Blutgefäße | eLexikon | Anthropologie, Anatomie und Physiologie

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Blutgefäße 3 Seiten, 1'461 Wörter, 10'269 Zeichen
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Blutgefäße (Vasa sanguinis, hierzu Tafel »Blutgefäße«),
bei den Wirbeltieren die mit dem Herzen direkt verbundenen Gefäßbahnen im Gegensatz zu den Lymphgefäßen (s. d.). Es sind
häutige, elastische Röhren, welche alle Organe und Gewebe des Körpers, mit Ausnahme der Knorpel- und der Horngebilde,
durchsetzen und Blut enthalten. Man unterscheidet Schlag- oder Pulsadern (Arterien, s. d.), Blutadern (Venen, s. d.) und Haargefäße
(Kapillaren, s. d.). Die erstgenannten führen sauerstoffhaltiges Blut vom Herzen aus zu den verschiedenen Organen des Körpers hin
und teilen sich dabei in immer feinere Zweige, welche zuletzt in die nur mit dem Mikroskop erkennbaren Haargefäße und durch diese
in die feinsten Anfänge der Venen übergehen.
Von letztern wird das für die Ernährung der Gewebe benutzte, an Sauerstoff arme und an Kohlensäure reiche Blut wieder nach
dem Herzen geführt. Dieser Kreislauf des Bluts von der linken Herzkammer aus durch die Arterien des Körpers in das Kapillarnetz
der Gewebe und aus letzterm durch die Venen zurück nach der rechten Vorkammer heißt der Große oder Körperkreislauf (vgl.
Blutbewegung und Tafel »Blutgefäße«, Fig. 5). Ihm gegenüber steht der Kleine oder Lungenkreislauf (Fig. 3). Er führt das dunkle,
verbrauchte venöse Blut von der rechten Herzkammer durch die Lungenschlagader in das Kapillarnetz der Lunge, wo das Blut seine
Kohlensäure an die Atmungsluft abgibt und Sauerstoff aufnimmt und, hellrot geworden, durch die Lungenvenen zur linken
Vorkammer zurückkehrt.
Hiernach enthalten also die Arterien des Kleinen Kreislaufs sauerstoffarmes (venöses), die Venen sauerstoffreiches (arterielles)
Blut (Fig. 3); letzteres zirkuliert dann vom Herzen in den Arterien des Großen Kreislaufs und kehrt, sauerstoffarm (venös) geworden,
in den Venen desselben zurück. Das Strömen des Bluts wird bewirkt durch die Zusammenziehung der Vorkammern und Kammern
des Herzens; am Zurückfließen wird das Blut durch die Klappen des Herzens (Fig. 1 u. 2) und diejenigen der Venen gehindert.
? Indessen bestehen diese Einrichtungen nur bei den Vögeln, Säugetieren und Krokodilen, weil nur bei ihnen die Scheidung des
Herzens in vier Räume (s. Herz) vollständig durchgeführt ist. Bei den niedern Wirbeltieren hingegen, wo nur eine Herzkammer und
eine, resp. zwei Vorkammern vorhanden sind, ist der Kreislauf ein einfacherer. Bei den Cyklostomen und Fischen geht das venöse
Blut aus der Herzkammer durch die Kiemenarterie in die Kiemen und fließt, dort sauerstoffreich geworden, direkt in den Körper, aus
dem es in den Venen zur Vorkammer zurückläuft. Hier existiert also noch nicht die Sonderung in Großen und Kleinen Kreislauf. Wo
Fig. 1. Herz.
(Beide Kammern nach Vorschrift des Regulativs geöffnet.)
3 halbmondförmige Klappen
Lungenarterie
Kranzarterie
Rechte Kammer
Kranzvene
Fleischbalken
Fett
Dreizipfelige Klappe
Linke Kammer
Papillarmuskel mit Sehnenfäden
R. Vorhof
Herzspitze
Fig. 2. Herzvorhöfe
Aorta, drei Klappen geschlossen
Lungenarterie
Herzohr
Rechter Vorhof
Dreizipfelige Klappe (geschlossen)
Linker Vorhof mit geschlossener zweizipfeliger Klappe
Fig. 3. Lungenkreislauf (kleiner Kreislauf).
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Aortenbogen
Ductus Botalli (nur beim Fötus offen)
Obere Hohlader
Linke Venenstämme
Rechte Lungen-Arterie
Lungenarterie
Zwei Venenstämme
Rechte Kammer
R. Vorhof mit den Venenmündungen
Linke Lunge
Rechte Lunge
Untere Hohlader
Herzspitze
Fig. 4. Pfortaderkreislauf.
(Die Mündung der Venen von Magen, Darm, Milz und Pankreas zum Stamm der Pfortader ist durch den Magen verdeckt.)
Speiseröhre
Große Kranzarterie
Gallenblase
Vene des Magens
Kleine Kranz-Arterie u. Vene
Pfortader-Eintritt in die Leber
Leberarterie
Ductus choledochus
Lebergallengang
Leber, untere Fläche
Milz
Große Krümmung des Magens
Milzvene
Dickdarm
Zwölffingerdarm
Bauchspeicheldrüse (Pankreas)
Obere Gekrösearterie
Gekröse
Stamm der Gekrösevene vor Aufnahme der Venen von Milz, Pankreas, Magen
Dünndärme
Blinddarm
Wurmfortsatz
Mastdarm
Untere Gekröse-Art. und Vene durchschnitten
Fig. 5. Kreislauf des Bluts im Körper (großer Kreislauf).
(Die Eingeweide des Pfortaderkreislaufs [Fig. 4] sind aus der Bauchhöhle entfernt.)
Stirnarterie und Vene
Schläfenarterie
Gesichtsvene
Kieferarterie
A. carotis (Unterbindungsstellen)
Drosselvene
Schlüsselbein-Art. u. Vene (Unterbindungsstelle)
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Arteria anonyma
Aortenbogen
Axillararterie (Unterb.-Stelle)
Lungenarterie (blau)
Obere Hohlvene
Lungenvenen (rot)
Oberarmarterie (Unterb.-Stelle)
Speiseröhre (durchschnitten)
Nebenniere
Untere Hohlvene
Nierenarterie
Bauch-Aorta
Harnleiter
Teilung der Aorta in die Art. iliacae
Mastdarm
V. iliaca
Harnblase
A. radialis (Unterb.-St.)
Unterb.-St. d. Schenkel-A.
A. ulnaris (Unterb.-St.)
Hohlhandbogen
Tiefe Oberschenkelart.
V. saphena
Durchtritt der Schenkel-A. durch den Muskel Adductor magn. zur Kniekehle
Vordere Schienbein-Arterie
Vena saphena (Rosenvene)
Hintere Schienbein-Arterie (Unterbindungsstelle)
? Zum Artikel »Blutgefäße«.
hingegen Lungen vorhanden sind (Lurchfische, Amphibien, Reptilien), strömt es aus der Herzkammer teils direkt in den Körper,
teils in die Lungen, kehrt aus diesen in die linke Vorkammer zurück und trifft in der Herzkammer mit dem durch die rechte Vorkammer
aus den Körpervenen dahin gelangten venösen Blut zusammen. In den Großen Kreislauf tritt also kein rein arterielles, sondern nur
gemischtes Blut ein. Ganz abweichend ist der Kreislauf bei den Leptokardiern (Amphioxus etc.). Hier sind alle größern Arterien und
Venen kontraktil, so daß nicht ein, sondern viele Herzen vorhanden sind; außerdem fehlen gesonderte Lymphgefäße.
Im menschlichen Körper kommen sämtliche Arterienstämme aus der großen Körperschlagader oder Aorta (s. d. und Fig. 3 u. 5),
in welche die linke Herzkammer ihr Blut einpumpt. Die Aorta gibt ganz nahe an ihrem Ursprung aus dem Herzen zwei Arterien ab,
welche sich im Herzfleisch selbst verästeln (Kranzarterien, Fig. 1). Dann treten aus dem Aortenbogen drei große Arterienstämme in
der Richtung nach oben zu ab, um Kopf und Hals sowie die Arme mit Blut zu versorgen; es sind:
1) die Arteria anonyma (Fig. 5), welche sofort in die rechte Kopfschlagader (Karotis) und in die rechte Schlüsselbeinarterie
zerfällt, 2) die linke Kopfschlagader und 3) die linke Schlüsselbeinarterie. Die Schlüsselbeinschlagadern setzen sich in die
Armschlagadern fort, deren Verzweigung in Fig. 5 dargestellt ist. Der ansteigende Teil der Brustaorta entsendet zahlreiche kleinere
Zweige für Brustkorb, Speiseröhre und Luftröhre (samt ihren Ästen) und gibt nach dem Durchtritt durch das Zwerchfell (Fig. 5)
zunächst die beiden Zwerchfellarterien, dann die Eingeweidearterie (Arteria coeliaca) ab, welche sofort in drei Äste zerfällt, die zum
Magen, zur Milz, Leber, Bauchspeicheldrüse und zum Zwölffingerdarm führen (Fig. 5). Gleich unterhalb der Arteria coeliaca
entspringt die obere Gekrösarterie zur Ernährung des Darmkanals (Fig. 4);
ein wenig tiefer treten die zwei Nierenschlagadern (Fig. 5) hervor;
dann kommen unter spitzem Winkel die innern Samenschlagadern für die Geschlechtsteile hervor, gleich darunter die untere
Gekrösarterie, welche sich am Dickdarm bis zum After hinab verzweigt;
seitlich treten jederseits vier Lendenschlagadern hervor.
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Endlich, auf der Höhe des vierten Lendenwirbels (Fig. 5), löst sich die Aorta in ihre beiden Endäste, die gemeinschaftlichen
Hüftarterien (Arteriae iliacae communes), auf. Aus jeder von diesen gehen wieder zwei Äste hervor, von denen der eine als Arteria
hypogastrica oder Arteria iliaca interna sich zu den Organen des Beckens begibt, während der andre (Arteria iliaca externa) sich in
die Schenkelarterie fortsetzt, um sich an der untern Extremität bis zu den Zehenspitzen zu verbreiten (Fig. 5). Die direkte Fortsetzung
der Aorta nach hinten hin ist die Arteria sacralis media, eine kleine, an der Teilungsstelle in die Arteriae iliacae entspringende Ader,
welche bei Wirbeltieren mit langem Schwanz als sogen. Schwanzarterie (Arteria caudalis) mächtig entwickelt ist. Im allgemeinen
liegen die größern Arterien möglichst tief, in der Nähe des Knochens, und halten sich an die Beugeseite, nicht an die Streckseite der
Gelenke.
Die Venen hingegen weichen vielfach von den Arterien ab. Das Blut, welches aus Kopf, Hals und Armen nach dem Herzen
zurückfließt, sammelt sich jederseits in die Vena anonyma; letztere vereinigen sich zur obern Hohlvene und münden so in die rechte
Herzkammer ein (Fig. 1 der Tafel stellt die rechte Herzkammer mit Vorkammer und Lungenarterie so dar, wie sie nach dem
preußischen Regulativ für Gerichtsarzt eröffnet werden muß). Jede Vena anonyma geht wieder aus zwei Stämmen hervor, aus der
Schlüsselbeinvene, welche sämtliche Armvenen, und aus der gemeinschaftlichen Drosselader, welche das Blut aus Kopf und Hals in
sich aufnimmt.
Die Venen der untern Körperhälfte sammeln sich in der untern Hohlader (Fig. 5, 3), welche ebenfalls in die rechte Vorkammer
des Herzens einmündet. Im allgemeinen verlaufen sie dicht neben den Ästen der Aorta und ähneln denselben in Anordnung und
Verzweigung. Eine wesentliche Abweichung von dieser Regel liegt aber darin, daß die Venen, welche der Eingeweidearterie sowie
der obern und untern Gekrösarterie entsprechen und das Blut aus Magen, Milz, Bauchspeicheldrüse und Darmkanal abführen,
zunächst zur Pfortader (s. d.) zusammentreten.
Letztere führt das Blut in die Lebert hier fließt es durch ein zweites Kapillarsystem hindurch und tritt dann erst durch die
Lebervenen in die untere Hohlader ein (sogen. Pfortaderkreislauf, Fig. 4). Die Venen dieses Pfortaderkreislaufs entbehren der
Klappeneinrichtung, so daß Blutstauungen in der Leber sich auf alle Verdauungsorgane übertragen. Zwischen das Gebiet der obern
und untern Hohlader ist noch das System der Vena azygos und Vena hemiazygos eingeschaltet, welche beide Blutgefäße das Blut
aus der Brust und Bauchwand in sich aufnehmen und durchaus keine Analogie mit dem arteriellen System haben.
Ferner treten an den Gliedmaßen stark entwickelte, oft netzartig verbundene Hautvenen auf, welche von keiner Arterie begleitet
werden. Nur die tief liegenden Venen folgen im Bereich der Gliedmaßen den gleichnamigen Arterien und zwar in der Weise, daß vom
Ellbogen und der Kniekehle an abwärts bis zu den Fingern und Zehen hin je zwei miteinander vielfach durch Querstämmchen
verbundene Venen zur Seite einer Arterie verlaufen. Für die Venen des Halses, des Kopfes und des Gehirns existieren ganz andre
Verlaufsnormen als für die Arterien. Die Bedeutung vieler größerer Venen erklärt sich aus ihrer Entwickelung beim Fötus, dessen
Kreislauf in vielen Beziehungen stark abweicht (s. Fötus). - Über den Bau der Blutgefäße s. die einzelnen Artikel.
Ende Blutgefäße
Quelle: Meyers Konversations-Lexikon, 1888; Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte
Auflage, 1885-1892;3. Band, Seite 84 im Internet seit 2005; Text geprüft am 16.4.2007; publiziert von Peter Hug; Abruf am 7.4.2017
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Ende eLexikon.
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