Schwerpunktprogramm (SPP) Netzbasierte Wissenskommunikation in Gruppen Die Rolle des kategorialen Abrufs für die Informationssammlung in Gruppen Clemens Freytag, Anke Mümken, Wolfgang Keil & Ursula Piontkowski DFG-Projekt „Prozessgewinne und Prozessverluste bei der Wissensintegration in computer-mediierten Gruppen“ Gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft Entscheidungsfindung in Gruppen Wissen von Person 1 B+ C+ Person 1 und 2 favorisieren Alternative B, Person 3 favorisiert A. B- C- AAA+ CAB+ C+ A+ B+ B- Wissen von Person 2 B+ C+ BC- A+ A+ A+ BC- Wissen von Person 3 Das TIR-Modell (Piontkowski, 2002) Natürliche Gruppenentscheidung: Informationssammlung Informationsbewertung Informationsintegration Zeit Optimale Gruppenentscheidung: Informationssammlung Informationsbewertung Informationsintegration Zeit Colisi (Collaborative Information Sampling and Integration) • Colisi ist ein konzeptuelles Modell zur soziotechnischen Gestaltung der Arbeitsprozesse Informationsaustausch und Gruppenentscheidung. • Colisi sequenziert die Gruppenentscheidung in der CMC (Chat) in die drei Phasen und optimiert jede Phase. Colisi: Informationssammlung Informationsbewertung Informationsintegration (individuell) (individuell) (kollaborativ) Zeit Informationssammlung • Voraussetzungen für eine gute Entscheidung • Möglichst vollständiger Informationsaustausch • Vermeidung von Abruf nur einer bestimmten Teilmenge der Informationen. Z.B.: • Nur aus bestimmten semantischen Kategorien • Nur von Informationen, die zur Vorabmeinung konsonant sind. Fragestellung • Welche kategoriale Strukturierung eignet sich zur Unterstützung des Gedächtnisabrufs? • Kommt es zu Wechselwirkungen mit der Präferenzkonsistenz (konsonant, dissonant) der Informationseinheiten? Versuchsplan • 3 x 2 Versuchsplan mit Messwiederholungen auf dem zweiten Faktor. • Faktor A: kategoriale Struktur (keine, individuelle, vorgegebene Kategorienamen) • Faktor B: Präferenzkonsistenz der Informationseinheiten (konsonant, dissonant) • AV: Gedächtnisleistung Hypothesen • H1: Bei vorgegebenen Kategorienamen ist die Erinnerungsleistung am höchsten. • H2: Konsonante Informationseinheiten werden leichter erinnert als dissonante. • H3: Die Vorgabe von Kategorienamen verringert den Unterschied zwischen der Erinnerungsquote von konsonanten und dissonanten Informationseinheiten. Experimentelle Situation • N = 65 • Jede Vp erhielt individuell das Versuchsmaterial „Informationen über einen Kriminalfall“. • Danach erhielten sie einen zweiten Informationsblock, wodurch die Beiträge anderer Gruppenmitglieder simuliert wurden. Ablauf und Material Szenario „Brandstiftung“: Einer von 4 Verdächtigen soll als Täter identifiziert werden. 1. Informationsblock: 24 Informationseinheiten (je 6 für 4 Alternativen) Zeit Vorabpräferenz 2. Informationsblock: 16 Informationseinheiten (je 4 für 4 Alternativen) Gedächtnisabruf UV Kategorienstruktur • Keine Kategorienamen: „Versuchen Sie nun auf den nächsten Seiten, möglichst viele der Informationen, die Sie über den Kriminalfall erhalten haben, aufzuschreiben. …“ ______________________________________________ Von Frau Schuster wurden keine Fingerabdrücke gefunden. ______________________________________________ Herr Meier ist Alkoholiker. ______________________________________________ ______________________________________________ ______________________________________________ ______________________________________________ … UV Kategorienstruktur • Vorgegebene Kategorienamen: „Versuchen Sie nun auf den nächsten Seiten, möglichst viele der Informationen, die Sie über den Kriminalfall erhalten haben, aufzuschreiben. …“ Herr Meier______ Persönlichkeit______ Herr Meier ist Alkoholiker. ___________________ ___________________ ___________________ ___________________ Alibi______________ Alibi durch seine Frau. ___________________ ___________________ … … … UV Kategorienstruktur • Individuelle Kategorienamen: „Nun sollen Sie eine Kategorienstruktur für die gesamten Informationen über den Kriminalfall entwickeln, die Sie gelesen haben! …“ … [Beispiel: Liste von Alltagsgegenständen] Herr Meier _______________ belastend Herr Meier ist Alkoholiker. __________________ ___________________ Unglaubwürdig bei Polizei. ___________________ ___________________ ___________________ entlastend Alibi durch seine Frau. __________________ ___________________ Passt nicht zu Augenzeugenbericht. ___________________ … … … Ergebnisse •Gedächtnisleistung gesamt (in beiden Blöcken) 0,6 ,54 ,55 0,5 0,4 ,35 0,3 0,2 0,1 0 keine vorg. Kategorienstruktur indiv. Ergebnisse • H1: „Bei vorgegebenen Kategorienamen ist die Erinnerungsleistung am höchsten.“ p < .01 * Haupteffekt Kategorienstruktur p < .01 * Post-Hoc Test: ind.K. vs. keine K. & vorg. K. p = 1.00 Post-Hoc Test: vorg.K vs. keine.K. • Bei individuellen Kategorien ist die Abrufleistung verringert. Vorgegebene oder keine Kategorienamen sind gleichermaßen geeignet. Ergebnisse •Gedächtnisleistung zweiter Block 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 ,70 ,66 ,58 ,54 ,31 ,28 keine vorg. Kategorienstruktur indiv. kons. diss. Ergebnisse • zu H2: „Konsonante Informationseinheiten werden leichter erinnert als dissonante.“ p < .01 * Haupteffekt Präferenzkonsistenz M (konsonant) = .56; M (dissonant) = .47 • Die Nullhypothese kann zurückgewiesen werden. Ergebnisse • zu H3: „Die Vorgabe von Kategorienamen verringert den Unterschied zwischen der Erinnerungsquote von konsonanten und dissonanten Informationseinheiten. p = .31, kein signif. Interaktionseffekt zwischen Kategorienstruktur und Präferenzkonsistenz. • Die Nullhypothese kann nicht zurückgewiesen werden. Diskussion • Fazit: • Die Phase der Informationssammlung kann mit oder ohne vorgegebene Kategorien unterstützt werden. • Konsonante Informationseinheiten werden öfter wiedergegeben als dissonante. Eine Wechselwirkung mit der kategorialen Strukturierung des Abrufs besteht nicht. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Diesen Vortrag finden Sie auch unter: http://psycho.uni-muenster.de/netzgruppe/freytag_teap_06.ppt