TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN Zentrum Mathematik P ROF. D R .D R . J ÜRGEN R ICHTER -G EBERT, VANESSA K RUMMECK , M ICHAEL P R ÄHOFER Höhere Mathematik für Informatiker I (Wintersemester 2003/2004) — Aufgabenblatt 14 (5. Februar 2004) — — Präsenzaufgaben — Aufgabe 84. Kreuzen Sie an. Welche der folgenden Aussagen sind für alle Vektoren a, b ∈ R3 wahr? ha, bi = hb, ai. a × b = b × a. ha, bi ⊥ a. a × b ⊥ b. det(a, b, a × b) > 0. 2 2 ha,bi kak·kbk + kak·kbk = 1. ka×bk 2 2 ka×bk ha,bi kak·kbk + kak·kbk = 1. L ÖSUNG : × ha, bi = hb, ai. [Das Skalarprodukt ist symmetrisch.] a × b = b × a. [Hier gilt eigentlich a × b = −b × a.] ha, bi ⊥ a. [Macht überhaupt keinen Sinn]. × a × b ⊥ b. [a × b steht orthogonal zu a und zu b.] det(a, b, a × b) > 0. [Stimmt nur, wenn a und b nicht kollinear.] 2 2 ha,bi + kak·kbk = 1. [s.u.] kak·kbk ka×bk 2 2 ha,bi ka×bk × kak·kbk + kak·kbk = 1. [cos2 + sin2 = 1.] Aufgabe 85. Die Hesse komme. Gegeben seien im R3 die vier Punkte 5 p1 = 0 , −1 0 p2 = 5 , 0 1 p3 = 7 , −2 3 p4 = 1 . 6 Sei H die Ebene im R3 , welche die drei Punkte p1 , p2 , p3 enthält. a.) Bestimmen Sie die Normalenvektorform (H ESSE-Normalform) der Ebene H. b.) Bestimmen Sie mit Hilfe von Teilaufgabe a.) den Abstand des Punktes p4 von der Ebene H. c.) Liegen der Koordinatenursprung (0, 0, 0) und der Punkt p4 bezüglich der Ebene H im selben Halbraum des R3 (auf der selben Seite)? L ÖSUNG : a.) Zur Bestimmung der H ESSE-Normalform dieser Ebene H benötigen wir einen Punkt von H, z.B. p2 und einen Normalenvektor n von H. n ist z.B. das Kreuzprodukt zweier nicht linear abhängiger, zur Ebene H paralleler Vektoren, wegen (??) z.B. p1 − p2 und p3 − p2 . Damit berechnet sich n zu 5 0 1 0 n = (p1 − p2 ) × (p3 − p2 ) = 0 − 5 × 7 − 5 −1 0 −2 0 5 1 12 = −5 × 2 = 9 . −1 −2 15 Die Ebene H ist dann H = {x | hn, (x − p1 )i = 0}, also * 12 x + * 12 5 + 1 H : 9 , x2 − 9 , 0 = 0 15 x3 15 −1 ⇐⇒ (1) H : 12x1 + 9x2 + 15x3 − 45 = 0 . Die H ESSE-Form von H ergibt sich aus (1) via Division durch die (mit geeignetem Vorzeichen + oder − versehene) Norm knk von n. 4 p √ √ √ Offenbar ist n = 3 · 3 , damit ist knk = hn, ni = 3 · 42 + 32 + 52 = 3 · 50 = 15 2. Die 5 H ESSE-Form der Ebene H lautet dann √ √ 1 2 3 2 √ · (12x1 + 9x2 + 25x3 − 45) = 0 ⇐⇒ H: · (4x1 + 3x2 + 5x3 ) − =0 (2) 10 2 (15 2) √ Warum wurde hier durch 15 2 dividiert ? b.) Der (orientierte) Abstand d(H, p4 ) des Punktes p4 von der Ebene H berechnet sich durch Einsetzten der Koordinaten von p4 in die linke Seite der H ESSE-Form (2) von H aus Teilaufgabe a.) zu √ √ √ √ √ 2 3 2 2 3 2 · (4x1 + 3x2 + 5x3 ) − = · 45 − = 3 2. d(H, p4 ) = 10 2 10 2 c.) Für den (orientierten) Abstand d(H, p4 ) des Ursprungs (0, 0, 0) von der Ebene H erhält man analog zu Teilaufgabe b.) den Wert √ 3 2 d H, (0, 0, 0) = − . 2 Da d(H, p4 ) und d H, (0, 0, 0) offenbar verschiedene Vorzeichen besitzten, liegen (0, 0, 0) und p4 auf verschiedenen Seiten des R3 bezüglich der Ebene H. Aufgabe 86. Melancholie anno 1514. Auf dem Bild sehen Sie den Kupferstich “Melancholie” von Albrecht Dürer aus dem Jahre 1514. Die beiden Engel müssten gar nicht so melancholisch schauen, denn hinter ihnen befindet sich eine nette mathematische Spielerei, die wir nur zur besseren Lesbarkeit digital hervorgehoben haben: ein magisches Quadrat! 1.) Was ist das Magische an dem Quadrat? a11 a12 a13 2.) Eine reelle 3 × 3-Matrix a21 a22 a23 heißt magisches Quadrat, falls alle Zeilensummen, alle Spaltena31 a32 a33 summen und die beiden Diagonalsummen a11 + a22 + a33 und a13 + a22 + a31 miteinander übereinstimmen. a.) Man zeige, daß die Menge M aller magischen Quadrate ein Untervektorraum von R3×3 ist. b.) Man zeige, daß die drei Matrizen 1 1 1 1 1 1 , 1 1 1 1 −1 0 −1 0 1 , 0 1 −1 0 1 −1 −1 0 1 1 −1 0 eine Basis von M bilden. c.) Besonders magisch: Wie viele Möglichkeiten gibt es, die Zahlen 1, 2, . . . , 9 in einem magischen Quadrat anzuordnen? L ÖSUNG : 1.) Es gilt Zeilensumme = Spaltensumme = Diagonalensumme. 2.) a.) Die Menge der magischen Quadrate ist die Lösungsmenge des homogenen linearen Gleichungssystems: a21 + a22 + a23 − a11 − a12 − a13 a31 + a32 + a33 − a11 − a12 − a13 a11 + a21 + a31 − a11 − a12 − a13 a12 + a22 + a32 − a11 − a12 − a13 a13 + a23 + a33 − a11 − a12 − a13 a11 + a22 + a33 − a11 − a12 − a13 a13 + a22 + a31 − a11 − a12 − a13 = = = = = = = 0 0 0 0 0 0 0 Daraus folgt unmittelbar, daß es ein Untervektorraum von R3×3 ist. b.) Wir müssen zeigen, daß die drei Matrizen linear unabhängig sind und daß man mit ihnen jedes magische Quadrat linear kombinieren kann. Lineare Unabhängigkeit: Es seien α1 , α2 , α3 ∈ R. Angenommen es gilt 1 1 1 1 −1 0 0 1 −1 0 1 + α3 −1 0 1 = 0 α1 1 1 1 + α2 −1 0 1 1 1 0 1 −1 1 −1 0 0 Das ist äquivalent zu α1 + α2 α1 − α2 − α3 α1 + α3 α1 − α2 + α3 α1 α1 + α2 − α3 α1 − α3 0 α1 + α2 + α3 = 0 α1 − α2 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Durch komponentenweises Vergleichen, erhalten wir α1 = 0 (Position (2, 2)), α2 = 0 (Position (1, 1) und α3 = 0 (Position (1, 2)). Erzeugendensystem: Es sei die Matrix a11 a12 a13 a21 a22 a23 a31 a32 a33 ein magisches Quadrat mit Zeilen/Spalten/Diagonalen-Summe s. Dann ist 0 1 −1 a11 a12 a13 1 −1 0 1 1 1 a21 a22 a23 = a22 1 1 1+(a11 −a22 ) −1 0 1 , 1 +(a31 −a22 ) −1 0 1 1 1 0 1 −1 1 −1 0 a31 a32 a33 wie man sich leicht überlegt: Es ist z.B. a22 +(a11 −a22 ) = a11 , oder a22 −(a11 −a22 )+(a31 −a22 ) = a22 + a31 − a11 = s − a13 − a11 = a12 . Die anderen sieben Fälle gehen analog. c.) Da alle Zeilensummen miteinander übereinstimmen und die Gesamtsumme 1 + 2 + · · · + 9 = 45 ist, muß die Zeilensumme jeweils 45/3 = 15 sein. In der Mitte des magischen Quadrates steht immer die 5, da in 1 1 1 1 −1 0 0 1 −1 1 + (a31 − a22 ) −1 0 1 a22 1 1 1 + (a11 − a22 ) −1 0 1 1 1 0 1 −1 1 −1 0 die Zeilensumme der mittleren Zeile 15 = a22 − (a11 − a22 ) − (a31 − a22 ) + a22 + a22 + (a11 − a22 ) + (a31 − a22 ) = 3a22 ist. Die Zahlen 7, 8 und 9 dürfen nicht gemeinsam in einer Zeile/Spalte/Diagonale stehen, weil sonst die zugehörige Zeilen/Spalten/Diagonalensumme größer als 15 wäre. Wenn man die Symmetrieeigenschaften des magischen Quadrates berücksichtigt (die Symmetriegruppe des magischen Quadrates ist isomorph zur Symmetriegruppe des Quadrates, hat also insbesondere 8 Elemente), gibt es nur zwei verschiedene Fälle, die berücksichtigt werden müssen. 1. Fall: 9 steht auf einer Eckposition (ohne Einschränkung (beachte die Symmetrie) auf der Position (1, 1)). Dann ist: 9 5 1 Ohne Einschränkung (Symmetrie) können wir annehmen, daß die 8 auf der Position (3, 2) steht. Dann erhalten wir ein ungültiges magisches Quadrat: 9 ? 5 6 8 1 2. Fall: 9 steht nicht auf einer Eckposition (ohne Einschränkung (Symmetrie) auf der Position (2, 1)). Dann ist: 9 5 1 Ohne Einschränkung (Symmetrie) können wir annehmen, daß die 8 auf der Position (1, 2) oder auf der Position (3, 3) steht. Im ersten Unterfall erhalten wir wieder ein ungültiges magisches Quadrat: 3 9 ? 8 5 2 9 4 7 5 3 1 7 Im zweiten Unterfall, funktioniert es endlich: 6 1 8 Also ist das magische Quadrat bis auf die Symmetrie eindeutig und es gibt insgesamt 8 verschiedene magische Quadrate mit den Zahlen 1, 2, . . . , 9.