ADHS bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen

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Risiken beim Übergang in die
Automobilität, speziell für
junge Menschen mit ADHS
STRASSEN, den 17. Juni 2009 (gekürzte Fassung)
Dr. paed. Lucien NICOLAY
Klinischer Verkehrspsychologe &
Psychotherapeut (ECP/WCP)
Inhalt
Jugendalter: Entwicklung, Risiken/Krisen, E.-Verlauf am
Beispiel; Exkurs zur Entwicklungspsychopathologie der ADHS
Risikofaktor Jugendalter
Risikofaktor Fahranfänger
Risikofaktor ADHS
Prävention & gesundheitsbezogene
Maßnahmen
Therapiemaßnahmen
Angebote
« Ich bin kein Kind mehr!!! »
und muss doch noch so vieles mühsam lernen:
ƒ meinen Körper zu bewohnen
ƒ mit meiner Sexualität umzugehen
ƒ soziale Beziehungen neu oder anders zu
gestalten (Ref./Stütze: Peers/Erwachsene, soziale Erfolge?)
ƒ unabhängig von Eltern zu werden – trotz
verlängerter finanzieller Abhängigkeit
ƒ selbst Leistungsbereitschaft aufzubauen
ƒ mein Gehirn und meine Möglichkeiten
konstruktiv zu nutzen (Berufswahl, Bildung, Identität, Eigenverantwortlichkeit, Leistungserfolge, Umgang m. Medien & Konsum)
0. « Jugendalter »
Diskontinuierlicher Verwandlungsprozess!
Entwicklungsverständnis:
J. wirken aktiv mit, innerhalb genetisch u. kulturell
vorfindbarer, aber veränderbarer Optionen!
Entwicklungsveränderungen:
sind probabilistischer Natur, wegen Variation im
Timing biologischer, psychologischer u. kontextueller Faktoren! (komplexe Verflechtungen)
Entwicklungsaufgaben &
Krisen im JA
Entwicklungsaufgaben (siehe: « Ich bin doch kein Kind
mehr! ») stellen interne & externe Anforderungen
dar, die im Verlauf einer bestimmten Lebensphase
zu bewältigen sind, nämlich aufgrund der
1. biologisch-körperlichen Reifung
2. gesellschaftlichen Erwartungen (historischkulturelle Relativität)
3. Zielsetzungen u. Werte der Person
N.B.: Erfolgreiche Bewältigung => persönliche
Zufriedenheit & Glück; nicht erfolgreiche =>
Unzufriedenheit & sozialer Druck
2 Kategorien von Risikoentwicklungen:
1. Die Individuation ist gefährdet, wenn J.
sich selbst ablehnen & ihre Entw.potenziale nicht produktiv erweitern
2. Die soziale Integration ist gefährdet,
wenn J. ihre sozialen Beziehungen
nicht gestalten, sondern stören oder
gar andere schädigen
« Existenzielle » Fragen im JA
Wie sehe ich mich?
Wie sehe ich die anderen?
Wie sehen mich die anderen?
Wie sehe ich die Welt – bes. wo sehe ich
meinen Platz in ihr?
Wie sehe ich meine Zukunft?
N.B.: Werden diese Fragen chronisch negativ
beantwortet, riskiert der Jugendliche
ernsthafte psychische Probleme
Exkurs:
Entwicklungspsychopathologie
der ADHS
Säuglingsalter:
Regulationsstörungen, Interaktions- &
BeziehungsBindungs-störungen
(Passungsprobleme!)
Vorschulalter:
Probleme in der Gruppe, feinmotorische
Schwierigkeiten, Verzögerungen der Blasenund Mastdarmkontrolle, opposit. Verhalten
Schulalter:
Niedriges Selbstbewusstsein, Lernschwierigkeiten, Verhaltensprobleme, soziale
Ungeschicklichkeit, impulsives Verhalten,
hohe Unfallhäufigkeit
Adoleszenz:
Schulprobleme, schwere berufliche
Integration, Substanzmissbrauch, ungewollte
Schwangerschaft, Suizidversuche,
Stimmungslabilität, komplexere
Lernprobleme, Demotivation, hohe
Unfallhäufigkeit
Nach ADHS-Netzwerkstudie
« Persönlichkeitsstörungen im Erwachsenenalter »:
40,7% Zwanghafte PS.
37,1% Antisoziale PS.
35,7% Borderline PS.
27,1% Selbstunsichere PS.
20,0% Paranoide PS.
15,7% Dependente PS.
15,7% Narzisstische PS.
14,3% Histrionische PS.
u.a.m. bei N=156 mittels SKID-II
N.B.: Altersrelativierte Gewichtung der
drei Kernsymptome bis hin zum
Erwachsenenalter
Aufmerksamkeitsstörung:
Erhöhte Impulsivität /
++
mangelnde Inhibition:
=> evt. Persönlichkeitsstörung
+
Hyperaktivität:
(+)
/ mangelnde Selbstregulation:
+
=> Diagnose bei Erwachsenen:
Störung der willentlichen Fokussierung der
Aufmerksamkeit
plus Gefühl innerer Unruhe resp. motor.
Hyperaktivität
plus Kriterien mangelnder Selbstregulation
(betr. Affektkontrolle/-labilität, desorganisiertes Verhalten, Impulsivität, emot.
Übererregbarkeit)
=> Differenzialdiagnostik!
« Verflechtungen »
=> ein negativer Entwicklungsverlauf
I. Risikofaktor Jugendalter
A. Risikoverhalten als Folge kognitiver
Defizite in Adoleszenz
Egozentrismus; Selbstüberschätzung,
Illusion der Unverwundbarkeit,
Projektionen, Publikumswirksamkeit
B. Risikoverhalten als Informationsverarbeitungsdefizit
Betrifft Entscheidungsfindung:
Optionen und Konsequenzen
(Langzeitfolgen! z.B. Schwangerschaftsverhütung, Verkehrsrisiken)
Wünschbarkeit versus
Wahrscheinlichkeit derselben
Synthese => Entscheidung
Risikoschub in Gruppen
C. Risikoverhalten als Folge unzureichender
Affektregulation
Affektive Zustände beeinflussen die
Risikoeinschätzung & das Risikoverhalten
Betrifft z.B. die Risikosituationen: rauchen,
Alkohol trinken, zu einem angetrunkenen
Fahrer ins Auto steigen
Alterskorrelierte Impulsivitätsunterschiede
scheinen diesem Muster zugrunde zu
liegen.
D. Risikoverhalten als Folge genetischer &
neurobio-psychologischer Prozesse
Sensations-/Reizsuche & Frontalhirnumbau
im Jugendalter (MRT):
Reizsuchetendenz bis zu 60% genetisch
verankert; höchste Werte mit 16 Jahren
Maximale Skalenwerte bei Jungen
« Jugendlicher Leichtsinn »; in Relation zu
Kognition, Affekt, Sozialisationskontext &
Leistungskomponenten
Wenig Mitgefühl / Einfühlung
Baustelle Frontalhirn: Bis 12/14 J.
wächst Vorderhirn um dann während
des ganzen Jugendalters volumenmäßig abzunehmen, nämlich
durch Stärkung von häufig genutzten
Nervenverbindungen & das Absterben
selten genutzter.
Dadurch wird die Verarbeitungsaktivität
im Frontalhirn effizienter & fokussierter.
Außerdem übernimmt Frontalhirn eine
zunehmende Kontrolle über die
Aktivität in anderen Hirnregionen.
Erwachsenes Frontalhirn ist u.a.
zuständig für Verhaltensplanung,
Entscheidungsfindung, Impulskontrolle,
Risikoeinschätzung, …
Erfahrungen während der Umformungsphase des FH und die daraus
resultierenden Anpassungsleistungen
sind weit über das Jugendalter hinaus
verhaltenssteuernd.
Evolutionärer Nutzen der « unreifen »
Verhaltenstendenzen: leichteres
Verlassen der Familie; neue Erfahrungen
ermöglichen => Zukunftsvorbereitung
Die mangelnde Voraussicht der
Konsequenzen eigenen Verhaltens ist
durch Erfahrungsmangel mitbedingt.
Erst durch eigene Erfahrungen lernen
Jugendliche, die Konsequenzen ihres
Verhaltens und damit auch die Risiken
realistischer einzuschätzen.
N.B.:
ADHS-Betroffene brauchen vermehrte
Erfahrungen & lernen sehr viel
langsamer aus den Folgen ihres
Verhaltens!!!
Die Entscheidungen von Jugendlichen
beruhen eher auf der Erwartung einer
kurzfristigen Belohnung als auf der
Erwartung langfristiger Vorteile.
Das liegt an der Hyperaktivität des
Belohnungssystems im jugendlichen
Gehirn;
J. sprechen sensibler auf Belohnungsreize an, speziell auf neue (B.-)Reize.
N.B.
Diese Tendenzen sind bei vielen ADHSlern extrem ausgeprägt!!!
Jugend und Unfallrisiko
Autounfälle sind neben Suiziden die
häufigste Todesursache in der Adoleszenz
und im jungen Erwachsenenalter
WHO-Report on Youth and Road Savety,
2007: Weltweit werden jährlich 400.000
junge Leute in Verkehrsunfällen getötet,
also fast 1.100 täglich!
Jugendliche und Erwachsene mit ADHS
verursachen bis zu 4 mal häufiger
Verkehrsunfälle als « gesunde »
Altersgenossen.
Verbindung von Jugendlichkeitsrisiko &
Verkehrsverhalten am Beispiel:
Frühmorgendliches Nachhausedüsen zu mehreren
im Auto bei offenen Fenstern und voll aufgedrehten
Lautsprechern …
Frage: Ist das wirklich typisch & spezifisch fürs
Jugendalter, d.h. bei allen Jugendlichen so
und nicht in anderen Altersgruppen?
Tatsache: 20% / 26% aller Hauptversursacher
von tödlichen V.unfällen in D./L.(2008) sind
zwischen 18 und 25!
=> Trotzdem nach Jugendforscher Mienert (2003):
Streben nach Risiko und Stimulation im Leben
allgemein = größer als im Verkehr!
Verkehrsbezogene Risikobereitschaft
deutscher Jugendlicher ist deutlich niedriger!
Allerdings signifikanter
Geschlechterunterschied!!!
Junge Männer finden trotzdem ein Fahren
ohne gefährliche Situationen langweiliger als
junge Frauen.
Und sie lehnen Verkehrsregeln in konkreten
Situationen eher ab
Hier: Jungen wie Väter; Mädchen wie Mütter
Von einigen (15%) der Jugendlichen
werden risikoreiche verkehrsbezogene
Einstellungen in die Automobilität mit
eingebracht; diese betonen Symbol- oder
Statusfunktion des Führerscheins
Potenziell risikoreiche J. sind im Vgl. zu
« Vorsichtigen » und « Ausgewogenen »
tendenziell männlich, macht- & gruppenorientierter, weniger bildungsbürgerlich,
gewaltbereiter, maskuliner, weniger offen
für neue Erfahrungen; sie akzeptieren
ungern Beschränkungen sowie elektron.
Kontroll-/Assistenzsysteme
Das Jugendlichenrisiko droht also definitiv:
Bei einer intensiven emotionalen
Autobindung/Motorradbindung mit den
Extramotiven Imponieren, Fahrspaß,
Fahrzeugleistung
Bei einer erhöhten verkehrsbezogenen
Risikobereitschaft
Bei einer geringeren Akzeptanz von
Verkehrsregeln in konkreten Situationen
(z.B. Geschwindigkeitskontrollen)
II. Risikofaktor Fahranfänger
Übergang in die Automobilität, mit
Führerscheinerwerb
Ab 16 für Jungen u. Mädchen eine
attraktive, aber gefährliche
Entwicklungsaufgabe?!?
Auto-mobil = selbst-mobil = erwachsen!
(aktuelles Übergangsritual & Symbol &
Selbststärkung)
Prinzipiell ist der junge Führerscheininhaber
4 Risiken ausgesetzt:
1. Einem situativen oder gewohnheitstypischen Risiko (Diskofahrt, Nachtfahrt
über Land, Schlafdefizit),
2. dem jugendspezifischen Risikoverhalten
(siehe vorher) ,
3. dem Anfängerrisiko und
4. bestimmten Fahrmotiven, die von ihm
selbst oder der Gruppe stammen (Spaß,
Rivalität, Fehlkompensation, …)
Anfängerrisiko (> 9 Monate lang nach F.scheinerwerb):
Mangelnde Fahrpraxis & Fahrerfahrung
(sehr langsamer Erfahrungsaufbau),
kritische Überforderung, willentlich kaum
beeinflussbar (z.B. Probleme bei gleichzeitig zu bewältigenden Aufgaben in
komplexen Situationen)
Altersunabhängigkeit
Defizite der Fahrzeugbeherrschung (im Vgl.
zu erfahrenen Kraftfahrern)
Defizite der Fahrzeugbeherrschung
betreffen:
- Aufmerksamkeitssteuerung (d.h. Wichtiges
von Unwichtigem unterscheiden, größere
Ablenkbarkeit)
- Gefahrenwahrnehmung (langsamer, geringere
Zuverlässigkeit),
- Fehlende Automatismen (Ressourcen der
Infoverarbeitung werden gebunden)
- Überschätzung der eigenen Fähigkeiten &
Unterschätzung des Risikos
Häufige Fehler:
Unangepasste Geschwindigkeit
Nichtbeachten der Vorfahrt /des Vorrangs
Zu geringer Sicherheitsabstand
Falsches Abbiegen und Wenden
Unangemessenes Überholen
Fahren unter Alkohol- & Drogeneinfluss
N.B. Ein Jahr Fahrpraxis halbiert das erhöhte
Unfallrisiko junger Fahrer!
N.B.:
Fahrunerfahrenheit + Alkohol erhöhen das
Unfallrisiko beträchtlich
Alkohol beeinflusst Fahrtüchtigkeit negativ
und verstärkt gefährliche Fahrmotive
Bereits bei BAK-Werten < 0,3 Promille
besteht bei jüngsten Fahranfängern ein
deutlich erhöhtes Unfallrisiko; bei 0,1 g/l =
doppelt so hoch wie für die 21- bis 24Jährigen.
Zur Vorbeugung/Risikoreduktion:
Positives Erwachsenenmodell (Vorlebe-, «Vorfahr »-Funktion)!
Null-Promille; Drogen absolut tabu!
Begleitetes Fahren / Conduite accompagnée
ab 17 (Begleiter gewährt protektiven Rahmen; betr.
Gefahrenexposition, kognitive & emotionale Entlastung)
Frühzeitige Teilnahme am obligatorischen CFCKurs in Colmar-Berg
(ab 3 Monaten nach Führerscheinerhalt. Hier: Infos & Übungen zur
Risikoerkennung und -vermeidung!)
Die zunehmende Fahrerfahrung
+ verbessert die Fähigkeit, frühzeitig
Gefahrensituationen zu erkennen;
+ sie verbessert die Bedienung des Fahrzeugs &
reduziert die durch mangelhafte Bedienung
hervorgerufene Fehlerrate;
+ sie verbessert die Interaktion zwischen
Verkehrsteilnehmern
III. Risikofaktor ADHS
ADHS ist eine neurobiologische
Variante der Gehirnentwicklung mit
hoher genetischer Übertragung in
den Familien und mit erheblichen
psychosozialen Konsequenzen für
den Einzelnen, sein Umfeld und für
die Gesellschaft
ADHS => störungsbedingtes Risiko bei
Jugendlichen und Erwachsenen wegen
der Defizite im Bereich der Exekutivfunktionen (EF) und der Selbstkontrolle
(Impulskontrolle)
ADHS = straßenverkehrsrelevante Störung,
weil sie mit erhöhtem Risiko für Verkehrsauffälligkeiten und Verkehrsunfällen
einhergeht
Die Funktionen der Selbststeuerung sowie
die Entwicklung von Verhaltenskontrolle
werden auch im Straßenverkehr benötigt.
Schwer oder eindeutig ADHS-Betroffene
zeigen beim Lenken eines Fahrzeugs eine
Reihe von Defiziten und begehen deutlich
mehr Fahrfehler, -unabhängig vom
Geschlecht!
(laut rezenten europäischen, amerikanischen &
australischen/neuseeländ. Studien; 2000-2008)
Fahrfehler & Delikte bei ADHS vs. Kontrollgruppen:
Größere Unaufmerksamkeit u. Konz.mängel
Eingeschränkte Impulskontrolle
Mehr falsche Alarme und Reaktionen
Schwächer bei Lenkmanövern u.
Bremsmanövern
Besonders schlechte Fahrleistungen unter
Alkohol
Verzögertes Bremsen; langsame
Reaktionszeiten u. R.zeitschwankungen
Weniger Fahrsicherheitsgewohnheiten (Spiegel/Schulterblick, Blinkerbetätigung, …)
Langsamere Anpassung an Fahrsituationen
Häufigeres expansives, aggressives,
risikoreiches u. unsicheres Fahrverhalten
Nutzen Fahren, um Ärger abzubauen
Häufiger gebührenpflichtige Verwarnungen
Illegale Fahrten (früh ohne Führerschein, später trotz
Sperre also Fahren ohne Fahrerlaubnis)
Häufiger Fahren unter Alkoholeinfluss
Häufiger Fahrerlaubnissperren &
Führerscheinentzüge
Häufiger wegen Geschwindigkeitsübertretungen vor Gericht
Unfälle bei ADHS
im Vgl. zu Kontrollgruppen:
Häufiger in Unfälle verwickelt
Häufiger Unfälle verschuldet :
40% gegenüber 9% mehr als 2;
26% gegenüber 6% mehr als 3 Unfälle)
Schlimmere Unfälle (Kosten & Verletzungen)
Offene Frage:
Wie viele der häufigen Verkehrsunfälle 18- bis 30jähriger (resp. bis 40.-j.) Fahrer stehen in
Verbindung mit nicht diagnostizierter &
unbehandelter ADHS?
Zur Vorbeugung / Risikoreduktion:
Lang wirksame Methylphenidat-Formulierung
hilft Fahrern mit diagnostizierter ADHS am
besten!
Belege:
Signifikant weniger Fahrfehler im Simulator
wie auf der Straße (Fahraudit) & zu
verschiedenen Tageszeiten bis vor
Mitternacht
Signifikante Verbesserung der Lenkmanöver
& bei der Regulation der Fahrgeschwindigkeit
N.B.
Bei missbräuchlicher Einnahme konnte bei
Gesunden/Nicht ADHS-lern ein negativer
Effekt der Amphetamine auf das
Fahrverhalten/die Fahrsicherheit belegt
werden.
Bei Atomoxetin statt Methylphenidat entfällt
der Missbrauchseffekt bei Nicht-ADHS-lern;
Atomoxetin scheint bei vielen Erwachsenen
mit ADHS ebenfalls gut zu wirken (2. Wahl).
Deutsche Pilotstudie von 2006 (n. Sobanski u.a.) mit
27 ADHS-Patienten (34;3 J;M & 59% männlich):
Alle Patienten wiesen signifikant höhere
Fahrleistung pro Jahr auf.
Alle beschreiben eigenen Fahrstil als hektischer,
angespannter & unsicherer als Kontrollpersonen.
ADHS-Gruppe hatte doppelt so viele Unfälle & war
dreimal häufiger bei Verkehrsbehörden registriert.
Hochrisikogruppe mit bis zu 6 Unfällen pro Person
im Jahr.
Zwei Patienten erfüllten nicht die neuropsychologischen Mindestleistungen zur Teilnahme am
Straßenverkehr.
Die 6-wöchige überwachte Behandlung mit
Methylphenidat führte zu
einer signifikanten Verbesserung
fahreignungsrelevanter neuropsych.
Leistungsparameter, insbes. einer
Verbesserung der visuellen Orientierung &
des Reaktionsvermögens.
Die zwei Verkehrsuntauglichen erfüllten die
Mindestanforderungen unter Methylphenidat.
Resultate mittlerweile bestätigt durch
erweiterte Studie mit 118 Patienten.
ADHS-Gipfel in Hamburg, 2009:
Neueste Empfehlungen
(n. Prof. Dr. J.M. Fegert; Uniklinikum Ulm)
Ausführliche Aufklärung der ADHS-Betroffenen
über ihr Störungsbild
Erläuterung über Bedeutung für (motorisierte)
Teilnahme am Straßenverkehr; einschl.: «Wie
verhalte ich mich im Falle eines Unfalls?»
Deutliche Warnungen bei Aufmerksamkeitsstörungen (oft verkannt; aber neuropsychologisches Testing deckt Hochrisikofahrer auf),
was Berufswahl (z.B. Berufskraftfahrer) anbelangt
Deutliche Hinweise auf Verantwortung für
ausreichende Medikation (mögliche
Reboundphänomene beachten)
MPH-Retardpräparate sind besser als kurz
wirksame
Bei Erwachsenen evt. Umstellung auf
Atomoxetin
Handschaltung fördert Aufmerksamkeit und
steigert Fahrsicherheit
Spezialisierte Fahrtrainings für Jugendliche mit
ADHS (Duke Univ. North Carolina)
!
Erhöhte Fahr-/
Verkehrssicherheit
unter geeigneter ADHSspezifischer Medikation
gilt als gesichert!
FAZIT zu jungen Menschen mit
ADHS
Im Falle von ADHS verschärfen
besonders die Stör. der automatisierten,
nicht willentlichen Selbstregulation von
Aufmerksamkeit, Affekten & Motivation,
des planerischen & problemlösenden
Denkens & der automatisierten
Verhaltenshemmung die Folgen
entwicklungsbedingter Umbrüche der
Adoleszenz!
In der Phase der hirnorganischen Reorganisation,
die ja eigentlich zur Individuation führen sollte,
laufen ADHS-Betroffene ein erhöhtes Risiko
(= zusätzlich erhöhte Vulnerabilität durch ADHS),
weitere seelische Störungen zu entwickeln &
sie erreichen die Phase der Stabilisierung mit
Verspätung, zwischen 25 & 30 statt mit 21 bis 25 J.!
Uebrigens: Die Schwere der Symptome mit 21 Jahren
& der dann erreichte Bildungsgrad sagen den
Entwicklungsausgang am besten voraus –
unabhängig von vorherigen Komplikationen!
IV. Weiterführende Infos zu:
Prävention &
gesundheitsbezogenen
Maßnahmen
Therapiemaßnahmen sowie
konkreten Angeboten
Vulnerabilität reduzieren
(« Verletzbarkeit » = indiv. Bereitschaft, unter
Risikobed. einen negat. Entw.verlauf einzuschlagen)
Ressourcen aktivieren
(benötigte innere & äußere Potenziale, die gesunde Entwicklung
unterstützen & pathogene Zustände/Belastungen bewältigen helfen)
Resilienz aufbauen
(« Widerstandsfähigkeit » = Fähigkeit, Lebensumstände auch unter
Risikobedingungen in positiver Weise zu meistern, also
Lebensaufgaben trotz widriger Umstände mit angemessenen
Bewältigungskompetenzen erfolgreich anzugehen)
Was Jugendliche stärkt
n. Fuhrer (2007):
Personen im weiteren Familienumfeld, die sie
achten;
zumindest 1 Person, zu der sie eine stabile
emotionale Beziehung haben, die geduldig
tröstet, konsequent glaubwürdige Werte vertritt,
stets nach Kräften Hilfe zur Selbsthilfe leistet
Ein stabiles Netzwerk, bei dessen Mitgliedern
sie Trost & Unterstützung holen können
Einen Haushalt mit klaren Strukturen & Regeln
Ein männliches Identifikationsmodell für
Jungen & eine weibliche Fürsorgeperson für
Mädchen, die tatsächlich für die J.n da sind.
Ein angenehmes Temperament, Intelligenz,
Aufgeschlossenheit & eine positive Wirkung
auf die Umwelt
Positive Lebens- & realistische
Zukunftsperspektiven
Eltern, die ihnen mit emotionaler Wärme &
Unterstützung begegnen & ihnen klare, aber
flexible Grenzen setzen sowie ihre Autonomie
fördern
Was gesund macht
& erhält (SAR-Modell)
Der Gesundheitszustand einer Person hängt
u.a. davon ab, wie gut es dieser gelingt,
externe (Arbeit, Schule, Ausbildung, Partnerschaft,
Freundeskreis, Familie, …) und interne (Angeborene
Bedürfnisse & erworbene Sollwerte) Anforderungen
mithilfe externer & interner Ressourcen zu
bewältigen!
Riskantes Gesundheits- &
Bewältigungsverhalten
Bei einem riskanten G.- & B.-verhalten wie z.B.
Rauchen, Rasen, Promiskuität, Delinquenz
oder Missbrauch von Alkohol usw. handelt es
sich um Versuche der Bewältigung interner &
externer Anforderungen & vor allem der
Spannungsreduktion
– leider mit unadäquaten Mitteln.
Gesundheitsbezogene
Maßnahmen
GBM verbessern die Voraussetzungen
von Einzelpersonen oder Gruppen zur
Bewältigung interner & externer
(psychischer & physischer) Anforderungen
mithilfe externer & interner (psychischer &
physischer) Ressourcen
ADHS-Therapiemaßnahmen
… zur Behandlung der ADHS-Symptome
und der Komorbiditäten
Psychoedukation & Coaching
Psychotherapie
Pharmakotherapie
… mit Unterstützung von Selbsthilfegruppen
(z.B. SPONTAN ADD a.s.b.l.) und Angehörigen
Treff-ADHS
Neues Zentrum in
STRASSEN (Schulcampus)
www.treffadhs.lu
Tel.: 26 78 72 91 oder 661 25 95 98
Treff-ADHS
ist leicht zugänglich für jeden, der sich
einfach nur informieren möchte (unter f)
bietet auf Wunsch Hilfestellung und
Begleitung in mehreren Etappen (unter a-e)
wird geführt von Fachleuten der A.s.b.l.
Treffpunkt A.D.H.S. (Luxemburger
Dachverband sowie Netzwerk &
Expertengremium)
(a) Bereitschaftsdienst
am Telefon (für alle Informationen und
Nachfragen zum Thema ADHS) und vor Ort
(Anlaufstelle)
offen für spontan berichtete Probleme von
Eltern, Lehrpersonen, Erziehern, betroffenen
Jugendlichen u. Erwachsenen
offen für « Ueberweisungen » von schulischen
(SGE, CPOS & SPOS, SCAP), sozialen und
medizinischen Beratungs- und Förderstellen
oder Ärzten mit/ohne vorliegender
Vordiagnostik oder ADHS-Screening
erstes Screeninginterview am Telefon oder
im Treff-ADHS; Selektion für weitere
Diagnostik oder Weiterleitung an andere
Fachleute
Termine für Eingangsdiagnostik, weitere
Diagnostik oder Interventionen im TreffADHS bei unseren Spezialisten oder
Kontakt-/Terminvermittlung mit kooperierenden Diensten, Instituten, Ärzten, …
(b) Eingangsdiagnostik
ADHS-spezifische multimodale (kognitive,
emotionale, aktionale, physiologische Ebene)
und multimethodale (klinisches Eltern/Lehrer-/ Selbsturteil; Beobachtung,
Testleistung) Diagnostik mit Kindern,
Jugendlichen und Erwachsenen (Exploration,
Fragebögen, Tests, …)
Differenzialdiagnostik =>
Störungen mit oppositionellem Trotzverhalten
Störungen des Sozialverhaltens
Affektstörungen (Depression oder Manie)
Ticstörungen (einschl. Tourette-Störung)
Störungen im Zusammenhang mit psychotropen
Substanzen
6. Umschriebene Entwicklungsstörungen
7. Tiefgreifende Entwicklungsstörungen
8. Lernbehinderung oder intellektuelle Behinderung
9. Angststörungen
10. Persönlichkeitsstörungen
11. Schizophrenie
12. PTSD
1.
2.
3.
4.
5.
(c) Weiterführende Diagnostik
für Psychoedukation, Beratung/Coaching,
Verhaltenspsychotherapie sowie
Indikationsstellung für multimodale
Interventionen, Fallkonzepterstellung;
organische D.; neuropsychologische D.,
Intelligenz- & Leistungs-Diagnostik, evt.
Familien-/Paar-diagnostik, Erziehungsdiagn.;
Differenzialdiagnostik in Zusammenarbeit mit
Fachärzten; Indikationsstellung für
Medikamente nur durch Fachärzte.
(d) Fachliche Interventionen
ADHS-spezifische Interventionen im Einzelsetting, Familien- oder Gruppensetting im
Treff-ADHS oder bei resp. in Zusammenarbeit mit kooperierenden Diensten/Instituten
(SCAP, SDIP, IPG/LGIPA) resp. in Schulklassen oder Familien
Komorbiditäten nicht vergessen: Lernstörungen,
Asperger, Tics, Zwang, Tourette, SSV, Sucht,
Persönlichkeitsstör., bes. impulsive & emotional.-instabile,
Angstst., affektive St., Restless leg, Bulimie, PTSD, …
(e) Verlaufskontrollen
Feedback-inputs, Dokumentation,
prozessorientierte Diagnostik, adaptive
Indikationsstellung
Feedback-outputs nach Einverständniserklärung durch Betroffene (z.B. an
Auftraggeber/ Überweiser, - natürlich unter
Wahrung der Datenschutzbestimmungen)
(f) Dokumentationszentrum
Fachbibliothek, internationale
wissenschaftliche Arbeiten, Ratgeber,
elektronische Dokumente
myschool …, BNL/bibinet …
Leseecke
Konferenzen, Fortbildungen, Seminare
(national/international)
Netzwerk: national und international
Literatur zu Gruppenkonzepten
Hesslinger B., Philipsen A. & Richter H.
(2004): Psychotherapie der ADHS im
Erwachsenenalter Ein Arbeitsbuch. Göttingen:
Hogrefe.
D’Amelio R., Retz W., Philipsen A. & Rösler
M. (2008). Psychoedukation und Coaching bei
ADHS im Erwachsenenalter. München:
Elsevier.
Lauth, G.W. &
Minsel, W.R. (2009)
ADHS bei
Erwachsenen.
Göttingen: Hogrefe
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