Die Orchidee des Jahres 2017

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Die Orchidee des Jahres 2017
21.05.05
Weißes Waldvöglein Cephalanthera damasonium
© AHO Thüringen e.V.
erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
© AHO Thüringen e.V.
erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Namensgebung (wissenschaftlich, deutsch)
„Cephalanthera“
„kephale“ (griech.) = Kopf, „anthos“ (griech.) = Blüte, Staubblatt
1818 aufgestellt von L. C. M. RICHARD (franz. Botaniker, 1754-1821)
„damasonium“ (griech.): Pflanzen rel. unbestimmter Herkunft
sehr alter Volksname jener Zeit: „Krötenkraut“
Erwähnung bereits in ersten Kräuterbüchern des 16. – 18. Jh.
(z.B. THAL 1588, RUPP 1718, HALLER 1745)
„Waldvöglein“ („Waldvögelein“)
heute Volksname der Gattung in allen deutschsprachigen Ländern
früher: Kopfstendel, Kopfkölbchen, Kopfbeutel, Rundbeutel,
Zymbelblume, Orant
umstritten: Weißes – Bleiches – Breitblättriges Waldvöglein
Die Orchidee des Jahres 2017
Gattung
Cephalanthera RICH. (Waldvöglein)
Typus: Cephalanthera damasonium (MILL.)DRUCE
erst spät veröffentlicht in
Ann. Scott. Nat. Hist. 60: 255 (1906)
Verbreitung:
eurasiatisch, nordafrikanisch, nordamerikanisch
Europa: Süd-Skandinavien (Schweden) über fast
ganz Europa bis Vorderasien, Kaukasien, Kasp. Meer
18 Arten
(nach aktuellen systematischen Auffassungen)
in Amerika nur 1 mykotrophe Sippe C. austinae
(Phantom- Snow-Orchid)
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erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Arten in Deutschland
C. damasonium (MILL.) DRUCE
(Weißes Waldvöglein)
RL: – (D), 1 (1 Bundesland), 2 (3), – (8)
C. longifolia (L.) FRITSCH
(Schwertblättriges Waldvöglein)
RL: V (D), 0 (1), 1 (2), 2 (3), 3 (4), 4 (1), – (1)
C. rubra (L.) FRITSCH
(Rotes Waldvöglein)
RL: – (D), 0 (1), 2 (4), 3 (3), 4 (1), – (2), ohne (1)
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erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Habitus der Waldvöglein-Arten in Deutschland
27.05.88
© AHO Thüringen e.V.
27.05.15
20.06.04
erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Verbreitung der Cephalanthera-Arten in Deutschland (2004)
Cephalanthera damasonium
Cephalanthera longifolia
Cephalanthera rubra
C. damasonium ist die häufigste und am wenigsten gefährdete
Waldvöglein-Art in Deutschland
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erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Aktuelle Verbreitung von
C. damasonium in Deutschland
vor 1900
1900 - 1949
1950 - 1999
ab 2000
Gefährdung
ungefährdet
stark gefährdet
vom Aussterben
bedroht
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erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Austrieb und Größe
Austrieb im Frühjahr
reich verzweigtes, fast waagerecht verlaufendes, unterirdisches Rhizom,
meist reich bewurzelt
aus dem Rhizom können mehrere Adventivsprosse gebildet werden,
dadurch Büschel mit bis zu 11 Austrieben möglich
Pflanzenhöhe: bis etwa 60 cm; bei Erstblühern oder in extremen
Trockenzeiten nur um 10 cm und wenigblütig (1-2)
im endständigen, traubigen Blütenstand: (1) 2-15 (20) Einzelblüten,
abhängig von Pflanzenalter und Wetterverlauf
Blütezeit: Mitte Mai – Ende Juni (bei kühlerem Wetter bzw. in
Hochlagen bis in den Juli, auch bei Frühjahrs-Trockenheit später);
1-2 Wochen später als C. longifolia und 2-3 Wochen vor C. rubra
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Die Orchidee des Jahres 2017
Morphologie
an Hand historischer Abbildungen
rechts:
H. MÜLLER,
1900
links:
älteste bekannte
Abbildung aus
Thüringen
H. J. TIEMEROTH,
1734
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erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Ernährungsweise
wird heute intermediär gedeutet, d.h.
zwischen rein grünen, unabhängig von Pilzen ernährenden Orchideen
wie Cypripedium (Frauenschuh)
und rein mykoheterotrophen, lebenslang auf Pilze angewiesenen Arten
wie Corallorhiza (Korallenwurz);
s. TRANCHIDA-LOMBARDO, V. et al. (2010)
dies wird als Mixotrophie (oder partielle Mykoheterotrophie) bezeichnet,
erlaubt eine flexible Ernährung je nach Vorkommen;
Bedeutung alter Waldbäume mit ihrer Mykorrhiza für ein gesichertes
und reiches Vorkommen solch weitverbreiteter Wald-Orchideen
in jüngster Zeit auch für einige Epipactis-Arten bestätigt
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erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Vom Austrieb zur Blüte
austreibend-knospend
19.05.05
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knospend
23.05.98
Hochblüte
06.06.10
erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Blüten
die resupinierten Blüten werden von 5 gleichmäßig weiß bis elfenbein
farbigen und sich ähnelnden Kronblättern bestimmt, von denen sich nur
die zweigliedrige, schwach kürzere, oberseits goldgelbe Lippe abhebt
Lippe: gegliedert in einen bauchig erweiterten, hinteren Abschnitt
(Hypochil) mit 2 sichelförmigen Lappen und einen vorderen, dreieckigherzförmigen, mit drei Leisten ausgestatteten Abschnitt (Epichil)
kein Sporn vorhanden
Blüten bleiben meist ± geschlossen,
Blütenöffnung vermutlich klimatisch gesteuert:
- bei Sonnenschein teilweise weite Öffnung,
- bei höheren Temperaturen mitunter
auffällige schwach bis intensivere Gelbfärbung
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Die Orchidee des Jahres 2017
Blüten-Morphologie
21.05.05
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18.05.07
erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Pollen
vor dem Aufblühen öffnet sich im Inneren
die Anthere
kein Nektar vorhanden, aber Schleim
in diesen fallen die ungestielten PollenAggregationen, die sehr selten etwas fädig
verbunden sind
meist Zerfall in Einzelgebilde
dadurch hohe Fruchtrate
(im Gegensatz zu Cephalanthera longifolia)
21.05.05
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erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Pollen
500x
Oberseite
2.500x
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493x
Unterseite
4.000x
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Die Orchidee des Jahres 2017
Früchte und Samen
Fruchtansatz relativ hoch
(meist bei 80% und darüber),
hohe Autogamie-Rate
aufrecht bis schwach abstehende
Kapselfrüchte, 2½ - 3 cm groß,
deutlich größer als bei den
anderen beiden heimischen
Arten
Früchte mit 3 auffälligen Kanten,
entsprechen den Verwachsungsnähten der 3 Fruchtblätter
20.09.09
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21.11.09
erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Samen
Samen zahlreich, winzig:
0,8 – 1,1 mm lang,
0,15 – 0,25 mm breit
oval-länglich mit einem
rötlich-braunen, mittig
liegenden Embryo
ohne Endosperm
vom Wind verbreitet
(= Windstreuer)
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1,00 mm
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Die Orchidee des Jahres 2017
Variabilität und Norm-Abweichungen
Variabilität nicht sehr hoch
betrifft meist nur Höhe der
Pflanzen sowie Blütenanzahl
und -färbung
seltene Abweichungen:
- geteilte Blütenstände,
- Albinos,
- verwachsene Doppelblüten,
- Doppellippen,
- neben der Lippe 6 Kronblätter,
- panaschierte Blätter
25.05.12
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erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Variabilität und Norm-Abweichungen
08.06.12
chlorotische Pflanze
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05.06.14
20.05.98
creme-farbige Blüten
panaschierte Blätter
erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Variabilität und Norm-Abweichungen
30.05.11
Doppel-Lippe
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19.05.11
fehlende Resupination
erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Bestäubung und Hybriden
Art oft als instruktives Beispiel für Selbstbestäubung (Autogamie) genannt
Bestäubung in der Knospe (Kleistogamie) möglich
Fremdbestäubung nicht auszuschließen
(nicht häufige) Hybriden mit den beiden anderen heimischen Arten
Beschriebene Hybriden:
Cephalanthera ×schulzei E.G.CAMUS, BERGON & A.CAMUS
C. damasonium × C. longifolia
Cephalanthera ×mayeri (E.MAYER & ZIMMERM.) A.CAMUS
in E.G.CAMUS & A.CAMUS
C. damasonium × C. rubra
Cephalanthera ×otto-hechtii G.KELLER
C. longifolia × C. rubra
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Die Orchidee des Jahres 2017
Interspezifische Hybriden
01.06.14
Cephalanthera longifolia
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01.06.14
22.05.11
C. damasonium × C. longifolia
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Die Orchidee des Jahres 2017
Interspezifische Hybriden
23.05.15
23.05.15
Cephalanthera damasonium × C. longifolia
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Cephalanthera longifolia
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Die Orchidee des Jahres 2017
Interspezifische Hybriden
11.06.11
11.06.11
16.06.02
Cephalanthera damasonium × C. rubra
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Die Orchidee des Jahres 2017
Interspezifische Hybriden
02.06.00
02.06.00
© AHO Thüringen e.V.
Cephalanthera longifolia × C. rubra
erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Lebensräume
besiedelt vorrangig lichte Buchen-, Buchen-Hainbuchen-,
seltener Eichen-Hainbuchen-Wälder
auch Kiefern-, Fichten- und Tannen-Forste bzw. –Wälder
dabei kommt der Art der geringere Lichtbedarf gegenüber
manchen anderen Orchideenarten zu Gute
tritt vorrangig auf Kalk- und Zechstein auf
toleriert aber auch noch neutrale bis mäßig saure Böden
(Löß, Lößlehm), meidet dagegen stark saure.
Dies erklärt ihre Seltenheit in Nord- und Nordost-Deutschland
sowie in manchen Mittelgebirgen bis in den Alpen
Höhenverbreitung endet bei 900-1000 m ü. NHN
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erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Lebensräume
01.06.09
24.05.08
Kalk-Orchideen-Buchenwald
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erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Lebensräume
Nadel-Mischwald
Fichtenforst über Kalk
01.06.08
19.06.10
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erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Lebensräume
Gebüschsaum
25.05.08
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Kalk-Schuttflur
02.06.12
21.05.05
erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Lebensräume
25.05.08
© AHO Thüringen e.V.
Halbtrockenrasen
05.06.16
erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Lebensräume
27.05.15
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Parkgelände
27.05.15
erarbeitet: Dr. H. Dietrich, V. Kögler
Die Orchidee des Jahres 2017
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Quelle der Bilder und Karten:
Arbeitskreis Heimische Orchideen Thüringen e.V.
Arbeitskreise Heimische Orchideen (Hrsg.) (2005): Die Orchideen Deutschlands
Arbeitskreise Heimische Orchideen (2016): Faltblatt Die Orchidee des Jahres 2017
Herzlicher Dank an: H. Voelckel, B. u. R.-P. Feldmann, Dr. D. Winkler, P. Grimm
HDoz. Dr. H. Dietrich, V. Kögler (AHO Thüringen e.V.)
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