08 jugend und alkoholvulnerabilität

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Alkohol und erhöhte Vulnerabilität
in Kindheit und Jugend?
Alfred Uhl, Alfred Springer,
Ulrike Kobrna, Bettina Matt
Expertise des
Ludwig-Boltzmann-Instituts für Suchtforschung
über die „Auswirkung von Alkohol auf Kinder und
Jugendliche“
im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie
und Jugend, Abteilung Jugendpolitik
1
Alkohol
und erhöhte Vulnerabilität
in Kindheit und Jugend?
Expertise des
Ludwig-Boltzmann-Instituts für Suchtforschung
über die
„Auswirkung von Alkohol auf Kinder und Jugendliche“
Alfred Uhl, Alfred Springer, Ulrike Kobrna, Bettina Matt
Ludwig-Boltzmann-Institut für Suchtforschung (LBISucht)
Wien, Februar 2008
(korrigierte Fassung Dezember 2010)
im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend,
Abteilung Jugendpolitik
2
Korrespondenzadresse:
Dr. Alfred Uhl
Ludwig-Boltzmann-Institut für Suchtforschung (LBISucht) und
AlkoholKoordinations- und InformationsStelle (AKIS)
des Anton-Proksch-Instituts (API)
Mackgasse 7-11, A-1230 Wien
Tel.: +43-(0)1-88010-950, Fax: +43-(0)1-88010-956
E-Mail: [email protected], Internet: http://www.api.or.at/lbi und
http://www.api.or.at/akis
Download der vorliegenden Publikation unter: http://www.api.or.at/lbi/download.htm
Uhl, A.; Springer, A.; Kobrna, U.; Matt, B., (2008): Alkohol und erhöhte Vulnerabilität in
Kindheit und Jugend?, Expertise des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Suchtforschung über
die „Auswirkung von Alkohol auf Kinder und Jugendliche“ Wien
3
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung .......................................................................................................... 6
2 Wichtige Konzepte und Begriffe ............................................................................ 7
2.1 Absolute vs. äquivalente Alkoholmengen ......................................................... 7
2.2 Alkoholresilienz vs. Alkoholvulnerabilität .......................................................... 8
2.2.1 Unterschiedliche Formen der Resilienz........................................................ 8
2.2.2 Resilienz als kontinuierliche Dimension ....................................................... 9
2.2.3 Resilienz als heterogenes Konstrukt .......................................................... 10
2.3 Geschlechtsspezifische Alkoholvulnerabilität .................................................... 10
2.3.1 Körperwasserbedingte Unterschiede in Alkoholtoleranz/-vulnerabilität........... 11
2.3.2 Trinkmengenbedingte Unterschiede in Alkoholtoleranz/-vulnerabilität ........... 11
2.3.3 Direkt geschlechtsspezifische Unterschiede in Alkoholresilienz/vulnerabilität ......................................................................................... 12
2.4 Genetische Disposition zur Sucht ................................................................... 13
2.5 Primärer vs. sekundärer Alkoholismus ............................................................ 14
2.6 Die Aussagekraft von epidemiologisch gewonnen Korrelationsbefunden .............. 15
3 Kinder und Jugendliche: entwicklungsspezifische Alkoholvulnerabilität ..................... 16
3.1 Körperwasserbedingte Unterschiede in Alkoholtoleranz/-vulnerabilität: ............... 16
3.2 Trinkmengenbedingte Unterschiede in Alkoholtoleranz/-vulnerabilität ................. 17
3.3 Direkt entwicklungsspezifische Unterschiede in Alkoholtoleranz/-vulnerabilität..... 18
3.3.1 Hypothese: Höhere Alkoholtoxizität und geringerer Alkoholabbau bei
Kleinkindern .......................................................................................... 18
3.3.2 Hypothese: Alkoholkonsum behindert die soziale Entwicklung von Kindern
und Jugendlichen besonders ungünstig ..................................................... 19
3.3.2.1 Früher Einstieg – große Probleme? ..................................................... 20
3.3.2.2 „Problem Behaviour Theory“ vs. „jugendlicher Alkoholkonsum
verursacht Folgeprobleme“ ................................................................ 21
3.3.2.3 Lernen eines adäquaten Umgangs mit Alkohol und Drogen als
Entwicklungsaufgabe in der Jugend .................................................... 22
3.3.3 Hypothese: Alkohol schädigt das in Entwicklung befindliche Gehirn
besonders stark ..................................................................................... 23
3.3.3.1 Tierversuch als Beleg für eine höhere Alkoholvulnerabilität bei
Kindern und Jugendlichen ................................................................. 24
3.3.3.2 Tierversuch als Beleg für eine stärkere Schädigung des Gehirns bei
adoleszenten Ratten ......................................................................... 25
4
4 Der Einfluss des elterlichen Alkoholkonsums auf die Nachkommenschaft .................. 26
4.1 Fetales Alkoholsyndrom (FAS), Fetale Alkoholeffekte (FAE) und
Alkoholembryopathie (AE)............................................................................. 26
4.2 Stillen und Alkoholkonsum – die doppelte Verdünnung ..................................... 28
4.3 Soziale und psychische Auswirkungen des elterlichen Alkoholkonsums ............... 31
5 Altersgrenzen im Jugendschutz und Sanktionen .................................................... 32
6 Zusammenfassung/Schlusskapitel ....................................................................... 35
7 Literatur ........................................................................................................... 37
5
1 Einleitung
Bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts hatte die Problematisierung des Umgangs mit
psychoaktiven Substanzen, wie sie in der Wissenschaft seit der Mitte des 19.
Jahrhunderts betrieben wurde und sich unter anderem auch in der Entwicklung von
Abstinenzbewegungen niederschlug, auf die Politik und auf die Privatsphäre und in
bestimmter Weise auch auf die medizinische Praxis nur wenig Einfluss. Heroin wurde
rezeptfrei
als
Morphintropfen,
Hustenmittel
gegen
für
akute
Kinder
verordnet,
Zahnschmerzen
zahnende
wurden
Kinder
Kokaintropfen
erhielten
empfohlen,
österreichische Bauern gaben Säuglingen und Kleinkindern opiumhaltige Mohnsauger,
kranken Kindern wurden zur Stärkung wein- und bierhaltige Speisen verabreicht und
Schulkinder erhielten von den Eltern Rotwein, weil man die alkoholbedingt geröteten
Wangen als Zeichen guter Gesundheit interpretierte. Einen guten Einblick in die damals
verbreitete Haltung gewinnt man z.B. bei Burgerstein (1918), der ohne kritische
Untertöne ein Experiment beschrieb, bei dem 25 Kinder im Alter zwischen 6 und 15
Jahren Wein verabreicht erhielten, um den Einfluss des Alkohols auf Verhalten und
Leistungsfähigkeit messen zu können – ein Experiment, das heute spätestens am
Einspruch der Ethikkommission scheitern würde.
In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts änderten sich die gesellschaftlichen
Perspektiven grundlegend. Opiate, Kokain und Cannabis wurden illegalisiert und dass
man Kindern den Konsum von Alkohol und Nikotin konsequent verbieten sollte, wurde
zusehends zum Dogma des gesunden Menschenverstandes. Die These, dass Kinder und
Jugendliche psychoaktiven Substanzen gegenüber besonders empfindlich (vulnerabel)
seien, wurde zur Selbstverständlichkeit, die keiner näheren Begründung bedurfte. Auch
die sich seit den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts entwickelnde professionelle
Suchtprävention übernahm diese Auffassung unhinterfragt und verfolgte in ihren
Anfängen
eine
primär
auf
Abschreckung
und
einseitige
Information
setzende
Drogenpolitik.
Zunehmender
Widerstand
einer
kritischen
Jugend
gegen
Doppelmoral
und
Bevormundung einerseits, sowie der aufkommende Trend, die Angemessenheit und
Wirksamkeit von drogenspezifischen bzw. suchtpräventiven Maßnahmen – unter dem
Schlagwort „evidenzbasierte Politik“ – wissenschaftlich zu begründen, erzeugten in den
letzten Jahren Druck, die lange Zeit als Selbstverständlichkeiten abgehandelten Aussagen
wissenschaftlich zu begründen.
6
Die vorliegende Arbeit untersucht die These, dass Alkoholkonsum für Kinder und
Jugendliche besonders gefährlich sei; dass diese also in deutlich höherem Ausmaß
alkoholvulnerabel seien als Erwachsene und dementsprechend Alkoholgebrauch bei ihnen
mehr körperliche, psychische und soziale Folgeschäden auslösen würde.
Um die Zielsetzung des Textes unmissverständlich klar zu machen: Es geht nicht darum,
zu untersuchen, ob auch Kinder und Jugendliche durch bestimmte Formen des
Alkoholkonsums körperlich, psychisch und sozial gefährdet sind – davon gehen wir
angesichts der Fülle der empirischen Befunde über negative Auswirklungen übermäßigen
Alkoholkonsums aus –, sondern es wird hier ausschließlich die Frage behandelt, ob man
bei Kindern und Jugendlichen mit deutlich stärkeren negativen Auswirkungen des
Alkoholkonsums rechnen muss als beim Erwachsenen.
2 Wichtige Konzepte und Begriffe
Im Vorfeld der Behandlung der Frage, ob Kinder und Jugendliche in bestimmten Aspekten
durch Alkohol mehr gefährdet seien als Erwachsene, ist es zweckmäßig, in diesem
Zusammenhang
relevante
Begriffe
und
Konzepte
zu
präzisieren.
Der
folgende
theoretische Abschnitt stellt den Versuch dar, einige in diesem Zusammenhang
relevante, in der Fachliteratur vertretene Begriffe und Konzepte als Voraussetzung für
das
Verständnis
der
nachfolgenden
inhaltlichen
Diskussion
sprachlich
möglichst
konsistent und präzise zu fassen. Aus Gründen der Einfachheit unterlassen wir es hier,
auf die Fülle der unterschiedlichen Konzepte in der Literatur einzugehen bzw. diese
aufzuzählen. Zentrale formal-logische und methodologische Überlegungen sind so
grundsätzlicher Natur und keinem bestimmten Autor sinnvoll zuordenbar, dass wir auf
das in weiten Kreisen übliche „Name Dropping“, um dem Text mehr wissenschaftliche
Autorität zu verleihen, bewusst verzichtet haben. Literaturzitate finden sich daher
ausschließlich in den inhaltlichen Kapiteln, wo es notwendig ist, die empirischen Quellen
zu kennen, um die Schlüssigkeit unserer Ausführungen kritisch nachprüfen zu können.
2.1 Absolute vs. äquivalente Alkoholmengen
Wenn einer Maus mit 25 Gramm Körpergewicht und einem Menschen mit 75 Kilogramm
Körpergewicht die gleiche „absolute Alkoholmenge“, z.B. 1 Milliliter Wein, verabreicht
wird, so erzielt die Maus eine rund 3000fach höhere Blutalkoholkonzentration als der
Mensch. Man könnte der Maus und dem Menschen allerdings auch „äquivalente
Alkoholmengen“ verabreichen, d.h. Mengen, die nach dem Körpergewicht bemessen
sind und identische Blutalkoholkonzentrationen hervorrufen. 1 Milliliter Wein bei der Maus
ist in diesem Sinne 3 Litern Wein beim Menschen äquivalent.
7
In diesem Extrembeispiel wird unmittelbar klar, dass die Frage, ob die Maus oder der
Mensch
Alkohol
besser
vertragen,
nicht
sinnvoll
auf
der
Grundlage
absoluter
Alkoholmengen gestellt werden kann. Will man die Auswirkungen eines Stoffes wie z. B.
Alkohol auf Mäuse und Menschen sinnvoll vergleichen, so muss man identische
Blutalkoholkonzentrationen erzeugen, d.h. äquivalente Alkoholmengen applizieren.
Was hier am Vergleich Maus mit Mensch ganz unmittelbar einleuchtet, trifft natürlich
auch auf den Vergleich Frauen vs. Männer, kräftig gebaute vs. zarte Menschen oder
Kinder vs. Erwachsene zu.
2.2 Alkoholresilienz vs. Alkoholvulnerabilität
Da es im gegenständlichen Aufsatz um die Frage geht, ob Kinder und Jugendliche in
Bezug auf Alkohol vulnerabler sind als Erwachsene, wird in Kap. 3.2 einerseits das
Konzept „Resilienz vs. Vulnerabilität“ erklärt und andererseits auf einige konzeptuelle
Aspekte eingegangen, die im Umgang mit diesen Begrifflichkeiten unbedingt beachtet
werden sollten. Oft wird der Komplexität im Diskurs nicht adäquat Rechnung getragen,
was gravierenden logischen Fehlschlüssen Vorschub leistet.
2.2.1 Unterschiedliche Formen der Resilienz
„Resilienz“ bedeutet Widerstandsfähigkeit, wobei im Zusammenhang mit Alkohol mehrere
Formen der Widerstandsfähigkeit zu unterscheiden sind. In diesem Kapitel unterscheiden
wir Resilienz gegen die akute Alkoholwirkung, Resilienz gegen Alkoholmissbrauch und
Resilienz gegen die körperlichen Folgen des Alkoholmissbrauchs. Das Gegenteil von
Resilienz ist "Vulnerabilität“ im Sinne von Anfälligkeit bzw. Verletzlichkeit.
„Resilienz gegen die akute Alkoholwirkung“ (Alkoholtoleranz):
Manche Menschen können große Mengen Alkohol trinken, ohne dass man ihnen eine
Beeinträchtigung
anmerkt.
Je
mehr
Alkohol
man
trinken
kann,
ohne
deutlich
beeinträchtigt zu werden, desto resilienter (widerstandsfähiger) ist man gegen die akuten
Alkoholeffekte. Diese Resilienz gegen akute Alkoholeffekte wird traditionellerweise als
Alkoholtoleranz
bezeichnet,
wobei
man
hier
zwischen
initialer
und
erworbener
Alkoholtoleranz unterscheiden kann. Mangelnde Alkoholtoleranz ist mit „Vulnerabilität
(Anfälligkeit) gegen akute Alkoholeffekte“ umschreibbar. Die initiale Alkoholtoleranz ist
primär genetisch bedingt und liegt damit bereits vor dem ersten Alkoholkonsum vor. Die
erworbene Alkoholtoleranz nimmt mit Intensität und Dauer des Alkoholkonsums laufend
zu, bis es, nach sehr häufigem und starkem Alkoholkonsum über einen langen Zeitraum
8
zu gravierenden Organschäden kommt, die dann eine reduzierte Alkoholabbaukapazität
sowie verringerte Kompensationsmöglichkeiten bewirken und so die Alkoholtoleranz
plötzlich dramatisch senken (Toleranzbruch). Die Quantifizierung der Alkoholtoleranz ist
nur relativ zur Blutalkoholkonzentration, d.h. basierend auf äquivalenten Alkoholmengen,
zweckmäßig. Dass kleine und zarte Menschen bloß geringere absolute Alkoholmengen
vertragen, kann man, wie in Kap. 2.1 ausgeführt wurde, nicht sinnvoll als „geringere
Alkoholtoleranz“ bezeichnen.
Resilienz gegen Alkoholmissbrauch:
Manche Menschen trinken ihr Leben lang moderat Alkohol, ohne Gefahr zu laufen, diesen
zu missbrauchen bzw. davon abhängig zu werden. Diese Personen sind resilient gegen
die Gefahr des Alkoholmissbrauchs / der Alkoholabhängigkeit. Ein Hauptziel der
modernen Primärprävention ist es, die Resilienz von Menschen dahingehend zu stärken,
dass das Risiko Problemverhaltensweisen zu entwickeln sinkt – und Alkoholmissbrauch ist
eine solche Problemverhaltensweise. Besonders groß ist die Gefahr, Alkohol
zu
missbrauchen und in der Folge von diesem abhängig zu werden (Vulnerabilität), bei
Personen, die unter bestimmten psychische Erkrankungen, wie Angstzustände oder
Depressionen leiden und diese im Sinne einer „Selbstmedikation“ mit Alkohol zu
behandeln suchen (Selbstmedikationshypothese, vgl. Khantzian, 1985), sowie bei
Personen,
die
in
ihrem
beruflichen
oder
sozialen
Umfeld
mit
exzessivem
Alkoholkonsumverhalten konfrontiert werden.
Resilienz gegen die körperlichen Folgen des Alkoholmissbrauchs:
Manche
Menschen
erkranken
bereits
bei
relativ
geringen
Alkoholmengen
an
alkoholbedingten Krankheiten und andere überstehen selbst jahrelangen exzessiven
Alkoholmissbrauch ohne nennenswerte Gesundheitsschäden. In diesen Fällen kann man
von
Anfälligkeit
(Vulnerabilität)
für
alkoholbedingte
Krankheiten
bzw.
Widerstandsfähigkeit (Resilienz) diesen gegenüber sprechen.
2.2.2 Resilienz als kontinuierliche Dimension
Die drei erwähnten Arten von Resilienz sind keine qualitativen Kategorien (wie z.B.
männlich vs. weiblich) sondern jeweils Pole von kontinuierlichen Dimensionen (wie z.B.
die Körpergröße), die zwischen den Extremen „maximale Vulnerabilität“ und „maximale
Resilienz“ variieren. Im Lichte dieses Umstandes ist es wenig zweckmäßig zu fragen,
welcher Anteil der Menschen in einer Gesellschaft als alkoholvulnerabel bzw. -resilient zu
bezeichnen ist, bzw. wieviele Prozent im Bereich dazwischen liegen. Es gibt keine
natürlichen Grenzen, ab wann man von Vulnerabilität bzw. Resilienz sprechen könnte, da
jede Grenzziehung grundsätzlich konventionell-willkürlich getroffen wird. Damit ist z.B.
9
die Frage „Wieviele Personen sind durch Alkohol gefährdet?“ ohne Präzisierung der CutOff-Scores sinnlos.
2.2.3 Resilienz als heterogenes Konstrukt
Das Begriffspaar Alkoholresilienz vs. -vulnerabilität suggeriert, dass es sich dabei um
eine homogene Dimension handle. Es wird über eine Reihe recht unterschiedlicher
Konsummuster sowie Konsumfolgen generalisiert. Abgesehen vom Umstand, dass soeben
drei völlig unterschiedliche Formen der Resilienz beschrieben wurden, gibt es auch
innerhalb der jeweiligen Kategorien noch viele Unterschiede. Präziser müsste man daher
von „Resilienz in Bezug auf ein bestimmtes Konsummuster sowie in Bezug auf bestimmte
unerwünschte
Folgen“
sprechen.
So
sind
z.B.
Personen,
die
südeuropäischen
Konsumsitten folgend, regelmäßig Alkohol konsumieren, aber Räusche eher meiden,
weniger anfällig für Unfälle aber anfälliger für Alkoholfolgeerkrankungen; Personen, die
nordeuropäischen Konsumsitten folgend zwar seltener Alkohol konsumieren, aber wenn
sie trinken, übermäßig viel trinken, sind dafür stärker unfallgefährdet und gleichzeitig
weniger gefährdet, Alkoholfolgeerkrankungen zu entwickeln.
2.3 Geschlechtsspezifische Alkoholvulnerabilität
Auch
wenn
es
im
gegenständigen
Aufsatz
darum
geht,
ob
und
in
welchem
Zusammenhang man von einer erhöhten Gefährdung von Kindern und Jugendlichen in
Bezug auf Alkohol sprechen kann, wird nun kurz auf geschlechtsspezifische Unterschiede
den
Alkoholkonsum
betreffend
eingegangen.
Der
Vergleich
der
alkoholbedingten
Gefährdung von Kindern mit Erwachsenen und jener von Frauen mit Männern weist in
vielerlei Hinsicht große strukturelle Ähnlichkeiten auf. Eine wissenschaftlich neutrale
Abwägung ist in Zusammenhang mit dem Alkoholkonsum von Frauen erheblich sachlicher
möglich, als in Zusammenhang mit jenem von Kindern und Jugendlichen.
Die geschlechtsspezifische Alkoholtoleranz/-vulnerabilität ergibt sich im Wesentlichen aus
drei Faktoren:
(1) körperwasserbedingte Unterschiede
(2) verhaltensbedingte Unterschiede
(3) andere geschlechtsspezifische Unterschiede
10
2.3.1 Körperwasserbedingte Unterschiede in Alkoholtoleranz
und -vulnerabilität
Wie
in
Kap.
2.1
ausgeführt
wurde,
machen
Vergleiche
die
Auswirkungen
des
Alkoholkonsums betreffend in der Regel nur Sinn, wenn man Personen mit identischen
Blutalkoholkonzentrationen
vergleicht
(die
durch
den
Konsum
von
äquivalenten
Alkoholmengen erreicht werden), und nicht Personen, die identische Alkoholmengen
getrunken haben.
Frauen weisen durchschnittlich nur 2/3 des Körperwasservolumens von Männern auf –
teilweise erklärbar durch ein geringeres Gewicht und teilweise wegen eines höheren
Fettanteils. Beim Konsum identischer Alkoholmengen erzielen sie im Durchschnitt eine
um 50% höhere Blutalkoholkonzentration als Männer. Das ist aber praktisch irrelevant,
weil Frauen durchschnittlich erheblich weniger Alkohol trinken als Männer; und zwar um
so viel weniger, dass sie nicht nur ihr niedrigeres Körperwasservolumen ausgleichen,
sondern Blutalkoholkonzentrationen erzielen, die deutlich unter dem Durchschnitt der
Männer liegen (vgl. Kap. 2.3.2).
Dass viele diese Überlegungen nicht anstellen bzw. nicht nachvollziehen und mit dem
Argument, dass Frauen bei identischen Alkoholmengen höhere Blutalkoholkonzentrationen erzielen, eine höhere Gefährdung von Frauen durch Alkohol behaupten, ist
sachlich nicht zu rechtfertigen. Diese Meinung ist wohl nur vor dem Hintergrund eines
antiquierten Geschlechterrollenverständnisses zu erklären, dass Frauen auch heute noch
vieles nicht zugesteht, das für Männer als selbstverständlich gilt.
2.3.2 Trinkmengenbedingte Unterschiede in Alkoholtoleranz
und -vulnerabilität
Vergleicht man – z.B. anhand von Daten aus Bevölkerungsbefragungen (Uhl et al. 2005)
– die Konsummengen von Frauen und Männern, so stellt sich heraus, dass Frauen im
Durchschnitt tatsächlich bloß ein Drittel der absoluten Alkoholmenge bzw. die Hälfte der
äquivalenten Alkoholmenge von Männern trinken (14g vs. 42g Reinalkohol pro Tag, vgl.
Tab. 1).
Dieser Umstand ist aus einer gesundheitspolitischen Perspektive positiv zu beurteilen.
Wer weniger und seltener Alkohol trinkt, ist weniger gefährdet, problematische
Konsummengen zu entwickeln und vom Alkohol abhängig zu werden (höhere Resilienz
von
Frauen
gegen
Alkoholmissbrauch).
Tatsächlich
kommen
derzeit
auf
vier
AlkoholikerInnen 3 Männer und nur eine Frau (Uhl & Kobrna, 2003). Wer weniger und
11
seltener Alkohol
trinkt, entwickelt
allerdings nur eine geringere
Alkoholtoleranz,
d.h. er/sie ist bereits bei einer geringeren Blutalkoholkonzentrationen beeinträchtigt und
dadurch
z.B.
unfallgefährdet
als
eine
Person
mit
regelmäßigen
und
stärkerem
Alkoholkonsum. Es ist aber völlig fehl am Platz, aus diesem Umstand einen Risikofaktor
zu konstruieren. Aus dieser Perspektive wären jene, die ihr ganzes Leben überhaupt
keinen Alkohol trinken, den Alkohol betreffend die stärkste Risikogruppe – das Gegenteil
ist aber der Fall. Jene, die oft und viel Alkohol trinken, sind zwar bei geringen
Alkoholmengen weniger unfallgefährdet, aber, da sie öfter Alkohol trinken und die
erhöhte Alkoholtoleranz durch Mehrkonsum ausgleichen, sind sie insgesamt öfter und
stärker beeinträchtigt und unfallgefährdeter als moderate AlkoholkonsumentInnen.
Tab. 1: Durchschnittlicher Alkoholkonsum bezogen auf Geschlecht und Alter
Frauen und Männer
14-19
20-29
30-39
40-49
50-59
60-69
70-99
Insg.
durchschnittliche Gramm Alkohol pro Tag
17
29
32
27
28
29
17
27
durchschnittliche Liter Alkohol pro Jahr
7,7
13,6
15,0
12,5
12,8
13,3
7,7
12,7
Stichprobenumfang
421
919
910
749
608
700
247
4.554
Männer
14-19
20-29
30-39
40-49
50-59
60-69
70-99
Insg.
durchschnittliche Gramm Alkohol pro Tag
16
43
48
44
46
44
27
42
durchschnittliche Liter Alkohol pro Jahr
7,4
20,0
22,4
20,1
21,4
20,4
12,4
19,3
Stichprobenumfang
192
459
447
378
259
349
105
2.190
Frauen
14-19
20-29
30-39
40-49
50-59
60-69
70-99
Insg.
durchschnittliche Gramm Alkohol pro Tag
17
16
17
10
14
14
9
14
durchschnittliche Liter Alkohol pro Jahr
7,9
7,2
7,9
4,6
6,3
6,3
4,3
6,6
Quelle: „Repräsentativerhebung 2004“, Uhl et al. (2005); weitere Berechnungen
Kommentar: 20g reiner Alkohol entsprechen ca. 1/4 Liter Wein oder 1/2 Liter Bier
2.3.3 Direkt geschlechtsspezifische Unterschiede in Alkoholresilienz
und -vulnerabilität
Dass Frauen aufgrund von geringerem Gewicht und höherem Fettanteil über weniger
Körperwasser verfügen als Männer und nur soviel trinken, dass sie durchschnittlich bloß
50% des Blutalkoholspiegels von Männern erreichen (also 50% der äquivalente
Alkoholmenge
Geschlechtern.
trinken),
Als
erklärt
„direkt
eine
Reihe
von
geschlechtsspezifische
Unterschieden
Unterschiede“
zwischen
den
werden
im
gegenständlichen Aufsatz ausschließlich solche verstanden, die über die Faktoren
„Körperwasservolumen“ und „Alkoholerfahrung“ hinausgehen; d.h. die auch dann zu
beobachten sind, wenn man Körperwasservolumen und Alkoholkonsumgewohnheiten
12
konstant hält. Solche Differenzen werden in der Literatur immer wieder in Bezug auf
Unterschiede im Hormonhaushalt, auf die psychische Konstellation etc. postuliert. Wie
Uhl & Kobrna (2003) zeigen konnten, sind diese Unterschiede jedoch bei adäquater
Berücksichtigung
von
Körperwasservolumen
und
Alkoholkonsumgewohnheiten
als
marginal einzustufen.
Der Alkoholabbau, ausgedrückt als Verringerung der Blutalkoholkonzentration pro
Stunde, ist bei Männern und Frauen annähernd gleich. Das Prädikat „annähernd“ zielt auf
den Umstand, dass aus der verfügbaren Fachliteratur abgeleitet werden kann, dass
geringfügige enzym- bzw. hormonbedingte Unterschiede in den Eliminationsraten
zwischen Männern und Frauen derzeit nicht ganz ausgeschlossen werden können. So
vertritt Mader (2001) in diesem Zusammenhang, dass die Eliminationsrate bei Frauen
geringfügig niedriger sei, weil die weibliche Leber weniger des für den Alkoholabbau
benötigten Enzyms Alkoholdehydrogenase (ADH) aufweise, während Rommelspacher
(2003) vertritt, dass die Eliminationsrate bei Frauen geringfügig höher sei, weil das
männliche Sexualhormon Testosteron ebenso wie Ethylalkohol vom Enzym ADH abgebaut
werde, wodurch sich der Abbau der beiden Stoffe wechselseitig behindere. Konsumieren
Frauen und Männer längerfristig äquivalente Alkoholmengen, so sind langfristig die
Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit weitgehend identisch.
Da im öffentlichen und wissenschaftlichen Diskurs Aussagen über geschlechtsbezogene
Unterschiede bezüglich Alkoholvulnerabilität oft dazu dienen, den Alkoholkonsum von
Frauen in ein problematisches Licht zu rücken bzw. Frauen besondere Mäßigung nahe zu
legen, sei noch einmal ausdrücklich betont,
•
dass die körperwasserbedingt verringerte Alkoholtoleranz überkompensiert wird,
weil Frauen im Durchschnitt nicht identische absolute Alkoholmengen wie Männer
trinken, sondern bloß die Hälfte der äquivalenten Alkoholmengen,
•
dass
die
geringere
Alkoholtoleranz
wegen
des
deutlich
geringeren
Alkoholdurchschnittskonsums die Unfallgefahr generell nicht erhöht, sondern diese
infolge des selteneren und mäßigeren Alkoholkonsums von Frauen stark verringert
ist, und
•
dass es keine nennenswerten, darüber hinausgehenden geschlechtsspezifischen
Unterschiede die Alkoholvulnerabilität betreffend zu geben scheint.
2.4 Genetische Disposition zur Sucht
Wie Menschen auf bestimmte psychoaktive Substanzen reagieren hängt zu einem nicht
unerheblichen Teil von genetischen Faktoren ab. Besonders bekannt ist in diesem
Zusammenhang die genetisch bedingte Alkoholunverträglichkeit, die bei bestimmten
asiatischen Volksgruppen in 80% der Fälle und bei Europäern nur in 5% der Fälle
13
vorliegt. Bei den betroffenen Menschen ist das Enzym ALDH-II genetisch bedingt inaktiv,
wodurch
sich
beim
Alkoholabbau
ein
Acetaldehydstau
ergibt,
der
sich
als
Alkoholunverträglichkeit (Flush-Reaktion) manifestiert (Agarwal & Agarwal-Kozlowski,
1999).
Nora Volkow (2005), die Leiterin des US-amerikanischen „Nationalen Institut on Drug
Abuse (NIDA)“ vertrat basierend auf einer Literaturübersicht, dass 40%–60% der
Variabilität des Risikos an einer Suchterkrankung zu erkranken mit genetischen Faktoren
zusammenhängt, wobei Volkow in diesem Zusammenhang dem Neurotransmitter
Dopamin eine zentrale Funktion einräumt. Aus dieser Perspektive kann man Sucht nicht
eindimensional als Folge übermäßigen Substanzkonsums sehen, sondern ist Sucht in
erheblichem Ausmaß ein Ergebnis von genetischen Variationen.
2.5 Primärer vs. sekundärer Alkoholismus
Da viele psychiatrische Erkrankungen bei Verwandten gehäuft auftreten, also zu einem
erheblichen Anteil genetisch bedingt sind, sind Überlegungen zur genetischen Disposition
zur Sucht nicht unabhängig von Überlegungen zur Selbstmedikationshypothese mit
psychoaktiven Substanzen (Khantzian, 1985) zu diskutieren. Dabei ergibt sich in
Zusammenhang mit dem gegenständlichen Thema die Unterscheidung in primären und
sekundären Alkoholismus (Schuckit, 1979).
•
Primärer Alkoholismus entwickelt sich infolge übermäßigen Alkoholkonsums
(Primärproblematik) – meist vergleichsweise langsam –, wobei in der Folge
psychische, körperliche und soziale Probleme (Sekundärproblematik) auftreten.
•
Sekundärer Alkoholismus entsteht, wenn Personen infolge psychischer,
körperlicher und/oder sozialer Auffälligkeiten (Primärproblematik) beginnen, in
großem Umfang Alkohol zur Selbstmedikation einzusetzen
(Selbstmedikationshypothese, Khantzian, 1985) und dann – meist recht rasch –
vom Alkohol abhängig werden (Sekundärproblematik).
Es gibt nun immer mehr Indizien dafür, dass Alkoholismus in einer Vielzahl der Fälle
sekundärer Natur ist. So konnte z.B. Springer (2004) mittels umfassender Interviews
feststellen, dass rund die Hälfte der im Anton-Proksch-Institut stationär behandelten
männlichen Alkoholiker und 94% der der im Anton-Proksch-Institut stationär behandelten
Alkoholikerinnen
bereits
vor
Beginn
des
problematischen
Alkoholkonsums
an
gravierenden psychiatrischen Erkrankungen gelitten hatten, was sie eindeutig als
sekundäre AlkoholikerInnen ausweist (vgl. Tab. 2).
14
Tab. 2: Primärer vs. sekundärer Alkoholismus bei stationären PatientInnen des
Anton-Proksch-Instituts
primärer Alkoholismus
sekundärer Alkoholismus
Frauen
6%
94%
Männer
51%
49%
Quelle: (Springer, 2004)
Im Lichte der vorliegenden Befunde spricht vieles dafür, auf Hintergrundsprobleme und
manifesten Alkoholmissbrauch zu fokussieren und den moderaten Alkoholkonsum nicht
übermäßig zu problematisieren.
2.6 Die Aussagekraft von epidemiologisch gewonnen
Korrelationsbefunden
Aus
epidemiologischen
gleichzeitig
auftretenden
beobachten.
unzulässig
Daten
1
Der
Schluss
bzw.
von
können
wir
zwischen
korrelative
Zusammenhänge
hintereinander
auftretenden
Korrelationen
auf
Kausalität
ist
zwischen
Ereignissen
forschungslogisch
(Uhl & Kraus, 2006). Korrelationen erlauben uns bloß, basierend auf
Vorwissen, Plausibilität und theoretischen Überlegungen, zu spekulieren, wie die
korrelierenden
Faktoren
ursächlich
zusammenhängen
könnten.
Die
eindeutige
experimentelle Bestätigung derartiger Hypothesen – in einem gewissen Sinn der
Königsweg in der empirischen Forschung – scheitert meist an ethischen, praktischen und
ökonomischen Grenzen. So ist es z.B. undenkbar, eine große Zahl von Kindern zufällig in
Versuchs- und Kontrollgruppe einzuteilen, die Experimentalgruppe zu zwingen, über viele
Jahrzehnte
gesundheitsgefährdende
Kontrollgruppe
völlige
Alkoholmengen
Alkoholabstinenz
zu
aufzuzwingen,
sich
zu
nehmen,
sicherzustellen,
dass
der
sich
Rahmenbedingungen und Verhaltensweisen in Kontrollgruppe und Versuchsgruppe
langfristig nicht unterscheiden, und die Auswirkungen Jahrzehnte später zu erfassen und
zu bewerten.
Die derzeit in der empirischen Forschung übliche Vorgangsweise mit Korrelationsdaten
ist, auf diese aufbauend Hypothesen in der Möglichkeitsform zu formulieren, bei
Interpretationen der Ergebnisse anzudeuten, dass es sich um spekulative Vermutungen
handle und darauf zu vertrauen, dass den Forschungsbericht lesende ForscherInnen,
1
Wird aus dem Zusammenhang gleichzeitig auftretenden Faktoren auf Kausalität geschlossen, so wird das in der
Forschungsmethodologie als Cum-Hoc-Fehlschluss (cum hoc ergo propter hoc) bezeichnet, und der analoge Schluss aus
hintereinander auftretenden Faktoren wird Sequenzfehlschluss oder Post-Hoc-Fehlschluss (post hoc ergo propter hoc)
genannt.
15
PraktikerInnen
sowie
die
Öffentlichkeit
die
spekulativen
Interpretationen
als
wissenschaftlich gesicherte Sachverhalte aufnehmen und weiterverwenden (Uhl, 2007).
Begünstigt wird diese fragwürdige Vorgangsweise dadurch, dass, wie Demmel (2004)
kritisierte, viele AutorInnen von Übersichtsartikeln und im Zuge der einleitenden
Begründungen ihrer eigener Forschungsansätze bloß Zitate aus anderen Arbeiten
wiedergeben, ohne die zitierten Artikel profund zu kennen oder sie gar kritisch zu
bewerten.
Praktische Relevanz erzielen Zusammenhangshypothesen nur dann, wenn sie uns
erlauben, Interventionen abzuleiten, um die Wahrscheinlichkeit für erwünschte Ausgänge
zu erhöhen und für unerwünschte Ausgänge zu verringern. Im Sinne Poppers (1934)
kann man diese Hypothesen zwar nicht beweisen, aber wenn die aus der Theorie
abgeleiteten Auswirkungen von Interventionen nicht eintreten, sind die Hypothesen
widerlegt
(dogmatischer
Falsifikationismus)
–
und
nach
neueren
wissenschaftstheoretischen Überlegungen (z.B. Lakatos, 1978) – zumindest belastet
(methodischer Falsifikationismus). Allerdings scheitert auch die Durchführung derart
praxisnaher
Forschungszugänge
zur
Evaluation
präventionsrelevanter
Interventionseffekten und zur indirekten Prüfung von dahinter liegenden Hypothesen
ebenfalls häufig an unterschiedlichen Forschungsproblemen (Uhl, 2000).
3 Kinder und Jugendliche: entwicklungsspezifische
Alkoholvulnerabilität
Analog zu den vorangestellten Betrachtungen über geschlechtsspezifische Unterschiede
kann man auch entwicklungsspezifische Unterschiede in Bezug auf die Alkoholwirkung
unterteilen in:
(1) körperwasserbedingte Unterschiede
(2) trinkmengenbedingte Unterschiede
(3) direkt entwicklungsspezifischen Unterschieden.
3.1 Körperwasserbedingte Unterschiede in Alkoholtoleranz
und -vulnerabilität
Wie im Kap. 2.1 ausgeführt, machen Vergleiche, die Auswirkungen des Alkoholkonsums
betreffend, in der Regel nur Sinn, wenn man auf Blutalkoholkonzentrationen bzw. auf
äquivalente Alkoholmengen abzielt, weil Unterschiede in der körperlichen Konstitution in
der Regel durch entsprechenden Minderkonsum ausgeglichen werden. Weder bei Frauen,
noch bei Kindern und Jugendlichen, ist die generelle Konstruktion einer höheren
Gefährdung infolge des geringeren Körperwasservolumens gerechtfertigt. Jugendliche,
16
bei denen der Gewichtsabstand zu Erwachsenen vielfach nur mehr gering ist, trinken
durchschnittlich erheblich weniger Alkohol als Erwachsene (vgl. Tab. 1). Die nach
Geschlechtern getrennte Beurteilung ist hier allerdings insofern etwas komplizierter, weil
sich das Alkoholkonsumverhalten junger Frauen und Männer in den letzten Jahren
systematisch annähert. So liegt der Durchschnittskonsums von 14- bis 19-jährigen
Frauen (17g Reinalkohol pro Tag) geringfügig über dem Durchschnittskonsum aller
Frauen
(14g
Reinalkohol
pro
Tag),
während
bei
Männern,
infolge
dieses
Angleichungstrends, dieser Unterschied besonders stark ausfällt (16g vs. 42g Reinalkohol
pro Tag). Über beide Geschlechter hinweg betrachtet, trinken 14- bis 19-Jährige deutlich
weniger als die Gesamtstichprobe (17 g vs. 27g Reinalkohol pro Tag, vgl. Tab. 1).
Wenn über den Alkoholkonsum von Kindern und Jugendlichen gesprochen wird, bezieht
sich dies im Allgemeinen auf ein Verhalten Heranwachsender, die Alkohol ausprobieren
bzw. beginnen, ihn regelmäßig zu trinken, und nicht auf etwaiges (unbeabsichtigtes)
Konsumieren
von
Alkohol
durch
Kleinkinder.
Nichtsdestotrotz
soll
auch
letztere
Möglichkeit hier kurz Erwähnung finden, da es immer wieder zu Unfällen kommt, in
denen auch – für einen Erwachsenen – kleine absolute Trinkmengen aufgrund des
geringen Gewichtes von Kleinkindern erhebliche Effekte zeitigen. Wenn z.B. ein Kleinkind
mit 6 kg Körpergewicht in einem unbeobachteten Augenblick einen Achtel Liter Eierlikör
mit 20 Vol.-% Alkohol trinkt, was angesichts des süßen Geschmacks nicht auszuschließen
ist, so entspricht das einer Situation, in der ein 70 kg schwerer Erwachsener ohne
abzusetzen zwei 0,7-Literflaschen Eierlikör leertrinkt – also einer Alkoholmenge, die mit
Sicherheit zu einer schweren, unter Umständen lebensbedrohlichen Alkoholvergiftung
führt.
Anders verhält es sich bei der Frage, ob man Kleinkindern geringe Mengen Alkohol
verabreichen darf, etwa in Zusammenhang mit der Verschreibung von Medikamenten, die
als alkoholische Lösung angeboten werden. Da hier, anders als beim Eierlikörbeispiel, die
Medikamentendosis an das Körpergewicht des Kindes angepasst wird, geht es hier
eindeutig
um
Effekte
äquivalenter
Alkoholmengen.
(zu
diskutierten
entwicklungsspezifischen Auswirkungen siehe Kap. 3.3.1)
3.2 Trinkmengenbedingte Unterschiede in Alkoholtoleranz
und -vulnerabilität
Kinder und Jugendliche trinken in der Regel keinen oder erheblich weniger Alkohol als
Erwachsene, daher ist ihre Alkoholtoleranz (noch) nicht sehr ausgeprägt. Die Gefahr, bei
geringen Alkoholmengen in einem Ausmaß beeinträchtigt zu sein, dass das Unfallrisiko
erheblich steigt, ist dadurch durchaus relevant. Es ist daher zweckmäßig, wenig
17
alkoholerfahrene Kinder und Jugendlichen (ebenso wie solche Erwachsene) auf diese
Gefahr aufmerksam zu machen und ihnen im Umgang mit Alkohol zu Vorsicht zu raten.
Bei Kindern und Jugendlichen ist daher in Erwägung zu ziehen, wie z.B. Zingerle (2005)
betonte, „die Entwicklung zur Alkoholmündigkeit zu fördern, im Sinne individuellen und
kollektiven
Handelns,
durch
das
Menschen
in
die
Lage
versetzt
werden,
unproblematische, sozial integrierte und genussorientierte Formen des Konsums von
Alkohol zu entwickeln und zeitstabil beizubehalten“.
Wie schon unter Kap. 2.3.2 ausgeführt wäre es paradox, aus dem Umstand, dass jemand
wenig Alkohol trinkt, einen Risikofaktor zu konstruieren. Wenn man mangelnde
Alkoholerfahrung
bei
Jugendlichen
als
Risikofaktor
präsentiert,
um
damit
Alkoholkontrollmaßnahmen für diese Altersgruppe zu rechtfertigen, so sagt man indirekt,
dass Alkoholtoleranz, also „Trinkfestigkeit“, als protektive Eigenschaft anzustreben sei.
Da man diese durch regelmäßigen stärkeren Alkoholkonsum erwirbt, wird dieses
Verhalten implizit positiv bewertet. Das ist nicht nur logisch fragwürdig sondern auch
pädagogisch bedenklich. Die taktische Verwendung des Arguments, dass Kinder und
Jugendliche wegen ihrer Alkoholunerfahrenheit keinen Alkohol trinken dürfen, kann sich
so in paradoxer Weise als kontraproduktiv erweisen, weil man damit implizit die in weiten
Kreisen
der
Bevölkerung
ohnehin
als
positiv
erachtete
„Trinkfestigkeit“
zum
„Schutzfaktor“ bzw. zur „Tugend“ aufwertet.
3.3 Direkt entwicklungsspezifische Unterschiede in
Alkoholtoleranz und -vulnerabilität
Wie
schon
in
Kap. 2.3.3
betont,
geht
es
in
Zusammenhang
mit
spezifischen
Unterschieden um Thesen, die nicht mit den Faktoren „Körperwasservolumen“ und
„Alkoholerfahrung“ erklärbar sind, also – in diesem Kapitel – um Unterschiede zwischen
Kindern bzw. jungen Menschen und Erwachsenen, die auch dann auftreten, wenn man
Blutalkoholkonzentration und Alkoholerfahrung konstant hält.
3.3.1 Hypothese: Höhere Alkoholtoxizität und geringerer Alkoholabbau bei
Kleinkindern
In der Fachliteratur wird ziemlich einheitlich vertreten, dass die äquivalente tödliche
Dosis Alkohol für Kinder und Jugendliche erheblich geringer sei als für Erwachsene, weil
Kinder viel empfindlicher auf Alkohol reagierten; so soll bei Kleinkindern bereits ein
Alkoholspiegel von 0,5 Promille tödlich sein können (z.B. BZgA, 2004). Auch wurde
immer wieder angeführt, z.B. bei Feuerlein (1979), dass das für den Alkoholabbau primär
verantwortliche ADH-System bei Kleinkindern noch in Entwicklung begriffen und erst
18
beim fünfjährigen Menschen vollständig ausgebaut sei, weswegen der Alkoholabbau bei
Kleinkindern erheblich langsamer von Statten gehe.
Weder die These, dass die tödliche Alkoholdosis bei Kleinkindern erheblich niedriger
anzusetzen sei als beim Erwachsenen, noch jene, dass der Alkoholabbau bei Kleinkindern
erheblich
langsamer
vor
sich
gehe,
wird
allerdings
bislang
durch
empirische
Untersuchungen belegt. Es liegen nur minimale Forschungsaktivitäten vor, was sich
einerseits damit erklären lässt, dass es bis dato wenig Interesse gab, die dem
gesellschaftlichen
Grundkonsens
entsprechende
These
einer
höheren
Alkoholvulnerabilität von Kindern und Jugendlichen zu hinterfragen und kritisch zu
prüfen,
und
dass
andererseits
diesbezügliche
Daten
nicht
mittels
kontrolliertem
Experiment zu gewinnen sind, sondern nur aus der Dokumentation vereinzelter klinischer
Fälle.
Die einzige uns bekannte empirische Untersuchung zu diesem Thema stammt von Ragan
et al. (1979), die den beiden Fragen, nach der tödlichen Dosis sowie nach dem
Alkoholabbau, nachgingen. Ihre Befunde widersprechen der allgemeinen Erwartung
diametral. Ragan et al. haben Krankengeschichten von allen mit Alkoholvergiftung in
ihrer Klinik eingelieferten jungen PatientInnen (insgesamt 9 Kinder zwischen 0 und 12
Jahren) analysiert, dabei Blutalkoholkonzentrationen zwischen 2,5 und 5,75 Promille
gefunden und festgehalten, dass alle Kinder diese Vergiftungen ausnahmslos überlebten.
Im Fall eines 18 Monate alten Säuglings wurde die Alkoholabbaugeschwindigkeit
gemessen, und diese war mit knapp 0,3 Promille pro Stunde doppelt so hoch wie beim
durchschnittlichen
Erwachsenen.
Die
These,
dass
Kleinkinder
durch
äquivalente
Alkoholmengen erheblich gefährdeter seien als Erwachsene, wird dementsprechend durch
diesen empirischen Befund nicht bestätigt sondern dieser widerspricht dieser. Da ein
einzelner Befund nicht ausreicht, um sich ein einigermaßen verlässliches Bild zumachen,
sind hier weitere empirische Untersuchungen notwendig. Solange allerdings keine
Befunde vorliegen, die diese These bestätigen, ist deren Berechtigung grundsätzlich
infrage zu stellen.
3.3.2 Hypothese: Alkoholkonsum behindert die soziale Entwicklung von
Kindern und Jugendlichen besonders ungünstig
Wer
in
kritischen
Lebensphasen
durch
unangemessenen
oder
übermäßigen
Alkoholkonsum negative Konsequenzen provoziert, kann Weichen stellen, die den
gesamten weiteren Lebensweg negativ beeinflussen. Das trifft sowohl auf Kinder und
Jugendliche zu, die aus einer Schule ausgeschlossen werden, als auch auf junge
Erwachsene, deren Karriereentwicklung an Alkoholmissbrauch
19
scheitert, oder auf
Erwachsene, die alkoholbedingt ihren Arbeitsplatz verlieren bzw. ihre Beziehungen
gefährden.
Die Frage im gegenständlichen Aufsatz ist daher nicht, ob Alkoholkonsum ein Risikofaktor
für den weiteren Lebensweg von Menschen darstellen kann – das steht außer Frage –,
sondern
(1) ob die Auswirkungen bei Kindern und Jugendlichen gravierender ausfallen als bei
Erwachsenen, und
(2) ob bei Kindern und Jugendlichen auch relativ moderater Alkoholkonsum, der bei
Erwachsenen kaum mit Folgeproblemen assoziiert wird, einen relevanten negativen
Effekt auf die weitere Zukunft der betreffenden Personen auszuüben vermag.
3.3.2.1
Früher Einstieg – große Probleme?
Im Rahmen von epidemiologischen Studien wird immer wieder behauptet, dass früher
Einstieg in den Alkoholkonsum deutlich mit negativen Entwicklungen in der Zukunft
korreliert. Lege artis kann man auf der Basis dieser Aussage frühen Einstieg als Indikator
dafür werten, dass die Betreffenden später mehr Probleme haben werden. Man kann aber
keinen Kausalzusammenhang in dem Sinne ableiten, dass eine Verschiebung des
Einstiegsalters die zukünftige Entwicklung positiv beeinflussen würde (vgl. Kap. 2.6).
Wenn man diesen Sachverhalt inhaltlich adäquat und vorsichtig interpretiert, wie das z.B.
die Schweizer SFA (2008) tat – „Je früher Heranwachsende regelmäßig Alkohol trinken
und je häufiger sie Rauschzustände erleben, desto größer ist ihr Risiko, später
Alkoholprobleme zu entwickeln.“ –, kann man davon ausgehen, dass das von jenen, die
an
praktischen
Implikationen
der
Forschung
interessiert
sind,
spontan
als
Kausalzusammenhang überinterpretiert wird. Dass diese Überinterpretation die Regel ist,
geht aus der Ausführung der europäischen Drogenbehörde EMCDDA (2007) hervor: „The
main objective in prevention is usually preventing or delaying the initiation with legal
drugs“.
In Kap. 3.3.2.2 wurde die Unterscheidung zwischen primärem
und sekundären
Alkoholismus getroffen, und betont, dass sich primärer Alkoholismus vergleichsweise
langsam und sekundärer Alkoholismus vergleichsweise rasch entwickelt (Uhl et al.,
2008).
Das
folgt
aus
dem
Umstand,
dass
Personen,
die
Alkohol
infolge
der
Primärproblematik zur Verringerung ihres Leidensdrucks einsetzen, die Dosis rasch
steigern
müssen,
um
trotz
fortschreitender
Toleranzentwicklung
noch
relevante
Alkoholeffekte zu verspüren, während Personen, die bloß gewohnheitsmäßig größere
Alkoholmengen
konsumieren,
keinen
starken
großen
Druck
zur
Dosissteigerung
verspüren. Für letztere sind die Alkoholeffekte nicht von essenzieller Bedeutung.
Sekundäre Alkoholiker sind psychopathologisch erheblich auffälliger, weil hier die
20
psychiatrische Primärproblematik besteht, und sich zu ihr ein sekundäres Alkoholproblem
addiert. Verknüpft man das eben Gesagte modellhaft, so wird klar, dass junge
Alkoholkranke fast ausschließlich sekundäre AlkoholikerInnen sein müssen – schon
wegen der geringen Zeitspanne, die zwischen dem Beginn des problematischen
Alkoholkonsums und der Manifestation der Alkoholkrankheit zur Verfügung stand – und
dass
sie,
als
überwiegend
sekundäre
AlkoholikerInnen,
psychopathologische
Auffälligkeiten aufweisen. Wer die eben genannten Zusammenhänge nicht kennt, der
kann das leicht so missverstehen, dass junge Menschen besonders anfällig seien, an
Alkoholismus zu erkranken, und dass es bei diesen zu weit schweren Verläufen kommt.
Bei einer konsequenten Unterteilung nach primärem und sekundärem Alkoholismus und
wenn man die Verläufe aus einer Lebenszeitperspektive analysiert, erweist sich diese
Schlussfolgerung rasch als haltlos. Auf einem ähnlichen Fehlschluss beruht auch der
Mythos, dass Frauen besonders „alkoholvulnerabel“ seien, wie im Kap. 2.3 bereits
dargelegt wurde.
Gegen die These, dass früherer Einstieg in den Alkoholkonsum zwangsläufig dazu führt,
dass später mehr getrunken wird und mehr Alkoholprobleme auftreten, spricht auch die
Beobachtung, dass Jugendliche in Österreich immer früher körperlich reif werden,
akzelerationsbedingt immer früher beginnen gleichwertig am Leben der Erwachsenen –
und damit auch an deren Alkoholkonsumgewohnheiten – teilzunehmen und dass
gleichzeitig
der
Durchschnittsalkoholkonsum
in
Österreich
sowohl
in
der
Gesamtbevölkerung als auch bei jungen Erwachsenen sinkt (Uhl, 2003). Würde der
Zusammenhang zwischen früherem Einstieg und späterem Problemkonsum in der
behaupteten
Form
zutreffen,
müsste
gegen
diesen
beobachtbaren
Trend
der
durchschnittliche Alkoholkonsum bei jungen Erwachsenen konsequent ansteigen.
Es ist sicherlich zweckmäßig, Maßnahmen zur Verhinderung der Entstehung von
Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit zu setzen – und zwar bei jungen und alten
Menschen. Die Vorstellung allerdings, dass man in der Prävention vor allem den frühen
Einstieg radikal bekämpfen müsste, um erfolgreich sein zu können, lässt sich angesichts
der eben angestellten Überlegungen als „Early Onset Mythos“ bezeichnen.
3.3.2.2
„Problem Behaviour Theory“ vs. „jugendlicher Alkoholkonsum
verursacht Folgeprobleme“
Wie
soeben
Jugendlichen
dargelegt,
korrelieren
miteinander:
„Früher
Problemverhaltensweisen
Alkoholkonsum“
und
bei
„starker
Kindern
und
Alkoholkonsum“
korrelieren, wie immer wieder empirisch festgestellt werden konnte, mit einer Fülle von
anderen
gleichzeitig
und
später
auftretenden
21
Problemverhaltensweisen,
wie
Aggressivität, frühe Sexualität, Kriminalität, Suchtgefahr und vielem mehr. Jessor (1987)
führt das im Rahmen seiner „Problem Behaviour Theory“ primär auf dahinter liegende
Hintergrundfaktoren zurück, während andere Autoren (z.B. Aarons et al., 1999) die
später
auftretenden
Probleme
weit
stärker
ursächlich
mit
initialen
Alkoholkonsumverhalten assoziieren – also auch im moderaten Alkoholkonsum einen
wichtigen Risikofaktor für späteren Problemkonsum verorten. Berücksichtigt man bei
diesen Betrachtungen die in Kap. 2.5 dargestellten unterschiedlichen Verläufe des
primären und des sekundären Alkoholismus, so kann man feststellen, dass die „Problem
Behaviour Theory“ mit dem Konzept des „sekundären Alkoholismus“ gut harmoniert.
3.3.2.3
Lernen eines adäquaten Umgangs mit Alkohol und Drogen als
Entwicklungsaufgabe in der Jugend
Auch wenn die Forderung, dass Jugendliche bis zu ihrem 16. Geburtstag weitgehend
alkoholfrei aufwachsen sollen, vernünftig ist, ist es in einer Kultur, in der keine
Alkoholprohibition besteht und in der Alkoholkonsum vielmehr integraler Bestandteil des
gesellschaftlichen Erwachsenenlebens ist, recht unwahrscheinlich, dass nicht bereits vor
Erreichen des legalen Trinkalters erste Experimente mit Alkohol gemacht werden. Die
Entwicklung der von Zingerle (2005) geforderten Alkoholmündigkeit erfordert nicht nur
eine adäquate elterliche Vorbildwirkung, sondern auch, dass im Übergang vom
Jugendalter
zum
Erwachsenwerden
eine
Einführung
in
unproblematische,
sozial
integrierte und genussorientierte Formen des Konsums von Alkohol gelernt werden
können. Sofern sich das jugendliche Experimentierverhalten in Bezug auf Alkoholkonsum
in Grenzen hält, gibt es keinen Grund, dieses Verhalten übermäßig zu dramatisieren.
Selbst die Schweizer SFA (2008), die im Alkoholkonsum von Kindern und Jugendlichen
ein großes Problem sieht, stellt sich der gesellschaftlichen Realität, indem sie einräumt:
„Bei Jugendlichen ab ca. 14 Jahren ist es für Erziehungsberechtigte oft schwierig, einen
völligen Verzicht durchzusetzen. Sicher aber muss der Alkoholkonsum in diesem Alter
eine Ausnahme darstellen.“
Hurrelmann et al. (1985) betonen in diesem Zusammenhang, dass die Entwicklung der
Nutzung des Konsumwarenmarktes und des kulturellen Freizeitmarktes (einschließlich
Medien und Genussmitteln) eine pädagogisch wichtige Entwicklungsaufgabe darstellt, um
einen eigenen Lebensstil zu entwickeln und zu einem autonom gesteuerten und
bedürfnisorientierten Umgang mit den entsprechenden Angeboten zu kommen. Aus
diesem Grund ist es weder möglich noch zweckmäßig, Kinder und Jugendliche
kategorisch
von
Alkohol
fernzuhalten.
Wenn
Kinder
elterlichen
Alkoholkonsum
beobachten und dann selbst kosten wollen, erscheint es sinnvoller, sie einen Schluck
probieren zu lassen, als ihnen das kategorisch zu verweigern. In der Regel schmeckt den
22
Kindern der Alkohol ohnehin nicht und ist ihre Neugierde durch das Kostendürfen für eine
Zeit gestillt. Hingegen ist es durchaus vorstellbar, dass kategorisches Verweigern des
Kostens zu Folgeproblemen führt, weil Alkohol zum unerreichbaren und verbotenen Gut
aufgewertet wird, wodurch der erste Alkoholkonsum verstärkt den Charakter eines
Initiationsritus ins Erwachsenensein erhält. Darüber hinaus kann durch kategorische
Verbote und rigide Verhaltensregeln die Eltern-Kind-Beziehung stark belastet werden
(Uhl et al., 2003).
3.3.3 Hypothese: Alkohol schädigt das in Entwicklung befindliche Gehirn
besonders stark
Die Überzeugung, dass Kinder und Jugendliche deswegen keinen Alkohol trinken sollten,
weil der sich noch in Entwicklung befindliche Organismus und besonders das Gehirn
gegen die Effekte des Alkohols besonders anfällig erweisen, findet sich in zahlreichen
Publikationen (z.B. Tapert et al., 2005 oder SFA, 2008).
Zur Unterstützung der ad hoc durchaus plausiblen These, dass ein sich noch in
Entwicklung befindliches Organ, wie das Gehirn, durch die Einwirkung von Substanzen
besonders stark und nachhaltig geschädigt wird, gibt es allerdings derzeit noch keine
wirklich schlüssigen empirischen Belege. Auch in der aktuellsten Entwicklung der
biologischen Suchtforschung, bei Volkow (2005), die dem organischen Substrat eine
Schlüsselfunktion in der Suchtentwicklung zuerkennt, indem
sie Sucht
als eine
Erkrankung versteht, die auf der Basis von Adaptationsvorgängen in bestimmten
Hirnarealen zunehmend auf zwanghaften und triebhaften Komponenten aufbaut, wird
dieses Wissensdefizit indirekt ausgeführt. Volkow beschreibt, dass die Entwicklung der
Suchtprozesse
nicht
nur
in
jenen
Hirnarealen
verankert
ist,
die
mit
dem
Belohnungszentrum und dem „Suchtgedächtnis“ korrespondieren, sondern in spezieller
Weise
auch
in
der
orbitofrontalen
Rindenregion.
Chronischer
bzw.
starker
Drogengebrauch bewirken nach dieser Theorie über die Einwirkung in den dopaminergen
Regionen
des
Belohnungszentrums
auch
Veränderungen
in
der
orbitofrontalen
Rindenregion, die wiederum der Steuerung von Antrieb und perseverativem Verhalten
dient, woraus sich der zwanghafte Charakter der Sucht ergibt. Allerdings findet dieser
Mechanismus unabhängig vom Alter des Gehirns statt und ist von der Intensität des
Gebrauchs
abhängig.
Und
so
verwendet
Volkow
bezüglich
der
Frage,
ob
das
heranreifende Gehirn durch Drogengebrauch besonders geschädigt werde, konsequent
die Möglichkeitsform: „... may be particularly harmful to the still developing brain.“.
Es besteht nun einmal das Grundproblem, dass, in psychologischen Tests festgestellte,
kognitive oder, mittels bildgebender Verfahren erfasste, hirnorganische Unterschiede
23
zwischen exzessiv Alkoholkonsumierenden und Vergleichspersonen eine Folge des
Alkoholkonsums sein können, genau so gut aber auch schon vorher bestanden haben
können und eventuell auch das unterschiedliche Alkoholkonsumverhalten bewirkt haben.
Ein Humanexperiment zur schlüssigen Klärung dieser Frage ist aus ethischen und
praktischen Gründen auszuschließen. Hiller-Sturmhöfel & Swartzwelder (2005) betonen,
dass zur empirische Klärung dieser Frage eigentlich nur das Tierexperiment bleibt.
Obwohl ausreichend bekannt ist, dass Effekte in Tierexperimenten nur bedingt auf
Menschen übertragbar sind, weil der tierische Organismus sich in vielerlei Hinsicht vom
menschlichen Organismus unterscheidet, behaupten Hiller-Sturmhöfel & Swartzwelder
auf der Grundlage der ihnen zur Verfügung stehenden tierexperimentellen Daten, dass
Alkoholkonsum in der menschlichen Adoleszenzperiode besonders anhaltende negative
Auswirkungen auf Organismus und Gehirn haben könne.
Unser Hauptargument gegen das Heranziehen von Tierexperimenten in Zusammenhang
mit den gegenständlichen Fragestellung geht allerdings über die oben genannte bedingte
Vergleichbarkeit hinaus und ist gravierender methodologischer Art. Tierexperimente sind
teuer und aufwändig, und aus diesem Grund wird häufig versucht, langfristige
Auswirkungen von moderaten Dosen durch die kurzfristige Applikation von Extremdosen
zu approximieren – was angesichts des Umstandes, dass auch völlig harmlose Stoffe in
Extremdosierungen hoch toxisch sind, sehr fragwürdig ist. Dazu kommt, dass viele
relevante Effekte nur mit sehr großen Stichproben zufallskritisch abzusichern sind. Will
man
aus
finanziellen
Gründen
mit
wenigen
Versuchstieren
signifikante
Effekte
produzieren, muss man besonders extreme Dosierungen verwenden, was die ganze
Versuchsanordnung
noch
fragwürdiger
macht.
Bevor
man
auf
Tierexperimenten
basierende Interpretationen als bare Münze nimmt, sollte man sich daher das Prozedere
genau ansehen und die verwendeten Dosierungen auf Humanäquivalenzen umrechnen.
Die Bereitschaft die Interpretationen einfach anzunehmen, wird bei dieser Vorgangsweise
mit Sicherheit erheblich abnehmen.
3.3.3.1
Tierversuch als Beleg für eine höhere Alkoholvulnerabilität bei
Kindern und Jugendlichen
Diese methodologischen Probleme können am Tierexperiment, von White et al. (2000)
anschaulich dargestellt werden. Dieses Projekt diente der Untermauerung der These,
dass Jugendliche durch Alkohol langfristig stärker beeinträchtigt werden als Erwachsene.
In der Studie wurden zwei Gruppen bestehend aus jeweils sieben adoleszenten und zwei
Gruppen bestehend aus jeweils sieben erwachsenen Ratten (insgesamt 28 Tiere), nach
einer gewissen Periode unter Alkoholeinfluss einem Gedächtnistest unterzogen. In der
Versuchsanordnung wurde der Versuchsgruppe mit adoleszenten und der Versuchs24
gruppe mit erwachsenen Ratten 11-mal im Abstand von 2 Tagen eine wässrige
Alkohollösung (17 Vol.-% Alkohol) in den Bauchraum gespritzt. Jeder Ratte wurden so
5 Gramm
Reinalkohol
pro
Kilogramm
Körpergewicht
bzw.
30
Gramm
wässrige
Alkohollösung pro Kilogramm Körpergewicht verabreicht. Die beiden Kontrollgruppen
erhielten
auf
die
gleiche
Weise
eine
identische
Menge
einer
physiologischen
Kochsalzlösung zugeführt. Das entspricht bei einem 70 Kilogramm schweren Menschen
350 Gramm Reinalkohol bzw. 2 Liter wässrige Alkohollösung bzw. physiologische
Kochsalzlösung in den Bauchraum gespritzt. 350 Gramm Reinalkohol sind ungefähr jene
Menge, die in 8 Litern Bier, in 4 Litern Wein bzw. in einem Liter Whisky enthalten ist.
Diese Alkoholmenge ist so groß, dass sie in kurzer Zeit appliziert, bei einem
alkoholunerfahrenen
70kg
schweren
Menschen
eine
tödliche
Alkoholvergiftung
hervorrufen kann.
Die Injektion einer so großen Menge einer relativ hochprozentigen alkoholischen Lösung
in die Bauchhöhle ist vermutlich weit schmerzhafter als die Injektion einer identischen
Menge
physiologischer
Kochsalzlösung,
ein
Umstand,
der
leicht
unterschiedliche
Auswirkungen auf das Verhalten der Ratten erklären könnte, die nicht mit der
eigentlichen Alkoholwirkung zusammenhängen. Drei der sieben erwachsenen Ratten der
Versuchsgruppe waren 20 Tage nach Abschluss der Alkoholbelastung, noch immer so
beeinträchtigt, dass sie am geplanten Gedächtnisexperiment im Labyrinth nicht mehr
teilnehmen konnten. Das Ergebnis, dass alle adoleszenten Ratten der Versuchsgruppe
aber nur die Hälfte der erwachsenen Ratten aus der Versuchsgruppe die Tortur mit den
extremen Alkoholdosen weitgehend unbeschadet überstehen konnten, müsste eigentlich
dafür sprechen, dass die adoleszenten Ratten sich der Belastung gegenüber resilienter
erwiesen. Die Autoren kamen aber zum entgegengesetzten Ergebnis, indem sie die drei
besonders
beeinträchtigten
erwachsenen
Ratten
einfach
aus
der
Auswertung
ausschlossen – eine Strategie, die wenig wissenschaftlich aber dafür ziemlich grotesk
anmutet.
3.3.3.2
Tierversuch als Beleg für eine stärkere Schädigung des Gehirns
bei adoleszenten Ratten
Ein weiteres Experiment, das den Effekt von Alkohol auf die Gehirne von jugendlichen
und erwachsenen Ratten untersuchen sollte, wurde von Crews et al. (2000) realisiert. Die
dabei applizierte Alkoholdosis war mit 9 bis 10 Gramm Reinalkohol pro Kilogramm
Körpergewicht rund doppelt so hoch wie bei White et al., wurde aber über einen ganzen
Tag verteilt in den Magen appliziert. Das entspricht bei einem 70 Kilogramm schweren
Menschen 630 bis 700 Gramm Reinalkohol. 700 Gramm Reinalkohol sind ungefähr jene
Menge, die in 16 Litern Bier, in 8 Litern Wein bzw. in zwei Liter Whisky enthalten ist. Um
25
den Alkohol über den ganzen Tag kontinuierlich in den Magen pumpen zu können, war
ein operativer Eingriff zur Applikation eines Magenkatheders und tagelanges Fasten
danach notwendig. Es gab ein komplexes Design mit neun Gruppen á fünf Tieren. Die
Tiere
wurden
zu
verschiedenen
Zeitpunkten,
beginnend
unmittelbar
nach
der
Alkoholapplikation bis zu acht Tage danach, getötet und die Gehirne nach Schäden
untersucht. In allen Gehirnen konnten Veränderungen festgestellt werden, bei den
adoleszenten Ratten waren diese signifikant stärker. Auch hier ist die praktische
Übertragbarkeit
der
Ergebnisse
auf
Menschen
angesichts
der
extrem
hohen
Alkoholmengen, der Magenoperation inklusive tagelanges Fasten davor und der geringen
Stichprobengrößen pro Versuchsbedingung mehr als fraglich.
4 Der Einfluss des elterlichen Alkoholkonsums auf die
Nachkommenschaft
4.1 Fetales Alkoholsyndrom (FAS), Fetale Alkoholeffekte (FAE)
und Alkoholembryopathie (AE)
Vom Anfang des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts herrschte in der Psychiatrie die
Überzeugung,
dass
ein
falscher
Lebenswandel
(wie
etwa
Alkoholismus)
zu
fortschreitender Degeneration des Erbgutes und damit zu Erbkrankheiten in der
Nachkommenschaft führt. Diese im Wesentlichen auf den französischen Arzt Morel
zurückgehende Lehre gilt inzwischen als widerlegt (Goddemeier, 2007). Alkohol hat nach
dem aktuellen Stand der Forschung keinen mutagenen (Erbgut verändernden) Einfluss
auf
den
Menschen,
aber
exzessiver
Alkoholkonsum
der
Mutter
während
der
Schwangerschaft hat einen erheblich teratogenen (fruchtschädigenden) Einfluss auf die
embryonale Entwicklung (Alkoholembryopathie). Väterlicher Alkoholkonsum spielt in
diesem Zusammenhang keine Rolle.
Das Syndrom der Alkoholembryopathie wurde 1968 erstmals durch Lemoine in
Frankreich beschrieben (Löser, 1999). Im englischsprachigen und zunehmend auch im
deutschsprachigen Raum setzen sich dafür die Begriffe “fetales Alkoholsyndrom" (FAS)
bzw. für leichtere Formen FAE (fetaler Alkoholeffekt) (Warren & Foudin, 2001) durch. Als
Überbegriff für FAS und FAE haben Streissguth and O'Malley (2000) den Begriff FASD
(Fetal Alcohol Spectrum Disorder) geprägt (Kopera-Frye et al., 2000).
Da Alkohol die Plazentaschranke ungehindert überwindet, kann er direkten Einfluss auf
die Entwicklung der Föten nehmen. Darüber hinaus können sich noch indirekte Effekte
über
alkoholbedingte
Organkrankheiten
(Lebererkrankungen,
Störungen
des
Sexualhormonhaushalts etc.) sowie alkoholismusassoziierte Lebenszustände (ungesunder
26
Lebenswandel, Mangelernährung) der Mutter problematisch auf die Entwicklung von
Ungeborenen auswirken. Für letzteres spricht nach Löser (1999) unter anderem, dass die
FAS-Inzidenz
in
Gesellschaftsschichten
mit
niedrigem
sozioökonomischem
Status
erheblich höher ist.
Die Facetten des klinischen Bildes des FAS reichen von der leichten Normabweichung bis
zur schweren intrauterinen Schädigung: zu kleiner Kopf (Mikrozephalie), körperliche
Schmächtigkeit (postnatale Dystrophie), deutliche muskuläre Schwäche (Hypotonie),
Entwicklungsverzögerung (mentale Retardierung), Herzfehler und kleinere Auffälligkeiten
im Gesicht (kranofaziale Dysmorphie). Nach der Schwere der Schädigung unterscheidet
man leichtes (FAS I), mäßig ausgeprägtes (FAS II) oder schweres fetales Alkoholsyndrom
(FAS III).
Eine gründliche Analyse aller bis zum Jahr 1987 durchgeführten internationalen Studien
zur Häufigkeit des Syndroms ergab laut Spohr (1997) eine durchschnittliche Häufigkeit
von 0,1% FAS-Geburten in der westlichen Welt. Laut Merzenich & Lang (2002) werden in
Deutschland pro Jahr 2.200 Säuglinge geboren, die stark durch Alkohol geschädigt sind.
Das sind 0,3% aller Geburten und grob geschätzt rund ein Viertel der Kinder, die von
alkoholkranken Frauen zur Welt gebracht werden.
Die Langzeitentwicklung der Kinder verläuft ungünstiger, als noch in den siebziger Jahren
angenommen wurde. Obwohl sich die klinischen Auffälligkeiten im Gesicht mit der Zeit
zurückbilden, bleiben die kognitiven Defizite bis in das Jugendalter ohne eine Tendenz zur
erkennbaren intellektuellen Besserung bestehen. FAS gilt als die dritthäufigste Ursache
für Entwicklungsstörungen.
Es gibt keine sichere Alkoholgrenze, bis zu der eine Frau während der Schwangerschaft
Alkohol zu sich nehmen kann, ohne den Embryo zu schädigen. Die vom amerikanischen
Bundesgesundheitsamt Anfang der 80er Jahre ausgesprochene Empfehlung, während der
Schwangerschaft überhaupt keinen Alkohol zu trinken, führte in den USA zu einer
erheblichen Beunruhigung der Bevölkerung. Seither haben zahlreiche Studien ergeben,
dass bei gesunden Frauen geringe Mengen Alkohol während der Schwangerschaft keine
nachweisbaren Schäden beim Neugeborenen verursachen. Erst ab einem Alkoholkonsum
von mehr als 120g reinen Alkohols pro Woche (das entspricht ungefähr einem Krügel Bier
pro Tag) konnte eine signifikante Gewichts- und Längenminderung bei ansonsten
gesunden Neugeborenen festgestellt werden (Spohr, 1997).
Angesichts des Umstands, dass viele Frauen, zumindest bis sie erkennen, dass sie
schwanger sind, Alkohol trinken, und angesichts des Umstands, dass es keine
empirischen
Hinweise
dafür
gibt,
dass
moderater
27
Alkoholkonsum
während
der
Schwangerschaft die Gesundheit des Ungeborenen merklich schädigen kann, ist es nicht
angezeigt, moderaten Alkoholkonsum während der Schwangerschaft über Gebühr zu
dramatisieren und werdende Mütter sowie Frauen, die bereits Kinder geboren haben, zu
verunsichern. Diese Ansicht vertritt auch das Royal College of Obstetricians and
Gynaecologists (2006). Es rät aber gleichzeitig, während der Schwangerschaft auf
Alkohol weitgehend zu verzichten, da man geringfügige negative Effekte auf die
ungeborenen Kinder zwar nicht nachweisen, aber auch nicht ausschließen kann.
4.2 Stillen und Alkoholkonsum – die doppelte Verdünnung
Häufig wird nicht nur der Alkoholkonsum während der Schwangerschaft, sondern auch
jeglicher
Alkoholkonsum
oberflächlicher
während
Betrachtung
eine
des
Stillens
Analogie
problematisiert.
zwischen
Auch
Alkoholkonsum
wenn
bei
während
der
Schwangerschaft und während der Stillzeit plausibel erscheint, erweist sich sowohl diese
Analogie als auch die Warnung, während der Stillzeit keinen Alkohol zu konsumieren, als
unhaltbar. Den Unterschied macht, dass der im Getränk enthaltene Alkohol im Blut des
Ungeborenen im Mutterleib bloß einfach, aufgenommen über die Muttermilch aber
doppelt verdünnt wird. Dies bewirkt im ersten Fall eine durchaus relevante, in letzterem
Fall aber eine vernachlässigbare Blutalkoholkonzentration, wie Uhl (2005a) mit einem
Rechenbeispiel belegte:
Wenn eine durchschnittlich schwere Frau einen Liter Bier mit 5 Vol.-% Alkohol trinkt, so
erzielt sie maximal eine Blutalkoholkonzentration von 0,1 Vol.-% Alkohol oder 0,8
Promille 2. Der Alkoholgehalt im Blut eines ungeborenen Kindes und in der Muttermilch
entspricht dann ziemlich genau dem Alkoholgehalt des mütterlichen Blutes. Berechnet
man aus dem Alkoholgehalt von Bier (5 Vol.-% oder 40 Promille) den Alkoholgehalt im
mütterlichen Blut, in der Muttermilch bzw. im ungeborenen Kind, so ergibt sich eine
Verdünnung im Verhältnis 1:50
2
3
= 1:2500 (Tab. 3).
Promille Blutalkoholkonzentration bedeutet in Österreich Gramm Alkohol pro Liter Blut und in Deutschland Gramm
Alkohol pro Kilogramm Blut. Da 0,8 g Alkohol ca. 1 ml Alkohol entsprechen, entspricht 1 Vol.-% ziemlich genau 8
Promille.
3
Details zur Rechnung: Der Rechnung wurde eine schlanke Frau mit 70kg Körpergewicht zugrunde gelegt, bei der eine
Körperwasserkonzentration von 57% realistisch ist. Ein Liter Bier entspricht in diesem Fall fast exakt 1,5% des
Körpergewichtes – also jener relativen Menge Flüssigkeit, die auch ein Säugling bei einer Malzeit zu sich nimmt.
28
Tab. 3: Die doppelte Verdünnung des Alkoholgehalts beim Stillen
g Alkohol pro Liter
Vol.-% Alkohol
Bier
(Promille)
5
40
erste Verdünnung durch Trinkakt der Mutter 1:50
mütterliches Blut
Blut des ungeborenen
Kindes
Muttermilch
0,1
0,8
0,1
0,8
0,1
0,8
zweite Verdünnung durch Trinkakt des Säugling 1:50
Blut des gestillten Säuglings
0,002
0,016
Quelle: (Uhl, 2005a)
Trinkt ein Säugling bei einer Mahlzeit etwa 15 ml/kg oder 1,5% seines Körpergewichts
Muttermilch
(0,1
Vol.-%
Alkohol),
so
ergibt
sich
bei
ihm
eine
Zunahme
des
Blutalkoholspiegels um 0,002 Vol.-% oder 0,016 Promille. (Tab. 3). Vergleicht man nun
den Alkoholgehalt von Bier mit dem Blutalkoholgehalt des Säuglings, so ergibt sich hier
infolge
der
„doppelten
Verdünnung“
(zweimal
im
Verhältnis
von
1:50)
eine
Gesamtverdünnung von 1:2500.
Die errechnete Zunahme der Blutalkoholkonzentration im Blut des gestillten Säuglings
von 0,016 Promille entspricht der Hälfte des natürlichen Alkoholspiegels im menschlichen
Blut von 0,03 Promille, der ohne externe Alkoholzufuhr durch natürliche Gärung als
Stoffwechselnebenprodukt entsteht (Pfannhauser, 2004). Diese Menge wäre selbst dann
vernachlässigbar gering, wenn jene ExpertInnen recht hätten, die postulieren, dass der
Alkoholabbau bei kleinen Kindern erheblich verringert sei, was wir in Kap 3.3.1 anhand
vorhandener empirischen Forschungsergebnisse bereits stark relativierten.
Die oben ausgeführten Berechnungen basieren auf dem theoretisch maximal möglichen
Blutalkoholspiegel, der aber tatsächlich nie erreicht werden kann, weil ein Teil des
Alkohols bereits vor dem Erreichen des maximalen Alkoholspiegels metabolisiert wird.
Besonders stark überschätzt wird der tatsächliche Alkoholspiegelgipfel mit den oben
angestellten Berechnungen, wenn zeitgleich Speisen konsumiert werden und/oder wenn
der Alkoholkonsum über einen längeren Zeitraum erfolgt.
Das Problem lässt sich aber auch noch über einen Vergleich der Muttermilch mit anderen
Getränken und Speisen relativieren. Ein Alkoholgehalt von 0,8g pro Liter Muttermilch ist
erheblich weniger als jener in vielen alltäglichen Lebensmitteln. So enthält z.B. ein Liter
frisch gepresster Apfelsaft 2g Alkohol, frisch gepresster Apfelsaft 6 Stunden nach der
Pressung 6g Alkohol, ein kg Mischbrot 2g bis 4g Alkohol, reife Bananen 8 Tage nach dem
29
Einkauf 5g Alkohol, ein kg Sauerkraut 5g Alkohol oder Kefir 5g Alkohol (Pfannhauser,
2004).
Tab. 4: Alkoholgehalt in Speisen und Getränken
Gramm Alkohol (Promille)
Vol.-% Alkohol
pro Liter Flüssigkeit bzw.
Kilogramm Speise
Muttermilch, wenn Mutter 0,8 Promille
0,1
Blutalkoholkonzentration hat
Traubensüßmost
0,8
0,8
6,4
(max. laut Gesetz)
Kefir
0,63
5
Sauerkraut
0,63
5
0,25 – 0,5
2–4
Mischbrot
alkoholfreies Bier
0,5
4
(max. laut Gesetz)
Apfelsaft frisch gepresst
Apfelsaft frisch gepresst
nach 6 Stunden
Reife Bananen
nach 8 Tagen
0,25
2
0,75
6
0,63
5
Quelle: Pfannhauser, 2004
Nach einer weiteren Argumentationslinie ist stillenden Müttern vom Alkoholkonsum
abzuraten: Mennella & Beauchamp (1991) fanden, dass Kinder, deren Mütter ein
alkoholhältiges Getränk konsumiert hatten, weniger Muttermilch zu sich nahmen, als
wenn die Mütter vor dem Stillen Fruchtsaft getrunken haben. Da es sich hier um einen
einmaligen Versuch mit 12 Versuchsmüttern handelte, da die Muttermilch bloß 0,3
Promille Alkohol aufwies, da man ähnliche Effekte auch nach dem Konsum anderer
Speisen vermuten kann, und da Kinder einen einmaligen Minderkonsum bei den
Folgemahlzeiten leicht ausgleichen können, ist die praktische Relevanz dieser Ergebnisse
sehr fraglich. Eine adäquate Versuchsanordnung müsste auch den Einfluss anderer
Nahrungs-
und
Genussmittel
vergleichen
und
mittels
einer
längerfristigen
Versuchsanordnung prüfen, inwieweit eine durch die Ernährungsgewohnheiten der Mutter
kurzfristig verringerte Nahrungsaufnahme bei späteren Mahlzeiten kompensiert wird.
Eine weitere Hypothese, dass Alkoholgeschmack in der Muttermilch bewirke, dass Kinder
später eher Alkohol konsumieren, ist ebenso wenig gesichert wie die Hypothese, dass ein
erhöhter Alkoholspiegel die Milchproduktion verringere (Mennella, 2001). Es gibt keinen
vernünftigen Grund, stillenden Müttern, die Alkohol getrunken haben, zu raten ihre Milch
vor dem Alkoholkonsum abzupumpen und die Kinder später mit der Flasche zu füttern.
30
Das wichtigste Argument freilich, stillenden Müttern von regelmäßigem stärkerem
Alkoholkonsum abzuraten, ist deren eigene Gesundheit.
4.3 Soziale und psychische Auswirkungen des elterlichen
Alkoholkonsums
Eine der zentralsten Fragen im Zuge der Auseinandersetzung mit der gegenständlichen
Thematik ist jene nach möglichen Auswirkungen einer elterlichen Alkoholerkrankung auf
die Nachkommen. Eine einfache Antwort – wie oft erwünscht – ist allerdings nicht
möglich, die Annäherung an die Thematik macht schnell deren Komplexität deutlich.
Zahlreiche Studien belegen ein erhöhtes Risiko von Kindern alkoholkranker Eltern für
eigene Suchterkrankungen bzw. andere psychische Erkrankungen wie Angststörungen,
Depressionen oder externalisierende Probleme (Klein, 2001, 2005, Reviews von Lachner
& Wittchen, 1995, Sher, 1991, West & Prinz, 1987, Zobel, 2006). Das höhere
Entwicklungsrisiko von Kindern aus alkoholbelasteten Familien ist empirisch gut belegt,
trotzdem ist die oft vereinfachte Darstellung der Situation Betroffener aus verschiedenen
Gründen als problematisch zu erachten: So entsteht fälschlicherweise der Eindruck, dass
einerseits die elterliche Alkoholerkrankung die alleinige Ursache für eventuelle Probleme
der Kinder bzw. Jugendlichen ist und andererseits alle Kinder bzw. Jugendlichen
(gleichermaßen) von einer elterlichen Alkoholerkrankung betroffen sind.
Viele Publikationen nehmen einseitige Zuschreibungen vor, d.h. beobachtete Outcomes
der
Kinder
werden
voreilig
und
meist
auch
ausschließlich
der
elterlichen
Abhängigkeitserkrankung zugeschrieben; begünstigt werden diese Interpretationen u.a.
durch methodische Mängel. Werden zusätzliche Einflussfaktoren (z.B. Disharmonie der
Elternbeziehung
oder
sozioökonomische
Nachteile)
berücksichtigt,
so
sind
die
Zusammenhänge zwischen elterlicher Alkoholerkrankung und den Outcomes der Kinder
nicht mehr so eindeutig. Des Weiteren zeigen Vergleiche mit Kindern depressiver Eltern
Ähnlichkeiten der beiden Gruppen. Diese Ergebnisse machen deutlich, dass weniger die
elterliche Erkrankung als solches, sondern die damit oft verbundenen ungünstigen
psychosozialen Entwicklungsbedingungen bzw. deren Interaktion miteinander für die
möglichen Beeinträchtigungen bei den Kindern verantwortlich sind. Bekannt ist, dass
nicht
das
Vorhandensein
einzelner
Risikofaktoren
(wie
eben
eine
elterliche
Abhängigkeitserkrankung), sondern die Kumulation verschiedener Risikofaktoren eine
besondere Belastung darstellt (Lösel & Bender, 2007, Niebank & Petermann, 2002,
Oerter, 1999), da diese einander wechselseitig verstärken (Mattejat et al., 2000). Kinder
alkoholkranker Eltern sind im Vergleich zu Kindern aus nicht-alkoholbelasteten Familien
31
einer größeren Anzahl an bekannten, allgemeinen Risikofaktoren wie z.B. elterlicher
Disharmonie, gestörtem Bindungsverhalten, inadäquater sozialer Unterstützung und
sozialer Isolation ausgesetzt (Chassin et al. 1993, Klein, 2002, Zobel, 2006, Frank 2002).
Zentrale Feststellung bei der Frage nach möglichen Auswirkungen einer elterlichen
Alkoholerkrankung ist, dass nicht die elterliche Alkoholerkrankung per se für die
Probleme der Kinder verantwortlich gemacht werden kann, sondern das Vorhandensein
mehrerer, mit einer Alkoholerkrankung häufig assoziierter, psychosozialer Risikofaktoren
bei der Interpretation von Ergebnissen berücksichtigt werden muss.
Die Auswirkungen einer elterlichen Alkoholerkrankung sind sehr heterogen: Das
Spektrum reicht von Kindern, die eine unauffällige Entwicklung durchlaufen bis hin zu
Kindern mit schwerwiegenden psychischen, physischen und sozialen Problemen. Eine
elterliche Suchterkrankung wird meist mit Problemen bei den Nachkommen assoziiert, es
gilt
aber
zu
berücksichtigen,
dass
–
so
u.a.
die
Ergebnisse
einer
Längsschnittsuntersuchung von Werner (1986) – auch Kinder, die einer Vielzahl von
Risikofaktoren
ausgesetzt
sind,
nicht
zwangsläufig
in
ihrer
Entwicklung
relevant
beeinträchtigt sind. Ein Großteil der von ihr untersuchten Kinder konnte sich trotz
zahlreicher Risikofaktoren gesund entwickeln, ein Phänomen das unter dem Begriff der
Resilienz zusammengefasst wird (vgl. Kap. 2.2).
5 Altersgrenzen im Jugendschutz und Sanktionen
Häufig wird die Frage gestellt, ab welchem Alter Jugendliche in bestimmten Ländern
Alkohol trinken dürfen. Diese Frage ist insofern schwer zu beantworten, als es hier eine
Fülle von Aspekten zu unterscheiden gibt. Das Phänomen kann auf der Seite des
Jugendlichen
(Trinkverbot
sowie
Kaufverbot),
auf
der
Seite
des
Erwachsenen
(Abgabeverbot), auf der Seite des Handels (Verkaufsverbot) und auf der Seite der
Gastronomie (Ausschankverbot) geregelt sein, wobei ein explizites Konsumverbot in der
Regel ein Abgabeverbot, Verkaufsverbot und Ausschankverbot impliziert, auch wenn
dieses gesetzlich nicht explizit vorgeschrieben ist. Es kann Verbote geben, die
ausschließlich den öffentlichen Raum betreffen oder generelle Verbote, die auch den
privaten Raum einschließen. Es kann unterschiedliche Altersgrenzen für Bier, Wein und
Spirituosen oder ein einheitliches Schutzalter geben. Es kann darüber hinaus noch eine
Fülle von Zusatzregeln geben, wie dass Personen in einem bestimmten Altersbereich
(z.B. zwischen 16 und 18 Jahren) nicht mehr als 0,5 Promille Blutalkoholkonzentration
erreichen dürfen (Bestimmung im Kärntner Jugendschutzgesetz) etc.; dazu kommt noch,
dass in manchen Staaten, wie in Österreich die Bestimmungen regional stark variieren.
32
Basierend auf einer Übersichtsarbeit von Uhl & Kobrna (2007), in die die 27 EU-Staaten
plus Norwegen und Schweiz einbezogen wurden, kann man folgendes festhalten:
•
In 25 Staaten ist der alkoholspezifische Jugendschutz im gesamten Land gleich
geregelt – nur in Österreich, Schweiz, Italien und Spanien gibt es regionale
Unterschiede.
•
In 28 Staaten gibt es ein gesetzliches Schutzalter für Alkoholkonsum in der
Gastronomie, nur in Griechenland unterliegt der Konsum von Bier und Wein in der
Gastronomie keiner altersmäßigen Beschränkung.
•
In 28 Staaten gibt es ein gesetzliches Schutzalter für Alkoholerwerb im Handel,
nur in Italien (außer Südtirol) unterliegt der Erwerb von alkoholischen Getränken
im Handel keiner altersmäßigen Einschränkung.
•
In 18 Staaten werden alle alkoholischen Getränke gleich behandelt, in 7 (Belgien,
Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Niederlande, Norwegen) ist das
Schutzalter für gebrannte Getränke (Spirituosen) höher und in 4 Staaten
(Schweiz, Spanien, Italien und Österreich) gibt es diesbezüglich regionale
Unterschiede.
•
in 3 Staaten gibt es unter manchen Umständen „gar kein Schutzalter“ (Belgien,
Italien und Griechenland), in 10 Staaten beträgt das niedrigste Schutzalter „16
Jahre“, in einem Staat „17 Jahre“ und in 16 Staaten „18 Jahre“.
•
in 4 Staaten ist das höchste Schutzalter „16 Jahre“ (Luxemburg, Italien, Portugal
und Malta), in 2 Staaten „17 Jahre“ (Griechenland, Zypern) in 20 Staaten „18
Jahre“ und in 3 Staaten „20 Jahre“ (Finnland, Norwegen, Schweden).
•
Der Alkoholkonsum im Privatbereich ist 26 Staaten nicht geregelt. In 2 Staaten
(Estland und Zypern) unter dem Schutzalter verboten und in Österreich kommt je
nach Region beides vor. In den drei Staaten, die den Privatbereich (teilweise)
regeln, sind im
Falle des Zuwiderhandelns auch
Strafen
für
Jugendliche
vorgesehen.
•
In 22 Staaten sieht der Jugendschutz Strafen für Erwachsene vor, die jungen
Menschen unter dem Schutzalter in Gastronomie und Handel alkoholische
Getränke ausschenken oder verkaufen aber keine Strafen für die Jugendlichen
selbst. Strafen für Jugendliche, die in der Öffentlichkeit Alkohol konsumieren oder
erwerben sind nur in 7 Staaten (Österreich, Malta, Zypern, Tschechische Republik,
Estland, Großbritannien, Irland) vorgesehen.
Darüber, wie der alkoholspezifische Jugendschutz geregelt werden sollte, gibt es in
Österreich
recht
unterschiedliche
Auffassungen,
die
in
den
jeweiligen
Jugendschutzbestimmungen festgelegt sind. Orientiert man sich an EU-Normen, so ist
klar, dass der alkoholspezifische Jugendschutz primär auf den öffentlichen Raum zielen
sollte und dass Sanktionen keinesfalls die Jugendlichen selbst treffen sollten.
33
Angesichts des Umstandes dass derzeit in Österreich fast niemand die alkoholspezifische
Jugendschutzbestimmungen präzise kennt, deren Kenntnis aber eine Voraussetzung
dafür
ist,
dass
sie
eingehalten
werden
können,
wären
bundesweit
einheitliche
Altersgrenzen und möglichst einfache Bestimmungen zweckmäßig. Im Sinne dieser
Einfachheit sollten spezielle Zusatzregelungen und unterschiedliche Schutzalter für
unterschiedliche Getränke wegfallen. Angesichts des Umstandes, dass Alkoholkonsum ein
integraler Bestandteil des kulturellen und sozialen Lebens in Österreich ist und dass 16Jährige akzelerationsbedingt sich heute in den meisten Bereichen recht autonom und
erwachsen verhalten – diesem Umstand wurde u.a. in einigen Bundesländern durch die
Herabsetzung des Wahlalters Rechnung getragen – erscheint die Festlegung eines
generellen Schutzalters von 16 Jahren den österreichischen Verhältnissen angemessener
als eine generelle Anhebung auf 18 Jahre.
Ausdrücklich zu betonen ist, dass eine Festlegung, wie ein Mindestalter für den
Alkoholkonsum, einer normativ-ethischen Entscheidung bedarf und dass eine solche
(„Was sein soll“) nie alleine aus dem Faktischen („Was ist“) ableitbar ist. Allerdings kann
man festhalten, dass, wie oben ausgeführt, 16-Jährige heute in einem Ausmaß
selbständig und erwachsen sind, dass Verbote von Verhaltensweisen, die für Erwachsene
selbstverständlich sind, schwer zu rechtfertigen und schwer durchzusetzen sind.
Außerdem finden in einer modernen Gesellschaft willkürliche Verbote ohne sachliche
Begründung zunehmend weniger Akzeptanz. Der Versuch, mit empirischen Daten eine
stark erhöhte Alkoholvulnerabilität für Jugendliche zu untermauern, steht, wie wir im
gegenständlichen Aufsatz zeigen konnten, bis dato auf sehr tönernen Füßen.
Hier ist auch noch die Frage relevant, wieweit unterschiedliche Grenzen für Bier und Wein
auf der einen Seite und Spirituosen bzw. spirituosenhältige Getränke auf der anderen
Seite sachlich rechtfertigbar sind. Grundsätzlich macht es keinen Unterschied, ob Alkohol
in natürlicher Form in einem Getränk enthalten ist, oder ob man diesen daraus destilliert
und einem anderen Getränk zufügt. Im Zuge der Destillation besteht die Möglichkeit,
schädliche
Alkoholanteile
gesundheitlich
ein
Vorteil
(Methylalkohol
wäre,
aber
und
da
Fuselstoffe)
Spirituosen
oft
zu
aus
entfernen,
was
minderwertigen
Ausgangsstoffen erzeugt werden, kommt auch das Gegenteil vor. Ob man einen süßen
Ribiselwein oder einen bezüglich Alkoholgehalt und Zucker vergleichbaren Alkopop trinkt,
ist aus dieser Perspektive irrelevant.
Überschätzt wird der Anteil schädlicher Zusatzstoffe in Spirituosen oft dadurch, dass
deren Menge im Getränk (z.B. Whisky, Wein, Bier) und nicht die Menge pro Gramm
Reinalkohol verglichen wird. Es geht ja um die Menge Methylalkohol und Fuselstoffe, die
in einem Zeitraum tatsächlich konsumiert werden – und im Normalfall trinken Menschen
z.B. erheblich größere Mengen Bier als Whisky. Ein höheres Risiko geht von Spirituosen
34
im Vergleich zu Bier und Wein ausschließlich dadurch aus, dass man sich – wenn man
pure Spirituosen rasch trinkt – leichter in kurzer Zeit betrinken kann, weil der höhere
Wassergehalt
in
Bier
und
Wein
angesichts
der
Begrenztheit
des
Magens
hier
physiologische Grenzen setzt.
6 Zusammenfassung/Schlusskapitel
Es steht außer Frage, dass exzessiver Alkoholkonsum häufig nachhaltige negative Effekte
auf Gesundheit, Psyche und soziale Aspekte hat und zwar betrifft das Kinder, Jugendliche
und Erwachsene. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass moderater Alkoholkonsum beim gesunden Erwachsenen relativ unbedenklich ist. Angesichts des breiten gesellschaftlichen
Konsenses darüber, dass Kindern und Jugendlichen bis zu einem gewissen Schutzalter
relevanter Alkoholkonsum kategorisch untersagt werden sollte, stellt sich die Frage, wie
es um die weitgehende Unbedenklichkeit moderaten Alkoholkonsums bei Kindern und
Jugendlichen steht. Könnte man eine erhebliche Gefährdung von Kindern und Jugendlichen bereits durch geringe Alkoholmengen belegen, so wäre es viel leichter das Alkoholverbot für Kinder und Jugendliche diesen gegenüber zu rechtfertigen. Frei nach Christian
Morgensterns Palmströmliedern „Also schloss er messerscharf, das nicht kann sein, was
nicht sein darf.“ ist unter solchen Rahmenbedingungen die Versuchung groß, empirische
Befunde einseitig so zu deuten, dass das herauskommt, was einem in Zusammenhang
mit der Begründung des alkoholspezifischen Jugendschutzes argumentativ nützlich
erscheint.
Es ist allerdings ein Gebot wissenschaftlicher Sachlichkeit, Fakten möglichst unabhängig
von gewünschten Ergebnissen zu bewerten und zu interpretieren. Wenn man das tut,
gibt es, wie im gegenständlichen Artikel aufgezeigt werden konnte, wenig Evidenz dafür,
die Gefahren des moderaten Alkoholkonsums bei Kindern und Jugendlichen stark zu
dramatisieren. Es kann im Lichte der gegenwärtigen wissenschaftlichen Befunde kein
sachlicher Beleg gefunden werden, die adäquate Anwendung alkoholhältiger Medikamente auf Kinder zu problematisieren. Es gibt keinen sachlichen Grund, kategorisch
darauf zu bestehen, dass Kinder und Jugendliche unter keinen Umständen Alkohol kosten
dürfen, was in einer Kultur, wo Alkohol zentraler Bestandteil des sozialen und kulturellen
Lebens der Erwachsenen ist, ohnehin kaum durchsetzbar ist. Und es gibt auch keinen
sachlichen Grund, den bei Jugendlichen kaum zu verhindernden moderaten Alkoholkonsum über Gebühr zu dramatisieren. Aussagen, die immer wieder zur Unterstützung
der gegenteiligen These herangezogen werden, basieren entweder
(1) auf der theoretischen, empirisch aber nicht untermauerten Überlegung, dass noch in
Entwicklung befindliche Organsysteme besonders leicht nachhaltig geschädigt werden
können,
35
(2)
auf
inadäquat
interpretierten
epidemiologischen
Korrelationsbefunden
oder
(3) auf Tierexperimenten mit Extremdosierungen, die nicht seriös auf realistische
Humansituationen übertragbar sind.
Diese kritischen Ausführungen bezüglich wissenschaftlicher Befunde, die die besondere
Gefährlichkeit von Alkohol für Kinder und Jugendliche nicht beweisen können, sollen
jedoch nicht zu Missinterpretationen führen: Dass exzessiver Alkoholkonsum bei Kindern
und Jugendlichen – wie auch bei Erwachsenen – ein großes Problem darstellt, welches
präventive und therapeutische Interventionen erfordert, steht genauso wenig in
Widerspruch zu dem Gesagten – wie das Festhalten an Jugendschutzbestimmungen, die
jungen Menschen bis zum 16. Lebensjahr den Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit
verbieten. Bei Kinder und Jugendlichen haben die Eltern einen umfassenden Erziehungsauftrag. Sie sollen Fähigkeiten vermitteln, lenken und gegebenenfalls Grenzen setzen. In
Bereichen, wo die Eltern dieser Aufgabe nicht nachkommen können, weil sie nicht
anwesend sind, übernimmt diese Aufgabe teilweise die Gesellschaft, z.B. durch
Schulgesetze
und
Jugendschutzbestimmungen.
Wo
die
Eltern
die
Aufgabe
grob
vernachlässigen ist die Jugendwohlfahrt gefordert.
Zum demokratischen Gesellschaftsverständnis gehört, dass diese Erziehungsaufgabe bei
Kindern und Jugendlichen bis zum Erwachsenenalter schrittweise in Eigenverantwortung
übergeht, und dass die Gesellschaft bei Erwachsenen nur mehr in Extremfällen
intervenieren darf. So gibt es z.B. nur dann eine legale Möglichkeit, bei erwachsenen
Alkoholmissbrauchern zu intervenieren, wenn diese sich selbst oder andere massiv
gefährden.
Bei
Jugendlichen
sollten
jedenfalls
überschießende
Kontrollansprüche
vermieden werden, die eventuell paradoxe Auswirkung im Sinne von Bumerangeffekten
bewirken könnten.
36
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