Dynamik von Sanddünen

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Dynamik von Sanddünen
von
Christoph Kölbl, Simon Bretschneider und Matthias Haas
Sommersemester 2009
Wir müssen unbedingt Raum für Zweifel lassen,
sonst gibt es keinen Fortschritt, kein Dazulernen.
Man kann nichts Neues herausfinden,
wenn man nicht vorher eine Frage stellt.
Und um zu fragen, bedarf es des Zweifelns.
Die Physik hat es aufgegeben, voraussagen zu wollen,
was unter bestimmten Bedingungen geschehen müsste.
Wir können nur Chancen voraussagen.
Richard Feynman
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung und Motivation
1
2 Geologische und physikalische Grundlagen von Sanddünen
2.1 Eigenschaften von Sand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.1 Was ist Sand? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.2 Sandentstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.3 Sandvorkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Wind und Wasser als Transportmittel . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Bewegung von Sandkörnern . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.2 Sandtransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Sanddünen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.1 Vorkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.2 Dünenentstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.3 Dünenbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.4 Dünenhöhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3.5 Dünenformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Minimalmodell nach Herrmann zur Beschreibung der Dynamik
2.5 Reibungswinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3 Versuchsaufbau
3.1 Wahl des Versuchsaufbau
3.2 Wasserkanal . . . . . . . .
3.3 Pumpen . . . . . . . . . .
3.4 Sand . . . . . . . . . . . .
3.5 Messaperatur . . . . . . .
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4 Versuchsdurchführung und Auswertung
4.1 Marmorsand . . . . . . . . . . . . . .
4.1.1 Messreihe Direktes Pumpen“ .
”
4.1.2 Messreihe Indirektes Pumpen“
”
4.2 Quarzsand . . . . . . . . . . . . . . . .
5 Ergebnisse und Fazit
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6 Quellen
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6.1 Literaturverzeichnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
6.2 Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
i
ii
1 Einleitung und Motivation
1 Einleitung und Motivation
Wo es in den Wüsten staubtrocken ist und immer wieder Winde wehen, da türmen sich
Dünen auf. Und diese Sandhügel haben es in sich: Manche rühren sich seit Jahrtausenden nicht vom Fleck, andere wandern unablässig - und einige beginnen sogar zu singen.
Im Rahmen des Projektpraktikums haben wir uns, nach langer Durchsicht und Studium der verschiedenen möglichen Themen diverser physikalischer Themengebiete, für ein
bisher noch nie von Studenten durchgeführtes Projekt entschieden: die Untersuchung
der Dynamik von Sanddünen unter Wasser. Dabei hat uns vor allem die Aktualität dieses Forschungsthemas gereizt und unseren Ehrgeiz geweckt dieses Projekt in Angriff zu
nehmen, ohne genau zu wissen auf welche Hindernisse oder Ergebnisse wir im Laufe der
Versuche stoßen werden.
Ein Ziel hierbei war es von vornherein die wenigen bereits existierende theoretische
Modelle und Formalismen experimentell mit einem innovativen Versuchsaufbau, der eine Alternative zu bisher durchgeführten Windkanalversuchen darstellt, zu untersuchen.
Nicht zuletzt unser Interesse an Geophysik und die Möglichkeit des eigenständigen wissenschaftlichen Arbeitens haben uns dazu bewogen ein Projektpraktikum in diesem Themengebiet durchzuführen.
Eine angenehme Pflicht ist es uns, den Personen, die unsere Arbeit förderten, an dieser Stelle zu danken. In erster Linie sei da Dr. Bernd-Uwe Runge und Günther
Kohllöffel und dem Betreuer des Projektpraktikums Thomas Lorenz der Dank gesagt.
Nicht weniger haben sich die Uni-Werkstatt, die uns bei der Herstellung des Wasserbeckens zu jeder Zeit tatkräftig zur Seite standen, und die Tierforschungsanstalt (TFA)
für die Bereitstellung der für die Versuche benötigten Pumpen, verdient gemacht.
1
2 Geologische und physikalische Grundlagen von Sanddünen
2 Geologische und physikalische Grundlagen von Sanddünen
Zunächst werden die geologischen Aspekte, die beim Projekt und dem Versuch relevant
sind, betrachtet. Dabei werden kurz die Eigenschaften von Sand und dessen Transport
in Luft aufgeführt um darauf aufbauend Sanddünen in ihren speziellen Ausprägungen
und ihrem Vorkommen zu betrachten. Im Anschluss daran wird näher auf physikalische
Aspekte von Sanddünen eingegangen.
2.1 Eigenschaften von Sand
2.1.1 Was ist Sand?
Sand ist ein natürlich vorkommendes, unverfestigtes Sedimentgestein. Sand gehört dabei
zur Klassifikation der siliziklastischen Sedimentgesteine, bei der man sich in erster Linie
auf die in den Gesteinen dominierende Korngröße bezieht. Man unterscheidet dabei nach
steigender Korngröße die Fraktionen Ton, Silt (Schluff), Sand, Kies und Geröll (Abb.
1).
Abbildung 1: Klassifikation der siliziklastischen Gesteine
Sand besteht dabei aus einzelnen Sandkörnern mit einer Korngröße von 0.063mm (Feinsand) bis hin zu 2mm (Grobsand). Der Sand zählt dabei zu den nicht bindigen Böden
und stellt für das Bauwesen und die Glasindustrie einen bedeutenden Rohstoff dar.
2.1.2 Sandentstehung
Sand kann aus fast jeder Art von Mineralkörnern bestehen, die durch physikalische und
chemische Verwitterung anderer Gesteine entstehen. Jedoch herrschen Quarzkörner bei
weitem vor. Der Grund hierfür ist, dass Quarz ein überaus häufiger Bestandteil vieler an
der Oberfläche anstehender Gesteine ist, vor allem von Sandsteinen. Sand kann aber auch
durch magmatische bzw. metamorphe Ausgangsmaterialien, wie z.B. Granit entstehen.
Dabei werden typischerweise die Kristalle der mineralischen Bestandteile herausgelöst.
Die Mineralzusammensetzung des Sandes und die Form der Körner verändert sich vergleichsweise rasch. So entstehen aus größeren Körnern kleinere, indem sie entlang der
Kristallgrenzflächen gespalten oder durch Zusammenstöße der Körner untereinander als
kleinere Körner herausgebrochen werden.
Durch mechanische Einflüsse beim Transport ändert sich die Form der Einzelkörner;
generell werden Ecken und Kanten umso mehr gerundet und abgeschliffen, je länger der
Transportweg ist. Dies ist allerdings kein linearer Prozess: Je runder und kleiner die
Körner werden, umso widerstandsfähiger sind sie gegen weitere Veränderungen. Untersuchungen ergaben, dass häufig ein Transportweg von Tausenden von Kilometern nötig
ist, um Sandkörner mittlerer Größe auch nur mäßig zu verrunden.
Viele äolisch transportierte Sandkörner zeigen matierte, milchglasartige Oberflächen.
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2 Geologische und physikalische Grundlagen von Sanddünen
Abbildung 2: links: Quarzsand bei 200-facher Vergrößerung - rechts: Sand unter dem
Elektronenmikroskop
Diese Kornmattierung wird zum Teil durch den vom Wind verursachten Aufprall erzeugt. Doch zum weitaus größeren Teil ist sie das Ergebnis einer langsamen fortwährenden Anlösung durch Tau.
Selbst winzige Mengen von Tau, die auch in aridem Klima vorhanden sind, reichen aus,
um mikroskopisch kleine Vertiefungen herauszulösen, die diese matte Kornoberfläche erzeugen. Diese matten Oberflächen treten ausschließlich im äolischen Milieu auf und sind
ein sicherer Hinweis für äolischen Transport.
Als Sonderfall ist Sand zu sehen, der aus den Überresten abgestorbener Lebewesen, wie
z.B. Muscheln oder Korallen, gebildet wurde. In geologischen Zeiträumen betrachtet ist
dieser Sand sehr kurzlebig, da die Einzelkörner während der Diagenese normalerweise so
stark verändert werden, dass sie nach einer erneuten Heraushebung und Erosion nicht
mehr in ihrer ursprünglichen Form in Erscheinung treten können.
2.1.3 Sandvorkommen
Sand kommt in mehr oder weniger großer Konzentration überall auf der Erdoberfläche
vor. Es gibt jedoch deutliche Unterschiede in der Verbreitung, die von Faktoren wie Ausgangsgestein, Klima, Erdgeschichte und Transportmedium abhängen. Im Hochgebirge ist
Sand eher nur vereinzelt zu finden, wenn man von den Moränen von Talgletschern und
den Ablagerungen der Fließgewässer absieht. Im Mittelgebirge und im Flachland wird
Sand dagegen häufig von mäandrierenden Flüssen transportiert und sedimentiert. Auch
am Grund von Seen gibt es teils mächtige Sandablagerungen. Von Sandbänken und Überschwemmungsflächen kann der Sand ausgeblasen und über weite Stecken transportiert
werden (äolischer Transport), da das Fehlen einer geschlossenen Vegetationsdecke das
Angreifen des Windes begünstigt. So ist für viele Menschen der Begriff Wüste“ mit
”
dem Bild von Dünen verbunden, und tatsächlich sind große Teile der Sahara und der
Namib sowie die westasiatischen Wüsten als sog. Sandwüsten von Sand geprägt (wenn
er auch nicht immer in Form von Dünen auftritt). In den kalten Klimazonen sind weite Sandflächen in der Umgebung von Vorlandgletschern und Inlandeis zu finden, die
man als Sander bezeichnet. Die Schmelzwässer der Inlandeisschilde der letzten Eiszeiten
sind beispielsweise verantwortlich für den Sandreichtum Norddeutschlands und insbesondere Brandenburgs. Nennenswerte Sandablagerungen gibt es auch dort, wo Flüsse
unter Bildung eines Deltas ins Meer münden. Der Sand wird dann durch küstenparallele
Strömungen weiter verteilt und tritt als Strand und Sandbank in Erscheinung. Schließ-
3
2 Geologische und physikalische Grundlagen von Sanddünen
lich werden große Mengen an Sand auf den Kontinentalschelfen abgelagert, von wo aus
Teile durch Suspensionsströme in die Tiefsee-Ebenen getragen werden.
Generell lässt sich auch sagen, dass es dort besonders große Sandvorkommen gibt, wo
Sandstein an der Oberfläche ansteht und somit als Ausgangsmaterial dient. In Gebieten mit großräumiger Bedeckung durch Kalkstein hingegen herrscht meistens chemische
Verwitterung vor: Das Gestein wird gelöst und weist den typischen Formenschatz des
Karstes auf. Kalksand hat unter diesen Bedingungen aufgrund seiner großen Oberfläche
nur eine geringe Lebensdauer. So lässt sich beispielsweise die weitgehende Abwesenheit
von Sandstränden an der kroatischen Küste erklären, denn sowohl die Küste selbst als
auch große Gebiete des Landesinneren sind ausschließlich durch Kalkgestein geprägt.
Weiterhin spielt die chemische Verwitterung auch in den kontinentalen, immerfeuchten
Tropen eine bedeutende Rolle. Auch hier sind aus diesem Grund größere Sandvorkommen eher selten.
2.2 Wind und Wasser als Transportmittel
Der Wind übt auf dem Festland dieselbe Art von Kraft auf Sedimentpartikel aus wie
eine Fluss-Strömung auf die Sandkörner in ihrem Flussbett. Dabei wirken Turbulenz
und die gerichtete Bewegung der Luftströmung zusammen, um die Sedimentpartikel in
den Windstrom hochzuwirbeln und über eine gewisse Entfernung zu transportieren. Bereits leichte Winde können Körner auf einer sandigen Unterlage ins Rollen bringen. Bei
höheren Windgeschwindigkeiten werden auch Sandkörner mit einem Durchmesser über
0.06mm aufgewirbelt.
Im Unterschied zum Wasser kann der Wind im Allgemeinen wegen der niedrigeren Viskosität und Dichte der Luft die größten Partikel nicht transportieren.
2.2.1 Bewegung von Sandkörnern
Sand bewegt sich im Wind unmittelbar an der Erdoberfläche. Die Fortbewegung erfolgt
dabei durch eine Kombination von Schieben und Rollen, sowie durch Saltation. Als Saltation bezeichnet man die periodisch hüpfende und springende Bewegung der Körnen.
Im Allgemeinen gilt, dass die Teilchen umso höher springen und umso weiter transportiert werden, je kleiner sie sind (Abb. 3). Diese erfolgt in der Luft auf dieselbe Weise wie
im Wasser.
Abbildung 3: Saltations-Trajektorien über eine sandige Unterlage
In der Luft erfolgt die Saltation weit ausgeprägter als im Wasser. Der Grund hierfür
liegt teilweise an der geringeren Viskosität der Luft, die dadurch die hoch springenden
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2 Geologische und physikalische Grundlagen von Sanddünen
Körner weitaus weniger bremst als das höher viskose Wasser. Außerdem werden die hohen Sprünge der Sandkörner durch den Aufprall der fallenden Körner durch die Luft
überhaupt nicht abgebremst. Dadurch können Körner, die zu groß sind, um in die Luft
geschleudert zu werden, vorwärts gestoßen werden. Es ergibt sich somit ein Kriechen
der Sandschicht in Windrichtung. Ein mit hoher Geschwindigkeit auf der Oberfläche
auftreffendes Sandkorn kann ein anderes Korn von der sechsfachen Größe seines eigenen
Durchmessers vorwärts bewegen.
2.2.2 Sandtransport
Wie viel Sand der Wind transportieren kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
• Windstärke: Abbildung 4 zeigt, wie viel Sand jeweils von Winden mit unterschiedlicher Geschwindigkeit von einem ein Meter breiten Streifen an der Oberfläche einer Sanddüne erodiert werden kann.
Abbildung 4: Die transportierbare Sandmenge nimmt mit steigender Windgeschwindigkeit rasch zu
Dabei nimmt die Aufnahmefähigkeit sehr rasch mit höheren Windgeschwindigkeiten zu.
• Oberflächenmaterial: Im Unterschied zum Wasser kann Wind nur dann Material
transportieren, wenn an der Erdoberfläche Sand zur Verfügung steht. Ein feuchter
Boden besitzt für den Wind zu starke Kohäsionskräfte, um erodiert und verfrachtet zu werden. Da Sand in der Nähe des Bodens überwiegend springend transportiert wird, werden die meisten Sandkörner nach einem relativ kurzen Transportweg
meist in der unmittelbaren Umgebung in Dünen eingebettet. Eine Ausnahme stellen hier die ausgedehnten Dünengebiete der großen Wüsten, wie etwa die Sahara
dar.
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2 Geologische und physikalische Grundlagen von Sanddünen
• Korngröße: Ein weiterer Faktor beim Windtransport spielt die Korngröße. Dabei
gilt: Je größer die Durchmesser der Körner, desto weniger kann vom Wind aufgenommen werden. So kann bei großen Staubstürmen 1km3 Luft bis zu 1000 Tonnen
Staub mit sich führen.
2.3 Sanddünen
Sobald der Wind nachlässt, kann der mitgeführte Sand nicht mehr transportiert werden.
Dadurch wird das gröbere Material in vielfältig geformten Sanddünen abgelagert, die
Größen von niedrigen, kleinen Hügeln bis zu Sandrücken von über 100m Höhe erreichen.
2.3.1 Vorkommen
Sanddünen treten in relativ wenigen Bildungsräumen auf. Dünen bilden sich dabei entlang Meeresküsten (z.B. größte Düne Europas in Pyla am Becken von Arcachon in
Südfrankreich) oder den Ufern großer Seen (z.B. Dünenfelder der Nord- und Ostsee).
Am eindrucksvollsten sind die Dünenfelder in den Wüstengebieten, die dort große Flächen
einnehmen und Höhen von mehreren hundert Metern erreichen können. In diesen Gebieten steht lockerer Sand im Übermaß zur Verfügung. Ein weiterer Faktor ist der Wind.
Am Meer und an den großen Seen wehen vom Wasser her stark auflandige Winde gegen
den Strand. Ähnlich starke Winde mit langer Dauer sind auch in den Wüstengebieten
außerordentlich häufig.
Wie bereits erwähnt, kann der Wind feuchtes Material nur schwer aufnehmen. Dies ist
der Grund, warum die meisten Sanddünen nur in den trockenen Klimazonen auftreten.
Abbildung 5: Verbreitung der größten Wüstengebiete der Erde. In schwarzer Farbe sind
die Sanddünengebiete eingezeichnet
Eine Ausnahme davon bilden die Dünengürtel entlang der Meeresküste, wo Sand reichlich vorhanden ist und im Wind so rasch trocknet, dass selbst in feuchtem Klima Dünen
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2 Geologische und physikalische Grundlagen von Sanddünen
entstehen. Im Unterschied zu den ariden Klimaten bildet sich hier auf den Dünen eine
Vegetationsdecke, sodass der Sand nicht mehr weiter verblasen werden kann. Wird das
Klima jedoch etwas arider, so kann die Düne erneut zu wandern beginnen.
2.3.2 Dünenentstehung
Hindernisentstehung: Setzt man vorraus, dass es genügend Sand und Wind gibt, so
kann jedes Hindernis, wie z.B. ein großer Felsen oder eine Vegetationsgruppe, den Keim
einer Düne bilden. Dabei trennen sich die Stromlinien des Windes, wie die des Wassers an Hindernissen auf, vereinigen sich auf der windabgewandten Seite wieder und
erzeugen auf der Leeseite der Hindernisse einen Strömungsschatten. Dabei ist die Windgeschwindigkeit im Windschatten weitaus geringer als im Hauptstrom um das Hindernis.
Sandkörner können sich dadurch ablagern und werden aufgrund der geringeren Windge-
Abbildung 6: Sanddünen bilden sich auf der Leeseite von Hindernissen, die durch Trennung der Sromlinien einen Windschatten erzeugen. In diesem setzen sich
die Sandkörner ab und häufen sich zu einer Sandwehe auf, die zur Düne
wird
schwindigkeit nicht mehr hochgewirbelt. Die kleine Anhäufung von Sand auf der Leeseite
des Hindernisses wird als Sandwehe bezeichnet.
Dauert der Vorgang fort, so wird die Wehe selbst zu einem Hindernis. Steht genügend
Sand zur Verfügung und weht der Wind lange genug aus derselben Richtung wird aus
der Sandwehe schließlich eine Sanddüne.
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2 Geologische und physikalische Grundlagen von Sanddünen
Vergrößerung von Rippeln: Dünen können außerdem durch die Vergrößerung von Rippeln entstehen. Dies ist vor allem bei subaquatischen Dünen der Fall.
Dabei sind Rippeln ausgesprochen charakteristische Sedimentstrukturen, die weit verbreitet sind. Diese sind letztendlich kleine Dünen aus Sand, die meist nur einen etwa
ein bis zwei Zentimeter hohen, schmalen Rücken bzw. Wälle besitzen und durch einen
breitere Tröge voneinander getrennt sind. Die Kämme verlaufen dabei senkrecht zur
Strömungsrichtung.
Die Bildung der Rippeln kann mit dem Helmholtzschen Gesetz erklärt werden:
Strömen zwei Medien mit unterschiedlicher Dichte aneinander vorbei, so ergibt sich eine
wellenförmige Begrenzungsfläche. Diese angenommene Form ist dabei bei den allgemein
herrschenden Windstärken strömungsenergetisch günstiger als eine ebene Begrenzungsfläche.
Abbildung 7: Durch wellenbedingtes Hin- und Herbewegen des Sandes entstehen symmetrische Rippeln (oben). Durch eine gerichtete Strömung erreicht man
asymmetrische Rippeln (unten)
Wechselt die Strömung ständig ihre Richtung, so entstehen die symmetrischen Rippeln.
Bei gleichbleibender Strömungsrichtung entstehen die asymmetrischen Rippeln mit einem flachen Luvhang und einem steilen Leehang. Durch weitere Ablagerung von Sand
wachsen die Rippeln immer weiter an und entwickeln sich langsam zu Sanddünen.
2.3.3 Dünenbewegung
Wächst die Düne weiter, so beginnt der gesamte Hügel durch die gleichgerichtete Bewegung einer großen Anzahl einzelner Sandkörner nach Lee zu wandern. Die Sandkörner
springen dabei kontinuierlich in Richtung auf die Kammlinie des flachen windzugewandten Luvhangs und fallen dort schließlich auf den im Windschatten liegenden Leehang
(Abb. 8).
Die Sandkörner bilden im oberen Teil des Leehangs allmählich eine steile instabile Sandmasse. Dieses steile Gebilde wird periodisch instabil und rutscht spontan den Leehang
hinab und bildet so einen neuen Hang mit einem flacheren Neigungswinkel (Abb. 9).
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2 Geologische und physikalische Grundlagen von Sanddünen
Abbildung 8: Wanderung einer Düne durch Abtragung von Sand auf der Luvseite und
Anlagerung auf der Leeseite
Abbildung 9: Aufeinanderfolgende Phasen bei der Dünenwanderung
Über längeren Zeitraum betrachtet hat sowohl die Lee-, als auch die Luvseite einen
konstanten Neigungswinkel. Auf der Leeseite ist es der natürliche Neigungswinkel.
2.3.4 Dünenhöhe
Wird auf der Luvseite mehr Sand abgelagert als auf die Leeseite fortgeblasen wird, gewinnt die Düne an Höhe. Nach dieser Art und Weise bauen sich Dünen bis zu Höhen
von 30m auf. Riesige Sanddünen in Saudi-Arabien erreichen sogar bis zu 250m Höhe,
was wohl die maximale Höhe für einfache Dünen zu sein scheint 1 .
Die Erklärung für die Begrenzung der Dünenhöhe ergibt sich aus der Beziehung zwischen dem Verhalten der Stromlinien, der Windgeschwindigkeit und der Morphologie.
Die Stromlinien steigen über dem Rücken einer Düne nach oben und werden, wenn die
Düne höher wächst, immer mehr zusammengedrängt (Abb. 10).
Strömt eine große Menge Luft durch einen engeren Raum, dann nimmt die Strömungs1
aus: Press, Frank und Raymond Siever: Allgemeine Geologie - Einführung in das System Erde;
3. Auflage; Spektrum; S. 371
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2 Geologische und physikalische Grundlagen von Sanddünen
Abbildung 10: Die Höhe einer Düne ist duch das Verhalten der Stromlinien begrenzt
geschwindigkeit zu. Schließlich wird die Windgeschwindigkeit auf dem Kamm der Düne
so groß, dass die Sandkörner vom Dünenkamm genauso schnell fortgeblasen werden, wie
sie den Luvhang hinauftransportiert werden. Somit bleibt die Höhe der Düne konstant.
2.3.5 Dünenformen
Die generelle Form der Sanddünen und ihrer Anordnung hängen von einer Vielzahl von
Faktoren ab, vor allem von der verfügbaren Sandmenge sowie der Richtung, Dauer und
Stärke des Windes. Welche Form eine Düne jeweils annimmt, lässt sich jedoch nicht
vorhersagen.
Insgesamt unterscheidet man im wesentlichen vier Dünenformen:
Sicheldüne: Als Sicheldüne, bekannt auch unter dem Namen Barchan, bezeichnet man
eine bogenförmige Düne, die oftmals in Gruppen oder gelegentlich auch als Einzeldüne
auftritt. Sie wandert über eine ebene Fläche aus Geröllen oder anstehendem Gestein.
Abbildung 11: Barchane (Sicheldüne) sind meist Einzeldünen, deren Dünenenden in
Richtung der windabgewandten Seite zeigen
Die Enden des Barchan sind leewärts gerichtet und die konkave Seite ist die vorwärts
schreitende Leeseite. Barchane sind das Ergebnis einer begrenzten Sandanlieferung und
richtungskonstanter Winde.
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2 Geologische und physikalische Grundlagen von Sanddünen
Transversaldünen: Mehrere Barchane können sich vereinen und bilden dann unregelmäßige Höhenrücken, deren Längsachsen quer, also senkrecht zur Windrichtung, liegen.
Abbildung 12: Transversaldünen sind lang gestreckte Rücken, die senkrecht zum Wind
ausgerichtet sind
Diese seitlich zusammenwachsenden Barchane können in Transversaldünen übergehen,
zu langen, gewellten Höhenrücken, die quer zur vorherrschenden Windrichtung angeordnet sind. Solche Dünen bilden sich in ariden Gebieten, wo reichlich vorhandener Sand
die Landschaft bestimmt und eine Vegetation fehlt.
Parabeldünen: Wenn ein Abschnitt des Dünengürtels fortgeweht und die stabilisierende Vegetation von Sand überdeckt wird, entsteht an dieser Stelle eine landeinwärts
wandernde so genannte Parabeldüne.
Abbildung 13: Parabeldüne sind gewissermaßen umgekehrte Barchane, deren konvexe
Seite leewärts ausgerichtet ist - im Gegensatz zur konkaven Leeseite des
Barchans
Im Gegensatz zu Barchanen, denen sie bei oberflächlicher Betrachtung ähneln, sind die
Sichelenden der Parabeldünen dem Wind entgegengerichtet und der konvexe, in Richtung der windabgewandten Seite vorrückende Bogen der Düne bildet die Leeseite.
Longitudinaldünen: Längsdünen sind lange, mehr oder weniger parallel zur allgemein
vorherrschenden Windrichtung verlaufende gerade Rücken.
Diese Dünen erstrecken sich über viele Kilometer und können Höhen bis zu 100m erreichen.
11
2 Geologische und physikalische Grundlagen von Sanddünen
Abbildung 14: Längsdünen sind lang gezogene Höhenrücken aus Sand, die parallel zur
Windrichtung angeordnet sind
2.4 Minimalmodell nach Herrmann zur Beschreibung der Dynamik
Zur Beschreibung der Dynamik von realen Sanddünen gibt es momentan nur wenige
Modelle und Ansätze, woraus sich die Aktualität der Sanddünen als Forschungsthema
ergibt.
Im Folgenden wird ein Minimalmodell in seinen Grundzügen dargestellt, dass von dem
theoretischen Physiker Hans J. Herrmann entwickelt wurde. Außerdem wird eine Teillösung
des Modells, was die Wandergeschwindigkeit von Sanddünen betrifft, aufgeführt und diskutiert.
Bei der Beschreibung der Dynamik nach diesem zwei-dimensionalen Modell sind folgende Größen von Relevanz: die lokale horizontale Oberflächengeschwindigkeit v(x, t) und
das Höhenprofil h(x, t) der Sanddüne zu jedem Zeitpunkt t und Ort x. Diese beiden
Größen stehen in direktem Zusammenhang mit der Erosionsrate ∇q(x, t) (dabei steht
eine negative Erosionsrate für Abtragung) und dem Sandtransport oder Fluss des Sandes
q(x, t), der definiert ist, als die Sandmasse, die pro Zeiteinheit entlang einer Hyperebene
diagonal zur Windrichtung transportiert wird.
Daraus ergibt sich eine Gleichung für die zeitliche Änderung des Höhenprofils mit der
Dichte %s des Sandes:
dh(x, t)
1 ∂q(x, t)
=−
dt
%s ∂x
(1)
Aus obiger Gleichung ergibt sich nun nach Umformen für die ortsabhängige Wandergeschwindigkeit v(x) der Sanddüne:
v(x) =
1 q0
%s h0
(2)
Betrachtet man Gleichung 2 näher, so werden entsprechende physikalische Konsequenzen
ersichtlich. Am höchsten Punkt der Düne ist h(x, t) extremal. Man erwartet dadurch,
dass der Nenner der obigen Gleichung verschwindet. Wenn v(x) aber, wie vorausgesetzt
im stetigen Fall am Gipfel endlich bleiben soll, kann dies nur geschehen, indem die Erosionsrate ebenfalls zu Null wird oder h(x) an dieser Stelle nicht differenzierbar ist.
Beide Fälle sind von physikalischer Relevanz, da sie in der Realität bei den unterschiedlichen Ausprägungen von Sanddünen vorkommen. Der erstere bei sehr schmalen Dünen
mit ebenen Gipfeln und der letztere bei größeren Dünen mit abgerutschten Fronten, was
zu scharfen Kanten am Gipfel führt.
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2 Geologische und physikalische Grundlagen von Sanddünen
Um nun die Geschwindigkeitsentwicklung näher zu berechnen muss ein Zusammenhang
zwischen dem Sandtransport q(x, t), dem Höhenprofil h(x, t) und den äußeren Windund Randbedingungen gefunden werden. Dazu wird das Problem q(x) zu berechnen in
zwei unabhängige Schritte zerlegt. Zum einen muss die stationäre Windgeschwindigkeit
bekannt sein, genauer gesagt die Scherspannung τ (x), die vom Wind auf den Boden
ausgeübt wird. Zum anderen wird ein Modell benötigt, dass bei bekannter Scherspannung τ (x) den Sandtransport q(x) vorhersagt. Schematisch ergibt sich also folgender
Zusammenhang:
h(x) → τ (x)
(3)
τ (x) → q(x)
(4)
Durch Berechnung von q 0 und Integration von Gleichung 1 ist der Zusammenhang hergestellt. Dadurch ist es möglich die zeitliche Entwicklung des Oberflächenprofils vorherzusagen.
Im speziellen Fall von sehr flachen Oberflächen mit h(x) ≡ const. ist bekannt, dass die
mittlere Windgeschwindigkeit logarithmisch mit der Höhe zunimmt. Die Windgeschwindigkeit kann demnach mit einer einzigen spezifischen Geschwindigkeit charakterisiert
werden, welche Schergeschwindigkeit u∗ genannt wird. Sie ist wie folgt über die zeitlich
gemittelte Scherspannung τ0 und die Dichte der Luft %l definiert:
u2∗ ≡
τ0
%l
(5)
Durch die Scherspannung der Luft werden Sandkörner infolge von Reibung von einer
sandbedeckten Oberfläche gelöst. Durch den vorherrschenden Wind führt dies zu einem
Sandtransport an der Oberfläche führt und gleichzeitig zu einer Reduktion der dortigen
Windgeschwindigkeit. Durch diese Begebenheit kann im Gleichgewichtszustand eine eindeutige Beziehung zwischen der Scherspannung τ und dem Sandtransport q hergestellt
werden:
3
q ∝τ2
(6)
Die Scherspannungsperturbation
τ̂ (x) ≡
τ (x)
−1
τ0
(7)
über einer modulierten Topographie, gegeben durch h(x) ist also verantwortlich für
den Gradienten des Sandtransports, welcher Erosion und somit auch (nach Gleichung 1
und 2) den Sandtransport und die Wanderung der Sandoberfläche verursacht. Mit der
zusätzlichen Annahme, dass die Scherspannung eine affine Funktion der Modulation der
Topographie ist (τ̂ (x) ∝ h(x)), gelingt es das Modell konsistent abzuschließen. Diese
Abhängigkeit wird nun näher betrachtet.
Die in Gleichung 7 definierte Scherspannungsperturbation kann nur von einer dimensionslosen Charakterisierung des Höhenprofils h(x) abhängen bzw. muss ein lineares
Funktional der Ableitung h0 (x) bei niedrigster Ordnung der Perturbation sein. Es gilt
also:
τ̂ (ξ) = ε · T {f 0 (ξ)}
13
ε=
H
L
(8)
2 Geologische und physikalische Grundlagen von Sanddünen
mit einer dimensionslosen Profilfunktion
f (ξ) =
h(x)
H
ξ=
x
L
(9)
und einem linearen Funktional T. Diese Argumentation gilt ebenfalls für die dimensionslose Geschwindigkeit und Druckperturbation.
Abbildung 15: Sandhügel mit entsprechend verwendeten Geschwindigkeitskomponenten
und Größen
Aus Abbildung 15 kann die proportionale Abhängigkeit von τ̂ und ε für flache und glatte Hindernisse nachvollzogen werden. Wenn Wind über solch ein Hindernis weht, wird
die Strömung nahe am Hindernis um einen Winkel ε aus ihrer ursprünglichen Richtung
abgelenkt, während sie weit über dem Hindernis konstant bleibt. Für inkompressible
Strömungen resultiert daraus eine Geschwindigkeitserhöhung der Größenordnung und
somit, nach dem Gesetz von Bernoulli, ein Druckabfall an der Spitze des Hügels. Dies
wiederum bewirkt eine Scherspannungsperturbation τ̂ derselben Ordnung.
Diese doch sehr allgemeinen Überlegungen lassen erste Schlüsse auf die Skalierung der
Dünenwandergeschwindigkeit v mit der Dünengröße zu, wenn angenommen wird, dass
Dünen unterschiedlicher Größe ungefähr dieselbe Form, beschrieben durch f (ξ), und
dasselbe Verhältnis ε von Breite zu Höhe besitzen. Dies wird durch diverse reale Beobachtungen postuliert. Setzt man Gleichung 8 in Gleichung 2 ein und nähert Gleichung
4 durch ein lokales Sandtransportgesetz mit q ≡ q(τ ), findet man den folgenden Zusammenhang:
v
dq dτ̂ 1
dq T0 {f 0 }
1
=
∝
0
0
dτ̂ dx %s εf
dτ̂ %s Lf
L
(10)
Die gefundene Proportionalität gilt nur, wenn die Form f (ξ) und ε skalierungsunabhängig
sind. Die gewöhnlichen Formen der Dünen sind eingeschränkt durch die Forderung, dass
entlang des Hügels für die Geschwindigkeit v(x) ≡ v gilt. Deswegen müssen die Dünen in
ersten Näherung unabhängig von der Größe sein, was durch das Modell und empirische
Beobachtungen bestätigt wird. Ein skalierungsunabhängiges Verhältnis ε kann für breite
Dünen erwartet werden.
Für zweifellos skalierungsunabhängige Dünenformen kann in Gleichung 10 L durch H
ersetzt werden, woraus die oft erwähnte Beobachtung resultiert, dass die Wandergeschwindigkeit von Dünen invers proportional zu ihrer Höhe ist. Dies führt nur bei kleinen
Dünen und Hügeln zu merklichen Unterschieden.
Die momentan verfügbaren Messdaten sind in diesem Zusammenhang womöglich nicht
exakt genug, um zwischen beiden Proportionalitäten genau zu unterscheiden. Einen weiteren Aspekt offenbaren die Gleichungen 6 und 10: Die Wandergeschwindigkeit der Düne
14
2 Geologische und physikalische Grundlagen von Sanddünen
steigt nichtlinear, sondern mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit an. Hiermit
kann man die experimentelle Beobachtung erklären, dass Dünen bei kurzen Perioden
starken Windes weiter wandern, als bei langen Perioden gemäßigten Windes.
Durch weiteres Lösen dieses Minimalmodells (z.B. zur Ermittlung der ortsabhängigen
Dünenwandergeschwindigkeit v(x)) mittels teils numerischer und analytischer Verfahren
(worauf im Rahmen dieses Protokolls nicht näher eingegangen werden soll) gelang es
Herrmann weitere wichtige Eigenschaften der Dynamik und Form von Sanddünen zu
erklären.
2.5 Reibungswinkel
Eine charakteristische Größe zur Beschreibung der Dünenform ist der Reibungswinkel.
Dieser beschreibt den charakteristischen Abfall der Front einer Düne vom Kamm bis
zur Oberfläche an der Leeseite. Im Folgenden soll ein Zusammenhang zwischen dem
Reibungskoeffizient, aufgrund der intergranularen Reibung, und dem Abfallwinkel der
Düne hergeleitet werden.
Abbildung 16: Schematische Darstellung zur Berechnung des Reibungswinkels
Für die Tangentialkraft gilt nach Abbildung 16:
F = W · sin θ
(11)
Dieser Kraft wirkt die statische Reibungskraft Fs entgegen:
Fs = fs · N = fs · W · cos θ
(12)
Hierbei ist fs der statische Reibungskoeffizient des Sandes. Im Gleichgewicht gilt:
F
= Fs
W · sin θs = fs · W cos θs
⇒ fs = tan θs
(13)
(14)
(15)
Der Winkel θs wird als Reibungswinkel bezeichnet der von dem charakteristischen statischen Reibungskoeffizient des Sandes abhängt. Dadurch bilden sich bei Sanddünen
15
2 Geologische und physikalische Grundlagen von Sanddünen
Abbildung 17: Abfallwinkel und Schichtung von Sand
nur stabile und konstante Abfallwinkel der Front der Leeseite aus. Dieser hängt vom
Rundungsgrad und Größe der Partikel ab, diese Parameter wiederum stehen in Zusammenhang mit dem statischen Reibungskoeffizient.
Typische Abfallwinkel sind zwischen 32◦ und 34◦ beobachtbar (Abb. 17). Wird nun infolge der Dünenwanderung das Kräftegleichgewicht durch Sandanhäufungen am Dünenkamm gestört, resultiert ein Abrutschen des Sandes, so dass der Gleichgewichtszustand
wiederhergestellt wird. Damit lässt sich die Dünenwanderung auf einfache Art physikalisch erklären, wie in Abschnitt 2.3.2 schon allgemein erläutert.
16
3 Versuchsaufbau
3 Versuchsaufbau
3.1 Wahl des Versuchsaufbau
In ersten Überlegungen den Versuch betreffend, wurde erst die Möglichkeit in Erwägung
gezogen, die Untersuchungen über das Verhalten des Sandes im Medium Luft, also in
einem Windkanal durchzuführen. Aus verschiedenen Gründen wurde aber dazu übergegangen die Untersuchung des Sandes in einem Wasserkanal durchzuführen. Dabei waren
folgende Gründe ausschlaggebend:
Bei der Verwendung von Wasser kann davon ausgegangen werden, dass die Bewegung des
Sandes aufgrund der größeren Dichte des Wassers und der damit verbundenen größeren
Reibung deutlich schneller ablaufen würde, als bei vergleichbaren Bedingungen in Luft.
Bei feuchtem Sand wäre die zu erwartende Bewegung viel langsamer als bei trockenen
Sand, weil durch die Feuchtigkeit der Sand zusätzlich verkleben würde (Kohäsionskräfte).
Ein weiterer sehr praktischer Grund, der für die Verwendung eines Wasserkanals spricht,
ist, dass sich im Windkanal bei höheren Anströmgeschwindigkeiten der Sand im Raum
verteilt, während im Wasserkanal die Sandkörner im Medium Wasser bleiben.
3.2 Wasserkanal
Für die Sanddünen-Versuche wurde ein Wasserkanal mit folgenden Eigenschaften verwendet:
• Länge: 1800mm, Breite: 550mm
• Die Wassertiefe bzw. das Wasservolumen konnte, je nach Anordnung, verändert
werden. Maximal mögliche Wasserstandstiefe: 350mm
• An den beiden Längsseiten kann man das Becken mittels einer geführten Plexiglasscheibe in kleinere Unterbecken abteilen. Dies diente beispielsweise der Realisierung
einzelner Pumpenkonfigurationen. Weitere Möglichkeiten der Nutzung waren die
Zwischenlagerung einer nichtbenutzten Sandsorte.
Abbildung 18: Verwendets Wasserbecken präpariert für die Messung mit Quarzsand
3.3 Pumpen
Es wurden zwei verschiedene Pumpentypen zur Untersuchung des Sandes verwendet.
Der erste Typ waren insgesamt drei Aquarienpumpen mit einer Pumpleistung von jeweils 1200 Litern pro Stunde. Diese Pumpen saugen das Wasser an der seitlichen Öffnung
17
3 Versuchsaufbau
an und pumpen es durch eine zylinderförmige Öffnung wieder heraus. An der Öffnung
kann man Schläuche befestigen. Dadurch können verschiedene Strömungskonfigurationen erzeugt werden.
Desweiteren wurde eine Tauchpumpe mit einer Pumpleistung von 13500 Litern pro
Stunde verwendet. Mittels eines Regeltrafos konnte die Pumpleistung der Tauchpumpe nichtlinear heruntergeregelt werden. Bei einer Spannung von 220V sollte die Pumpe
ihr Maximum von 13500 Litern pro Stunde erreichen. Eine Reduzierung der Spannung
war bis auf etwa 120V möglich, danach konnte man mit der Pumpe nicht mehr arbeiten.
3.4 Sand
Für die Versuche wurden zwei verschiedene Sandkörnungen verwendet.
Abbildung 19: Verwendete Sandarten - links: Marmorsand - rechts: Quarzsand
• Marmorsand: Die Korngröße des Sandes war im Mittel etwa 3mm mit einer
Abweichung im Bereich von etwa 1mm. Diese verwendete Sandart kann dabei als
relativ homogen angenommen werden.
• Quarzsand: Hier ist die Streuung der Korngröße deutlich größer. Die Korngröße
liegt dabei im Millimeterbereich und reicht dabei bis zur Fraktion Staub.
3.5 Messaperatur
Zur Vermessung der Sanddünen werden zwei verschiedene Methoden angewandt. Bei
der dynamischen Messung werden mittels Metalllineal die Ortskomponente des Dünenkamms in Wanderrichtung und die Dünenhöhe vermessen.
Die zweite Methode war etwas aufwändiger, aber auch besser, weil sie berührungsfrei
ist. Dazu wurde ein 532nm Laserpointer mit einer Leistung im Bereich von etwa 5mW
auf ein in alle Richtungen bewegbares Stativ befestigt. Das Stativ mit dem Laser wurde
so positioniert, dass es im Bereich der Sanddüne an der Längsseite des Wasserkanals
stand. Auf der anderen Seite des Kanals wurden Spiegelfliesen befestigt. Dieser Aufbau
ermöglichte parallaxefreies Ablesen der Position der Sanddünen. Außen am Kanal wurden Maßbänder befestigt, so dass man nur noch die absolute Position ablesen musste,
die relativen Veränderungen ergeben sich über die Differenz der Messwerte.
18
4 Versuchsdurchführung und Auswertung
Abbildung 20: Dünenvermessung mittels parallaxefreier Lasermethode
4 Versuchsdurchführung und Auswertung
4.1 Marmorsand
Bei der Versuchsreihe mit Marmorsand wurden insgesamt zwei verschiedene Pumpenkonfigurationen gewählt, bei zwei verschiedenen Aufbauten.
4.1.1 Messreihe Direktes Pumpen“
”
Abbildung 21: Versuchsaufbau für die Messreihe beim direkten Pumpen
Bei der ersten Messreihe, dem direkten Pumpen, wurde eine oder zwei Pumpen mit
prinzipiell gleichen Eigenschaften eingesetzt: die 1200 Liter-Pumpen. Dabei wurde die
Strömung so ausgerichtet, dass sie direkt auf den Sandhügel zielte. Hierbei zeigte sich
19
4 Versuchsdurchführung und Auswertung
ein nicht vernachlässigbares Problem bei den Pumpen: Nach Anschalten der Pumpen
fließt das Wasser nicht geradlinig aus der zylinderförmigen Öffnung der Pumpe, sondern
zeigte Richtungsabweichungen im Bereich von maximal 15◦ nach links oder nach rechts
auf. Diese Fehler waren zum Zeitpunkt der Messung nicht abstellbar. Auch war nicht
vorhersehbar in welche Richtung der Strahl abweichen würde. Das Problem wurde für
spätere Messreihen dadurch gelöst, indem ein Schlauch an den Enden der Pumpen befestigt wurde. Die Pumpen wurden an der eingebauten Zwischenwand befestigt und auf den
Sandhaufen ausgerichtet. Für weitere Messungen wurde der Sandhaufen mit möglichst
identischer Anfangsposition, Höhe und Fläche aufgebaut, um annähernd vergleichbare
Ergebnisse zu ermöglichen.
Abbildung 22: Messpunkte bei der Versuchsreihe beim direkten Pumpen
Aus Abbildung 22 können die Messpunkte, die im Laufe der Zeit mittels Lasermethode
vermessen wurde, entnommen werden.
s-t−Diagramm: Für die Innenseite der sich bildenden Parabeldüne ergibt sich das in
Abbildung 23 dargestellte s-t−Diagramm. Die Fehlerbalken resultieren aus der Abschätzung
des Fehlers der Positionsvermessung mit dem Laser von ±1.5cm. Dabei kann festgestellt
werden, dass es einen logarithmischen Zusammenhang zwischen Ort x der Innenseite
bzw. Front und der Zeit t gibt.
Abbildung 23: s-t−Diagramm beim direkten Pumpen
20
4 Versuchsdurchführung und Auswertung
Abbildung 24: Fotosequenz bei Marmorsand mit einem zeitlichen Abstand von einer
halben Minute
21
4 Versuchsdurchführung und Auswertung
Dies kann mehrere Gründe haben:
• Mit zunehmender Entfernung nimmt die Strömungsgeschwindigkeit immer mehr
ab. Dadurch wird die Düne immer langsamer
• Geht man davon aus, dass die Geschwindigkeit der Wasserteilchen statistisch verteilt sind, so besteht immer die Möglichkeit, dass ein Sandteilchen auf Kammhöhe
gelangen kann. Allerdings nimmt die Wahrscheinlichkeit mit größerem Abstand zu
den Pumpen ab. Das bedeutet aber, dass es immer länger dauert, bis ein Sandkorn
die Energieportion bekommt um auf Kammhöhe gehievt zu werden. Sobald der
kritische Neigungswinkel erreicht ist, rutscht ein Teil des Sandes ab und die Düne
bewegt sich wieder ein Stück weiter. Dafür kann bereits ein Sandkorn als Auslöser
dienen. Mit dieser Annahme müsste sich ein logarithmischer Verlauf ergeben
• Die mangelnde Versorgung mit Sand aus dem Bereich direkt bei den Pumpen führt
nicht zuletzt zu einem zunehmenden erliegen der Dünenwanderung
Abbildung 24 zeigt die Entstehung und Wanderung einer Marmorsanddüne in einem
zeitlichen Abstand von 30 Sekunden.
Reibungswinkel: Bei dieser Messreihe kann aus den Messdaten zusätzlich noch der
Reibungswinkel berechnet werden. Dabei wird im Profilschnitt der Düne von einem
idealen Dreieck ausgegangen. Da die Positionen Innen“ IP os , Kamm“ KP os und Front“
”
”
”
FP os bekannt sind, kann die Hypothenuse des Dreiecks IF bzw. die Teilstücke IK und
KF durch die Differenz der Positionen bestimmt werden:
= |FP os − IP os |
(16)
IK = |KP os − IP os |
(17)
= |FP os − KP os |
(18)
IF
KF
Die Höhe des Dreiecks entspricht gerade der Höhe der Düne h. Der Reibungswinkel auf
der Luvseite α bzw. auf der Leeseite β kann dadurch einfach bestimmt werden:
h
h
α = arctan
β = arctan
(19)
IK
KF
Schätzt man den Messfehler, wie bereits beim s-t−Diagramm mit ±1.5cm ab, so erhält
man mit den Fehlerformeln für die Unsicherheit von α bzw. β
δα =
δβ =
h + IK
2
h2 + IK
h + KF
· δh + δIK
· δh + δKF
(20)
(21)
h2 + KF
den in Abbildung 25 gezeigten zeitlichen Verlauf der beiden Reibungswinkel. Dabei wurden die Werte für die Reibungswinkel aus zwei verschiedenen Messungen überlagert. Der
Winkel auf der Luvseite beträgt im Mittel α = 38◦ . Der Leewinkel beträgt β = 48◦ . Der
Unterschied zwischen beiden Winkeln beträgt also in etwa 10◦ . Die Ursache hierfür kann
auf die gleichbleibende Strömungsrichtung zurückgeführt werden (siehe Abschnitt 2.3.2).
Vergleich man den Reibungswinkel auf der Leeseite, der ja gerade dem natürlichen Reibungswinkel von Sand entspricht, mit den Literaturwerten an der Luft (32 − 37.5◦2 ), so
stellt man fest, dass der Winkel unter Wasser um 10◦ größer ist. Der Grund hierfür ist
die 1000-mal höhere Dichte von Wasser als die der Luft.
2
2
aus: Friedrich, Tabellenbuch; Bautechnik; Bildungsverlag EINS
22
4 Versuchsdurchführung und Auswertung
Abbildung 25: Reibungswinkel auf der Luv- und auf der Leeseite weichen deutlich von
einander ab
4.1.2 Messreihe Indirektes Pumpen“
”
Abbildung 26: Versuchsaufbau für die Messung beim indirekten Pumpen
Im zweiten Aufbau wurde das Wasser nicht direkt auf den Sand gepumpt. Dies geschah, indem an der einen Plexiglasscheibe beide Pumpen befestigt wurden. Die Pumpen
wurden mit Schläuchen versehen, die hinter die andere Plexiglasscheibe auf der anderen
Seite des Beckens in ein Becherglas mündeten.
23
4 Versuchsdurchführung und Auswertung
Das Becherglas stellte ein relativ homogenes Überlaufen sicher. So wurde verhindert,
dass die Richtung der Schläuche ein Einwirkungen auf den Sand hat. Das durch die
Schläuche transportierte Wasser drückte die Plexiglasscheibe etwas hoch. Entsprechend
konnte Wasser hindurch strömen und den Sand bewegen. Es zeigte sich, dass der erzeugte Wasserstrom in der Höhe ziemlich und in der Breite zumindest in der Mitte homogen
war. Die Messungen mit diesem Aufbau waren von den Ergebnissen her deutlich besser,
da die Störung durch die Abweichung der Pumpen nicht auftrat.
Wie beim direkten Pumpen wurden die Positionen der einzelnen Messpunkte an der
Düne im Verlauf der Zeit vermessen und notiert. Eine Auswertung des Datenmaterials
ergab folgende s-t-Diagramme, die in Abbildung 27 dargestellt sind. Es ergeben sich
Abbildung 27: x-t−Diagramme aus zwei verschiedenen Messungen
hierbei die gleichen Erkenntnisse und Zusammenhänge wie beim direkten Pumpen“.
”
Hierbei wurde zusätzlich die Positionen der Front und des Kamms vermessen. Diese
Messpunkte zeigen ebenfalls den logarithmischen Zusammenhang zwischen Ort x und
Zeit t.
Weitere Messungen betreffend des Neigungswinkel und der Höhenentwicklung der Düne
wurden mit diesem Versuchsaufbau nicht durchgeführt.
24
4 Versuchsdurchführung und Auswertung
4.2 Quarzsand
Bei der Verwendung von Quarzsand wurde nur eine Pumpenkonfiguration ( indirektes
”
Pumpen“) gewählt, dafür aber mehrere Varianten des Aufbaus. Die 13500 Liter-Pumpe
konnte mittels eines Regeltrafos auf Spannungen zwischen 130 und 220 Volt heruntergeregelt werden. So konnte man unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten des Wasser
realisieren. Allerdings ist die Regelung nichtlinear. Weiterhin wurde die Höhe des Spaltes unter der Plexiglasscheibe reguliert. Hierbei ergaben sich die Probleme vor allem
durch den hohen Wasserdruck. Der Schlauch der das Wasser von der Pumpe in das
Nebenbecken transportierte musste dabei möglichst optimal fixiert werden, sodass der
Wasserstrahl aus dem Schlauch die Wanderung der Düne nicht direkt beeinflußen kann.
Durch das Experimentieren mit der Anordnung des Schlauches konnten diese Auswirkungen aber minimiert werden.
Abbildung 28: Versuchsaufbau und Messpunkte bei der Messreihe für Quarzsand
Bei der Durchführung des Experimentes wurde die Pumpe eingeschaltet. Auf diesen
Zeitpunkt wird der Messzeitnullpunkt gesetzt. Im einem zeitlichen Abstand von 30 Sekunden wurde dann mittels dynamischer Messung, d.h. die Pumpe wurde während der
Messung nicht gestoppt, die Dünenhöhe und der Abstand des Dünenkamms zu einem
vor der Messung festgelegten Messnullpunktes bestimmt (siehe Abbildung 28). Da bei
der Vermessung der Positionen ein gewisses Zeitintervall verstreicht und dabei zusätzlich
noch die Dünenhöhe beeinflußt werden kann, sind die Unsicherheiten der Messwerte nur
sehr schwer abschätzbar.
Die Höhe des Spaltes unter der Plexiglasscheibe konnte mit kleinen Plastikplatten im
Bereich von 3 bis 15mm variiert werden. Die oben genannte Messmethode wurde dabei
für verschiedene Spalthöhen (6mm, 9mm und 12mm) wiederholt.
Abbildung 29 zeigt dabei die Entstehung und Wanderung der Quarzsanddüne in einem
zeitlichen Abstand von einer Minute.
25
4 Versuchsdurchführung und Auswertung
Abbildung 29: Fotosequenz bei Quarzsand mit einem zeitlichen Abstand von einer
Minute
26
4 Versuchsdurchführung und Auswertung
s-t−Diagramm: Betrachtet man die Dünenwanderung im s-t−Diagramm (Abb. 30),
so kann man, wie bereits bei den Marmorsanddünen feststellen, dass es einen logarithmischen Zusammenhang zwischen dem Ort x und der Zeit t gibt. Die Gründe für dieses
Verhalten können Abschnitt 4.1.1 entnommen werden.
Abbildung 30: s-t−Diagramm bei Quarzsand für unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten (hier in Bezug auf die an der Pumpe angelegten Spannung)
v-t−Diagramm: Aus den bestimmten Positionen kann durch Differenzbildung von zwei
Abständen und teilen durch das dazugehörige Zeitintervall die momentane Geschwindigkeit bestimmt werden. Bezieht man sich dabei immer auf den ersten Messpunkt (s0 , t0 ),
so berechnet man die mittlere Geschwindigkeit v:
s0 − s(t) v=
(22)
v0 − t Für die Unsicherheit erhält man nach den Regeln der Fehlerfortpflanzung:
δv =
δs0 + δs
t0 − t
(23)
Geht man bei der hier angewendeten dynamischen Messung von einer Unsicherheit von
±0.15mm aus, so erhält man das in Abbildung 31 dargestellte Diagramm mit den dazugehörigen Fehlerbalken (Zur besseren Übersichtlichkeit sind nur die Fehlerbalken für
170V eingezeichnet worden).
Auslesen der Messwerte aus der Videosequenz: Eine alternative zu den bisherigen
Messmethoden stellt das Auslesen der Messwerte aus der mitgefilmten Videosequenz
dar. Dazu wurden im Abstand von einer halben Minute Standbilder aus dem Video
ausgelesen. Mit der Software DatInf Measure3 werden nun die Positionen der Düne
gegenüber einem Referenzpunkt in Pixeleinheiten gemessen.
3
DatInf GmbH, Tübingen: www.datinf.de
27
4 Versuchsdurchführung und Auswertung
Abbildung 31: Mittlere Wandergeschwindigkeit der Quarzsanddüne in Abhängigkeit von
der Zeit
Abbildung 32: Ort-Zeit-Diagramm des Dünenkamms
Betrachtet man die Ort-Zeit-Abhängigkeit des Kamms, so kann wieder festgestellt werden, dass dieser logarithmisch verläuft (Abb. 32).
Betrachtet man die Entwicklung der Höhe im Verlauf der Zeit, so stellt man fest, dass
die Dünenhöhe mit der Zeit immer weniger zunimmt (Abb. 33). Dies steht gerade in
Übereinstimmung mit dem in Abschnitt 2.3.4 entwickelten Modell zur Beschreibung der
Dünenhöhe. Nach dem Modell wird vorhergesagt, dass nach einer bestimmten Zeit die
Dünenhöhe nicht mehr weiter ansteigt, sondern konstant bleibt.
Im Höhen-Orts-Diagramm dagegen zeigt sich ein linearer Verlauf (Abb. 34). Dabei nimmt
die Dichte der Messwerte mit zunehmendem Abstand immer weiter zu. Mit der Zunahme der Dünenhöhe nimmt die Wandergeschwindigkeit immer mehr ab, bis die Düne fast
zum Erliegen kommt.
28
4 Versuchsdurchführung und Auswertung
Abbildung 33: Entwicklung der Dünenhöhe in Abhängigkeit von der Zeit
Abbildung 34: Höhen-Orts-Abhängigkeit bei der Dünenwanderung
Abbildung 35: Wandergeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Dünenhöhe
29
5 Ergebnisse und Fazit
Nach dem Modell von Herrmann (siehe Abschnitt 2.4) existiert tatsächlich eine
Abhängigkeit zwischen Dünenwandergeschwindigkeit und der Dünenhöhe. Dabei sollte
sich die Wandergeschwindigkeit invers zur Dünenhöhe verhalten. Dieses Verhalten zeigt
sich bei diesen Messreihen allerdings erst für größere Höhen. Bei kleineren Höhen fällt die
Wandergeschwindigkeit linear ab (Abb. 35). Das Problem, dass für kleinere Dünenhöhen
größere Abweichungen zur inversen Proportionalität entstehen (hier: linear), beschreibt
auch Herrmann in seinem Modell.
5 Ergebnisse und Fazit
Nach etlichen Messreihen und langen Nächten, die sowohl zum Messen als auch zum
schreiben des Berichtes genutzt wurden, ist das diesjährige Projektpraktikum über die
Dynamik von Sanddünen endlich abgeschlossen. Zwar konnten keine neuen wissenschaftlichen Ideen und Modelle aus den experimentellen Beobachtungen abgeleitet werden,
aber die Ergebnisse von bisherigen Modellen, wie das von Herrmann konnten größtenteils nachgewiesen werden.
Für eigene Modelle war die Thematik über Sanddünen einfach zu umfangreich. So hat
man es hier mit Strömungen und Viel-Teilchen-Systeme zu tun, sodass die Bewegung der
Dünen auf den ersten Blick von vielen verschiedenen Faktoren, wie z.B. Strömungsgeschwindigkeit, Dichte des Mediums und Dichte des Sandes usw., abhängt. Dazu müsste
man sehr genaue Messungen durchführen und dabei langsam einzelne Messparameter
verändern. Allerdings sollten sich bei zwei Messungen mit identischen Parametern in
etwa die gleichen Ergebnisse aufzeigen.
Bevor man allerdings mit den Messreihen beginnen könnte, wäre auf jeden Fall Einarbeitung in die Thematik sinnvoll. So sollte man sich nicht nur mit eventuell auftretenden
Dünenformen, sondern auch mit Lösungsansätze der Navier-Stokes-Gleichung, der
Helmholtz-Gleichung oder Funktionale wie die im Modell von Herrmann beschäftigen, um nur ein wenig Verständnis über die Entwicklung und Bewegung der Dünen zu
bekommen.
Der Umfang des diesjährigen Projektpraktikums ist dabei nicht vergleichbar mit den
Anfänger-Praktikums-Versuchen. Hier muss man sich erst in die Materie einarbeiten,
um daraus einen experimentellen Versuch zu entwickeln, die dabei auch nicht immer auf
Anhieb klappten. Da die Motivation bei einigen Dünen-Forscher manchmal zu wünschen
übrig lies und die Aufgaben dementsprechend ungleich verteilt war, war die investierte
Zeit in das Projekt bei den motivierten Forscher ungleich größer. Dabei konnten neue
Erkenntnisse über wissenschaftliches Arbeiten gewonnen werden. Aber auch die Fertigkeiten im Metall- bzw. Holzbau konnten weiter ausgebaut werden. Leider musste das
Projekt Förderband“ aufgrund von Zeitmangel eingestellt werden.
”
Während der Messreihen entwickelten sich immer neue Ideen, um den Versuchaufbau
weiter zu verbessern und dadurch noch aussagekräftigere Messergebnisse zu bekommen.
Allerdings konnte ein großer Teil nicht umgesetzt werden, da es hier vor allem an der
Ausrüstung und an der Unterstützung mancher Forscher fehlte. Auch die kurze Dauer
des Projektpraktikums waren ausschlaggebend, dass die Verbesserungen zum Teil nicht
umgesetzt wurden.
30
5 Ergebnisse und Fazit
In den Semesterferien bleibt aber genügend Zeit um einen Teil der neuen Projektideen, wie z.B. die Untersuchung von Tornados in einem selbstgebastelten Tornadokanal,
Aufbau eines Windkanals mit einigermaßen gleichbleibenden Windgeschwindigkeiten zu
verwirklichen. Bei diesen Projekten wird aber lieber wieder auf die Qualtiät im EinMann-Team zurückgegriffen.
Abschließend kann gesagt werden, dass das Projektpraktikum trotz erhöhtem Arbeitsaufwand das wissenschaftliche Arbeiten fördern. Diese Erfahrung wird man in diesem Ausmaß bei den Anfänger-Praktikums-Versuchen nicht mitnehmen können. Deshalb kann
man das Projektpraktikum nur jedem empfehlen, da man sich selber die Schwerpunkte
aussuchen kann, würde es bei einem guten Team-Klima richtig viel Spaß machen.
31
6 Quellen
6 Quellen
6.1 Literaturverzeichnisse
• Press, Frank und Raymond Siever; Allgemeine Geologie - Einführung in
das System Erde; Springer-Verlag; 3. Auflage
• Bahlburg, Heinrich und Christoph Breitkreuz; Grundlagen der Geologie;
Spektrum; 2. Auflage
• Wunderlich, Hans-Georg; Einführung in die Geologie - Exogene Dynamik;
Hochschultaschenbücher-Verlag
• Bagnold, Ralph; The Physics of Blown Sand and Desert Dunes; Dover
Publications
• Sommerfeld, Arnold; Mechanik der deformierbaren Medien; Akademische
Verlagsgesellschaft; Leipzig 1945
• Klaus Kroy, Gerd Sauermann und Hans J. Herrmann; Minimal model for aeolian sand dunes; Physical Review; 2002
• Kenneth Pye, Haim Tsoar; Aeolian sand and sand dunes; Unwin Hyman;
London
• GEOkompakt Nr.12 - Die Wüste - Leben im Grenzbereich; Gruner + Jahr
AG
6.2 Abbildungsverzeichnis
• Titelbild aus: http://gallery.photo.net/photo/2713444-lg.jpg
• Abbildung 1 aus: Bahlburg, Heinrich und Christoph Breitkreuz; Grundlagen
der Geologie; Spektrum; 2. Auflage
• Abbildung 2 aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Sand
• Abbildung 3 aus: Kenneth Pye, Haim Tsoar; Aeolian sand and sand dunes;
Unwin Hyman; London
• Abbildung 4 aus: Bagnold, Ralph; The Physics of Blown Sand and Desert
Dunes; Dover Publications
• Abbildung 5-14 aus: Press, Frank und Raymond Siever; Allgemeine Geologie
- Einführung in das System Erde; Springer-Verlag; 3. Auflage
• Abbildung 15 aus: Klaus Kroy, Gerd Sauermann und Hans J. Herrmann; Minimal
model for aeolian sand dunes; Physical Review; 2002
• Abbildung 16 aus: Kenneth Pye, Haim Tsoar; Aeolian sand and sand dunes;
Unwin Hyman; London
• Abbildung 17 aus: http://www.interessand.de/sandphysik/sandphysik4.htm
32
Zugehörige Unterlagen
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