- Ungeladene Gäste kuscheln im Styropor LUDWIGSHAFEN: Halsbandsittiche bauen Höhlen in Wärmedämmung der Friedrich-Ebert-Halle b Löcher verunstalten die Fassade der Friedrich-Ebert-Halle in Ludwigshafen. Verursacht werden die Schäden durch Vögel: Grüne Halsbandsittiche picken Putz und Wärmedämmung kaputt und bauen kleine Höhlen in der Gebäudewand. Die Ludwigshafener Kongress- und Marketing-Gesellschaft (Lukom), überlegt nun, wie die Hallenfassade saniert werden kann. Grüne, langschwänzige, laut rufende schnelle Flieger, so lässt sich das Erscheinungsbild der Halsbandsittiche zusammenfassen. Nicht nur wegen ihrer Bautätigkeit an der FriedrichEbert-Halle fallen die bunten Sittiche im Stadtgebiet auf, sondern auch wegen ihres lauten „KjiakU,das sie im Flug ausstoßen, um mit ihren Artgenossen Kontakt aufzunehmen. Besonders in den Abendstunden außerhalb der Brutzeit, wenn sich die geselligen Vögel zu Schlafgesellschaften zusammenfinden, ziehen sie lärmend über die Köpfe der Stadtbewohner hinweg. „Das merkt sich jeder", vermutet Franz Stalla, Leiter der vogelkundlichen Abteilung der Volkshochschule Ludwigshafen. Ein beliebter Schlafplatz seien die Bäume an Tor 11 der BASF. Bis zu zoo Vögel wären dort schon gesehen worden, teilt Stalla mit. Der Vogelexperte prognostizierte schon vor einem Vierteljahr, dass die Vögel mit dem starengroßen Körper und den langen Schwanzfedern zu einer Plage werden könnten. Allerdings findet er, dass das Problem im Moment „überbewertet" werde: „Sie beeinträchtigen die Lebensqualität der Menschen nicht." Die Problematik an der Friedrich-Ebert-Hallesieht er allerdings auch. Rund 50 Schadstellen hat er am vergangenen Samstag gezählt und die kleinen Flugkünstler beim Löcherklopfen beobachtet. An manchen Stellen haben die Vögel nur den Putz abgenagt, an anderen Stellen klaffen schon faustgroße Löcher, und das rote Armierungsgewebe leuchtet unter dem Putz hervor. Die Gutachter, die zooG nach dem Einsturz der Bad Reichenhaller Eissporthalle die Standsicherheit des Ludwigshafener 7oer-Jahre-Baus überprüft hatten, empfehlen die Sanierung der beschädigten Fassade. Das bestätigte Lukom-Pressesprecher Markus Lemberger. Wie viel das kosten wird und welche Möglichkeiten es gibt, die Vögel dauerhaft von der Dämmung fern zu halten, konnte er zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. In Heidelberg, wo sich die Vögel ebenfalls er- folgreich angesiedelt haben, gab es zoo3 die gleichen Probleme. Halsbandsittiche hatten Nisthöhlen in der Fassade des St. Hedwig-Altenheims in Neuenheim sowie der Elisabeth-von-Thadden-Schulein Wieblingen gepickt. Auf Veranlassung des Amtes für Umweltschutz, Gewerbeaufsicht und Energie wird seitdem über die eingewanderten Vögel und ihre Lebensgewohnheiten geforscht. Diplom-Biologe Michael Braun schreibt gerade an einer Doktor- - Zwei junge ~alsbandkittichein einer Fassadenhöhle. -FOTO MICHAEL BRAUN arbeit. Er veranlasste auch, dass die Löcher versiegelt und Nistkästen an den Fassaden aufgehängt wurden. Nachdem die Kästen mit Styropor ausgestopft worden waren, nahmen die verspielten Sittiche die neuen Brutstätten an und lassen seither die Hauswände in Ruhe. Diese Information sei ihnen bekannt, versichert Wilhelm Zeiser, Aufsichtsratsvorsitzender der Lukom. Rüdiger Becker, Umwelt-Amt Heidelberg, verweist auf eine bislang unbewiesene These, dass die Papageienvögel nur dann Löcher in Hauswände picken, wenn bereits welche vorhanden sind. Das bestätigen die Untersuchungen Brauns. Vorarbeiter für die Exoten aus Südostasien könnten zum Beispiel einheimische Buntspechte sein, die durch Trommeln auf lauten Unterlagen ihre Reviere markieren. Die Edelpapageien brüten üblicherweise in Bäumen, hauptsächlich in Platanen, fanden die Forscher heraus. Auch hier übernehmen sie gerne verlassene Spechthöhlen, aber auch ausgefaulte Stämme dienen ihnen als Unterschlupf. Der besondere Reiz der Styroporhöhlen könnte von den höheren Temperaturen im Dämmmaterial ausgehen. Die Wärme liebenden Neubürger suchen in den kühleren Abendstunden verstärkt die Nähe von Wasserflächen und Straßen, die Wärme abstrahlen. Messungen ergaben, dass die Temperatur in den Fassadenhöhlen um zwei bis vier Grad höher lag als in Baumhöhlen. Ob die Löcher an der Ludwigshafener Eberthalle tatsächlich als Nisthöhlen genutzt werden, ist bis jetzt nicht nachgewiesen. Die Meinung der Experten geht auseinander: Franz Stalla verweist darauf, dass die Brutzeit im Frühjahr sei, die Vögel vielleicht nur nach Schlafplätzen suchen. Er vermutet aderdem, dass es sich beim Löcherpicken an der Hauswand um die Befriedigung des Spieltriebes handeln könnte. „Die setzen sich in die Löcher rein und schauen raus." Michael Braun vertritt die Meinung, dass die Suche nach Bruthöhlen das ganze Jahr über andauert. (ipf)