihre Angst durch neutralisieren reduzieren o Non-Compliance Behandlung von Zwängen ohne offene Zwangshandlungen • Schwierige Variante des Zwangssndroms, da die Vermeidung und die Neutralisierung fast völlig verdeckt ablaufen und deshalb besonders schwer zugänglich und zu kontrollieren sind. • Das oben angeführte Therapierational benötigt für diesen Fall nur eine kleine Erweiterung, nämlich die Berücksichtigung der Rolle kognitiver Neutralisierung und Vermeidung, welche schwer zu entdecken und zu kontrollieren sind. Behandlungselemente • Die Behandlung besteht zunächst aus einer kognitiven Neubewertung. Dieser folgt ein Habituationstraining, um damit die kognitive Alternative zum Problem des Patienten zu bestätigen • Habituationstraining: o Training, wiederholt und vorhersagbar bislang gefürchtete Gedanken so lange zu denken, bis von selbst eine Angstreduktion eintritt, während zur selben Zeit jegliche verdeckte Vermeidung oder neutralisierende Verhaltensweisen unterlassen werden o Wenn eine Habituation gegenüber vorhersagbaren Reizen erreicht wurde, geht die Behandlung zu weniger vorhersagbaren Reizen über • Um die Gedanken wiederholt in einer vorhersagbaren Art und Weise zu präsentieren, gibt es mehrere Methoden: o Willkürliches Hervorrufen von Gedanken o Wiederholtes Aufschreiben des Gedankens Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 114 o Abhören eines Endlosbandes, das der Patient selbst mit den Gedanken auf Kassette gesprochen hat o Eine Kombination dieser Strategie kann besonders wirksam sein, indem man mit dem Endlosband beginnt. o Auf dem Band darf kein neutralisierender Gedanke sein! o Der Patient wird dazu angehalten, sich das Band so genau wie möglich und ohne zu neutralisieren 10mal hintereinander anzuhören. o Nach jedem Durchgang werden das Unbehagen und der Drang zu neutralisieren auf einer Skala von 0-100 eingeschätzt. o Nach dem Anhören werden alle Impulse, zu vermeiden oder zu neutralisieren besprochen. o Übungen mindestens 2x täglich, am besten solange bis sich die Angst auf mindestens 50% des maximalen Niveaus während der Übungen reduziert hat. o Zusätzlich wird der Patient angehalten, jegliches neutralisieren während des Tages zu unterbinden und Aufzeichnungen über das Auftauchen von Gedanken, Unbehagen und dem Drang zu neutralisieren zu führen o Üblicherweise findet eine Generalisierung statt. • Spezifische Techniken, um die Generalisierung zu erhöhen: o Der Patient hört sich das Band in besonders schwierigen Situationen an o Der Patient soll sich sein Band anhören, wenn er auch wirklich ängstlich ist, entweder von natürlichem Stress oder bei geplanten Stress o Willkürliches Variieren de Habituation auf dem Band, laute Störgeräusche Alternative Behandlungsmethoden Medikamentöse Ansätze Eine Metaanalyse mehrerer Effekticitätsstudien ergab, dass eine antidepressive Medikation, insbesondere SSRI, eine direkte Wirkung auf Zwänge ausüben, Christensen et al., 1987. Hohe Rückfallquoten nach Absetzten (90% innerhalb von 7 Wochen). Psychochirurgische Maßnahmen Rachman, 1979: keine Belege für die Wirksamkeit Stationäre Behandlung • Selten notwendig • Schlechtere Generalisierung in den Alltag • Aufnahme sollte im voraus geplant werden und zeitlich begrenzt sein (möglichst nur 1 Woche) • Zum Zeitpunkt der Aufnahme ist es angezeigt, rund um die Uhr bei gleichzeitiger Reaktionsverhinderung zu konfrontieren; Generalisierungsübungen für den Alltag sollten bereits vom 2 Tag an beginnen, und dabei sollten von Anfang an begleitete Besuche zu Hause auf dem Programm stehen. Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 115 2. Spezifische Phobien 2.1. Einleitung Seit den 60er Jahren sind die spezifischen Phobien als eigenständiges Krankheitsbild anerkannt. Menschen, die an einer spezifischen Phobie leiden haben Angst vor einem klar umschriebenen Objekt oder einer Situation (im Gegensatz zu Agoraphobie oder Sozialphobie, wo eine Vielzahl verschiedener Situationen gefürchtet und gemieden werden). Die Entwicklung von Folgeproblemen (Depression, Abhängigkeit) ist bedeutend seltener als bei Agoraphobie und Sozialphobie. 2.2. Diagnostische Kriterien DSM-IV Kriterien der spezifischen Phobie (im DSM-III: einfache Phobien): A. Durch die Anwesenheit oder die Erwartung eines spezifischen Objektes oder einer spezifischen Situation ausgelöste Angst (z.B. Fliegen, Höhen, Tiere, Spritzen, Blut) B. Die Konfrontation mit dem spezifischen Stimulus löst fast immer eine unmittelbare Angstreaktion aus, die die Form eines Angstanfalls annehmen kann. C. Die phobischen Stimuli werden vermieden oder mit starker Angst ertragen. D. Die Person erkennt, dass die Angst übertrieben oder unvernünftig ist. E. Die Vermeidung oder die ängstlichen Erwartungen verursachen ausgeprägtes Leiden oder beeinträchtigen die berufliche oder soziale Funktionsfähigkeit. F. Die Angst oder die phobische Vermeidung steht nicht in Zusammenhang mit einer anderen psychischen Störung, z.B. nicht Angst vor Verunreinigung (Zwangssyndrom) nicht Vermeidung von Hinweisreizen auf einen vergangenen schweren Stressor (posttraumatische Belastungsstörung) nicht Vermeidung sozialer Situationen aufgrund von Peinlichkeit (Sozialphobie) nicht Angst vor unerwartetem Angstanfall (Paniksyndrom) nicht agoraphobisches Vermeidungsverhalten Spezifische Untergruppen: 1. natürliche Umgebung (Tieren, Insekte, Sturm, Wasser) 2. Blut, Spritzen, Verletzungen 3. situativ (Autos, Flugzeuge, Höhne, Aufzüge, Tunnel, Brücken) 4. sonstige (z.B. phobische Vermeidung von Situationen, die zum ersticken, zum Erbrechen oder zu Krampfanfällen führen können.) 2.3. Prävalenz Die Prävalenzrate der spezifischen Phobien schwankt international betrachtet deutlich: 5,9% in Neuseeland, 15,1% in den USA.. Nach irgendwelchen Daten soll sogar mehr als die Hälfte der Bevölkerung während ihres Lebens einmal eine irgendwie geartete spezifische Phobie haben. In allen epidemiologischen Studien wurden signifikant höhere Prävalenzraten für Frauen als für Männer gefunden. 2.4. Überblick über Therapieerfolgsstudien 2.4.1. Spezifische Phobien Höhenphobie Die Methode der Wahl ist das angeleitete Erfolgslernen (WILLIAMS, 1984) (= „guided mastery“ = teilnehmendes Modellernen (BANDURA, 1969)). Der Patient soll dabei die allerschwierigsten Situationen so schnell wie möglich angehen. Der Therapeut kann bei Bedarf folgende Hilfen geben: Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 116 Beherrschen von Unteraufgaben (noch etwas weiter weg vom Geländer hinsetzen und sich erst zunehmend nähern) Nahziele (indem sich der Patient Zwischenzielen widmet) Tätliche Unterstützung (Führen am Arm) Gestufte Konfrontationsdauer (Zeit der Bearbeitung wird zunehmend erhöht) Modellernen (Therapeut macht es vor) Unterbindung von Abwehrmanöver (Patient soll es besser machen und Abwehr unterlassen) Variierende Ausführung (Studie: 62% (87%) der Patienten habe in Verhaltenstest nach der Behandlung alle Übungen durchgeführt. Tierphobien Die meisten Studien zu Tierphobien beschäftigen sich mit Spinnen- oder Schlangenphobien. Sie zeigen, dass teilnehmendes Modellernen (TM) signifikant besser ist als systematische Desensibilisierung und Wartelistenkontrollgruppe. Die im folgenden vorgestellte Behandlungsmethode für Tier- (Spinnen-)phobie entwickelte ÖST (1989). Sie besteht aus massierter Konfrontation kombiniert mit teilnehmendem Modellernen: - Ausarbeitung eines detaillierten Therapierationals Therapierational = Erklärungsmodell für ein Problem bzw. eine Störung, aus der Interventionsmethoden abgeleitet werden können und das die Transparenz der Therapie für den Patienten erhöht. - erste Sitzung kann bis zu 3 Stunden dauern, in der vier oder fünf Spinnen zunehmender Größe eingesetzt werden: jeder Schritt wird vom Therapeuten als Modell demonstriert 1. Aufgabe: Spinne mit Glas Papier fangen und so tun als ob man sie hinaus bringt 2. Aufgabe: Berühren der Spinne 3. Aufgabe: Spinne in die Hand nehmen usw. (evtl. bis Spinne im Gesicht) Übungen so lange, bis der Patient sich mit nur noch wenig oder gar keiner Angst mehr mit den Spinnen befassen kann (Subjective Units of Discomfort Scale SUDS) wird auf Video aufgenommen, damit Patient sich an die Übungen besser „erinnern“ kann Diese Behandlung ist als 1-Session-Behandlung effektiver als andere Behandlungsformen Blut-, Verletzungs- und Spritzenphobie Die Methode der angewandten Anspannung („applied tension“) wird am Beispiel der Blutphobie erläutert. Das besondere an der Blutphobie und worin sie sich von allen anderen Typen spezifischer Phobien unterscheidet ist, dass viele Patienten eine Geschichte von tatsächlichen Ohnmachtsanfällen in der phobischen Situation aufweisen. Sie zeigen bei der Konfrontation ein spezifische autonome Reaktion ,bei der Herzrate und Blutdruck zunächst ansteigen (wie bei anderen Phobien auch), dann aber rapide abfallen, was gelegentlich zur Ohnmacht führt. Die angewandte Anspannung richtet sich direkt auf diese physiologische Reaktion: - erste Sitzung: Es wird eine Verhaltensanalyse erstellt und dem Patienten Anspannungstechniken beigebracht. - zweite Sitzung: Diapräsentation von Verletzten. Der Patient soll auf nahende Ohnmachtsanzeichen achten und bei erstem Auftreten Anspannungstechniken einsetzen, aber Bilder weiter betrachten und dies so lange tun, bis autonome Reaktion beendet ist - vierte Sitzung: ab in den Blutspendedienst und was gutes für die Volksgesundheit tun. Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche 117 Ausarbeitung! - fünfte Sitzung: nach dem Beiwohnen einer Operation am offene Herzen Forschung zeigt, dass es nicht notwendig ist Konfrontation mit blutphobischen Reizen einzusetzen. Es müssen dem Patienten lediglich effektive Coping-Technik beigebracht werden: die Anspannungstechnik wie man die Anzeichen einer nahenden Ohnmacht bemerkt wann und wie die Anspannungstechnik eingesetzt wird Die Spritzenphobie ist der Blutphobie sehr ähnlich, kann aber Unterschiede in den Befürchtungen, z.B. den Schmerz beim Einstechen der Nadel, aufweisen. Nur bei der Tendenz in Ohnmacht zu fallen ist die applied-tension Methode angebracht, ansonsten einfach Konfrontation. Klaustrophobie Folgende Therapien sind praktikabel: - Konfrontation in vivo (für Patienten, die verhaltensmäßig auf die phobische Situation (z.B. kleines Zimmer) reagieren) - angewandte Entspannung (für Patienten, die eher körperlich reagieren) - 1-Session-Konfrontationsbehandlung Zahnarztphobie Die am besten entwickelte Behandlungsmethode für die Zahnarztphobie ist das Breitspektrumprogramm (BERGGREN & CARLSSON, 1984). Diese psychophysiologische Therapie besteht aus: - systematischer Desensibilisierung - EMG- Biofeedback - Modellernen durch Video Flugphobien Mögliche (nach Forschung gleich gute) Therapien sind: systematische Desensibilisierung, Implosion (= Konfrontation in sensu), Flooding (= Reizüberflutung) und Entspannung. Auch eine Manual gesteuerte Form des Selbstinstruktionstrainings (Therapierational, Entspannungstraining, Bewältigungsstrategien) schneidet gut ab. 2.5. Kontrollgruppenvergleiche 2.5.1. Vergleich mit Nicht-Behandlung In 90% der Studien erzielen die aktiven Behandlungsbedingungen signifikant bessere Ergebnisse als die Nichtbehandlung. 2.5.2. Vergleich mit Aufmerksamkeitskontrollgruppe Die Kontrollgruppe erhält z.B. ein Entspannungstraining, das dann mit eigentlichen Behandlung verglichen wird, aber eben auch eigene Effekte haben kann. So zeigte sich z.B., dass ein Entspannungstraining eine effektive Behandlung für Zahnarztphobie ist. Daher sind hier die Ergebnisse der Studien nicht gar so gut. 2.6. Klinisch signifikante Verbesserung (KSV) Neben Kontrollgruppendifferenzen ist das Ausmaß der klinisch signifikanten Verbesserung (KSV) durch die Behandlungsform entscheidend. Zwei wichtige Kriterien dafür sind: - Der Unterschied zwischen Vor- und Nachuntersuchung muss für den Patienten statistisch signifikant sein. Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 118 - Der Wert der Nachuntersuchung muss im Bereich der normalen Population bzw. außerhalb des Bereichs der Patientenpopulation liegen (definiert als Mittelwert ±2 Standardabweichungen) Diese Methode wird aber selten angewandt. 2.6.1. Effizienzstudien mit KSV bei spezifischen Phobien Bei Interesse nachzulesen auf Seite 37/38. 2.7. Schlußfolgerungen 2.7.1. Methoden der Wahl Aus den Studien wird folgendes abgeleitet: Legt man die jeweils erfolgreichste Behandlungsmethode zugrunde, so läßt sich bei den spezifischen Phobien in 77-95% der Fälle eine klinische Verbesserung erzielen. Behaviorale Behandlungen der Wahl bei spezifischen Phobien: Höhenphobie guided mastery (= teiln. Modellernen) Tierphobie guided mastery (= teiln. Modellernen) Blut- & Verletzungsphobien applied tension (angewandte Anspannung) Spritzenphobie 1-session-Konfrontation in vivo Klaustrophobie angewandte Entspannung 1-Session-Konfrontation in vivo Zahnarztphobie Breitspektrumprogramm systematische Desensibilisierung Coping-Techniken Flugphobien Coping-Techniken 1-session-Konfrontation in vivo 3. Sozialphobie 3.1. Beschreibung der Störung 3.1.1. Definition Die Definition im DSM-IV ist gegenüber früheren Definitionen der Sozialphobie deutlich erweitert, indem das Ausmaß der gefürchteten sozialen Situationen deutlich größer und die durch die Störung bedingten Beeinflussungen umfassender sein können. Für Sozialphobiker, die die meisten sozialen Situationen fürchten ist ein Generalisierter Subtypus eingeführt worden. Nach ICD-10 ist die Sozialphobie die „Angst in vergleichsweise kleinen Gruppen (im Gegensatz zu Menschenmengen) im Mittelpunkt zu stehen. Diese Angst führt dazu soziale Situationen zu meiden.“ Es sind sowohl Ängste vor Beobachtung als auch Ängste vor Interaktionen aufgeführt. Das Vermeidungsverhalten ist hier wichtiges diagnostisches Kriterium (während es im DSM-IV „nur“ Symptom ist, hier gibt es auch Sozialphobiker, die die phobischen Situationen unter großem Unbehagen ertragen). 3.1.2. Prävalenz und Störungsbeginn Mit einem gemittelten Wert für die Lebenszeitprävalenz von 13,3% stellt die Sozialphobie in den USA nach Major Depression und Alkoholismus die dritthäufigste psychische Störung dar. Frauen sind häufiger betroffen, obwohl sich mehr Männer in Behandlung befinden. Dieser Widerspruch kann mit soziokulturellen Normen erklärt werden: Männer leiden stärker unter den Angstsymptomen, weil diese Eigenschaften nicht in die Stereotypen und kulturell akzeptierten Normen von Männlichkeit passen, während schüchterne Frauen dem stereotypen Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 119 Frauenbild entsprechen und somit weniger Bedürfnis verspüren die Problematik ihrer Ängste zu überwinden. Häufig melden sich Sozialphobiker mit anderen Problemen zur Therapie (z.B. Alkoholmißbrauch), denn viele fürchten, dass eine Offenbarung ihrer Ängste nur in Peinlichkeit und negativer Beurteilung durch andere enden kann. Nach einer Studie liegt das Erstauftrittsalter bei 91% vor dem 25. Lebensjahr (Mittel: 15,5). Das Erstauftrittsalter hängt von der jeweiligen Untergruppe ab: nicht-generalisierte Sozialphobie 22,6 Jahre; generalisierte Sozialphobie 13 Jahre. 3.2. Kognitiv-verhaltenstherapeutische Störungskonzepte 3.2.1. Bestandteile von Ätiologiemodellen der Sozialphobie Erhöhte Selbstaufmerksamkeit Nach BUSS (1980) tendieren Sozialphobiker zu hohen Werten auf der Dimension Selbstaufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und sind übermäßig sensibel gegenüber sozialbewertenden Reizen und reagieren stärker und negativer auf den Ausgang sozialer Ereignisse. Nach HARTMAN (1983) haben sozial ängstliche Personen exzessive auf sich selbst gerichtete Metakognitionen. Das bedeutet, sie überwachen die kognitiven wahrnehmenden, physiologischen und motorischen Prozesse, die normalerweise automatisch ablaufen, was die Personen dann von sozialen Interaktionen distanziert, was wiederum zu Ängstlichkeit und inkompetenten Sozialverhalten führt. Aus den folgenden zwei Ätiologiemodellen können auch Behandlungsziele und -strategien abgeleitet werden: Das Selbstdarstellungsmodell (SCHLENKER & LEARY, 1982) Angst entsteht aus der Erwartung oder aus dem Erleben sozialer Bewertung in wirklichen oder vorgestellten Situationen. Die Person hat das Ziel, auf andere einen besonderen Eindruck zu machen und bezweifelt seine Fähigkeit dies zu erreichen. Für das Auftreten sozialer Angst ist die Motivation, einen guten Eindruck zu machen und die Wahrnehmung mangelnder Selbstwirksamkeit von Bedeutung. Das Modell der kognitiven Vulnerabilität (BECK & EMERY, 1985) Ein kognitives Schema ist ein grundlegende kognitive Struktur, die die Informationsverarbeitung leitet, und wahrgenommene Objekte klassifiziert und interpretiert. Schemata helfen dem Individuum, sich an Situationen anzupassen, selektiv relevante Information abzurufen und relevante Aspekte der laufenden Situation auszuwählen. Mehrere Schemata werden in Modi zusammengefaßt und können selektive Aufmerksamkeit erzeugen. Personen mit Angststörungen handeln im Vulnerabilitätsmodus. Im Vulnerabilitätsmodus lenkt die Person ihre Aufmerksamkeit auf die eignen Schwächen oder auf früheres Versagen. Diskrepante Informationen werden von dem jeweiligen Schema verzerrt oder ausgeschlossen (z.B. durch Minimieren der eigenenStärken). Die kognitiven Verzerrungen (z.B. unlogische & negative Gedanken) hindern Sozialphobiker daran, die Bedrohung, die in einer sozialen Situation besteht, und die eigene Selbstwirksamkeit richtig einzuschätzen, wobei sie sich dadurch auszeichnen, dass sie übermäßig wachsam gegenüber solchen sozialen Bedrohungen sind. Außerdem kommt es zu selbsterfüllenden Prophezeiungen (z.B. in einem Gespräch nichts zu sagen zu haben). Die antizipierten negativen Erfahrungen halten Sozialphobiker von sozialen Situationen fern und verstärken so die verzerrten Kognitionen des Vulnerabilitätsmodus. Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 120 3.2.2. Ein integriertes kognitiv-behaviorales Modell HEIMBERG (1995) hat ein integriertes kognitiv-behaviorales Ätiologiemodell vorgeschlagen, das ein Diathese-Stress-Modell der Sozialphobie ist (das heißt, dass genetische Disposition bei entsprechenden Umweltbelastungen zur Störung führt). Eine genetische Disposition trifft auf eine Sensibilisierung durch Umwelteinflüsse. Das sind Umgebungsfaktoren wie Eltern, die selbst sozial ängstlich waren und so als Vorbild fungiert haben oder wenn die Eltern ihre Kinder sozial isolieren. Auch frühe negative Erfahrungen mit Peers oder gegengeschlechtlichen Partnern können Kinder sensibilisieren. Hieraus entwickelt sich der Glaube, dass soziale Begegnungen Bedrohungen des Selbstwertgefühls oder der eigenen sozialen Stellung darstellen. Es wird versucht negative soziale Erlebnisse zu vermeiden, indem die Personen versuchen sich perfekt zu verhalten. Da sie das (wie niemand sonst) nicht schaffen können, kommen sie zu dem Schluß, dass ihr Verhalten so bewertet wird, dass es zu Erniedrigung, Verlegenheit, Zurückweisung und Statusverlust kommt. Diese Überzeugung führt dazu, dass sie sich sozialen Situationen nur besorgt nähern, bzw. sie wenn immer möglich vermeiden. Sie heben die Gefahrenreize in sozialen Situationen verstärkt hervor und erleben physiologische Erregung. Diese Angstsymptome werden als „Beweis“ für die Gefahr gedeutet und es besteht die Sorge, dass ihre Angst bemerkt wird und zu negativer Bewertung führt. Jeder dieser Prozesse kann die anderen verstärken, sodass es zu einer raschen Eskalation von Angst kommen kann. Empirische Befunde - Sozialphobiker halten ihre Eltern für eher überbehütend, den Vater zurücksweisend, die Mutter sozial Ängstlich - Außerdem berichten sie, dass ihre Eltern weniger soziale Aktivitäten gemacht haben, und sie abhielten eigene Erfahrungen zu machen und großes Gewicht auf die Meinung anderer legten und Scham als Disziplinierungsmaßnahme einsetzten. - Sozialphobiker befürchten, dass soziale Situationen negative Ergebnisse nach sich ziehen und sie mit diesen nicht umgehen können - Attributionsstil: negativer Ausgang einer Situation auf sich (eigene Unzulänglichkeit) positiver Ausgang externe Faktoren (Glück, wohlwollendes Verhalten anderer) - Sozialphobiker haben ein Übermaß an negativen selbstbezogenen Gedanken - Sie erleben verstärkte Erregung in sozialen Situationen - Sie überschätzen die Wahrscheinlichkeit mit der ihre körperlichen Symptome von anderen wahrgenommen werden 3.3. Therapeutisches Vorgehen 3.3.1. Einführende Bemerkungen zur kognitiv-behavioralen Gruppentherapie (KBGT) Vorgestellt wird die kognitiv-behaviorale Gruppentherapie, wie sie von HEIMBERG entwickelt wurde. Allgemeine Aspekte Erster Vorteil ist, dass den Teilnehmern bewußt wird, dass sie nicht an einem einzigartigen Problem leiden, denn sie selbst haben das nicht erfahren, weil sie zu verlegen waren, ihre sozialen Ängste zu offenbaren. Die Gruppenmitglieder stellen für sich gegenseitig eine bislang unbekannte Quelle an Unterstützung dar. Ein Zussammengehörigkeitsgefühl, das auf gegenseitiger Wertschätzung und echter Anteilnahme beruht, ist für Sozialphobiker eine seltene Erfahrung. Spezifische Aspekte Die Gruppensitzungen selbst sind schon eine Konfrontationssituation, mit mehreren gefürchteten sozialen Situationen. Die Gruppensitzungen bieten einen guten Rahmen, um die Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche 121 Ausarbeitung! fälschlichen Annahmen (Verzerrte Kognitionen?) zu überprüfen, die zur Aufrechterhaltung der Ängste dienen. Dabei sind korrigierende Rückmeldungen der Gruppenmitglieder entscheidend (für den Patienten oft wichtiger als Therapeutenrückmeldungen). Auch Rollenspiele (z.B. Partysituation) können gut eingesetzt werden. 3.3.2. Organisation der Gruppe und vorbereitende Maßnahmen Die KBGT-Gruppe besteht aus 6 Patienten und zwei Therapeuten (ein Student) und wird über zwölf wöchentliche Sitzungen geführt (Richtwerte). In einer vorangegangenen Einzelsitzung werden Aufbau einer tragfähigen Beziehung, Durchführung einer Problemananlyse, Vorstellen des Therapieprogramms sowie Erstellung einer Angst- und Vermeidungshierarchie vorgenommen. Auf die Hierarchie kann später bei Hausaufgaben oder Übungen in der Gruppe zurückgegriffen werden. 3.3.3. Trainingsphase: erste und zweite Sitzung Die ersten beiden Sitzungen sind die einleitenden Trainingsphase, in der den Patienten Techniken der kognitiven Umstrukturierung und Fertigkeiten im Umgang mit sozialen Situationen beigebracht werden. Erste Sitzung Patienten sollen lernen automatische Gedanken (AG) zu identifizieren. Automatische Gedanken sind Gedanken, die wie Tatsachen behandelt werden und die Angst in sozialen Situationen auslösen und aufrechterhalten. Sie repräsentieren vage und außerhalb der Kontrolle des Patienten liegende Ziele. Als Hausaufgabe soll eine Liste von angstbesetzten Situationen und eine mit automatischen Gedanken, die in deren Folge auftraten, erstellt werden. Zweite Sitzung Die Listen der automatischen Gedanken werden an die Tafel geschrieben und nach BURNS (1980) und PERSONS (1989) Typologie sortiert und diskutiert: Alles-oder-Nichts-Denken (Einteilen von Situationen nach dichotomen Gesichtspunkten: interessant vs. langweilig ...) Wahrsagen oder Gedankenlesen (Vorhersage zukünftiger Mißgeschicke oder Erwartung negativer Bewertung durch andere) Katastrophisieren (kleinere Fauxpas haben große, negative und langfristige Konsequenzen) Die anschließende Disputation dient dazu., alternative Erklärungen anzubieten, sich vergangene Erfahrungen in ähnlichen Situationen objektiv ins Gedächtnis zu rufen und die Patienten anzuleiten eine andere Perspektive zu übernehmen. Dabei können Fragen wie „Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für diese Konsequenz?“ oder „Gibt es eine alternative Sichtweise für diese Situation?“ helfen. Bei Erfolg beseitigt die Disputation den Einfluss eines automatischen Gedankens. Zum Schluß der kognitiven Umstrukturierung wird eine alternative rationale Antwort entwickelt. Sie soll die situationsspezifischen Ziele des Patienten (soziale Interaktion, öffentliches Auftreten) berücksichtigen, z.B.: „Ich kann mit dieser Person reden, sogar wenn ich ängstlich bin.“ (Anm.:Ich hab es so verstanden, dass es eine Antwort pro Patient ist!) Schritte der kognitiven Umstrukturierung: 1. Identifizieren automatischer Gedanken (die in bestimmten Situationen ausgelöst werden) 2. Benennen der zugehörigen kognitiven Verzerrungen 3. Infragestellen und Disputieren der Logik der automatischen Gedanken 4. Entwicklung einer alternative rationalen Antwort bzw. Setzen von Verhaltenszielen Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche 122 Ausarbeitung! 3.3.4. Aktive Behandlungsphase: dritte bis zwölfte Sitzung In der dritten Sitzung beginnen simulierte Konfrontationssituationen, wobei alle Sitzungen einen ähnlichen Ablauf haben: Durchsprechen der Hausaufgaben, damit jeder Patient individuelle Aufmerksamkeit bekommt zwei bis drei Patienten werden für Konfrontationsübungen ausgewählt (Vorgehen nach Hierarchie von leichter zu schwieriger), die mit dem Therapeuten oder anderen Mitpatienten ausgeführt (simuliert) werden. Wichtig ist das Festlegen von Verhaltenszielen für die Konfrontationsübungen (sollen sichtbar, messbar und realistisch sein, bzw. müssen in der vorgesehenen Zeit und unter den gegebenen Umständen auch erreichbar sein, z.B. sich bekannt machen, eine bestimmte Zahl an Kommentaren geben oder Fragen stellen) Die Konfrontationsübungen dauern etwa 10 Minuten, wobei zu Beginn und dann im Minutentakt ein subjektives Angstrating vorgenommen wird. (basierend auf SUDS). Im selben Intervall liest der Patient seine rationale Antwort laut vor. Die Nachbereitung beginnt mit der Beurteilung der Zielerreichung. Dabei können „verdeckte Ziele“ aufgedeckt werden. (Wenn der Patient trotz Zielerreichung unzufrieden ist hat er üblicherweise die Idee, dass irgendein „Standard“ nicht erreicht wurde, oder er keine Angst haben sollte. Da hilft die Betonung von Verhaltenszielen und einer Unterscheidung zwischen Nah- und Fernzielen. (Fernziel kann evtl. sein, keine Angst zu haben)) In der Abschlußsitzung, in der auch noch Übungen stattfinden, wird ein Rückblick auf die Fortschritte der Teilnehmer vorgenommen und realistische Ziele für eine fortgesetzte Arbeit alleine gesetzt 3.4. Empirische Überprüfung Studien zeigen, dass kognitive Umstrukturierung eine effektive Behandlung der Sozialphobie ist und die Effekte der Reizkonfrontation verstärkt. kognitive Umstrukturierung kombiniert mit Konfrontation die jeweiligen Einzelbehandlungen übertrifft. eine Kombination aus Entspannung, Ablenkung, rationale Selbstgespräche und Reizkonfrontation effektiver ist als Reizkonfrontation alleine. eine Kombination von Konfrontation ins sensu, Rollenspiel, kognitiver Umstrukturierung und Zuteilung von Hausaufgaben zu einem signifikant besseren Ergebnis bzgl. sozialer Ängstlichkeit und Angst vor negativen Bewertungen vor und nach der Behandlung führt und bis zur sechs-Monats-Katamnese anhält. bei einem Vergleich von KGBT mit Placebo, Experten schätzen das Verhalten der Patienten als weniger schwerwiegend beeinträchtigt ein, und nach Katamnese 5 Jahre weniger phobisch, weniger beeinträchtigt durch Symptome. beim Vergleich mit Phenelzin (MAO-Hemmer) Phenelzin bei einigen Maßen besser wirkt, KGBT aber die besser Langzeitwirkung hat. 16 Raucherentwöhnung (bzw. Rauchentwöhnung ;-) Therapeutisches Vorgehen Zumeist werden Gruppentherapien in denen verhaltenstherapeutische Kontrolltechniken vermittelt werden angewendet. Gruppentherapien sind ökonomischer als Einzeltherapien. Außerdem haben sich der Erfahrungsaustausch unter Betroffenen und die gegenseitige Unterstützung bis hin zu Selbsthilfegruppen in der Nachsorge als erfolgssteigernd erwiesen. Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 123 Der Raucher lernt, durch Änderung der dem Rauchen vorausgehenden und nachfolgenden Bedingungen (Stimulus- und Konsequenzkontrolle) das Zielverhalten (Rauchen) selbst zu verändern. In der Therapie angewendet werden: operante Verfahren der Selbstkontrolle, wie z.B. eine Selbstverpflichtungserklärung, in der der Raucher sich verbindl. dazu bereit erklärt, seinen Zigarettenkonsum zu reduzieren und sich selber belohnt oder bei Verstoß bestraft. Steigerung der Entwöhnungsmotivation. Auseinandersetzung mit den negativen Folgen des Rauchens und den positiven Folgen des Nichtrauchens. Dissonanz zum Verhalten des Noch-immer-Rauchens wird erhöht. Selbstbeobachtung. Z.B. durch eine Strichliste, bei der der Raucher vor dem Anzünden einer Zigarette einen Strich auf eine Liste machen soll, damit die Kopplung zwischen Auslösereiz (z.B. Kaffee) und Zigarette unterbrochen wird. Oder besser noch durch ein Tagesprotokoll, in dem Uhrzeit, situative Umstände und Gefühlslage vor und nach dem Rauchen festgehalten werden. Aus der Selbstbeobachtung lassen sich Bewältigungsmöglichkeiten ableiten. Hierbei gibt es keinen Leitfaden. Meistens kommen Gesprächstherapeutische Elemente zum Einsatz oder Rollenspiele, Gestaltübungen, imaginative Verfahren, Entspannungsübungen etc.. Ein Programm mit Selbstkontrolltechniken, kogn. Verfahren und Nikotinpflaster als medikamentöse Begleittherapie ist bei Unland (1994 und 1995) zusammengefasst. Empirische Belege Ziel der Raucherentwöhnung ist die dauerhafte Abstinenz. Daher lässt sich erst nach etwa einem halben Jahr die Wirksamkeit überprüfen, da bis zu diesem Zeitpunkt ca. 90% der Rückfälle auftraten. Neben guten Erfolgsraten sollte die Entwöhnungsmethode für viele Betroffene erreichbar, anwendbar, finanzierbar und zeitlich machbar sein. Problem bei den Studien ist, dass die Erfolgsrate steigt, je motivierter die Teilnehmer waren bzw. je strenger sie selektiert wurden. Suggestivtherapien. Bei Akupunktur, Handauflegen, Hypnose und Placebotherapien sind die spezif. Wirkungsweisen bei der Raucherentwöhnung nicht bekannt. Wirkung liegt wohl vorwiegend in den Erwartungen auf Erfolg im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Nachteilig ist, dass der Raucher sehr passiv bleibt und bei einem Rückfall sich nicht selber helfen kann. Gibt nur wenig Nachweise für langfristigen Nutzen, aber ist hilfreich in multimodaler Therapie. Medikamentöse Therapie. Es gibt zwei Wirkweisen: 1. kann das Rauchen durch das Medikament an negative Reize gekoppelt werden, indem der Geschmack der Zigarette vergällt oder Schwindel / Übelkeit hervorgerufen wird. 2. Medikamente als Substitution des Suchtstoffes können das Verlangen nach Nikotin in Zigarettenform mildern. Erstere Wirkweise wird kaum mehr angewendet. Bei zweiterer Wirkweise gibt es keine Studie zur Applikationsform, aber das Nikotinpflaster ist dem Nikotinkaugummi usw. psycholog. vorzuziehen, da es kontinuierlich versorgt. Eine Medikamentöse Therapie allein bringt nichts. Selbstkontrollverfahren. Haben sich bewährt und gelten daher als Standardtherapie. Langfristige Erfolgsraten von 20-25% werden erreicht, die in Kombi. mit Nikotinpflaster um 10% gesteigert werden können. Mit Schlusspunktmethode o. schrittweiser Reduktion verbunden. Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 124 Kognitive Verfahren. Über Erfolge liegen nur wenige wiss. Ergebnisse vor, di allerdings erfolgversprechend klingen. "Zusammenfassend haben die Techniken der kogn. Verhaltenstherapie die besten Erfolge." Verglichen mit der Menge an Rauchern ist der betriebene Forschungs- und Therapieaufwand sehr gering. Hier handelt es sich um eine Lernzusammenfassung, d.h. keine wissenschaftliche Ausarbeitung! 125