Prof. Dr. Gerhard Berendt SS 2006 Modellierung und Simulation von Warteschlangen Tutorial 04 / S. 1 von 4 Tutorial 04: Einbettung einer Markov-Kette in den (M/M/1)-Prozess. In diesem Tutorial wird die Einbettung einer Markov-Kette in den (M/M/1)Warteschlangenprozess demonstriert. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass auch der diskrete stochastische Prozess, bei dem die Zustände durch die Zeitpunkte definiert werden, zu denen ein Klient das (M/M/1)-System verlässt, gedächtnislos ist: Alle diese Zustände unterscheiden sich lediglich durch die Anzahl der Klienten, die sich dann jeweils im System befinden, und diese Zahl hängt bei Annahme einer exponentiellen Verteilung der Zugänge nicht von vorangegangenen Ereignissen ab. Insofern bietet die Einbettung einer Markov-Kette in jedes Warteschlangensystem vom Typ (M/X/k) – und mit sinngemässer Vertauschung des Ankunfts- mit dem Bedienungsprozess auch vom Typ (X/M/k) - eine Möglichkeit der Verallgemeinerung. Dabei ist natürlich zu beachten, dass durch die Diskretisierung für den Fall, dass nicht beide beteiligten Prozesse gedächtsnislos sind, gewisse Informationen verloren gehen, da die Analyse ja nur auf diejenigen Zeitpunkte beschränkt ist, in denen ein Klient das System verlässt. Wir betrachten also die (M/M/1)-Warteschlange mit den Ankunfts- und Bedienungsraten und , = / , und speziell den Zeitpunkt Tn , zu dem der Klient # n das System verlässt. Hierzu führen wir die folgenden Bezeichnungen ein (P(…) bedeutet stets eine Wahrscheinlichkeit) : k = P(beim Weggang von Klient # n befinden sich noch k Klienten im System), = (0 , 1 , 2 … ) der Vektor der Zustandswahrscheinlichkeiten, r j = P(während einer Bedienung erscheinen j neue Klienten im System). Die Wahrscheinlichkeiten rj lassen sich im vorliegenden Fall direkt angeben: (T.4.1) ( t ) j t rj e e t dt j! 0 j (1 ) j 1 Wir nehmen nun < 1 und die Existenz eines stationären Zustandes des Systems an; das bedeutet, dass für den Vektor gelten muss =P mit einer Matrix P, die die Übergangswahrscheinlichkeiten zwischen den stationären Zustand enthält (vgl. dazu Arbeitsblatt 6). Die Matrixelemente von P erhalten wir durch die folgende Überlegung: j im Prof. Dr. Gerhard Berendt SS 2006 Modellierung und Simulation von Warteschlangen Tutorial 04 / S. 2 von 4 0 0 r0 1 r0 : Das System wird mit Wahrscheinlichkeit 0 vom Klienten # n verlassen, – wenn es leer vom Klienten # n – 1 verlassen wurde (0 ) und – kein Klient mit der Wahrscheinlichkeit r0 während der Bedienungszeit von Klient # n aufgetaucht ist (selbst, wenn seine Bedienung erst mit seiner Ankunft begann), oder – wenn Klient # n – 1 einen Klienten (# n) im System beliess (1 ), und kein neuer Klient (r0) während dessen Bearbeitungszeit erschien. Analog: 1 0 r1 1 r1 2 r0 : Das System wird mit Wahrscheinlichkeit 1 vom Klienten # n verlassen, – wenn Klient # n – 1 0 oder 1 Klienten im System beliess (0 + 1 ) und – 1 Klient (r1) während der Bearbeitungszeit von Klient # n erschien oder – wenn Klient # n – 1 zwei Klienten im System beliess (2) und kein neuer Klient (r0) während der Bearbeitungszeit von Klient # n erschien. Die analoge Argumentieren entlang dieser Linie liefert 2 0 r2 1 r2 2 r1 3 r0 3 0 r3 1 r3 2 r2 3 r1 4 r0 etc. In Matrixform schreiben sich diese Gleichungen als =P (T.4.2) mit der Übergangsmatrix (T.4.3) r0 r P 0 0 r2 r2 . r0 r1 r1 r1 Prof. Dr. Gerhard Berendt SS 2006 Modellierung und Simulation von Warteschlangen Tutorial 04 / S. 3 von 4 Aus (T.4.2) mit den aus (T.4.1) einzusetzenden Werten in (T.4.3) sind nun die k zu bestimmen. Dies geschieht am einfachsten mit der Methode der erzeugenden Funktion durch die Definitionen ( z ) : k z k mit R( z ) : rk z k . 0 0 Da die Server-Verteilung bekannt ist, lässt sich R(z) explizit angeben: R( z ) 1 . 1 z Betrachtet man statt der Matrix P die Matrix Pz , die aus P durch die Ersetzung pik → pik z k , k = 0, 1, … hervorgeht, dann folgt aus (T.4.2) die Beziehung ( z ) ( 0 1 2 z 3 z 2 ) R( z ) ( z) 0 0 R( z ) z die, nach (z ) aufgelöst, ergibt ( z ) 0 (1 z ) R( z ) R( z ) z . 0 wird aus der Bedingung (1) k 1 bestimmt: k 0 1 z berechnet z 1 R ( z ) z Da auch R(1) r j 1 ist, muss die unbestimmte Form lim j 0 werden. Die Regel von BERNOULLI–L'HOSPITAL liefert 1 0 , R(1) 1 woraus folgt: 0 1 R(1) 1 . Damit erhält man schliesslich ( z) 1 . 1 z Die Wahrscheinlichkeiten k ergeben sich daraus natürlich als die bereits bekannten pk für die stationären Zustände des (M/M/1)-Systems, die aus der direkten Berechnung für den zeit-kontinuierlichen Prozess gewonnen wurden. Prof. Dr. Gerhard Berendt SS 2006 Modellierung und Simulation von Warteschlangen Tutorial 04 / S. 4 von 4 Da die k mit den p k übereinstimmen, ist auch der Erwartungswert für die Anzahl der Klienten im System bei einem Weggang der gleiche wie im kontinuierlichen Prozess berechnet (dies trifft jedoch nur für das gewählte gedächtnislose Beispiel zu). Erwartungswerte für die Wartezeit des Klienten # n im System und in der Schlange lassen sich – nachdem die Funktion (z) berechnet wurde – analog wie im kontinuierlichen Fall angeben.