Predigt über I Thessalonicher 5,1-11

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Predigt über I Thessalonicher 5,1-11
Liebe Gemeinde,
wir sind heute an einem bemerkenswerten Datum zum Gottesdienst zusammengekommen, das wir
nicht einfach übergehen können. Wir schreiben heute den 9. November. Und so, wie sich unseren
amerikanischen Freunden der 11. 9. ("nine-eleven") für immer in das gemeinsame Gedächtnis
eingegraben hat, so hat sich für uns das umgekehrte Datum, der 9. 11. ("eleven-nine") in Kopf und
Herz eingeschrieben. So wie die Vereinigten Staaten nach diesem furchtbaren Angriff auf das
World Trade Centre und das Pentagon-Gebäude nicht mehr dieselben sind wie vorher, so können
wir als Deutsche dieses Datum nicht überspringen. Auf den 9. November versammelt sich Stoff für
mehrere Geschichtsbücher. Am 9. November 1918 wurde die Republik ausgerufen, am 9.
November 1923 marschierte Hitler zur Münchner Feldherrenhalle und unternahm damit einen
ersten Putschversuch. Am 9. November 1938, heute vor 70 Jahren, brannten in unserem Land die
Synagogen; auch die Konstanzer Synagoge wurde in dieser Nacht zerstört, nachdem zuvor jüdische
Familien lange Zeit an der sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung von Konstanz
mitgewirkt hatten. Und am 9. November 1989 fiel nach mehr als 38 Jahren die Berliner Mauer. An
diesem "antifaschistischen Schutzwall" sind etwa 200 Menschen ums Leben gekommen, die nichts
anderes suchten als Freiheit. Als sie sie hatten, tanzten die Menschen auf der Mauer, die sie so
lange voneinander getrennt hatte.
Also: Einige der schlimmsten Stunden unseres Volkes und einige der besten Stunden unseres
Volkes versammeln sich auf diesem 9. November. Und die schlimmsten wie die besten Stunden
unseres Volkes hatten mit deutschen Diktaturen zu tun, mit der Unterdrückung von Freiheit, mit
Untertanengeist, aber auch mit Zivilcourage.
Was das alles mit unserem heutigen Gottesdienst zu tun hat? Nun, ganz einfach: Wir können hier
nicht als Christen zusammenkommen, ohne uns mit den Menschen in unserem Land zu erinnern
und für unser Land zu beten. Und wir kommen nicht darum herum, uns zu fragen, wie wir heute
verantwortungsvoll als Christen in unserer Gesellschaft leben können, nachdem heute vor 70 Jahren
auch viele Christen weggeschaut haben. Wie können wir als Christen das Geschehen in unserem
Land wach und betend begleiten und glaubwürdig in unserer Zeit leben? Dafür gibt uns Paulus
einige Leitlinien an die Hand im fünften Kapitel seines ersten Briefs an die Thessalonicher:
1 Von den Zeiten und Stunden aber, liebe Brüder, ist es nicht nötig, euch zu schreiben;
2 denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommen wird wie ein Dieb in der Nacht.
3 Wenn sie sagen werden: Es ist Friede, es hat keine Gefahr –, dann wird sie das Verderben schnell
überfallen wie die Wehen eine schwangere Frau, und sie werden nicht entfliehen.
4 Ihr aber, liebe Brüder, seid nicht in der Finsternis, dass der Tag wie ein Dieb über euch komme.
5 Denn ihr alle seid Kinder des Lichtes und Kinder des Tages. Wir sind nicht von der Nacht noch
von der Finsternis.
6 So lasst uns nun nicht schlafen wie die andern, sondern lasst uns wachen und nüchtern sein.
7 Denn die schlafen, die schlafen des Nachts, und die betrunken sind, die sind des Nachts
betrunken.
8 Wir aber, die wir Kinder des Tages sind, wollen nüchtern sein, angetan mit dem Panzer des
Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil.
9 Denn Gott hat uns nicht bestimmt zum Zorn, sondern dazu, das Heil zu erlangen durch unsern
Herrn Jesus Christus,
10 der für uns gestorben ist, damit, ob wir wachen oder schlafen, wir zugleich mit ihm leben.
11 Darum ermahnt euch untereinander, und einer erbaue den andern, wie ihr auch tut.
Hat man die Bilder und Erzählungen über die Taten und Ereignisse der „Kristallnacht“ vor Augen,
dann kann einen dieser Predigttext mit seiner bildreichen Sprache schon wie ein Schlag treffen. Als
erstes fallen mir die Stichworte „Nacht“, „plötzliches Verderben“, „Finsternis“ und „betrunken
sein“ auf, und ich assoziiere fast automatisch Pogromstimmung, Gewalt, Übergriffe auf
Unschuldige, düsteres Unheil.
Der Text ist von Gegensatzpaaren gekennzeichnet. Er will ja ermahnen im Sinne von: Sei so und
nicht so, tu dies und tu nicht das! Er zeichnet Schwarz-Weiß, um der Mahnung durch Eindeutigkeit
Kraft zu verleihen. Aber gibt es solche Eindeutigkeit in der Wirklichkeit überhaupt? Es ist
normalerweise ziemlich schwer, mit letzter Sicherheit zu sagen, dies zu tun ist richtig und jenes
falsch, hier ist dunkel und da ist hell.
Normalerweise. Doch bei den Ereignissen des 9. November verhält es sich anders. Sie werden – mit
ihren weiteren Folgen – zu Recht als „Zivilisationsbruch“ bezeichnet. D. h.: Alles, was bis dahin als
anständig galt, wurde plötzlich außer Kraft gesetzt wie die Selbstverständlichkeit, dass man nicht
einfach Scheiben einschlägt, Gotteshäuser verwüstet, Menschen angreift, Brände legt. Und doch: Es
geschah in aller Öffentlichkeit, manche machten mit, fast niemand schritt ein. Die Bosheit war in
der Nacht vom 9. auf den 10. November ein öffentlich sichtbares Ereignis.
Die Bibel macht uns da nichts vor, sondern führt uns schonungslos vor Augen: Es gibt das Böse,
das Dunkle in der Welt und im Menschen. Es gibt den Tag und das Licht, aber es gibt auch die
Nacht und die Finsternis. Und deshalb ist das die erste Leitlinie von Paulus, wie Christen in dieser
Welt leben sollen:
I. Realistisch
Das erinnert mich daran, dass vor ein paar Jahren der Film „Der Untergang“ im Kino lief, über die
letzten Tage Hitlers im Führerbunker in Berlin. Darin wurde Hitler auch sehr menschlich
dargestellt, als kranker alter Mann. Daran gab es viel Kritik, vor allem von jüdischer Seite. In einer
Fernsehdiskussion wurde dann Marcel Reich-Ranicki gefragt, was er als Jude von einem Film halte,
der Hitler als Mensch darstellt. Und Reich-Ranicki antwortete in seiner unnachahmlich direkten
Art: „Als was hätte der Film Hitler denn sonst darstellen sollen, als Elefant oder als Kamel?
Natürlich war Hitler ein Mensch!“ Und der ZDF-Historiker Guido Knopp ergänzte: „Hitler war ein
Mensch, aber sein Beispiel zeigt, welche schlimmen Möglichkeiten im Menschen stecken.“ Die
Bibel macht uns da nichts vor und hilft uns, die Dinge realistisch zu sehen: „Das Dichten und
Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf“, stellt Gott nach der Sintflut fest.1 Nun
sind wir, die wir heute Morgen in der Kirche versammelt sind, nicht alle Verbrecher und
Massenmörder wie Hitler, sondern wir bemühen uns, als anständige Bürger zu leben. Und doch
entdeckt jeder von uns, der ehrlich in sich hineinschaut, auch die Abgründe in sich. Wenn man zum
Beispiel eine richtige Wut auf einen anderen Menschen bekommt und ihm am liebsten eine
reinhauen würde – und nur der Anstand und die gute Erziehung oder auch die Angst vor
Konsequenzen halten einen davon ab. Und die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Paulus hilft uns hier, als Christen realistisch zu leben: Es gibt Licht in dieser Welt, das von Gott
herkommt – aber es gibt auch den Bereich des Bösen, der Sünde, der Finsternis.
Und noch etwas anderes lässt uns die Bibel hier bei Paulus realistisch sehen: „Ihr selbst wisst
genau, dass der Tag des Herrn kommen wird wie ein Dieb in der Nacht.“ Der „Tag des Herrn“ ist
hier nicht etwa der Sonntag, sondern ein Tag des Gerichts Gottes, das die Welt zurecht bringt, die
Hochmütigen absetzt und die Elenden Recht erfahren lässt. Für die Gemeinde, an die Paulus
schreibt, verband sich die Erwartung des Tages des Herrn auch mit der Wiederkehr Christi, einem
Hoffnungsereignis also. Sie würden dem begegnen, der sie kennt, sich auf ihre Seite stellt, zur
rechten Hand Gottes sitzend gleichzeitig ihr Anwalt und ihr Richter wäre, bei Gott für sie eintritt.
Sie konnten hoffen, dann von ihm selbst ins Recht gesetzt zu werden, in ein menschliches Recht
Gottes – und diese Hoffnung hat die Gemeinde Jesu Christi bis heute.
Die Bibel hilft uns auch hier, als Christen realistisch zu leben: Es wird der Tag kommen, an dem
wir Menschen uns vor Gott verantworten müssen. Und er wird überraschend kommen „wie ein
Dieb in der Nacht“ – wohl dem, der sich darauf vorbereitet hat. Paulus sagt uns auch, dass derjenige
keine Angst vor dem Tag des Herrn zu haben braucht, der auf Jesus Christus vertraut – weil
Christus einen solchen Menschen von der Finsternis in sich selbst erlöst und befreit. Aber die
realistische Erwartung, dass wir Menschen Gott gegenüber verantwortlich sind und verantwortlich
1
1. Mose 8,21.
gemacht werden, diese Erwartung lässt Christen die Illusion durchschauen, die sich in der
pluralistisch geprägten Spaßgesellschaft aufgebaut hat: dass jeder glauben kann, was er will, und
leben kann, wie er will, ohne an die Zukunft zu denken. Wer als Christ realistisch lebt, wird in der
Verantwortung vor Gott sein Leben anders gestalten.
Vielleicht setzt hier in unserer Gesellschaft wieder ein Umdenken ein: Der Klimawandel führt uns
drastisch vor Augen, dass wir nicht einfach so weitermachen können wie bisher, sondern im Blick
auf die Zukunft unsere Lebensweise ändern müssen. Vielleicht sind die Klimaforscher auch
moderne Gerichtspropheten, die Gott uns schickt.
Das ist jedenfalls die erste Leitlinie, die Paulus uns an die Hand gibt: Christen leben in dieser Welt
realistisch – sie rechnen mit Licht und Finsternis, mit Gut und Böse, und sie wissen, dass sie Gott
gegenüber verantwortlich sind.
Und nach Paulus sind Christen nicht nur realistisch, sondern auch:
II. Hellwach
„Denn ihr alle seid Kinder des Lichtes und Kinder des Tages. Wir sind nicht von der Nacht noch
von der Finsternis. So lasst uns nun nicht schlafen wie die andern, sondern lasst uns wachen und
nüchtern sein“, schreibt Paulus.
Nachträglich finden wir es doch eindeutig: „Kinder des Lichts“ wären in der Nacht vom 9. auf den
10. November 1938 weder unter den Scharfmachern gewesen, noch unter den Zerstörern,
Steineschmeißern und Gewalttätigen. Sie hätten keine zynischen Erlasse formuliert, sich an
Verhaftungen und Misshandlungen Unschuldiger nicht beteiligt, wären mutig ihren Nachbarn zur
Seite gesprungen, hätten sie und ihre Gotteshäuser womöglich geschützt, den Bedrohten Mut
zugesprochen, geholfen, das Feuer zu löschen, statt es zu anzufachen. Nachträglich und aus sicherer
historischer Distanz lässt sich dies ohne Zweifel feststellen.
Nachträglich ist alles so klar.
Aber die Opfer hätten damals Schutz gebraucht, nicht nachträglich. Warum hat das damals nicht
funktioniert oder doch nur in ganz wenigen Ausnahmefällen? Warum reagieren wir bis heute
manchmal so verlangsamt, zurückhaltend und gebremst? Warum protestiert nicht viel öfter jemand,
wenn ein anderer lächerlich gemacht wird, ein Ausländer herablassend geduzt, ein Kollege
gemobbt?
Der Grund ist wahrscheinlich einfach: Die meisten Leute bei uns haben Angst davor, aufzufallen,
„Ich“ zu sagen, bzw. „Ich nicht!“, sichtbar zu werden, aus der Menge heraus zu treten und sich
damit angreifbar zu machen.
In solchen Situationen ist eine innere „Rüstung“ aus Glauben, Liebe und Hoffnung vielleicht viel
entscheidender als eine äußere. Zuvor allerdings, kontinuierlich und nicht erst, wenn es darauf
ankommt, müssten wir uns als Christen viel mehr in alltägliche Fragen von Recht und Unrecht
einüben – und in den Umgang mit den ausgedehnten Grauzonen dazwischen.
Wie können wir heute hellwach sein?
Wachsein bedeutet für Christen heute, menschenverachtende und gottlose Ideologien aufmerksam
wahrzunehmen und die Werte des christlichen Glaubens dagegenzusetzen. Das fängt schon im
Kleinen an:
Vor kurzem stand in der hiesigen Zeitung ein Artikel über die renommierte Hochschule von St.
Gallen. An dieser Universität, hieß es darin, seien die Studiengänge vor allem wirtschaftlich und
nüchtern-pragmatisch orientiert. Es gebe dort keine philosophische oder theologische Fakultät,
niemand stelle die Sinnfrage. Kurz darauf schrieb jemand in einem Leserbrief, angesichts der Gier
an den internationalen Finanzmärkten, die zu der aktuellen Krise geführt habe, sei es aber doch
sinnvoll, wenn auch in wirtschaftsorientierten Studiengängen einmal jemand die Sinnfrage stelle.
Genau darum geht es bei einem hellwachen Christsein: In Leserbriefen, am Arbeitsplatz, in der
Schule, am Stammtisch Stellung beziehen und christliche Werte vertreten. Das ist gerade in einer
Zeit wichtig, in der sich nach meiner Beobachtung in unserer Gesellschaft eine neue unchristliche
Ideologie breitmacht, für die wirtschaftliche Verwertbarkeit der oberste Maßstab ist. Da werden in
der Schule und an der Universität nur noch die mathematisch-technisch-naturwissenschaftlichen
Fächer als wichtig angesehen, die für die Arbeitswelt direkt verwertbar sind, die das
Wirtschaftswachstum steigern und Arbeitsplätze schaffen. Fächer und Studiengänge, in denen es
um geistige Dinge und Inhalte geht wie Deutsch, Religion, Gemeinschaftskunde, Theologie oder
Philosophie, werden für verzichtbar gehalten.
Natürlich ist es wichtig, dass die Wirtschaft wächst und Arbeitsplätze entstehen. Aber damit die
Wirtschaft gesund wächst, damit das zwischenmenschliche Zusammenleben funktioniert, dazu
braucht es innere Werte und Herzensbildung. Innere Werte, die etwas davon wissen, dass jeder
Mensch eine unverlierbare Würde hat, weil er Gottes geliebtes Geschöpf ist – auch Kinder, alte und
kranke Menschen, die noch nichts oder nichts mehr zur Steigerung der Produktivität beitragen
können. Und deshalb ist es unverzichtbar, dass Christen hier hellwach sind, dass sie ein christliches
Menschenbild vertreten und vermitteln, das sich nicht nur an wirtschaftlicher Verwertbarkeit
orientiert. Diese christliche Herzensbildung kannst Du Dir im Gottesdienst holen, im Religions- und
Konfirmandenunterricht, im Lesen der Bibel zuhause – und dann kannst Du diese Werte auch
vertreten, in der Familie, im Kreis von Freunden und Kollegen, in der kirchlichen Kinder- und
Jugendarbeit. Dann kannst Du als Konfirmand oder Konfirmandin in der Schule sagen: „Ich gehe
ganz bewusst zum Religionsunterricht und zum Konfirmandenunterricht, weil mich nicht nur mein
späterer beruflicher Werdegang interessiert, sondern weil ich eine grundsätzliche Orientierung
brauche, wohin in meinem Leben die Reise gehen soll – und die finde ich im christlichen Glauben.“
So werden Menschen herangebildet, die als Christen realistisch und hellwach in dieser Zeit leben.
Denn sie sind:
III. Ausgerüstet
„Wir aber, die wir Kinder des Tages sind, wollen nüchtern sein, angetan mit dem Panzer des
Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil“, schreibt Paulus. Ein
solcher Schutzpanzer, eine innere „Rüstung“ aus Glauben, Liebe und Hoffnung ist nötig, um
widerstandsfähig zu werden gegenüber Meinungen und Einflüsterungen, die mich schleichend
wegziehen wollen aus Gottes Licht in die Finsternis, wo von Gott niemand etwas wissen will.
Als ersten Teil dieser Ausrüstung nennt Paulus den Panzer des Glaubens. Und für diesen Glauben
nennt er auch gleich einen ganz bestimmten Inhalt: „Denn Gott hat uns nicht bestimmt zum Zorn,
sondern dazu, das Heil zu erlangen durch unsern Herrn Jesus Christus, der für uns gestorben ist,
damit ... wir ... mit ihm leben.“ Wenn ein Mensch das glaubt, dass Jesus Christus am Kreuz für ihn
gestorben ist und all das Böse getragen hat, womit er sich gegen Gott verfehlt hat – diesen
Menschen befreit Christus aus der Macht der Finsternis und macht ihn zu einem Kind des Lichts.
Wenn Du das glaubst, hoffst Du nicht nur auf Befreiung aus der Finsternis, sondern Du befindest
Dich nicht (mehr) in ihr. Die Lebensverbindung mit Christus, d. h. der Glaube, befreit tatsächlich
aus der Gefangenschaft der Dunkelheit. Das ist nicht nur eine gedankliche Vorstellung, sondern
eine göttliche Wirklichkeit. Dann bestimmen andere Werte Dein Leben, nämlich Gottes Ziele und
seine guten Leitlinien, die er uns in seinem Wort gegeben hat.
Wer das glaubt, braucht keine Angst zu haben vor dem Tag, an dem Jesus Christus wiederkommt,
um Gottes Reich aufzurichten, um Gericht zu halten und diese Welt zurechtzubringen. Wer mit
diesem Glauben ausgerüstet ist, weiß, dass der „Tag des Herrn“ ihm Heil bringt, dass Jesus ihn nach
Hause holt in das Reich seines himmlischen Vaters. Jesus Christus kommt, und er ist es, der uns
rettet – nicht der neu gewählte amerikanische Präsident, der von manchen ja schon wie ein Messias
und Retter der Welt verehrt wird, was er – bei allem Respekt – nicht sein kann und auch nicht sein
will.
Christus ist der Retter der Welt – und der Glaube an Christus versetzt uns Menschen in eine neue
Wirklichkeit: Christus befreit uns durch seinen Tod aus der Macht der Finsternis und macht uns zu
Kindern des Lichts, die sich vom Wort ihres Herrn wachrütteln und den Nebel des Zeitgeistes
wegwischen lassen – um als Christen realistisch und hellwach in dieser Welt zu leben.
Doch Kinder des Lichts sind nach Paulus nicht nur mit Glauben ausgerüstet, sondern auch mit
Liebe. Diese Liebe drängt Christen dazu, anderen Menschen das mitzuteilen, was sie in Christus
gefunden haben, damit sie auch aus der Finsternis gerettet werden können und in Gottes Licht
treten. Und ob das nun durch die Mitarbeit in Gruppen und Kreisen der Gemeinde geschieht oder
durch das Bekenntnis zu Christus im Alltag: Wenn dieses christliche Zeugnis aus Liebe
herauskommt, dann ist es keine Missionierung mit dem Holzhammer. Sondern dann können wir die
Menschen in unserer Umgebung und in unserem Stadtviertel die Liebe Gottes spüren lassen –
indem wir einfach glaubwürdig als Christen leben. Zum Beispiel durch das Bauwagen-Projekt auf
dem Berchenspielplatz: Auch wenn dort in erster Linie Sozialarbeit geschieht und keine
ausdrücklich christliche Verkündigung – die Kinder und Jugendlichen merken, dass dort Christen
arbeiten, die eine andere Lebenseinstellung haben und etwas Positives ausstrahlen, das aus ihrem
Glauben und ihrer Liebe zu Christus herauskommt.
Sie sind „angetan mit dem Panzer des Glaubens und der Liebe – und mit dem Helm der Hoffnung
auf das Heil.“ Das ist der dritte Ausrüstungsgegenstand für Christen: die Hoffnung auf das Heil.
Christus gibt uns die Hoffnung, dass er noch etwas vorhat mit dieser Welt, dass er sie zu einem
guten Ziel bringt. Er gibt uns die Hoffnung, dass er uns durchbringt und uns am Ende ein ewiges
Zuhause bei Gott schenkt. Deshalb ist die Kirche eine GmbH: eine „Gemeinschaft mit begründeter
Hoffnung“.2 Wer diese Hoffnung hat, der möchte noch viele Menschen in Gottes gute Zukunft
mitnehmen.
Am nächsten Wochenende, am Freitag und Samstag, machen wir mit den Kirchenältesten und einer
Reihe von Mitarbeitern eine sogenannte Perspektiventwicklung: Mit zwei Moderatoren vom Amt
für Missionarische Dienste in Karlsruhe wollen wir eine Bestandsaufnahme des Gemeindelebens
machen und uns anstecken lassen von Gottes Visionen für die Zukunft unserer Gemeinde. Lasst uns
darum beten, dass wir dabei ausgerüstet werden mit Glaube, Liebe und Hoffnung, damit wir in
unserem Stadtviertel glaubwürdig als christliche Gemeinde leben und Gottes Licht durch uns
ausstrahlen kann.
Glaube, Liebe und Hoffnung, die Paulus hier nennt, kann man übrigens auf Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft beziehen: Auch wenn wir als Christen glauben, dass Jesus Christus heute
noch lebt, richtet sich unser Glaube zuerst auf seine Heilstat in der Vergangenheit, die er durch
seinen Tod am Kreuz und seine Auferstehung für uns vollbracht hat. Die Liebe, die Christus in uns
entzündet, bringt uns dazu, die Menschen in unserer Gegenwart diese göttliche Liebe erfahren zu
lassen. Und die Hoffnung auf das Kommen von Jesus Christus hält daran fest, dass Gott eine gute
Zukunft für uns und diese Welt hat.
So können wir als Christen in dieser Zeit leben: realistisch, hellwach und ausgerüstet – mit Glaube,
Liebe und Hoffnung.
Amen.
2
Peter Hahne.
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