1. Geld und Inflation - Eine Einführung 1. Entstehung und Erscheinungsformen des Geldes 2. Geldfunktionen 3. Analytische Geldmengenkonzepte 4. Geldangebot 5. Geldnachfrage 1 1.1. Entstehung und Erscheinungsformen des Geldes • Was ist Geld? • Wie ist es dazu gekommen, dass wir Banknoten und Münzen als Geld benutzen? • Können andere Finanzinstrumente wie Geld benutzt? Vgl. Jarchow, I.1.c 2 Was ist Geld? 3 Was ist Geld? 4 Eigenschaften des Geldes • Homogenität – • Teilbarkeit – • Aus 100 €, 10.000 Cent. Aus einem Muschel? Haltbarkeit – • Jeder 5 € Schein ist gleich. Jeder Conch-Muschel? Eine 1 € Münze wird uns überleben. Ein Karton Milch? Knappheit – • Bedruckte Geldscheine ggü. unbedrucktem Papier (Nicht-reproduzierbarkeit?) – Eine 1 € Münze kann nicht jeder prägen. Tabak selber anbauen? 5 Warengeld • Beispiele: Weizen, Salz, Muscheln, Fische, Häute, Metalle, Zigaretten usw. • Münzen als standardisiertes Metallgeld (Homogenität) • Welche Güter setzen sich als Tauschmittel durch? • Antworten bieten Kiyotaki/Wright[1] und nachfolgende Literatur: 1. Güter, die von Vielen als nützlich erachtet werden (intrinsischer Wert für denjenigen, der das Gut annimmt) 2. Güter, die relativ geringe Lagerhaltungs- und Transportkosten aufweisen. [1] Kiyotaki, Nobuhiro, & Wright, Randall, 1989, Journal of Political Economy, vol. 97(4), pages 927-54. 6 Kreditgeld I/II Beispiele: Scheidemünzen, Wechsel, Banknoten, Buchgeld • Scheidemünzen = nicht vollwertige Münzen -Handelswert höher als Metallwert • Wechsel = verbrieftes Zahlungsversprechen -Beispiel nächste Folie • private Banknoten: -Bank stellt Noten aus, die von Dritten akzeptiert werden. -Verpflichtung der Bank, die Noten jederzeit gegen Gold einzulösen. 7 Wechsel Beispiel: • A kauft Waren bei B, • hat aber kein Gold dabei • besorgt sich vorher bei seiner Bank einen Wechsel, mit dem der Bankier verspricht, dem Inhaber eine bestimmte Menge Goldes zu geben. •B kann den Wechsel seinerseits weiterreichen an C, C an D, bis evtl. D den Wechsel einlöst. Besonderheit: Jeder Zeichner haftet für den Wechsel! 8 Kreditgeld II/II • Im 19. Jahrhundert: Übergang zu staatlichen Banken, Banknotenmonopol. • Allmähliche Aufgabe der Verpflichtung, Noten gegen Metall umzutauschen. • Buchgeld: nicht verbriefte Forderungen an Zentralbank oder Geschäftsbanken, die jederzeit in verbriefte Forderungen / Banknoten umgetauscht werden können. 9 Geldnahe Forderungen • Beispiele: Termineinlagen, Spareinlagen mit Kündigungsfrist. • Erfüllen einige, aber nicht alle der Funktionen des Geldes: • Wertaufbewahrung, aber nicht Tauschmittel. • Gleichwohl: leichte Umwandelbarkeit in Buchgeld, werden daher zur Geldmenge im weiteren Sinne gezählt. 10 1.2. Geldfunktionen • Tauschmittel • Recheneinheit • Wertaufbewahrung Vgl. Jarchow, I.1.a-b 11 Tauschmittel • Stellen wir uns vor, Person A besitzt Gut 1 und will Gut 2, B besitzt Gut 2 und will Gut 3, C besitzt Gut 3 und will Gut 1. • Wie kann es zu einer Re-Allokation der Güter kommen? – „double-coincidence of wants“ liegt nicht vor. • Koordinierter Ringtausch, Intermediär, Tauschmittel? 12 Tauschmittel 1. Alle drei treffen sich an einem Ort und handeln einen Ringtausch aus. (Bei mehr Personen schwieriger.) 2. Eine Person (z.B. A) fungiert als Zwischenhändler (Intermediär): Jeder liefert seine Güter bei A ab, A liefert anschließend die gewünschten Güter aus. 3. Ein Gut wird als Tauschmittel akzeptiert (z.B. Gut 1): – Schritt 1: A tauscht mit B, A verbessert sich: erhält sein gewünschtes Gut B verbessert sich, erhält das Tauschmittel – Schritt 2: B tauscht mit C, beide verbessern sich, weil sie ihre gewünschten Güter erhalten. Intermediär und Tauschmittel setzen Vertrauen voraus! 13 Recheneinheit • Wenn alle Güter gegen Geld getauscht werden können – bilden sich Preise, die in Geldeinheiten ausgedrückt werden • Wertmaßstab, direkte Vergleichbarkeit des Wertes verschiedener Güter – auch solcher, die nicht gegeneinander getauscht werden • Erleichtert – Allokationsprozess und – Produktionsentscheidungen 14 Wertaufbewahrung • Tauschmittelfunktion bedingt zumindest kurzfristige Lagerfähigkeit des Geldes • Somit dient es zumindest einer kurzfristigen Wertaufbewahrung • Je nach physischer Beschaffenheit bzw. Wertverlust pro Zeiteinheit kann Geld dienen: • der mittel- und • langfristigen Wertaufbewahrung 15 Zusammenhänge zwischen Funktionen • Recheneinheit und Wertaufbewahrung ergeben sich unmittelbar aus der Tauschmittelfunktion. • Umgekehrt ist es leichter einen Handelspartner zu überzeugen, ein Gut in Zahlung zu nehmen, das wertbeständig ist • Die Wertbeständigkeit spielt eine große Rolle bei der Durchsetzung einzelner Güter als Warengeld • Aber auch bei der Entscheidung, in welcher von verschiedenen Währungen Transaktionen abgeschlossen werden. – Beispiele: Dollar oder Euro fungieren in vielen Ländern als inoffizielle Währung, weil die eigene Währung zu instabil ist. 16 1.3 Analytische Geldmengenkonzepte Unterscheide: • Geldschöpfungssektor – monetäre Finanzinstitute, die Einlagen entgegennehmen (Zentral- und Geschäftsbanken, sowie andere Finanzinstitute) • Geldhaltungssektor – alle übrigen privaten und öffentlichen Haushalte unterhalb der Zentralregierung und Unternehmen (kurz „Nichtbanken“). 17 Geldmenge Bargeldumlauf: Banknoten und Münzen im Besitz von Nichtbanken. M1 = Bargeldumlauf + täglich fällige Einlagen (Girokonten) von Nichtbanken. - höchste Liquidität M2 = M1 + Einlagen mit Laufzeit bis zu 2 Jahren oder Kündigungsfrist von bis zu 3 Monaten. - dient z.T. stärker der Wertaufbewahrung als der Verfügung als Zahlungsmittel (insb. Termingelder) M3 = M2 + Verbindlichkeiten aus Wertpapierpensionsgeschäften + Schuldverschreibungen mit Laufzeit bis zu 2 Jahren + Geldmarktfondanteile und Geldmarktpapiere Monetäre Basis: Banknoten, Münzen und Einlagen der Geschäftsbanken bei der Zentralbank 18 Geldmengen EWU Juli 08 Mrd. € % von M3 Juli 09 Mrd. € % von M3 M1 3846 42.1% 4323.8 45.81% Bargeld 658.8 7.2% 745.5 7.90% täglich fällige Einlagen 3187.2 34.9% 3578.3 37.91% M2-M1 3915.5 42.9% 3862.9 40.92% Einlagen mit Laufzeit bis 2 Jahren 2381.6 26.1% 2139.7 22.67% Einlagen mit Kündigungsfrist bis 3 Monaten 1533.8 16.8% 1723.2 18.26% M3-M2 1364.1 14.9% 1252.4 13.27% Repogeschäfte (Wertpapierpensionsgesch.) 333.1 3.7% 320 3.39% Geldmarktfondgeschäfte 743.2 8.1% 758 8.03% Schuldverschreibungen bis zu 2 Jahren 287.7 3.2% 174.4 1.85% M3 9125.6 9439.1 19 1.4 Geldangebot • Monetäre Basis • Mindestreserve • Geldschöpfung durch Privatbanken • Offenmarktgeschäfte – Mengen- und Zinstender • Ständige Fazilitäten 20 Monetäre Basis Monetäre Basis • Banknoten, Münzen und Einlagen der Geschäftsbanken bei der Zentralbank • wird als Indikator (Zwischenziel) benutzt. (Jarchow, III.3.a) • Sie ergibt sich im Wesentlichen aus der Bilanz der Zentralbanken. • Münzumlauf wird von der EZB festgelegt, aber Münzen werden von den Finanzbehörden ausgegeben. 31.12.08: Münzumlauf 20,4 Mrd. € Banknotenumlauf 762,9 Mrd. € Einlagen der GB 492,6 Mrd. € 21 Banknoten im Umlauf (in Mio.) 22 Konsolidierte Bilanz des Eurosystems - Aktiva AKTIVA (in Mio €) 2008 2007 Gold und Goldforderungen 217.722 201.584 Forderungen in Fremdwährung an Ansässige außerhalb des Euro-Währungsgebiets 160.372 139.030 Forderungen in Fremdwährung an Ansässige im EuroWährungsgebiet 234.293 41.975 Forderungen in Euro an Ansässige außerhalb des EuroWährungsgebiets 18.651 18.822 Forderungen in Euro aus geldpolitischen Operationen an Kreditinstitute im Euroraum 860.312 637.178 Sonstige Forderungen in Euro an Kreditinstitute im EuroWährungsgebiet 56.988 23.798 271.196 143.983 37.438 37.062 218.134 264.454 2.075.107 1.507.887 Wertpapiere in Euro von Ansässigen im Euro-Währungsgebiet Forderungen in Euro an öffentliche Haushalte Sonstige Aktiva Aktiva insgesamt http://www.bundesbank.de/download/ezb/jahresberichte/2008jb_ezb.pdf 23 Konsolidierte Bilanz des Eurosystems - Passiva PASSIVA (in Mio €) 2008 2007 Banknotenumlauf 762.921 676.678 Verbindlichkeiten in Euro aus geldpolitischen Operationen gegenüber Kreditinstituten im Euro-Währungsgebiet 492.310 379.183 328 126 91.077 46.183 293.592 45.094 5.723 2.490 10.258 15.553 5.465 5.279 Sonstige Passiva 166.500 123.076 Ausgleichsposten aus Neubewertung 175.735 147.123 71.200 67.101 Sonstige Verbindlichkeiten in Euro gegenüber Kreditinstituten im Euro-Währungsgebiet Verbindlichkeiten in Euro gegenüber sonstigen Ansässigen im Euro-Währungsgebiet Verbindlichkeiten in Euro gegenüber Ansässigen außerhalb des Euro-Währungsgebiets Verbindlichkeiten in Fremdwährung gegenüber Ansässigen im Euro-Währungsgebiet Verbindlichkeiten in Fremdwährung gegenüber Ansässigen außerhalb des Euro-Währungsgebiets Ausgleichsposten für vom IWF zugeteilte Sonderziehungsrechte Kapital und Rücklagen Passiva insgesamt 2.075.107 1.507.887 24 Konsolidierte Bilanz des Eurosystems - Passiva PASSIVA (in Mio €) 2008 2007 Banknotenumlauf 762.921 676.678 Verbindlichkeiten in Euro aus geldpolitischen Operationen gegenüber Kreditinstituten im Euro-Währungsgebiet 492.310 379.183 328 126 91.077 46.183 293.592 45.094 5.723 2.490 10.258 15.553 5.465 5.279 Sonstige Passiva 166.500 123.076 Ausgleichsposten aus Neubewertung 175.735 147.123 71.200 67.101 Sonstige Verbindlichkeiten in Euro gegenüber Kreditinstituten im Euro-Währungsgebiet Verbindlichkeiten in Euro gegenüber sonstigen Ansässigen im Euro-Währungsgebiet Verbindlichkeiten in Euro gegenüber Ansässigen außerhalb des Euro-Währungsgebiets Verbindlichkeiten in Fremdwährung gegenüber Ansässigen im Euro-Währungsgebiet Verbindlichkeiten in Fremdwährung gegenüber Ansässigen außerhalb des Euro-Währungsgebiets Ausgleichsposten für vom IWF zugeteilte Sonderziehungsrechte Kapital und Rücklagen Passiva insgesamt 2.075.107 1.507.887 25 Mindestreserve • Einlagen der Geschäftsbanken bei der Zentralbank – Hauptsächlich Einlagen auf Girokonten (Mindestreserve) – Im letzten Jahr: Einlagefazilität (Überschussreserve) • Geschäftsbanken legen ein Teil der Depositen bei der ZB ein – 2% (Mindestreservesatz) müssen sie – Dürfen aber mehr - Einlagefazilität • Der Rest wird als Kredit weiter gegeben • Geldschöpfung durch private Banken! Jarchow, III.2. 26 Geldschöpfung durch Privatbanken Betrachte Bankensektor mit – einer Zentralbank (ZB) – 2 Geschäftsbanken (GB), A und B, – Nichtbanken (NB) • NB halten Sichteinlagen bei GB – Annahme: sämtliche Kredite werden wieder im Bankensektor angelegt (bargeldloser Zahlungsverkehr) • GB halten Zentralbankguthaben in Höhe der Mindestreserve, k – Annahme: k= 20% Ausgangssituation: • NB verfügen über 40 Mio €. Sichteinlage bei GB A • Davon muss GB A 20% als Mindestreserve bei der ZB anlegen. 27 Geldschöpfung durch Privatbanken Situation in Periode 0: GB A gewährt Kredite an NB in Höhe der Überschussreserve (32), die bei GB B angelegt werden. Bilanz der GB A Mindestreserve 8 Sichteinlagen 40 Überschussreserve 32 Situation in Periode 1: Bilanz der GB A Mindest… 8 Kredite 32 Sicht… Bilanz der GB B 40 Mindest… 6,4 Überschuss… 25,6 Sicht… 32 GB A gewährt Kredite an NB in Höhe der Überschussreserve (25,6), die bei GB A angelegt werden. Situation in Periode 2: Bilanz der GB B Bilanz der GB A Mindest… 13,12 Kredite 32 Überschuss 20,48 Sicht… 65,6 Mindest… 6,4 Kredite 25,6 Sicht… 32 28 Geldschöpfung durch Privatbanken Periode Δ Kredite 0 --1 32 2 25,6 3 20,48 … Δ Sichteinlagen 40 32 25,6 20,48 Δ Mindestreserve 8 6,4 5,12 4,096 oo 0 0 200 40 0 Summe 160 M1=Summe der Sichteinlagen = 200 Mio. € Monetäre Basis= Summe der Mindestreserve = 40 Mio. € 29 ∞ 1 Geometrische Reihe: ∑ q = , |q|<1 1− q n =0 n Gehen wir jetzt davon aus: • NB halten Sichteinlagen bei GB und ziehen einen Anteil b als Bargeld ab. • GB halten Zentralbankguthaben in Höhe der Mindestreserve: Mindestreservesatz, k – Der Rest wird als Kredit vergeben • Ausgang: NB verfügen über A Mio. € 30 Geldschöpfung durch Privatbanken t 0 1 2 3 Δ Kredite Δ Bargeld Δ Sichteinlagen --bA (1-b)A (1-b)(1-k)A (1-b)(1-k)bA (1-b)2(1-k)A (1-b)2(1-k)2A (1-b)2(1-k)2bA (1-b)3(1-k)2A (1-b)3(1-k)3A (1-b)3(1-k)3bA (1-b)4(1-k)3A Δ Mindestreserve (1-b)kA (1-b)2(1-k)kA (1-b)3(1-k)2kA (1-b)4(1-k)3kA … Sieht schon kompliziert aus. Wie sollen wir das summieren? 31 Geldschöpfung durch Privatbanken t 0 1 2 3 Δ Kredite (Δ K) --(1-b)(1-k)A (1-b)2(1-k)2A (1-b)3(1-k)3A Δ Bargeld Δ Sichteinlagen bA b Δ K1 b Δ K2 b Δ K3 (1-b)A (1-b)Δ K1 (1-b)Δ K2 (1-b)Δ K3 Δ Mindestreserve (1-b)kA (1-b)kΔ K1 (1-b)kΔ K2 (1-b)kΔ K3 … Σ ΣΔK b(A+ΣΔK) (1-b)(A+ΣΔK) (1-b)k(A+ΣΔK) Wir brauchen nur ΣΔK: Sei q=(1-b)(1-k), dann ∞ ∞ 1 (1 − k )(1 − b) A∑ q = A∑ q − A = A −A= A 1 − (1 − k )(1 − b) 1 − (1 − k )(1 − b) n =1 n =0 n n 32 Geldschöpfung durch Privatbanken (1 − k )(1 − b) Σ Δ Kredite A 1 − (1 − k )(1 − b) b Σ Δ Bargeld A 1 − (1 − k )(1 − b) 1− b Σ Δ Sichteinlagen A 1 − (1 − k )(1 − b) (1 − b)k Σ Δ Mindestreserve A 1 − (1 − k )(1 − b) 1 M1= Σ Δ Sichteinlagen+ Σ Δ Bargeld= A 1 − (1 − k )(1 − b) Monetäre Basis: k + b(1 − k ) = Σ Δ Mindestreserve+ Σ Δ Bargeld= A 1 − (1 − k )(1 − b) 33 Geldschöpfung durch Privatbanken • Beispiele mit Zahlen in der Übung • zusätzliche Möglichkeiten der Geldschöpfung: – GB legen mehr als Mindestreservesatz bei ZB – Private Zahlungssysteme: Kreditkarten, elektronisches Geld, Privatgeld •Durch die Geldschöpfung mit Privatbanken führt – 1€ zusätzliches Bargeld zu mehr als 1€ M1 – Ein Multiplikatorprozess •Wie bringt die ZB zusätzliches Geld aber auf den Markt? 34 Geldangebot • Offenmarktgeschäfte – Kauf/Verkauf von Wertpapiere durch die Zentralbank aus Initiative der Zentralbank – eine Auktion • Spitzenrefinanzierungsfazilität – Geschäftsbanken leihen aus eigener Initiative Geld von der Zentralbank • Einlagefazilität – Geschäftsbanken legen aus eigener Initiative Geld bei der Zentralbank an 35 Offenmarktgeschäfte • Wie kauft die ZB Wertpapiere? • Was hat dies mit dem Geldangebot zu tun? Bilanz der GB Mindestreserve 8 Wertpapiere 32 Einlagen 40 Bilanz der ZB Wertpapiere 8 Mindestreserve 8 36 Offenmarktgeschäfte Bilanz der GB Mindestreserve 8 Wertpapiere 28 Wertpapiere 4 Einlagen 40 Bilanz der ZB Wertpapiere 8 Mindestreserve 8 • ZB kauft 4 Mio. € an Wertpapiere von der GB 37 Offenmarktgeschäfte Bilanz der GB Mindestreserve 8 Wertpapiere 28 Bargeld 4 Einlagen 40 Bilanz der ZB Wertpapiere 8 Mindestreserve 8 Wertpapiere 4 Bargeld 4 • Wie betätigt die ZB solche Offenmarktgeschäfte? • Auktion: Mengen- oder Zinstender (Jarchow IX 3. b) 38 Mengentender • • ZB gibt den Zinssatz an GB geben gewünschte Mengen an Geld an 1. Wenn die GB zu dem Zins mehr Geld geboten haben, als die ZB ausgeben möchte, – werden Gebote proportional zur Nachfrage auf das Angebot rationiert (Repartierung) 2. Sonst bekommen die GB die von ihnen gewünschte Menge • Problem: in der Regel traf 1. zu • Anreiz für die GB höhere Gebote abzugeben, um einen höheren Anteil zu bekommen 39 40 Zinstender • GB geben Gebote über Mengen und Zins Bank A: 10 Mio. € zu 5,5% 15 Mio. € zu 5 % 5 Mio. € zu 4,75 % Bank B: 5 Mio. € zu 5,75% 10 Mio. € zu 5,5% 10 Mio. € zu 5% In der Regel legt die ZB eine Mindestbietungszins fest 41 Zinstender • GB geben Gebote über Mengen und Zins Bank A: 10 Mio. € zu 5,5% 15 Mio. € zu 5 % 5 Mio. € zu 4,75 % Bank B: 5 Mio. € zu 5,75% 10 Mio. € zu 5,5% 10 Mio. € zu 5% • ZB legt Gesamtvolumen fest (25 Mio. €) • Anfangend beim höchsten Zinsangebot werden die Gebote absteigend bedient bis das festgelegte Gesamtvolumen erschöpft ist • Der niedrigste Zins, zu welchem ein Gebot bedient wird = Marginaler Zinssatz (5,5%) • Gebote zum marginalen Zins werden ggf. rationiert 42 Zinstender Bank A: 10 Mio. € zu 5,5% 15 Mio. € zu 5 % 5 Mio. € zu 4,75 % Bank B: 5 Mio. € zu 5,75% 10 Mio. € zu 5,5% 10 Mio. € zu 5% Gesamtvolumen (25 Mio. €), Marginaler Zinssatz (5,5%) • amerikanisches Verfahren – GB müssen die bedienten Geboten zu den jeweileigen gebotenen Zinsen zahlen • holländisches Verfahren – GB zahlen bei allen bedienten Geboten den marginaler Zinssatz 43 EZB Tenderverfahren • Mengentender mit variabler Zuteilung – Bis zum 26. Juni 2000 – Exorbitante Gebote (siehe vorherige Grafik) • Zinstender nach amerikanischem Verfahren – Vom 27. Juni 2000 bis zum 1. Oktober 2008 – Finanzkrise: verursachte Liquiditätskrise • Mengentender, aber mit voller Zuteilung – Seit dem 2. Oktober 2008 44 Spitzenrefinanzierungs- und Einlagefazilität • Ständige Fazilitäten – GB können nach Bedarf benötigtes Geld von ZB bekommen, bzw. nicht benötigtes Geld bei ZB anlegen. • Spitzenrefinanzierungsfazilität – Lombardkredite, GB verpfänden Wertpapiere bei der Zentralbank – Zinssatz liegt oberhalb der Offenmarktgeschäfte • Einlagefazilität – Geschäftsbanken legen aus eigener Initiative Geld bei der Zentralbank an – Zinssatz liegt oberhalb der Offenmarktgeschäfte • Die zwei Fazilitäten bilden einen Zinskorridor 45 02.07.2009 01.01.2009 02.07.2008 01.01.2008 03.07.2007 01.01.2007 02.07.2006 01.01.2006 02.07.2005 31.12.2004 02.07.2004 01.01.2004 02.07.2003 01.01.2003 02.07.2002 31.12.2001 02.07.2001 31.12.2000 01.07.2000 01.01.2000 02.07.1999 01.01.1999 Zinssätze der EZB (% per annum) 7 6 5 4 3 2 1 0 Einlagefazilität Spitzenrefinanzierungsfazilität Hauptrefinanzierungsgeschäfte - Mengentender Hauptrefinanzierungsgeschäfte - Zinstender 46 Jul 09 die USA Jan 09 Jul 08 Jan 08 Jul 07 Jan 07 Jul 06 England Jan 06 Jul 05 Jan 05 Jul 04 Jan 04 Jul 03 Jan 03 Jul 02 Jan 02 Jul 01 Jan 01 Jul 00 Jan 00 Jul 99 Jan 99 Japan EU 8 6 4 2 0 47 1.5 Geldnachfrage • Motive der Kassenhaltung • Keynessche Liquiditätspräferenztheorie • Opportunitätskosten der Kassenhaltung • Umlaufgeschwindigkeit, Kassenhaltungskoeffizient Jarchow II.1-3.b. 48 Motive der Kassenhaltung • Transaktionskasse: – erwarteten Umsatz (+) – Opportunitätskosten der Geldhaltung = Zins (-) – Transaktionskosten der Liquidierung von Wertpapieren (+) • Vorsichtskasse: Kassenhaltung zur Minderung des Illiquiditätsrisikos bei unsicheren Zahlungsströmen. – Risikoaversion (+) – erwarteter Volatilität des künftigen Liquiditätsbedarfs (bei positiver Risikoaversion +) – Opportunitätskosten der Geldhaltung = Zins (-) – Transaktionskosten der Liquidierung von Wertpapieren (+). • Spekulationskasse: Haltung liquider Mittel in Erwartung einer günstigen Kursänderung alternativer Anlagen. Portfolio-Theorie: Ein gewisser Anteil des Portfolios wird in liquiden Mitteln gehalten, da alle anderen Anlagen Risiken unterliegen (Diversifikation). – Vermögen (+) – Opportunitätskosten der Geldhaltung = Zins (-) 49 Keynessche Liquiditätspräferenztheorie • unterscheidet die drei Motive der Kassenhaltung • Spekulationsmotiv: Keynes‘ Annahmen: – Haushalte haben langfristige Zinserwartungen – Wenn die aktuellen Zinsen höher [niedriger] als der langfristig erwartete Zins – wird allg. mit Zinssenkungen [-steigerungen] gerechnet Der Preis festverzinslicher Wertpapiere negativ vom aktuellen Zins abhängt kann es sich lohnen weniger [mehr] Liquidität vorzuhalten als im Durchschnitt. Damit kann auf sinkende [steigende] Zinsen und damit steigende [sinkende] WP-preise spekuliert werden. 50 Quantitätstheorie Quantitätstheorie: M V = P Y • M=Geld, P=Preisniveau, Y=reales BIP • ist eine Identität durch Definition von V (= Umlaufgeschwindigkeit) Interpretation als Geldnachfragefunktion: Md = P Y / V = P Y k • k = 1/V = Kassenhaltungskoeffizient 51 Opportunitätskosten der Kassenhaltung Md = P Y k Wovon hängt Kassenhaltung ab? • zu erwartendem Transaktionsvolumen (proportional zu nominalem BIP - PY) Wovon hängt Kassenhaltungskoeffizient k ab? 1. Trend (Desintegration, Liquiditätsvorliebe) 2. Zinssatz (Opportunitätskosten der Geldhaltung) k (i) mit k‘ < 0. 3. Spekulationsmotiv (Erwartung steigender Zinsen = sinkende WP-Preise => höhere Kassenhaltung) 4. Unsicherheit über die künftige Preisentwicklung (Liquiditätsvorsorge) 52 Umlaufgeschwindigkeit, Kassenhaltungskoeffizient Liquiditätspräferenz Aufspaltung der Wertschöpfungskette Umlaufgeschwindigkeit und Kassenhaltungskoeffizient in Deutschland (M3) v 0,65 2,7 0,6 2,5 0,55 2,3 0,5 2,1 0,45 1,9 0,4 1,7 0,35 1,5 19 70 Q 1 19 71 Q 1 19 72 Q 1 19 73 Q 1 19 74 Q 1 19 75 Q 1 19 76 Q 1 19 77 Q 1 19 78 Q 1 19 79 Q 1 19 80 Q 1 19 81 Q 1 19 82 Q 1 19 83 Q 1 19 84 Q 1 19 85 Q 1 19 86 Q 1 19 87 Q 1 19 88 Q 1 19 89 Q 1 19 90 Q 1 19 91 Q 1 19 92 Q 1 19 93 Q 1 19 94 Q 1 19 95 Q 1 19 96 Q 1 19 97 Q 1 19 98 Q 1 k Kassenhaltungskoef f izient Umlauf geschw . Linear (Umlauf geschw .) 53 Inflation und Geldmengenwachstum Quantitätstheorie: M t Vt = Pt Yt Totales Differential: Vt dM t + M t dVt = Yt dPt + Pt dYt dM t dVt dPt dYt Wachstumsraten: + = + Mt Eine Definition: Vt Pt Yt dM t dVt dYt + = πt + Mt Vt Yt In der langen Frist: π t = μ t + η − y • Höheres Geldmengen Wachstum – höhere Inflation! Als Differenz π t − π t −1 = μ t − μ t −1 54 55 56 Geld und Hyperinflation Simbabwe-Dollar 1E+22 1E+20 1E+18 1E+16 1E+14 1E+12 1E+10 100000000 1000000 10000 100 1 0 .2 0 7 2 .0 06 1 .2 0 0 0 .1 06 1 .2 0 1 8 .0 07 2 .2 0 4 8 .0 07 0 .2 0 8 6 .0 Geldmenge in Milliarden 07 1 .2 0 1 4 .1 07 2 .2 0 2 2 .0 08 0 .2 0 6 1 .0 08 0 .2 0 9 9 .0 08 Wechselkurs zum US-Dollar 57 1.6 Gleichgewicht auf dem Geldmarkt • Geldnachfrage – Md = P Y k(i) – Allgemeiner: Md = P L(Y, i, ierw. ) mit LY > 0, Li < 0, Lierw > 0 • Geldangebot – Mengen- bzw. Zinstender 58 Bis 2000: Mengentender: • ZB gibt Zins vor (und im Prinzip auch die Menge) • Geschäftsbanken geben ihre Nachfrage an • Zuteilung erfolgt durch proportionale Rationierung. Folge: Gebote werden übertrieben, weil alle mit der Rationierung rechnen. • Wer ihren Geldbedarf am meisten übertreibt, erhält im Verhältnis die meiste Liquidität. • Re-allokation durch Interbankenmarkt. Idee: Menge und Zins können gesteuert werden. Aber: Marktzins im Interbankenmarkt wird nur mittelbar beeinflusst. 59 2000-2008: Zinstender: • ZB legt Mindestbietungszinssatz und Menge fest • Geschäftsbanken geben ihre Nachfrage an • Gebote zu Zinsen über dem marginalen Zinssatz werden voll bedient • Gebote zum marginalen Zins werden rationiert Folge: • Banken mit hohem Liquiditätsbedarf bieten mehr als den Mindestbietungssatz • Der höchste Liquiditätsbedarf wird befriedigt • Banken orientieren sich am Mindestbietungssatz Idee: Kontrolle über Menge und (partiell) den Zins • Der Interbankenmarkt weniger entscheidend für Marktzins 60 Kurz: • ZB legt Geldmenge fest und • beeinflusst den Zins, den sie von Geschäftsbanken erhält. • Der kurzfristige Marktzins bildet sich durch Angebot und Nachfrage. 61 4,5% Spitzenrefinanzierungssatz 4,0% 3,5% 3,0% Mindestbietungssatz 2,5% 2,0% 1,5% Tagesgeldsatz Einlagensatz 1,0% Hauptrefinanzierungssatz 0,5% 07.2002 10.2002 01.2003 04.2003 07.2003 62 Warum ist die Geldmenge dann oft höher als beabsichtigt? • Geldschöpfung • Zentralbank hat Zielwert für den Marktzins (aus gesamtwirtschaftlicher Verantwortung, s. Ziele) und passt Geldmenge ggfs. an. • Zusätzlich: längerfristige Refinanzierungsgeschäfte und Feinsteuerungsoperationen (bei unerwarteten Liquiditätsschwankungen) • Ständige Fazilitäten: Ober- und Untergrenze für Tagesgeld 63