Kapitel 4 Vielteilchentheorie 4.1 4.1.1 Erzeugungsoperatoren und Vernichtungsoperatoren Fockraum Läßt man im Hilbertraum eine beliebige Anzahl von (hier: identischen) Teilchen zu so nennt man diesen (Produkt-) Raum den Fockraum. Man kann nun “Absteige-” und “Aufsteigeoperatoren” zwischen Segmenten des Fockraums mit verschiedenen Teilchenzahlen definieren. Diese Operatoren erzeugen und vernichten als Teilchen, man nehnt sie demzufolge die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren. Sie spielen eine zentrale Rolle bei allen ernsthaften Rechnungen innerhalb der Quantenmechanik. Vakuum Das Segment des Fockraumes ohne ein einziges Teilchen nennt man das Vakuum, wir bezeichnen es mit |0i : Vakuum . Die (basisunabhängige) Notation für einen Zustand mit N Teilchen mit (vollständigen) Quantenzahlen α1 , . . . , αN (z.B. (αi = ki , σi für Elektronen) bezeichnen wir mit |α1 , . . . , αN i : N-Teilchen Zustand . Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren Die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren bezeichnen wir mit c†α und cα für Fermionen und b†α und bα für Bosonen. Sie sind via c†α |0i = |αi , b†α |0i = |αi , cα |αi = |0i bα |αi = |0i 47 : Fermionen , : Bosonen 48 KAPITEL 4. VIELTEILCHENTHEORIE definiert, diese Darstellung nennt man auch zweite Quantisierung. Für einen allgemeinen N-Teilchenzustand gilt analog c†α |α1 , . . . , αN i = |α, α1 , . . . , αN i , b†α |α1 , . . . , αN i = |α, α1 , . . . , αN i , Das Vakuum enthält keine Teilchen, also 4.1.2 cα |α, α1 , . . . , αN i = |α1 , . . . , αN i , bα |α, α1, . . . , αN i = |α1 , . . . , αN i . cα |0i ≡ 0 . Vertauschungsrelationen Zentral ist nun die folgende Fragestellung (hier am Beispiel von 2-Fermionen): Sind die Zustände c†α c†β |0i und c†β c†α |0i gleich oder unterscheiden sie sich durch eine Phase? Mehr als durch eine Phase können sie sich nicht unterscheiden, denn c†α c†β |0i und c†β c†α |0i haben identische Quantenzahlen. Die Anwort hierauft wird durch die Vertauschungsrelationen gegeben. Wir definieren denn Kommutator [ , ]− und den Antikommutator [ , ]+ via [A, B]− = A B − B A , [A, B]+ = A B + B A . Bosonen Für Bosonen und diskrete Quantenzahlen sind die Vertauschungsrelationen [bα , bβ ]− = 0, [b†α , b†β ]− = 0, [bα , b†β ]− = δα,β . Für kontinuierliche Quantenzahlen ersetzen wir δα,β → δ(α−β). Bosonen unterschiedlicher Quantenzahlen vertauschen also. Fermionen Für Fermionen lauten die Vertauschungsrelationen [cα , cβ ]+ = 0, [c†α , c†β ]+ = 0, [cα , c†β ]+ = δα,β . Damit können wir die Eingangsfrage beantworten. Es gilt |α, βi = b†α b†β |0i = b†β b†α |0i = |β, αi für Bosonen und |α, βi = c†α c†β |0i = −c†β c†α |0i = −|β, αi für Fermionen. Insbesondere folgt hieraus für α = β, daß für Fermionen |α, βi = −|β, αi = 0 . 4.1. ERZEUGUNGSOPERATOREN UND VERNICHTUNGSOPERATOREN 49 Also: Zwei Fermionen können nicht die gleichen Quantenzahlen haben. Teilchenzahloperator Aus den Vertauschungsrelationen folgt zudem, daß der Operator nα = c†α cα (für Bosonen: nα = b†α bα ) der Teilchenzahloperator ist: Für Ferimonen gilt nα |0i = c†α cα |0i = 0 nα |αi = c†α cα c†α |0i = c†α 1 − c†α cα |0i = |αi . Für Bosonen gilt nα b†α N |0i = N b†α N |0i , wie man leicht rekursive beweisen kann. Basiswechsel Gehen wir von einer Teilchenbasis |ii zu |ĩi über, also c̃+ j |0i ≡ |j̃i = X i |ii hi|j̃i = X i c+ i |0i hi|j̃i , (4.1) so gehen aus ci die Operatoren c̃j gemäß c̃+ j = X i hi|j̃i c+ i , X c̃j = i hj̃|ii ci (4.2) hervor. 4.1.3 Operatoren in zweiter Quantisierung Wir haben bisher eine diskrete ein-Teilchen-Basis |ii betrachtet. Wir wollen nun Feldoperatoren ψ(~x) über die ein-Teilchen-Zustände zum Ortsoperator und analog c~k zum Impulsoperator definieren: ψ(~x) = X ~k Mit R h~x|~kic~k , c~k = √ 1 2π 3 Z ~ d3 x e−ik·~x ψ(~x) . d3 x e−i~q·~x = (2π)3 δ (3) (~q) gilt ψ(~x) = √ 1 2π 3 Z ~ d3 k eik·~x c~k (4.3) 50 KAPITEL 4. VIELTEILCHENTHEORIE sowie {ψ(x), ψ(y)} = {ψ + (x), ψ + (y)} = 0 , {ψ(x), ψ + (y)} = X = i,j X i h~x|iihj|~y i {ci, c+ j } h~x|iihi|~y i = h~x|~y i = δ 3 (~x − ~y ) (4.4) und das analoge für c~k . Bemerkung Für Systeme mit endlichem Volumen V definiert man ψ(x) und ck wie oben, dabei variiert 3 . ~x kontinuierlich über V und ~k ist quantisiert mit zugehörigem Volumen d3 k = (2π) V ~k~ 1 i x Umtransformieren von ψ(x) auf ck mit hx|ki = √V e . Die (Anti) Kommutatorrelationen (+) gelten wie oben notiert, das δ-Symbol für Operatoren ck wird zum Kronecker-Delta. Hamilton-Operator h̄2 Der Hamilton-Operator für ein System von Teilchen mit kinetischer Energie − 2m ∇2 und Paarwechselwirkung V (x − y) ist in zweiter Quantisierung H ! h̄2 2 ∇ ψ(x) d x ψ (x) − 2m Z 1 + d3 x1 d3 x2 ψ + (x1 )ψ + (x2 ) V (x1 − x2 ) ψ(x2 )ψ(x1 ) . 2 Z = 3 + (4.5) Unter Verwendung von (4.3) wird die Orstraum-Darstellung (4.5) des Hamilton-Operators zur Impulsraum-Darstellung H = Z d 3 k ǫ~k c~+ c k ~k + Z d3 k d3 p d3q c~+ c+ ~−~ q Vq~ cp ~ c~k k+~ q p , (4.6) wobei ǫk = h̄2 k 2 /(2m) die Dispersionsrelation freier Elektronen ist und 1 Vq~ = (2π)3 Z d3 x e−i~q·~x V (~x) . (4.7) die Fourier-Transformierte des Wechselwirkungs-Potentials. Man beachte die Impulserhaltung (~k + ~q) + (~p − ~q) = p~ + ~k im Wechselwirkungs-Term von Gl. (4.6). 4.2 Lineare-Antwort-Theorie Wir behandeln den Fall eines Systems beschrieben durch H0 mit kleiner Störung, H(t) = H0 + H ′ (t), H ′ (t) = A · F (t) , 51 4.2. LINEARE-ANTWORT-THEORIE wobei A ein Operator ist und F (t) eine reelle Funktion. Dieses ist die Form, welche fast alle (experimentellen) Messungen beschreibt. Adiabatische Störung Für die theoretische Behandlung nehmen wir nun an, dass die Störung adiabatisch eingeschaltet werde. Darunter verstehen wir folgendes: Vor der Störung (d.h. bei t = −∞) soll der Dichteoperator ρ0 sein (insbes. zeitunabhängig bzgl. der Evolution unter H0 ). Nach dem Einschalten von H ′ (t) sollen sich (im Schrödingerbild) zwar die Zustände gemäß H(t) entwickeln, die statistischen Gewichte sollen sich nicht ändern. Formal läßt sich dies durch eine Zeitabängigkeit H ′ (t) ∼ eδ t , (t < 0) (4.8) erreichen. 1 0.5 0 0 t Dichte-Matrix Wir sind nun an dem Erwartungswert einer Observablen B zur Zeit t interessiert: hBiρ(t) = Sp(Bρ(t)) , mit ρ(t) = eiH t ρ e−iH t (4.9) (Heisenberg-Darstellung). Die Dichtematrix ρ = 1 X −βEn e |nihn| , Z n Z = X e−βEn , (4.10) n genügt der Bewegungsgleichung (von Neumann-Gleichung) ρ̇(t) = i [H(t), ρ(t)] , mit ρ(t = −∞) = ρ0 . (4.11) U̇ (t) = i H(t) U(t) . (4.12) Diese hat die Lösung ρ(t) = U(t) ρ0 U −1 (t) mit Für H(t) ≡ H (zeitunabhängig) ist U(t) = ei Ht . Wechselwirkungs-Bild Wir gehen jetzt ins Wechselwirkungs-Bild, d.h. zum Operator X definieren wir Xw (t) = U0−1 (t) X(t) U0 (t) , mit U0 (t) = eiH0 t . (4.13) 52 KAPITEL 4. VIELTEILCHENTHEORIE Es gilt nun ρw (t) = U0−1 (t) ρ(t) U0 (t) . hBiρ(t) = Sp(Bw (t)ρw (t)) , (4.14) Die Bewegungsgleichung lautet im Wechselwirkungs-Bild ρ̇w (t) = U0−1 ρ̇(t) − i [H0 , ρ(t)] U0 = i U0−1 [H, ρ(t)] − [H0 , ρ(t)] U0 = i U0−1 (t) [H ′ (t), ρ(t)] U0 (t) = i [Aw (t), ρw (t)] F (t) , (4.15) mit der Anfangsbedingung ρw (t = −∞) = ρ0 . Das Anfangswertproblem für ρw (t) ist äquivalent zur Picard’schen Integralgleichung Z ρw (t) = ρ0 + i t −∞ [Aw (t′ ), ρw (t′ )] F (t′ ) dt′ Iteration führt zur Lösung in 1. Ordnung in F (t) ρw (t) = ρ0 + i Z t −∞ [Aw (t′ ), ρ0 ] F (t′ ) dt′ + O(F 2) . (4.16) Verallgemeinerte Suszeptibilitäten Der Mittelwert von B wird somit hBiρ(t) = B0 + i Z t −∞ h [Bw (t), Aw (t′ )] iρ0 F (t′ ) dt′ + O(F 2) , (4.17) mit B0 = Sp(Bw (t)ρ0 ) und Sp(Bw (t)[Aw (t′ ), ρ0 ]) = Sp [Bw (t), Aw (t′ )]ρ0 . (4.18) Wir sehen also, daß die Änderung in B auf die Störung A mit Stärke F in linearer Ordnung gegeben ist durch ∆B(t) = Z ∞ −∞ χB,A (t − t′ ) F (t′) dt′ (4.19) gegeben ist, mit der Responsefunktion χ (verallgemeinerte Suszeptibilität): χB,A (t − t′ ) = i Θ(t − t′ ) h [B(t), A(t′)] iρ0 . (4.20) Der Index w wurde fallengelassen und ab hier vorausgesetzt, daß die Zeitentwicklung zum ungestörten Operator H0 gemeint ist. Bemerkungen 53 4.3. GREEN-FUNKTIONEN • Retardierte Green-Funktion Die Responsefunktion ist eine sog. retardierte Green-Funktion χB,A (t − t′ ) = −GrB,A (t − t′ ) (4.21) wobei “retardiert” sich auf θ(t − t′ ) bezieht. Eine Störung zur Zeit t′ bewirkt eine Änderung zur Zeit t, sofern t′ < t. • Lineare Antwort vs. ungestörtes System Die lineare Antwort ∆B ist allein durch Gleichgewichtsgrößen bestimmt, d.h. durch die Eigenschaften des ungestörten Systems. • Dynamische Dielektrizitätskonstante ~ r , t), Dipol-Kopplung an ein äußeres elektrisches Feld E(~ ~ r, t). Beispiel: H ′ (t) = e ~r ·E(~ ′ Dann ist die Responsfunktion χ~r,~r′ (t − t ) die (nicht-lokale) dynamische Dielektrizitätskonstante. 4.3 4.3.1 Green-Funktionen Definitionen Wir haben im vorherigen Paragraphen den Nutzen der zeitabhängigen retardierten GreenFunktionen kennengelernt. Hier wollen wir verschiedene mathematische Eigenschaften erläutern. Später wird dann zu besprechen sein, wie man Green-Funktionen konkret berechnen kann. Wir wollen mit dem Symbol [., .]ǫ Kommutatoren (ǫ = −1) und Antikommutatoren (ǫ = +1) bezeichnen, d.h. [A, B]ǫ = AB + ǫBA , [A, B]−1 = AB − BA, [A, B]+1 = AB + BA . (4.22) Typischerweise tritt der Kommutator mit ǫ = −1 häufig im Zusammenhang mit Bosonen und ǫ = +1 bei Fermionen auf. Zeitordnungs-Operator Wir definieren zu Operatoren A, B die retardierte Green-Funktion, die avancierte GreenFunktion und die kausale Green-Funktion durch (vergl. Gl. (4.12)) GrA,B (t) GaA,B (t) GcA,B (t) := := := −iΘ(+t)h [A(t), B]ǫ i , A(t) = eitH Ae−itH , +iΘ(−t)h [A(t), B]ǫ i , (4.23) −iΘ(+t)h A(t)B i + iǫΘ(−t)h BA(t) i ≡ −i Tt h A(t)B i , wobei Tt in der letzten Gleichung der Zeitordnungs-Operator, ′ Tt A(t)B(t ) = ist. ( A(t)B(t′ ) ǫ B(t′ )A(t) (t > t′ ) (t < t′ ) 54 KAPITEL 4. VIELTEILCHENTHEORIE • Wenn A und B zwei fermionische Operatoren sind, welche antikommutieren, so wählt mann ǫ = 1 in (4.23), für den Fall von zwei kommutierenden Operatoren ǫ = −1. • Häufig werden diese Green-Funktionen “2-zeitig” genannt, obwohl bei uns nur eine Zeitvariable t auftritt. Bei uns ist die Zeitvariable des Operators B gleich 0. Dies ist jedoch keine Einschränkung, da z.B. GrA,B (tA − tB ) = GrA,B (tA , tB ) = −iΘ(tA − tB )h [A(tA ), B(tB )]ǫ i . Im Folgenden werden wir uns auf die retardierte Green-Funktion konzentrieren, die Eigenschaften der avancierten (und der kausalen) Green-Funktion folgen dann analog. Spektraldarstellung Bei der Berechnung der Erwartungswerte von Operatoren O in der thermodynamischen Gesamtheit macht man häufig Gebrauch vom Einschieben von Darstellungen der Eins P 1 = n |nihn| durch orthonormierte Eigenzustände zu H hOi = Sp(ρO) = 1X 1 Sp(e−βH O) = hn|O|nie−βEn . Z Z n (4.24) Da En durch die Grundzustandsenergie E0 nach unten beschränkt ist, ist (−βEn ) nach oben beschränkt und die Reihe konvergent. Analog analog erhalten wir mit hA(t)Bi = 1 X hn|A|mihm|B|niei(iβ+t)En −itEm Z n,m . (4.25) Diese Spektraldarstellung wird auch Lehmann-Darstellung genannt. 4.3.2 Frequenzdarstellung Komplexe Zeiten Im folgenden werden wir die Definitionen (4.23) für reelle t auf komplexe Zeiten erweitern. Zu diesem Zwecke führen wir mit f (t) f (t) := hA(t)Bi = hBA(t)i = 1 Sp(ei(iβ+t)H Ae−itH B), Z 1 Sp(ei(iβ−t)H Be+itH A), Z −β ≤ Im t ≤ 0 0 ≤ Im t ≤ +β (4.26) eine Hilfsfunktion ein, welche, für den Fall dass GrA,B eine Response-Funktion ist, auch (dynamischer) Strukturfaktor genannt wird. Wir sehen aus (4.26), daß f (t) auch für komplexe t definiert ist, sofern die Imaginärteile in den angegebenen Intervallen liegen. Betrachten wir z.B. für die erste Gl. in (4.26) und t = t′ + it′′ : ′′ ′ ′′ ′ ei(iβ+t)H = e−(β+t )H eit H , e−itH = et H e−it H , 55 4.3. GREEN-FUNKTIONEN damm wird mit t′′ ∈ [−β, 0] gewährleiste, daß die Exponentialausdrücke von nach oben beschränkten Operatoren genommen werden. Ferner gilt f (t − iβ) = 1 1 Sp(eitH Ae−i(t−iβ)H B) = Sp(BeitH Ae−itH e−βH ) = hBA(t)i (4.27) Z Z und somit h i GrA,B (t) = −iΘ(+t) f (t) + ǫf (t − iβ) . (4.28) Frequenzdarstellung Wichtig sind nicht die eigentliche Fouriertransformierten der avanzierten und der retardierten Green’s Funktionen sondern insbesondere die Frequenzdarstellungen, Gr (z) = Z ∞ 0 dt Gr (t) eizt , Z Ga (z) = 0 dt Ga (t) eizt , (4.29) −∞ welche für all komplexe z definiert sind. Es gilt: Gr (z) ist in der oberen komplexen Halbebene analytisch, denn für z = z ′ + iz ′′ und z ′′ > 0 konvergiert Gl. (4.29). Analog ist Ga (z) in der unteren komplexen Halbebene analytisch. Frequenzdarstellung vs. Fourier-Transformation Als nächstes wollen wir die Fourier-Transformierten aller Green-Funktionen auf die Fouriertransformierte, f (t) = Z ∞ −∞ dω f (ω) e−iωt, 2π Z f (ω) = ∞ −∞ dt f (t) eiωt , von f (t) = hA(t)Bi zurückführen. Unter Benutzung von Z ∞ 0 dt ei(z−ω)t = −1 i(z − ω) (4.30) für Im z > 0 und ω reell (obere komplexe Halbenene), folgt mit Gl. (4.27) Z ∞ h i dt f (t) + ǫf (t − iβ) eizt 0 Z ∞ Z ∞ dω −βω = −i f (ω)(1 + ǫe ) dt ei(z−ω)t −∞ 2π 0 Z ∞ dω 1 + ǫe−βω f (ω) . = z−ω −∞ 2π Gr (z) = −i (4.31) Wir halten hier die Asymptotik von Gr (z), Gr (z) ≃ fest. 1 , z für z → ∞ , (4.32) 56 4.3.3 KAPITEL 4. VIELTEILCHENTHEORIE Spektralfunktion Wir definieren die Spektralfunktion als Sprung der Green-Funktion an der reellen Achse 1 A(ω) = − lim Im Gr (ω + iδ) π δ→0 = − i 1 h r G (ω) − Ga (ω) 2πi (4.33) Mittels der Frequenzdarstellung (4.31) für Gr (z) folgt mit z = ω + iδ und lim Im δ→0 1 = −πδ(x) x + iδ der Zusammenhang ′ ∞ dω ′ 1 + ǫe−βω −1 A(ω) = Im f (ω ′) π −∞ 2π ω + iδ − ω ′ Z ∞ dω ′ ′ 1 + ǫe−βω δ(ω ′ − ω) f (ω ′) = −∞ 2π 1 = 1 + ǫe−βω f (ω) . 2π Z (4.34) Damit finden wir für die Funktion f (t), welche bisher nur implizit aufgetreten ist: f (ω) A(ω) = 2π 1 + ǫe−βω Z ∞ Z ∞ dω A(ω) −iωt hA(t)Bi = f (t) = dω f (ω) e = e−iωt . 1 + ǫe−βω −∞ 2π −∞ (4.35) (4.36) Komplexe Ebene Nun wollen wir noch die Green-Funktion G(z) auf der gesamten komplexen Ebene (ohne reelle Achse) durch einen Integralausdruck mittels der Spektralfunktion schreiben. Aus Gl. (4.28) und (4.36) sehen wir h i GrA,B (t) = −iΘ(t) f (t) + ǫf (t − iβ) = −iΘ(t) und mit Gr (z) = R∞ 0 Z ∞ −∞ dω A(ω) e−iωt (4.37) . (4.38) dt Gr (t) eizt folgt nun r G (z) = Z ∞ −∞ dω A(ω) z−ω Derselbe Ausdruck gilt auch für die avancierte Green-Funktion in der unteren komplexen Halbenbene. Ein “unabhängiger” Beweis für (4.38) verläuft so: 57 4.3. GREEN-FUNKTIONEN (i) Die Funktionen auf der linken und der rechten Seite sind beide analytisch für z oberhalb und unterhalb der reellen Achse; (ii) Für z → ∞ verhalten sich beide Seiten wie ≃ 1/z; (iii) An der reellen Achse liegt ein Sprung vor, der auf der linken Seite per definitionem gleich A(ω) ist, und auf der rechten Seite nach Cauchy! Normierung Nach der Definition (4.23) gilt und Gl. (4.37) gilt lim Gr (t) t→0+ a,B h [A, B]ǫ i = = −ih[A, B]ǫ i, Z ∞ −∞ dω A(ω) . (4.39) Die Spektralfunktion A(ω) ist also normiert. Für die Einteilchen-Greensfunktion, A = c~r (Vernichter) und B = c~r+′ (Erzeuger) ist sowohl für Bosonen wie für Fermionen h[A, B]ǫ i = 1 und die dazugehörige Spektralfunktion ist auf eins normiert. Symmetrie der Spektralfunkion Wir betrachten nun den Fall B = A. Dieses ist häufig sinnvoll. Z.B. möchte mann wissen wie gross die induzierte Magnetisierung M ist wenn ein äusseres Magnetfeld angelegt wird, welche via −MB ankoppelt, die Response In diesem Fall gilt A(−ω) = ǫA(ω) . Zum Beweis betrachten wir Gl. (4.26), f (t) = hA(t)Ai = 1 Sp(ei(iβ+t)H Ae−itH A), Z 1 Sp(ei(iβ−t)H Ae+itH A), = hAA(t)i , Z für den Fall B = A. Zusammen mit der Beziehung (4.27), f (t − iβ) = hAA(t)i ergibt dieses f (−t) = hAA(t)i, f (−t) = f (t − iβ) . Damit folgt für die Fouriertransformierte f (−ω) = = Z ∞ Z0∞ 0 −iωt dtf (t) e = iω(t̄+iβ) dt̄f (t̄) e Z ∞ iω t̃ dt̃f (−t̃) e 0 −βω = e = Z 0 ∞ dt̃f (t̃ − iβ) eiωt̃ f (ω) . Nun folgt damit aus der Beziehung (4.34) A(−ω) = 1 + ǫ eβω −βω e−βω + ǫ 1 + ǫ eβω f (−ω) = e f (ω) = f (ω) = ǫA(ω) 2π 2π 2π (mit ǫ2 = 1), was zu beweisen war. 58 KAPITEL 4. VIELTEILCHENTHEORIE 4.3.4 Einteilchen-Green-Funktionen Die am häufigsten betrachteten Green-Funktionen sind die “Propagatoren” von Teilchen mit A = c~r (Vernichter) und B = c~r+′ (Erzeuger), da diese ein-Teilchen-Green-Funktionen das Propagieren eines am Ort ~r′ zur Zeit 0 erzeugten Teilchens beschreiben zum Ort ~r zur Zeit t, wo es dann vernichtet wird. Freie Fermionen Wir betrachten freie Elektronen mit der Dispersions-Relation ǫk , z.B. ǫk = h̄2 k 2 /(2m) und dem Hamilton-Operator H0 = X ~k 1 X i~k·~r c~k = √ e c~r , V ~r ξ~k c~+ c , k ~k ξ~k = ǫ~k − µ , (4.40) wobei µ das chemische Potential ist. Die Zeitentwicklung der Operatoren ist c~k (t) = eiH0 t c~k e−iH0 t = e−iξ~k t c~k , (4.41) was mit c~k (0) = c~k aus der Bewegungsgleichung d c~k (t) = i eiH0 t [H0 , c~k ] e−iH0 t = iξ~k eiH0 t [c~+ c~k , c~k ] e−iH0 t k dt −iH0 t + c c = iξ~k eiH0 t c~+ c = (−i ξ~k ) c~c(t) − c c ~ ~ ~ ~ ~ k e k k k k k | {z } =0 folgt. | {z } 1−c~+ c~k k Retardierte Green-Funktion freier Fermionen Die retardierte Einteilchen-Green-Funktion G~k (t) hat also (mit ǫ = +1 in (4.23)) die Form G~k (t) = −i Θ(t)h {c~k (t), c~+ } i = −i e−iξ~k t Θ(t)h {c~k , c~+ } i = −i e−iξ~k t Θ(t) . k k | Aus der Frequenzdarstellung Z 0 ∞ dt G~k (t) eizt = G~k (z) = {z =1 } 1 z − ξ~k (4.42) finden wir mit z = ω + iδ für das Spektralgewicht 1 − lim Im G~k (ω + iδ) = π δ→0 A~k (ω) = δ(ω − (ǫk − µ)) . (4.43) Damit wird das Spektralgewicht auch seinem Namen gerecht, die normale Zustandsdichte ρ(ω) ist dann durch ρ(ω) = Z d3 k δ(ω − ξ~k ) = (2π)3 Z d3 k A~ (ω) (2π)3 k (4.44) 59 4.3. GREEN-FUNKTIONEN gegeben. Harmonischer Oszillator Bevor wir uns der Green-Funktion freier Bosonen zuwenden rekapitulieren wir kurz den harmonischen Oszillator ! 1 d2 h̄ω β 2 x2 − 2 2 , H = 2 β x β2 = mω , h̄ welcher mittel der Auf-/Absteige-Operatoren a† und a diagonalisiert werden kann: 1 , 2 H = h̄ω a† a + 1 x = √ a + a† , β 2 d β = √ a − a† . dx 2 Die Auf-/Absteige-Operatoren erfüllen die bosonischen Kommutationsrelationen. Haben wir viele harmonische Oszillationen, wie bei den Phononen, dann schreiben wir allg. H = X h̄Ωq~ q~ aq†~ aq~ 1 , + 2 [aq~, a†vecq′ ] = δq~,~q′ , aq~ (t) = e−ih̄Ω~qt aq~ . Photonen oder Phononen sind keine Elementarteilchen mit fester Anzahl, sie können in beliebiger Anzahl erzeugt oder vernichtet werden, man bezeichnet sie als AustauschBosonen. Es ist üblich den Impuls von Austausch-Bosonen mit ~q zu bezeichnen. Freie Austausch-Bosonen Da Austausch-Bosonen in der Regel in der Kombination a + a† auftreten, und da (aq~)† = a†−~q ist, definiert man die bosonische Greenfunktion Dq~(t) als Dq~ (t) = −i Θ(t)h [aq~ + a†−~q, a−~q + aq†~] i = −i Θ(t) e−ih̄Ω~q h [aq~, aq†~] i − i Θ(t) eih̄Ω−~q h [a†−~q, a−~q] i , | {z } | =1 wobei wir {z =−1 } [a†−~q, aq†~] = 0 [aq~, a−~q] = 0, verwendet haben. Damit erhalten wir Z 0 ∞ dt Dq~(t) eizt = Dq~(z) = 1 1 − z − h̄Ωq~ z + h̄Ω−~q . (4.45) Im allgemeinen haben wir aufgrund einer Inversionssymmetrie Ωq~ = Ω−~q und somit Dq~(z) = z2 2h̄Ωq~ − (h̄Ωq~)2 60 KAPITEL 4. VIELTEILCHENTHEORIE 4.3.5 Kramers-Kronig-Relationen Wir nutzen nun die Analytizität von Gr (z) in der oberen Halbebene für ein geeigentes Kontour-Integral. z z CR −R R Aufgrund des Satze von Cauchy gilt mit z = ω + δ, r ′ 1 1 Gr (ω ′) ′ G (z ) ′ G (z) = = obengeschl. dz relle dω 2πi Halbkreis z′ − z 2πi Achse ω ′ − ω − iδ Z 1 r 1 Gr (ω ′ ) = G (z) + dω ′ ′ 2 2πi Hauptwert ω −ω Z r Z (4.46) für δ → 0. Die Umformungen sind die folgenden: • Das Integral über den großen Halbkreis trägt nicht zum Kontour-Integral bei, aufgrund der Asymptotik Gr (Z) ∼ 1/z für z → ∞, siehe Gl. (4.32), ∼ 1 R → 0, R2 (R → ∞) . • Das Integral über den kleinen Halbkreis berchnet sich zu Z Z Z 2π Gr (ω ′) d(ηeiφ ) r r dω ′ ≈ G (ω) = iG (ω) dφ = iπGr (ω) , ω −ω ηeiφ π ′ mit d(ηeiφ ) = ηeiφ i(dφ). Im ω Im ω ω ω z ω ω−η Re ω ω+η Re ω Kramers-Kronig-Relationen Wir benutzen jetzt z = ω + iδ und stellen um 1 G (ω) = πi r Z Hauptwert dω ′ Gr (ω ′) . ω′ − ω (4.47) 61 4.3. GREEN-FUNKTIONEN Wenn wir nun Real- und Imaginär-Teile Gl. (4.47) nehmen erhalten wir die KramersKronig-Relationen Im G(ω ′) 1Z dω ′ ′ Re G(ω) = π Hauptwert ω −ω Z 1 Re G(ω ′ ) Im G(ω) = − dω ′ ′ π Hauptwert ω −ω (4.48) wobei wir den Index r unterdrückt haben. • Allein aus dem Realteil (oder Imaginärteil) kann die vollständige Funktion reproduzieren werden. Dazu muss man den Real-/Imaginärteil allerdings mit hoher Genauigkeit für alle Frequenzen kennen. • Die Kramers-Kronig Relationen gelten für alle Funktionen welchen in der oberen komplexen Halbebene analytisch sind, insbesondere für alle Responsfunktionen. • Ein Beispiel ist die die dynamischen Dieletrizitätskonstante ǫ(ω) = ǫ0 + i σ(ω) , ω welche nach Kap. 4.2 eine retardierte Green-Funktion ist. Experimentell kann man nun den Realteil von ǫ(ω) durch Infrarot-Absorbtion messen und dann mittels Kramers-Kronig die dyamische Leitfähigkeit σ(ω) gewinnen. 4.3.6 Bewegungsgleichungen Mit d Θ(t) = δ(t) dt finden wir für die Zeitableitung der retardierte Green-Funktion im Heisenberg-Bild Ȧ(t) = i[H, A(t)], d r G (t) = −i δ(t) h [A(t), B]ǫ i − i Θ(t) h [Ȧ(t), B]ǫ i dt A,B = −i δ(t) h [A, B]ǫ i + i Gr[H,A],B (t) . (4.49) Die Green-Funktion hat also i.A. einen Sprung bei t = 0. Tatsächlich gilt eine analoge DGL auch für die kausale und die avancierte Green-Funktion, so daß wir zusammenfassen i d GA,B (t) = δ(t) h [A, B]ǫ i + G[A,H],B (t) . dt (4.50) Im allgemeinen ist der Operator [A, H] irgendetwas kompliziertes und die obigen DGL verknüpfen zwei gleichermaßen schwer zugängliche Funktionen. Es mag jedoch sein, daß [A, H] “vom Typ des Operators A” ist. Dann schließt die obige DGL. (Manchmal kann ein Schließen nach mehrmaligem Differenzieren vorliegen.) 62 KAPITEL 4. VIELTEILCHENTHEORIE Als Beispiel wollen wir zunächst ein Vielteilchensysteme ohne Wechselwirkung behandeln. Anschaulich ist ja zu erwarten, daß eine Reduktion auf Einteilchenprobleme möglich sein muß. Freie Teilchen Der Hamilton-Operator ist Z ! h̄2 2 d x ψ (x) − ∇ ψ(x), 2m 3 + ψ(~x) = √ 1 3 Z ~ d3 k eik·~x c~k , 2π siehe Gl. (4.3). Da der Hamilton-Operator im k-Raum diagnonal ist, X (h̄~k)2 ǫ~k c~†k c~k , ǫ~k = H = , 2m ~ k wäre es eine triviale Aufgabestellung die Bewegungsgleichungen im Impulsraum zu lösen. Wir wollen jedoch im Ortsraum bleiben, um zu motivieren woher der Name GreenFunktion kommt, insbesondere den Zusammenhang mit den Green-Funktionen welche in der Lösungstheorie partieller Differentialgleichungen verwendet werden. Green-Funktion im Ortsraum Wir betrachten nun den Fall der ein-Teilchen-Green-Funktion im Ortsraum mit B = ψ + (r ′ ) . A = ψ(r), (4.51) Unter Verwendung der allgemeinen Beziehungen sowie von gilt nun [ab, c] = a[b, c]ǫ − [c, a]ǫ b , [a, bc] = [a, b]ǫ c − b[c, a]ǫ , [A, B]ǫ = [ψ(r), ψ + (r ′)]ǫ = δ(r − r ′ ) [A, H] = Z = Z = d i Gr,r′ (t) − dt h + 3 h + d x ψ(r), ψ (x) 2 − Damit folgt ! i h̄2 2 ∇ ψ(x) d x ψ(r), ψ (x) − 2m 3 ! h̄ ∇2 ψ(r) . 2m i ǫ (4.52) ! h̄2 2 − ∇ ψ(x) 2m ! h̄2 2 − ∇r Gy,r′ (t) = δ(t)δ(r − r ′ ) 2m (4.53) (4.54) oder allg. ! d i − H Gr,r′ (t − t′ ) = δ(t − t′ )δ(r − r ′ ) , dt wobei wir t → t − t′ ersetzt und für den Integraloperator, der auf den Ausdruck rechts als Funktion von r wirkt, die Notation H eingeführt haben. Die letzte DGL ist aus der Theorie der partiellen Differentialgleichungen bekannt. Die Lösung dieser DGL wird Green-Funktion genannt und ist der Grund der Namensgebung für die oben eingeführten Korrelationsfunktionen! 63 4.3. GREEN-FUNKTIONEN 4.3.7 Das Hubbard Atom Wir betrachten ein isoliertes Atom/Ion mit nur einem relevanten Orbital, welche leer sein kann oder einfach/doppelt besetzt. Die intra-atomare Coulomb-Abstossung zwischen den Elektronen beschreiben wir durch den Parameter U: H = X σ=↑,↓ (εσ − µ)nσ + Un↑ n↓ , (4.55) wobei nσ = c†σ cσ die Anzahl der Elektronen mit Spin-σ mißt, µ das chemische Potential ist und εσ die orbitale Ein-Teilchen-Energie. Ohne ein äusseres Magnetfeld ist εσ ≡ ε0 . 2ε+U moment forms Γ µ ε Wir sind daran interesiert die retardierte Einteilchen-Greens-Funktion (4.23) h Gσ (t) = −iΘ(+t)h cσ (t), c†σ i + i (4.56) auszurechnen. Hierzu verwenden wir die Bewegungsgleichungen (4.49) i h i h d Gσ (t) = −i δ(t) h cσ (0), c†σ i − i Θ(t) h ċσ (t), c†σ i , + + dt | {z } (4.57) =1 mit ċσ = i[H, cσ ]. Kommutatoren Wir berechnen zunächst eine Reihe von Kommutatoren: [nσ′ , cσ ] = δσ,σ′ c†σ cσ cσ − cσ c†σ cσ [n↑ n↓ , cσ ] = −n−σ cσ [nσ′ , n−σ cσ ] = −δσ,σ′ n−σ cσ [n↑ n↓ , n−σ cσ ] = −n−σ cσ = −δσ,σ′ 1 − c†σ cσ cσ = −δσ,σ′ cσ (4.58) Die letzte Gleichung gilt das nσ nσ = nσ , für Fermionen. Wir finden daher ċσ = i [H, cσ ] = −i (εσ − µ) cσ − iUn−σ cσ d (n−σ cσ ) = −i (εσ − µ) n−σ cσ − iUn−σ cσ . dt (4.59) (4.60) 64 KAPITEL 4. VIELTEILCHENTHEORIE Der Operator n−σ cσ ist daher ein Eigenoperator des Hamilton-Operators. Damit wird die Bewegungsgleichung (4.57) zu d Gσ (t) = −i δ(t) − i (εσ − µ) Gσ (t) − iU G̃σ (t) dt wobei wir mit G̃σ (t) = −iΘ(+t)h h h haben. Diese genügt mit n−σ cσ , c†σ i n−σ cσ (t), c†σ + i + , (4.61) i eine neue Greens-Funktion definiert = n−σ der Bewegungsgleichung " d d G̃σ (t) = −iδ(t)hn−σ i − iΘ(t)h n−σ cσ (t), c†σ dt dt # + i. (4.62) . (4.63) Mit Hilfe von (4.60) wird (4.62) zu d G̃σ (t) = −iδ(t)hn−σ i − i (εσ − µ + U) G̃σ (t) dt Die beiden Gleichungen (4.61) und (4.63) bilden ein geschlossenes System welches zu lösen ist. Frequenzdarstellung Unter einer Fourrier-Transformation werden (4.61) und (4.63) ω Gσ (ω) = 1 + (εσ − µ) Gσ (ω) + U G̃σ (ω) ω G̃σ (ω) = hn−σ i + (εσ − µ + U) G̃σ (ω) , mit der Lösung Gσ (ω) = 1 − hn−σ i hn−σ i + ω − (εσ − µ) ω − (εσ − µ + U) . (4.64) Wir haben hier ein Beispiel eines echten Zweiteilchen-Effektes. Wenn z.B. kein ↑-Teilchen vorhanden ist, dann hat die Greens-Funktion für das ↓-Elektron die bekannte Form 1/(ω− (εσ − µ)) einer Ein-Teilchen-Greens-Funktion, vergleiche (4.42). Wenn jedoch ein ↑-Teilchen vorhanden ist, dann muss eine zusätzliche Energie U bezahlt werden um ein ↓-Elektron auf das Ion zu setzten, die Greens-Funktion hat dann die Form 1/(ω − (εσ − µ + U)). 65 4.4. STREUEXPERIMENTE IN BORN’SCHER NÄHERUNG 4.4 4.4.1 Streuexperimente in Born’scher Näherung Einleitung Wir wollen die Streuung von Teilchen (Neutronen, Photonen) am Kristall untersuchen. Im Gegensatz zum bisher untersuchten idealen, starren Kristall, der nur Impulsübertrag auf das Streuteilchen erlaubte, sind im realen Kristall Impuls- und Energie-Übertrag durch Phononen und andere elementare Anregungen möglich. Wir wollen in der weiteren Beschreibung Streuteilchen mit einer Energie-Impuls-Dispersion ǫ(k) voraussetzen. Dabei denken wir insbesondere an Neutronen, welche einmal an den Kernen durch Ankopplung an die Dichte streuen und zum anderen ein magnetisches Moment besitzen und somit an den magnetischen Momenten der Elektronen (Spin) in magnetischen Systemen streuen. Da Neutronen nur schwach wechselwirken, dringen sie tief ein: • Oberflächeneffekte spielen keine Rolle • Thermische Neutronen (Reaktor) lassen grosse Energie- und Impuls-Bereiche zu: 2 2 ǫk = h̄2mk . Neutronen mit Wellenlänge 1 Angström besitzen eine Energie von 0.082eV ≃ 950K (1eV = 11.000K) Aufgrund der schwachen Wechselwirkung messen die Streuteilchen die Eigenschaften des Systems aus ohne es zu modifizieren. Mehrfachstreuung spielt zudem keine Rolle und damit ist die Born’sche Näherung zulässig k’,ε ’ Streuteilchen k, ε Abstraktes Diagramm: System a nicht beobachtet b q=k-k’ k, ε h ω=ε−ε ’ k’,ε ’ Neutron beobachtet Was wird gemessen? Man kennt das einfallende Teilchen (~k, ǫ) und man mißt das gestreute Teilchen (~k ′ , ǫ′ ). Im System: • im thermischen Gleichgewicht ist der Eigenzustand |ai des Systems mit dem Gewicht e−βEa /Z zu versehen, es ist über alle |ai zu summieren. • Man man mißt nicht den Endzustand |bi des Systems, d.h. alle Endzustände |bi verträglich mit Energie- und Impulserhaltung sind grundsätzlich möglich. 66 4.4.2 KAPITEL 4. VIELTEILCHENTHEORIE Born’sche Näherung Das Wechselwirkungspotential sei W (r) = N X i=1 vi (r − ri ) , wobei r die Position des Neutrons und ri die des Atoms i kennzeichnet. Da die Neutronen im Wesentlichen nur mit dem Atomkern in Wechselwirkung treten können wir Fermis Pseudopotential ~i δ(r) vi (r) = α + γ ~σ · S ~i des Atoms i. benutzen, mit dem Spinoperator des Streuteilchens ~σ , und dem Kernspin S Allerdings werden wir an dieser Stelle nicht die die magnetische Streuung am Kernspin betrachten und setzen hier γ = 0. Übergangswahrscheinlichkeiten Die Übergangswahrscheinlichkeit vom Ausgangszustand |k, ai = |ki|ai in den Endzustand |k ′ , bi = |k ′ i|bi ist in erster Born’scher Näherung (ǫ=E ˆ k und ǫ′ =E ˆ k′ ) w(k, a → k ′ , b) = 2 2π ′ hk , b|W |k, ai δ(Ek + Ea − Ek′ − Eb ) . h̄ (4.65) Der Detektor mißt nicht einen Zustand mit scharfem k ′ , sondern hat Auflösung mit Raumwinkel dΩ und Energie dω. Für relativistische Teilchen gilt Ek2 = (M0 c2 )2 + (ch̄k)2 (4.66) also c2h̄k h̄k 1 dE = = (4.67) h̄ dk E M mit der impulsabhängigen Masse M = E/c2 und der Geschwindigkeit vk . Die Variation der Energie des austretenden Neutrons ist EdE = c2h̄2 kdk , h̄dω = dE ′ = vk = c2 h̄2 k ′ dk ′ h̄2 k ′ dk ′ = . E′ M′ Da die Energie des einfallenden Neutrons nicht variert wird, ist dω auch klein die Änderung der Energiedifferenz. Die Anzahl der Zustände kompatibel mit Raumwinkel dΩ und Energiedifferenz h̄dω ist V M ′ h̄dω V ′2 ′ ′ k dΩ dk = k dΩ # Endzustände = (2π)3 (2π)3 h̄2 V vk′ M ′2 dΩ dω . = (2π)3h̄2 ! (4.68) Die Stromdichte des einfallenden Teilchens ist Stromdichte = v . V (4.69) 67 4.4. STREUEXPERIMENTE IN BORN’SCHER NÄHERUNG Der doppelt differentielle Streuquerschnitt berechnet sich zu X e−βEa (4.65)(4.68) d2 σ = dΩdω Z (4.69) dΩdω a,b (4.70) 2 2πV 2 v ′ ′2 X e−βEa ′ hk , b|W |k, ai δ(Ea − Eb + h̄ω) M 3 (2πh̄) v Z a,b = Im Ortsraum Mit dem Fourier-Integral der δ-Funktion i 1 Z∞ δ(Ea − Eb + h̄ω) = dt e 2πh̄ −∞ ω+ Eh̄a − Eb h̄ t (4.71) und der Fourier-Darstellung der Matrixelemente hk|W |k ′i = Z ′ d3 r V ei(k −k)r W (r) = Z d3 r V e−iqr W (r) (4.72) folgt direkt d2 σ M ′2 v ′ 1 = dΩdω h̄4 v (2π)3 · Z ∞ dt eiωt −∞ (4.73) Z d3 rd3 r ′ e−iqr eiqr ′ X a,b e−βEa ha|W (r, t)|bihb|W (r ′, 0)|bi , Z wobei wir die Heisenberg-Darstellung H H W (r, t) = ei h̄ t W (r) e−i h̄ t (4.74) benutzt haben. Benutzen wir nun noch X b X a |bihb| = 1 e−βEa ha| . . . |ai = h. . .i , Z (4.75) so erhalten wir Z d2 σ M ′2 v ′ 1 Z ∞ ′ iωt d3 rd3 r ′ e−iq(r−r ) hW (r, t)W (r ′, 0)i . dt e = 4 3 dΩdω h̄ v (2π) −∞ (4.76) Dynamischer Strukturfaktor Das Wechselwirkungspotential hat die Form W = N X i=1 v(r − ri ) = Z v(r − r̃)n(r̃)d3 r̃ , (4.77) 68 KAPITEL 4. VIELTEILCHENTHEORIE wobei r und ri die Ortsoperatoren des Streuteilchens und des i-ten Atoms sind, v(r) das Wechselwirkungspotential und n(r) der Dichteoperator. Damit wird (4.76) zu M ′2 v ′ |vq |2 d2 σ = Sq (ω) dΩ dω h̄4 v (2π)3 (4.78) wobei vq die Fourier-Transformierte von v(r). Der dynamische Strukturfaktor für DichteDichte-Fluktuationen ist Sq (ω), d.h. Sq (ω) ist die die Frequenz- und Impulsdarstellung der Dichte-Dichte-Korrelationsfunktion Sq (t) = hnq (t)n−q (0)i = Z d3 rd3 r ′ −iq(r−r′ ) e hn(r, t)n(r ′ , 0)i . V2 (4.79) Fluktuations-Dissipations-Theorem Nach Gl. ((4.36)) (mit ǫ = −1 da die Dichte-Fluktuationen Bose-artige Operatoren sind) hängt Sq (ω) (dort f genannt) mit der Spektralfunktion Anq n−q wie folgt Anq n−q (ω) Sq (ω) = 2π 1 − e−βω (4.80) zusammen. Gl. (4.80) nennen wir auch Fluktuations-Dissipations-Theorem. Die Dichte-Dichte Korrelationsfunktion Sq (ω) misste die Dichte-Fluktuationen, die Spektralfunktion Anq n−q (ω) ist ein Mass für die Dissipation, da diese ja proportional zum Imaginärteil der retartdierten Green-Funktion ist.