Verschränkung, Gemischte Zustände, Verschränkungs-Reinigung Vortrag von Gesine Jahnz am 9. Januar 2004 Verschränkungsreinigung 1. Teil: Verschränkte Zustände 2. Teil: Gemische 3. Teil: Verschränkungsreinigung 1 1. Teil: Verschränkung Wir gehen vom Hilbertraum H = HA ⊗ HB zweier Spin 1/2’s aus. Schritt 1: Spin A sei auf Teilchen Alice lokalisiert. Spin B sei auf Teilchen Bob lokalisiert. Zustand z.B.: | ↑, ẑiA ⊗ | ↑, ẑiB Schritt 2: Alice und Bob werden zusammengeführt. Die Spins A und B werden in folgendem Zustand |Si präpariert: |Si = √1 ( | ↑, ẑiA| ↓, ẑiB − | ↓, ẑiA| ↑, ẑiB ) 2 Schritt 3: Alice und Bob werden getrennt. Dabei sollen ihre Spins völlig unberührt (unverändert) bleiben. 2 Schritt 4: Alice nimmt ihren Spin A mit nach Amsterdam. Bob nimmt seinen Spin B mit nach Berlin. Da die Spinfreiheitsgrade in Schritt 3 völlig unberührt bleiben, sind sie auch in 1000 km Entfernung im Zustand |Si. 3 1. Messung: Alice misst ihren Spin in ẑ-Richtung. Messung σz Alice: | ↑, ẑiA | ↓, ẑiA Wahrscheinlichkeit 50 % 50 % Annahme: Alice hat | ↑, ẑi gemessen. ⇒ Bob: Messung σz | ↓, ẑiB Wahrscheinlichkeit 100 % Messung σx | ↑, x̂iB | ↓, x̂iB Wahrscheinlichkeit 50 % 50 % 4 2. Messung: Alice misst ihren Spin in x̂-Richtung. Messung σx Alice: | ↑, x̂iA | ↓, x̂iA Wahrscheinlichkeit 50 % 50 % Annahme: Alice hat | ↑, x̂i gemessen. ⇒ Bob: Messung σx | ↓, x̂iB Wahrscheinlichkeit 100 % Messung σz | ↑, ẑiB | ↓, ẑiB Wahrscheinlichkeit 50 % 50 % 5 3. Messung: Alice misst ihren Spin nicht. ⇒ Messung σx Bob: | ↑, x̂iB | ↓, x̂iB Wahrscheinlichkeit 50 % 50 % Messung σy | ↑, ŷiB | ↓, ŷiB Wahrscheinlichkeit 50 % 50 % Messung σz | ↑, ẑiB | ↓, ẑiB Wahrscheinlichkeit 50 % 50 % ⇒ Bobs Messergebnisse hängen davon ab, ob und wie Alice gemessen hat, obwohl beide weit voneinander entfernt sind. Beeinflusst eine Messung an einem Teilchen in oben gezeigter Weise den Zustand eines anderen Teilchens, so spricht man von verschränkten Teilchen. 6 Aufgrund der Entfernung wechselwirken die Teilchen nicht miteinander. Trotzdem tritt eine Veränderung am zweiten Teilchen als Folge eines Eingriffs am ersten Teilchen auf! Einstein befremdete dieses Phänomen derart, dass er von spukhafter Fernwirkung “ ” sprach. 7 Cartoon Verschränkte Zustände B A B.B. B.B. 2 1 B.B.=Black box, in dem sich verschränkte Spin 1/2-Teilchen befinden |Si = c(| ↑iA | ↓iB − | ↓iA | ↑iB ) Zwei verschränkte Teilchen A und B verlassen die Box. Sie befinden sich im Zustand |Si. Ihre Spins haben keine feste Orientierung. MESSUNG B A Nach der Messung befinden sich die Teilchen nicht mehr 3 Durch die Messung an A kollabiert die Wellenfunktion |Si. Die Orientierung des Spins von Teilchen A ist dadurch eindeutig festgelegt. Instantan ist somit der Spin von B festgelegt. in einem verschränkten Zustand; Die Messung zerstört die Verschränkung. 8 2. Teil: Reine Zustände Einem reinen Zustand kann man stets einen Zustandsvektor |Ψi zuordnen: P |Ψi = ck |Ψk i Gemisch Ein Gemisch besteht aus Untermengen von Teilchen verschiedenen Zustands: Untermenge 1: Gewichtsfaktor p1, Hilbertvektor |Ψ1i Untermenge 2: Gewichtsfaktor p2, Hilbertvektor |Ψ2i u.s.w. Ein Gemisch (gemischtes Ensemble) kann aufgefasst werden als eine Mischung von reinen Zuständen |Ψni. 9 Da es nicht möglich ist, einen Zustandsvektor |Ψi zu finden, der das Gemisch beschreibt, wird der Dichteoperator ρ zur Beschreibung des Systems eingeführt: ρgem = p1 |Ψ1ihΨ1| + p2 |Ψ2ihΨ2| + · · · Eigenschaft des Gemischs: Eine Messung an Teilchen A, das sich im Zustand Ψ1 befindet, hat keine Auswirkungen auf den Zustand Ψn eines anderen Teilchens. 10 3. Teil: Verschränkungsreinigung Verschränkungsreinigung kann man sich wie eine Destillation vorstellen: Ausgehend von einem Reservoir von verschränkten Paaren niedriger Güte (Konzentration) werden wenige Paare hoher Güte erzeugt. 11 Photon a1 und b1 sowie Photon a2 und b2 sind gering miteinander verschränkt Ziel ist es, zwei voll verschränkte Photonen a3 und b3 zu erhalten. Weg der Photonen: a1, a2 −→ PBS von Alice b1, b2 −→ PBS von Bob four-case modes: Der Experimentator wählt nur die Fälle aus, bei denen an jedem Ausgang der PBS genau 1 Photon anzutreffen ist. 12 Wirkungsweise des PBS Polarizing Beam Splitter PBS: transmittiert horizontal (H) polarisiertes Licht, reflektiert vertikal (V) polarisiertes Licht 13 Ziel ist es, ein verschränktes Photonenpaar an a3 und b3 zu erhalten. −→ Folglich darf an a3, b3 keine Messung durchgeführt werden. Gemessen wird demnach an: a4, b4 Was wird an a4, b4 gemessen? 14 An a4, b4 wird die Polarisationsrichtung nicht in der Basis |Hi, |Vi (horizontal, vertikal), sondern in der Basis |+i, |−i gemessen. |+i = √1 ( |Hi + |Vi ) 2 |−i = √1 ( |Hi − |Vi ) 2 Warum diese Basiswahl? −→ Antwort nachfolgende Rechnung Abhängig vom Messergebnis an a4, b4 führt Alice eventuell eine kleine Schönheitskorrektur (phasen-flip) durch, um letztendlich 2 verschränkte Photonen an a3 und b3 zu erhalten. 15 Rechnung: 4 Bellzustände: |Φ+iab = √1 ( |Hia|Hib + |Via|Vib ) 2 |Φ−iab = √1 ( |Hia|Hib − |Via|Vib ) 2 |Ψ+iab = √1 ( |Hia|Vib + |Via|Hib ) 2 |Ψ−iab = √1 ( |Hia|Vib − |Via|Hib ) 2 In unserem Beispiel sei |Φ+iab der gewünschte Zustand, der mit dem unerwünschten Zustand |Ψ−iab verunreinigt ist: ρab = F |Φ+iabhΦ+| + (1 − F )|Ψ−iabhΨ−| ρ: Dichteoperator F : entanglement fidelity (Güte der Verschränkung) 16 ρab = F |Φ+iabhΦ+| + (1 − F )|Ψ−iabhΨ−| Wahl des Dichteoperators: Ohne allgemeine Gültigkeit zu verlieren, wählen wir diesen Dichteoperator, um die nachfolgende Diskussion zu vereinfachen. Aus dem Dichteoperator lässt sich folgendes ablesen: I II III Paar 1 u. 2 sind im Zustand |Φ+ia1b1 |Φ+ia2b2 |Ψ−ia1b1 |Ψ−ia2b2 |Ψ−ia1b1 |Φ+ia2b2 |Φ+ia1b1 |Ψ−ia2b2 Wahrsch.keit F2 (1 − F )2 F (1 − F ) Welche Kombinationen (I, II, oder III) führen nun zum four-case mode? 17 zu I: |Φ+ia1b1 |Φ+ia2b2 = 1 ( |Hi |Hi a1 b1 + |Via1 |Vib1 )· 2 ( |Hia2|Hib2 + |Via2|Vib2 ) = 1 ( |Hi |Hi |Hi |Hi ) a1 a2 b1 b2 2 H H H H a3 a1 b1 b3 a4 a2 b2 b4 H H four-case mode H H 1 ( |Hi |Hi |Vi |Vi ) +2 a1 a2 b1 b2 H H a1 b1 a2 b2 V V +1 2 ( |Via1 |Vib1 |Hia2 |Hib2 ) V V a1 b1 a2 b2 H H +1 2 ( |Via1 |Vib1 |Via2 |Vib2 ) V V V V a3 a1 b1 b3 a4 a2 b2 b4 V V four-case mode V V 18 Somit erhalten wir für die Fälle, die zum fourcase mode führen: |Φ+ia1b1 |Φ+ia2b2 −→ 1 ( |Hi |Hi |Hi |Hi + |Vi |Vi |Vi |Vi ) a1 a2 a1 a2 b1 b2 b1 b2 2 zu II: analog zu I erhalten wir |Ψ−ia1b1 |Ψ−ia2b2 −→ 1 ( |Hi |Vi |Hi |Vi + |Vi |Hi |Vi |Hi ) a1 a2 a1 a2 b1 b2 b1 b2 2 19 zu III: |Ψ−ia1b1 |Φ+ia2b2 = 1 ( |Hi |Vi a1 b1 − |Via1 |Hib1 )· 2 ( |Hia2|Hib2 + |Via2|Vib2 ) = 1 ( |Hi |Vi |Hi |Hi ) a1 a2 b1 b2 2 H V a1 b1 a2 b2 H H +1 2 ( |Hia1 |Vib1 |Via2 |Vib2 ) H V a1 b1 a2 b2 V V 1 ( |Vi |Hi |Hi |Hi ) −2 a1 a2 b1 b2 V H a1 b1 a2 b2 H H 1 ( |Vi |Hi |Vi |Vi ) −2 a1 a2 b1 b2 V H a1 b1 a2 b2 V V Hier finden wir keinen four-case mode. 20 Somit: Die Fälle, die zu III gehören, werden von Alice und Bob weggeworfen, da sie nicht zu einem four-case mode führen. Welche Kombinationen (I, II oder III) führen nun zum four-case mode? Antwort: |Φ+ia1b1 |Φ+ia2b2 und |Ψ−ia1b1 |Ψ−ia2b2 21 Nehmen wir nun an, die beiden Paare befänden sich im Zustand |Φ+ia1b1 |Φ+ia2b2 −→ 1 ( |Hi |Hi |Hi |Hi + |Vi |Vi |Vi |Vi ) , a1 a2 a1 a2 b1 b2 b1 b2 2 dann ist dieser Zustand analog zu |Φ+ia3b3 |Φ+ia4b4 −→ 1 ( |Hi |Hi |Hi |Hi + |Vi |Vi |Vi |Vi ) a3 a4 a3 a4 b3 b4 b3 b4 2 H H H H a3 a1 b1 b3 a4 a2 b2 b4 H H H H V V V V a3 a1 b1 b3 a4 a2 b2 b4 V V V V 22 Weitere Annahme: Messung: a4: |+i b4: |+i Zustand an a3, b3 = ? Antwort: Durch Projektion von h+|a4 h+|b4 auf |Φ+ia3b3 |Φ+ia4b4 23 Projektion von h+|a4 h+|b4 auf |Φ+ia3b3 |Φ+ia4b4: mit h+|a4 = √1 2 ( hH|a4 + hV|a4 ) h+|a4 h+|b4 [ |Hia3|Hib3|Hia4|Hib4 + |Via3|Vib3|Via4|Vib4 ] = √1 ( |Hia3|Hib3 + |Via3|Vib3 ) 2 = |Φ+ia3b3 −→ verschränktes Photonenpaar! 24 Nach der Reinigung erhalten Alice und Bob den Zustand |Φ+ia3b3 |Ψ+ia3b3 mit einer Wa.keit F 2/2 (1 − F )2/2 Nach Wiederholung der Prozedur ergibt sich ein neuer Dichteoperator ρ0: ρ0ab = F 0 |Φ+iabhΦ+| + (1 − F 0)|Ψ−iabhΨ−| mit F 0 = F2 F 2 +(1−F )2 für den gewünschten Zustand |Φ+i. F0 > F für F > 1 2 25 Ergänzungen zu Seite 5 1 | ↑, ẑi = √ ( | ↑, x̂i + | ↓, x̂i ) 2 1 √ | ↓, ẑi = ( | ↑, x̂i − | ↓, x̂i ) 2 √ 2 |Si = ( | ↑, ẑiA| ↓, ẑiB − | ↓, ẑiA| ↑, ẑiB ) =1 2 [( | ↑, x̂iA + | ↓, x̂iA)(| ↑, x̂iB − | ↓, x̂iB )− ( | ↑, x̂iA − | ↓, x̂iA)(| ↑, x̂iB + | ↓, x̂iB )] = | ↑, x̂iA| ↓, x̂iB + | ↓, x̂iA| ↑, x̂iB = | ↑, ẑiA| ↓, ẑiB − | ↓, ẑiA| ↑, ẑiB 26 Referenzen 1. Teil: ❍ Brandt, Einführung in die Grundlagen des Quantencomputers, Vorlesungsskript aus Bibliothek der Physikalischen Institute der Universität Hamburg ❍ G.-L. Ingold, Quantentheorie, Grundlagen der modernen Physik, C.H. Beck 2002 2. Teil: ❍ J.J. Sakurai, Modern Quantum Mechanics, Addison-Wesley 1994 ❍ W. Nolting, Grundkurs theoretische Physik 5, Quantenmechanik, Teil 1: Grundlagen, Vieweg 1997 3. Teil: ❍ J.-W. Pan, S. Gasparoni, R. Ursin, G. Weihs, A. Zeilinger, Experimental entanglement purification of arbitrary unknown states, Natur 423 (2003) 417 ❍ J.-W. Pan, C. Simon, C. Brukner, A. Zeilinger, Entanglement purification for quantum communication, Natur 410 (2001) 1067, preprint quant-ph/0012026 ❍ H. Aschauer, H.J. Briegel, Sauber verschränkt, Physik Journal Nr. 7/8 (2003) 18 27 Weiterführende Literatur ❍ D. Bruß, Quanteninformationstheorie, Vorlesungsskript Universität Hannover, Wintersemester 2001/2002, http://jari.iqo.uni-hannover.de/download/qitskript.pdf 28