Kräzernstrasse 79 Umbau der ehemaligen

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Kräzernstrasse 79
Umbau der ehemaligen Papiermühle
Auswahlverfahren, November 2009
Bericht des Auswahlgremiums
Impressum
Herausgeberin und Verfasserin
Stadt St.Gallen Hochbauamt
www.hochbauamt.stadt.sg.ch
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Inhalt
1
1.1
1.2
1.3
1.4
Allgemeines
Ausgangslage
Baugeschichte
Aufgabenstellung
Veranstalterin und Verfahren
4
4
5
6
7
2
Vorprüfung
9
3
3.1
3.2
3.3
Beurteilung und Auswahl
Ablauf der Präsentation und Beurteilungskriterien
Allgemeine Feststellung des Auswahlgremiums
Empfehlungen des Auswahlgremiums
4
Darstellung der Projektvorschläge
Projekt Nr. 1 Hug Architekten, St.Gallen
Projekt Nr. 2 Quarella AG, Architekten BSA SIA, St.Gallen
Projekt Nr. 3 Uli Mayer und Urs Hüssy Architekten ETH SIA, FL-Triesen
Projekt Nr. 4 Bischof Gruber Architekten ETH SIA
mit Norbert Föhn und Mathias Gunz, Zürich / St.Gallen
Projekt Nr. 5 Rossetti + Wyss Architekten AG, Zürich
10
10
10
11
12
14
16
18
21
Bericht des Auswahlgremiums Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen
4
1 Allgemeines
1.1 Ausgangslage
Die ehemalige Papiermühle an der Kräzernstrasse 79, St.Gallen bedarf einer umfassenden Sanierung. Der letzte grosse bauliche Eingriff wurde zwischen 1950 und 1955
durchgeführt, als im Gebäude Notwohnungen für Bedürftige eingerichtet und die Fassaden renoviert wurden.
Die Wohnungen sind seit den 1950er Jahren weitgehend unverändert geblieben und
entsprechen nicht mehr den heutigen baulichen Vorschriften und Ausbaustandards. So
werden die Wohneinheiten heute noch mit Holzöfen beheizt und ein Teil der Wohnungen
wird ohne eigenen Sanitärbereich vermietet. Ein unbeheiztes WC und eine Dusche befinden sich auf der Etage.
Die ehemalige Papiermühle ist im Inventar schützenswerter Bauten der Kategorie 1
vermerkt. Um der Liegenschaft die ihr zustehende Wertschätzung zurückzugeben, wurden vom Liegenschaftenamt die Innen- und Aussensanierung sowie eine Umnutzung des
Gebäudes beschlossen.
Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen Bericht des Auswahlgremiums
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1.2 Baugeschichte
Unter der Bauherrschaft Abts Bernhard II erbaute der Zimmermeister Hans Sterbinger im
Jahr 1604 das östliche Hauptgebäude sowie das Ketthaus mit dem Wasserrad der Papiermühle an der heutigen Kräzernstrasse 79. Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Gebäude
durch das westliche Nebengebäude ergänzt.
Nebengebäude
18. Jahrhundert
Ketthaus
17. Jahrhundert
Hauptgebäude
(ehem. Papiermühle)
17. Jahrhundert
Während fast 300 Jahren wurde im Gebäude Papier geschöpft. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Produktion bis 1923 auf Karton umgestellt. Zwischen 1923 und 1950
diente das Gebäude als Lagerhaus.
1943 kaufte die politische Gemeinde der Stadt St.Gallen die ehemalige Papiermühle auf
und baute ab 1950 das Gebäude zu einem Wohngebäude für sozial Bedürftige um.
Bericht des Auswahlgremiums Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen
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1.3 Aufgabenstellung
Auf zwei Blättern Format A3 erarbeiteten die bewerbenden Büros Vorschläge für eine Umnutzung der ehemaligen Papiermühle. Gesucht wurden sowohl architektonische Lösungsansätze, als auch Angaben zur künftigen Nutzung der Liegenschaft. Ein konkreter Projektvorschlag wurde nicht erwartet. Die Lösungsansätze konnten anhand von Fotos, Skizzen,
Text, und / oder Plänen erarbeitet werden.
Die Aufgabenstellung umfasste das Hauptgebäude, das Ketthaus sowie das Nebengebäude der ehemaligen Papiermühle. Der Innenausbau konnte bis auf historische Bauteile
und die historische Tragstruktur neu organisiert werden. Das Nebengebäude durfte zudem
baulich bis auf den Kernbau aus dem 18. Jahrhundert reduziert werden. Aus denkmalpflegerischen Gründen waren Vorschläge zur Fassadensanierung im Planerauswahlverfahren
noch nicht Teil der Aufgabe.
Programmanforderungen:
– Auf jedem Geschoss soll Platz für einen Küchen- und Sanitärbereich (WC / Dusche)
vorgesehen werden.
– Eine hohe Flexibilität der Nutzungen muss gewährleistet sein.
Folgende Nutzungsmöglichkeiten wurden im Rahmen der strategischen Abklärungen
bereits diskutiert:
Öffentliche Nutzung:
– Kleinkinderbetreuung
– Quartiertreff
– Mittagstisch
– Multikultureller Treff
Private Nutzung:
– Loft / Wohnen
– Atelier
– Büroräumlichkeiten (z. B. Spitex)
Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen Bericht des Auswahlgremiums
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1.4 Veranstalterin und Verfahren
Die Stadt St.Gallen, vertreten durch das Hochbauamt, lud im Rahmen eines selektiven,
zweistufigen Verfahrens Architekturbüros zur Einreichung von Referenzenobjekten ein,
welche im Bezug zur gestellten Aufgabe standen. Die Bewerbungen wurden auf folgende Eignungskriterien geprüft:
– Projektierungskompetenz und -potenzial
(Grundlage: Referenzobjekte)
Bewertet wurden die Kompetenz und das Potenzial, funktionale, ökonomische und
nachhaltige Bauten von hoher architektonischer und denkmalpflegerischer Qualität zu
entwickeln und auszuführen.
– Organisatorische Eignung / Projektmanagement
(Grundlage: Selbstdeklaration, Referenzen)
Vorausgesetzt wurde eine Bürostruktur, die ein qualitätvolles Projektmanagement gewährleistet, welches der Komplexität der anstehenden Aufgabe entspricht.
Unter den 49 eingegangenen Bewerbungen wurden 5 Architekturbüros zur Ausarbeitung
eines Lösungsansatzes ausgewählt:
–
–
–
–
Hug Architekten, St.Gallen
Quarella AG, Architekten BSA SIA, St.Gallen
Uli Mayer und Urs Hüssy Architekten ETH SIA, FL-Triesen
Bischof Gruber Architekten ETH SIA mit Norbert Föhn und Mathias Gunz,
Zürich / St.Gallen
– Rossetti + Wyss Architekten AG, Zürich
Bericht des Auswahlgremiums Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen
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Das Auswahlgremium setzte sich aus folgenden Personen zusammen:
–
–
–
–
–
–
–
–
Erol Doguoglu, Stadtbaumeister, Stadt St.Gallen, Vorsitz
Meinrad Hirt, Stadtbaumeister Stellvertreter, Stadt St.Gallen
Maria Wetzel, Leiterin Liegenschaftenamt, Stadt St.Gallen
Friederike Pfromm, Abteilungsleiterin Projektmanagement, Stadt St.Gallen
Niklaus Ledergerber, Denkmalpfleger, Stadt St.Gallen
Hanspeter Bohren, Fachstelle Haustechnik, Stadt St.Gallen
Margit Hopfner, Projektleiterin Liegenschaftenamt, Stadt St.Gallen
Ueli Lanker-Bugnon, Projektleiter Hochbauamt, Stadt St.Gallen
Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen Bericht des Auswahlgremiums
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2 Vorprüfung
Die verlangten Unterlagen gingen fristgerecht bis am 16. Oktober 2009 beim Hochbauamt der Stadt St.Gallen ein. Die Vorprüfung erfolgte durch das Hochbauamt. Zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wurden die Anteile an Nutzflächen, Verkehrsflächen und Funktionsflächen ermittelt. Vor der Zusammenkunft des Auswahlgremiums wurden den
Mitgliedern zur Vorbereitung die Arbeiten auf zwei Dokumenten Format A3 zugestellt.
Bericht des Auswahlgremiums Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen
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3 Beurteilung und Auswahl
3.1 Ablauf der Präsentation und Beurteilungskriterien
Am Morgen des 3. November 2009 tagte das Auswahlgremium im Sitzungszimmer 224
des Amtshauses an der Neugasse 1 in St.Gallen. Ein Mitglied hat sich entschuldigt und
seine Stellungnahme vorgängig dem Stadtbaumeister mitgeteilt.
Die fünf zur zweiten Stufe zugelassenen Architekturbüros stellten nacheinander
mündlich und mit Hilfe eines Beamers ihre Lösungsansätze zum Umbau der ehemaligen
Papiermühle vor. Den Kandidaten standen für die Präsentation je 10 – 15 Minuten zur
Verfügung und weitere 10 Minuten für die Diskussion sowie allfällige Fragen.
Im Anschluss an die mündliche Präsentation zog sich das Auswahlgremium zur Beratung
zurück. Die Beurteilung der Arbeiten erfolgte nach folgenden Zuschlagskriterien, ohne
Gewichtung der Reihenfolge:
a) architektonische Qualität, Umgang mit der historischen Bausubstanz
b) Funktionalität
c) Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit
Die Ergebnisse der mündlichen Präsentation und Diskussionen mit den bewerbenden
Architekturbüros flossen in die Beurteilung mit ein.
In einem ersten Rundgang wurden zwei Büros ausgeschlossen (Begründungen sind in
den Berichten zu den einzelnen Arbeiten vermerkt):
– Uli Mayer und Urs Hüssy Architekten ETH SIA, FL-Triesen
– Rossetti + Wyss Architekten AG, Zürich
Folgende Büros wurden für einen zweiten Rundgang zurückbehalten:
– Hug Architekten, St.Gallen
– Quarella AG, Architekten BSA SIA, St.Gallen
– Bischof Gruber Architekten ETH SIA
mit Norbert Föhn und Mathias Gunz, Zürich / St.Gallen
Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen Bericht des Auswahlgremiums
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Die verbliebenen Arbeiten überzeugten durch eine klare Vorgehensweise beim Umbau der
ehemaligen Papiermühle. Das Auswahlgremium gelangte am 3. November 2009 zu keinem
definitiven Entscheid. Es wurde deshalb gemeinsam eine zweite Zusammenkunft am
2. Dezember 2009 vereinbart.
Nach eingehender Beratung wurde im zweiten Rundgang schliesslich folgendem Büro
die Weiterbearbeitung des Umbaus anvertraut:
– Bischof Gruber Architekten ETH SIA
mit Norbert Föhn und Mathias Gunz, Zürich / St.Gallen
3.2 Allgemeine Feststellung des Auswahlgremiums
Die Beiträge zeigen, wie unterschiedlich die Ansätze zum Zugang dieser Aufgabe aussehen können. Die fünf eingereichten Arbeiten zeugen von einer intensiven Auseinandersetzung mit der Aufgabenstellung. Aufgrund der Präsentationen und der darauffolgenden
Diskussionen kann folgendes festgestellt werden:
– Die verschiedenen Lösungsansätze wurden anhand der Baugeschichte, den Stellungnahmen zur künftigen Nutzung und möglichen architektonischen Eingriffen erarbeitet.
– Die ehemalige Papiermühle hat das Potenzial, das Quartierbild aufzuwerten.
– Innerhalb der Verwaltung besteht ein Interesse, die ehemalige Papiermühle der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
– Eine geeignete Wohnnutzung ist schwierig zu finden für diesen Standort.
Das Auswahlgremium ist überzeugt, dass sich das Verfahren gelohnt hat. Die erbrachten
Leistungen für die eingereichten Arbeiten verdienen eine besondere Würdigung. Den
fünf Büros gilt der Dank und die Anerkennung des Auswahlgremiums.
3.3 Empfehlungen des Auswahlgremiums
Das Auswahlgremium beschliesst einstimmig, das Büro Bischof Gruber Architekten ETH
SIA mit Norbert Föhn und Mathias Gunz, Zürich / St.Gallen mit der Weiterbearbeitung des
Umbaus der ehemaligen Papiermühle zu beauftragen. Bei der Weiterbearbeitung sind die
im Bericht festgehaltenen Kritikpunkte (Kapitel 4) und die allgemeinen Feststellungen des
Auswahlgremiums zu berücksichtigen. Die fünf Architekturbüros erhalten für die erarbeiteten Lösungsansätze je eine Entschädigung von CHF 4‘000 (inkl. 7.6 % MWST).
Bericht des Auswahlgremiums Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen
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Projekt Nr. 1
Architektur
Archivar / Kunsthistoriker
Oekologie
Bauingenieure
Hug Architekten, St.Gallen
Markus Kaiser, St.Gallen
Intep, Severin Lenel, Zürich
Menig AG, St.Gallen
Die Baugeschichte als Konzept: Wie können fundierte historische Recherchen in ein zeitgemässes
Projekt einfliessen? Ein Lösungsansatz, der sich
ganz genau des geschichtlichen Hintergrunds der
ehemaligen Papiermühle annimmt.
Diese Arbeit unterscheidet sich von den übrigen
durch eine sehr präzise geschichtliche Analyse des
Gebäudes. Der vorliegende Projektansatz ist ein
pragmatischer und zurückhaltender Zugang zur Aufgabe anhand der bisher gesammelten Erkenntnisse.
Baugeschichtliche Untersuchungen vor Ort sollen
die Projektierungsarbeit begleiten. Der ausserordentlich sorgsame Umgang mit der Bausubstanz
ermöglicht es, der ehemaligen Papiermühle sowohl
ihr ursprüngliches Aussehen als auch ihre Wertschätzung zurückzugeben. Der Ansatz sieht eine
Mischung aus Büro- und Wohnnutzung vor. Bauliche
Eingriffe in die bestehende Substanz beschränken
sich auf das strikte Minimum (Liftschacht). Das
Raumkonzept orientiert sich gekonnt an der WestOst Ausrichtung der bestehenden Verkehrsfläche
im Hauptgebäude und dem Grundriss im 1. Obergeschoss. Geschickt wird aufgrund historischer
Tatsachen mit zusätzlichen Gauben mehr Tageslicht
in das Dachgeschoss geführt.
Der Zugang zur Aufgabe wurde technisch sowie
energetisch sehr fundiert und überzeugend vorbereitet, Stellungnahmen zur künftigen Nutzung
werden aber nur vage erwähnt. Die Frage ist, ob
der vorgeschlagene Lösungsansatz mit Büroflächen
und Wohnungen auch wirklich das gewünschte
historische Ambiente einer Papiermühle wiederherstellen kann.
Die vorgeschlagene halb-öffentliche Nutzung
muss aufgrund der zu erwartenden Kosten von
politischem Rückhalt profitieren können. Ein solcher
Rückhalt kann aber nur mit einer klaren Vision zur
künftigen Nutzung und dem Nutzen für die Öffentlichkeit begründet werden. Trotz der sehr präzisen
Analyse wird in der vorliegenden Arbeit nur wenig
darauf eingegangen.
Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen Bericht des Auswahlgremiums
Die Geschichte der Papiermühle im 19.Jh. wird vom „Baugeschichtlichen Gutachten“
von Peter Albertin einlässlich behandelt. Dazu einige Ergänzungen. Im Gutachten
Albertin fehlt die Jahrzahl 1825 auf dem Türsturz des Kellers im westlichen Anbau.
Mit der Erfindung der maschinellen Papierproduktion in England 1804, der Anwendung
von Zellulose (Holzschliff) ab 1843 und dem Eisenbahntransport verlor die manuelle
Papierherstellung ihre Bedeutung. Die Papiermühlen, auch jene in der Kräzern, stellten
auf die Produktion von Karton um, was aber den Niedergang lediglich hinauszögerte.
Umbau der ehemaligen Papiermühle
Kräzernstrasse 79, 9015 St.Gallen
Geschichte
Bis ins 16. Jahrhundert nutzten nur zwei Mühlen das Wasser des Kräzernbachs bei
Winkeln St.Gallen und des als Sammler dienenden Bildweihers. Die Untere
Kräzernmühle lag an der Mündung des Bachs in die Sitter. Im Weiler Kräzern selbst
stand die Obere Kräzernmühle. Unmittelbar oberhalb davon liess Fürstabt Bernhard
Müller im Jahre 1604 eine Papiermühle errichten. Die Originaldokumente lassen keinen
Zweifel offen, dass die Papiermühle von Grund auf neu erbaut wurde. Das irritierend
„mittelalterliche“ Aussehen mit vorkragenden Obergeschossen und hohem Steilgiebel
dürfte nicht zuletzt vom Zweck des Gebäudes bestimmt worden sein.
Dendrochronologische Untersuchungen stehen allerdings noch aus.
Die ursprüngliche Halle, in der die Gruben und Pressen zur Papierproduktion standen,
soll als Gesamtraum erlebbar bleiben und der ehemalige Papieraufzugsschacht dient
als neuer Lift- und Installationsschacht. Eine Glastennwand teilt die Erschliessung vom
Hauptraum, welcher als Quartierstreff, Mittagstisch, Kleinkinderbetreuung,
Papiermuseum, usw. genutzt werden kann.
Falls die Untersuchungen ergeben, dass die Anbauteile
des 19. Jahrhunderts baugeschichtlich uninteressant und
in einem schlechten technischen Zustand sind, wäre ein
Abbruch anzustreben. Die unterschiedlichen Bodenhöhen
der ehemaligen Stampfgruben im Anbauteil aus dem 18.
Jahrhundert erschweren heute eine Nutzung, sicherlich
könnte man sie als Keller- oder Technikräume verwenden.
Foyer / Eingangsbereich / Garderobe 47m2
Keller 17m2
Glaswand
Küche
Technik 18m2
1892 erwarb die Maschinenfabrik Wiesendanger, deren Werkstätten sich in der Untern
Kräzernmühle an der Sitter befanden, die nunmehrige Kartonfabrik. Mit dem Einbau
einer Turbine 1895 und eines Dampfantriebs 1897 versuchte man, die Produktion zu
modernisieren. Zwischen 1913 und 1923 war die St.Galler Grossbuchbinderei
Osterwalder Besitzerin der Anlage. Sie setzte die Kartonfabrikation fort, vor allem für
eigene Bedürfnisse. Weshalb die Produktion eingestellt wurde, ist zur Zeit nicht
bekannt.
Gemäss Vertrag vom 6. Mai 1604 zwischen dem Fürstabt Bernhard II. Müller und
Zimmermeister Hans Sterbinger war ein Bau von 52 x 40 Fuss zu errichten, was den
Dimensionen des bestehenden Hauptgebäudes entspricht. Der gleiche Kontrakt
verpflichtete Sterbinger, auf dem gemauerten Untergeschoss der Mühle Unterkräzern
ein Obergeschoss zu erbauen.
Garderobe 17m2
Keller 6m2
Quartierstreff 75m2
Waschen 27m2
Abstellraum
Grundriss Erdgeschoss
Um gewisse Unklarheiten aus dem Weg zu räumen, ist eine Bodenarchäologie
notwendig, welche die Zeugen der Werkseinrichtung Wasserleitungen, Stampflöcher
usw. dokumentiert. Die Monumentenarchäologie bezieht sich auf
Detailuntersuchungen von Mauer- und Holzwerk sowie dem Innenausbau in Hinsicht
auf die Baugeschichte und der historischen Nutzung (vor allem auch im Westbau).
Untersuchungen der ehemaligen Fensterdispositionen und des Dachstuhls auf Spuren
der ehemaligen Gauben erscheinen uns hierbei sehr wichtig. Durch
dendrochronologische Untersuchungen können baugeschichtliche Daten verifiziert und
Zuweisungen der Angaben zu den einzelnen Bauteilen gemacht werden.
Für 1721 ist die einzige grössere Bauphase belegt, mit erheblichen Gesamtkosten
von 1356 fl. Es ist anzunehmen, dass dabei der westliche Anbau entstand, die obere
Mühle. Dies bedarf jedoch dendrochronologischer Bestätigung. Gleichzeitig wurde die
Werkeinrichtung weitgehend erneuert. Grösster Einzelbetrag waren mit rund 507 fl.
die 679 Tagleistungen der Zimmerleute.
Architektur
Der Betrieb bestand nun aus 2 Werkstätten, die man als obere und untere Mühle
bezeichnete. In der unteren Mühle (dem Hauptgebäude) erwähnt sind 3 Böden bzw.
Bühnen zum Aufhängen der Papierbögen.
Um bauliche Interventionen bei einem historisch wichtigen Gebäude wie der
Papiermühle in den Kräzern planen zu können, sind fundierte
Entscheidungsgrundlagen sehr wichtig, wenn nicht gar grundlegend. Um diese
Informationen zu erhalten, müssen grosse Vorleistungen in Form von Untersuchungen
am Objekt und Nachforschungen in den Archiven von verschiedenen Baufachleuten
gemacht werden. Aus diesem Grunde erscheint uns die fachübergreifende
Teambildung ein wichtiger primärer Schritt. Eine Aufgabe, wie die Sanierung und der
Umbau dieses historisch wichtigen Zeugen eines Gewerbehauses aus dem 16.
Jahrhundert, bedingt eine intensive Zusammenarbeit zwischen Historiker,
Denkmalpfleger, Architekt, Statikingenieur und Energie/Ökologiefachmann.
Baulich relevant waren die 10 grossen Stampflöcher: 6 befanden sich in der obern
Mühle und waren 1721 „ganz neu“ (ein weiteres Argument für den Neubau der
oberen Mühle). Die 4 Löcher in der untern Mühle waren „neu ausgehauwen noch
guth“, also renoviert.
Die Zimmerboxen gegen Süden bleiben erhalten und
werden mit einem nordseitigen offenen Wohnraum
ergänzt. Die bestehende Raumstruktur ohne den
Wohnraum wäre auch geeignet für Ateliers, Büros oder
einem Jugendtreff.
Zimmer / Büro
15m2
Wohnen 28m2
Zimmer 12m2
Heutige Interventionen wie z.B. der Lift oder die Schleppgauben sollen auch als
Elemente der heutigen Zeit sichtbar sein, jedoch stehen die Materialien, die
Oberflächen und die Proportionen eng in Bezug zum Bestand. Architektonische
Themen wie durchdringen, einfügen und anstossen werden dabei eine wichtige Rolle
spielen. Die Grundrisse lassen durch ihre Einfachheit und der klaren statischen
Struktur viele Funktionen zu, und die Nutzungen können nach den Bedürfnissen der
Bauherrschaft und der Nachfrage in einem späten Zeitpunkt festgelegt werden.
Küche
10m2
Grundriss 1. Obergeschoss
Der Dachstuhl soll unbeheizt belieben und als Estrichoder Technikraum genutzt werden.
Der Grossraum, ehemals genutzt zum Trocknen der Papierbögen, bleibt auch
nach der Sanierung und dem Einbau von z.B. Büros als Halle spürbar.
Leichtbau- und Glaswände sind zur Raumunterteilung vorgesehen.
Büro 10m2
Büro 19m2
Garten
Kopfsteinpflaster
Garten
15
92
Energie / Ökologie
Die Erschliessung der Räume mit Medien und den Entsorgungsleitungen beanspruchen
in der heutigen Zeit viel Platz. Aus diesem Grunde sind auf beiden Seiten des Lifts
Steigzonen vorgesehen, welche alle Geschosse erschliessen, und an die die Nasszellen
unmittelbar angeschlossen werden. Tragen und trennen werden nicht identisch sein.
Alle neuen Wände sind als nicht tragende Bauteile ausgebildet und können in einem
späteren Zeitpunkt für eine andere Nutzung angepasst werden. Die Gestaltung der
Umgebung erscheint uns als ein Teil der Aufgabe, um auch dem Gebäude im Äusseren
das angemessene Umfeld zu geben. Der ostseitige ursprüngliche Gemüsegarten ist
ein wichtiges Element für das Bauvolumen und könnte für die zukünftigen Bewohner /
Kombizone, Besprechung, Akten
Garderobe
Glaswände
Büro 9m2
Büro 9m2
Büro 22m2
Büro 19m2
Estrich kalt 56 m2
Grundriss 2. Obergeschoss
Da die historische Bausubstanz weitgehend erhalten bleibt, kann bereits eine gute
Ausgangslage für einen effizienten Ressourceneinsatz geschaffen werden. Es werden
keine Eingriffe in die Statik vorgenommen. Die Leitungsführung für die
Gebäudetechnik erfolgt innerhalb der bestehenden Schächte (Aufzugsschacht, nicht
mehr benutztes Kamin) und bleibt weitgehend zugänglich.
Auf Basis des aktuellen Wissensstands über das Gebäude werden folgende
Dämm-Massnahmen vorgeschlagen:
- Dämmung des Bodens im Erdgeschoss (Schaumglas 60 mm unter Sandsteinplatten)
- Dämmputz 30 mm auf Innenwänden EG und 1.OG
- Fassadendämmung 100 mm Steinwolle im Bereich des 2. OG und DG
- Aufgesetzte Dämmung im Vordach- und Dachbereich 240 mm boratfreie
Cellulosefaser
Die neu eingebauten Baustoffe werden unter Berücksichtigung der Vorgaben von
MINERGIE-ECO bzw. der ECO-BKP ausgewählt und besitzen deshalb einen tiefen Gehalt
an Grauer Energie. Die Montage der Bauteile erfolgt fast vollständig mechanisch, auf
Klebeverbindungen wird soweit wie möglich (Ausnahme bildet die in Bitumen verlegte
Schaumglasdämmung im EG, welche aus Gründen des Feuchteschutzes erforderlich
ist) verzichtet. Verbundbaustoffe werden nicht eingesetzt. Somit sind der
Bauteilersatz, der Rückbau und die Wiederverwendung bzw. -Verwertung ohne
weiteres möglich.
Falls eine Lösung der Isolationsproblematik des Daches ohne Folgen auf die
historische Substanz gefunden würde, könnte der Dachraum in eine zweigeschossige
Wohnung ausgebaut werden. Eine ausschliessliche Sommernutzung käme jedoch
dem Kaltdach entgegen, z.B. ein unbeheizter Versammlungs- und Festraum.
Tragstruktur
Schlafen 25m2
Bibliothek
Schiebetüre
Dadurch kann der mittlere U-Wert der Fassade (ohne Fenster) von 1.15 W/m2K auf
0.48 W/m2K gesenkt werden, was einer Reduktion von 58% entspricht. Das Risiko
einer Vernässung der Balkenköpfe der Zwischendecken wird vermieden, indem im
Bereich der massiven Wandkonstruktionen, welche aus denkmalpflegerischen Gründen
aussen nicht gedämmt werden können, nur ein Dämmputz aufgebracht wird. Wie aus
der Isothermendarstellung entnommen werden kann, entstehen dadurch
unproblematische Temperaturgradienten. Die Dachdämmung wird aussen angebracht,
da sich auf diese Weise Durchdringungen der Dämm- und Luftdichtigkeitsebenen
vermeiden lassen und zugleich der schöne Dachstuhl von 1604 vollständig sichtbar
bleibt. Die Fenster werden durch neue Holzfenster mit 2-IV-IR-Verglasung und aussen
wie innen aufgesetzten Sprossen ersetzt. Diese stellen einen Kompromiss zwischen
Energieeinsparung und denkmalpflegerischen Aspekten dar. Das definitive
Dämmkonzept wird sinnvollerweise erst nach einer genaueren Gebäudeuntersuchung
mit Sondierungen festgelegt, da momentan noch zu wenig Detailangaben verfügbar
sind.
Zimmer 10m2
Zimmer 15m2
Parkplatz
W
Der Lehenbrief von 1742 erwähnt auch die Vielfalt der Erzeugnisse. Für Lieferungen
über die Pflichtabgabe hinaus, bezahlte die Abtei pro Ries à 1000 Bögen: für
Schreibpapier 1 fl., für Postpapier 1 fl. 12x, für Fliesspapier 30x, für Regalpapier 5 fl.,
für Medionpapier 2 fl., für Schrenzpapier 30x und für Pappdeckel 4 fl. Produkte,
welche die Abtei nicht benötigte, konnte der Papierer frei verkaufen. Streng wurde
hohe Qualität gefordert. Die Verwendung von Makulatur zur Herstellung war verboten,
Zimmer 14m2
Architektonische Interventionen sollten erst nach fundierten denkmalpflegerischen
Untersuchungen in Betracht gezogen und geplant werden. Jedoch erscheint uns bei
diesem Objekt - obwohl noch mit einem bescheidenen Wissensstand ausgerüstet - die
Aussage möglich, dass die statische Struktur also die Stützenreihen ergänzt werden
müssten, und der bestehende Aufzugsschacht für einen Personenlift verwendet
werden sollte. Die ursprünglich grossen Hallen, damals verwendeten als Produktionsund Trockenräume, sollen auch mit der neuen Nutzung als Grossräume erlebbar
bleiben. Die Treppen parallel zur Nordwand sind für die Grundrisseinteilung ideal und
bilden eine spannende, räumliche Abfolge. Die knappen Lichtverhältnisse, welche sich
im Dach am deutlichsten zeigen, können in diesem Bereich mit Schleppgaben in
Anlehnung an die ursprünglichen Belüftungsgauben entspannt werden.
Die Kostenteilung der Mühle spiegelt das Verlagssystem. Die Klosterstatthalterei trug
sämtliche Kosten für Bau und Einrichtung. Bei Reparaturen wurden Holz und Steine
geliefert, die übrigen Materialkosten für Eisen, Nägel und Kalk hälftig geteilt. Bei den
Lehenserneuerungen stellte man Haus und Einrichtung gänzlich in Stand. Die im
Hausinnern vorhandene, 1795 datierte Tür dürfte ein Zeuge einer derartigen
Reparatur sein. Bei Bauten und Reparaturen waren der Papierer und seine Leute zur
Mitarbeit verpflichtet.
Gemäss Lehenbrief von 1742 hatte die Papiermühle der Statthalterei jährlich am 1.
Mai 150 fl. in bar, dazu 1 Ballen (10 Ries zu je 1000 Bogen) Schreibpapier zu 10 fl.
und 4 Ries Postpapier à 1 fl. 12x zu liefern, insgesamt also 164 fl. 48x. In Relation zur
Schätzung der Mühle durch die Stiftsliquidation (1805) auf 4500 fl. ergibt sich eine
Rendite von 3,3 % - nicht wenig, verglichen mit der Durchschnittsrendite von 0,6 %
aller fürstäbtischen Pachtgüter.
Zimmer 17m2
Wohnen 27m2
Zimmer 12m2
Neben den Stampflöchern werden auch die eisenbeschlagenen Stämpfel erwähnt,
sowie 3 Wandelbäume, 3 Räder, 2 Giessbetten und Kanäle, 3 Pressen an
verschiedenen Standorten, 10 eiserne Platten aus Neuravensburg usw. Die härenen
Seile zum Aufhängen wogen 400 Pfund. Davon befand sich die eine Hälfte auf den
untern Böden, die andere auf dem obern, was einen Grössenvergleich zulässt. Seitlich
an der untern Mühle angebaut war die Leimküche, die 2 Leimkessel enthielt. 1742
wurde ein Holländer eingebaut (Maschine zum Zerfetzen der Hadern), der 320 fl.
kostete.
Die historische Wohnung des Papierers mit den Wänden aus dem 18/19Jahrhundert besitzt
auch heute noch grosse Raumqualitäten. Eine Nasszelle schliesst an den Liftkern an und
deckt die heutigen Hygienebedürfnisse.
Estrich 6m2
Wohnen Essen 50m2
Grundriss Dachgeschoss
Die Wärmeerzeugung wird mit einem Holzpellet-Kessel, welcher im Nebengebäude
angeordnet wird, geplant. Der trotz Sanierung gegenüber Neubauten erhöhte
Betriebsenergiebedarf erfordert eine Wärmeverteilung mit Vorlauftemperatur von 40
bis 50° (Der Platz für Radiatoren ist sehr begrenzt). Die mit dem Holzkessel
verbundenen Emissionen sind an diesem Standort vertretbar. Das Warmwasser wird
zu rund 70% durch 12 m2 thermische Sonnenkollektoren, welche auf der
südorientierten Dachfläche des Nebengebäudes angeordnet werden, erzeugt. Die
restliche Energie wird vom Holzkessel zugeführt. Diese Kombination erlaubt eine
optimale Nutzung beider Energieträger und führt zu einer beinahe CO2-freien
Wärmeenergieversorgung des Gebäudes.
Beim Dachstuhl der Papiermühle handelt es sich um ein zweigeschossiges, stehendes
Pfettendach. In den Vollgeschossen ist aus den Unterlagen mit einer Mischbauweise
zu rechnen. Zur Vergrösserung der Nutzräume der oberen Geschosse, sowie zum
Schutze der darunter liegenden Fassaden, dienen die vierseitigen Auskragungen des
stockwerksweise abgebundenen Holzriegelfachwerks. Eine direkte Lastabtragung über
übereinanderliegende Stützen ist nicht vorhanden und stellt bei der statischen
Nachrechnung eine grosse Herausforderung dar. Die tragenden Stützen der jeweiligen
Geschosse übergeben die Lasten über Abfangträger in der Balkenlagebene weiter auf
darunter liegende versetzte Stützen und Wände.
Aus dem "Baugeschichtlichen Gutachten" ist zu entnehmen, dass über die Jahre
immer wieder Eingriffe und Veränderungen in der ursprünglichen Tragstruktur
vorgenommen wurden. Um das Gebäude auf den aktuellen Normenstand zu
ertüchtigen, sind Erfahrungsgemäss bei Sanierungen so alter Häuser kombiniert mit
Nutzungsänderungen einige Verstärkungsmassnahmen notwendig. Diese Massnahmen
müssen mit dem Raumkonzept, der Nutzung und dem historisch wichtigen Bestand in
Einklang gebracht und Kompromisse eingegangen werden.
Estrich
Dachgeschoss
2. Obergeschoss
Das Anbringen eines inneren Dämmputzes erhöht die Oberflächentemperaturen im
Erd- und Obergeschoss spürbar, und der Kaltluftabfall bei den Fenstern wird fast
vollständig vermieden. Im 2. Ober- und Dachgeschoss kann dank einer durchgängigen,
nicht durchbrochenen Luftdichtigkeitsschicht sowie der äusseren Dämmschicht eine
dramatische Verbesserung der Behaglichkeit erzielt werden.
Der sommerliche Wärmeschutz ist im ganzen Gebäude aufgrund der geringen
Fensterflächen, der vorgeschlagenen Konstruktionen oder der grossen thermisch
aktiven Masse problemlos. Die neu eingebauten Dachgauben werden mit einem
effektiven Sonnenschutz versehen.
In der Planungsphase soll das Gebäude einer eingehenden Untersuchung auf
schadstoffhaltige Baustoffe und Altlasten unterzogen werden. Die Radonbelastung
soll im kommenden Winter mittels Passivsammler gemessen und anschliessend
darüber entscheiden werden, ob und welche Massnahmen ergriffen werden. Die
Tageslichtnutzung im Erd- und den Obergeschossen bleibt unverändert, da die
Glasfläche gegenüber dem aktuellen Zustand unverändert bleibt. Im Dachgeschoss
werden neue Lukarnen eingebaut, welche eine genügende Tageslichtversorgung der
Wohnflächen erlauben. Der Lärmschutz wird durch die neuen Fenster und die
zusätzlichen Schichten (2.OG-DG) deutlich verbessert. Alle neu eingebauten
Materialien werden nach dem Kriterium der Schadstofffreiheit selektiert
(formaldehydfrei gebundene Holzwerkstoffe, lösemittelfreie Anstrichstoffe,
schwermetallfreie Bleche bzw. Beschichtungen etc.). Aufgrund des aus
denkmalpflegerischen Gründen eingeschränkten Handlungsspielraums bezüglich
Bauphysik kann nicht erwartet werden, dass im EG und 1.OG kondensatbedingte
Keimbelastungen vollständig beseitigt werden; in den darüber liegenden Geschossen
sind solche aber sehr unwahrscheinlich.
Auf jedem Geschoss werden die statischen Strukturen bereinigt, indem die Stützenreihen ergänzt
werden. Der Lift führt durch den bestehende Papieraufzugsschacht um möglichst wenig historische
Bausubstanz zu zerstören. An diesem Schacht angelehnt liegen die Installationszonen und somit
unmittelbar auch die Nasszellen.
Schlafen 26m2
Schrank 48m2
Der Brandschutz - hier der vorbeugende Brandschutz - dient der Verhinderung der
Brandausbreitung und dem Schutz von Mensch, Tier und dem Objekt selbst. Die
erforderlichen Massnahmen sind von der Nutzung abhängig. Brandschutztechnische
Verkleidungen sind anzubringen, oder der Nachweise der Hölzer unter einer
bestimmten Feuerwiderstandsdauer müssen erbracht werden. In diesem
Zusammenhang ist zu erwähnen, dass das im Gebäude vorhandene Eichenholz im
Vergleich zu Nadelholz einen höheren Feuerwiderstand aufweist. Das 400-jährige
Bestehen des Gebäudes an sich kann als Nachweis im Sinne einer bewährten
Konstruktion, insbesondere bezüglich Standsicherheit und Erdbebensicherheit,
herangezogen werden.
1604
17/18JH
18/19JH
um 1900
1950
unbekannt
1. Obergeschoss
neu
Abbruch
Erdgeschoss
Aus heutiger Sicht würden wir folgendes Vorgehen in Betracht ziehen; gründliche
Bestandsanalyse, Festlegung der Bauteilaufbauten und Anforderungen, Nachrechnung
der bestehenden Tragstruktur, notwendige statische Interventionen im Einklang mit
den denkmalpflegerischen Vorgaben.
Schlafen 40m2
Grundriss Estrich
Wichtige Themenbereiche der Ingenieurarbeit bei einem historisch so wertvollen
Gebäude, welche nicht oder nur am Rande angesprochen wurden, sind:
Zimmermannskunst, Bauteilerhaltung, Bestandsschutz, Instandsetzung, Brandschutz,
Standsicherheit, Gebrauchstauglichkeit, Verformungen, Erdbebensicherheit,
Aussteifung und Stabilität.
Türe
West-Fassade
Bericht des Auswahlgremiums Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen
13
14
Projekt Nr. 2
Architektur
Quarella AG
Architekten BSA SIA, St.Gallen
Das Loft im jahrhundertealten Industriegebäude:
Wie fühlt sich moderne Wohnweise in einer Papiermühle aus dem 17. Jahrhundert an? Sorgfältige
Eingriffe in die historische Bausubstanz erhöhen die
Wohnqualität der Liegenschaft.
Im Hauptgebäude trennen der Aufzug und die
Sanitärzellen den Grundriss in zwei Teile. Dadurch
entstehen zur Kräzernstrasse hin eine klar definierte
Erschliessungszone und gegen Süden ein durch
ein zentrales Element getrennter Wohn-, respektive Arbeitsbereich. Ein sorgfältiger Eingriff an der
Südseite des Ketthauses ermöglicht den Bau einer
Terrasse für das Nebengebäude sowie von Loggien
für den Wohn- und Arbeitsbereich im ersten und
zweiten Obergeschoss. Dadurch erhalten die neuen
Bewohner ein wesentliches Stück Lebensqualität, wo der Papiermüller und sein Gesinde früher
gedrängt wohnten. Die Aufteilung von Nutz- und
Verkehrsfläche ist über das ganze Gebäude konsequent umgesetzt und weitet sich auf die Gestaltung
der Verkehrsfläche im Aussenraum aus. Durch die
Zusammenlegung des Dachgeschosses und des
Estrichs wird das Wohnen im ehemaligen Papiertrocknungsraum dem Begriff Loft durchaus gerecht.
Die mittelalterliche Manufaktur verleiht dieser
Wohnweise, welche bekannt geworden ist durch
die Umnutzung stillgelegter Industriegebäude aus
dem 19. und 20. Jahrhundert, ein zusätzliches Ambiente. Im Gegensatz zu anderen Beiträgen sind in
diesem Ansatz die Nutzflächen auch horizontal klar
voneinander getrennt. Bauphysikalisch ist dieser
Lösungsansatz realistisch.
Für das Ketthaus bietet das vorliegende Projekt
zwar eine durchaus funktionale Lösung an, schöpft
aber das Potenzial dieses historisch wichtigen
Raumes nicht aus. Es bleibt weiterhin ein dunkler
Zwischenraum. Die Verkehrsflächen im Hauptgebäude sind grosszügig, aber für eine rentable
Weitervermietung etwas überdimensioniert. Angesichts der relativ schattigen Lage der ehemaligen
Papiermühle ist zu hinterfragen, ob die Loggia im 1.
Obergeschoss auch wirklich von einer angenehmen
Besonnung profitieren kann.
Überzeugend sind die Vorabklärungen im Quartier zu den Nutzungsmöglichkeiten der ehemaligen
Papiermühle und die klare Stellungnahme zur
Neunutzung. Die vorsichtig eingefügten Neubauteile sind zwar denkmalpflegerisch vertretbar, beeinflussen aber zugleich das historische Gebäude auf
irreversible Art. Leider wird über die Nutzung des
Ketthauses nur ungenügend Auskunft gegeben.
Die von den Autoren angenommenen Mietzinse
sind durchaus marktkonform. Aufgrund der eher
unattraktiven Lage des Gebäudes ist aber unklar, ob
sich eine Mieterschaft für solchen Wohnraum finden
lässt.
Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen Bericht des Auswahlgremiums
15
architektonisches
KONZEPT
Umbau der ehemaligen Papiermühle
Kräzernstrasse 79 | St.Gallen
Zugang zur Aufgabe
Aufgrund der Analyse und geschichtlichen Aufarbeitung
der Papiermühle wird das Verständnis für das Gebäude
und die Qualifizierung der verschiedenen Bauteile vorgenommen.
Westfassade
Südfassade
Wertschätzung des Gebäudes
Die Wertschätzung des Gebäudes als bauliches Ensemble muss mittels Mehrwert geschaffen werden.
Charakter und der spezifische Ausdruck sollen durch
eine angemessene Nutzung in Form einer Durchmischung von Wohnen und Freizeit erreicht werden.
Aussenhülle - Gesamtbild
Das Einfühlungsvermögen führt dazu, dass die Instandsetzung der Papiermühle in denkmalpflegerisch
angemessener und architektonisch überzeugender Art
realisiert werden kann. Das Gesamtbild bleibt erhalten
Erdgeschoss
60 m²
84 m²
80 m²
und die baulichen Eingriffe beschränken sich hauptsächlich auf das Innere des Gebäudes.
Innenausbau
Die gestalterische Inspiration für die Neugestaltung der
Innenräume kommt aus der Erkennung der schützenswerten Bauteile und deren räumlichen Wirkung. Die
geschossweise unterschiedliche Tragstruktur bleibt
erhalten.
Nordfassade
Querschnitt
Funktionalität Nutzungskonzept
Um eine sinnvolle Gebäudenutzung zu ermöglichen
wird eine grosse Flexibilität der unterschiedlichen
1. Obergeschoss
59 m²
130 m²
55 m²
Dachgeschoss
120 m²
10 m²
Geschosse angestrebt. Dies wird einerseits mittels
eines Vertikalstranges für die Infrastrukturen erreicht,
die zudem eine sinnvolle Zonierung der Geschossflächen ermöglicht.
Nachhaltigkeit Wirtschaftlichkeit
2. Obergeschoss
156 m²
33 m²
Estrich
55 m²
Die architektonische Qualität und der angemessene
Umgang mit der historischen Bausubstanz erzeugen
einen nachhaltigen Mehrwert. Die baulichen Massnahmen verbessern den ökonomischen und ökologischen Betrieb. Sie ermöglichen eine sinnvolle Nutzung
der neuen alten Papiermühle.
Bericht des Auswahlgremiums Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen
16
Projekt Nr. 3
Architektur
Uli Mayer und Urs Hüssy
Architekten ETH SIA, FL-Triesen
Das Innenleben eines Industriegebäudes: Wie wird
ein mittelalterliches Betriebskonzept in eine heutige
Nutzung übertragen? Ein neues Erschliessungssystem, das sich mit seinen Versätzen am historischen Vorbild orientiert, bedient das Hauptgebäude der ehemaligen Papiermühle.
Der ehemalige Warenaufzug der Papiermühle
definiert den Standort des neuen Lifts, welcher
das Rückgrat der vertikalen Erschliessung bildet.
Rund um den Aufzug werden die Aufgänge zu den
Geschossen des Hauptgebäudes organisiert. Die
Sanitärzellen und Heizungs- und Lüftungsinstallationen können mit diesem Konzept frei westlich
und östlich des Aufzugschachts angesetzt werden.
Die Treppen werden sorgfältig in die bestehende,
unregelmässige Tragstruktur eingefügt. So soll das
„betriebsame Auf und Ab“ der ehemaligen Papiermühle auf eine kleinstmögliche Verkehrsfläche reduziert werden. Entsprechend können die einzelnen
Geschosse frei und funktional erschlossen werden.
Dies erlaubt interessante Raumkombinationen. Im
1. Obergeschoss wird der historische Grundriss
weitgehend erhalten. Einzig die Treppe zum Dachgeschoss des Nebengebäudes wird erneuert und
den heutigen Sicherheitsanforderungen angepasst.
Das Ketthaus soll aufgewertet und zugänglich
gemacht werden, wodurch dieser Raum auf neue
Weise erlebbar wird.
Das auf den ersten Blick effizient erscheinende
Erschliessungssystem kann Konflikte mit den
horizontalen Verkehrsflächen verursachen. Im Erdgeschoss des Hauptgebäudes erweist es sich als
schwierig, den Haupteingang auf effiziente Weise
an das Treppenhaus und den Aufzug anzubinden.
Die in die bestehende Struktur eingebettete Treppe
definiert zugleich die Orientierung des Aufzugs.
Dementsprechend gross wird der Platzbedarf für
den Zugang, was sich negativ auf die Nutzfläche
auswirkt. Das Konzept der vertikalen Erschliessung
verliert so an Kraft.
Zentrale Idee dieses Vorschlags ist, die ursprüngliche Funktion des Gebäudes spürbar zu machen.
Anstelle von verschiedenen Nutzungen stellen sich
die Autoren eine übergeordnete Nutzung vor, die
analog zum ganzheitlichen Papiermühlenbetrieb in
sich funktioniert und Gemeinschafts- und Wohnräume vereinigt. Trotz dieses historisch abgeleiteten
Konzepts vermisst das Auswahlgremium eine klare
Stellungnahme zur künftigen Nutzung des Gebäudes. Die sorgfältigen Recherchen zum Thema
Papiermühle und der Liegenschaft Kräzernstrasse liefern interessante Auskünfte zum baulichen
Aufbau des Gebäudes. Anhand dieser Erkenntnisse
könnte der Zugang zur Aufgabe aber noch konkreter
weiterentwickelt werden. Ausserdem wird das
scheinbar rationale Erschliessungskonzept nach
Ansicht des Auswahlgremiums weniger Nutzflächen
anbieten können, als dies auf den ersten Blick den
Anschein macht.
Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen Bericht des Auswahlgremiums
Umbau Papiermühle, Kräzernstrasse St. Gallen
Energie
Trocknen
Die gesamte vertikale Erschliessung (Lift, Treppe, Versorgungsschacht) soll im Hauptbau
untergebracht werden. Das bestehende Treppenhaus genügt den Anforderungen an Brandschutz und
Breite des Fluchtwegesnicht mehr und muss ersetzt werden. Gleichzeitig soll mit einem Lift die
Behindertengerechigkeiterfüllt werden. Der Lift und die Treppe werden so gesetzt, dass die statische
Struktur nicht verletzt wird; die Längsträger und die Stützen bleiben integral erhalten.Die einläufige
Treppe (einfache Stiege) schmiegt sich an die Konstruktion an. Das architektonische Thema des
Treppenhauses ist somit aus der Konstruktion generiert. Das Treppenhaus setzt die gotische Staffelung
des Gebäudes im Inneren um. Der Lift kommt an die Stelle des ehemaligen Aufzugs zu liegen und wird
seitlich mit einem Versorgungsschacht ergänzt. Dies ermöglicht planerische Freiheit. Die Nassräume/
evt. Küchen können je nach Nutzung um den Schacht platziert werden.
Wichtig zum Verständnis des Haupthauses ist der ehemalige Produktionsablauf der Papierherstellung.
Arbeiten und Wohnen fand unter dem gleichen Dach statt. Im Sockelgeschoss waren die schweren und
lauten Maschinen. Die Hadern (Lumpen) wurden zerkleinert, die Papiermasse in den Bütten verrührt,
das Papier wurde geschöpft, gegautscht und gepresst. Im darüberliegenden Wohngeschoss wohnte der
Papierer mit Familie und Gesellen. Darüber lagen drei Trockenböden. Dort wurde das Papier aufgehängt, gewendet, getrocknet. Es war ein betriebsames Auf- und Ab im ganzen Haus.
Die geschossige Aufteilung soll erhalten bleiben! Ein Treppehaus und ein Aufzug verbinden die
Geschosse.
Ebenso Wichtig für die Lesbarkeit des Hauses ist die statische Struktur (tragende Aussenwände mit
inneliegenden Stützen und 2 längslaufenden Unterzügen). Diese soll integral erhalten bleiben!
Funktion und Statik generieren die räumliche Struktur: dreischiffige offene Stützenhallen. Die
Wohnungsnutzung im 1.Obergeschoss bestand aus einer kleinteiligen Zimmerstuktur, die im Nebengebäude erweitert wurde. Diese räumlichen Charakteristika sollen erhalten bleiben.
Die Papiermühle an der Kräzernstrasse soll (saniert) restauriert und den heutigen Anforderungen an
Sicherheit, Behindertengerechigkeit und Komfort angepasst werden. Unser Ziel ist es die notwendigen
Eingriffe so vorzunehmen, dass die Nutzungsoptionen möglichst offen bleiben und gleichzeittig die
durch die ehemalige Nutzung als Papiermühle bedingten Charakteristika des Gebäudes wieder sichtund erlebbar gemacht werden.
Wohnen
Produktion
Je nach Nutzung (extensiv bis intensiv/ Büro oder Wohnen) kann über die energetischen Massnahmen entschieden werden. Im Sinne der Denkmalpflege scheint uns aber nur eine Innendämmung
sinnvoll Will man das Gebäude nachhaltig energetisch verbessern ist der Ersatz oder eine Ergänzung
der alten Fenster unumgänglich.
Hauptgebäude
Ketthaus
land-/hauswirtschaftliche
Produktion
Nebengebäude
extensiv
Das äussere Erscheinungsbild der Papiemühle ist nahezu intakt. Die Anlage besteht aus dem hohen
dreigeschossigen und in spätgotischer Manier geschossig vorkragenden Haupthaus, dem Ketthaus für das
Wasserrad und dem zweigeschossigen, verschachtelten Nebengebäude.
Die Volumetrie der Anlage, die klare Gliederung in Hauptbau/ Ketthaus/ Nebengebäude und deren
Hierarchie sollen erhalten bleiben! Das Ketthaus soll erlebbar gemacht werden. Die funktionalen
Verbindungen von Hauptbau und Ketthaus (Kraftübertragung) werden geöffnet, der ehemalige Wasserlauf
wird als Verbindung von Strassen- und Gartenseite durch das Ketthaus gezeigt. Das Ketthaus wird
entsprechend der künftigen Nutzung miteinbezogen. Das Nebengebäude bleibt funktional und volumetrisch dem Haupthaus untergeordnet und mit diesem verbunden. Es werden keine baulichen Eingriffe
Aussen geplant.
Die funktionale Gliederung des Hauptbaus in Stampfe/ Wohnung/ Trockenräume macht das Gebäude
als Papiermühle erkennbar. Diese Gliedeung zeigt sich in seinem Steinsockel (=Papierproduktion), dem
dazwischenliegenden Fachwerkbau (=Wohnung) und dem hohen mehrgeschossigen Dach mit den
typischen Lüftungsgauben (=Trocknen).
Ziel der vorgeschlagenen Massnahmen ist es die Papiermühle im Sinne der genannten Charakteristika
wieder benutzbar zu machen.
Dafür werden in einem ersten Schritt alle im 20. Jahrhundert dazu gekommenen Bauteile rückgebaut.
Um die Lesbarkeit des Ensembles zu verbessern schlagen wir vor die Anbauten an das Nebengebäude
rückzubauen. Dies hat zudem den Vorteil, dass das Nebengebäude strassenseitig belichtet werden
kann. Die Wohnungen aus den 1950-ger Jahren im EG und 2.OG sowie im DG werden entfernt. Die
statische Struktur und der ehemalige Charakter werden sichtbar. Die Dachgauben aus 1950er Jahren
werden rückgebaut und durch moderne Schleppgauben in historischer Position ersetzt. Um dennoch
eine genügende Belichtung des Dachgeschosses zu gewährleisten gibt es die Möglichkeit, die nicht
einsehbare Fläche der Gaube zu verglasen.
bauliche und betriebliche Charakteristiska der Papiermühle
ehemlige
Nutzung
(1 Nutzer)
Estrich
+
Trockenraum
Charakter
Halle mit Stützen, Dachstuhl
Trockenraum
Sic
htw
in
ke
l
Halle mit Stützen, Dachstuhl
zukünftige
Nutzung
zukünftige
Materialisierung
Leichtbau, Holzböden gemäss Befund
Trockenraum
Halle mit Stützen,
Holzfachwerk mit Steinausfachung
Der Innenausbau unterscheidet sich je nach Nutzung. Die Materialisierung soll sich aber in jedem
Fall an den genannten Charakteristiken orientieren. Alle sekundären Wände werden als
Leichtbauwände ausgeführt. Die Aussenwände sollen spürbar massiv bleiben. Die Holzböden sollen
wenn möglich erhalten bleiben oder adäquat ersetzt werden.
Die vorgeschlagene Lösung ermöglicht eine breite Palette an Nutzungen
Lager
Loft
Atelier
Büro
Ausstellung
Leichtbau, Holzböden gemäss Befund
Loft
Atelier
Büro
Ausstellung
holzig, offen, ruhig,
mehrere Nutzer/ Mieter
1 Nutzer/ Mieter
mehrere Nutzer/ Mieter
öffentliche Nutzung
private Nutzung
öffentliche Nutzung
private Nutzung
warme Nutzung
kalte Nutzung
warme Nutzung
kalte Nutzung
Ganzjahresnutzung
Sommernutzung
Ganzjahresnutzung
Sommernutzung
1 Nutzer/ Mieter
Lager
Leichtbau, Holzböden gemäss Befund
holzig, offen, ruhig,
2.OG
Beherbung Gastronomie Verkauf Gewerbe Werkstatt Büro
Atelier
Wohnung(en)
Stützen, best. Zwischenwände,
Zimmerstruktur,
Holzfachwerk mit Steinausfachung
best. Täferwände
Leichtbau Holzböden gemäss Befund
Papierproduktion
Schöpfen,
Holländer...
Halle mit Stützen, Massivbau
Boden aus Steinplatten
Beherbung Gastronomie Verkauf Gewerbe Werkstatt Büro
Kleinverllag
warm
kalt
Lager
kalt
Lager
Schaulager
Leichtbau
Steinbödenböden gemäss Befund
Restaurant
Mittagstisch
Gemeinschaftsraum
Werkstatt
Ausstellung
Verkauf
Gewerbe
steinig/ massiv, laut, schwer, offen,
arbeitsam
Wohnen Lager
Papierherstellung
Kleinverllag
Wohnung(en)
Atelier
Büro
Zimmer
Atelier
Grafiker Wohnung
Spitex
Velo
Pension
Möbelladen
Fotograf
Steinmetz
Loft
Jugendherberge Restaurant Antiquitäten
Mütterberatung
Künstler
betreutes Wohnen Bar
Veloladen mit Werkstatt
Kindertagesstätten Küche
Schreiner Arbeitsvermittlung
Coiffeur
Mittagstisch
Architekten
Künstlerhaus
Plotservice
Buchhaltungsbüro
Druckerei
NGO
Studentenwohnhaus
Buchbinderei
Gemeinschaftsraum
Papeterie
Papierherstellung
kleinteilig, wohnlich, leise,
EG
Wohnen Lager
Grafiker Wohnung
Spitex
Velo
Pension
Möbelladen
Fotograf
Steinmetz
Loft
Jugendherberge
Restaurant Antiquitäten
Mütterberatung
Künstler
betreutes Wohnen Bar
Veloladen mit Werkstatt
Kindertagesstätten Küche
Schreiner Arbeitsvermittlung
Coiffeur
Mittagstisch
Architekten
Künstlerhaus
Plotservice
Buchhaltungsbüro
Druckerei
NGO
Studentenwohnhaus
Buchbinderei
Gemeinschaftsraum
Papeterie
warm
1.OG
warm
kalt
Nutzungsszenarien
holzig, offen, ruhig,
DG
intensiv
warm
kalt
Verkauf
Lager
Loft
Loft
Lager
betreutes Wohnen
Administration
Verkauf
Schreiner
Werkstatt/ Lager
Küche
Gemeinschaftsraum
Mittagstisch
Längsschnitt 1: 200
Umbau Papiermühle, Kräzernstrasse St. Gallen
Hauptbau
NGF 88 m2
NF
VF
FF
84 m2
3 m2
1 m2
Estrich
Estrich 1: 333
Ostfassade 1: 333
Westfassade 1: 333
Hauptbau
NGF 135 m2
NF
VF
FF
100 m2
34 m2
1 m2
Dachgeschoss
DG 1: 333
Nebenbau
NGF 44 m2
Hauptbau
Südfassade 1: 333
NF
VF
FF
42 m2
2 m2
0 m2
NGF 185 m2
NF
VF
FF
150 m2
34 m2
1 m2
2.Obergeschoss
2.OG 1: 333
Nebenbau
NGF 88 m2
Hauptbau
NF
VF
FF
84 m2
4 m2
0 m2
NGF 165 m2
NF
VF
FF
135 m2
29 m2
1 m2
Nordfassade 1: 333
1.Obergeschoss
1.OG 1: 333
Eingang NG
Nebeneingang HG
Haupteingang HG
Nebenbau
Technik
NF
VF
FF
Durchblick
NGF 62 m2
35 m2
4 m2
23 m2
Hauptbau
NGF 131 m2
NF
VF
FF
Technik
100 m2
30 m2
1 m2
Erdgeschoss
EG 1: 333
Längsschnitt 1: 333
Ketthaus
Ausgang
Ausgang
NGF 35 m2
Bericht des Auswahlgremiums Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen
17
18
Projekt Nr. 4
Architektur
Bauphysik
Bischof Gruber Architekten ETH SIA
Norbert Föhn, Mathias Gunz
Zürich / St.Gallen
Studer + Strauss, St.Gallen
zur Weiterbearbeitung empfohlen
Die Papiermühle als identitätsstiftender Ort für das
Quartier: Wie kann ein mittelalterliches Industriegebäude für die Öffentlichkeit erlebbar gemacht
werden? Diese Arbeit liefert eine überzeugende
Antwort und eine klare Positionierung zur Umnutzungsmöglichkeit der ehemaligen Papiermühle.
Das historische Gebäude bleibt in seinem
bestehenden Volumen weitgehend erhalten. Mit
einem gedeckten Aussenraum vor dem westlichen
Nebengebäude wird der Haupteingang neu definiert und so ein Bezug zum Quartier im Westen
hergestellt. So wird auch das Gebäude neu zum
Quartier orientiert. Gezielte Durchbrüche zum
Neben- und Hauptgebäude und ein Zugang zum
Sitzplatz integrieren den bogenförmigen Raum des
Ketthauses in das Geschehen im Innern des Gebäudes. Dadurch wird der historisch wichtige Raum
aufgewertet und gibt der Öffentlichkeit die Gelegenheit, die verborgenen Eigenheiten des Gebäudes
zu entdecken. Die Freilegung der Geschosse im
Hauptgebäude ist historisch begründet. Durch die
vom ursprünglichen Ort losgelöste Platzierung des
Aufzugs im westlichen Bereich des Hauptgebäudes
entstehen überraschend grosszügige Räume. Mit
der Aufhebung des Estrichs wird die Ambiance des
ehemaligen Trocknungsraums im Dachgeschoss
wiederhergestellt.
Die für das Hauptgebäude charakteristische
Anordnung der Treppen wird beibehalten und die an
sich interessante Abfolge der Erschliessungsräume
hervorgehoben. Diese überzeugt aber nur bedingt.
Die Treppe zum Dachgeschoss stiehlt das natürliche Licht und schafft einen unangenehm düsteren
Vorraum zum grosszügig beleuchteten Grossraum.
Ausserdem wirkt die Anordnung der Sanitärzellen
noch nicht ausgereift. Durch das Entfernen des
zweiten Zugangs wird das Dachgeschoss des
Nebengebäudes an das Hauptgebäude gekoppelt.
Der lange, dunkle Verbindungskorridor wertet
dieses Geschoss mit seinen räumlichen Qualitäten
unverdienterweise zu einem Nebenraum ab. Die
Ausgestaltung des Eingangsbereichs ist im Ansatz
überzeugend, bedarf aber noch einer Weiterentwicklung.
Insgesamt lobt das Auswahlgremium die klare
Stellungnahme und Strategie zur künftigen Nutzung
der ehemaligen Papiermühle, welche von einer sehr
sorgfältigen Analyse der Umgebung und des Quartiers abgeleitet wurde. Mittels minimaler Eingriffe
in die bestehende Struktur wird Altes auf kreative
und frische Weise Neuem zugeführt. Das Potenzial
dieses architektonischen und nutzungsorientierten
Lösungsansatzes besticht und bietet eine ausgezeichnete Gelegenheit, die ehemalige Papiermühle
durch eine kluge Mischung aus Kultur, Dienstleistung und sozialen Veranstaltungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Abt Bernhard II lädt zur
Betriebsbesichtigung!
Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen Bericht des Auswahlgremiums
Gemeinschaftszentrum Papiermühle
19
Aufgrund ihrer historischen Bedeutung, ihres stattlichen Erscheinungsbildes sowie ihrer vielseitigen räumlichen Möglichkeiten wollen wir die ehemalige Papiermühle
der Öffentlichkeit zugänglich machen. Das über lange Zeit gewerblich genutzte Haus soll mit einfachen aber präzisen Eingriffen zu einem lebendigen Treffpunkt für
die Bevölkerung der angrenzenden Wohnquartiere umgestaltet werden. Als Gemeinschaftszentrum Papiermühle kommt das verkehrstechnisch günstig gelegene Haus
dem zunehmenden Bedürfnis nach öffentlich und halböffentlich nutzbaren Räumlichkeiten nach. Es soll Einzelpersonen, Vereinen und Gemeinschaften Raum bieten für
Hobbies, Handwerk, Begegnung, Leidenschaften.
Ein Haus für Alle
Im Erdgeschoss sind folgende Nutzungen vorgesehen: ein grosser Gemeinschaftsraum mit Küche (für Vereinsabende, Mittagstische, Tanzkurse, Mütternberatung,
Filmnacht, Kinderdisko, Geburtstagsfest, Spielgruppe, Tagesstätte für ältere Leute, Bazar etc.) und eine einfache Werkstatt, in der Jugendliche aus dem Quartier unter
fachlicher Betreuung eigene Projekte verwirklichen können und Bastelkurse stattfinden (Kerzenziehen, Papierschöpfen, Töpfern etc.). Auch ein kleiner (Kunst-) Handwerksbetrieb kann sich hier einmieten. Die oberen Geschosse beherbergen ein breites Spektrum an vermietbaren Räumen, welche Platz bieten für: Gemeinschaftsbüros, Galerien, Kunstateliers, kleinunternehmerische Tätigkeiten, Ausstellungen, Spielnachmittage, Lesezirkel, Vereinshöck, Yoga, Nähateliers etc. Im Obergeschoss
des Nebengebäudes sind lärmintensivere Nutzungen denkbar, beispielsweise ein Musikproberaum. Diese vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten sowie die Freilegung
der dem Gebäude innewohnenden robusten Schönheit sollen die Papiermühle zu einer langlebigen Institution im St. Galler Westen machen.
Strategie der architektonischen Eingriffe
Die architektonischen Eingriffe konzentrieren sich weitgehend auf den Erhalt der historisch schützenswerten Bausubstanz und die Stärkung der bestehenden räumlichen Qualitäten. Die kaskadierende Treppenanlage bleibt das Rückgrat des Gebäudes und wird um die notwendige Infrastruktur ergänzt. Die Wohnungseinbauten
in Leichtbauweise der 1950er Jahre werden entfernt und die historische Haupttragstruktur freigelegt. Im Erdgeschoss entsteht dadurch ein grosszügiger Saal. Die
vielseitig nutzbare Kammerung im 1. Obergeschoss, wo mutmasslich der Papierer und das Gesinde gewohnt haben, bleibt erhalten. Im 2. Obergeschoss entsteht eine
flexibel unterteilbare Nutzfläche. Der Dachstuhl, wo ehemals das Papier zum Trocknen hing, wird durch Entfernen des Estrichbodens zu einem zweigeschossigen,
offenen Dachraum. Das Thema der für Papiermühlen charakteristischen Lüftungsgauben wird zur Inszenierung des Dachstuhls wieder aufgenommen. Die Ergänzung der vorhandenen Gauben sowie ein gedeckter Eingangsbereich sind die einzigen Veränderungen im äusseren Erscheinungsbild. Im Erdgeschoss verschmelzen
Hauptgebäude, Ketthaus und Nebengebäude - heute voneinander abgetrennt - zu einer Einheit. Das Ketthaus wird zum zentralen Erschliessungsraum, das sowohl die
Innenräume als auch die Aussenplätze vor und hinter dem Haus miteinander verbindet und so die ehemalige Bewegung des Wassers durchs Haus nachzeichnet.
Tanzkurs DG
Jungunternehmer 2. OG
Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit
Das gemauerte Erdgeschoss, die Holzkonstruktion und das Dach werden von innen angemessen gedämmt. Alternativ kann eine Beschränkung des Dämmperimeters
- zum Beispiel ein ungedämmter Dachraum - in Betracht gezogen werden. Die Haustechnik wird erneuert oder neu erstellt (elektrische und sanitäre Installationen,
Zentralheizung). Die geschossweise kompakte Anordnung der sanitären Einrichtungen ermöglicht eine geringe, nur punktuelle Belastung der historischen Holzstruktur. Brand- und Schallschutz werden mittels rückbaubarer Elemente bewerkstelligt. Minimale Eingriffe in die Gebäudestruktur, objektverträgliche Nutzung sowie ein
einfacher Ausbaustandard ermöglichen ein sinnvolles Kosten-Nutzen-Verhältnis.
Nähatelier 1. OG
KRÄ
bestehender
Parkplatz
bei Bedarf
erweiterbar
ZERN
STRA
SSE
Velos
GEDECKTER
VORPLATZ
IV
Küche
13m2
Werkstatt
76m2
Kinderzirkus EG
Gemeinschaftsraum 87m2
Ketthaus 34m2
IV
Reduit 6m2
SITZPLATZ
SPIELWIESE
Bastelwerkstatt EG
N
Erdgeschoss 1:200
PA P I E R M Ü H L E
Bericht des Auswahlgremiums Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen
20
8 125m2
Dachgeschoss 1:200
7 125m2
Atelierraum Dachgeschoss (Modellfoto)
10m2
2. Obergeschoss 1:200
Verteilung
Technik
1 15m2
2 16m2
6 85m2
Gemeinschaftsraum Erdgeschoss (Modellfoto)
5 15m2
4 21m2
3 27m2
1 - 8 vermietbare Räume
1. Obergeschoss 1:200
Technikzentrale
Längsschnitt 1:300
Querschnitt 1:300
Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen Bericht des Auswahlgremiums
Ketthaus - ehemaliger Standort des Wasserrads (Modellfoto)
Projekt Nr. 5
Architektur
Mitarbeit
21
Rossetti + Wyss
Architekten AG, Zürich
Claudio Sticca, Verena Meissner
Vom Lebensnerv der Papiermühle zur Haupterschliessung des Gebäudes: Wie kann einem mittelalterlichen Technikraum seine zentrale Bedeutung
wiedergegeben werden? Ein gezielter architektonischer Eingriff organisiert die ehemalige Papiermühle von Grund auf neu.
Dieser Lösungsansatz nimmt sich die ursprüngliche Energieversorgung durch das Wasserrad zum
Thema und definiert das Ketthaus zur Erschliessungszone. Auf diese Weise können sowohl das
Haupt-, als auch das Nebengebäude der ehemaligen Papiermühle von einem zentralen Ort erreicht
werden, der ursprüngliche Wasserfluss macht dem
Personenfluss Platz. Die Platzierung des Treppenhauses erlaubt in den Geschossen eine sehr
rationale und freie Unterteilung der Räume und
lässt den künftigen Mietern ein sehr hohes Mass
an Kreativität für den Innenausbau. Das Ketthaus
erhält eine klare Funktion innerhalb des Gebäudes
und wird zugleich in der Nutzung aufgewertet.
Dieser Lösungsansatz zeichnet sich durch eine
konsequente Umsetzung aus. Sanitärbereiche sowie Heizungs- und Lüftungsanlagen lassen sich auf
einfache Weise in das Konzept integrieren.
Der architektonische Ansatz legt den Fokus
auf die Erschliessung im Innern der ehemaligen
Papiermühle und scheint auf den ersten Blick sehr
überzeugend. Der vorgeschlagene Treppenkern
vermag jedoch nicht alle erschliessungstechnischen
Probleme zu lösen. Die natürliche Beleuchtung
fehlt gänzlich. Deshalb lässt sich der relativ schwerwiegende Eingriff in die historische Bausubstanz
kaum rechtfertigen. Trotz des interessanten konzeptionellen Lösungsansatzes zur Geschichte des
Gebäudes wird der Umgang mit dem charakteristischen Innenausbau nur ungenügend thematisiert.
Es ist zu bezweifeln, ob die künftigen Nutzenden
das Gebäudeinnere dem historischen Vorbild getreu
ausstatten und umbauen können. Ein völlig neues
Erschliessungskonzept und ein unkontrollierter
Innenausbau bergen das Risiko, dem Gebäude seine Geschichte und Substanz zu entziehen. Dieser
Ansatz ist denkmalpflegerisch sehr fraglich.
Das Auswahlgremium vermisst eine klare Stellungnahme zur künftigen Nutzung des Gebäudes
sowie das Zusammenspiel verschiedener Nutzungsmöglichkeiten. Das interessante architektonische
Konzept vermag der ehemaligen Papiermühle nicht
die ihm zustehende Wertschätzung zurückzugeben.
Bericht des Auswahlgremiums Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen
22
Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen Bericht des Auswahlgremiums
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