Himmelserscheinungen im April: Von galaktischen

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Himmelserscheinungen im April
Von galaktischen Gezeitenkräften
verschlungen
Die ersten Galaxien, die sich nach dem Urknall gebildet haben, waren
vermutlich eher massearm. Erst durch die Einverleibung anderer
Zwerggalaxien wuchsen sie zu ihrer heutigen Grösse heran.
von Felicitas Mokler
31.3.2016
Im April verlassen die typischen Konstellationen des Winterhimmels bereits
in der frühen Nacht das Firmament. Stier und Orion ragen dann nur noch
teilweise über den Westhorizont, und auch der Fuhrmann zieht bereits in
Richtung Nordwesten. Die Zwillinge und der Krebs mit dem offenen
Sternhaufen Präsepe (Krippe) sind in der ersten Nachthälfte hingegen noch
gut im Südwesten aufzufinden. Hoch im Süden folgt auf der Ekliptik der Löwe
und nach ihm die Jungfrau. Nördlich davon finden sich die eher
unscheinbaren Konstellationen Haar der Berenike und Jagdhunde ein. Gen
Osten treffen wir auf den Bärenhüter Bootes mit seinem hellsten Stern Arktur
und schliesslich auf Herkules. Tief im Nordosten ragt bereits die
Sommerkonstellation Leier über den Horizont.
Im Frühjahr ist für Hobbyastronomen Galaxienzeit. In der Himmelsregion
von Jungfrau, Haar der Berenike und Jagdhunden wimmelt es nur so von
Sterneninseln, von denen einige bereits mit einfachen Teleskopen zu
erkennen sind. In den Sternbildern Virgo und Coma Berenices befinden sich
neben einigen Objekten im Vordergrund zwei grössere Galaxienhaufen, die
jeweils mehr als 1000 Galaxien umfassen. Jedoch lassen sich selbst mit guter
Amateurausrüstung nur wenige von ihnen und dann auch meist nur schwach
erkennen. Dennoch sind sie nicht minder interessant.
Das zum Coma-Haufen gehörige Galaxienpaar NGC 4676 A und B in einer
Entfernung von 300 Millionen Lichtjahren etwa entdeckte Wilhelm Herschel
bereits 1785, während der Haufen selbst lange Zeit unbekannt war und sich
erst mit modernen Teleskopen aufspüren liess. Die beiden Objekte erscheinen
an ihren Aussenrändern in die Länge gezogen und innen über einen Arm aus
Sternen und interstellarer Materie miteinander verbunden. Diese Strukturen
machen sie zu einem Objekt für ambitionierte Astrofotografen.
Auf ihrem Weg durchs All sind die beiden Galaxien vor rund 100 Millionen
Jahren bereits einmal zusammengestossen. Nun ist der Sog der Schwerkraft,
den sie aufeinander ausüben, in unterschiedlich weit entfernten Bereichen
des Partners verschieden stark. Dadurch entstehen Gezeitenkräfte, die beide
Galaxien verformen und ihnen zunächst Materie entreissen. So ist auch das
Verbindungsstück aus Sternen und Staub zwischen den beiden Objekten
entstanden.
Im Lauf von einigen hundert Millionen Jahren werden die beiden Galaxien
noch mehrmals wie ein Pendel um ihren gemeinsamen Schwerpunkt hin und
her schwingen, sich dabei gegenseitig durchqueren und zum Schluss
voraussichtlich miteinander zu einer grösseren Galaxie verschmelzen.
Galaktische Gezeitenkräfte haben vermutlich seit je wesentlich zum
Wachstum von Galaxien beigetragen. Heute gehen die Forscher davon aus,
dass Galaxien sich hierarchisch entwickelt haben. So bildeten sich recht bald
nach dem Urknall vereinzelt Verdichtungen aus Dunkler Materie, deren
Schwerkraft auch die gewöhnliche Materie folgte. Bald entstanden in diesen
Regionen die ersten Sterne und Galaxien. Dabei waren viele der ersten
Galaxien möglicherweise masseärmer als die heutigen Spiralgalaxien wie
unsere Milchstrasse oder auch die Andromedagalaxie. Erst nach und nach
sind diese zu ihrer heutigen Grösse herangewachsen, indem sie Materie aus
ihrer Umgebung aufsammelten. Vermutlich fielen viele Zwerggalaxien, von
denen Astronomen mittlerweile rund 60 Stück in der Umgebung der
Milchstrasse entdeckt haben, der Schwerkraft ihrer grösseren Brüder und
Schwestern zum Opfer.
Dieser Prozess des Galaxienwachstums dauert bis in die heutige Zeit hinein
an. Zeugnis davon sind sogenannte Sternenströme, die auch unsere
Milchstrasse in ihrem Halo umlaufen. Sie sind die Überreste einer
Zwerggalaxie, die unserer Galaxis einst zu nahe kam. Unter dem Einfluss der
Schwerkraft wurde sie auf eine Umlaufbahn um die Milchstrasse gezwungen
und dabei immer mehr auseinandergerissen. Nach und nach verleibt sich die
Milchstrasse nun deren Sterne ein und integriert sie in ihre eigene Struktur.
Neben diesen Sternenströmen im Halo beobachten Astronomen auch
vereinzelte Sternenschwärme, die sich bereits weiter in der Scheibenebene
niedergelassen haben.
Sterne, die sich die Milchstrasse einmal von einer anderen Galaxie einverleibt
hat, lassen sich anhand ihrer chemischen Signaturen von jenen
unterscheiden, die aus ihr selbst hervorgegangen sind. Dank diesen
Eigenschaften, die den Sternen von Geburt an zukommen und sich im Laufe
ihres Lebens praktisch nicht verändern, lässt sich die Geschichte der
Milchstrasse rekonstruieren. Dieses Forschungsgebiet der galaktischen
Archäologie ist allerdings noch sehr jung, und wir dürfen gespannt sein,
welche Erkenntnisse es über unsere kosmische Vergangenheit noch
hervorbringen wird. Lauf des Mondes: Zu Neumond steht der Erdtrabant am
7. April im Sternbild Fische. Der zunehmende Halbmond tritt am 14. April in
den Krebs über. Der Vollmond befindet sich am 22. des Monats in der
Jungfrau und der wieder abnehmende Halbmond am 30. April im Steinbock.
Lauf der Planeten: Merkur ist fast den ganzen Monat über am Abendhimmel
über dem Westhorizont zu sehen. Der rötliche Mars geht bereits in der ersten
Nachthälfte auf und ist die gesamte Nacht zu beobachten. Allerdings steht er
recht niedrig am Horizont. Jupiter ist bereits am frühen Abend sichtbar und
hält sich die ganze Nacht über am Himmel. Der Ringplanet Saturn ist zu
Monatsbeginn erst in der zweiten Nachthälfte zu sehen, gegen Ende April
bereits auch in den Abendstunden.
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