Literarische Gattungen - cvd

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Literarische Gattungen
Prosa [lateinisch], die nicht durch Vers oder Reim gebundene
Sprache; die Sprechweise des Alltags und der Wissenschaft. In
der Dichtung wird Prosa vorzugsweise dann verwandt, wenn
5 ein sachlicher, wirklichkeitsnaher Stil erreicht werden soll,
z.B. im Roman oder im naturalistischen Drama. Der Unterschied zum Vers besteht vor allem darin, dass die Prosa mehr
den Inhalt in den Vordergrund rückt, während der Vers den
sprachlichen Wohlklang betont (in der Lyrik).
10 Epik [griechisch], Sammelbezeichnung für verschiedene
Formen der fiktiven erzählenden Literatur und neben Drama
und Lyrik eine der drei dichterischen Grundformen.
Die Vielfalt der erzählerischen Darstellungsformen ist charakteristisch für die Epik. Zu ihren Großformen gehört das in
15 Versen verfasste Epos, die früheste schon in der Antike bekannte Form erzählender Dichtung, und der in Prosa geschriebene Roman. Beide zeichnen sich durch eine umfassende, detailreiche, aber auch - z.B. durch Gesänge, Bücher oder
Kapitel - gegliederte Darstellung aller Begebenheiten aus, die
20 auf das Ziel der Handlung hinführen. Ferner durch komplexe
erzählerische Strukturen wie nebeneinander laufende oder ineinander verwobene Handlungsstränge sowie durch einen
großen Reichtum an Figuren. Im Roman können darüber
hinaus kürzere Prosaformen wie essayistische Einschübe,
25 Briefe oder Tagebuchaufzeichnungen als erzählerische Einlagen fungieren. Zu den mittleren Formen zählen Novelle, und
Erzählung, zu den Kurzformen Kurzgeschichte, Ballade,
Romanze und Anekdote. Einfache Formen sind Märchen,
Sage, Legende, Fabel, Schwank, Witz und Rätsel.
und Epik gehört das Drama zu den Grundformen der
75 Dichtung. Es steht als zusammenfassende Gattungsbezeich-
nung für Tragödie (Trauerspiel) und Kömodie (Lustspiel) und
den sich aus ihnen ableitenden dramatischen Formen wie z. B.
die Tragikomödie, das bürgerliche Trauerspiel oder das absurde Theater. Gemeinsam ist allen Formen ein Konflikt, der
80 entweder durch mehrere Personen verkörpert und im Dialog
vermittelt oder als innerer Konflikt eines Helden im Monolog
zum Ausdruck gebracht wird.
Der Ursprung des Dramas liegt im antiken Griechenland des
6. Jh. v. Chr., in den religiös-kultischen Zeremonien zu Ehren
85 des Gottes Dionysos. Den im Wechselgesang vorgetragenen
Chorliedern zu Ehren des Gottes (Dithyramben) wurden mythische Geschichten als Handlung unterlegt, diese gelten als
Ausgangspunkt der antiken Tragödie. Seit der 2. Hälfte des 5.
Jh.s v. Chr. wurden in Athen nachweislich die ersten Tragö90 dien und Komödien geschrieben und aufgeführt (Äschylus,
Sophokles, Euripides, Aristophanes). Das römische Drama bediente sich häufig griechischer Vorlagen, löste sich aber mit
seinen meist weltlichen Themen vom kultischen Hintergrund
(Plautus, Terenz, Seneca). Das Drama des Mittelalters entstand
95 im Rahmen der kirchlichen Liturgie. Typische Formen waren
das Passions- und das Mysterienspiel, das den Gläubigen das
christliche Heilsgeschehen vermitteln sollte.
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30 Dem epischen Geschehen liegt ein fiktives, vergangenes Ge-
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schehen zugrunde, d. h., epische Texte geben keine realen Ereignisse wieder, sondern entwerfen Begebenheiten, die so
hätten geschehen können. Aus diesem Grund wird als Zeitform meist das Präteritum gewählt, seltener das historische
35 Präsens. Epische Texte erzählen auch Geschichten, die sich
über große Zeiträume erstrecken. Mit Mitteln der Zeitraffung
und Zeitdehnung, der Rückblende und Vorausdeutung kann
das Erzähltempo verändert und die Abfolge der Ereignisse
verkehrt werden.
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40 Das Geschehen kann aus verschiedenen Perspektiven erzählt
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werden. Beim Erzähler, der mit dem Autor nicht identisch sein
muss, handelt es sich um eine fiktive Figur, die als Vermittler
zwischen Autor und dem Geschehen steht, der den Abstand
zwischen Ereignissen und dem Zuhörer bzw. Leser überbrückt
und dem Autor verschiedene Erzählweisen ermöglicht. Die Literaturwissenschaft unterscheidet drei Erzählperspektiven: 1.
Die auktoriale Erzählsituation, die durch einen in der dritten
Person erscheinenden Er-Erzähler bestimmt wird. Dieser steht
über dem Geschehen, ist allwissend (d. h. kennt die inneren
und äußeren Anschauungen aller Figuren) und kann kommentierend oder vorausgreifend in die Handlung eingreifen.
Bedeutende Vertreter dieser Erzählperspektive sind Jean Paul,
H. Fielding oder T. Mann. 2. Der Ich-Erzähler ist selbst am
dargestellten Geschehen beteiligt, oft ist er die Hauptperson.
Seine Perspektive ist demzufolge eingeschränkt, da er nur auf
eigenes Erlebtes oder Beobachtetes zurückgreifen kann. Ausgestaltet wird diese Perspektive vor allem im klassischen
Bildungs-, Schelmen- oder Briefroman (G. Keller, H. J. C.
Grimmelshausen, S. Richardson) aber auch im modernen
Roman (M. Proust, M. Frisch). 3. In der personalen Erzählsituation erschließt der Erzähler die Handlung durch die Augen einer Figur selbst. Dem Leser wird das Geschehen subjektiv vorgeführt, erlebte Rede und innerer Monolog sind die
wichtigsten Ausdrucksmittel dieser Erzählhaltung. Besonders
Autoren der klassischen Moderne bedienten sich häufig dieser
Erzählperspektive (H. James, V. Woolf, J. Joyce).
Sehr ausführliche Informationen zum Bereich Epik in einem
Vertiefungsprogramm zum Selbststudium der Literaturwissenschaften, bereitgestellt von der Uni Essen:
70 http://www.uni-essen.de/litera[...]ktiv/Vorlesungen/epik/
main.htm
Drama [griechisch, „Handlung“], literarische Textvorlage zur
szenischen Aufführung auf der Theaterbühne. Neben der Lyrik
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Das 15. und 16. Jh. griff zunächst die antike Tradition wieder
auf. Besonders die römischen Komödiendichter Plautus und
Terenz wurden von Italien ausgehend wiederentdeckt und
durch humanistische Gelehrte übersetzt oder nachgeahmt (L.
Bruni, Albrecht von Eyb, N. Frischlin). Im italienischen Renaissancedrama prägten sich diejenigen Strukturelemente aus,
die im Weiteren die Form bestimmte: Einteilung in Akte, Trennung der Akte durch Chöre, Zwischenspiele oder musikalische
Einlagen, Handlungsaufbau von der Einleitung über den
Wendepunkt bis zur Katastrophe, Ständeklausel. Daneben entwickelte sich als Gegenstück zum Hofdrama die volkstümliche Commedia dell’Arte. An deutschen und niederländischen
Humanistenschulen entstand das lateinische Schuldrama (J.
Reuchlin). Zunächst nur zum Zweck der rhetorischen Übung
gedacht, trat es Mitte des 16. Jh.s - nun auch in deutscher
Sprache - in den Dienst der Reformation (J. Agricola, G.
Gnapheus, T. Naogeorgus). Die Ziele der Gegenreformation
vertrat das Jesuitendrama. Das Drama des 17. Jh.s war weltanschauliches Theater, das gleichnishaft die Welt- und Heilsordnung darstellte; daneben kamen neue Impulse aus dem Musiktheater, besonders aus der italienischen Oper. Die klassische
französische Tragödie (P. Corneille, J. Racine) und Komödie
(Molière) wurde zum bestimmenden Muster. Das deutschsprachige Drama des 18. Jh.s folgte einerseits der französischen
Regelpoetik (J. C. Gottsched, Weimarer Klassik) und suchte
andererseits diese zu überwinden, indem es sich die offenen
Formen des elisabethanischen Shakespeare-Theaters zum
Vorbild nahm (besonders die Dichter des Sturm und Drang).
Vor allem G. E. Lessing trug mit seiner Neudefinition dramaturgischer Grundbegriffe zur Erneuerung der Gattung bei.
Seit dem Ende des 18. Jh.s besitzt das Drama keine verbindlichen Formmuster mehr. Während traditionelle Dramenformen
130 teilweise wiederbelebt wurden (H. v. Hofmannsthal), verzichtet das naturalistische Milieudrama (H. Ibsen, A. Tschechow,
G. Hauptmann) auf den dramatischen Spannungsbogen und
zeigt das Geschehen in genauer Entsprechung zur Realität.
Das expressionistische Drama (G. Kaiser, E. Toller) löst die
135 Handlung in einer ekstatischen Überfülle an Bildern auf. Im
Drama des epischen Theaters (B. Brecht) wird das Spiel durch
Verfremdungseffekte kommentiert, während das absurde
Drama (S. Beckett, H. Pinter) besonders in der Sprache den
völligen Bruch mit der Tradition sucht. Das Dokumentar140 theater (H. Kipphardt, P. Weiss, T. Dorst) durchbricht durch
Verwendung von faktischem Material die poetische Fiktion.
Als Theorie der klassischen Dramenform gilt die aristotelische
Poetik. Sie bestimmte das europäische Drama des 15.-18. Jh.s
und blieb auch für die nachfolgende Dramatik Bezugspunkt.
145 Aristoteles definierte das Prinzip von den drei Einheiten eines
dramatischen Werkes: die Einheit (Geschlossenheit) der
Handlung, die Einheit (Unveränderbarkeit) des Ortes und die
Einheit der Zeit (die Handlung umfasst höchstens 24 Stunden).
Auch legte er eine Dreiteilung des Handlungsaufbaus von der
150 Einleitung (Exposition) über den Wendepunkt (Peripetie) bis
zur Katastrophe fest. Die Anwendung dieser Prinzipien bestimmen die dramentheoretische Vorstellung von der geschlossenen Form des Dramas. 1863 beschrieb G. Freytag in
seinem Dramenmodell die Idealform des klassischen Dramas,
155 das die Entwicklung der Handlung in fünf Stufen (Exposition,
Steigerung, Höhepunkt, fallende Handlung und Katastrophe)
festlegte. Im Gegensatz dazu gibt es im modernen Drama
keinen hierarchischen Aufbau. Die einzelnen Szenen stehen
gleichwertig nebeneinander, die Handlung ist nicht mehr kon160 tinuierlich und abgeschlossen, Zeitsprünge und Parallelhandlungen sind möglich. Die vielfältigen Orte besitzen einen symbolischen Charakter. Diese offene Form des Dramas entzieht
sich einer allgemeinen verbindlichen Regelhaftigkeit.
Während in der klassischen griechischen Tragödie das tragi-
165 sche Handeln der Menschen durch die Macht der Götter als
unabwendbar erscheint, ist die Tragik in späteren Dramen als
Konflikt unterschiedlicher Moral- und Wertvorstellungen angelegt oder wird zum Vermittler weltanschaulicher Ideen; im
Drama des 20. Jh.s fällt dagegen das Problem der Schuld als
170 Folge eigenen Handelns auf den Einzelnen zurück. Im Gegensatz dazu ist die Komödie im Bereich des Alltags angesiedelt,
wichtiges Merkmal ist die Respektlosigkeit gegenüber Personen, Werten, Normen und Institutionen. Die Komödie endet
heiter, in der Tragikomödie durchdringen sich Tragisches und
175 Komisches wechselseitig. Das im 18. Jh. entstandene bürgerliche Trauerspiel behandelt schicksalhafte Ereignisse von Personen bürgerlichen Standes. Ganz andere Wege geht das epische Drama, das die politischen Veränderung der Welt aufzeigen und zum politischen Engagement animieren will. Alle
180 hergebrachten Theaterregeln außer Acht lässt das absurde
Drama, das den Menschen als Fremden in der Welt sieht und
die Sinnlosigkeit seines Daseins zum Thema hat.
Sehr ausführliche Informationen zum Bereich Drama und Dramatik in einem Vertiefungsprogramm zum Selbststudium der
185 Literaturwissenschaften, bereitgestellt von der Uni Essen:
http://www.uni-essen.de/
litera[...]Vorlesungen/dramatik/main.html
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Lyrik [griechisch lyra, „Leier“], formaler
Sammelbegriff für Gedichte. Das Feld der
Dichtung wird nach der äußeren Form der
einzelnen Werke in Dramatik, Epik und
Lyrik aufgeteilt. Die lyrische Form ist kurz
und vielfach in Verse gegliedert. Mehrere
Verse sind oft zu Abschnitten zusammengefasst; sind die Abschnitte eines Gedichts
gleich gebaut, spricht man von Strophen.
Häufig benutzte Formen der Lyrik sind
Lied, Ode, Hymne, Elegie, Ballade, Epigramm, Sonett und Madrigal. In der Form
des Volkslieds ist die Lyrik über die ganze
Erde verbreitet. Die europäische Lyrik
begann in enger Verbindung mit der Musik
in Griechenland, sowohl als Einzelgesang
wie als Chorlied. Die großen römischen
Lyriker sind Horaz, Catull, Tibull, Properz,
Ovid und Martial. Im Mittelalter entwickelte sich auf deutschsprachigem Gebiet erst eine geistliche Lyrik, dann die
höfische Liebeslyrik, der Minnesang, der
später in den Meistersang überging. In
Italien schufen Dante Alighieri und F.
Petrarca mustergültige Kanzonen und
Sonette. In der Reformation wurde das
Kirchenlied neu belebt. Der französische
Dichterkreis der Pléiade wandte sich
antiken Formen wie der Elegie und der
Ode zu. W. Shakespeare entwickelte in
England eine eigene Variante des Sonetts.
Im Barock entstand eine formenreiche
Gesellschaftsdichtung, daneben eine
religiöse Lyrik (Angelus Silesius, A.
Gryphius, P. Gerhardt). F. G. Klopstock
löste als Erster die Lyrik von allen erzählenden und reflexiven
Elementen, so dass sie Ausdruck reinen Gefühls wurde; von
da führt die Entwicklung zur umfassenden Bekenntnislyrik
Goethes und zur Gedankenlyrik Schillers und F. Hölderlins.
Als Vorläufer der Romantik gilt der Schotte R. Burns,
Vertreter in England waren S. T. Coleridge und W.
Wordsworth, in Frankreich V. Hugo. Die Romantiker (Novalis,
230 C. Brentano, J. von Eichendorff und L. Uhland) betrachteten
die Lyrik als die ihnen gemäße Form.
Bedeutende Lyriker der folgenden Epochen sind E. Mörike, H.
Heine, A. von Droste-Hülshoff, T. Storm, C. F. Meyer und G.
Trakl. C. Baudelaire gilt als Vorläufer des Symbolismus, ver235 treten durch S. Mallarmé und A. Rimbaud, die wiederum H.
von Hofmannsthal, S. George und R. M. Rilke beeinflussten.
Bedeutende italienische Lyriker waren G. Carducci und G.
d’Annunzio, in Amerika W. Whitman, in England T. S. Eliot.
Vertreter der deutschen Lyrik nach 1945 waren G. Benn, P.
240 Celan und I. Bachmann., mit gesellschaftskrit. Tendenz B.
Brecht, H. M. Enzensberger, E. Fried, S. Kirsch, R. Kunze und
W. Biermann. Daneben kamen in Westdtschld. sprachexperimentelle (F. Mon, E. Jandl, O. Pastior) und subjektivistische
(R. D. Brinkmann) Formen der Lyrik auf. Bekannte Autoren
245 der 1990er Jahre waren K. Drawert, D. Grünbein, U. Hahn
und T. Kling.
Sehr ausführliche Informationen zum Bereich Lyrik in einem
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litera[...]tiv/Vorlesungen/lyrik/main.htm
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